Geschichte Berlin’s, 1
am Gendarmenmarkt und die Errichtung des Reiterdenkmals des
grossen Kurfürsten. Schöpfungen des genialen Andreas Schlüter,
1709 erfolgte die Wiedervereinigung der beiden Städte Berlin und
Kölln unter einem Stadtmagistrate. Das geistige Leben Berlin’s
wurde besonders durch die Gemahlin Friedrichs I., die philosophische
Königin Sophie Charlotte, welche bedeutende Männer, wie Leibniz
etc. an ihren Hof zog, gehoben,
71 dieser glanzvollen Zeit Friedrichs I. steht die nüchterne
Periode der Regierung Königs Friedrich Wilhelm I. (1723—1740) in
krassem Gegensatz. Soldat vom Scheitel bis zur Sohle gab er seinem
Regierungssystem ein rein militärisches Gepräge, begünstigte von
Wissenschaften nur die mit dem Kriegswesen in Verbindung stehen-
den und zwang die bemittelten Bürger Berlin’s, auf ihre Kosten den
Anbau der Friedrichstadt zu vollenden,
Mit Friedrich dem Grossen (1740—1786) trat für Berlin eine
neue Fpoche ein. Die europäische Bedeutung, welche das kleine König-
reich Preussen unter dem grossen Könige gewann, wirkte ungemein
günstig auf die Entwickelung der Hauptstadt und wenn der 7 jährige
Krieg der letzteren auch wiederholt schwere Wunden schlug, so
wusste Friedrich sie wieder zu heilen. Handel und Gewerbe wurden
unterstützt, Wissenschaften und Künste wie nie zuvor gefördert,
die Kgl. Bank und die Seehandlung gestiftet, der Thiergarten zu
einem P’ark umgewandelt, an Prachtbauten die Kgl. Bibliothek, das
Palais des Prinzen Heinrich (das jetzige Universitätsgebäude), das
Opern- und Schauspielhaus, der Dom, die katholische St. Hedwigs-
kirche geschaffen. Die Einwohnerzahl war beim "Tode des grossen
Königs auf 147000 gestiegen. — Unter Friedrich Wilhelm II. (1786
bis 1797) gelangten die Schöpfungen Friedrichs d. Gr. in gewerb-
licher Beziehung (namentlich die Seidenzeug-Fabrikation) zu voller
Reife. An monumentalen Bauwerken wurde das imposante Branden
burger Thor errichtet, die Thierarzneischule, die Artillerie-Akademie
und das Friedrich-Wilhelms- Institut gestiftet, die schönen Künste,
namentlich Musik und Schauspiel, gepflegt. Durch die freie und
Inxuriöse Lebensweise des Hofes versumpfte indess das Staatsleben
derartig, dass, als Friedrich Wilhelm III. 1797 den "Thron bestieg
und sich bald darauf der politische Horizont mit drohenden Wolken
bedeckte, Rathlosigkeit und Unselbstständigkeit in der Politik das
Schlimmste befürchten liessen. Die Krisis trat ein und Berlin hatte
die unglücklichen Folgen der Schlacht bei Jena zumeist zu tragen.
Die französische Willkürherrschaft zog mit Napoleon in die Stadt
ein und erst nach Beendigung der Freiheitskriege nahm Berlin
während der nun folgenden langen Friedensperiode einen erneuten
Aufschwung. Den politischen Sinn der Bevölkerung hoben die Stein-
Hardenberg’schen Reformen, namentlich die Einführung der Städte-
Ordnung von 1808. Seit dieser Zeit geht die Fortentwickelung
Berlin’s nicht mehr ausschliesslich von den Regenten, sondern von
dem Volke selbst aus. Nachdem bereits 1810 an Stelle der alten
Frankfurter Hochschule die Berliner Universität gegründet, zur
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