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Full text: Transition (Rights reserved) Ausgabe 2018 (Rights reserved)

www.dena.de transition 18 DAS ENERGIEWENDEMAGAZIN DER DENA | #2018 16 17 19 20 Manche Hürden der Energiewende rufen nach kreativer Zerstörung dena-Chef Andreas Kuhlmann im Gespräch mit dem Blockchain-Pionier Ed Hesse UP AND RUNNING AUF DIE STÄDTE KOMMT ES AN FACTS & FIGURES Vier Energiewende-Start-ups im Porträt Urbane Energiewende in China und Deutschland Zahlen und Fakten zur Arbeit der dena EDITORIAL transition D ie Energiewende ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – dynamisch, komplex und sehr spannend. Sie ist geprägt von vielen vielschichtigen Transformationsprozessen: von der Wärme- und der Verkehrswende über die Digitalisierung bis hin zum Aufbau eines integrierten Energiesystems. Wir als dena arbeiten aktuell in rund 90 Projekten daran, diese Transformationsprozesse aktiv mitzugestalten und die Energiewende im Sinne des Klimaschutzes voranzubringen. Mit unserem neuen, jährlich erscheinenden Magazin transition möchten wir Ihnen einen Einblick geben in unsere Arbeit an der Schnittstelle zwischen alter und neuer Energiewelt. Wir wollen Ihnen zeigen, wie wir in unseren Projekten zusammen mit vielen Partnern den Umbau des weltweiten Energiesystems vorantreiben. Und wir wollen darauf schauen, was heute die großen Themen der Energiewende sind und was uns künftig noch beschäftigen wird. Die transition soll aber auch eine Einladung sein, mit anzupacken. Um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wie die Energiewende zum Erfolg zu führen, braucht es viele, die sich engagieren, und einen breiten Dialog. Deshalb setzen wir mit unseren Projekten darauf, möglichst viele Akteure aus verschiedenen Bereichen einzubeziehen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Wenn Sie schon mit von der Partie sind: Danke für Ihren Einsatz! Wenn Sie neugierig geworden sind und mit uns zusammenarbeiten möchten: Kommen Sie auf uns zu! Andreas Kuhlmann Kristina Haverkamp Vorsitzender der Geschäftsführung Geschäftsführerin Inhalt INSIGHTS HERAUSGEBER / VERLAG: DEUTSCHE ENERGIE-AGENTUR GMBH (DENA), KOMMUNIKATION, CHAUSSEESTRASSE 128 A, 10115 BERLIN, TEL: +49 (0)30 66 777-0, FAX: +49 (0)30 66 777-699 WWW.DENA.DE | @DENA_NEWS REDAKTION: DEUTSCHE ENERGIE-AGENTUR GMBH (DENA), STELLA MATSOUKAS, MICHAEL DRAEKE ERSCHEINUNGSINTERVALL: JÄHRLICH KONZEPT, GESTALTUNG, REALISIERUNG: BEST FRIEND AGENTUR FÜR KOMMUNIKATION GMBH AUTOREN DIESER AUSGABE: TITUS KRODER, MARCUS FRANKEN, DANIEL ERK, ALEXANDER LANGER, SARAH BUCH, FLORIAN REINERS GRAFIKEN: COVER: MRVANDER/SHUTTERSTOCK.COM EDITORIAL: ANNETTE SHAFF/SHUTTERSTOCK.COM, BIG PICTURE: MIREXON/SHUTTERSTOCK.COM, INSIGHTS: NERTHUZ/SHUTTERSTOCK.COM, FACTS & FIGURES: MOLARUSO/SHUTTERSTOCK.COM, NEXT: MARTAN/SHUTTERSTOCK.COM DRUCK UND VERARBEITUNG: DRUCKEREI ARNOLD GROUP, AM WALL 15, 14979 GROSSBEEREN PAPIER: CIRCLE OFFSET PREMIUM WHITE 26 Darf‘s ein bisschen weniger sein? Drei Handelsunternehmen setzen auf energetische Gebäudesanierung 30 »Was wir jetzt machen, ist nur der erste Schritt« CO2-neutrale Wärme für die Hamburger Hafen-City transition ― 4 50 Woran wir arbeiten 52 Wie wir arbeiten 54 Wer wir sind 32 Von Big Data bis Smart Contracting Glossar der digitalen Energiewende Jetzt bitte mal Gas geben! 34 Biomethan als Baustein der Energiewende Sauber abfahren 35 Alternative Kraftstoffe als CO2-Bremse dena on Tour 36 Reiseanekdoten von dena-Mitarbeitern BIG PICTURE 8 Vier Energiewende-Start-ups im Porträt Up and Running 12 Quotes 14 Manche Hürden der Energiewende rufen nach kreativer Zerstörung dena-Chef Andreas Kuhlmann im Gespräch mit dem Blockchain-Pionier Ed Hesse 18 Wie funktioniert die Integrierte Energiewende? ALLE RECHTE SIND VORBEHALTEN. DIE NUTZUNG STEHT UNTER DEM ZUSTIMMUNGSVORBEHALT DER DENA. IHRE MEINUNG IST UNS WICHTIG. WIR FREUEN UNS ÜBER ANREGUNGEN, LOB UND KRITIK UNTER: PRESSE@DENA.DE FACTS & FIGURES Auf die Städte kommt es an 20 Urbane Energiewende in China und Deutschland Wir müssen mal reden… 22 Drei Fragen zur Zukunft der Energiewende 38 Jede lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt Der individuelle Sanierungsfahrplan in der Praxis 40 Meldungen 42 Wie schaffen Volt und Ampere die Revolution? Fünf Herausforderungen für das Stromnetz der Zukunft Speicher-Forscherin aus Leidenschaft 43 Porträt der Unternehmerin Dr. Doris Schmack 44 »Es gibt keinen Haken, NEXT 58 Für Lösungen gibt es keine Grenzen Die Energiewende profitiert vom internationalen Austausch Watt aufs Auge 60 Interview mit dem Verhaltensökonomen Lorenz Götte über Anreize zum Energiesparen 62 »Eines Tages werden wir Autos ohne Kabel laden« Die Vision des Freiburger Start-ups Blue Inductive keine Nachteile« Genossenschaften unterstützen Kommunen bei der Modernisierung der Straßenbeleuchtung 46 Meldungen transition ― 5 BIG PICTURE DIE ENERGIEWENDE IST EINER DER FASZINIERENDSTEN UND BEDEUTSAMSTEN VERÄNDERUNGSPROZESSE UNSERER ZEIT. IN DER RUBRIK BIG PICTURE SETZEN WIR UNS MIT DEN GROSSEN FRAGEN UND KONTROVERSEN AUSEINANDER. WIE SEHEN ERFOLGREICHE GESCHÄFTSMODELLE FÜR DIE ZUKUNFT AUS? WELCHE TRENDS PRÄGEN DEN ENERGIEMARKT? UND WELCHE NEUEN IDEEN STELLEN ALTE GEWISSHEITEN INFRAGE? BIG PICTURE REPORTAGE UP AND RUNNING ES WIRD NICHT DIE EINE ENERGIEWENDE GEBEN – DIE ZUKUNFT VON STROM, WÄRME UND MOBILITÄT BRAUCHT VIELE GUTE IDEEN. WELTWEIT ARBEITEN START-UPS AN NEUEN GESCHÄFTSMODELLEN, DIE UNSERE ART, ZU REISEN, ENERGIE ZU ERZEUGEN UND ZU WOHNEN, NACHHALTIG VERÄNDERN WERDEN. VIER BEISPIELE, WIE DIE ZUKUNFT AUSSEHEN KÖNNTE. TEXT Daniel Erk und Alexander Langer Geld und Sonne SciFi-Taxis W P SOLSHARE LILIUM transition ― 8 zufolge soll die Strecke von Manhattan zum New Yorker Flughafen JFK, rund 19 Kilometer, so in rund 5 Minuten zurückzulegen sein. Wiegand sagt: „Die Jets sind äußerst leise, deswegen können sie problemlos in dicht besiedelten Räumen verkehren.“ Das hat auch prominente Geldgeber beeindruckt. So sagt der aus der Pro7-Sendung „Höhle der Löwen“ bekannte Investor Frank Thelen, dass Lilium eine neue Industrie etablieren werde. Thelen geht davon aus, dass dank Lilium die Kosten für einen Flug bald unter denen für eine Autofahrt liegen. Das sehen andere ähnlich: Erst neulich klappte die zweite Finanzierungsrunde, mit der 90 Millionen US-Dollar in die Kasse nach München gespült wurden. Geld, das Lilium vor allem für neues Toppersonal nutzt. Anfang September wurden Senior-Level-Ingenieure von Airbus, Tesla und Gett geholt, damit Lilium weiter vorne bleibt. Und oben. GRAFIK: Lilium GmbH enn man Daniel Weigand machen lässt, wird Science-Fiction bald Realität: Dem Gründer des Unternehmens Lilium in München ist Anfang des Jahres der Jungfernflug seines elektrisch betriebenen Lilium Jets geglückt. Es war zwar nur ein zweisitziger Prototyp, aber er beherrschte die essenziellen Manöver – erst senkrecht starten, dann im Vorwärtsflug los. Der Lilium Jet ist das weltweit erste elektrisch angetriebene Flugzeug, mit dem das gelang. Wiegand hat nichts weiter vor, als den Lilium Jet zur Grundlage eines gänzlich neuen Transportsystems zu machen, bei dem man per App einen Flieger bestellen kann. Denn eines nicht zu fernen Tages sollen bis zu fünf Menschen in einem Lilium Jet Platz finden – genug für die kleine Familie, die von zu Hause schnell an den Strand gebracht werden will, oder die Delegation, die fix zum Flughafen muss – das Lufttaxi, das man aus Sci-fi-Serien und Filmen kennt, da ist es endlich. Nun ist Lilium bei Weitem nicht das einzige Unternehmen, das sich einem solchen Projekt widmet. Wohl aber das, das mit den beeindruckendsten Leistungsdaten glänzen kann. So soll der Jet bis zu 300 Stundenkilometer schnell unterwegs sein, und das bei einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Einer Berechnung von Lilium rivate Solaranlagen sind eine großartige Erfindung, haben aber einen Nachteil: Rund 30 Prozent des erwirtschafteten Stroms gehen in der Regel einfach verloren. Dass man mit dem Drittel etwas sehr Sinnvolles anstellen kann, zeigt das Unternehmen ME SolShare, das Ende 2015 in Bangladesch an den Markt gegangen ist. Mit der SolBox können Eigentümer einer Solaranlage überschüssigen Strom an Nachbarn verkaufen. Das so erwirtschaftete Geld wird sofort in einer Bezahl-App auf dem Smartphone gutgeschrieben, deren Guthaben man für Mobile Payments nutzen kann, ein in Bangladesch weit verbreitetes System. Andererseits bezieht man Strom vom Privatanbieter, indem man in derselben App Prepaid-Guthaben lädt. Ständig ist man in beiden Fällen per App über das Guthaben informiert. Gründer Sebastian Groh hat seine Doktorarbeit über die Rolle von Energie in Entwicklungsprozessen mit Schwerpunkt auf ländlichen Gegenden verfasst und sich im Rahmen der Forschung mit verschiedenen Modellen beschäftigt. Schnell kam er auf Bangladesch als interessanten Markt: „Dort gab es schon damals drei Millionen Solar-Home-Anlagen, weltweit waren es sechs Millionen – ein echter Ausreißer.“ Als er seine Idee bei einem Entrepreneur-Programm der Stanford University vor Geldgebern pitchte, „meinten sie: ‚Ganz nett, aber transition ― 9 BIG PICTURE REPORTAGE Schön aufdrehen E ihr seid einfach nicht authentisch – keiner von euch lebt in Bangladesch!‘“ Also musste Groh ran. Noch während er die Doktorarbeit schrieb, mietete er in der Hauptstadt Dhaka schon die Büroräume an. Er ging nur noch zur Verteidigung nach Deutschland, Bangladesch war schnell Lebensmittelpunkt. Ende 2014 kamen zwei Kollegen nach, die sich mit ihm um die Verfeinerung des Modells und der Bezahlplattform kümmerten, die erst noch geschaffen werden musste. Mittlerweile steht die Skalierung an: Ein Investor aus dem Nachbarland Indien hat SolShare in einen Accelerator gebracht, in dem Start-ups für eine bestimmte Zeit in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Wenn alles gut geht, so Groh, beginnt das Start-up-Coaching-Programm schon 2018. Der Riesenmarkt Indien dürfte gleichermaßen eine echte Probe sein und gewaltige Chancen mit sich bringen. Außerdem beobachtete Groh, dass sich mittlerweile andere mit seinem System derart intensiv beschäftigen, dass man es schon kopieren nennen muss: „Ein Unternehmen in Kambodscha und eines in Tansania, das ist sehr ähnlich.“ Er lacht: „Aber das zeigt ja auch, dass die Idee so schlecht nicht sein kann.“ Die dena lädt Start-ups und junge Unternehmen aus der ganzen Welt ein, sich mit ihren Geschäftsmodellen und Visionen für den Start Up Energy Transition Award zu bewerben. Die Gewinner des Jahres 2017 wählte eine hochkarätige Jury aus mehr als 500 Bewerbungen aus 66 Ländern aus. Die Bewerbungsphase für den Award 2018 wurde auf der in Bonn stattfindenden UN-Klimakonferenz COP 23 im November 2017 gestartet. Mehr Infos unter: www.startup-energy-transition.com transition ― 10 in bisschen klingt es schon wie ein Märchen: abends in einem angenehm gelüfteten Zimmer einschlafen, morgens in einem dezent geheizten Zimmer aufwachen, das sich tagsüber von selbst runterregelt – und dadurch auch noch Kosten sparen und die Umwelt schonen. Was Christian Deilmann und sein Mitgründer Johannes Schwarz mit ihrem Münchner Start-up Tado seit mittlerweile sechs Jahren anbieten, klingt für viele nach Zauberei – noch. „Die Kunden müssen tatsächlich erst einmal die Vorteile von intelligenten Thermostaten verstehen – höherer Komfort, Einsparungen bis zu einem Drittel und deutlich mehr Transparenz bei den Kosten“, sagt Deilmann über die smarte Heizungssteuerung seiner Firma. Technisch funktioniert das so, dass Kunden digitale und mit Wärmesensoren ausgestattete Thermostate an ihren Heizkörpern und Fußbodenheizungen anbringen, die Wärme unter Berücksichtigung der Wettervorhersage über eine App regeln und die Kosten im Blick behalten können. Auch wenn die Vorteile klar sind, die Entwicklung in Deutschland geht bislang noch langsam voran – oder zumindest nicht so schnell, wie sie sein könnte. Immerhin wächst Tado rasant, mehr als 100 Prozent Wachstum pro Jahr sind möglich. „Unsere größte Herausforderung über die letzten Jahre war es, eine komplett neue Produktkategorie zu entwickeln und damit einen ganz neuen Markt zu etablieren“, sagt Deilmann. Seit aber Google 2014 den amerikanischen Tado-Konkurrenten Nest für 3,2 Milliarden Dollar gekauft hat, ist Bewegung in den Markt gekommen. Und Deilmann ist optimistisch: Während in den Niederlanden schon bis zu 15 Prozent der Haushalte ihre Heizungen smart steuern, sind es in Deutschland noch unter einem Prozent. Derzeit konzentriert sich Tado mit knapp 150 Mitarbeitern auf den Markt in Westeuropa, Deutschland, Großbritannien, Benelux, aber auch Frankreich, Italien und Spanien. Spätestens seit aber im Frühjahr 2016 der tschechische Energiekonzern Čez durch einen Venture-Capital-Fonds 20 Millionen Euro in Tado investierte, steht auch Osteuropa auf dem Plan der Münchner. Europäischer Marktführer ist Deilmanns Unternehmen bereits. Aber es ist immer noch viel Luft nach oben. Luft, die dank Tado genau die richtige Temperatur haben wird. fand auch heraus, dass er mit dieser Idee nicht ganz alleine war: Das Start-up Seabased aus dem schwedischen Lysekil will Generatoren auf dem Meeresboden verankern. Waves4Power, ebenfalls aus Schweden, entwickelt derzeit Pumpsysteme, bei denen der Wellengang Öl in einer Pumpe nach oben drückt und bei abfallendem Druck Energie erzeugt wird. Im finnischen Espoo hat das Start-up Wello Oy einen an der Wasseroberfläche herumtreibenden Schwimmkörper namens „The Penguin“ gebaut, der den Wellengang in Energie umwandelt. Und im nur wenige Kilometer von Bakkes Heimatstadt entfernten Raudeberg arbeitet das Team des Start-ups Havkraft an schwimmenden Windkraftparks. Aber auf die Idee mit der Turbine unter dem eigentlichen Wellengang, auf die war noch niemand gekommen. Bloß: Bakke wollte gar kein eigenes Start-up gründen. „Ich bin Erfinder, kein Gründer!“, sagt er. „Außerdem bin ich dafür zu alt.“ Aber einfach aufgeben wollte Bakke auch nicht. Er sprach mit Leuten vom Fach, recherchierte, stellte sich bei Konferenzen vor, gründete schließlich doch ein Unternehmen namens Waveco und meldete die Entwicklung in Norwegen beim Patentamt an. Dann kontaktierte er einen Hersteller von Plastikröhren, mit dem er einen ersten Prototyp entwickelte. Und große norwegische Energiekonzerne und ein paar Universitäten, denen er die Entwicklung seines Projektes gerne weiterreichen würde. „Die Energiekonzerne“, sagt Bakke, „sind noch skeptisch.“ Im Frühjahr 2018 wird es an der Universität Bergen einen Kurs geben, der sich mit seiner Idee beschäftigen und Bakkes Entwurf in Wassertanks testen wird. Es sind kleine, oft anstrengende Schritte, aber die Richtung stimmt. Warum sich Bakke das in seinem Alter noch antut? Einfache Antwort: aus Überzeugung. „Es gibt in den Ozeanen genug Energie für alle“, sagt Inge Bakke. Macht der Welle »Es gibt in den Ozeanen genug Energie für alle« M WAVECO GRAFIK: Kiseleva Vladislava/Shutterstock.com Start Up Energy Transition Award TADO an könnte den pensionierten Geologen und Lehrer Inge Bakke aus dem kleinen norwegischen Städtchen Selje leicht für einen Verrückten halten. Ein freundlicher älterer Herr, der mit 74 noch einen Beitrag zur Energiewende leisten will und eine eigene Art der Energieerzeugung erfunden hat: Auf eine Art ist das schon überraschend. Überraschend ist an Bakkes Idee aber vor allen Dingen, dass sie keiner vor ihm hatte. Bakke, der passionierter Segler ist, fiel eines Tages bei einer Fahrt durch den Fjord auf, wie viel Kraft das Meer allein durch den steilen Wellengang erzeugte. Bakke überlegte: Was, wenn man die Kraft des Meeres nutzen könnte, um Energie daraus zu gewinnen? Mit einer großen Turbine, wie bei einem Windrad, die einfach durch die Auf-und-ab-Bewegung des Wassers angetrieben würde? Bakke googelte. Und fand: nichts. „Ich war auch überrascht, dass noch niemand auf die Idee mit den Turbinen gekommen war“, sagt Bakke. Aber er transition ― 11 BIG PICTURE QUOTES »I’D PUT MY MONEY ON THE SUN AND SOLAR ENERGY. WHAT A SOURCE OF POWER! I HOPE WE DON’T HAVE TO WAIT UNTIL OIL AND COAL RUN OUT BEFORE WE TACKLE THAT.« »Was Deutschland macht, ist eine Blaupause für die ganze Welt. Ich hoffe, dass wir das Gleiche in den USA schaffen. Wir müssen nur die von der Regierung getriebene Energiewende mit der von den Kunden getriebenen Energiewende stärker zusammenbringen.