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II. Zur Musikgeschichte

Full text: Aus Adolf Bernhard Marx' litterarischem Nachlass / Selle, Gustav F. (Public Domain)

— DO 
Der Sprachklang der Griechen ist zu donnernder und feiner 
Reeitation, nicht zu melismatischem Gesange oder gar harmonischen 
und kontrapunktischen Stimmgeweben geeignet, 
Christliche Zeit (Deutschland). In der Regel wird der Be- 
ginn der christlichen Musik in die Kirche verlegt, die Volksmusik 
aber beiseite gelassen. Allein das Volk muss eher dagewesen sein 
als die Kirche; es muss also Volksgesang vor dem Kirchengesange 
dagewesen sein. Die Kirche — jede Kirche — hat weder Beruf 
noch Kraft zu erfinden, sondern nur: 1. zu erhalten, was ihr 
brauchbar erscheint, dies zu ändern oder auszubreiten, möglicher- 
weise auch zu verbessern, 2. das ihr nicht Zusagende abzulehnen, 
zu unterdrücken, wo nicht auszutilgen, 3. zur Erhaltung, Ver- 
wendung und Fortpflanzung Anstalten zu treffen (Sängerschulen, 
Sammlung von Gesängen, Bildung und Aussendung von Lehrern 
und Beamten), aber alles dieses zu ihrem Zweck, folglich in ihrem 
Sinne. — Sie bequemt sich dabei dem Sinn und der Gewohnheit 
des Volkes an, um dasselbe für ihre Zwecke zu gewinnen; daher 
die Aufnahme heidnischer Feste in den Kreis des christlichen 
Kirchenlebens; daher die Aufnahme von Volksmelodieen mit Unter- 
legung kirchlicher Texte. — Der Anbeginn also ist auch hier 
im Volke zu suchen. — Dasselbe tritt im Drama der Hellenen 
hervor, wenn die Dichter feststehende Nomoi (Sätze aus ‚dem 
Volksmunde) auf ihre der Hauptsache nach wohl recitativische 
Komposition einschaltungsweise anwendeten. — So zeigt sich auch 
hier der Kreislauf: Vom Volk (— Natur-Basis —) in die Kunst 
(Kirche) und von der Kunst (Kirche) zurück ins Volk, 
Die Musik, die jüngste Kunst, lebte von Bach bis 
Beethoven ihr erstes bewusstes Zeitalter. 
Die Bildung in einer Kunst muss sich weit über deren Grenzen 
ausdehnen. 
Objektive Anschauung der Kunst — ist eine Forderung, so 
halbwahr und halbmöglich wie unparteiische Geschichtsschreibung. 
So
	        
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