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Hatte Magdalena hiermit nur eine Rangerhöhung erfahren, fo eröffnete ihr die Lehnsanwartschaft auf das bei
Berlin belegene Gut Rosenthal die Aussicht auf einen nicht unbedeutenden Immobiliarbesit. Nach einem bei Oelrichs
mitgetheilten (Cxcerpte ohne Datum ') belehnt nämlich Joachim den Nikolaus Dieterich, einen Sohn aus der ersten Che
der Gießerin, mit Rosenthal und ertheilte zugleich der Magdalena, Gräfin zu Arneburg, und ihren männlichen Erben die
Anwartschaft für den Fall, daß Nikolaus ohne Erben versterben würde. Dieser Akt ist in verschiedenen Beziehungen
von Interesse; nach sächsischem Lehnreht war Magdalena schon als Frau lehnsunfähig, und es ist mindestens zweifelhaft,
ob der Erbe des Lehnsherrn daran gebunden war, wenn sein Vorgänger dem Belehnten diesen Mangel nachsah. Sodann
ist es eigenthümlich, daß zugleich mit jenem Nikolaus auch Joachim Pasche (Oelrichs liest irrthümlich Tasch, was von
Riedel nachgedruckt wird) mit Rosenthal belehnt wird. Hieraus folgt, daß die Anwartschaft der Magdalena in Form
der Eventualbelehnung ertheilt wurde, bei welcher sie durch ihren nächsten männlichen Verwandten als natürlichen Lehns-
vormund vertreten wurde. =- Was aus jenem Nikolaus Dieterich geworden, ist nicht bekannt; möglicherweise beziehen
sich auf seine Wittwe die im Zinsbuche des Berliner Raths unter dem Jahre 1565 aufgezeichneten Vermerke über Weingärten
der „Nickel gießers nachgelassene Wittwe“; jedenfalls ist die Ansicht von Odebrecht, daß in diesen Eintragungen von der
Geliebten Joachims die Rede sei, eine unrichtige.2) Ebenso unbekannt ist das Schi>sal des vom Kurfürsten im Oktober 1562
erwarteten zweiten Kindes von der Gießerin. Creusing führt an, daß der Kurfürst etliche Kinder mit derselben erzeugt habe,
und wird dies auch durch einen von ihm mitgetheilten Vorfall aus dem Jahre 1568 bestätigt, den er von Ohrenzeugen
erfahren zu haben versichert. Die Gießerin habe den Kurfürsten zur Jagd nach Belitz begleitet, und hätten sich bei dieser
Gelegenheit die umstehenden Bauern wiederholentlich so laut, daß es der Fürst gehört, untereinander gefragt: „Ist die unseres
Herrn unechte Frau, sind das die unechten Kinder? Wie daß er thut, was wir nicht dürfen?“ Der Kurfürst hätte sich aber
nichts merken lassen, sondern zur Gießerin nur gesagt: „Kannst Du nicht zur Seite gehen?“ Das beigegebene Bildniß
Magdalenas aus dem Jahre 1565 giebt eine Vorstellung von vem Aussehen derselben ungefähr zur Zeit jener Jagd bei
Belit und einen Beweis, mit welcher Liebe der Kurfürst seiner natürlichen Tochter zugethan war. Die Spißen an den
Aermeln und der Halskrause, das perlenbesehte Barett, das reiche Kreuz am Halse zeigen das glänzende Kostüm eines Edel-
fräuleins des sechzehnten Jahrhunderts, und die goldene Kette mit dem Brustbilde des Kurfürsten auf daranhangender
Denkmünze ist das gleiche Zeichen für Hofgunst wie die Ordenssterne späterer Zeiten. Seine zärtliche Sorge für die Zukunft
Magdalenas bewies Joachim schließlich in der letztwilligen Verfügung vom 2. Juli 1570, welche er offenbar im Vor-
gefühl seines baldigens Abscheidens aufgesetzt hatte.
