Die mittlere Periode.
tremität wähnt), ab und zu taucht auch noch eine planetarische Aspeecten-
Constellation auf (dieser astrologische Blödsinn war damals noch nicht
überwunden); vor allem aber bieten die Acta Pestberichte®), u. a. sogar
die Korrespondenz eines Juden aus Warschau, der sich als »Isaac fortis
senior« unterzeichnet... In diesem Schreiben (Decad. II, Vol. II, p. 101)
wird mitgetheilt, dass es sich bei der polnischen Epidemie von 1719—20
nicht um Pest, sondern um sogenanntes ungarisches oder brabantisches
Lagerfieber gehandelt habe. — Den einzigen Lichtpunkt bildet der
historische Sinn, der sich in den Acta zeigt. Es wird nämlich in der
ersten Dekade jedem Volumen eine Vita der berühmteren älteren Be-
EEE übrigens nicht in strenger chronologischer Ordnung —
vorausgeschickt (Hippocrates, Celsus, Rufus, Galen, Avicenna, Paracelsus,
van 0 ae Bontekoe, Guy Patin); in der zweiten Dekade folgen die
Lebensbeschreibungen der hervorragenderen älteren Aerzte der Mark, z. Th.
mit. ihren Bildnissen. — Häufiger finden sich übrigens noch von dem oben
genannten »Poliater« Glockengiesser herrührende »Depositiones medico-
legales« reproducirt, also gewissermaassen auch die ersten, etwas rohen
und unvollkommenen Fundamente von Hygiene und gerichtlicher Mediein.
Damit sind wir am Ende unserer Darstellung von der Medicin des
18. Jahrhunderts, wie sie sich in Berlin gestaltet hat. Wir nehmen mit
dem Kindruck Abschied, dass an dem grossen Culturfortschritt, an dem
erheblichen Aufschwung der allgemeinen Bildung, der naturwissenschaft-
lichen und medieinischen Disciplinen, der das 18. Jahrhundert gegenüber
den früheren Epochen charakterisirt, auch Berlin äusserlich und innerlich
sowohl in Hinsicht der Kranken- und Unterrichtsanstalten, wie nach der
Bedeutung der Aerzte und ihrer Arbeiten einen redlichen, ja in einzelnen
Fächern sogar einen grossen und gewichtigen Antheil hat. In Chemie.
Physik und Botanik, in Anatomie, Chirurgie und Kriegsheilkunde ist dank
intensiver Forscherthätigkeit so mancher Zuwachs in der Erkenntniss ge-
wonnen, eine breite und sichere Basis gelegt, auf der die nachfolgende
Generation ruhig und stetig ohne völliges Aufgeben der Traditionen, ohne
allzu revolutionäre Wandlungen in den Anschauungen, ohne Erschütterung
der Fundamente mit Aussicht auf weitere Erfolge im Grossen und Ganzen
fortbauen kann. Noch fehlt freilich die Anwendung exakter Methoden
am Krankenbette selbst. Von pathologischer Anatomie, normaler und
pathologischer Histologie sind kaum die ersten Rudimente, die Verwerthung
der Physik und Chemie für die Physiologie und Pathologie nur in vagen
Theorieen, aber nicht in für Diagnostik und Therapie praktisch hand-
greiflichen Resultaten zu erkennen. Die innere Mediein steht noch nicht
auf der Höhe einer Naturwissenschaft und kann es: auch nicht, weil sie
viel zu sehr mit der Philosophie verquickt ist und mehr auf Theorieen als
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