Die geodätisch-kulturtechnische Abtheilung.
Der geodätisch-kulturtechnische Kursus, welcher im Sommer 1891
von 233 Studirenden besucht wird, besteht seit 1883 und dient der Ausbildung
der preussischen Landmesser in Mathematik, Geodäsie und Meliorationswesen
(Kulturtechnik). Bis zum Jahre 1883 gab es einen Landmesserkursus in
Preussen nicht. Die Prüfungsvorschriften forderten nur eine zweijährige Vor-
praxis unter einem geprüften Feldmesser als Lehrherrn. Trotzdem empfanden
nicht wenige junge Feldmesser das Bedürfniss nach einem zusammenhängenden
akademischen Studium ihres Faches und befriedigten dasselbe an den technischen
Hochschulen, deren Einrichtungen allerdings mehr auf Bauingenieure als eigent-
liche Geodäten zugeschnitten waren. Inzwischen hatte Geheimrath Dr. Dünkel-
berg in Poppelsdorf bei dem Landwirthschaftsministerium erwirkt, dass an der
dortigen landw. Akademie im Sommer 1876 ein kulturtechnischer Kursus
eröffnet wurde, mit dem ausgesprochenen Zweck, die beim Meliorationswesen
beschäftigten Geodäten systematisch in solche Zweige der Landwirthschaft und
Bautechnik einzuführen, welche mit ihrer Berufsthätigkeit eng verwachsen sind.
Damit sie sich zugleich auch in ihrem Hauptfache vervollkommnen könnten,
wurde Ostern 1880 eine Lehrerstelle für Geodäsie in Poppelsdorf errichtet. Da-
mals schon fanden eifrige Verhandlungen zwischen den 3 Ministerien der Land-
wirthschaft, der Finanzen und der öffentlichen Arbeiten darüber statt, wie in
Zukunft den preussischen Landmessern eine bessere Berufsvorbildung zu geben
sei. Für das Finanzministerium war die Angelegenheit seit Jahren eine dring-
liche da das theoretische Verständniss der von ihm erlassenen Vermessungs-
anweisungen von 1872, und noch mehr der 1881 neu erscheinenden; ohne ein-
gehendes geodätisches Studium kaum zu gewinnen war. Am 4. September 1882
wurde eine neue Landmesserprüfungsordnung erlassen und darin wie bisher die
Reife für Prima eines Gymnasiums verlangt, aber zum erstenmal der Besuch
eines Landmesserkursus vorgeschrieben, dem eine mindestens einjährige praktische
Lehrzeit vorangehen sollte. Für die ganze Fachvorbildung wurde die Dauer
von 3 Jahren festgesetzt und unter die Prüfungsgegenstände auch das Fach der
Landeskulturtechnik aufgenommen. Schon deshalb und wegen des besonderen
Interesses, welches die landwirthschaftliche Verwaltung an der Ausbildung
ihrer im Separationsdienst thätigen Vermessungsbeamten hat, erschien es zweck-
mässig, die neuen Landmesserkurse mit höheren landwirthschaftlichen Lehr-
anstalten zu verknüpfen.
Im Frühjahr 1883 wurde demgemäss gleichzeitig an der landwirthschaft-
lichen Akademie zu Poppelsdorf und an unserer Hochschule ein zweijähriger
geodätisch - kulturtechnischer Kursus errichtet und eine Prüfungs-
kommission für Landmesser eingesetzt. Bei uns bedurfte es dazu der Gründung
einer ordentlichen Lehrerstelle für Geodäsie. und zweier ausserordentlichen Lehrer-
stellen für Mathematik und Kulturtechnik, von denen die erste sich im Früh-
jahr 1891 in eine ordentliche verwandelt hat. Lehrkräfte für Naturwissenschaften,
für das Baufach und die Landwirthschaft waren bereits vorhanden. Eine
36