« Thomas Alva Edison, Erfinder und Unternehmer, 1931 Tony Fadell, Computeringenieur und ehemaliger Geschäftsführer von Nest Lab, Inc., 2015 »DON’T BLOW IT – GOOD PLANETS ARE HARD TO FIND.« » Ein Weiter-so gibt es nicht. Der Klimaschutz ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts.« Unbekannter Verfasser, quoted in TIME Magazine 1996 »Wir haben unsere Umwelt so radikal verändert, dass wir uns jetzt selber ändern müssen, um in dieser neuen Umwelt existieren zu können.« transition ― 12 GRAFIK: KHIUS/Shutterstock.com Norbert Wiener, Mathematiker, 1950 Angela Merkel, Bundeskanzlerin, 2007 transition ― 13 BIG big PICTURE picture GESPRÄCH INTERVIEW AN EINEM ORT, AN DEM FRÜHER GLEICHSTROM IN WECHSELSTROM GEWANDELT WURDE, LOTEN DENA-CHEF ANDREAS KUHLMANN UND BLOCKCHAIN-PIONIER ED HESSE AUS, WAS DIE ENERGIEWENDE ZUM ERFOLG FÜHREN KANN. ALTE UND NEUE ENERGIEWELT, START-UPS UND DISRUPTION, ENERGIEPOLITIK UND DIE ZUKUNFT DES ENERGIESYSTEMS – EIN GESPRÄCH IM SCHALTRAUM DES EHEMALIGEN BERLINER UMSPANNWERKS AMPERE. Herr Kuhlmann, die dena ist treibende Kraft und beratende Begleiterin der Energiewende. Wo stehen wir aktuell bei diesem Jahrhundertprojekt und was ist aus Ihrer Sicht die größte noch zu nehmende Hürde? ANDREAS KUHLMANN: Meine Schnelldiagnose auf Ihre Frage lautet: Die Energiewende ist noch jung. Bei den Technologien für erneuerbare Energien ist die Wende voll in Fahrt gekommen. Dort gehen die Dinge rasant voran. Wenn wir aber auf die nächste Phase der Energiewende schauen, erwarten uns ganz neue Herausforderungen. Welche sind das? Manche Hürden der Energiewende rufen nach kreativer Zerstörung INTERVIEW Titus Kroder FOTOS Daniel Hofer transition ― 14 KUHLMANN: In Zukunft gilt es, die täglich wachsenden dezentralen Komponenten des Energiesystems intelligent zu koordinieren und vor allem auch die Energiewende über alle Sektoren hinweg zu denken. Mit der dena-Leitstudie Integrierte Energiewende machen wir das. Dabei geht es um unterschiedliche Infrastrukturen, Regulierungen und Märkte und ganz verschiedene Kundengruppen. Das alles so auszugestalten, dass Klimaschutz effizient und effektiv gestaltet werden kann, ist spannend. Aber es ist eben auch kompliziert. Gelingen wird das nur, wenn wir offen bleiben für Neues, das plötzlich alle Annahmen verändern kann. Herr Hesse, Sie arbeiten an einer Basistechnologie, die in der Tat vieles verändern könnte. Was ist Ihr Blick auf die Zukunft der Energiewende? ED HESSE: Blockchain ist in ihrer technologischen Dimension durchaus mit einem Quantensprung wie der Erfindung des Rads vergleichbar. Etwas völlig Neues wird die alte Welt ersetzen und grundsätzlich neu organisieren. Der Umbau des Energiesystems wird zukünftig von viel mehr einzelnen Playern vorangetrieben werden. Denn durch die Digitalisierung können plötzlich die Initiativen kleiner Start-ups mit den Ideen großer Konzerne mithalten. Welchen Plattformansatz verfolgen Sie denn bei der Energy Web Foundation? HESSE: Wir arbeiten bei der Energy Web Foundation an einer Verbindung der Technologien Blockchain und Smart Contracts. Ganz konkret schaffen wir damit eine dezentrale Non-Profit-Plattform, die den Energiehandel revolutionieren wird. Und wir schaffen damit eine Voraussetzung für ein Stromnetz, das künftig flexibel und anpassungsfähig sein muss, weil es mit der Energiewende immer mehr erneuerbare Energien aus immer mehr Quellen aufnehmen muss. Diese Technologie wird als Open-Source-Plattform angeboten. Das bedeutet: Auf dieser Basistechnologie sollen etablierte Unternehmen und Start-ups in großer Zahl einmal ihre eigenen Geschäftsmodelle entwickeln. Man kann sich das wie eine dezentrale PlayStation vorstellen, die wir entwickeln und den Spieleentwicklern da draußen zur Verfügung stellen. Nur, dass es eben nicht um Spiele, sondern um neue Geschäftsmodelle geht, die die Energiewelt von morgen prägen werden. Das könnte einen neuen Gründungsboom auslösen. Herr Kuhlmann, auf der einen Seite Ihre Leitstudie, auf der anderen eine globale Blockchain-Plattform. Kann es hier wirklich Schnittstellen geben? Sind das für Sie die Grundlagen, die Sie fordern, damit die Energiewende sich nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich entwickelt? KUHLMANN: So unterschiedlich wir auch arbeiten: Beide Projekte eint ein Bottom-up-Ansatz. Wir schauen beide, was möglich ist, und entwerfen nicht einfach nur ein starres Zukunftsszenario, das dann eventuell so gar nicht eintritt. Wie schon gesagt: Die Energiewende ist noch jung. Mit der Leitstudie suchen wir Wege, im Rahmen dessen, was heute bereits möglich ist. Aber wir werben für Technologieoffenheit und Innovation. Und wir optimieren das Bestehende. Ed Hesse bereitet das Kommen- transition ― 15 BIG PICTURE GESPRÄCH de vor. Wenn es so weit sein sollte, bauen wir es in unsere Betrachtungen ein, wenn Energiewende dadurch noch besser gelingen sollte. Uns allen geht es um den Aufbruch in das neue Energiezeitalter. Was du da machst, Ed, klingt nach einer enormen Innovationsleistung, die uns einen Riesenschritt voranbringen könnte. Die Frage wird sein, welchen Regulierungsrahmen werdet ihr brauchen und vor allem, ob die Akteure, die heute das Energiesystem treiben, sich darauf einlassen werden. HESSE: Dass wir einen Regulierungsrahmen haben und brauchen werden, stimmt aus meiner Sicht. Ich vermute allerdings, dass wir mit unserer Technologie so grundsätzlich ansetzen, dass sie sich mit großer Sicherheit durchsetzen wird. Die Frage der konkreten Aufsicht über die darauf entstehenden Märkte und Innovationsinitiativen ist davon abgetrennt. Die essentiellen Vorteile von Blockchain in der Energiewelt und der Anreiz, diese einzuführen, sind einfach zu groß, um ignoriert zu werden. Sie, Herr Hesse, können aus dem Vollen schöpfen, wenn es um technologische Visionen geht. Sie versprechen zum Beispiel, dass Sie zukünftig 95 Prozent der Transaktionskosten aus dem Stromhandel nehmen können. Herr Kuhlmann, Sie arbeiten viel stärker im Hier und Jetzt, was heißt das für die Arbeit der dena? KUHLMANN: Wir handeln in einem aktuellen gesellschaftspolitischen Rahmen. Das ist richtig. Wir haben es in unserer Arbeit fortlaufend mit mehreren Tausend Akteuren aus der Energiewelt zu tun, die alle in wichtigen Themenfeldern der Energiewende aktiv sind, in den Themen Mobilität, Gebäude, Energieerzeugung, Energieverteilung und natürlich Industrie. Die Spanne reicht in der Praxis vom Kraftwerksbetreiber über den Industrieunternehmer bis zu Windradherstellern, Biogasbauern und natürlich all den Energieberatern. Unsere Stärke ist, alle diese Akteure zusammenzubekommen, Probleme zu identifizieren und Lösungen zu erarbeiten – an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik. Dabei sieht man schnell, was umsetzbar ist und was nicht. Ed, ihr bei der Energy Web Foundation seid eher die auf eine Technologie fokussierten Zukunftsfreaks, für die der Fall Energiewende dank Blockchain leicht zu lösen scheint. Das ist natürlich technisch unglaublich anspruchsvoll, aber möglicherweise politisch weniger komplex als unsere Tätigkeit. Herr Hesse, wie sehen Sie das? HESSE: Als Stiftung, die einer Zukunftstechnologie zum Durchbruch verhelfen will, müssen wir uns natürlich weniger mit der politischen Umsetzbarkeit im Hier und ANDREAS KUHLMANN, 50, IST SEIT 2015 VORSITZENDER DER DENA-GESCHÄFTSFÜHRUNG. DER DIPLOMPHYSIKER SETZT FÜR DIE ZWEITE PHASE DER ENERGIEWENDE VOR ALLEM AUF EINE STÄRKERE INTEGRATION DER SEKTOREN ENERGIE, INDUSTRIE, VERKEHR UND GEBÄUDE UND AUF DIE STÄRKUNG VON UNTERNEHMERISCHEN LÖSUNGEN. transition ― 16 Jetzt befassen. Der Kontrast von „alter“ und „neuer“ Energiewelt ist für uns jedoch tatsächlich wichtig, um unsere Vision aufrechterhalten zu können. Ich habe selbst eine Zeit lang in der „alten“ Energiewelt gearbeitet. Und die ist nun einmal getrieben von Leuten, die einen anderen Blick auf das Thema Technologie und Energiewende haben, als wir ihn häufig für unsere Lösungen brauchen können. Letztlich muss ich sagen: Was ihr bei der dena macht, Andreas, ist der schwierigere Job. Ihr müsst irgendwie Alt und Neu verbinden, braucht einen Konsens, auf dem die Energiewende aufbauen kann. Wir bauen gerade etwas, das eure Aufgabe erleichtern kann. KUHLMANN: Jetzt bin ich aber gespannt. HESSE: Aus unserer Sicht ist Politik ja nichts anderes als ein nicht-automatisierter Konsensmechanismus. Und die Blockchain kann in der Energiewelt so vieles automatisieren und beschleunigen, über das man nicht mehr politisch streitet – etwa wenn smarte Kontrakte die Interaktion zwischen Herstellern und Verbrauchern am Strommarkt radikal vereinfachen. Wir sehen jeden Tag einen Nagel, der irgendwo raussteht, und den man potenziell mit dieser Technologie einschlagen könnte und damit ein ganzes Problemfeld der Energiewende aus der Welt schaffen würde. Herr Kuhlmann, Politik als Konsensmechanismus, ist das Ihre Welt? KUHLMANN: Politik wird von Menschen gemacht. Da gibt es Interessen und Dinge, auf die man Rücksicht nehmen muss, und das ist ja auch gut so. Transaktionskosten sparen und Entscheidungsprozesse beschleu- EWALD „ED“ HESSE, 38, IST CEO VON GRID SINGULARITY UND VICE PRESIDENT BEI DER ENERGY WEB FOUNDATION. GEMEINSAM MIT DEM ROCKY MOUNTAIN INSTITUTE ARBEITET DER MASCHINENBAUINGENIEUR DARAN, EINE BASIS FÜR DEN BREITEN ANSATZ VON BLOCKCHAIN- UND SMART CONTRACT-TECHNOLOGIEN IM ENERGIESEKTOR ZU SCHAFFEN. nigen – das wäre allerdings etwas, was wir sehr gut gebrauchen könnten. Wir agieren in einem Rahmen, den Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vorgeben. Aber das Bild da drin lässt sich viel besser gestalten, als wir es gegenwärtig tun. Herr Kuhlmann, die Technologie von Herrn Hesse ist ein Angriff auf die bestehende Energiewelt. Wie geht die dena mit dem Thema Disruption um? KUHLMANN: Mir kommt da das Prinzip der „kreativen Zerstörung“ des Ökonomen Joseph Schumpeter in den Sinn. Wir stoßen in der Energiewende oft auf Hürden, die nach einer kreativen Zerstörung rufen. Ich bin gelernter Physiker und unendlich neugierig auf neue Entwicklungen. Wir werden sicher disruptive Entwicklungen sehen, die der Energiewende helfen. Denken Sie nur an LED oder auch die Fracking-Technologie. Damals nannten wir das noch „game changer“. Digitalisierung, Blockchain, aber auch die Umwandlung bedeutender Industrieprozesse sind spannende Orte der Forschung. Wo immer wir können, werden wir als dena Brücken bauen. Das darf gerne auch mal scheitern. Übrigens: Ein bisschen disruptives Agieren kann auch in der Politik ab und an hilfreich sein. Wir sollten aber auch sehen: Das bisherige Energiesystem hat uns die sichersten Versorgungsstrukturen der Welt verschafft. Angesichts der Veränderungen der letzten 15 Jahre eine großartige Ingenieursleistung. Das Modell der „kreativen Zerstörer“ Uber oder Airbnb zum Beispiel wird gesellschaftspolitisch durchaus kritisiert. Kann man in der Energiewelt mit Disruption auch zu viel kaputt machen? KUHLMANN: Gut ist, was Fortschritt bringt. Aber nicht jede Innovation bringt Fortschritt. Übertragen auf die Energiewende bedarf es Innovationen, die helfen, das existenzielle Problem des Klimawandels zu lösen und den damit verbundenen Strukturwandel so zu gestalten, dass er den Menschen dienlich ist und Arbeitsplätze schafft. Einfach nur eine digitale Superplattform zu bauen, bei der viele Leute ihren Job verlieren und die Rendite im kleinen Kreis maximiert wird, das wäre mir nicht genug. HESSE: Das sehe ich genauso. Das Internet ist zur Zeit enorm zentralisiert und wird von ungefähr zehn Firmen beherrscht. Blockchain ermöglicht eine Demokratisierung sowohl im Internet als auch bei der Digitalisierung des Strommarktes. Eine dezentrale Kommunikationsplattform, welche automatisierte Wertübertragungen ermöglicht, ist quasi der Grundbaustein einer Graswurzeldemokratie. Das wird viele Beteiligte ermöglichen, eine Monopolisierung erschweren und somit mehr Arbeitsplätze schaffen. Unsere Technologie ist umsonst von jedem verwendbar, der eine Idee hat. Nur wenn die Eintrittshürden für eine Technologie so niedrig sind, können Projekte auch einmal scheitern und in verbesserter Variante er- neut an den Start gehen. Das steigert die Innovationsleistung der Energiewende erheblich. Herr Kuhlmann, wenn da keiner mehr groß verdient, wer investiert dann noch in die Infrastruktur, welche die Energiewende ja so dringend benötigt? KUHLMANN: Das ist eine der wichtigsten Fragen, die wir bei der dena diskutieren. Unsere Leitstudie zeigt, dass manche Technologien einen spektakulär guten Lauf vor sich haben und vermutlich leicht Investoren finden werden. Es liegt an uns, den dafür erforderlichen ökonomischen Rahmen zu schaffen. Aber das geht, davon bin ich überzeugt. Das setzt voraus, dass wir diese ungeheure Dynamik der Energiewende sichtbar machen und die Chancen, die in der Zukunft liegen, herausarbeiten. Die Politik allein hat es da nicht leicht. Wer helfen kann, ist dazu herzlich eingeladen. Herr Kuhlmann, Herr Hesse, ich danke Ihnen für das Gespräch. MEHR ZUM THEMA BLOCKCHAIN AUF DEN SEITEN 32/33. transition ― 17 BIG PICTURE INFOGRAFIK BEISPIEL INDUSTRIE Demand Side Management (DSM) WIE FUNKTIONIERT DIE INTEGRIERTE ENERGIEWENDE? Industrieunternehmen regeln ihren Energieverbrauch abhängig von der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien und können so helfen, die Netze zu stabilisieren. Mit dieser Flexibilisierung leisten sie einen Beitrag zum besseren Ausgleich zwischen Stromerzeugung und -verbrauch und damit zur Integration der erneuerbaren Energien. Eine intelligente Steuerung ermöglicht die Verbindung von lokaler Verbrauchsoptimierung (Energieeffizienz) und Optimierung des Gesamtsystems (Flexibilität). Um die Klimaschutzziele 2050 zu erreichen, brauchen wir ein nachhaltiges und intelligentes Energiesystem. Die Integrierte Energiewende zeigt, wie das gelingen kann. Zwei Herausforderungen stehen dabei im Mittelpunkt: Die wachsende Zahl an Energieerzeugern und -verbrauchern aus allen Sektoren muss besser aufeinander abgestimmt und die verschiedenen Infrastrukturen müssen zu einem intelligenten System verbunden werden. In der Infografik finden Sie vier konkrete Beispiele, wie dies in den Bereichen INDUSTRIE, ENERGIEERZEUGUNG, VERKEHR und GEBÄUDE aussehen kann. Damit die Veränderungen in den einzelnen Sektoren gemeinsam auf ein stabiles Energiesystem einzahlen, müssen sie über einen klaren REGULATORISCHEN RAHMEN gesteuert werden, der auch die Einbettung in die INTERNATIONALEN BEZIEHUNGEN sicherstellt. Darin können dann INNOVATIVE LÖSUNGEN entwickelt und INTEGRIERTE INFRASTRUKTUREN UND MÄRKTE aufgebaut werden. BEISPIEL ENERGIEERZEUGUNG Power to Gas Sonne und Wind liefern nicht konstant Energie. Eine wichtige Herausforderung der Energiewende ist es deshalb, große Energiemengen zu speichern und bei Bedarf wieder verfügbar zu machen. Hierbei kann Power to Gas einen wichtigen Beitrag leisten. Denn damit ist es möglich, überschüssige erneuerbare Energie in Form von synthetischem Gas zu speichern. Durch Power to Gas können günstige Voraussetzungen für erneuerbare Energien in anderen Regionen der Welt genutzt werden, um global mit erneuerbaren Brennund Kraftstoffen handeln zu können. Diese Energie kann dann genutzt werden, wenn zu wenig Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. 