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Full text: Berliner Kinder / Haering, Oskar (Public Domain)

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„Kein. Auge habe ich zugethan!“ Aber diese wehmüthigen 
Worte fertigte der herzlose Mann ab mit der malitiösen 
Frage: „Glaubst. du etwa, daß ich ein Auge geschlossen 
habe?“ Und als abermals vierzehn Tage in's Land 
gegangen waren, suchte Onkel Lehmann noch wackeliger, 
noch vergnügter und noch später als bei früherer Ge- 
legenheit seine Heimstätte auf. Jett ward der Frau die 
Sache wahrhaft unheimlih. Feierte denn jeden vier- 
zehnten Tag einer der Kneipbrüder Geburtstag? Nein, 
das war nicht denkbar, niht möglih. Das Ding 
hing anders zusammen. Aber wie? Allen darauf be- 
züglihen Nachforschungen und Fragen wich Onkel 
Lehmann eben so vorsichtig als geschit aus, und den 
herzbewegenden Vorwurf seiner besseren Hälfte: „Nun 
ist es schon wieder halb zwei Uhr!“ parirte er mit 
der unanfehtbaren Behauptung: „Wenn ich zu Hause 
geblieben wäre, wäre es ebenfalls halb zwei Uhr.“ Was 
war nur mit dem Manne vorgegangen ? Er hatte sich gänz- 
li< verändert und mit jedem neuen vierzehnten Tage 
trat er stet3 bekneipter und zugleich selbstbewußter auf, 
wie die ironischen Antworten bewiesen, mit welchen er 
die Vorhaltungen seiner Gattin abfertigte. Diese aber 
war nicht im Stande, das Geheimniß des Mannes zu 
ergründen, wie große Mühe sie sih auc< gab. Denn 
wenn Onkel Lehmann im Allgemeinen auch aufrichtig 
war wie ein Kind und das Herz auf der Zunge trug, 
in diesem einem Punkte war und blieb er schweigsam 
wie das Grab. Aber wenn es seiner wissensdurstigen 
Gattin auch gelungen wäre, den Schleier des Geheim- 
nisses zu lüften, so blieb doh noh immer die Frage 
ungelöst: woher nahm Onkel Lehmann das Geld, mit
	        
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