Deutsche Litteratur.
Der Intendant in t d Nöth
er ijintendant in tausen OLNenN.
Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten. Von Dr. Karl Biltz.
87 Seiten. -- Oktav. -- 1890.
Preis 2 Mark.
„Die Gegenwart“ : und ein zugkräftiges Stück zu finden. Nach einander tragen
Dieses aristophanische Lustspiel, das Sich mit Seinen der professorliche Idealist, der plumpe Realist, der form-
lustigen Knüttelversen gegen die neuesten Erscheinungen drechselnde Wagnerianer und der patriotische Historien-
auf dramatischem - Gebiet wendet, Steht entschieden weit Uagiker dem Herrn Intendanten Bruchstücke aus ihren
höher als des Verfassers frühere parodistische Possen. Die Dramen vor, und der Letzterwähnte unter den „Vieren,
Gruselkomödien der Freien Bühne, Wildenbruch's Schwülstige Eichelkranz, EPAL I SGN ROCKO einer UEraveSte
„Quitzows“, die hauptstädtische Kritik, der Ausstattungs- der Wildenbruch'schen Quitzow-Dichtung, den Sieg davon.
unfug, aber auch ältere Auswüchse, wie das Liebes- Mit den der Posse erlaubten Uebertreibungen Stellt Biltz
gestammel in „Tristan und Isolde“, werden mit einem gesunden die durch die vier „Dichter“ repräsentierten vier Richtungen
Humor verspottet, der nur zwischen den Zeilen erraten lässt, unSerer neuesten Dramatik keck und frisch und im Ganzen
wie bitter ernst ihn der Verfall unzeres Bühnengeschmacks efend und fein hin und webt daneben manchen hübsch
Stitnnt. beobachteten und geschickt wiedergegebenen Zug aus der
Welt des Theaterlebens in das entworfene Bild ein: die
„Frankfurter Zeitung“ : Leichtfertigkeit und Gedankenlosigkeit, mit der mancher
Nicht bloss des lieben Spasses halber, nicht lediglich, Mime von heute Sich mit Seiner Aufgabe abfindet, die Ober-
M Ie LACHluet SCHESTETErEUCH Ch en= PubHkums zu Ure erer 19 Schnellfertigkeit, mit denen das Publikum
Rechte zu verhelfen, ergreift Karl Biltz die Feder des 7" urteilen pflegt, die Verlogenheit und Voreingenommenheit,
Possenschreibers; er verfolgt damit eine Absicht, einen mit welchen gewisse Kritiker ihres Amtes walten, die Lüstern-
Zweck, eine Tendenz: er will gewisse Richtungen der heutigen beit und Selbstsucht, mit der mancher Pseudo-Mäcen Sich
dramatischen Litteratur in harmloser Weise persiflieren. heute der Kunst gegenüberstellt =- alles das weiss der
: . Dichter an der richtigen Stelle zu geisseln und zu verspotten.
Wer Sich nicht selbst zum Besten haben kann, Das lustige Stück ist aus dem Leben der Zeit heraus-
Der ist gewiss nicht von den Besten. gegriffen und verdient daher, in der Zeit zu leben. Die
Und man muss Sagen: er hat Seine Sache gut gemacht. frische, fertige Sprache, die es Spricht -- durchweg gereimte
Die äussere Form, in der er Seine Idee vorträgt, ist höchst Verse -- werden das Ihrige dazu beitragen, ihm den Weg
einfach: er führt uns einen Kleinresidenzlichen Theater- zu bahnen -- ob nun gerade den Weg auf die die Welt
Intendanten und die Not dieses guten Mannes vor, einen den bedeutenden Bretter, dürfte aus guten Gründen einigermassen
Forderungen der Zeit entgegenkommenden Bühnendichter fraglich Sein. E.22.
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in toller 1ag.
Litterarische Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten von Dr. Karl Biltz.
Oktav. 106 Seiten. 1896. Preis 2 Mark.
Die Gegenwart: erfreuliches Beispiel. Wie Schön klingt es, wenn er am
Es Scheint, dass bei uns in. Deutschland jetzt „der 22. Juni 1808 an Zelter Schreibt: „Wie lächerlich ist's, aus
wahren Komödie Sternbild in erfreulichem Licht der einer ästhetischen Sache eine Parteisache zu machen, ohne
Erneuerung“ Steht -- mit Platen in der Schlussparabase zu bedenken, dass man recht gut über eine Sache Sspassen
Seiner „Verhängnisvollen Gabel“ zu reden. Wenigstens und Spotten kann, ohne Sie deswegen zu verachten und zu
machen Sich allerlei Bestrebungen bemerkbar, unsere Posse verwerfen!“ Aber wenn er im Leben Gelegenheit hatte,
zur Sogenannten höheren Komödie zu erheben, d. h. als diese löblichen Grundsätze der Toleranz zu bethätigen,
Form zur dramatischen Behandlung der Interessen der diesen Forderungen des Humors in billiger Weise praktisch
Litteratur und Politik zu benützen. Von Karl Biltz, welcher nachzukommen, 80 übte er gern das Gegenteil. Als 1803,
uns Schon vor einiger Zeit mit ein paar wohlgelungenen zur Zeit der Blüte der Gall'schen Schädellehre, ihm jemand
Litteraturkomödien beschenkt hat, ist neuerdings wieder eine ein Lustspiel: „Der Schädelkenner“, in welchem jene Lehre
litterarische Posse: „Ein toller Tag“ erschienen. An Sich harmlos verspottet ward, für das Weimar'sche Theater ein-
Sind Solche Dichtungen Sicher zeitgemäss: die Gegenwart reichte, lehnte es der weise Autor des obigen Ausspruchs
bietet auf allen Gebieten reichlichen Stoff für den Humor, Sofort ab, indem er mit der ganzen pedantischen Steifheit, die
und es würde mit der Kultivirung jener Dichtungsgattung ihm in Solchen Fällen eigen war, erklärte, man Sei nicht
unzweifelhaft eine empfindliche Lücke in unserer Litteratur gewillt, die respektablen Bemühungen eines Mannes wie
ausgefüllt werden, welche Selbst von Ausländern, wie Lewes, Gall „lächerlich und verächtlich“ machen zu lassen! Mit
bemerkt worden ist. Nach ihm fehlt es den Deutschen dieser Intoleranz der deutschen Parteien in Kunst, Wissen-
im Streite der Ansichten und Parteien am unbefangenen Schaft und Politik gegenüber dem unbefangenen Humor
Humor, d. h. theoretisch Sind Sie gleich bei der Hand, einen wird, fürchten wir, auch ein Erwachen der deutschen
Solchen Humor zu fordern und zu preisen; wenn es aber Komödie Schwer zu ringen, wird auch die Komödie von
darauf ankommt, ihn praktisch zu bethätigen, Sich dem Karl Biltz zu kämpfen haben. Es werden darin die Leistungen
Spasse des Satirikers und Komödienschreibers gegenüber unserer „Modernen“ zwar etwas Scharf, aber doch im
harmlos und tolerant zu beweisen, 80 geraten Sie mit Sich Ganzen billig und richtig im Lichte des Humors gekenn-
Selbst in Widersprucht. Goethe Sselbst ist für diesen zeichnet. Ein reichgewordener Gärtner aus der Umgebung
inneren Widerspruch ein glänzendes, aber keineswegs Sehr von Berlin, Millionär und dabei Besitzer zweier liebens-
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