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Die neuere Zeit. Das 19. Jahrundert Die Naturwissenschaften

Full text: Die Entwickelung der Medicin in Berlin von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart / Pagel, Julius Leopold (Public Domain)

Die neuere Zeit. 
Soviel von den Naturwissenschaften im Allgemeinen, soweit ihre Fort- 
schritte als Produkte Berliner Forscher auf den Entwickelungsgang der 
hiesigen Mediein eingewirkt haben. 
Man hat die deutsche Heilkunde des laufenden Jahrhunderts in drei 
Perioden eintheilen wollen, in die naturphilosophische, natur- 
historische“) und naturwissenschaftliche. Adoptirt man diese 
Eintheilung, so gilt sie für Berlin in erster Linie; denn hier hatten die 
Hauptträger dieser verschiedenen Entwickelungsphasen, mit denen ihre 
Namen auf’s innigste verknüpft sind, den Schauplatz ihrer Lebensthätig- 
keit. Indessen diese Eintheilung hat ihre grosse Bedenken. Gelten lassen 
kann man das obige Schema allenfalls für die allgemein - pathologischen 
und therapeutischen Doktrinen, da noch bis zur Mitte dieses Jahrhunderts 
auch die Berliner Aerztewelt den Tummelplatz von bunt durcheinander 
wirbelnden Systemen und Systemchen bot... Brownianismus mit allen seinen 
Modifikationen, Naturphilosophie, Homöopathie, Magnetismus, Rademacherei, 
— kurz alle möglichen Theorieen hatten die Köpfe der meisten Mediciner in 
Verwirrung gesetzt, die in der That nicht recht wussten, welcher sie als 
der alleinseligmachenden zuerst huldigen sollten. Erfreulicherweise hat 
dagegen auf dem Gebiet der Biologie eine solche Konfusion nicht ge- 
herrscht, sondern im Gegentheil von vornherein ein viel nüchternerer Stand- 
punkt sich behauptet. Seit den Tagen von Haller hat in Deutschland die 
Biologie ihren ruhigen, stetigen Gang einer Natur- und Experimental- 
wissenschaft genommen und sich im Grossen und Ganzen von dem Ueber- 
wuchern rein theoretischer Spekulation und vager Hypothesen frei, dagegen 
lediglich an die "Thatsachen zu halten gewusst. 
Schon der erste Repräsentant der Biologie an der Berliner Hochschule, 
Carl Asmund Rudolphi (1771—1832) 
bildet dafür einen klassischen Zeugen. Rudolphi war ein durchaus 
nüchterner und vorurtheilsfreier Beobachter, der sich u. a. auch um seinen 
Schüler und späteren Nachfolger Joh. Müller bereits während dessen Studien- 
zeit das Verdienst erworben hat, dass er diesen dem Wahn der Natur- 
philosophie abspenstig machte. Kin geborener Stockholmer, war R. 1808 
ordentlicher Professor ‘der Mediein in Greifswald geworden. Von hier 
aus kam er, wesentlich wohl auf Veranlassung Hufeland’s, als erster Ana- 
tom und Direktor des anatomischen Instituts 1810 nach Berlin, wo er 
22 Jahre lang eine segensreiche Thätigkeit als Lehrer und Forscher ent- 
wickelte. Seine Arbeiten sind ungemein vielseitig; sie betreffen alle Ge- 
biete der Naturwissenschaften, auch der Physiologie, die er ganz wie auch 
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