Path:
Restaurants, Weinstuben und Aehnliches

Full text: Berliner Kinder / Haering, Oskar (Public Domain)

- 170 - 
andere Lösung konnte das Räthsel nicht haben. Dieser 
Gedanke, der keiner anderen vernünftigen Ueberlegung 
mehr Raum gab, bohrte sih wie ein Dolch in das 
Herz der Frau; die Furien der Eifersucht stellten zum 
Besuch si< ein; und neben der Qual, welchen die sich 
verrathen wähnende Frau nunmehr verzehrte, keimte 
langsam aber sicher ein heißes Gefühl der Rache auf. 
In diesem Rachedurst fand die verblendete Frau sich 
niht nur mit der Thatsache ab, daß ihr Herr und 
Gemahl ihr untreu geworden sei, sondern jie ent- 
dedte auc< einen Weg, auf dem sie das Ziel ihrer 
Rache zu erveihen vermeinte. War der Gatte ihr un- 
treu geworden, warum sollte sie sich niht auch nach 
einem passenden Ersaß umsehen? Wie du mir, so ich 
dir. Es galt den Versuch, und allzu schwierig oder gar 
ausfichtslo8 konnte dieser sicherlich nicht sein. Denn 
Frau Lehmann war troß ihrer Jahre noh eine ange- 
nehme Erscheinung, und der blonde Jüngling, welcher 
im sc<räg gegenüberliegenden Hause wohnte, sandte 
shon seit Monaten zärtlih s<macdtende und liebe- 
glühende Blie herüber zu ihr. Dem Manne konnte 
geholfen werden! = Unter sothanem Zeitläuften waren 
neue vierzehn Tage zerronnen in die Ewigkeit, und 
Onkel Lehmanns unseliger Spißabend war herein- 
gedunkelt. Mit dem ironischen Lächeln, welches mit 
großer Virtuosität der bo3hafte Mann sich eingeübt 
hatte, ste>te er die vierzig Pfennige, welche die liebevolle 
Gattin ihm reichte, in die Westentasche und suchte seine 
Stammkneipe auf. Nachdem er dort etwa zwei Stunden 
verweilt haben mochte, bra< er auf und begab sich 
schnellen Schrittes in ein in der nächsten Querstraße
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.