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XIII.

Full text: Bürgermeister Bernhard Ryke von Berlin / Schwebel, Oskar (Public Domain)

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„Herr Eberhard,“ sprach Ryke, „wißt Jhr, daß ich diese Stadt 
verlasse?“ 
Erschrocken blickte ihn der Kleriker an. 
„Es ist so!“ fuhr Bernd fort. „Wenn ich Euch bitten darf, 
so schenkt mir einen Augenblick Gehör!“ 
Der Altarist führte ihn in die Sakristei. 
„3<h bin vertrieben, =- fraget nicht, warum; -- Jhr werdet 
alles wohl genau erfahren, sobald Jhr aus dem Heiligtume tretet. 
Ic< aber fahre mit dem Frieden Gottes in die Fremde. Und 
darum soll hier in der Kirche alles so gehalten werden, als wär" 
ich noc< ein Bürger zu Berlin. Aus Rosenfelde wird dem „Lehn 
der Ryke“ stets gegeben werden, was ihm zusteht! J< selber aber 
kann nun nicht mehr opfern, wie ich es sonst zu thun gewohnt 
war, und manch ein Armer, der mich an der Kirc<henthür erwartete, 
möchte mich wohl vermissen. Hier ist daher, was ich gewöhnlich 
und mit Freuden gebe, =- auf ein Jahr! Teilt es zu gleichen Teilen 
zwischen dem Altar und den Bedürftigen und waltet Jhr an meiner 
statt. Für Eure Mühe wird Cuch Paul von Blankenfelde jeden 
Sonntag eine Kanne welschen Weines bringen lassen. Wenn Jhr 
fie leeret: denket meiner freundlich und in Frieden!“ 
„Herr Ryke1“ = 
„Fraget nicht! =- Die wirren Händel von dort draußen sollen 
dieser heilgen Räume Frieden nimmer stören! Verleiht mir Euren 
Segen, würd'ger Herr!“ 
Wie es damals ein schöner kirchlicher Brauch war, sprach der 
Geistliche die erhebenden Worte des 23. Psalm über den Davon- 
ziehenden. Als das „Amen!“ des Segens verklungen war, reichte 
Nyke ihm die Rechte. „Herr Eberhard,“ so sagte er mild, „das 
hat mir wahrhaft wohlgethan und mich fast wundersam erquickt! 
Ja wohl, =- ich wandere jetzt in einem finstern Thal; doch hoffend 
blickt mein Geist nach Gottes grünen Auen. Habt Dank und betet 
für die Ruhe der Verbannten!“ =- 
Als Ryke durch das niedere, aus sorgsam behauenen Granit- 
steinen einst mit unsäglicher Mühe aufgeführte Portal die St. Ni- 
kolaikfirche verließ, bemerkte er zu seinem Erstaunen, daß sich eine 
Schar älterer, würdiger Bürger, Patrizier sowohl wie Zunftgenossen, 
vor der Kirchthür angesammelt hatte. Sie begrüßten ihn aufs
	        
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