20 D INAS K TE LI GR MA IE FR R DETE EUN R ZEN DL UKER IC UNGIEHE FT SYSUN TED M 50 TREIBER DER INTEGRIERTEN ENERGIEWENDE INNOVATIONSFREUNDLICHER REGULATORISCHER RAHMEN Ein weiterentwickelter regulatorischer Rahmen sorgt für verlässliche Rahmenbedingungen und stärkt optimierte Lösungen über Sektorgrenzen hinweg. Er beinhaltet langfristig planbare Anreize für Energieeffizienz und CO2-Vermeidung und setzt auf eine technologieoffene, marktwirtschaftlich orientierte Ordnungspolitik. INTEGRIERTE INFRASTRUKTUREN UND MÄRKTE INNOVATIVE LÖSUNGEN UND NEUE GESCHÄFTSMODELLE Die Integrierte Energiewende benötigt innovative Produktions- und Anwendungstechnologien genauso, wie sie deren Entwicklung fördert. Auch neue Geschäftsmodelle sind ebenso Treiber wie Ergebnis integrativer Lösungen in den einzelnen Sektoren und über Sektorgrenzen hinweg. Einen Schwerpunkt bilden digitale Geschäftsmodelle, mit denen auch kleinteilige und heterogene Prozesse vergleichsweise leicht koordiniert und optimiert werden können, zum Beispiel um die Energieeffizienz zu verbessern. EINBETTUNG IN INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN Eine erfolgreiche Gestaltung der Energiewende in Deutschland muss eng mit der Klimaund Energiepolitik der EU-Mitgliedsstaaten abgeglichen werden. Zusätzlich ist die internationale Zusammenarbeit für die Entwicklung innovativer Energiewendetechnologien und globaler Märkte für erneuerbare Brenn- und Kraftstoffe wichtig. transition ― 18 BEISPIEL GEBÄUDE Vernetzte Wohngebäude BEISPIEL VERKEHR Das Elektroauto als Verkehrsmittel und Energiespeicher Elektroautos können nicht nur einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität leisten: Im Rahmen der Integrierten Energiewende sind sie auch mobile Stromspeicher. Sie nehmen beispielsweise während des Tages Energie aus dem Stromnetz oder einer lokalen Photovoltaikanlage auf und geben diese in der Nacht wieder ab. Dadurch leisten sie als kleiner Teil des integrierten Energiesystems einen Beitrag zur dezentralen Energieversorgung. GRAFIK: elenabsl/Shutterstock.com Die Energieinfrastrukturen (Strom-, Gas- und Wärmenetze sowie die Infrastrukturen für flüssige Energieträger) sorgen in einem nachhaltigen und intelligenten Energiesystem gemeinsam mit den digitalen Netzen für eine optimierte Abstimmung von Energieerzeugung und Energieverbrauch. So kann beispielsweise der erhöhte Verbrauch an der einen Stelle die Drosselung des Verbrauchs an einer anderen Stelle oder die Bereitstellung von mehr Energie durch einen anderen Akteur zur Folge haben. Effiziente Gebäude, die über eine eigene Photovoltaikanlage verfügen und zusätzlich an einen lokalen Quartierspeicher angeschlossen sind, werden zukünftig immer stärker nicht mehr nur Energieverbraucher, sondern auch -erzeuger sein. Zudem können in Gebäuden installierte Speicher Strom aufnehmen, wenn zu viel davon im Netz verfügbar ist, und ihn bei Bedarf wieder nutzbar machen. Damit sind vernetzte Gebäude in Zukunft ein wichtiger Baustein der Integrierten Energiewende. MEHR ZUR LEITSTUDIE INTEGRIERTE ENERGIEWENDE AUF SEITE 46 UND UNTER WWW.DENA.DE/INTEGRIERTE-ENERGIEWENDE transition ― 19 BIG PICTURE PRAXISBERICHT Jingzhou will mit unserer Hilfe die „nationale Pilotstadt für Eco-Cities“ werden. „Eco-City“ bedeutet in China, dass eine Stadt sich verhältnismäßig ambitionierte Ziele bei der Energieeinsparung, der Versorgung mit erneuerbaren Energien, in der Abfallwirtschaft und im Verkehr setzt. Es geht konkret um Effizienzmaßnahmen wie erste Energieaudits, ein besseres Monitoring in der Bauphase von neuen Häusern, Green-Building-Standards und die beispielhafte Integration erneuerbarer Energien in Gebäuden. Dazu soll in Jingzhou ein Neubauquartier mit 305 energieeffizienten Gebäuden und zusammen 1,9 Millionen Quadratmetern transition ― 20 Es gibt Bereiche, in denen in China im Moment wirklich viel passiert: Leihräder werden modern, erneuerbare Energien werden ausgebaut und viele Städte wollen sich als Ökopioniere positionieren. Es engagieren sich dabei aber nicht lokale Bürgerinitiativen. Oft sind es Funktionäre der regierenden Partei oder Bürgermeister, die auf sich und ihre Stadt aufmerksam machen wollen. Und für sie wird sehr schnell die Frage wichtig, woher die Mittel für eine Straßenbahn, eine Kläranlage oder effiziente Gebäude kommen. Da können wir Kontakte zur KfW herstellen. Man sieht, dass es bei den Eco-Cities in China meist um neue Viertel und Stadtteile geht. Eine große Frage ist aber weiterhin, was mit den heute schon bestehenden Gebäuden passiert. Werden sie saniert? Ist das technisch überhaupt möglich? Und stimmen die vielen Hundert privaten Wohnungseigentümer dem auch zu, haben sie das Geld? Oder werden diese Gebäude vielleicht schon in wenigen Jahren wieder abgerissen und durch eine neue Generation von Wohngebäuden ersetzt? Die Lebenszyklen sind kurz. Darum ist es so wichtig, heute in den Köpfen der Planer etwas zu bewegen. NICOLE PILLEN IST STELLVERTRETENDE BEREICHSLEITERIN ENERGIEEFFIZIENTE GEBÄUDE UND LEITET BEI DER DENA DIE INTERNATIONALEN KOOPERATIONEN IM GEBÄUDEBEREICH. G A M Das Wachstum der Welt spielt sich vor allem in den urbanen Zentren ab: Schon heute leben mehr als die Hälfte aller Menschen in Städten, bis zum Jahr 2050 sollen es schon sieben von zehn sein. In vielen Ländern ist die ökologische Stadterneuerung deshalb ein drängendes G R U B DE Thema. Doch die Herausforderungen auf den verschiedenen Kontinenten sind zum Teil sehr unterschiedlich. Zwei Einblicke in die Praxis der urbanen Energiewende in Deutschland und in China. PROTOKOLL Marcus Franken Blick Richtung 2050: Um CO2-Einsparungen von 95 Prozent zu schaffen, müssen DEUTSCHE KOMMUNEN vor allem den Gebäudebestand sanieren und bei allen Maßnahmen ihre Bürger mitnehmen, berichtet Rolf Warschun, Umweltamtsleiter in Magdeburg. D KOMMT ES AN Mehr Grünflächen geplant Leihräder im Trend JIN GZ HO U GRAFIK: Koshevnyk/Shutterstock.com Z um Beispiel Jingzhou: Die 6,4-Millionen-Stadt ist eines der wichtigsten Industriezentren in Chinas Binnenland, rund 900 Kilometer von Schanghai entfernt. Wir arbeiten dort mit der Chinese Society for Urban Studies (CSUS) zusammen, sie ist unsere Anbindung an die chinesische Regierung. Die CSUS gehört zum Bauministerium in Peking und berät den Staatsrat der Zentralregierung sowie Städte im ganzen Land – auch wenn es darum geht, mehr für Umwelt und Klimaschutz zu machen. Jingzhou liegt direkt am Jangtse und leidet stark unter den Folgen der Umweltverschmutzung in China, besonders der Smog aus den Kohlekraftwerken, von Autos und Fabriken trifft die Menschen dort direkt. Es gibt viele grundlegende Probleme, die weder wir noch die Stadtverwaltung von heute auf morgen lösen können. Es geht uns daher vor allem darum, das Denken zu verändern. Und dazu unterstützen wir die Initiierung und Umsetzung von Leuchtturmprojekten und Vorzeigekommunen. Nutzfläche entstehen. Die Pläne sind für chinesische Verhältnisse ehrgeizig: Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch auf acht Prozent steigen und damit fast verdoppelt werden. Und – das ist heute in China ein wichtiges Thema – der Anteil von Grünflächen in der Stadt soll auf 42 Prozent klettern. Mit dena-Hilfe soll auch ein Museumsgebäude im Passivhausstandard gebaut werden, in dem Dämm-Know-how und Lüftungstechnik aus Deutschland zum Einsatz kommen. Außerdem wollen wir helfen, eine hocheffiziente Wasserkläranlage zu errichten. AUF DIE STÄDTE In CHINESISCHEN STÄDTEN geht aller Klimaschutz von den Stadtoberen aus: Chinesische Institute versuchen zusammen mit Partnern wie der dena, das Denken der Planer von heute zu verändern, sagt Nicole Pillen, zuständig für internationale Kooperationen im Gebäudebereich der dena. er Klimawandel ist bei uns schon im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts angekommen: Wir hatten die Hochwasser 2002 und 2013 und dazwischen noch drei weitere. Die Meteorologen halten sich zwar sehr zurück damit, diese Hochwasser direkt auf den Klimawandel zurückzuführen. Aber natürlich wissen alle: Solche Wetterlagen werden häufiger. Das hat sicher dazu beigetragen, dass es bei der Abstimmung zum neuen Klimaschutzprogramm für die Stadt Magdeburg volle Zustimmung im Rat der Stadt gegeben hat – ohne Gegenstimme oder Enthaltung – und auch die Zustimmung zum „Masterplan 100% Klimaschutz“ überwältigend ist. Das Bekenntnis zum Klimaschutz ist für Magdeburg nicht neu: Schon 1992 hat die Stadt sich in der Aufbruchsstimmung nach der Wende verpflichtet, beim Klimaschutz besonders viel zu machen. Und heute sehen wir den Klimaschutz auch als Signal der Zukunftsfähigkeit, gerade an die politisch denkenden und jungen Menschen in der Stadt. Aber der Blick auf unsere CO2-Emissionen zeigt eben ganz ähnlich wie auf Bundesebene: Es passiert viel, wir haben etwa einen großen Teil der innerstädtischen Beleuchtung auf LED umgestellt, um Strom und Kosten zu sparen. Aber insgesamt gehen die Emissionen seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr zurück. Darum brauchen wir eine neue Dynamik. Wir wollen jetzt die zweite Stufe im Klimaschutz zünden. Ein selbsttragendes Modell Und dazu brauchen wir auch die dena: Mit dem Modellprojekt „Energieeffizienz-Kommune“ konnten wir uns ein Managementsystem für den Klimaschutz erarbeiten, das weit über die Dauer des Projektes hinaus Kontinuität in die Arbeit bringt, mit dem wir verlässliche Emissionsbilanzen erstellen und Arbeitsgruppen etablieren. Dadurch ist hier jetzt ein selbsttragendes Modell entstanden. Wenn man auf die Quelle der Emissionen schaut, dann ergeben sich daraus die Prioritäten unserer Arbeit: Energiebedarf in den Wohnungen, Ämtern und Büros ist ein wichtiges Thema. Unser Hauptarbeitsfeld ist der Bestand und da ist es wichtig, die Menschen in Magdeburg einzubinden. Darum machen wir Projekte mit Signalwirkung: etwa die energetische Sanierung von Wohnungen im 5.000-Einwohner-Stadtteil Buckau. Da bekommen die Eigentümer Fördergelder vom Bund und wir haben die finanziellen Mittel, um diese Maßnahmen auch zu kommunizieren. Bei der Wärmeversorgung steht Magdeburg insgesamt nicht schlecht da: In den neunziger Jahren wurden viele Wohnungen auf Gasheizung umgerüstet und ein großer Teil der Stadt wird über ein Nahwärmenetz versorgt. Ein Modal-Split von 1:1:1:1 In der Verkehrsentwicklung streben wir einen Modal-Split von 1:1:1:1 an – also eine gleichmäßige Verteilung der Personenkilometer auf Rad, öffentlichen Verkehr, Auto und Fußgänger. Das ist gerade für eine automobilgeprägte Stadt wie Magdeburg eine kleine Revolution. Und ich bin gespannt, wie die Diskussion zwischen Stadtrat und Bürgerschaft verlaufen wird. Wir hatten kürzlich eine Delegation aus China zu Besuch, die uns erklärte, dass sie zur Förderung des Radverkehrs einfach die Autoparkplätze beseitigt hätten – so was können und wollen wir nicht. Das Gute an dem jetzigen Masterplankonzept: Wenn man sich lediglich das Ziel setzt, bis 2050 mehr oder weniger CO2-frei zu sein, dann kann man dieses Ziel in der Tagespolitik schnell aus den Augen verlieren. Im Masterplan setzen wir uns Zwischenziele, die regelmäßig überprüft werden. So sehen wir sehr direkt, ob wir auf dem richtigen Kurs Richtung Klimaschutz sind. ROLF WARSCHUN IST LEITER DES UMWELTAMTES DER STADT MAGDEBURG, DIE 2013 ALS DENA-ENERGIEEFFIZIENZ-KOMMUNE ZERTIFIZIERT WURDE. transition ― 21 BIG PICTURE NACHGEFRAGT DIE DEUTSCHE ENERGIEPOLITIK STEHT IN DER NEUEN LEGISLATURPERIODE VOR GROSSEN HERAUSFORDERUNGEN. WIR HABEN DESHALB VIER EXPERTINNEN UND EXPERTEN NACH IHRER MEINUNG GEFRAGT: WO SOLLTE DIE BUNDESREGIERUNG PRIORITÄTEN SETZEN? WIE GEHEN WIR KÜNFTIG MIT DEN KOSTEN DER ENERGIEWENDE UM? UND WO HERRSCHT DIE GRÖSSTE DYNAMIK? »Wir müssen endlich davon abkommen, Kosten und Lasten in die Zukunft zu verschieben.« »In einer digitalen »Verbraucher Welt können wollen sich an wir längst nicht der Energiewende mehr alles alleine beteiligen.« machen.« Dr. Alexander von Frankenberg ist seit Oktober 2005 Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds und seit 2000 im Venture-Capital-/Start-up-Umfeld tätig. Zu seinen vorherigen Stationen zählen unter anderem ein ITStart-up sowie verschiedene Positionen bei Siemens. Hildegard Müller ist seit Mai 2016 Vorstand Netz & Infrastruktur der innogy SE. Zwischen 2008 und 2016 war sie Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Klaus Müller ist seit 1. Mai 2014 Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Zuvor war er unter anderem Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft des Landes Schleswig-Holstein. Dr. Christina Elberg ist seit Juni 2015 Geschäftsführerin von ewi Energy Research & Scenarios. Zuvor war sie in leitender Funktion im Projektgeschäft des ewi tätig. Was ist die größte energiepolitische Herausforderung für die neue Bundesregierung? Die größte Herausforderung ist sicher die Umstellung auf die Elektromobilität: Riesige Investitionen in Ladeund Netzinfrastruktur sind notwendig und gleichzeitig dürfen Incentives für die Käufer von Elektroautos nicht ausufern. Dabei muss die Automobilindustrie gefordert, aber nicht überfordert werden. Elektromobilität vor allem in Verbindung mit autonomem Fahren birgt das Risiko, dass die wichtigste deutsche Industrie erheblichen Schaden nimmt. Dafür braucht die Bundesregierung nicht nur viel Fachkompetenz, sondern auch eine im internationalen Kontext sehr sensible Vorgehensweise. Unsere Vision ist ein Energiesystem, das vor allem aus erneuerbaren Energien, Flexibilität und Lastmanagement sowie aus intelligenten Netzen besteht. Neben dem Stromsektor müssen dabei auch die Bereiche Wärme und Verkehr mit einbezogen werden. Nur mit dieser Sektorkopplung – also einer Integrierten Energiewende – kann Deutschland seine Klimaziele erreichen und das Generationenprojekt Energiewende zum Erfolg bringen. Die große Mehrheit der Verbraucher steht hinter den Zielen der Energiewende. Eine große Herausforderung ist es aber, Verbraucher auch künftig von der Energiewende zu überzeugen und sie zu beteiligen. Hierfür braucht es unter anderem mehr Kostengerechtigkeit bei der Finanzierung und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für die energetische Gebäudesanierung. Die größte Herausforderung liegt sicherlich im Erreichen der Klimaschutzziele bzw. darin, einen geeigneten Rahmen zu entwickeln, in dem diese wirksam und effizient erreicht werden. Zentral ist die Frage, wie ein hinreichend hohes (sektorübergreifendes) CO2-Preissignal ausgestaltet und etabliert werden kann. Energiewende gibt es nicht umsonst. Aber es ist wichtig, die Bezahlbarkeit wieder stärker in den Blick zu nehmen. Wir tragen dazu bei mit smarten Verteilnetzen und intelligenten Konzepten, die zu mehr Effizienz und weniger Belastungen im Gesamtsystem führen. Wichtig ist aber auch, dass die Politik Strom nicht weiterhin stärker belastet als andere Energieträger. Seit dem Jahr 2000 hat sich der Strompreis mehr als verdoppelt. Die Ausnahmen für die Industrie bei der EEG-Umlage sind gestiegen, die Kosten tragen die Verbraucher. Zentral ist es deshalb, Verbraucher zu entlasten – etwa bei der Stromsteuer. Industrieprivilegien müssen begrenzt oder zumindest aus Steuermitteln finanziert werden. Diesbezüglich gilt es, Effizienz- und Verteilungsziele zu adressieren bzw. abzuwägen. Hinsichtlich der Effizienz sind die Anreizund Lenkungswirkungen entscheidend. Ein CO2-Preis kann die Allokation verbessern, weil dem negativen (externen) Effekt des CO2-Ausstoßes ein Preis gegeben wird und somit Anreize bestehen, CO2 zu vermeiden. Mich fasziniert das Zusammenspiel verschiedener Branchen und Disziplinen. In einer digitalen Welt können wir längst nicht mehr alles alleine machen. Die Kooperationen werden auf allen Ebenen zunehmen. Ein besonders gutes Beispiel ist Designetz. Hier entwickeln wir mit 45 Partnern aus Forschung, Industrie und von Stadtwerken in 30 Einzelprojekten und drei Bundesländern eine Blaupause für die Energiewende. Verbraucher wollen sich an der Energiewende beteiligen. Solarpaneele und Stromspeicher könnten bald so preiswert werden, dass Haushalte ganz selbstverständlich einen Teil ihres Stroms selbst produzieren, speichern und verkaufen – und sich miteinander vernetzen. Allerdings muss Mieterstrom mit dem Eigenstrom der Hauseigentümer gleichgestellt werden. Durch Digitalisierung und Smart Metering wird der Endkunde stärker in den Markt eingebunden. Es ergeben sich Räume für neue Geschäftsmodelle und individualisierte Dienstleistungen, die den Bedürfnissen der Konsumenten stärker entsprechen. Dieser Trend findet in der Wissenschaft Beachtung und wird auch in der Praxis ökonomisches Know-how verlangen. »Die größte Herausforderung liegt sicher im Erreichen der Klimaschutzziele.