Das 19. Jahrhundert. 3
Muskel- und Nervenfaser nebst Vermuthungen über den
chemischen Process des Lebens in der Thier- und Pflanzen-
welt« (Berlin 1791—99). Es ist das Verdienst dieser Abhandlung, als eine
der ersten Bresche in die Lehre von der Lehenskraft gelegt oder doch den
Versuch dazu gemacht zu haben. In streng exakten, nach naturwissen-
schaftlicher Methode geführten Versuchen legte v. H. den Einfluss dar,
welchen Licht, Wärme, Magnetismus und Elektricität auf das Nervensystem
ausüben. Indem H. nachwies, dass die Nerventhätigkeit auf Galvanis-
mus oder einer diesem analogen Kraft beruhe, ist er in gewisser Beziehung
auch als Begründer der Nervenphysiologie und Vorläufer von E. du Bois-
Reymond anzusehen.‘ Hierbei wandte sich Humboldt denn auch gegen die
damals souveräne Brown’sche Theorie und ihre Spielart, die Röschlaub-
sche, deren Absurdität er nachwies. — Bei seinen Versuchen war er auch
genöthigt, Luft, Wasser, verschiedene Gase und Arzneimittel zu analysiren,
also auch diese mit exakten Untersuchungsmethoden in Angriff zu
nehmen. — Sein Denkmal befindet sich zusammen mit dem seines Bruders
Wilhelm im Vorgarten der hiesigen Universität.
Der andere, noch für die allgemeine Entwickelung der Naturwissen-
schaft in Betracht kommende Forscher ist der von Humboldt stark
protegirte
Christian Gottfried Ehrenberg (1795—1876),
ein Mann, der durch seine Produktivität in der Botanik, Zoologie, Geologie,
Ethnologie und Mediein, vor allem durch seine Forschungen über die
kleinsten Lebewesen, die mit zum Ausbau der modernen Bakterien-
kunde beigetragen haben, zu den glänzendsten Zierden der Berliner Universität
gehörte. Ehrenberg hatte das Glück, von der Academie der Wissenschaften
zusammen mit seinem Freunde Wilhelm Friedrich Hemprich
(1798—1825), der seit 1819 vorübergehend vergleichende Physiologie in Berlin
docirte, später jedoch bei Massaua vom Fieber dahin gerafft wurde, als
Reisebegleiter des preussischen Gesandten Minatoli nach Aegypten delegirt
zu werden. Abweichend von dem Modus früherer Forscher, nahm er als
erster mikroskopisch-botanische Untersuchungen an Ort und
Stelle vor und kehrte 1826 mit reichem Material heim, das er nun in Folge
der Protektion Seitens Humboldt’s in voller Musse zum Zwecke der Publi-
kation verarbeiten konnte. 1827 wurde er Extraordinarius, 1839 nach der
Rückkehr von einer inzwischen mit Humboldt und H. Rose unternommenen
längeren Reise Ordinarius der med. Geschichte, in der er übrigens nie
(sowohl als Lehrer wie als Forscher) etwas geleistet hat. Mit seinem
klassischen Werk: »Die Infusionsthierchen als vollkommene
Organismen« (Berlin 1838) hat er die in Vergessenheit gerathenen
5: