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In der Mittagstunde des 11. Januar 1890 kündigte das
Glockenzeichen von der Schloßkapelle den Aufbruch des Trauer-
zuges von dorther an. Die schwarzumhüllten Gespanne des
Leichenwagens mit dem von zwölf Kammerherren getragenen
Baldachin, wel<her den Sarg des Kaiserlichen Gemahls über-
ragt hatte, sezten sich in Bewegung. An der Spike des ge-
waltigen Leichenkondukts schritt der Kaiserliche Enkel, welchem
die Souveräne und Abgesandten unmittelbar folgten.
Im milden Strahl der Wintersonne nahte sich der Zug den
Linden und bewegte fich auf der Mittelpromenade derselben,
durch das Brandenburger Thor mit seinen auflodernden Opfer-
flammen, bis zur Siegesallee. Dort wurde der Baldachin
abgehoben, um nach dem Schlosse zurückgebracht zu werden,
die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften bestiegen die Wagen,
welche sie vorauf nach Charlottenburg führten, und je eine
Eskadron des Kürassier-Regiments Königin sowie der Gardes
du Corps gab dem Leichenwagen das fernere Geleite.
Auf der ganzen weiten Stree durch den Tiergarien und
bis zum Charlottenburger Schlosse hatten die Truppen der Gardes
du Corps und die Berliner Garnison Aufstellung genommen,
eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge bildete
Spalier. Vor den ehemaligen Steuer- und Zollgebäuden der
Chaussee erhoben sich zwei Opferaltäre, mit Blattgewinden
und weißen Blumenkronen geschmückt.
So wurde die sterbliche Hülle der vielgeprüften Kaiserin,
der edlen Heimgegangenen, ihrer lezten Ruhestätte zugeführt. . .
Lassen wir den Blick zurückschweifen auf Kaiser Wilhelms.
glorreiche Regierung, so hatte unter seinem Scepter die
glänzendste Zeit der zur deutschen Reichshauptstadt aufge-
stiegenen Königsstadt begonnen.
Innerhalb des Rahmens unseres Bildes ist im Nord-
westen ein monumentaler Stadtteil erstanden, der durch den
„Königsplaß“ mit der Victoria - Borussia sein eigenartiges
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