« Welche Trends und Ideen aus dem Energiebereich begeistern Sie? transition ― 22 Wir müssen endlich davon abkommen, Kosten und Lasten in die Zukunft zu verschieben – „kicking the can down the road“, wie die Amerikaner sagen. Die Kosten müssen heute getragen werden. Dabei berücksichtigt werden müssen Verursacher, Nutznießer und Leistungsfähigkeit. Auf jeden Fall keine Schuldenfinanzierung. Vor allem zwei Themen: Zum einen fallen die Grenzkosten von Energie auf Null, d.h., Energie wird zumindest zeitweise extrem günstig oder kostenlos verfügbar sein und damit ganz neue Anwendungsbereiche eröffnen. Zum anderen wird Energie immer sauberer werden und damit die Erde weit weniger belasten oder sogar entlasten. FOTOS: Klaus Müller: vzbv - Gert Baumbach, A.v. Frankenberg: High-Tech Gründerfonds, Hildegard Müller: innogy Wir müssen mal reden... Wie sollten die Energiewendekosten in Zukunft verteilt werden? transition ― 23 INSIGHTS DIE DENA TREIBT DIE ENERGIEWENDE UND DEN KLIMASCHUTZ VORAN. IN DER RUBRIK INSIGHTS ERFAHREN SIE, WIE WIR MIT UNSEREN PROJEKTEN AM UMBAU DES ENERGIESYSTEMS ARBEITEN – IN DEUTSCHLAND UND INTERNATIONAL. INSIGHTS REPORTAGE DARF’S EIN BISSCHEN SEIN? WENIGER LÄDEN UND SUPERMÄRKTE HABEN EINEN HOHEN ENERGIEVERBRAUCH. WAS MÜSSEN EINZELHÄNDLER TUN, UM IHN ZU SENKEN? SCHLAGLICHTER AUF DREI HÄNDLER AUS DEM DENA-MODELLVORHABEN ZUR ENERGETISCHEN SANIERUNG VON HANDELSGEBÄUDEN. TEXT Titus Kroder FOTO dena/Ingo Heine O tersen ist ein niedersächsisches Idyll. Ein Ort, an dem man an einem schönen Tag sofort einen Reklamefilm für Fruchtjoghurt, Margarine oder Pumpernickel drehen könnte. Im Dorfladen der 500-Seelen-Siedlung zwischen Pferdekoppeln und lauschigen Lindenalleen stehen diese Produkte im Kühlregal. Sie auf sechs Grad Celsius zu halten, trägt zu den knapp 11.000 Euro Stromkosten bei, die der nicht auf Gewinn ausgerichtete Bürgerladen pro Jahr zu bezahlen hat. „Als wir den Laden 2011 neu eingerichtet haben, wurden Kühlgeräte angeschafft, die damals schon acht Jahre alt waren. Was man bei solchen Geräten an Einsparmaßnahmen tun kann, haben wir gemacht, etwa die Innenbeleuchtung gegen LEDs ausgetauscht“, sagt Günter Lühning. Er initiierte das 180 Quadratmeter große Geschäft über einen Bürgerverein, als in seinem Heimatort der letzte Lebensmittelladen aufgegeben hatte. Lühning, Mittfünfziger, robuster Niedersachse, Familienvater und Firmenkundenberater in einer Sparkasse, muss nicht nur im Hauptberuf scharf rechnen. Denn auch der von ihm in der Freizeit betreute Dorfladen muss mit spitzem Stift an seine Energiebilanz herangehen, damit Aufwand und Ertrag sich lohnen. Der Laden bildet transition ― 26 nicht so schnell Rücklagen. An einem Freitagnachmittag rollt etwa alle zehn Minuten ein Auto auf den Parkplatz und eine Kiste Herforder Bier und eine Tiefkühlpizza werden verladen. Dann ist erst mal wieder Ruhe. Der Bürgerverein hatte die 200 Jahre alte Fachwerkimmobilie vor sieben Jahren gekauft und auf Neubaustand modernisiert. Wände wurden gedämmt und Photovoltaik auf dem Dach installiert. „Die Kältetechnik ist momentan die akute Herausforderung für uns“, fasst Lühning das Ergebnis des Energieberatungsprozesses zusammen, bei dem der Dorfladen durch den erfahrenen Energieberater Marcel Riethmüller von Ecogreen Energie und Andreas Kaupp vom Gebäudetechnikspezialisten Hörburger unterstützt wurde. An den Stromverbrauchern wurden im Zählerschrank orange Messwürfel installiert. Was die Sensoren erfasst haben, steht nun auf 60 Seiten Diagnosebericht. Die Kühltruhen nachts abzudecken bringt zum Beispiel 123 Euro Einsparung pro Jahr. Das Enteisen setzt noch mal 24 Euro obendrauf. Die letzten zwanzig Halogenstrahler des Ladens gegen LED zu tauschen, bringt noch mal 450 Euro. Im Vergleich zu den betagten Kühlmöbeln sind diese Einsparpotenziale aber eher winzig. Denn „durch eine neue, zentrale Kälteanlage kann eine Einsparung von etwa 33 Prozent erreicht werden“, heißt es im Bericht. 2.000 Euro weniger Stromkosten pro Jahr – allerdings für eine Investition von 51.000 Euro, die sich erst nach 26 Jahren amortisiert. Rechnet sich so etwas in einem Laden, der nur eine schwarze Null schreiben will? „Das lohnt sich dann – und das wusste ich vorher auch nicht –, wenn wir auf CO2-Kühlung umstellen“, sagt Lühning. In zwei Jahren muss der Einzelhandel gesetzlich sowieso auf klimafreundliches Kältemittel wechseln. Und das wird, so riet dem Niedersachsen der Energieberater, bei so kleinen Geschäften mit bis zu 85 Prozent bezuschusst. So passt die Modernisierung mit einer Amortisationszeit von zwei Jahren auch sinnvoll in das Budget seines Bürgerladens. Damit werden die Joghurts in Otersen bald mit einem Drittel weniger Energieeinsatz gekühlt. Schicke Rollis, Jeans und Blusen im besten Licht erscheinen lassen Ganz anders gelagert sind die Energieerfordernisse mittelständischer Textilketten. Hier muss die Ware vor allem gut aussehen. In den Filialen von Mode Hell – allesamt in bayerischen Mittelstädten gelegen – wird deshalb jede Menge Licht gebraucht. Gehobene Konfektionsware will von den Kunden in angemessener Beleuchtung ausgesucht und anprobiert werden. „Da zieht unsere Hauptfiliale schon 60.000 Watt auf 1.000 Quadratmetern Verkaufsfläche“, berichtet Michael Hell. Der Unternehmer um die Fünfzig sieht sich als „Verfechter der Energiewende“. Privat fährt er Elektroauto und auch an den fünf Ladenimmobilien, die zusammen 4,5 Millionen Euro im Jahr mit hochwertiger Markenbekleidung umsetzen, hat er schon einiges getan, bevor er am dena-Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln“ teilnahm. Jetzt will er wissen, was eine Energieberatung noch herausholen kann. Auch er will noch einmal 40 Prozent weniger Energie verbrauchen. Seit Anfang 2017 betreibt die dena das Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln“. Rund 25 Einzelhändler verschiedenster Größe werden auf Basis einer umfassenden Energieberatung dabei unterstützt, ihren Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent zu senken. Das Pilotprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und durch zahlreiche Partner aus der Wirtschaft (Hottgenroth, Hörburger, Krumedia, Multicross, Vattenfall Wärme Europe) sowie Institutionen und Verbänden (EHI Retail Institute, Handelsverband Deutschland, Zentraler Immobilien Ausschuss) unterstützt. Mehr unter www.energieeffizient-handeln.de Das viele Licht im Laden sorgt für so große Wärme, dass Hell wohl auf Bademoden umstellen müsste, hätte er nicht schon vor Jahren eine klimafreundliche Erdkühlung installieren lassen. Aus 20 Meter Tiefe wird Grundwasser in Röhren durch die Decke der Ampfinger Niederlassung gepumpt, um die Räume auf angenehmen Temperaturen zu halten. Hell erwägt nun noch, die 400 Halogenstrahler pro Laden auf sparsame LEDs umzustellen. Bisher ist er jedoch skeptisch. „Der Spareffekt beruht bei dieser Technologie darauf, dass das Rotspektrum rausgenommen wird. Das kann man im Textilhandel nicht brauchen. Ein roter Pullover sieht dann einfach zu flau aus“, sagt Hell. Die Sanierungsoptionen sind in Ampfing ohnehin durch die ländliche Lage beschränkt. Der Ort hat zum Beispiel kein Fernwärmenetz, an das man die Hitze abgeben könnte. Das wäre auch die Crux beim Einbau eines Blockheizkraftwerks, den Hell erwägt. „Wohin mit der Wärme im Sommer?“, fragt er. Und auch bei den Schaufenstern liegt der Königsweg noch nicht auf der Hand. Die rund um das Gebäude laufenden Scheiben gegen neue Fenster auszutauschen würde transition ― 27 zwar erheblich mehr Energie sparen. „Doch das ließe sich nur mit komplett neuer Rahmung bewerkstelligen – eine größere Baumaßnahme also“, meint Hell und fasst die Gesamtrechnung zusammen: „Beleuchtung: 40.000 Euro, ein 9-Kilowatt-Blockheizkraftwerk: 30.000 Euro und neue Schaufenster: 150.000 Euro.“ Ob sich das wirklich rentiert, weiß er, wenn er den Energieberatungsbericht in Händen halten wird. Der Kunde im großen Lebensmittelmarkt legt Wert auf Klimaschutz Von idyllischen Dorfläden oder einer mittelständischen Bekleidungskette ist Oliver Veigl Lichtjahre entfernt. Als Bereichsleiter nachhaltiges Bauen des Bau- und Energieberaters CEV „revitalisiert“ er in Abstimmung mit der Handelskette Netto die Filialen eines der größten Einzelhandelsladennetze in Deutschland. Bei insgesamt rund 4.200 Läden erfolgt die energetische Betrachtung generalstabsmäßig. Im Schnitt wird jede Filiale von Experten der Netto und von CEV alle sieben Jahre unter die Lupe genommen. „60 Prozent des Energieverbrauchs eines Lebensmittelmarkts macht die Kühltechnik aus, jeweils 20 Prozent entfallen auf die Beleuchtung und die Lüftung. Wenn Sie das alles auf einen neuen Stand bringen, haben Sie das Energiesparziel oft schon erreicht“, so Veigl. Am dena-Modellvorhaben „Energieeffizient Handeln“ nimmt ein Netto-Markt in Schönefeld südlich von Berlin teil. 40 Prozent des Energieverbrauchs sollen dort eingespart werden. Als Basis für die Modernisierung werden die Ergebnisse eines spezifischen Energieaudits herangezogen. Darüber hinaus werden bereits erprobte Optimierungskonzepte von Netto eingesetzt. Im neu gestalteten Eingangsbereich wird nach der Sanierung ein hochmoderner Türluftschleier sicherstellen, dass die Innentemperatur stabil bleibt. Eine Zwischensparrendämmung soll im Winter die Wärmeverluste über das Dach reduzieren und im Sommer verhindern, dass zu hohe Temperaturen im Ladengeschäft entstehen. Geplant sind auch ein LED-Beleuchtungskonzept, die Nutzung transition ― 28 der Prozessabwärme aus der Kälteerzeugung zur Gebäudebeheizung und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Zudem werden Kälteanlagen und Tiefkühltruhen modernisiert und künftig mit natürlichem Kältemittel betrieben. Moderne Steuerungstechnik wird im Schönefelder Markt außerdem künftig alle Komponenten der Anlagentechnik aufeinander abstimmen, so wie es bei allen Neubau- oder Modernisierungsvorhaben von Netto Standard ist. Über das permanente Monitoring können alle Systeme bei Bedarf nachjustiert werden. Fehlfunktionen oder Auffälligkeiten werden dadurch frühzeitig entdeckt. „Der Markt kann so sehr effizient gemanagt werden“, erklärt der Energieexperte. Im Durchschnitt verbraucht ein typischer Einzelhandelsmarkt 210 Kilowattstunden weniger Energie pro Quadratmeter und Jahr als die meisten kleinen Geschäfte. Dennoch ähneln manche Probleme bei Netto denen bei „Mode Hell“ in Ampfing: Oft gibt es zu viel Wärme in den Läden, zum Beispiel durch die Körpertemperatur der Kunden oder die Sonneneinstrahlung auf die großen Glasflächen. Ein Lebensmittelmarkt der Zukunft brauche dann auch keinen Gasanschluss mehr, erläutert Veigl: „Die Abwärme aus der Kälteanlage kann für die Fußbodenheizung genutzt werden, sodass kein fossiler Brennstoff mehr benötigt wird.“ Schon seit 2010 wird in den meisten Netto-Filialen die Kühlabwärme über einen Wärmetauscher zur Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser genutzt. Eine feste Regel beherzigt Veigl zudem immer: Wenn man investiert, müssen die Märkte Mietlaufzeiten von mehr als zehn Jahren haben. Darunter lohnt sich eine energetische Sanierung nicht. Schließlich ist die Netto-Kette an den meisten Standorten Mieter. Eine der größten Lebensmittelmarktketten Deutschlands rechnet letztlich nämlich auch nicht anders als der Dorfladen in Otersen. „Wenn Sie einen Joghurt für 50 Cent verkaufen, dann haben Sie eine Gewinnmarge von vielleicht drei Prozent. Das sind Minicent-Beträge. Wenn Sie da einen Euro an Energiekosten einsparen, können Sie gleich zehn Joghurts mehr profitabel an den Mann bringen“, sagt Veigl. n A successful energy transition becomes reality The global platform to promote innovation in energy transition All information and application on: startup-energy-transition.com #SET2018 @StartUpGet » WAS WIR JETZT MACHEN, IST NUR DER ERSTE SCHRITT« INSIGHTS REPORTAGE DER METALLPRODUZENT AURUBIS UND ENERCITY WOLLEN DIE NEUE ÖSTLICHE HAFEN-CITY IN HAMBURG MIT CO2-NEUTRALER WÄRME VERSORGEN. EINE KOOPERATION, VON DER UNTERNEHMEN, STADT UND KLIMA PROFITIEREN. UND DIE NOCH DEUTLICH AUSGEWEITET WERDEN SOLL. KfW und die dena hat aus fast 100 Vorschlägen zehn Leuchtturmprojekte ausgewählt: Dazu zählen auch die Stadtwerke Gießen mit der Bosch Thermotechnik und der Bosch KWK Systeme GmbH, die Brauerei C. & A. Veltins, die Evers-Druck GmbH, Evonik Industries, das Fahrzeugwerk Bernard Krone, die Georgsmarienhütte GmbH, die GETEC heat & power AG, die GILGEN’S Bäckerei & Konditorei und die Nestlé Deutschland AG. „Wir wollen, dass das Schule macht“, erklärt dena-Projektleiter Armin Kühn. Aurubis kommt entgegen, dass in Hamburg gerade viel gebaut wird. Am Ufer der Norderelbe, das dem Aurubis-Werk gegenüberliegt, entsteht die neue Hafen-City, die Nutzfläche von 1,4 Millionen Quadratmetern entspricht fast 20.000 durchschnittlich großen Wohnungen. Zwischen Werk und Wohnungen entsteht eine Fernwärmeleitung, die die Wohnungen klimafreundlich mit Heizenergie und warmem Wasser versorgt. „Dort“, sagt Christian Hein und zeigt auf den östlichen Teil des Werksgeländes, „wird die Wärme übergeben.“ Der erste der drei Stränge in der sogenannten Kontaktanlage, die das Schwefeldioxid aus dem Schmelzofen in flüssige Schwefelsäure umwandelt, wird bereits umgebaut. Dann kann die Wärme aus der Schwefelreaktion in einem Wärmetauscher auf das Wasser der geplanten Fernwärmeleitung übertragen werden. Von dort wird es dann in unterirdischen, dick gedämmten Rohren entlang des Aurubis-Werks nach Nordosten fließen, weiter durchs Gewerbegebiet und dann entlang der Veddeler Brückenstraße über die Norderelbe. Stolze 2,7 Kilometer lang ist die Leitung. TEXT Marcus Franken Vom Hochofen in die Heizung Im Aurubis-Werk glühen die Hochöfen und flüssiges Kupfer schießt aus dem Abstich am Schwebeschmelzofen. Wenn Christian Hein da zu einer Erklärung ansetzt, ist er kaum zu verstehen. „Hier wird aus hochangereichertem Kupfererz reines Kupfer gewonnen“, ruft der Projektleiter und Koordinator für Energieeffizienz und Energiemanagement von Aurubis, als der gröbste Lärm verklungen ist. Was in den Aurubis-Hochöfen passiert, ist schnell erklärt: Erzkonzentrat enthält etwa ein Drittel Kupfer, ein Drittel Eisen, ein Drittel Schwefel. Auf über 1.200 Grad wird dieses Gemisch erhitzt und so entstehen in mehreren Prozessschritten flüssiges 99,5 Prozent reines Rohkupfer und Eisensilikat; in den Dämpfen steckt der Schwefel transition ― 30 als gasförmiges Schwefeldioxid. Die Produkte daraus verkauft Aurubis weltweit. „Wenn wir auf die Emissionen schauen, dann ist so ein Werk direkt in der Stadt natürlich eine große Herausforderung“, sagt Hein. Aurubis hat in den vergangenen Jahren Millionen in Betriebsoptimierungen und Filteranlagen investiert. „Aber bei der Fernwärme ist diese räumliche Nähe ein Glücksfall.