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tugend zu beweisen und! zu begründen, müssen wir leider Gottes
noc< einmal zu meinem Zeitung3bündel greifen und zwar zu den
Urtheilen über
Autor, Dichtung und Musik des Werkes.
Mit einer Gesammtrepetition der Urtheile über August
Bungert will ich den Leser und mich selber verschonen. Einige
wenige dürften vollkommen genügen. Dem „Berliner Courier“
ist Bungert: „Keine Kraftnatur, die so viel daran zu setzen hätte,
daß er einen Siebenercyklus füllt“; der „Staatsbürgerzeitung“:
„ein ungewöhnlich strebsamer und gebildeter Musiker, der aber eine
besonders reiche Erfindung8gabe schon in seinen Liedern nicht bekundet
habe“. Wie der selige Hans von Bülow also beim Durchblättern
eines Bungert'schen Liederheftes zu dem Ausspruch gelangen konnte:
„unter den Lebenden habe außer Brahms kein Zweiter eine solche
Visitenkarte zu versenden“, das =- mag die „Staat3bürgerzeitung“
uns erklären. Die „Berliner Zeitung“ kennt Bungert: „als
feinsinnigen Liederkomponisten, als musikalischen Illustrator der Poesien
Carmen Sylva's"; die „Berliner Börsenzeitung“ behauptet, daß
man ihn: „in Deutschland seit langen Jahren als den Schöpfer einer
langen Reihe stimmungsvoller Lieder, als einen Meister der musikalischen
Lyrik kenne, dessen Talent sich aber in den größeren, anspruchsvolleren
Formen der dramatischen Musik bi8her noc< nicht bethätigt habe“.
Von dem Musik-Lustspiel „Aurora“, wie dem Volksschauspiel „Hutten
und Sickingen “ und den vielen Kammermusikwerken Bungert's
müssen die Weisen Deutsch-Athens demzufolge biSher noch nichts gehört
haben, wenn auch das erstere s. Z. im Leipziger Stadttheater und
das lektere in verschiedenen deutschen Städten, u. A. in der Universitäts-
und Musikfeststadt Bonn, wiederholt und mit großem Beifalle auf-
geführt wurde. Es wäre auch etwas viel verlangt, wenn man bei
einem Berliner Kritiker vorausseßen wollte, daß er über den Horizont
der Berliner Kunstereignisse gelegentlich einmal hinausschauen könne.
Auch dem „Reichs8anzeiger“ ist Bungert nur der „biSher als
vortrefflicher Liederkomponist bekannte Tonseker“. Dem „Vorwärts“
gilt er: „nicht so sehr als der schöpferische Verkündiger neuer tiefer
Geheimnisse, als vielmehr als (8ic!) der geschickte, reflektirende, glänzende
Einzelheiten virtuos zusammenfügende Bühnenmusiker“. Der