Presse und Theater.
Der symptomatische Charakter des Falles Lindau ist von
den verschiedensten Seiten anerkannt worden; i< brauche ihn
hier nicht näher zu begründen. Jhn erschöpfend zu behandeln,
fehlt es mir an Raum, an Zeit und -- vor allem -- auch an
einer genaueren Kenntniß des Theaterwesens. J< hoffe, daß
berufenere Federn sich dieser Aufgabe widmen werden, und ich will
es als den einzigen, mir werthvollen Lohn für meine se<hs-
wöchentliche Beschäftigung mit diesen häßlichen und unerqui-
lichen Dingen betrachten, wenn dädurch eine Reform der Be-
ziehungen zwischen Presse und Theater angebahnt wird, eine
Reform, deren Dringlichkeit angesichts der in den vorstehenden
Kapiteln dieser Schrift aufgeded>ten Vebelstände wohl keines
weiteren Beweises bedarf.
Es fällt mir nicht ein, diese Beziehungen als in Grund
und Boden verrottet darzustellen. J<h kenne Berliner Theater-
kritiker, deren ästhetische Durchbildung, deren lauterer Charakter
über jeden Zweifel erhaben dasteht; ich zweifle sogar nicht im
Entferntesten daran, daß sie die Mehrheit unter ihren Genossen
bilden. Aber so tief greifende Schäden, wie sie der Fall
Lindau aufde>t, können doch niemals entstehen, ohne daß es
mehr, als einen faulen Flec> in den Beziehungen zwischen Presse
und Theater giebt. Es ist ein sehr bezeihnender Umstand, daß
die Entrüstung über die aufgede>te Verderbniß sich weit mehr
in der politischen Presse, unter den politischen Journalisten
geregt hat, als in den Zeitungskreisen, die dem Theater nahe
stehen und zwar ohne Vorwurf nahe stehen. Wie oft ist mir
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