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haben es nog nicht der Mühe werth gefunden, an
mic<ß die Frage zu richten, was ich trinken mödte.“
In classisc<er Ruhe antwortete der alte Friebe: „Meinet-
halben können Sie bis morgen früh dasizen, ich frage
dann auch no< nicht nach Ihren Befehlen. Denn Be-
fehle, verstehen Sie, giebt's nicht bei Friebe. Wenn Sie
also Etwas trinken wollen, so müssen Sie sich bestellen,
was Sie wünschen. Es sind Leute zur Bedienung in
genügender Zahl vorhanden.“ Der durch diese uner-
wartete Antwort, von der er nicht genau wußte, ob er
sie ernsthaft oder scherzhaft nehmen sollte, völlig verdußte
Gast fragte: „Was3 soll ich denn trinken ? Welches ist
das beste Getränk?“ „Trinken Sie Wasser. Wasser ist
das beste, gesundeste und billigste Getränk,“ rieth der
alte Schalt. In diese originelle Kneipe, die meiner
Aufmerksamkeit lange Zeit entgangen war, hatte mich
eines Abends ein Freund verschleppt, der dort gut an-
geschrieben stand, ich meine natürlich nicht an der Kreide,
sondern der in der Kneipe wohlgelitten war. Diesem Vor-
zuge verdankte ic) e3, daß der alte Friebe mit der
größten Lieben3würdigkeit mir entgegentrat, mir die
Hand reichte und mich freundlich willkommen hieß. Der
Empfang war anheimelnd, aber demselben folgte auf
dem Fuße ein e<t Friebe's<es Stü><hen. Denn der
alte Friebe wandte sic) an meinen Freund mit folgen-
der Rede in echtem berliner Dialekt, dessen er sic) zu
bedienen pflegt, wenn er guter Laune ist: „Sagen Sie
'mal, wat is denn det for'n Jeist, den Sie da mitje-
bracht haben? Det muß oo<h sonne Art von Tagedieb
sind. Denn det der nich reell arbeeten duht, det hab'
id jleich an seine weeche Hand jespürt.“ Solche Scherze
giebt der alte Friebe mit seiner tiefen, auffallend ruhigen
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