einige Wochen während des Frühlings auf, um die Mode des
„Brunnentrinkens“ mitzumachen.
Kaum daß die rosenfingerige Eos heraufgezogen war,
mit zauberischem Glanze die noc< halbverschlafenen Bäume und
Gebüsche umstrahlend, als auch schon junge Mädchen und
Frauen mit einem Glase Pyrmonter auf den Waldpfaden
promenierten, oder an den aufgestellten Tischen bei einer Tasse
Chofolade den Morgen verplauderten. Wieder Andere ver-
tieften fich einsam unter einem Baum in ihre Lektüre; Liebes-
paare „schäferten ungeniert umher“, suchten auch wohl, Hand
in Hand, die dichteren Laubgänge auf, in deren Blätterdach
die gefiederten Sänger ihren Morgenhymnus anstimmten. . .
Das war ein Lauschen, ein Lispeln und Kosen!
Auch eine Frühpromenade nach dem „Hofjäger“ gehörte
zu den Lieblingsgewohnheiten der Berliner. Man gruppierte
fich dort in den verschiedenen Lauben zu einem Frühstück, trank
was einem schmeckte, und lauschte einer „nicht unangenehmen“
Musik.
Um die elfte Vormittagsstunde begann es lebendiger zu
werden: häusliche Gruppen, Mütter mit „großen und kleinen“
Kindern, sie alle schwärmten umher und suchten ein anziehendes
Plätzchen auf, zu denen insbesondere die Nousseau-Jnsel gehörte.
Auf den breiteren Wegen tummelten sich Offiziere und bürger-
liche Elegants auf mutigen Rossen umher; seltener dagegen
erblickte man eine Karosse in der schattigen Parkregion.
So gewährte denn, als das Jahrhundert zur Rüste ging,
dieser Teil des Tiergartens den feineren und vornehmeren
Gesellschaftsfreisen die „erwünschtesten Gemüthsveränderungen“,
war er nach dem Ausspruch eines Zeitgenossen „dem Weisen
ein Paradies.“-=-
König Friedrich Wilhelm II]. ließ die noch unter
seinem Vorgänger begonnene Chaussierung der Fahrstraße nach
Charlottenburg vollenden, womit in Folge der über das Vater-
land hereingebrochenen schweren Zeiten das Verschönerungswerk
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