Die Influenza.
Es war kalt in der Wohnstube des Geheimen Rechnungs53-
Rates Knickmüller, es war recht kalt, ein Thermometer =-
Knickmüllers hielten nichts von dergleichen überflüssigen
Möbeln -- hätte es nicht über fich gewonnen, mehr als 12
Grad Reaumur zu zeigen. (Es war aber nicht nur kalt, es
war auch dunkel, denn die Petroleumlampe, deren sich ein
Drei-Mark-Bazar geschämt haben würde, verbreitete nur ein
spärliches Licht. Kurz, es war unbehaglich, als Waldemar
Knickmüller und seine Gattin Emilie an dem großen Tisch
saßen; Papa Knickmüller las die Zeitung und Emilie be-
arbeitete einen Strickstrumpf von gröbster Natur-Wolle. Die
beiden Töchter, Melitta, die seit drei Jahren 29 Jahre alt
war, und Felizitas, die sich diesem Alter bedenklich näherte,
hatten sich in ihr Zimmer eingeschlossen und fertigten Weih-
nacht8-Arbeiten für die lieben Elten, denn man schrieb
den 21. Dezember 1889.
„Wie steht es denn mit der Influenza, lieber Walde-
mar?“ fragte Frau Emilie Knickmüllerx den Zeitung lesenden
Gatten.
„Schlimm steht es, sehr schlimm, liebe Emilie = in
vielen Geschäften fehlt ein Drittel des Personals, zehn Pro-