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„ott, jib mir Taft zum Kragen! Nu fängst du
oo< al' an zu predigen? J> hab' mir abrabazzt
bei det Seilloofen und denn hab' i> obenin noch
Fritzen beuffsichtigt, det er sich nich 'n Hals und Arme
und Beene und wat weeß i> noh sonst Allens nich
jebrochen hat, und zum Dank für meine Treue freust
du dir wie'n Schneekönig, det du mir shleht machen
kannst! Nee weeßte, verstehste, Mieze, det i8 wirklich
und wahrhaftijen Jott ja nich mehr schön von dir!“
„3<9 meine es ja gar nicht so schlimm, Wilhelm,“
gab sie zur Antwort und sah ihm in das frische, jugend-
schöne Angesicht." Seine blauen strahlenden Augen
brannten ihr wie zwei Flammen entgegen, und die
Versöhnung wäre möglicherweise gerade wie damal3 in
Saatwinkel mit einem Kuß besiegelt worden, wenn
nicht der gestrenge Onkel Feldtrappe zur Stelle gewesen
wäre, der so ungemein viel hielt auf Anstand und Sitte.
Das Mädchen schloß die Hand des Knaben in ihre
beiden kleinen Hände und sprach leise und verschämt:
„Aber ein Gedicht bist du mir schuldig, Wilhelm, dafür,
daß du vorhin so ungezogen warst.“
„Ib id unjezogen jewesen bin, det woll'n wir nich
weiter untersuchen. =- Deinen Anspruch auf das Gedicht
aber will ich anerkennen, Jüngferlein, und ich will dich
besingen, daß alle kleinen Vögel in der Hasenheide auf-
hor<en sollen, wenn meiner Verse Zauberklang in das
Ohr ihnen tönt.“
„A<h Wilhelm,“ rief sie freudig aus und Uatschte
in die Hände, „das wird hübsch, das wird himmlisch!
Aber wie wunderlich du auf einmal sprichst, Wilhelm.
Warum drückst du dich nicht immer so gewählt, so vor-
nehm aus?“
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