“ Denn: Was macht man mit so viel Hitze? Die heißen Abgase des Schwebeschmelzofens haben eine Temperatur von 1.400 Grad Celsius. So werden bereits jetzt 70 bis 80 Prozent des im Werk benötigten Prozessdampfes CO2-neutral aus Abwärme gewonnen. Die Reaktionswärme des Schwefelsäureprozesses konnte bisher jedoch nicht vollständig genutzt werden. „Für Wärme unter 100 Grad haben wir viel weniger Verwendung im Werk“, erklärt Hein. Aber gerade diese Wärme ist ideal, um etwa Wohnungen zu heizen. Abwärme im Instrumentenmix der Energiewende „Die Nutzung von Abwärme wie bei Aurubis ist ein Topthema im Instrumentenmix der deutschen Energiewende“, erklärt Armin Kühn, Projektleiter im Bereich Energiesysteme und Energiedienstleistungen der dena. Die Unternehmen in Deutschland könnten durch intelligente Abwärmenutzung jährlich rund fünf Milliarden Euro sparen und ein Wärmepotenzial von 125 Terawattstunden erschließen. Die Bundesregierung fördert solche Vorhaben deshalb über die FOTO: Bastian Sander/Shutterstock.com S eit über 150 Jahren sind Hamburgs Bürger und Aurubis schon Nachbarn. Das Stammwerk von Europas größtem Kupferproduzenten liegt auf der Peute, der Binneninsel im Bogen der Norderelbe. Wenn man die Eisenstufen an den Schloten des Kupfer-Schmelzofens erklimmt, sieht man im Nordwesten die glitzernde Hülle der Elbphilharmonie. Im Süden grenzt direkt der Stadtteil Wilhelmsburg an, wo früher die Hafenarbeiter wohnten. Stadt und Werk wollen sich nun noch enger vernetzen: „Kupferproduzent soll HafenCity einheizen“, schreibt das Hamburger Abendblatt. „Erstmals wird ein ganzer Stadtteil nahezu vollständig mit Abwärme aus der Industrie versorgt werden“, lobt Jens Kerstan, Umweltsenator der Freien- und Hansestadt. Energie auch wirtschaftlich nutzen „Nach den Löhnen und Gehältern sind die Energiekosten immerhin der zweitgrößte Ausgabenposten bei Aurubis. Wir haben lange nach einem geeigneten Kunden für die CO2-neutrale Wärme gesucht“, erklärt Hein. 17 Millionen Euro kosten die Umbauten im Prozess und für die interne Wärmeleitung, rund ein Drittel der Summe wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über das „Energieeffizienzprogramm Abwärme“ der KfW gefördert. Durch die Nutzung der Abwärme dieses Stranges der Kontaktanlage spart Aurubis Erdgas ein, dessen Verbrennung zur Dampferzeugung bisher jährlich 11.000 Tonnen CO2 verursacht hat. Die Fernwärmeleitung außerhalb des Werkes baut die enercity Contracting Nord GmbH, eine Tochter der Stadtwerke Hannover. „Um die produktionsbedingten Schwankungen der Aurubis-Abwärme auszugleichen, errichten wir eine neue Energiezentrale auf der Peute. Darüber hinaus können bereits seit 2014 in der Energiezentrale am Oberhafen vorhandene Spitzenlastkessel und ein mit Biomethan betriebenes Blockheizkraftwerk zum Ausgleich zwischen Abwärmeaufkommen und Wärmebedarf der HafenCity Ost genutzt werden“, erläutert Carlo Kallen, Sprecher der enercity. Die Abwärme der Aurubis wird so in Zukunft den Grundlast-Wärmebedarf decken. Wärmespeicher mit einer aktuellen Kapazität von 300 Kubikmetern in der Energiezentrale am Oberhafen unterstützen derzeit die ganzjährige Vollversorgung mit Heizenergie. Das ganze Projekt ist auf der Zielgeraden: Der Bau der Fernwärmeleitung hat begonnen, und das erste warme Wasser soll spätestens zum Beginn der Heizperiode 2018 fließen. Die Gesamtkosten der Auskopplung auf Seiten der enercity für dieses Projekt belaufen sich auf rund 16 Millionen Euro. Die Verantwortlichen bei Aurubis denken inzwischen noch weiter. Bisher wird erst einer von drei Produktionssträngen genutzt. „Was wir jetzt machen, ist nur der erste Schritt“, sagt Hein. „Richtig spannend“ sei die Idee, auch die beiden verbleibenden Anlagen umzubauen. Die Herausforderungen beim Bau einer weiteren Anschlussleitung wären immens: Die Trasse Richtung Innenstadt müsste hinter den Elbbrücken über eine der Hauptverkehrsadern Hamburgs geführt werden. Auch hier müsste der Bund Fördermittel bereitstellen. Aber: „So ließen sich jährlich bis zu 140.000 Tonnen CO2 sparen“, schwärmt Hein. Er hofft, dass die notwendigen Entscheidungen bis Ende 2018 fallen. n transition ― 31 INSIGHTS THEMA Von Big Data bis Smart Contracting DIE DIGITALE REVOLUTION IST IN VOLLEM GANG. SENSORIK, CLOUD COMPUTING, APPS, ROBOTIK, DATENANALYSE, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ SOWIE HOHE SPEICHER- UND PROZESSORLEISTUNGEN SIND FÜR UNTERNEHMEN ERSCHWINGLICH GEWORDEN. DAMIT WERDEN SICH DATENGETRIEBENE GESCHÄFTSMODELLE ZUNEHMEND AUSBREITEN. AUCH VOR DER ENERGIEWENDE MACHT DIE DIGITALISIERUNG NICHT HALT. DENN MARKTREIFE, DIGITALE TECHNOLOGIEN VEREINFACHEN ZUM BEISPIEL DIE STEUERUNGS- UND UMWANDLUNGSPROZESSE IN EINEM INTEGRIERTEN ENERGIENETZ, DAS MEHR UND MEHR ERNEUERBARE ENERGIEN AUFNEHMEN MUSS. WIR STELLEN EINIGE TRENDS IM BEREICH DIGITALISIERUNG VOR. Smart Meter BIM Ein Energiezähler, der den Energieverbrauch aufzeichnet und zum Beispiel über einen Monitor oder eine Applikation auf einem mobilen Endgerät in Echtzeit die Kosten dafür anzeigt. Smart Meter helfen privaten Haushalten und Firmen, den Stromverbrauch auf Tageszeiten zu legen, in denen Energie günstig ist. Produzenten und Netzbetreiber können wiederum die Echtzeitdaten nutzen, um Preismodelle zu entwickeln und die Auslastung des Netzes zu steuern. Smart Meter sind daher ein entscheidender Baustein intelligenter Stromnetze. BIM steht für Building Information Modeling, ein digitales Planungs- und Koordinationstool für Bauprojekte. Entsprechende Softwarelösungen erlauben auch das zentrale Monitoring von Daten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg. Insbesondere während der Bauphase kann BIM dazu beitragen, die Termin- und Kostensicherheit sowie die Planungsqualität zu erhöhen. So können beispielsweise schon früh Energieströme in einem Gebäude oder verschiedene Effizienzstandards simuliert werden. Zugleich können die energetischen Auswirkungen von baulichen Veränderungen leicht dargestellt und ganzheitlich betrachtet werden. Im Zentrum solcher Anwendungen steht ein hochauflösendes, digitales 3-D-Modell des Gebäudes, in dem alle Details angesteuert werden können und in dem alle relevanten Daten und Maße, zum Beispiel die Dimension der Lüftungsanlage, hinterlegt sind. Big Data Große Mengen digitaler Daten, die mit Analysesoftware ausgewertet werden können, vermitteln zusätzliche Erkenntnisse und Einblicke. Mithilfe von Big-Data-Analysen lassen sich etwa Geschäftsabläufe von Energieunternehmen optimieren oder das Verhalten von Energieverbrauchern kann detailliert studiert werden. Daraus können dann unter Umständen neue Geschäftsmodelle entstehen. Auch im Stromnetz der Zukunft werden Einspeisungen dezentraler Erzeuger wie etwa Windparks immer mehr Daten produzieren. Diese Daten durch Big-Data-Analysen auszuwerten schafft die Grundlage für die Steuerung komplexer Abläufe und für die Stabilisierung des Stromnetzes bei zunehmenden Anteilen volatiler Energiequellen. Blockchain Eine Grundlagentechnologie, die digitalen Informationsaustausch dezentral und fälschungssicher dokumentiert. Es entfällt damit die Notwendigkeit einer zentralen Datenaufzeichnung. In der Energiewirtschaft eignet sich Blockchain für Abrechnungssysteme, etwa zwischen Stromherstellern und Verbrauchern in einem Microgrid. Aber auch Wartungsvorgänge, Einspeisungsnachweise oder Herkunftsangaben können mit der Technologie dokumentiert werden. Immer mehr Objekte des Alltags werden mit Prozessorleistung und Software ausgestattet, um miteinander zu kommunizieren. Im Energiesektor können zum Beispiel Gas- oder Stromnetze mithilfe digitaler Sensorik „smart“ gesteuert werden. Praktisch jede in einem integrierten Energiesystem genutzte Komponente – vom Blockheizkraftwerk über die Wärmepumpe, das Elektroauto, die Windturbine bis hin zum Biomethanfermenter – muss sich per Software mit den übrigen Komponenten abstimmen können. Daher ist das Internet der Dinge einer der wichtigsten Bausteine integrierter Energiesysteme. transition ― 32 Künstliche Intelligenz Eine Softwaretechnologie, die Maschinen autonomes „Denken“ und „Handeln“ ermöglicht. Basistechnologien sind Machine Learning, Spracherkennung sowie Text- und Sentimentanalyse. Komplexe KI-Lösungen zeigen Züge menschlichen Verhaltens, etwa das Abwägen von Risiken auf Basis gelernten Praxiswissens sowie entsprechendes Reagieren. Im Energiesektor kann künstliche Intelligenz bei der Selbststeuerung von Stromnetzen zum Einsatz kommen. Aus Wetterangaben können „denkende“ Algorithmen etwa die Einspeisungsmengen von Solaranlagen für die nächsten 48 Stunden ermitteln. Smart Homes GRAFIK: Liu zishan/Shutterstock.com Internet der Dinge Bürogebäude, Wohnhäuser oder Wohnungen, die durch die Kombination aus innovativer Haustechnik und Software „mitdenken“. Optische Sensoren und Temperaturfühler messen dabei beispielsweise an verschiedenen Stellen einer Immobilie Energieverbräuche, Außen- und Raumtemperaturen, aktuelle Lichtverhältnisse oder die momentane Belegungsdichte von Arbeitsplätzen. Diese Daten werden so miteinander verknüpft, dass die Anlagentechnik unter dem notwendigen Energieeinsatz optimal arbeitet. Smart-Home-Technologie ermöglicht zugleich die Interaktion der Gebäudenutzer mit der Technik über digitale Schnittstellen und erlaubt damit eine individualisierte Steuerung. Eine praktische Besonderheit von Smart Homes ist die intelligente Verknüpfung von Erzeugung und Verbrauch. Damit kann beispielsweise der über Photovoltaik erzeugte Strom unmittelbar für Elektrofahrzeuge genutzt werden. Smart Contracting Erlaubt im Verbund mit Blockchain zum Beispiel die automatisierte Abrechnung von Energiemengen. Smart Contracts, selbstauslösende Softwareprogramme, könnten etwa bei Energienetzen zum Einsatz kommen, in denen sie selbstständig Abrechnungs-, Bezahl- und Dokumentationsvorgänge starten. Lokale Energieerzeuger, etwa eine private Windturbine, können ihren Strom damit direkt an einen lokalen Verbraucher – etwa einen Kunden an einer Ladestation für Elektroautos – verkaufen und bekommen per Smart Contract sofort den Gegenwert gutgeschrieben. transition ― 33 INSIGHTS insights REPORTAGEN ANALYSE Großes Potenzial – doch der Markt kann sich nur schwer entwickeln Zur schnellen Entfaltung bräuchte das Multitalent unter den Erneuerbaren indes weitere Förderung und auch einen soliden internationalen Rahmen. „Aber der Trend geht derzeit in die andere Richtung. Gerade wurde die Einspeisevergütung für erneuerbaren Strom noch einmal gesenkt. Und was den Markt stärker in Gang bringen würde, eine spezielle, auch von der EU geforderte Quote für besonders umweltfreundliche Kraftstoffe im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote, gibt es in Deutschland bisher nicht “, sagt Edel. Auf europäischer Ebene wird das Gas in großem Stil heute oft da produziert, wo es nicht gebraucht wird. Von derzeit 490 Produktionsanlagen in der EU stehen rund 330 in den drei Ländern Deutschland, Schweden oder Großbritannien. „Aber vom einheitlichen EU-Biomethanmarkt, der das gut ausgebaute europäische Gasnetz als gigantischen Speicher und Marktplatz nutzen könnte, sind wir weit entfernt“, sagt der dena-Experte. Harmonisierte Register und Standardisierungen müssen her Was muss also passieren? Die Biomethanproduktion wird bisher nicht flächendeckend in Europa erfasst und dort, wo Informationen vorliegen, sind diese oft nicht mit denen anderer Länder vergleichbar. Mehr Informationen unter www.biogaspartner.de www.biogasregister.de Jetzt bitte mal Gas geben! Biomethan ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Doch warum fristet das vielseitige Gas aus Grünzeug und Gülle ein solches Schattendasein? Ein besserer Marktrahmen – national wie international – könnte das Problem lösen. TEXT Titus Kroder transition ― 34 SAUBER ABFAHREN „Daher braucht jedes EU-Land ein Register, das die lokale Produzentenlandschaft transparent macht und sowohl Qualität als auch Menge der Biomethaneinspeisung standardisiert und dokumentiert erfasst. Nur so wird der Rohstoff international handelbar“, so Edel. Die dena betreibt bisher das Biogasregister Deutschland und kooperiert dabei bereits mit ähnlichen Registern in Dänemark und Österreich – möglicherweise ein Vorbild für ein künftiges EU-weites System, das die nationalen Register verbindet. Das europäische Erdgasnetz muss zudem zum Massenspeicher für die Einspeisungen aller 27 EU-Länder werden. Die Rolle als einheitlicher Marktplatz kann es nur erfüllen, wenn die Fördermodelle und Anrechnungsmethoden einzelner EU-Staaten untereinander abgestimmt werden, was bisher nicht der Fall ist. „Biomethan wird immer ein Nebendarsteller im Energiemix bleiben, aber es wird eine tragende Nebenrolle sein“, sagt Edel. Denn immerhin reicht die heimische Rohstoffbasis aus, um bis 2030 rund ein Zehntel des deutschen Erdgasverbrauchs mit Biomethan zu ersetzen. Das wären mehr als zwölf Millionen betankte Autos pro Jahr oder der Strom für 12,5 Millionen Vier-Personen-Haushalte. Doch um dies zu erreichen, muss die Politik einen geeigneten Rahmen setzen, auf nationaler und auf EU-Ebene. n E FOTOS: Bildagentur Zoonar GmbH/Shutterstock.com (S. 34), Meyer Logistik (S. 35) S chippt ein Bauer in Leinfelden-Echterdingen oder der Uckermark Maishäcksel in den Fermenter und kippt Gülle dazu, lassen Mikroben sofort die nützlichen Bläschen aufsteigen. Von Wasser, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff getrennt, wird das entstandene Biomethan direkt ins Erdgasnetz eingespeist. Wind und Sonne haben ihre „Dunkelflauten“. Biomethan ist dagegen der laufstarke Ausputzer der Energiewende, der einspringen kann, wenn die Rotoren auf den Äckern in Brandenburg stillstehen oder der Himmel über dem Saarland wolkengrau ist. Sein großflächiger Einsatz kann hierzulande für deutlich geringere Stickoxidund Feinstaubemissionen sorgen, für mehr klimafreundliche Pkw, Lastwagen und Schiffe – und auch für Nah- und Fernwärmenetze bietet sich der Brennstoff ideal an. „In Deutschland liefern 207 Anlagen derzeit jährlich mehr als neun Terawattstunden Biomethan. Das sind etwa zwei Prozent der Strom-, Wärme- und Kraftstoffleistung, die aus erneuerbaren Energiequellen bezogen wird. Das ist respektabel, aber da ist noch viel mehr drin“, sagt Matthias Edel, Biomethan-Fachmann der dena. Seit Jahren wachsen die Treibhausgasemissionen des Straßengüterverkehrs überproportional an. Es ist daher höchste Zeit für alternative Antriebe und Kraftstoffe, die CO2, Feinstaub und Lärm reduzieren. inige Lkw-Fahrer von Meyer Logistik tragen beim Tanken Brille und Handschuhe – im Sommer wie im Winter. Denn 20 Sattelzüge des Familienunternehmens aus Friedrichsdorf im Taunus fahren mit Liquified Natural Gas, kurz LNG. Das Flüssigerdgas ist bis auf minus 161 Grad Celsius tiefgekühlt. Es zählt zu den alternativen Kraftstoffen, die Diesel in Zukunft ersetzen könnten – und erfordert Schutzkleidung beim Tanken. Für Matthias Strehl, Geschäftsführer von Meyer Logistik, sind die Minusgrade kein Problem. 2016 investierte das Unternehmen mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in die Technologie. „Unsere Sattelzüge haben mit LNG einen bis zu 18 Prozent sparsameren Verbrauch als herkömmliche Diesel-Lkw nach EuroVI-Norm. Weil der Kraftstoff auch deutlich günstiger ist, rechne ich mit einem Amortisierungszeitraum von unter zwei Jahren“, beschreibt Strehl die wirtschaftlichen Vorteile. „Mit der jetzigen LNG-Flotte planen wir außerdem, bis 2022 50 Tonnen CO2 pro Fahrzeug einzusparen.“ Vorteile überwiegen, Information fehlt Im Vergleich zu Diesel schneidet LNG als Kraftstoff deutlich besser ab. Lkw mit Flüssiggasantrieb stoßen bis zu 37 Prozent weniger Stickoxide (NOx) aus und verursachen bis zu 43 Prozent weniger Lärm. Zudem könnten mit LNG bis zu 90 Prozent der Feinstaubemissionen im Verkehr vermieden werden. LNG, das überwiegend aus Methan besteht, enthält etwa ein Viertel weniger Kohlenstoff als Diesel. Damit verbrennt es sauberer und emissionsärmer. TEXT Sarah Buch Nur wenige Unternehmen sind jedoch mit den Vorteilen von LNG vertraut. Marcus Trommler, Teamleiter erneuerbare Energien und Mobilität bei der dena, sieht daher Potenzial in der Aufklärung: „Um mehr Flottenbetreiber von LNG zu überzeugen, müsste die Politik stärker dafür werben und Vertrauen schaffen – ähnlich wie bei der Elektromobilität.“ Henne-Ei-Dilemma am Markt Eine Taskforce für LNG Die dena hat 2015 gemeinsam mit der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft und der Initiative Zukunft Erdgas die LNG-Taskforce gegründet. Ziel ist es, Akteure aus Wirtschaft und Politik von den Vorteilen des alternativen Kraftstoffs zu überzeugen und den deutschen LNG-Markt weiter zu entwickeln. Ihr erster Erfolg: Die Energiesteuerermäßigung für Erdgas und Biomethan als Kraftstoff wurde bis Ende 2026 verlängert. Zudem steht die LNG-Taskforce mit einem Empfehlungskatalog für die zukünftige Marktentwicklung in den Startlöchern – damit die neue Bundesregierung den Ausbau von LNG forcieren kann. Neben der fehlenden Aufklärung gibt es noch weitere Gründe, warum sich der alternative Kraftstoff am Markt bisher noch nicht durchgesetzt hat, erläutert Trommler: „Das ist ein klassisches Henne-Ei-Dilemma: Bisher gibt es kaum Speditionen mit LNG-Lkw. Denn die Unternehmen richten sich nach dem Angebot der Tankstellen. Doch die Betreiber der Tankstellen benötigen einen täglichen LNG-Mindestabsatz, damit sich der Standort rentiert. Bisher ist das kaum der Fall – eben weil noch wenige Speditionen LNG-Lkw einsetzen.