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Full text: Bürgermeister Bernhard Ryke von Berlin / Schwebel, Oskar (Public Domain)

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„Es trete der Bräutigam zur Braut, die Braut zum Bräutigam! 
Johanna, ich gebe Dich als Verlobte Deinem Erwählten, Hans 
Hake. Wirf, Hans, den Brautschuh über die Braut, zum Zeichen, 
daß Du nun Macht hast über sie! Gott segne Eurer Herzen 
Bündnis! Wechselt die Ninge des Malschaßzes und reichet einander 
die Hände! Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch 
nicht scheiden! Bleibet einander getreu bis in den Tod! Und 
nun Übergebe der Bräutigam der Braut, = die Braut dem Bräu- 
tigam das Geschenk der Verlobung!“ 
Hans Hake sc<lang eine schimmernde Perlenschnur um den 
Nacken seiner Verlobten; Johanna Ryke aber beugte sich herab und 
befestigte ein neues, blizendes Schwert an dem Gurte ihres 
Bräutigams. 
No< herrschte damals unter den edlen Geschlechtern in Stadt 
und Land die schöne und tiefbedeutungsvolle Sitte, daß die 
Braut dem erwählten Manne die Waffe reichte, mit welcher er 
fortan in Not und Tod die aus dem elterlichen Hause heraus- 
getretene Frau zu schüßen hatte. 
Herr Franz Steger, der Propst zu St. Nikolai, segnete dann 
das Verlöbnis. Nach deutschem Rechte waren die beiden nunmehr 
ein unzertrennbares Paar; die Che mochte vollzogen werden, wann 
sie wollte. Für einen Augenblick sank Johanna Ryke in die Arme 
ihres Verlobten. „Dein für immer!“ flüsterte sie unter seligen 
Thränen. „O Du sollst, von Lieb' und Treu" umgeben, es 
fühlen, daß Du glücklich bist! Gott geb' uns Frieden jezt und 
für alle Zeit!“ 
„Und Ehre!“ fügte Hans Hake bedeutungsvoll hinzu. „Cin 
wenig Glanz und Glück gehört ja wohl zum Leben! Gott segne 
und erhalte uns nur unsern kurfürstlichen Herrn, der es so treulich 
meint mit Deinem Bruder und mit mir!“ =- 
Das fröhliche, freilich etwas geräuschvolle Treiben des Ver- 
lobungsfestes erfüllte gar bald das alte Rykesche Haus. Es 
war nun einmal nicht anders: die Herren vom Rate und von den 
alten Geschlechtern tranken sich scharf und schärfer zu. Jn einem 
der kleineren Räume des lichtdurchwogten Hauses waren einige 
den Rykes befreundete Frauen versammelt; allein auch hier hatte 
der süße Wein von Rivoli die Geister der Fröhlichkeit gar bald
	        
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