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die Frau Rentier Lehmann geleitet, nämlich die Spar-
samkeit und die Ueberzeugung, daß ein Kapital von 40
Pfennigen zur Acquisition eines Rausc<hes völlig unge-
nügend sei. Aber wie unangenehm überrascht und wie
grenzenlos erstaunt zugleich war die vorsichtige Frau,
als sie eines schönen Abends erleben mußte, daß ihr
Herr und Gemahl in hö<hst animirter Stimmung nach
Hause zurückkehrte und seelenvergnügt vor sich hinsummte:
„So leben wir, so leben wir, so leben wir alle Tage.“
Auf welche Weise war der Unglü>smensch troß aller
ihrer Vorsicht nun doch zu einem Spit gekommen?
Lange Zeit dachte Frau Lehmann vergeblich über dieses
Räthsel3 Lösung nah, endlich aber meinte sie, den Schlüssel
gefunden zu haben und sprach zu sih: „Ja, ja, so ist
es. Ein guter Freund hat seinen Geburt8tag gefeiert
in der Kneipe und hat, um diese Feier würdig zu be-
gehen, eine Lage Bier zum Besten gegeben, und bei der
Gelegenheit hat mein Alter mehr getrunken, als er ver-
tragen kann. Denn angedudelt ist er, das steht fest.“
Bei diesem Gedanken beruhigte sie sich und machte auch
ihrem Eheherrn keine Vorwürfe über seinen Rausch.
Aber nah genau vierzehn Tagen ' wiederholte sich das
ihr bis vor Kurzem völlig unbekannte Schauspiel, und
etwas sehr schräg rücte Onkel Lehmann an in der ersten
Morgenstunde, welche seine liebende Gattin beim trüben
Schein der Nachtlampe herangewacht hatte. Einmal ist
keinmal, aber zweimal sind unbedingt zweimal, und als
der Onkel den zweiten Affen nac< Hause trug, da ging
die gefränkte Frau aus si< heraus und machte ihm
bittere Vorwürfe, daß er so spät nach Hause komme; die
Gardinenpredigt gipfelte in dem erschütternden Schlußsat: