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Franz Späth, Inhaber von 1863-1912

Full text: Späth-Buch / Späth, Hellmut L. (Public Domain)

schwere Entscheidung für Vater und Sohn: weiterer Schulbesuch oder praktische Lehr- 
zeit? Der Vater, der, wie wir wissen, von wissenschaftlicher Bildung nicht allzuviel hielt 
und durchaus ein Mann der Praxis war, wünschte das letztere, der Sohn erstrebte das 
erstere. Man verständigte sich dahin, dass der Sohn zunächst noch auf ein Jahr in der 
Gärtnerei des Vaters praktisch tätig‘ sein sollte. Wenn seine Lust nach weiteren Studien 
dann noch vorhanden sei, so solle sein Wunsch erfüllt werden. Franz Späth hielt das Probe- 
jahr zur vollen Zufriedenheit des Vaters durch, aber diese praktische Tätigkeit bestärkte 
ihn noch in der Erkenntnis, dass er ohne umfassende wissenschaftliche Bildung nicht 
imstande sein würde, seine grossen Zukunftspläne auszuführen. Er besuchte nun das 
Köllnische Gymnasium in Berlin und erlangte auch schliesslich von seinem Vater die 
Erlaubnis, an der Universität Berlin zu studieren. Er hörte — wie aus den heute noch 
vorhandenen Kollegienheften und Zeugnissen ersichtlich — bei Alexander Braun „mit 
vorzüglichem Fleisse“ Vorlesungen über allgemeine und spezielle Botanik, über Blatt- 
stellung und allgemeine Naturgeschichte, „mit ausgezeichnetem Fleiss‘“ bei Karsten 
Pflanzenhistologie und botanische Systematik; ferner belegte er Vorlesungen über 
Philosophie und neuere Geschichte, Experimentalchemie und Meteorologie. Ausserdem 
hörte er sämtliche Vorlesungen über Goethes „Faust‘“, was von grossem Einfluss auf 
sein künftiges Leben war. Ging ihm doch hier schon die bleibende Erkenntnis auf, dass 
es für jeden strebsamen Menschen drei Stufen des Lebensgenusses gibt, von denen er 
zwei überwinden muss, um in der dritten zu verharren. Die erste Stufe ist das egoistische 
Geniessen geistiger oder sinnlicher Freuden, die zweite der hohe Genuss der Betätigung 
menschlicher Kraft, die dritte und höchste das beglückende Gefühl schöpferischen Wirkens 
für andere, der reinste Genuss, der dem Menschen zuteil werden kann. — Auch juristische 
und theologische Vorlesungen besuchte er und konnte den Vater, der auf baldigen 
Abschluss der Studien drängte, nur dadurch zur weiteren Gewährung bringen, dass er 
drohte, umzusatteln und Jurist zu werden. Diese Angaben sind nur deshalb so ausführlich, 
weil sie zeigen sollen, wie hoch Franz Späth, der selbst ein hervorragender Praktiker war, 
den Wert wissenschaftlicher Durchbildung für eine erfolgreiche Betätigung im Garten- 
au hielt. 
Nach Abschluss seiner Universitätsstudien hatte er dann den Wunsch, in anderer prak- 
tischer Tätigkeit auch ausländische Baumschulen und Gartenbaubetriebe kennenzulernen. 
Wieder hatte er mit dem Widerstand seines Vaters zu kämpfen, der darauf hinwies, dass 
der Sohn in seiner Gärtnerei genug lernen könne, und seinen Standpunkt damit 
begründete, dass ihm selbst und allen seinen Vorfahren — mit Ausnahme seines Gross- 
vaters — die Ausbildung im väterlichen Betriebe genügt und jedenfalls noch keiner zum 
Studium ins Ausland zu gehen für nötig befunden habe, Er betrachtete dieses Streben 
seines Sohnes gewissermassen als einen Bruch mit der Familientradition. 
Allegorie des Gartenbaues, dargestellt durch Ludwig Späth und seine Familie. 
Hodhırelief im Besitz der Frau Sanitätsrat Dr. Meurer in Wiesbaden. 
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1863—1912
	        
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