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Full text: Der Mord an Justizrat Levy und die Grossstadt-Jugend / Massow, Konrad von (Public Domain)

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Das würde trotz aller guten Gesetze und Einrichtungen, die 
wir haben, den Untergang bedeuten. Grosse, mächtige Nationen 
sind untergegangen und zu Trümmern geworden, nicht durch 
die Gewalt der Waffen, sondern immer nur — das lehrt überal 
die Weltgeschichte — durch den sittlichen Verfall. Der sitt- 
liche Verfall bestand aber darin, dass die Nationen verlernt 
hatten, ihre Jugend richtig zu erziehen. Es brauchen nicht alle 
jungen Leute gleich so zu sein, dass sie zum Dolch greifen, 
es-genügt vollständig, dass aus ihrer Mitte solche Verbrecher 
hervorwachsen. Der heutige Abend hat dazu dienen sollen, 
dass wir uns von unserm Leichtsinn heilen lassen, dass wir 
einmal einen Blick in den Abgrund thun, vor dem wir stehen. 
Es genügt aber nicht den Blick zu thun, sondern wir müssen 
alle die Hände rühren, um den Abgrund auszufüllen. Die Frage, 
die ich heute berührt habe, ist keine konfessionelle, keine 
parteipolitische, sie geht uns alle an, welchen religiösen 
oder politischen Standpunkt wir auch einnehmen. Das 
Arbeitsfeld ist ein so grosses, dass wir alle auf ihm 
Platz finden, ohne uns gegenseitig zu stören. Auf einer 
weiten Ebene werden allerlei Früchte gebaut, Weizen, Roggen, 
Hafer, Rüben, Kartoffeln u. s. w. Jede Religion und Konfession, 
jede Partei, jede ethische und moralische Bestrebung kann an 
der Rettung unserer erwerbsarbeitenden Jugend selbstständig 
schaffen. Nicht die Methode ist_die Hauptsache, sondern dass 
wir alle Hand anlegen, um aus dem klaffenden Abgrunde wieder 
eine fruchtbare Ackerfläche zu machen. Darum nehme jeder 
die Karre und den Spaten in die Hand und suche sich die 
rechte Erde, um die Karre zu füllen. Wenn das auch Mühe 
und Schweiss kostet, denn in den steingepflasterten und as- 
phaltbedeckten Strassen Berlins ist Erde schwer zu finden, so 
sollten wir doch nicht davon abstehen, unsere Schuldigkeit zu 
thun. „Ein Jeder: lern’ sein’ Lektion, so. wird ‚es gut im 
Hause ston“, sagt ein altes Sprichwort. Gott der Herr 
hat uns eine ernste Lektion gehalten. Es kommt darauf an, 
dass wir sie gründlich lernen. Kine grosse Stadt wie. Berlin 
spricht 8 Tage von einem Ereignis wie der Levysche Mord. 
Dann geht ihr Treiben weiter und sie vergisst, was sie erlebt 
hat. Das wollen wir nicht thun, wir wollen unsere Lektion 
beherzigen. Wenn wir alle, die wir hier versammelt sind, Hand 
ans Werk legen, wenn wir andere zu demselben zu gewinnen 
suchen, so_wird uns der schauervolle Mord in.der Mohrenstrasse 
zur Besserung unserer Notstände Anlass geben und auch der 
heutige Abend, an dem wir uns bemüht haben, die Mahnung, 
die uns geworden ist, zu beherzigen, kein vergeblicher für uns, 
tür diese Stadt und für unser Vaterland sein. Das walte Gott!
	        
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