Das 19. Jahrhundert. 03
Arbeit nicht gegeben werden. Z. Th. fällt das in das Gebiet der Hygiene.
Als wichtige "Thatsache heben wir die um 1838 erfolgte Gründung des
Vereins der Wasserfreunde hervor, der um 1892 ein besonderes Kurhaus
errichtete %).
Ganz im Gegensatz zu einzelnen der vorgenannten Sonderfächer,
welche erst in Jahrzehnte langen harten Kämpfen die gebührende An-
erkennung in äusserlicher academischer Repräsentation erringen mussten,
ist die Hygiene in dieser Beziehung so zu sagen ab ovulo vom Glück be-
günstigt gewesen. Vor 15 Jahren etwa war in Deutschland an die Hygiene
als acad. Lehrgegenstand noch nicht zu denken, trotzdem die Wissenschaft
an sich alt ist ,und gerade in Berlin zahlreiche Forscher sich ihr gewidmet
haben. Ausser den am Ende noch zu erwähnenden Autoren brauche ich
beispielsweise nur an Virchow’s gediegene Arbeiten zu erinnern. Indessen
die neueste Zeit, die in vielen Stücken im Geschwindschritt einhermarschirt,
hat auch hierin Wandel geschaffen. Zu gern greift man heute in’s Volle,
nach dem für manche Situationen nicht unpassenden Grundsatze, dass man
das Nothwendige gründlich thue. Und es giebt keine dringendere Aufgabe,
als die Sorge für das öffentliche Wohl. Dem durch Gründung des kaiser-
lichen Gesundheitsamts Ausdruck gegeben zu haben, ist ein nicht hoch
genug anzuschlagendes Verdienst der jungen deutschen Reichsregierung,
Von dem genannten Institut aus ist denn auch die weitere Förderung der
Hygiene ausgegangen, die mit ihrer inzwischen durch die Baeteriologie
geschaffenen exacten Basis in eine neue Phase eingetreten ist. — Als 1876
Johann Heinrich Struck (geb. 1825) die Leitung des Reichsgesund-
heitsamts übernahm, organisirte er es mit Hilfe zweier Männer, des be-
kannten Hygienikers und Psychiaters Karl Finkelnburg (1832—1896
vorher und nach 1880 wieder in Bonn), und des Thierarztes Friedrich
Heinrich Roloff (1830—85), der vorher in Halle und seit 1878 als
Nachfolger Gerlach’s Director der hiesigen Thierarzneischule wurde. Struck
sorgte ferner für Errichtung eines ‚chemischen Laboratoriums (1877). Ge-
rade um jene Zeit hatte Robert Koch, geb. 1843, seit 1872 Physicus in
Wollstein (Kr. Bomst), seine Aufsehen erregenden Schriften : »Zur Aetiologie
des Milzbrandes« (1876) und »Untersuchungen über die Aetiologie der Wund-
infectionskrankheiten« (Leipzig 1878) publicirt. Diese Arbeiten verschafften
Koch 1880 die Berufung in das kaiserl. Gesundheitsamt, wo auf seine
Initiative hin ein bacteriologisches Laboratorium eingerichtet wurde, das
fortab die Geburtsstätte der bekannten Entdeckungen wurde. Unter Mit-
wirkung geschulter Assistenten und Hilfsarbeiter gelang die Auffindung
des sogen Tuberkelbacillus, die Vorbereitung, die in Indien zum Nach-
weis des Cholerabacillus führte, die Isolirung des Diphtherie-, des
1: