Path:
Erster Abschnitt. Brief 1-9. Berliner Leben in Haus und Öffentlichkeit Sechster Brief. Trinkstätten - Bierpaläste - Kneipenleben - Dessen Einflüsse auf Gesundheit und Familienleben - Die Wiener Cafés

Full text: Soziale Briefe aus Berlin / Leixner von Grünberg, Otto (Public Domain)

60 
Der übertriebene Biergenuß. 
sich allmählich auch der Nachmittagsdurst zu einer Macht 
entwickeln werde Sicherlicht geminnt der Staat, wenn 
viel geistige Get *yerbhrou werden, größere Ein— 
nahmen; es gewinnen Brauer und Wirte. Leider aber 
auch die Ärzte. Ein älterer, sehr angesehener Vertreter 
der Heilkunde sagte mir kürzlich: „Die Dickleibigkeit bei 
jungen Jahren nimmt in enin merkle zu. Eine große 
Menge von Krankheiten ist nur dem Biergenuß zuzu— 
schreiben, der von Jahr zu 9n in unvernünftiger Weise 
zunimmt. Niemals habe ich so vie' Leute von dreißig 
bis fünfunddreißig Jahren nach MNarienbad, Karlsbad und 
Teplitz senden müssen wie jetzt. Und in all den Fällen 
trägt das ‚Echte‘ die Hauptschuld.“ Diese Beobachtung 
haben mir andere Ärzte aus dem Kreise ihrer Erfahrung 
bestätigt. Der Durst ist sicherlich ein schönes Erbe unserer 
Altvordern, aber dessen künstliche Züchtung auf Kosten 
der Gesundheit scheint mir nicht allzu empfehlenswert zu 
sein. Das vermehrte Angebot steigert hier die Nachfrage, 
der Durst mehrt sich, je mehr Quellen fließen. Diese 
Thatsache schlägt zwar bewährten Satzungen der Volks— 
wirtschaftslehre ins Gesicht, aber sie steht unbestreitbar 
da. Ein „Krach in Bier“ infolge von Übererzeugung 
scheint in deutschen Landen unmöglich. 
Aber die Schädigung der Gesundheit ist nicht das 
einzige der Ubel, die dem Wirtshausleben entspringen. 
Als das größte derselben muß die Rückwirkung auf das 
Leben der Familie betrachtet werden. 
Es ist ja dem Hausvater gewiß nicht als Unrecht 
anzurechnen, wenn er ein⸗- oder zweimal in der Woche 
die Kreise von Bekannten und Freunden aufsucht. Die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.