im Grunde weiter nichts als eine im unbewachten Momente Ihnen
entschlüpfte =- Tageblattbemerkung. Ihr Kollege, Herr Tappert,
macht in der Sonntagsnummer des „Kleinen Journal 8“ (10. April
1898) das bemerkenswerthe öffentliche Geständniß: „Thuille und
Humperdink sind ohne Zweifel tüchtige, gelernte und
fleißige Musiker; Bungert stelle ich aber viel höher“. Tappert
fett sich mit diesem Urtheil eng an die Seite des allbekannten, kritisch
über jeden Zweifel erhabenen Dres8dener Kunstgericht8präsidenten
Hartmann und vieler anderer echter Musikkenner, die bekanntlich für
Bungert und das Godesberger Festspielhaus mit klingendem Spiel
und flatternden Fahnen freudig in's Feld ziehen. . Wie Sie, mein
verehrter Herr, fich nun zu der Aeußerung veranlaßt finden konnten,
Bungert erreiche „in der Instrumentation keinen Zusammenhang
der Instrumente und besiße für die Mischung der Orchester -
farben keinen Sinn“, das verstehe = Herr Leßmann. Spielen
denn die Insirumente im „Odysseus“ vielleicht alle einzeln? Läßt
Bungert die Gesänge der Penelopeia vielleicht durch das Fagott und
die Odysseu8-Monologe von der dicken Trommel accompagniren ? Und
wie stimmt die tageblätterige Behauptung mit derjenigen des Herrn
Kollegen Taubert von der „Post“ überein, der eine „fein abgetönte
Orchesterbegleitung“ in dem Werke testirt? Wie mit derjenigen des
„VolkSzeitungs “-Referenten, der Bungert was „Slänzende, farben-
prächtige Instrumentirung betrifft“ sogar weit über Wagner stellt?
Wahrhaftig, mein liebes Doktorchen, Sie hätten klüger gethan, anstatt
derartige „Kritiken“ in die Welt zu setzen, irgend eine muskelstärkende
Danaidenarbeit zu verrichten, 3. B.: den Bogen des Odysseus zu
spannen; dem vaterstädtischen Spreestrom durch Einschüttung von
Berliner Blau die wünschen8werthe Wasserfarbe zu geben; von den
Küchenthüren Berliner Restaurants die Pferdefleischlieferanten fortzu-
prügeln oder das gährende Drachengiftblut der Berliner Musik-
rezensenten durch Transfusion in die Milch der frommen Denkungsart
zu verwandeln. Sie werden ungeduldig, Verehrtester ?! Ach bitte,
nur ein Weilchen noch. Ich möchte Ihnen nämlich doch eben noch
zeigen, wie oberflächlich, thöricht und verschiedenartig Ihre Herren
Kollegen nicht nur über Orchesterbehandlung, auch über Vokal-
jaß, Charakteristik der Personen, scenischen Aufbau und
dramatisches Leben des neuen Werkes urtheilen. Sie haben keine
Zeit mehr? Sie müssen fort? Wie schade! Leben Sie denn wohl.
3:
2: