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hatte der Hoftheater-Konditor Neibedanz ein Leinwandzelt
errichtet, in welchem er Gefrorenes und Kirschkuchen feilbot.
Damen und Herren aller Stände, meistens im Neglige,
gehen, sißen und-stehen hier bunt durcheinander; und neben
einer Dame, die ihre Tasse Chokolade mit ungemeiner Grazie
schlürft, steht ein derber Handwerker, welcher sein Brod und
eine Flasche hervorzieht und dem „Bruder Breslauer“ zutrinkt.
In Bezug auf das Kostüm „Neglig8“ entnehmen wir
Folgendes: Der Kopfputß bestand in einem leichten Aufsaß
von schwarzem Flor oder Sammet und breiten Blonden mit
violettem oder gelbem Bande; er verdankte seinen Ursprung den
ehemaligen Schleiern und Kappen, welche über die Hüte getragen
wurden. Zu den Übrigen Variationen des Kopfschmuckes gehörte eine
Art von kleinen Müßen, wie sie auf dem Lande getragen wurden
und nicht nur das Haar verbargen, sondern dasselbe so dicht an den
Kopf drückten, als ob überhaupt keines vorhanden war. Eine
Art gößerer Mützen hing mehr nach hinten herab, war am
Gesicht aber mit einer Feder so besezt, daß sie über die rechte
Schläfe und Stirn sich legte. Dies gab dem Gesicht einen
doppelten, aber geschmacklosen Anblick, denn während die linke
Hälfte oft mit schwarzen oder braunen Lö><hen umrahmt war,
umschloß eine weiße Feder die andere Hälfte des Gesichts.
Zum Glück sah man, wie es heißt, diese „Karrikaturen“ nur selten.
Das Gewand bestand aus Mousselin oder Kattun, mit
langen, enganschließenden Aermeln und wurde vorn überein-
andergeschlagen. Die Taille war etwas länger wie gewöhnlich,
was sehr zum Vorteil der Kleidung gereichte, weil sie das
schöne Ebenmaß des Körpers mehr zu Geltung brachte. Ein
roter Shawl von Kameelgarn wurde über die rechte Schulter
geworfen und mit der linken Hand unten zusammengehalten.
Bei eintretender Kühle diente er gleichzeitig als wärmende
Bedeckung.
Wir wenden uns der Tiergartenstraße zu, woselbst
kein Geringerer als der General-Direktor des „Königlichen