In dieser Verordnung 2) wird das damals kaum zwölfjährige Mädchen als das „Cdel- und Wohlgeborene Fräulein
Magdalena von Brandenburg, Gräfin zu Arneburg“ bezeichnet, wie in gleicher Weise der anerkannte außereheliche Sohn des Kur-
fürsten Jo achim 1. den Namen Achaz von Brandenburg führt. Letterer ist in Seidels Bildersammlung S. 79 ff. behandelt;
sein Wappen zeigt einen getheilten Schild, oben den wachsenden rothen Adler von Brandenburg, darunter den Hohen-
zollernschen schwarz und weiß abwechselnd quadrirten Schild. Es ist wohl möglich, daß auch Magdalena zur Führung dieses
Wappens berechtigt war. Joachim vermachte seiner natürlichen Tochter in jener Verordnung zunächst gräfliche Kleinodien und
Schmut, deren sehr genaues Verzeichniß erhalten und von Oelrichs veröffentlicht ist.“) Sodann hinterließ er derselben ein von ihm
bei Burgermeistern und Nathmannen der Städte Alt- und Neubrandenburg hinterlegtes Kapital von 10 000 Thalern unter folgenden
Bedingungen zur Ausstattung: das Kapital sollte erst bei der Verheirathung ausgezahlt werden und Magdalena bis dahin nur
den Zinsgenuß haben ; stürbe sie unvermählt, so sollte die eine Hälfte an das kurfürstliche Haus, die andere an Anna Sydow
und ihre Erben fallen; stürbe Magdalena dagegen während der Ehe, ohne Descendenten zu hinterlassen, so sollte ihr Gemahl
die eine Hälfte des Vermögens erben und in Bezug auf die andere die vorher gedachte Erbfolge eintreten. Für den Juristen
ist diese Verordnung in hohem Grade bemerkenswerth; zunächst begründet der Fürst eine Pupillar - Substitution nicht
für den Fall des Versterbens des Kindes während der Minderjährigkeit , sondern für die Fälle, daß dasselbe unvermählt,
oder vermählt aber kinderlos abscheiden sollte. In gleicher Weise ist die Bevorzugung des überlebenden Ehegatten
in kinderlofer Ehe auffällig. Während nämlich nach der sogenannten Constitutio Joachimica vom Jahre 1527 der über-
lebende Ehegatte nur das Recht hatte, die Hälfte vom gemeinsamen Vermögen zu behalten und kinderlose Chegatten sich
testamentarisch nur ein Viertel ihres Vermögens vermachen konnten, soll hier der überlebende Chegatte ohne Rücksicht auf sein
eigenes Vermögen die Hälfte von dem seiner Ehefrau erhalten. =- Die Zwecke, welche der Kurfürst mit diesen Bestimmungen
verfolgte, sind durchsichtig: einmal sollte Anna Sydow, für welche er schon anderweit reichlich gesorgt haben mochte, nicht
als nächste Erbin ihrer unvermählten Tochter auch noch deren ganzes Vermögen erben; dann aber mußte Magdalena für
jeden Freier, welcher zu rechnen verstand, um so begehrenswerther erscheinen, da seine Zukunft auch für den Fall eines
kinderlosen Todes derselben in so ausgiebiger Weise sicher gestellt war. =- Bedenkt man ferner, daß die baare Mitgift der
vor kaum zehn Jahren vermählten jüngsten Tochter des Kurfürsten, der Prinzessin Sophia, mit Wilhelm v. Rosenberg,
dem vornehmsten und reichsten, bald auch gefürsteten Edelmanne Böhmens, nur 20 000 Gulden oder 17 500 Thaler, also
gerade sieben Viertel der für Magdalena ausgesehten betragen hatte, >) so mußte diese fürstliche Fürsorge der also Bedachten
eine verhältnißmäßig glänzende Zukunft in Aussicht stellen.
Daß ver Kurfürst bei jener Festsezung schon an eine bestimmte Person als zukünftigen Gatten Magdalenas
gedacht hat, ist sehr unwahrscheinlich. Wäre dies der Fall gewesen, so würde er sicher das damals zwölfjährige Mädchen,
wie es in jener Zeit ganz gewöhnlich, mit jenem Manne verlobt, denselben in jener Verordnung erwähnt und bedacht und
ihm so feste und verfolgbare Rechte auf die Person und das Bermögen Magdalenas eingeräumt haben. Schon aus diesem
Grunde ist die in einigen Exemplaren von Creusings Chronik und auf dem Bilde der Magdalena hinzugefügte Bemerkung,
daß dieselbe einem Grafen Eberstein zur Ehe bestimmt gewesen sei, recht unwahrscheinlich. Dann aber erscheint niemals in
den zahlreich erhaltenen Festberichten, Hofordnungen u. |. w. aus ven letzten Regierungsjahren Zoachims, so viel uns
bekannt, irgend ein Graf Eberstein.) Den gewichtigsten Zweifel gegen jene in Aussicht genommene Che erregen endlich
1) efr. Riedel 1. e. Supplementband S. 189. -- 2) efr. Märkische Forschungen, Bd. 8, S. 240 ff. =- 3) Abgedruckt bei Riedel!
a a. OD. Supplementband S. 1838. -- 1) cfr. Riedel, Cod. dipl. Brand. Supplementband. S. 183. =- 5) Näheres: Märker, Sophia
v. Rosenberg, S. 8. =- 6) Vergleiche 3. B. die Anlagen 2c. zu König, Versuch einer Schilderung von Berlin, Bd. 1.