“ Wegen des starken Wettbewerbs stehen Spediteure außerdem unter hohem Kostendruck. „Der Unternehmer muss beim Umstieg auf LNG erstmal in die Fahrzeuge investieren“, erklärt der dena-Teamleiter. Die Kosten könnten sich über den günstigen Kraftstoffpreis amortisieren – bei niedrigen Dieselpreisen nimmt aber kaum ein Unternehmen das Risiko auf sich. Bis jetzt, denn im Zuge der Debatte um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Innenstädten suchen Logistikunternehmen nun nach anderen Lösungen. LNG bietet sich als markttaugliche Alternative an – trotz Schutzkleidung und Brille. n transition ― 35 INSIGHTS FUNDSTÜCKE Felix Schmid Wir haben vor Kurzem ein Minigrid in einer sehr abgelegenen Gegend Indiens in Betrieb genommen, in dem kleinen Dorf Sarvantara, das vorher nicht an die Stromversorgung angeschlossen war. Kurz vor der Aktivierung des Netzes haben wir bei 50 Grad Außentemperatur in einem kleinen Haus probeweise ein Licht und einen Ventilator angeschaltet. Das sorgte für großes Interesse: Das Haus füllte sich schnell mit Menschen, die zusehen und sich von der kühlen Luft des Ventilators erfrischen lassen wollten. HEIZEN BEI OFFENEM FENSTER Lina Uzsilaityte-Schulte Unser Training für Energiefachleute in Kasachstan brachte uns in Kontakt mit extremen Wettererfahrungen: minus 30 Grad und sehr viel Schnee. Das eisige Klima bietet ein riesiges Potenzial für einen effizienteren Umgang mit Energie. Denn in Kasachstan wird angesichts der Kälte und schlecht isolierter Häuser meist intensiv geheizt. Und da die Energie sehr günstig ist, lässt man dazu dann gerne auch noch ein Fenster zum Lüften offen. Umso wichtiger, dass jetzt eine erste Generation von Energiemanagern heranwächst, die ein Bewusstsein für den richtigen Umgang mit Energie besitzt. DENA ON TOUR transition ― 36 NO CASH Ang Ye Wenn ich geschäftlich für die dena in China unterwegs bin, tauschen wir vorher meistens Bargeld um. Das ruft seit einiger Zeit bei unseren Geschäftspartnern vor Ort eine gewisse Heiterkeit hervor, denn in China werden inzwischen quasi alle Geldtransaktionen bargeldlos durchgeführt – egal ob am Kiosk, im Supermarkt oder am Flugticketschalter. Den Chinesen kommt unsere Bargeldfixierung ein bisschen altmodisch vor. PORTRÄTS: dena MINIGRID SORGT FÜR BESUCHERANDRANG FOTOS: ( von links) Anatoli Styf, Vasily Gureev, jiangdi, FCG, OlegDoroshin; alle: /Shutterstock.com VIELE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER DER DENA ARBEITEN NICHT NUR IN BERLIN, SONDERN SIND IN GANZ DEUTSCHLAND UND DER WELT UNTERWEGS, UM DIE ENERGIEWENDE VORANZUBRINGEN. HIER BERICHTEN FÜNF VON IHNEN, WAS SIE DABEI ERLEBT HABEN. SANIERUNGSFACHLEUTE LÖSEN POLIZEIEINSATZ AUS Bastian Stenzel Haus- und Wohnungseigentümer von den Vorteilen einer energetischen Gebäudesanierung zu überzeugen, ist immer anspruchsvoll. Besonders großen Überzeugungsbedarf haben aber die Zielgruppen unseres Modellprojekts in der Ukraine. Bei einem der ersten Vor-Ort-Termine waren die Bewohner von den Sanierungsfachleuten, die die Häuser unter die Lupe nahmen, so verunsichert, dass sie zunächst die Polizei riefen. Erst nach eingehender Information über das Projekt konnten dann auch diese Bewohner von den Vorteilen überzeugt werden – der Aha-Effekt nach dem Blaulichteinsatz. WIE ENERGIE SICHTBAR WIRD Julian Elizalde-König In unserem Projekt zum Thema Demand Side Management haben wir in Industrieunternehmen nach Flexibilisierungspotenzialen bei der Stromnutzung gesucht. Energieintensive Unternehmen wie Aluminiumhütten oder Zementwerke verfügen in der Regel über hohe flexible Lasten, deshalb haben wir zunächst große Strom- beziehungsweise Energieverbraucher analysiert. Wie groß die Energiemengen sind, kann man sich oft nur schwer bildlich vorstellen, denn Energie kann man schließlich nicht sehen. Eine Ausnahme habe ich einmal im tiefen Winter bei einer Werksbesichtigung in Baden-Württemberg erlebt. Inmitten der Schneewehen gab es einen Ort auf dem Werksgelände, der komplett schneefrei und trocken war: Rund um den Drehrohrofen sorgten der enorme Energieverbrauch und die damit einhergehende Wärmeentwicklung für ein geradezu mediterranes Mikroklima. transition ― 37 INSIGHTS REPORTAGE Jede lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt EIN JUNGES PAAR KAUFT EIN HAUS VON EINER ALTEN FRAU. DAS DACH IST UNDICHT. GEHEIZT WIRD MIT STROM. DAS GELD FÜR DIE SANIERUNG IST KNAPP. DER ENERGIEBERATER MACHT DAS BESTE DARAUS. J TEXT Marcus Franken FOTO Fabian Schubert an Krebs nimmt die Abfahrt „Dortmund Stadion“, fährt in die Bittermark und parkt seinen VW Up! in einer Siedlung, die für das Ruhrgebiet nicht typischer sein könnte: Einfamilienreihenhaus schmiegt sich an Einfamilienreihenhaus, die Siedlung im Dortmunder Süden zieht sich über die Hügel. „Der Stadtwald ist nur ein paar Hundert Meter entfernt“, sagt Krebs. Der Berater von Energieeffizienz Hochbau in Dortmund ist auf dem Weg zu Christian Wockenfuß und Annkathrin Spelz, um den finalen Ergebnisbericht seiner Energieberatung zu übergeben. Die Bittermark gehört zu den beliebtesten Wohngegenden der Stadt. Selbst einige Profis von Borussia Dortmund sollen hier wohnen. Wockenfuß, 28, ist Fan. Er hat sich den Schriftzug „BVB“ in einer Wolke aus Ornamenten auf die linke Wade tätowieren lassen. „Ich bin ein Dortmunder Jung“, sagt er lachend. Die BVB-Dauerkarte für „die Süd“, die größte Stehplatztribüne im europäischen Fußball, besitzt Wockenfuß seit elf Jahren. Das Haus, das er jetzt umbaut, noch keine elf Monate. Bis Weihnachten wollen er und seine Freundin Annkathrin, 27, eingezogen sein. Energetische Sanierung ist nicht die einzige Herausforderung Auch wenn die Stimmung gut ist, das junge Paar hat im Moment eine Menge um transition ― 38 die Ohren: Umzug aus dem gemeinsamen Ein-Zimmer-Appartement, eine neue Einrichtung, ein hoher Kredit bei der örtlichen Sparkasse. Und der Job macht auch keine Pause. Das allein würde den meisten Paaren schon die Schweißtropfen auf die Stirn treiben. Wie wichtig kann so einem Paar gleichzeitig das Energiesparen und Klimaschützen sein? „Na ja“, gibt Wockenfuß zu, „es muss schon passen. Technisch und finanziell.“ Damit es passt, hat Energieberater Jan Krebs dem Paar einen individuellen Sanierungsfahrplan auf den Leib geschneidert. „Es hat ja keinen Sinn, dass wir sagen, wie das energetische Traumhaus aussieht, und dann macht es der Bauherr nicht, weil es nicht zu seinen Wünschen und Möglichkeiten passt“, sagt Krebs und legt das Ergebnis seiner Arbeit auf den provisorischen Besprechungstisch: ein übersichtliches Stapelchen Papier – das Ergebnis ausführlicher Beratungen, knackig zusammengefasst in Wort und Bild. Auf dem Titel prangt das Foto des Objekts: Reihenmittelhaus, Baujahr 1976. „Das da so einiges gemacht werden musste, war klar“, sagt Krebs, der als Energieberater in der Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes gelistet ist. Im Obergeschoss war die abgehängte Decke angeschimmelt, ein Feuchteschaden aus dem Flachdach. Und die Stromrechnung der Vorbesitzerin wies im Winter 400 Euro pro Monat aus. „Das Haus wurde mit Nachtspeicheröfen beheizt und die 89-Jährige hatte es gerne warm“, erklärt Krebs. Ein häufiger Fall. Für den Experten war die Agenda damit eigentlich klar: Dämmung von Dach- und Außenwänden, neue Fenster und eine neue Heizung, vielleicht sogar Pelletheizung oder Wärmepumpe. Dazu eine Lüftung, am besten eine mit Wärmerückgewinnung. Doch der Bauherr wollte etwas ganz anderes. Prioritäten setzen, Wünsche einbeziehen „Eine Solaranlage und einen Batteriespeicher für die eigene Stromversorgung“, sagt Wockenfuß. Dazu wünschte er sich eine Gasheizung, weil die Leitung der Dortmunder Stadtwerke direkt vor der Tür liegt und es zeitweise einen Sonderpreis für Neuanschlüsse gab: 600 Euro statt 2.200 Euro. Außerdem neue Lichtkuppeln in Flur und Bad des Obergeschosses und „im Wohnzimmer einen Holzkamin“. Am Ende müssen die Sanierungsmaßnahmen aber auch zueinander passen und aufeinander aufbauen, deshalb haben sich Christian Wockenfuß und Annkathrin Spelz beraten lassen. Und Energieberater Jan Krebs weiß, dass jede lange Reise mit einem ersten Schritt beginnt. Aus diesem Grund hat er die Idealplanung den Wünschen angepasst und auch mit den Möglichkeiten der KfW-Förderung abgestimmt: „Langfristig werden wir die CO2-Emissionen der alten Dame um mehr als 90 Prozent senken. Aber jetzt fangen wir erst mal mit 50 Prozent an.“ Energieberater Krebs: »Langfristig werden wir die CO2-Emissionen um mehr als 90 Prozent senken.« iSFP – mehr Zeit für das Wesentliche Die Ergebnisse einer Energieberatung in einem leicht verständlichen und einfach zu erstellenden Bericht darstellen – das ermöglicht der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP). „Das neue Instrument erleichtert Energieberatern den Arbeitsalltag“, erklärt dena-Teamleiterin Katharina Bensmann. Mit dem Tool werden zwei Berichte für den Hausbesitzer praktisch mit einem Klick erstellt: Der Sanierungsfahrplan fasst auf acht Seiten die geplanten Maßnahmen Schritt für Schritt zusammen. Die Umsetzungshilfe erläutert diese dann detaillierter, ohne sich in technischen Details zu verlieren. Auch die klare Gestaltung analog der bekannten Farbskala von Rot nach Grün erleichtert den Kunden der Energieberater den Überblick. Zur Umsetzung bietet die dena außerdem eine Reihe von Checklisten, eine Kurzanleitung und ein Handbuch für Energieberater an, die die Experten bei der Arbeit unterstützen sollen. Mehr unter www.dena-expertenservice.de. Im Keller sind die Anschlüsse für das Gas schon gelegt, der Gasbrennwertkessel ist ausgesucht, ein neues Dach beauftragt. Und der Überstand beim gedämmten Flachdach wird von vornherein so gebaut, dass eine Dämmung der Außenwände später problemlos daran anschließen könnte. „Da wir hier ein Reihenmittelhaus haben, hat die Dämmung der Außenwände nicht die höchste Priorität“, sagt Krebs verständnisvoll. Auch die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Feuchtesteuerung muss warten. Bauherr Wockenfuß hat sich auf der anderen Seite überzeugen lassen, dass eine Photovoltaikanlage auf dem kleinen Flachdach zwar eine schöne, aber im Moment nicht gerade kostenoptimale Sache wäre. Der Energieberater und das junge Paar wirken zufrieden mit den Ergebnissen, die jetzt in Form von zwei kompakten Booklets, dem Sanierungsfahrplan und der ausführlicheren Umsetzungshilfe, vorliegen. Der Energieberater kann die beiden übersichtlichen Dokumente einfach per Klick in seiner Bilanzierungssoftware als pdf-Datei erzeugen und ausdrucken. „Als Berater spare ich mit dem Softwaretool und dem kompakten Berichtsausdruck Arbeitsstunden ein, die ich besser für die Betreuung der Hausbesitzer einsetzen kann“, freut sich Krebs (siehe Kasten). Ein knapper, verständlicher Bericht Die Form kommt an: „Das ist gut aufgebaut. Es ist so klar, dass selbst ich es verstanden habe“, sagt Wockenfuß selbstironisch, während er mit seinem Beratungsbericht und der Umsetzungshilfe im künftigen Wohnzimmer steht. Auf einer einzigen Seite zeigt ihm sein Sanierungsfahrplan alle Schritte an, die in Zukunft anstehen: Nach der laufenden Sanierung kann voraussichtlich in fünf Jahren die Kellerdecke gemacht werden. Dann die Außenwände. Irgendwann wird auch der Kamin im Wohnzimmer eingebaut. Und die Wärmerückgewinnung und die Photovoltaikanlage tauchen ebenfalls im Sanierungsfahrplan auf. Wockenfuß hat jetzt nur noch zwei Wünsche: Dass er Weihnachten im neuen Haus feiern kann. Und dass der BVB Meister wird. n transition ― 39 INSIGHTS MELDUNGEN KASACHSTAN BUNDESPRÄSIDENT STEINMEIER BEIM GERMAN ENERGY DIALOGUE DER DENA NIEDERLANDE SERIELLES SANIEREN: VORBILD NIEDERLANDE? Mehr unter www.dena.de/energiesprong CHILE ERNEUERBARE ENERGIEN FÜR EIN HOTEL IN CHILE Im Juli 2017 besuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den von der dena organisierten German Energy Dialogue im Rahmen der EXPO 2017 in der kasachischen Hauptstadt Astana. Er begrüßte, dass sich Kasachstan ehrgeizige Ziele für den Übergang zu erneuerbaren Energien gesetzt habe. Bei deren Umsetzung könne deutsches Know-how einen Beitrag leisten, denn bei der Erneuerung der Energieerzeugung und -versorgung habe Deutschland bereits Erfahrungen gesammelt. „Deutschland will ein langfristig engagierter, verlässlicher Partner Kasachstans sein“, so Steinmeier. Auf der zweitägigen Veranstaltung konnten sich rund 200 Gäste und 80 Referenten aus den Branchen Energie, Industrie und Gewerbe, Bauwirtschaft, Anlagenbau, Mobilität und erneuerbare Energien zu energierelevanten Themen austauschen und Netzwerke bilden. Mehr zum Thema unter www.dena.de/newsroom/energieeffizienz-in-kasachstan DENA INTERNATIONAL UKRAINE Chile verfügt über ein großes Potenzial zur Nutzung der Solarenergie. Diesen Vorteil macht sich das Tierra Atacama Hotel & Spa in der chilenischen Atacama-Wüste zunutze, das weitab vom öffentlichen Stromnetz liegt. Im Oktober 2017 weihten die Betreiber eine neue Photovoltaik-Anlage samt Batteriespeicher ein. Das Herzstück des Projekts ist die intelligente Energiemanagement-Lösung, die das Zusammenspiel der PhotovoltaikAnlage, des Speichers und der vorhandenen Dieselgeneratoren so steuert, dass das Hotel künftig seine Dieselaggregate für acht bis neun Stunden am Tag und für einige weitere Stunden in der Nacht vollständig abschalten kann. Unterstützt wurde das Projekt der beiden deutschen Unternehmen Kraftwerk Renewable Power Solutions und Qinous durch das Renewable-Energy-Solutions-Programm der dena (dena-RES-Programm). Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Programm bietet deutschen Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche die Gelegenheit, an repräsentativen Standorten im Ausland Referenzprojekte zu verwirklichen. Wie motiviert man Bewohner von Mehrfamilienhäusern in der Ukraine zu einer energetischen Sanierung? Und wie räumt man Bedenken im Zusammenhang mit der Finanzierung oder der Umsetzung der Baumaßnahmen aus? Diese Fragen standen im Fokus eines Seminars, das die dena gemeinsam mit ihren Projektpartnern im März 2017 in Kiew veranstaltete. Die Teilnehmer waren Gebäudeeigentümer, die sich am dena-Modellvorhaben „Deutsch-Ukrainische Effizienzhäuser“ beteiligen. Im Rahmen des Modellvorhabens sollen 20 Mehrfamilienhäuser umfassend modernisiert werden. Die Bestandsaufnahme der Häuser ist abgeschlossen, ein Großteil der Sanierungskonzepte erstellt. Im Mittelpunkt des Seminars stand nun die Kommunikation mit den Bewohnern der Häuser, die in der Ukraine auch deren gemeinschaftliche Eigentümer sind. Mehr zum RES-Programm unter www.dena.de/res Mehr zum Modellvorhaben unter www.dena.de/ukraine transition ― 40 ENERGETISCHE SANIERUNG: DENA INFORMIERT IN DER UKRAINE FOTOS: F.-W. Steinmeier: dena/Amir Saparov, K. Haverkamp: Roscongress/Alexey Danilkin Eine von der dena organisierte Delegation aus 20 Experten informierte sich im September 2017 in den Niederlanden über die Möglichkeiten des seriellen Sanierens. Zu den Teilnehmern gehörten Vertreter der Wohnungswirtschaft, der Bauindustrie, des Bundeswirtschaftsministeriums, von Wohnungsverbänden sowie dena-Chef Andreas Kuhlmann. Die Delegation besichtigte ein Mehrfamilienhaus und eine Reihenhaussiedlung, die im Rahmen der niederländischen Initiative Energiesprong saniert wurden. Bei der seriellen Sanierung werden Gebäude aus einer Hand komplett modernisiert, dabei werden industriell hergestellte Fertigbauteile verwendet. Die in serieller Fertigungsweise sanierten Gebäude heben sich unter anderem durch niedrigere Kosten und eine sehr kurze Sanierungsdauer von etwa drei bis zehn Tagen von anderen Angeboten ab. Das Verfahren wird in den Niederlanden bereits seit Längerem erfolgreich angewendet. Die Teilnehmer der Delegation tauschten sich darüber aus, inwiefern serielles Sanieren auch in Deutschland umsetzbar wäre. Die dena untersucht die Möglichkeiten des Ansatzes in dem Projekt „Serielle Sanierung von Mehrfamilienhäusern“, das gemeinsam mit der Bauindustrie und der Immobilienwirtschaft mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums umgesetzt wird. DEUTSCHLAND TOWARDS A „GLOBAL ENERGIEWENDE“ Beim Berlin Energy Transition Dialogue (BETD) im März 2017 diskutierten Entscheider und Experten aus 80 Ländern, wie sich die weltweite Energieversorgung zukunftssicher gestalten lässt. Gemeinsames Ziel ist die Verwirklichung der Vorgaben des Klimaabkommens von Paris. Doch jedes Land ist dabei mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Der BETD 2017 bot den über 2.000 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft die Gelegenheit, voneinander zu lernen, Synergien zu erschließen und eine sichere und nachhaltige globale Energieversorgung zu gestalten. Die dena war gemeinsam mit dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und eclareon für die Organisation des BETD verantwortlich. Vor und nach den einzelnen Konferenzveranstaltungen bot die dena den Teilnehmern aus aller Welt ein interessantes Rahmenprogramm. So konnten sich deutsche Unternehmen in Business-to-Government-Dialogen direkt mit hochrangigen Ministerdelegationen aus Iran und Kolumbien zu Investitionsbedingungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz austauschen. Außerdem hatten die internationalen Experten und Teilnehmer des BETD in zahlreichen geführten Touren die Chance, innovative Energieunternehmen und -projekte in Berlin und Umgebung kennenzulernen. Mehr unter www.energiewende2017.com und www.dena.de/betd17 RUSSLAND DENA-GESCHÄFTSFÜHRERIN KRISTINA HAVERKAMP BEI DER RUSSIAN ENERGY WEEK dena-Geschäftsführerin Kristina Haverkamp hat sich im Oktober 2017 bei einem Besuch in Moskau für die Weiterentwicklung des russischen Fördersystems für energieeffizientes Sanieren ausgesprochen. Haverkamp berichtete in ihrer Rede über die Erfahrungen in Deutschland und stellte Empfehlungen für das bestehende Förderprogramm vor, die von der dena in Zusammenarbeit mit dem russischen Energieministerium erarbeitet worden waren. Darüber hinaus sprach die dena-Geschäftsführerin in Moskau bei einem Zusammentreffen von Bürgermeistern aus aller Welt über die Herausforderungen einer nachhaltigen, energieeffizienten Stadtentwicklung und stellte das Energie- und Klimaschutzmanagementsystem der dena vor. transition ― 41 INSIGHTS THEMA WIE SCHAFFEN VOLT UND AMPERE DIE REVOLUTION? 