Das 19. Jahrhundert. ;
täten erscheint. er neben Alexander von Humboldt als der universellste Geist
des Jahrhunderts, auf allen Gebieten, die er betritt, in bahnbrechender
Weise schöpferisch thätig, jede seiner Arbeiten die vollkommen ausgereifte
Frucht methodischster Forschung. Wie im Alterthum sieben Städte sich
Homer streitig machten, so beanspruchen nun Mathematik, Physik, Chemie,
Physiologie, Medicin, Philosophie, Kunstwissenschaft Helmholtz als den
Ihrigen. In allen diesen Wissenschaften hat er unvergängliche Spuren
seines mächtigen Geistes zurückgelassen«. Als er 1871 nach Berlin kam,
hatte er eine gewaltige Lebensarbeit auf dem Gebiete der Biologie hinter
sich. Trotzdem kann und muss Helmholtz der Berliner Schule zu-
gezählt werden, nicht bloss weil er hier noch bis 1888 als academischer
Lehrer der Physik und von da ab bis zu seinem Tode als Direktor der
neu gegründeten physikalisch -technischen Reichsanstalt wirkte, sondern
mehr noch aus dem Grunde, weil er hier als Schüler von Johannes Müller
in dessen Laboratorium im Verein mit Genossen, wie Schwann, Henle,
Brücke, du Bois u. A. diejenige physiologische Schulung erhielt, welche
ihn später zu seinen grossen Entdeckungen führte. Hier schuf er bereits
als Student die schöne Arbeit, die das Material zu seiner Inaugural.-Disser-
tation. »De fabrica systematis nervosi evertebratorum« (1842) lieferte, worin
der Ursprung der Nervenfasern aus Ganglienzellen hergeleitet und damit
die histologische Basis der gesammten Nervenphysiologie- und Pathologie
gelegt wird. Was Helmholtz durch die Entdeckung des Augenspiegels (1851)
für die Ophthalmiatrie, durch sein »Handbuch der physiologischen Optik«
(1856—66), durch seine »Lehre von den Tonempfindungen« (1862) für diese
Zweige der Physiologie geleistet hat, kann hier nicht ausführlich gewürdigt
werden. Für seinen späteren Berliner Aufenthalt kommen speciell noch
die in diese Zeit fallenden physikalischen Arbeiten (Beiträge zur Elektro-
dynamik, Untersuchungen über Thermochemie und Elektrochemie und
manches andere) in Betracht. Alle diese Werke ‚tragen den Stempel
genialster Vollendung.
Mit Helmholtz wirkte hier noch einige Jahre gleichzeitig der auch als
Meteorologe ausgezeichnete Heinrich Wilhelm Dove (1803—79), seit 1844
ordentlicher Professor der Physik, der auch zahlreiche Medieinergenerationen
in diesem Fach zu Schülern zählt und wegen seines wohlwollenden,
leutseligen, humorvollen Verkehrs mit den Kommilitonen, auch weiteren
Kreisen noch in lebendiger Erinnerung steht. Krster ordentlicher Lehrer
der Physik war bekanntlich Paul Erman (1764—1851) seit der Be-
gründung der Universität gewesen. — Dem Nachfolger von Helmholtz,
August Kundt (1838—94), einem bedeutenden, in der Schule von Magnus
erzogenen Experimentalphysiker, ist in Berlin nur eine 6jährige Thätigkeit
beschieden gewesen. — Des Letzteren Nachfolger ist Emil Warburg.
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