10 Lucie Höflich
einem Ziele zu gelangen, wo es sich darum handelt, ewig
Bewegliches zu fixieren. Was habe ich in den Händen, um
werten, darlegen, beweisen, erklären, loben oder tadeln zu
können? Eine Reihe von Eindrücken, verwehte Bilder,
scharfe, farbige, hö<st lebendige Situationen. Stimme,
Gebärde, Haltung, Gang, Auge. Es ist, streng genommen,
überhaupt kein Material, nichts Essentielles, Greifbares, zu
Argumenten und geschlossenen Darlegungen Führendes. Es
ist eine Summe hö<hst subjektiver Erlebnigeindrüe, die ich so,
andere anders gehabt haben. Im Gesamtresultat wahrschein-
li< ähnli<, -- aber auch nur wahrscheinlich. Wo soll man da
zufassen, wo beginnen? Denn zu allem fehlt no< das biogra-
phis<e Material, das dem zur Verfügung steht, der über
einen Toten schreibt.
Die Möglichkeit, an das Absolute im Schaffen Lucie
Hösflichs heranzukommen, ist damit in weite Ferne gerückt.
Das ganze ist eine Wahrscheinli<hkeitsrehnung. In jeder
Rolle und vielleicht an jedem Abend tritt irgendwann der
Moment ein, wo sich ein jäher Bli> in das Wesentlichste der
künstlerischen Kraft des Schauspielers eröffnet. Aber diese
Momente sind selten, und niht immer hat man- das Organ
dafür, sie mitzuerleben. Bleibt dann nur die Kontur, welche
eine Gestalt zurüläßt. Und gerade hierin sehe ich eine
der ungewöhnlichen Eigenschaften dieser Künstlerin, daß jede
ihrer Rollen eine ganz unverwechselbare und einprägsame
Kontur hat. Das erleichtert dann allerdings jedes Über-