4 3 Die Netzakteure müssen ihre Der Regulierungsrahmen muss die Netzflexibilität stärken Zusammenarbeit ausweiten In Deutschland werden Netzbetreiber als einzelne Gebietsmonopole reguliert. Die Bundesnetzagentur legt fest, auf welche Investition der Unternehmen welche Rendite erzielt werden darf. Für Investitionen in intelligente Netzsteuerung – etwa für die unteren Netzebenen – besteht kein starker Anreiz. Der Grund: Für solche „smarten“ Lösungen lässt die Regulierungsbehörde bisher nur deutlich kleinere Renditen zu als für konventionelle Netztechnologien. Ohne diese Lösungen gibt es aber kein zukunftstaugliches Netz. Übertragungsnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber und Stromproduzenten müssen entscheiden, wie sie künftig kooperieren wollen. Was früher 1.000 Megawatt aus dem Großkraftwerk war und direkt ins Übertragungsnetz floss, sind heute 200 bis 500 Windkraftanlagen, die dezentral in die untere Netzebene einspeisen. Wie soll der Informationsfluss im Gesamtnetz vor diesem Hintergrund laufen, damit der Strom immer fließt, wo er gebraucht wird? Ein Weg: Die Übertragungsnetzebene kündigt den Verteilnetzbetreibern ihren Bedarf an und diese stellen die Leistung aus ihrem Produzentennetz zusammen. Ein anderer: Der Übertragungsnetzbetreiber kommuniziert direkt mit den Produzenten und informiert nur die Verteilungsebene, was über deren Netze läuft. Eine entscheidende Frage, die bald beantwortet werden muss, soll das Stromnetz auch in Zukunft reibungslos funktionieren. Soll die Energiewende bis 2050 gelingen, braucht es innovative Stromnetzkonzepte. An wichtigen Stellen ist die Entwicklung aber in Verzug geraten. Fünf zentrale Herausforderungen für das Stromnetz der Zukunft. Die entscheidend Der Ausbau des Stromnetzes folgt der Revolution bei erneuerbaren Energien mit Verzögerung. Um den norddeutschen Windstrom nach Bayern und den südlichen Solarstrom in die Gegenrichtung fließen zu lassen, brauchen wir enorme Investitionen in das Übertragungsstromnetz – etwa in Nord-Süd-Stromtrassen. Seit 2012 gibt es einen nationalen Netzentwicklungsplan. Damit wissen alle, was zu tun ist – die Netzbetreiber, die Regulierungsbehörden, die Produzenten. Allein, vor Ort kommt die Politik langsamer als erwartet voran. Mehr Überzeugungsarbeit für die Stromwende zu leisten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, von der Bundesregierung bis hin zur Lokalpolitik. transition ― 42 5 ist Die Stromnetze müssen international 2 Das Netz muss „in der Tiefe“ intelligent werden Die obersten Ebenen unseres Stromnetzes, das 36.000 Kilometer lange Übertragungsnetz und das 97.000 Kilometer lange Hochspannungsnetz, haben bereits eine hohe Steuerbarkeit. Dennoch sind dort noch mehr teilautomatisierte Steuerung und die Koordination mit anderen Netzebenen nötig. In den Verteilnetzen mittlerer und niedriger Spannung, die bis zur Steckdose im Wohnzimmer führen, gibt es weitere Herausforderungen. Diese 1,6 Millionen Kilometer messenden Leitungsnetze brauchen eine bessere Last- und Verbrauchssteuerung und somit mehr Messfühler und intelligente Steuerungstechnologie. Denn die Komplexität wird weiter steigen, wenn private Wärmepumpen, lokale Blockheizkraftwerke und Autoladesäulen als neue Teilnehmer an die unteren Netzebenen angeschlossen werden. zusammenspielen GRAFIK: Weenee/Shutterstock.com, FOTO: MicrobEnergy GmbH 1 Bürgerakzeptanz Die EU hat gerade Regeln erlassen, nach denen künftig die Last- und Verbrauchssteuerung in den Stromnetzen sowie deren Betrieb in den Mitgliedsstaaten ablaufen sollen. Fest steht: Eine zentrale, EU-weite Steuerung der Stromnetze ist nicht sinnvoll. Das wäre zu komplex. Umso mehr muss die EU die nun eingeführten Regeln umsetzen lassen und weiterentwickeln. PORTRÄT Speicher-Forscherin aus Leidenschaft POWER TO GAS IST EINE SCHLÜSSELTECHNOLOGIE DER ENERGIEWENDE – UND DIE NATURWISSENSCHAFTLERIN DR. DORIS SCHMACK EINE DER PROMINENTESTEN FORSCHERINNEN AUF DIESEM GEBIET. DIE DENA-STRATEGIEPLATTFORM POWER TO GAS UNTERSTÜTZT SIE MIT ERFAHRUNG UND WISSEN AUS DER PRAXIS. M itte der achtziger Jahre erlebte Doris Schmack, wie die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und mit ihr die nukleare Kreislaufwirtschaft scheiterte. „Das hat mein Denken über Energieversorgung ziemlich geprägt“, sagt die Oberpfälzerin, die im nahen Amberg damals kurz vor dem Abitur stand und die Themen der Fächer Physik, Biologie und Chemie regelrecht verschlang. Heute ist die promovierte Chemikerin eine der profiliertesten Forscherinnen und Unternehmerinnen in der Biogastechnologie und im Bereich Speicherkonzepte in Deutschland. Als Geschäftsführerin der Viessmann-Tochter MicrobEnergy GmbH entwickelt sie Power-to-Gas-Technologien. Gedacht sind sie als Lösung für die Treibhausgasminderung in allen Sektoren und für ein entscheidendes Problem der Energiewende: eine geeignete Speichertechnologie zu finden für den künftig zunehmend volatil fließenden Strom aus Solarmodulen und Windanlagen. „Wir machen uns zunutze, was Mikroben schon seit Tausenden von Jahren können“, sagt Schmack, die mit einem zwölfköpfigen Team an der Entwicklung der Schlüsseltechnologie arbeitet. Das Prinzip: Überschüssiger Strom wird durch Elektrolyse in Wasserstoff gewandelt. Von MicrobEnergy optimierte Prozessabläufe und eine spezielle Auswahl Mikroorganismen verwandeln das Gas bei circa 60 Grad Celsius mit zugeführtem Kohlenstoffdioxid zu Methan. Das brennbare Gas kann sofort in das Gasnetz eingespeist oder gespeichert werden. Von dort gelangt es zu Anlagen, die es wieder in Strom verwandeln, wenn dieser gebraucht wird – oder auch zu Biomethantankstellen, um „grüne“ Mobilität zu ermöglichen. Doris Schmack fährt ihren Audi A3 übrigens bereits mit Biomethan – aus eigener Produktion. n Mehr zur Strategieplattform Power to Gas unter: www.powertogas.info transition ― 43 D ie Straßen von Bacharach ducken sich unter den hoch aufragenden Sandsteinsäulen der alten Wernerkapelle. Abends flackert gelbes Licht über das Kopfsteinpflaster und unter den Fachwerkhäusern fließt der Rhein so malerisch, dass die Romantiker schon vor 200 Jahren ihre Freude daran hatten. „Weltkulturerbe“, sagt Gunter Pilger, der sich für seine Stadt ehrenamtlich als Beigeordneter engagiert. Pilger ist stolz auf sein malerisches Bacharach. Ein Reisemagazin hat das Städtchen mit seinen charaktervollen Gemäuern und den Weinbergen im Rheintal auf Platz eins der „schönsten Kleinstädte in Deutschland“ gewählt. Das ist gut: „Denn wir leben hier vom Rheintourismus“, erklärt Pilger. Das ist schlecht: Denn die Saison währt nur sieben Monate, die Kassen der Gemeinde sind leer. Und als Teil des „UNESCO-Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal“ ist der Erhalt des Ortes aufwendig. Pilger muss sparen, wo er kann. Auch bei den Energiekosten. Masterplan für das Rheintal 115.000 Kilowatt Strom verbrauchen allein die 374 alten Quecksilberdampflampen pro Jahr. Knapp 25.000 Euro bezahlt das Städtchen dafür an den Stromversorger. Pilger weiß, dass er die laufenden Ausgaben aus dem Stadtsäckel drastisch senken könnte, wenn er die alten Lampen durch LED-Lichter ersetzt. Er muss das ohnehin tun, denn die EU hat den Verkauf von Quecksilberdampflampen wegen ihrer geringen Energieeffizienz verboten. LED-Licht wäre die beste Alternative. Aber der „Masterplan Licht für das obere Rheintal“ fordert von dem Weltkulturerbe-Städtchen auch, dass das Licht so bleibt wie vermeintlich im Mittelalter: warm und gelb. Das gibt es mit der LED-Technik nicht von der Stange. Da müssen nicht nur ein paar Birnen getauscht werden, sondern neben den eigentlichen Leuchtmitteln auch ganz neue Einsätze beschafft werden, die das Licht lenken und bündeln. Über »Es gibt keinen Haken, keine Nachteile« 18 MONATE VON DER IDEE BIS ZUR UMSETZUNG: EIN ORT AM RHEIN TAUSCHT MIT UNTERSTÜTZUNG DER DENA DIE ALTE STRASSENBELEUCHTUNG GEGEN DENKMALGERECHTE LEDS UND SPART MEHRERE TAUSEND EURO BETRIEBSKOSTEN IM JAHR. ARBEIT UND INVESTITIONEN ÜBERNIMMT EINE REGIONALE GENOSSENSCHAFT. DAS MODELL SOLL SCHULE MACHEN. TEXT Marcus Franken GRAFIK: Babich Alexander/Shutterstock.com INSIGHTS REPORTAGE 150.000 Euro kommen da zusammen. Und ein Ort wie Bacharach hat weder die Mittel, um solche neuen Lampen zu kaufen, noch hat er die Fachleute, um so ein Projekt eigenständig umzusetzen. Pilger braucht einen Partner. Da kam ihm Mitte 2016 eine E-Mail mit der kryptischen Betreffzeile „Kommunal-Förderrichtlinie: BMUB bei LED-Beleuchtungsprojekten“ gerade recht. Ein Kollege machte ihn damit auf eine Infoveranstaltung aufmerksam. Beratung und Förderung – das Angebot traf punktgenau. Pilger nahm nicht nur Kollegen aus dem Ort mit, sondern gleich auch noch die Mitarbeiter seiner Verbandsgemeinde, die letztlich über Projekte im Ort entscheiden. Zur selben Zeit begann das dena-Pilotprojekt „Energiegenossenschaften Straßenbeleuchtung“ und es entstand der Kontakt zur Energiegenossenschaft Rheinhessen. Dort knobelte Andreas Pfaff schon seit 2015 an einer Lösung für das Investitionsdilemma. „Wir haben mehr als 250 Kommunen beraten. Es war für alle klar, dass sie mit den gesparten Energiekosten schnell die Investitionen wieder einnehmen können. Aber die Investitionen müssen trotzdem erst mal aus dem Gemeindehaushalt oder direkt von den Anliegern bezahlt werden. Und das macht kein Bürgermeister gern“, erklärt Pfaff das Problem. So blieben sinnvolle Projekte in der Region liegen – bis Pfaff eine Lösung fand, wie seine Bürgergenossenschaft Rheinhessen eG nicht nur bei Solaranlagen und Stromnetz-Beteiligungen, sondern auch bei Energieeffizienz-Projekten erfolgreich sein könnte. Das Prinzip ist einfach: Nicht die Stadt investiert, sondern die Genossen. Und sie werden von der Stadt mit etwa 80 Prozent der Energieeinsparungen bezahlt. Den Rest – in Bacharach rund 3.000 Euro jährlich – spart die Gemeinde vom ersten Tag der Umrüstung an. Dazu kommt, dass Fördermittel aus der Nationalen Klimaschutzinitiative direkt an die Kommune gehen. Und sofort im dortigen Haushalt zur Verfügung stehen. Das macht den Beitrag zum Klimaschutz für Kommunen doppelt interessant. Nicht nur in Bacharach. Pilotprojekt der dena Die dena hat neben dem kleinen Ort am Rhein (2.000 Einwohner) zwei weitere Kommunen in dem Pilotprojekt „Energieeffizienzgenossenschaften Straßenbeleuchtung“ zusammengebracht: die 7.000 Einwohner zählende Gemeinde Glandorf am Rande des Teutoburger Waldes. Und die Stadt Kehl in Baden-Württemberg mit 35.000 Einwohnern. „Aus den Erfahrungen dieser Kommunen und der lokalen Genossenschaften entwickeln wir einen Leitfaden, mit dem auch viele andere Kommunen in Deutschland solche Bürger- und Klimaschutzprojekte starten können“, erklärt dena-Teamleiter Dr. Karsten Lindloff. Die Ausgangsbedingungen bei den Gemeinden im Pilotprojekt könnten tatsächlich kaum unterschiedlicher sein: Bacharach ist klein, hat begrenzte Haushaltsmittel und die Kooperation mit der Genossenschaft ist für den Ort etwas ganz Neues. Die Genossenschaft in der Gemeinde Glandorf besteht dagegen schon seit 100 Jahren – seit dem Beginn der Elektrifizierung; hier wollen sich die Bürger selber für Klimaschutz und eine finanziell gesunde Kommune engagieren. Und in der Stadt Kehl haben es sich die Verantwortlichen zum Ziel gesetzt, ihre Bürger stärker einzubinden: Es gab sogar mal die Idee, an jeder der bis zu 6.000 neuen Leuchten ein kleines Schild anzubringen: „Gefördert von bürgerschaftlichem Engagement.“ Rechtliche Anforderungen Die Herausforderungen liegen bei solchen Projekten nicht in der Auswahl der Leuchten, sondern im Haushaltsrecht der Gemeinden und im Kreditwesengesetz. Danach wird – wie es die beratenden Juristen im Auftrag der dena formulieren – die Finanzierung der LED-Leuchten in einer Contracting-Lösung als „kreditähnliches Rechtsgeschäft“ bewertet. Dies ist, soweit es aufgrund des geringen Umfangs nicht als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ eingestuft wird, genehmigungspflichtig. „Die Kommunalaufsicht will damit verhindern, dass Kommunen sich in erheblichem Umfang verdeckt verschulden. Daher ist in den meisten Fällen eine Genehmigung notwendig“, erklärt Alfred Bauer, Jurist der Kanzlei W2K, der die Kommunen im Auftrag der dena berät. Im Grundsatz ist das in allen Bundesländern gleich, im Detail sind die Anforderungen unterschiedlich. „Aber ein rentierliches Einspar-Contracting wird von den Länderverwaltungen gerne zugelassen“, so Bauer. Zumal: Auch die Landesregierungen haben sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Um es Kommunen und Effizienzgenossenschaften noch einfacher zu machen, wird die dena einen Leitfaden und einen Mustervertrag vorlegen. „Auf Basis unserer Vorarbeiten und Materialien können auch andere Kommunen im ganzen Land ein eigenes Energiespar-Contracting gemeinsam mit ihren Bürgern umsetzen“, ist Karsten Lindloff überzeugt. „Wir beschreiben detailliert die Herausforderungen und Lösungsansätze.“ Denn in allen Orten gilt: Da sind Win-win-Situationen entstanden. Die Stadt überlässt die Finanzierung und Umsetzung der Projekte engagierten Bürgern; die Genossen leisten einen Beitrag zum Klimaschutz und erobern ein neues Geschäftsfeld. Gunter Pilger, der städtische Beigeordnete von Bacharach, freut sich: „Es gibt keinen Haken, keine Nachteile.