Reich mit Goldfiligran, Perlen und Edelsteinen ist die Patene des oben erwähnten Kelches in St. Godehard in
Hildesheim versehen =- während die des Bernwald-Kelches daselbst im Dom nur auf der Rückseite gravirte Darstellungen hat.
Auf unserer Patene thront in Mitten, von acht Halbkreisen umgeben, Jesus als Nichter mit dem Buch des Lebens
in der Linken, die Nechte ist segnend erhoben; unter den Füßen eine in der Vorderansicht acht Mal durchbrochene Fußbank.
(Auf der oberen Seite ist in neuerer Schrift G. W. GC. eingravirt.)
Unter der fegnenden Rechten kniet eine jugendliche Gestalt, bartlos, mit langem Haar, ohne Mantel, Sc<hwert oder
dergleichen, die Hand anbetend erhoben; das Spruchband darüber, den Heiland zur Rechten einrahmend, zeigt den Namen
Johannes.
Auf der anderen Seite kniet in gleichfalls anbetender Stellung eine ältere Frau mit Haube und Kinntuch, nach
hinten lange Locken hervorquellend. Hier enthält das einrahmende Spruchband den Namen Uosora.
Um die Christusgestalt ist ein KreisSband mit der Inschrift X I1C 5 MARN - IDEM ob SALU und folgen dann:
SBML 3% IBIT - SUAL - BAM - umgefehrt: LEMBL X TIBI X LAUS - MAR - (Maria).
Acht Halbkreise umgeben die Heilandsgestalt.
In den einem aufrecht stehenden Kreuz entsprechenden Rundbogen + sind die vier Evangelistenzeichen, oben der Adler
des Iohannes , rechts folgend der Stier des Lucas, unten der Löwe des Marcus und links seitlich der Engel des Matthäus,
alle noch durch Spruchbänder bezeichnet.
Ueber schräg gelegtem Kreuz X find in den anderen vier Nundbögen die Brustbilder von Jesaias, Jonas, Samuel
und David, jeder auch mit Spruchband bezeichnet, dargestellt.
Auf dem äußersten Rand ist mit Majuskel-Buchstaben die Inschrift: 8 QVIAPINCARNATI «+ VERBI - MISTE-
RIVM - NOVA - MENTIS - PRE - OCVLIS - LV > - TVAE - CLARITATIS - INFVLSIT -
Auf dem platten inneren Rand ist die oben angeführte Donations - Inschrift des Kurfürsten Friedrich Wilhelm
eingravirt.
Nach Schrift, Styl der Ornamentik, der ganzen Form des Kelchs, Zeichnung und Behandlung der Figuren sekt
Herr Baumeister Professor Adler das zweite Drittel des XII. Jahrhunderts als Eutstehungszeit für die Arbeit.
Markgraf Otto II. (+ 1267) stiftete im Jahre 4254 in Straußberg das Dominikanerkloster, und dort ist eine
Grabstätte seines Geschlechtes, reich mit Werkstücken erbaut. 1266 erhielt diese Stiftung die päpstliche Genehmigung,
und daher kann der Kel< stammen. =-
Im Schaßverzeichniß des Kloster8 werden 410 Kelche erwähnt, darunter 2 große, zu denen der hier vorgelegte wohl
gehört haben kann; er ist mit zu dem Bedeutendsten zu rechnen, was aus jener Zeit auf uns gekommen ist.
Berlin, den 5. Februar 1877.
Zusammengestellt vom Hofbildhauer
Je,
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