" Er Lucie Höflich in
Gebärden saßen schief. Und plößlic< wußte ich: hier geschieht
eine Gemeinheit. Ein Produktionsprozeß wird unterbrochen.
Nicht Lucie Höflich sammelt Kriegsanleihezeic<hnungen, sondern
eine Gestalt aus Strindbergs Tragödie ist gezwungen, im
Foyer eines berliner Theaters eine, durc< nichts mit ihr in
Beziehung stehende „patriotische Handlung“ vorzunehmen.
Lucie Höflich hatte si) nicht zurükverwandelt (wie superb
hätten es Maria Orska oder Leopoldine Konstantin oder
Dagny Servgaes vermo<ht!), sie hatte sih nic<ht zurücver-
wandelt und träumte nur einen sehr bösen und eigentlich
völlig sinnlosen Traum. Als sie dann im zweiten Akt er-
wachte, war ihr Antliß no< härter, no<m abweisender, noc<
eisiger geworden. Schle<te Träume sind Wirklichkeiten.
Und Gesichter sind Schisale. Wenn der Geist sich den
Körper baut (fraglich), siherlic<h baut sih das Erlebnis die
Züre. Man muß nur darin zu lesen verstehen. Und ledig-
li. weil die nur auf Systematik gedrillte, nie zur Physiogno-
m. erzogene Mensc<heit unseres Jahrhunderts nichts
von Physiognomien versteht, läßt sie sich dur< proßige Masken
düpieren. Mir scheint gerade das einer der aufschlußreichsten
Züge im Talent dieser Schauspielerin zu sein, daß sie nur
Physiognomie hat (für den Seher), nie Maske (für jeden
Sehenden). Und wenn ich sie oben vergleichsweise einmal
eine „antike“ Schauspielerin nannte, so galt das nur ihrer
dort erörterten seelishen Struktur. Gerade ihr Gesicht,
das der tragischen wie der heiteren Maske, dem schroffen
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