J. A. STARGARDT. Verlagsbuchhandlung, BERLIN S.W., Dessauer Strasse 2.
Die
iche S des polnischen Adel
sinatsrechtliche Stellung des polnischen Adels.
Von
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Marcelli Janecki.
Ein Beitrag zum Streife über die Thronfolge im Fürstentum Lippe.
Oktav. 1897. 42 Seiten. - Preis 1 Mark.
Aus dem Vorwort:
In dem Streite um die Thronfolge im Fürstentum Lippe ist bisher stets als selbstverständlich angenommen worden,
daß Modeste von Unruh dem niederen Adel angehört hat. Jc< glaube, mit Unrecht. Man scheint ganz vergessen zu
haben, die Geschichte und die staat3rechtliche Stellung des Geschlechts in Betracht zu ziehen, sonst wäre es wohl niemand
in den Sinn gekommen, den obigen Saz so- apodiktisch und kategorisch hinzustellen, wie es von allen Seiten geschehen ist.
So interessant es auch sein mag, die Urheimat der Unruh festzustellen: e8 werden der Elsaß, Bayern und Böhmen,
in neuerer Zeit auch Thüringen genannt, so ist dies für die vorliegende Frage doch irrelevant. Jm 14. Jahrhundert finden
wir sie bereits zahlreich und in angesehenen Stellungen in Schlesien, besonders im Herzogtum Glogau. Sie unterhalten rege
Beziehungen zu dem benachbarten Polen; im Jahre 1597 endlich siedelt Christoph Unruh, nachdem er von Johann Ostrorog
die Herrschaft Birnbaum erkauft hatte, nach Großpolen über, und seine Nachkommen vermischen sich vollständig mit dem
eingeborenen Adel. Er und seine Nachkommen sind equites poloni im vollen Sinne des Wortes. Ob sie wegen ihrer
früheren Beziehungen zu Polen als indigenae betrachtet wurden, oder ob der Erwerbung von Birnbaum ein bisher nicht
bekannter Jndigenatsbrief vorangegangen ist, möge dahingestellt bleiben.
Der Grundbesitz, den sie im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts erwerben, übertrifft bei weitem den Umfang
mancher Fürstentümer. An Reichtum übertrafen sie wohl alle Geschlechter der polnischen Mark. So erwuchsen sie bald zu
dem mächtigsten und einflußreichsten Geschlechte jener Gegend. Als eifrige Anhänger der Lehre Calvins verschlossen sie sich
zwar den Weg in den Senat, aber mehrere von ihnen erhalten die ersten und wichtigsten unter den Distriktsstellungen: das
Starostenamt mit Jurisdiktion, von kleineren Würden zu schweigen. Als Landboten nehmen sie Anteil an der Gesetzgebung
auf den Landtagen und Reichstagen; sie erfüllen die höchste Pflicht des eques Polonus durch Teilnahme an mehreren Königs-
wahlen. Jn ihren Verbindungen bevorzugen sie zwar die gleichfalls der Lehre Calvins anhängenden Geschlechter jener Gegend,
wie Bojanowski, Bronikowski, Brudzewski, Bukowiecki, Dziembowski 2c., doch auch die ersten Geschlechter des Landes, wie die
Kosciele>ki, Szoldr8ki u. a. nehmen Damen aus dem Hause Unruh oder, wie es in Polen hieß, Unrug zu Frauen.
Die Descendenz Christoph Unruhs gehörte also seit 1597 unstreitig dem polnischen Adel an und genoß demnach
auch seine Rechte und Vorzüge. Daß letßtere denen des deutschen hohen Adels nicht nachstanden,- sondern sie in einigen
Beziehungen sogar übertrafen, dürfte die folgende Untersuchung darthun.
Die Gebietsteile, in denen die Unruh'schen Besizungen lagen, fielen durch die Teilungen Polens an Preußen und
mit der Auflösung des polnischen Reichs verlor auch der polnische Adel seine Selbständigkeit. Aber der Könige von Preußen
stet8 gerechter Sinn verlieh in den allerhöchsten Patenten den Einwohnern der okkupierten Provinzen seinen Schuß „bei
ihren Besigzungen und Rechten, in Geist- und Weltlichen, so daß sie glücklich und zufrieden sein können, und feine Ursache
haben werden, die Beränderung zu bereuen.“ Unter diesen Rechten ist zweifellos auch das Ebenburtsrecht zu verstehen. Aus
dem weiter unten (III. Einheit und Gleichheit des polnischen Adels) angeführten österreichischen Patent von 1775 ersehen
wir, daß den hervorragenden polnischen Familien der Grafenstand und der hohe Adel zugestanden wurde, während ziemlich
dem gesamten übrigen Adel der Freiherrntitel gleichfalls. mit den Vorzügen des hohen Adels angetragen wurde. Um wieviel
mehr muß man in den preußischen Okkupationspatenten die Anerkennung aller außerhalb der Regalien liegenden Rechte
erblien, als die ehemals polnischen Gebiete nicht dem deutschen Reiche, sondern nur dem souveränen Herzogtum Preußen
einverleibt wurden. Die deutsche Bundesakte mit ihrer Beschränkung der Ebenburtsverhältnisse trat hier erst 1866 durch
Einverleibung von Preußen und Posen in den Norddeutschen Bund in Kraft.
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