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gequält, und fragte, ob sie einen Brief in den Kasten stecken
könne. I< nite „Ja“ und sie ging.
Da kam mir der Gedanke, einmal nachzusehen, ob sie
ordentlich lüfte. Sc<on auf der Treppe =- diese ist fest
und feine Leiter, wie so manchmal in Berlin =- quoll
mir dier Dunst entgegen. J< arbeitete mich durch.
An ihrer Kommode hatte sie seitlängs gesessen, wie Damen
auf Rossen reiten, auf der Kommodenplatte stand noh das
Schreibzeug, eine grüne Taube von Glas, der man den
Hals zurücklappen konnte, und deren Kropf Tinte enthielt,
daneben lag ein Bu< mit Rosen und Vergißmeinnicht
verziert, auf ihm leuchtete in Goldshrift: „Tagebuch“.
Von Jettens Hand war in unbeholfenen Buchstaben unter
diese Inschrift gemait:
Meine Einfälle und Unfälle.
I< interessire mich sehr für Literatur und so war es
natürlich, daß i< den Deckel hob und als ich begonnen
hatte zu lesen, auch fortfuhr. Zn den Bekenntnissen einer
Köcinseele spiele ich eine große, wenn auch keine ge-
s<hmeichelte Rolle. Jh werde immer nur sie genannt, wie
weiland Napoleon vom Kladderadatsch nur Er genannt
wurde, aber so, daß Napoleon sich auch nicht immer ge-
freut hat. I< las:
„Meine Ruhmeshalle.“
„Da ich Ihnen heute nicht sehen kann, mein Willem
weil sie wieder ihren Torkel hat und mich nicht rausläßt
will ich wenigstens die Feder erjreifen und meine Herzens-
jefühle niederlejen. Seit ich Ihnen bei der Ruhmeshalle