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„Kein. Auge habe ich zugethan!“ Aber diese wehmüthigen
Worte fertigte der herzlose Mann ab mit der malitiösen
Frage: „Glaubst. du etwa, daß ich ein Auge geschlossen
habe?“ Und als abermals vierzehn Tage in's Land
gegangen waren, suchte Onkel Lehmann noch wackeliger,
noch vergnügter und noch später als bei früherer Ge-
legenheit seine Heimstätte auf. Jett ward der Frau die
Sache wahrhaft unheimlih. Feierte denn jeden vier-
zehnten Tag einer der Kneipbrüder Geburtstag? Nein,
das war nicht denkbar, niht möglih. Das Ding
hing anders zusammen. Aber wie? Allen darauf be-
züglihen Nachforschungen und Fragen wich Onkel
Lehmann eben so vorsichtig als geschit aus, und den
herzbewegenden Vorwurf seiner besseren Hälfte: „Nun
ist es schon wieder halb zwei Uhr!“ parirte er mit
der unanfehtbaren Behauptung: „Wenn ich zu Hause
geblieben wäre, wäre es ebenfalls halb zwei Uhr.“ Was
war nur mit dem Manne vorgegangen ? Er hatte sich gänz-
li< verändert und mit jedem neuen vierzehnten Tage
trat er stet3 bekneipter und zugleich selbstbewußter auf,
wie die ironischen Antworten bewiesen, mit welchen er
die Vorhaltungen seiner Gattin abfertigte. Diese aber
war nicht im Stande, das Geheimniß des Mannes zu
ergründen, wie große Mühe sie sih auc< gab. Denn
wenn Onkel Lehmann im Allgemeinen auch aufrichtig
war wie ein Kind und das Herz auf der Zunge trug,
in diesem einem Punkte war und blieb er schweigsam
wie das Grab. Aber wenn es seiner wissensdurstigen
Gattin auch gelungen wäre, den Schleier des Geheim-
nisses zu lüften, so blieb doh noh immer die Frage
ungelöst: woher nahm Onkel Lehmann das Geld, mit