“ Die neuen Lampen können kommen. Im Frühjahr 2018 sollen sie zum ersten Mal ihr Licht auf die alten Mauern und Wege werfen. n transition ― 45 INSIGHTS MELDUNGEN INTEGRIERTE ENERGIEWENDE KUHLMANN PLÄDIERT FÜR TECHNOLOGIEOFFENEN ANSATZ ENERGIEWENDE IM GEBÄUDESEKTOR HOHE ZUFRIEDENHEIT DER TEILNEHMER STUDIE UNTERSUCHT VERSCHIEDENE SZENARIEN UND TRANSFORMATIONSPFADE Drei von vier Unternehmen, die an einem Energieeffizienz-Netzwerk teilnehmen, sind mit den Ergebnissen der Netzwerkarbeit sehr bis außerordentlich zufrieden. Das zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts mindline energy im Auftrag der Initiative Energieeffizienz-Netzwerke. Träger der Initiative sind die Bundesregierung sowie 22 Verbände und Organisationen der Wirtschaft. Die Geschäftsstelle wird von der Deutschen Energie-Agentur (dena) geleitet. Ein Energieeffizienz-Netzwerk ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen in einer Region oder Branche, die über einen längeren Zeitraum strukturiert zusammenarbeiten, um durch die Steigerung der Energieeffizienz ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Auch unternehmensinterne Netzwerke aus mehreren Produktionsstandorten oder Filialen sind möglich. Zentrale Elemente der Netzwerke sind ein moderierter Austausch zwischen den Teilnehmern sowie die Festlegung und Verfolgung eines gemeinsamen Einsparziels. So gewinnen die Unternehmen Know-how, mit dem sie ihre Energieeffizienz steigern können. Die Idee stammt ursprünglich aus der Schweiz und wird seit 2002 auch in Deutschland umgesetzt. Aktuell sind rund 1.300 Unternehmen in mehr als 130 Netzwerken bei der Initiative Energieeffizienz-Netzwerke aktiv – und ihre Zahl wächst weiter. Ziel ist es, bis Ende 2020 rund 500 neue Energieeffizienz-Netzwerke zu initiieren und damit einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Steigerung der Energieeffizienz in Industrie, Handwerk, Handel, Gewerbe und Energiewirtschaft zu leisten. Die dena hat gemeinsam mit der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) und Branchenverbänden im Oktober 2017 eine Studie zu verschiedenen Entwicklungsoptionen der Energiewende im Gebäudesektor veröffentlicht. „Die Klimaschutzziele im Gebäudesektor lassen sich erreichen, aber dafür müssen wir uns erheblich mehr anstrengen und mehr einfallen lassen als bisher. Das technologische Potenzial dafür steht aber zur Verfügung“, sagte Andreas Kuhlmann, geea-Sprecher und Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. In der Studie werden unterschiedliche Transformationspfade zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung für den Gebäudebereich bis 2050 miteinander verglichen und unter Aspekten wie Kosten, Energieimporte und Infrastrukturbedarf bewertet. Wie bei der dena-Leitstudie „Integrierte Energiewende“ wurden in der Gebäudestudie verschiedene Szenarien untersucht. Das Referenzszenario schreibt die heutige Tendenz fort. Es dient als Vergleichsgröße für zwei Alternativen: das Technologiemixszenario, das auf ein breites Spektrum an Technologien setzt, und das Elektrifizierungsszenario, das auf einen sehr starken Einsatz von erneuerbarem Strom im Wärmebereich abzielt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Energiewende im Gebäudesektor bis 2050 am besten realisieren lässt, wenn alle verfügbaren Technologien wirtschaftlich eingesetzt und die Infrastrukturen für Strom, Gas und Öl effizient mit erneuerbaren Energieträgern genutzt werden. Eine stark forcierte Elektrifizierung der Wärmeversorgung würde dagegen zu höheren Kosten führen und höhere Sanierungsraten erfordern. „Die Gebote der Wirtschaftlichkeit und des Wettbewerbs drohen verloren zu gehen, wenn wir versuchen, einzelne Technologien politisch zu steuern, anstatt technologieoffene Rahmenbedingungen mit klarem Fokus auf CO2-Vermeidung zu entwickeln. Umso wichtiger ist es, dass Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sich auf Lösungen verständigen. Mit unserer Gebäudestudie wollen wir diesen Dialog voranbringen. Deshalb haben wir sie bewusst gemeinsam mit vielen branchenrelevanten Unternehmen und Verbänden erarbeitet“, sagte Kuhlmann. Mehr Informationen unter www.effizienznetzwerke.org Endergebnisse der Leitstudie bis Mitte 2018 In der ersten Phase der Studie, die mit dem Zwischenfazit abgeschlossen wurde, hat die dena gemeinsam mit ihren Partnern drei Szenarien definiert und in einer umfassenden Modellierung analysiert, wie die klimapolitischen Ziele in den Sektoren Energieerzeugung und -verteilung, Gebäude, Industrie und Mobilität erreicht werden können. In der zweiten Phase der Leitstudie werden konkrete Fragen der Plausibilität und Machbarkeit für die bessere Integration der einzelnen Sektoren einen Schwerpunkt bilden. „Die Leitstudie hilft uns, die Dimensionen der Energiewende besser zu erfassen. Hilfreich ist dabei vor allem das Leitbild der integrierten Energiewende. Integrierte Energiewende heißt, die wachsende Zahl an Komponenten aus allen Sektoren aufeinander abzustimmen und die verschiedenen Infrastrukturen und Märkte zu einem intelligenten und nachhaltigen System zu verbinden“, betonte Andreas Kuhlmann. Die abschließenden Ergebnisse der Leitstudie werden Mitte 2018 vorliegen. Mehr zur Leitstudie unter www.dena.de/de/integrierte-energiewende ENERGIEWENDE VOR ORT Kristina Haverkamp zeichnet dena-Energieeffizienz-Kommunen aus Die Verbandsgemeinden Bad Ems, Birkenfeld und Jockgrim sind von der Deutschen Energie-Agentur (dena) als Energieeffizienz-Kommunen zertifiziert worden. Mit der Zertifizierung würdigte die dena die drei rheinland-pfälzischen Kommunen für die Einführung des Energie- und Klimaschutzmanagements (EKM) der dena. dena-Geschäftsführerin Kristina Haverkamp, die rheinland-pfälzische Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Ulrike Höfken und der Geschäftsführer der Energieagentur Rheinland-Pfalz Thomas Pensel (siehe Bild) übergaben die Auszeichnungen im September 2017 in Mainz an die Bürgermeister der Verbandsgemeinden. Damit gibt es deutschlandweit inzwischen zwölf dena-Energieeffizienz-Kommunen, die alle Schritte des EKM durchlaufen und entsprechende Einsparmaßnahmen erfolgreich umgesetzt haben. „Die Energiewende vor Ort: Energieagentur Rheinland-Pfalz/Sonja Schwarz transition ― 46 Regionales Netzwerk in Südwestfalen: Betriebsrundgang bei der Werner Turck GmbH & Co. KG FOTOS: A. Kuhlmann: dena, Energieeffizienz-Netzwerke: VEA Bundesverband der Energie-Abnehmer e.V. D eutschland kann seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um bis zu 90 Prozent reduzieren, wenn heute bekannte Technologien in einem ambitionierten Transformationspfad optimal genutzt werden. „Energiewende ist machbar, wenn wir sie entschlossen, technologieoffen und im breiten Dialog angehen“, betonte der Vorsitzende der dena-Geschäftsführung, Andreas Kuhlmann, bei der Vorstellung des Zwischenfazits der Leitstudie „Integrierte Energiewende“ im Oktober 2017 in Berlin. Die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssten bereits in der neuen Legislaturperiode konsequent darauf ausgerichtet werden, dass Klimaschutztechnologien sich in einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb beweisen könnten, so Kuhlmann. Die dena arbeitet seit Frühjahr 2017 mit wissenschaftlichen Gutachtern und über 50 Unternehmen und Wirtschaftsverbänden aus allen für die Energiewende relevanten Branchen an der Leitstudie „Integrierte Energiewende“. Ziel der Studie ist es, die notwendigen Rahmenbedingungen, Lösungsbausteine und Gestaltungsmöglichkeiten für ein optimiertes, nachhaltiges Energiesystem bis 2050 zu identifizieren. Das Besondere dabei ist, dass die Optionen in einem intensiven Dialogprozess im Stakeholderkreis „bottom-up“ entwickelt und anschließend durch die Modellierung bewertet werden. So kann die Expertise derjenigen Akteure genutzt werden, die die Energiewende letztlich umsetzen. „Die Leitstudie der dena ist ein Angebot an die Politik, die auch aus Sicht von Unternehmen bestmöglichen Transformationspfade zu identifizieren und möglich zu machen. Dazu bringen wir alle Branchen und Sektoren an einen Tisch und erarbeiten gemeinsam praxisnahe und zielorientierte Wege zur Erreichung unserer Klimaschutzziele“, sagte Kuhlmann. ENERGIEEFFIZIENZ-NETZWERKE Auszeichnung der Verbandsgemeinde Bad Ems mit dena-Geschäftsführerin Kristina Haverkamp (Mitte), Umweltministerin Ulrike Höfken (2. von rechts) und Thomas Pensel, Geschäftsführer der Energieagentur Rheinland-Pfalz (2. von links) dena-Energieeffizienz-Kommunen zeigen, dass sie das Thema Energiesparen strategisch und auf allen Ebenen angehen wollen“, sagte Kristina Haverkamp. „Davon profitiert nicht nur das Klima, sondern auch der kommunale Haushalt.“ Mit dem systemischen Ansatz des EKM wird sichergestellt, dass die Kommunen nicht nur energetische Schwachstellen aufdecken, sondern auch die identifizierten Potenziale bei Gebäuden, bei der Stromnutzung, im Verkehrsbereich und im Energiesystem ausschöpfen können. In der Regel können Kommunen mithilfe des EKM zehn bis 15 Prozent Energie einsparen. Mehr Informationen unter www.energieeffiziente-kommune.de Mehr zur Studie unter www.geea.info transition ― 47 FACTS & FIGURES WIE WEIT SIND WIR MIT DER ENERGIEWENDE? IN WELCHEN GESCHÄFTSFELDERN IST DIE DENA AKTIV? UND WIE VIELE SPRACHEN SPRECHEN EIGENTLICH DIE DENA-MITARBEITER? IN DER RUBRIK FACTS & FIGURES FINDEN SIE ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN RUND UM DIE DENA UND IHRE ARBEIT. FACTS & FIGURES LEISTUNGEN WORAN WIR ARBEITEN 31,7%, 52% Die Zahl der neu zugelassenen Pkw mit Hybridantrieb ist 2016 um 500 aber der Gesamtanteil alternativer Antriebe an den Neuzulassungen liegt immer noch bei gestiegen, Über internationale Start-ups haben sich für den dena-Start Up Energy Transition Award 2017 beworben, aber im gleichen Jahr waren nur der deutschen Start-ups im Bereich Grüne Technologien tätig. 11% aber noch immer sind mehr als Trotz steigenden Wohnkomforts konnte der Wärmebedarf von Wohngebäuden durch Effizienzmaßnahmen von 2008 bis 2015 klimabereinigt um circa verringert werden, DIE ENERGIEWENDE IST AUF EINEM GUTEN WEG ... Die dena arbeitet in aktuell rund 90 Projekten daran, Lösungen für die Energiewelt von Morgen zu finden. Zu unserem Leistungsspektrum gehören: transition ― 50 Studien & Analysen Strategie & Beratung Projektentwicklung 12,6%. 2%. 3,9% 60% 30% aber ihr Anteil am Primärenergieverbrauch lag im selben Jahr erst bei 2016 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch schon über der Fassaden und der Dächer von Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland ungedämmt. ... ABER ES GIBT AUCH NOCH EINE MENGE ZU TUN. Marktentwicklung Netzwerke Quellen: Umweltbundesamt, AG Energiebilanzen, Kraftfahrtbundesamt, dena, KPMG AG, BMWi, BDI/BDEW/dena/geea/DGB/ZDH Kommunikation Mehr Informationen zu unserem Leistungsportfolio und den Ansprechpartnern finden Sie unter www.dena.de/leistungen transition ― 51 FACTS & FIGURES UNTERNEHMEN WIE WIR ARBEITEN Geschäftszahlen, Partner, Projekte und Struktur der dena GESCHÄFTSFÜHRUNG 220 Die dena arbeitet aktuell in rund KOOPERATIONSPARTNERN zusammen Geschäftsführerin Kristina Haverkamp GESCHÄFTSBEREICHE Energiesysteme und Energiedienstleistungen Hannes Seidl (Bereichsleiter) Energieeffiziente Gebäude Christian Stolte (Bereichsleiter) Kommunikation Hanne May (Bereichsleiterin ab 1. Februar 2018) Erneuerbare Energien und Mobilität Oliver Frank (Bereichsleiter) Verwaltung Hans-Jürgen von Herwarth (Bereichsleiter) GESELLSCHAFTER DER DENA Die Gesellschafter der dena sind die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, sowie die KfW Bankengruppe. transition ― 52 PROJEKTEN mit über und ist dabei unter anderem in diesen LÄNDERN aktiv: INDIEN CHILE JAPAN KENIA KOLUMBIEN NAMIBIA PHILIPPINEN POLEN IRAN RUANDA SÜDAFRIKA USBEKISTAN MAROKKO ITALIEN ECUADOR SIMBABWE GHANA VIETNAM SENEGAL MADAGASKAR KANADA KUBA DÄNEMARK IRLAND RUSSLAND WEISSRUSSLAND UKRAINE KASACHSTAN CHINA KROATIEN FRANKREICH GESCHÄFTSZAHLEN 2016 Umsatzerlöse 2016 Vorsitzender der Geschäftsführung Andreas Kuhlmann 90 20,1 Mio. Euro ... davon aus Aufträgen der Privatwirtschaft ... davon aus Zuwendungen ... davon aus Aufträgen des Bundes (Ausschreibungen) 11,0 Mio. Euro 7,4 Mio. Euro 1,7 Mio. Euro Jahresüberschuss 2016 1,1 Mio.Euro 3 FRAGEN AN DENA-GESCHÄFTSFÜHRERIN KRISTINA HAVERKAMP Wie bewerten Sie das Jahr 2016 aus wirtschaftlicher Sicht? KRISTINA HAVERKAMP: Für die dena war 2016 ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir konnten den Umsatz um über 15 Prozent auf 20,1 Millionen Euro steigern und nach dem schwierigen Vorjahr wieder ein deutlich positives Betriebsergebnis erzielen. Zu diesem schönen Erfolg haben alle Geschäftsbereiche der dena mit innovativen, inhaltlich relevanten und wirtschaftlich bedeutsamen Projekten beigetragen. Das freut mich besonders. Aufgrund der guten Entwicklung ist auch die Mitarbeiterzahl gestiegen. Inzwischen arbeiten über 220 Kolleginnen und Kollegen bei uns – davon rund 32 Prozent in Teilzeit. Das zeigt: Die dena ist leistungsstark und familienfreundlich. Eine sehr gute Mischung! 2017 gab es einen Wechsel in der Gesellschafterstruktur: Was bedeutet dies für die dena? HAVERKAMP: Die dena hat zum 1. Januar 2017 die Geschäftsanteile ihrer privaten Gesellschafter Deutsche Bank AG, DZ BANK AG und Allianz SE übernommen. Als stimmberechtigte Gesellschafter verbleiben der Bund und die KfW Bankengruppe. Diese Veränderung war ein Wunsch der Bundesregierung, die noch intensiver und unmittelbarer die Kompetenzen der dena nutzen möchte, um die Energiewende voranzubringen. Übrigens wurde in diesem Zusammenhang auch unser Gesellschaftsvertrag modernisiert und erkennt jetzt ausdrücklich an, dass der Klimaschutz zu unseren Unternehmenszielen gehört. Natürlich werden wir als schlagkräftige nationale Energieagentur weiterhin sehr eng mit der Wirtschaft und anderen Stakeholdern zusammenarbeiten, denn nur gemeinsam lassen sich die energie- und klimapolitischen Ziele erreichen. Welche Ziele hat die dena in den nächsten Jahren? HAVERKAMP: Wir wollen die positive Entwicklung des letzten Jahres fortschreiben und die dena als Thinktank und Impulsgeber der Energiewende noch weiter stärken – sowohl in Deutschland als auch international. Wir haben noch eine Menge vor, denn die Energiewende bleibt eine Mammutaufgabe – und wir wollen entscheidend zu ihrem Gelingen beitragen. n transition ― 53 NACHGEZÄHLT ZAHLEN UND FAKTEN ZU DEN MITARBEITERINNEN UND MITARBEITERN DER DENA 226 NACHGEFRAGT ERGEBNISSE EINER UMFRAGE UNTER MITARBEITERINNEN UND MITARBEITERN DER DENA STICHWORT MITTAGESSEN: WER WIR SIND SOCIAL MEDIA: GULASCH ODER GEMÜSEPFANNE? FACEBOOK ODER TWITTER? 50% Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 66% Frauen 13 Nationen sind in der dena vertreten. 104 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit 5 Jahren oder länger bei der dena. URLAUBSZEIT: IN DIE BERGE ODER ANS MEER? DIREKT AUFSTEHEN ODER SCHLUMMERTASTE? 39% 38% KÜCHENFREUNDE: SELBER KOCHEN ODER ESSEN GEHEN? 53% 61% 78% WIE KOMMEN DIE DENA-MITARBEITER MEISTENS ZUR ARBEIT? transition ― 54 WENN DER WECKER KLINGELT: 22% WELCHE SPRACHEN SPRICHT DIE DENA? HOUSE OF CARDS ODER GAME OF THRONES? 62% 33% 50% 54% SERIENFANS: 67% 40 Jahre oder jünger ENTWEDER ODER FACTS & FIGURES MITARBEITER 47% Deutsch, Englisch, Russisch, Arabisch, Italienisch, Ukrainisch, Polnisch, Chinesisch, Spanisch, Portugiesisch, Griechisch, Litauisch, Französisch, Bulgarisch, Niederländisch, Schwedisch, Farsi 1% 37% 62% ÖPNV transition ― 55 N E XT AUFBRUCH IN EIN NEUES ENERGIEZEITALTER – IN DER RUBRIK NEXT WAGEN WIR DEN BLICK NACH VORN: WAS BRINGT DIE ZUKUNFT? UND WELCHE VISIONEN UND IDEEN KÖNNTEN UNS VORANBRINGEN? NEXT AUSBLICK FÜR LÖSUNGEN GIBT ES KEINE GRENZEN DER WELTWEITE KLIMASCHUTZ PROFITIERT DAVON, WENN STAATEN VONEINANDER LERNEN UND IHRE ENERGIESYSTEME UND INFRASTRUKTUREN NOCH STÄRKER UNTEREINANDER VERNETZEN. DIESE INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT WIRD UMSO WICHTIGER, JE WEITER DIE ENERGIEWENDE VORANSCHREITET. F ür die eigene Energiewende hat Deutschland sich viel in anderen Ländern abgeschaut: Die heute in der Stromerzeugung so wichtige Windkraft wurde zuerst in Dänemark vorangetrieben. Die Solarenergie begann mit amerikanischen Satelliten im All – 1958! Und für den Erfolg der Energiewende weltweit war und ist es mitentscheidend, dass gute Ideen und Erfahrungen über Landesgrenzen hinweg ausgetauscht und miteinander entwickelt werden. In Zukunft wird das noch wichtiger. Denn für Lösungen gibt es keine Grenzen. dellprojekt geplant, das die Energiesysteme der beiden Nachbarregionen stärker miteinander verknüpfen soll. Im Mittelpunkt der „Smart Border Initiative“ (SBI) steht das erste grenzüberschreitende Smart Grid unter Beteiligung der beiden Energieunternehmen innogy und Enedis. Es soll für die Verteilnetzbetreiber neue Möglichkeiten schaffen, Erzeugung und Verbrauch von Energie flexibler aufeinander abzustimmen, und damit die Einbindung erneuerbarer Energien erleichtern. Französisch-deutsche Achse Zu den weiteren Zielen der „Smart Border Initiative“ gehören die integrierte Optimierung des Energiesystems durch die Kopplung des Strom- und Wärmesektors sowie der Ausbau der klimafreundlichen Mobilität. Der Einsatz von Wasserstoff- und Elektrofahrzeugen im grenzüberschreitenden Pendlerverkehr zwischen den beiden Regionen soll etwa durch den Ausbau einer gemeinsamen Ladeinfrastruktur und passende Dienstleistungen wie Abrechnungssysteme gefördert werden. „Wenn wir Erfolg haben, kann die SBI für den Umbau des Energiesystems auf internationaler Ebene als Vorbild dienen“, ist Diechtl überzeugt. „Deutschland und Frankreich können hier den Anfang machen.“ Und sie würden damit wieder einen Baustein für die „globale Energiewende“ liefern. n Für Deutschland ist in puncto Energiewende besonders der Austausch und die Partnerschaft mit Frankreich wichtig. „Die Zusammenarbeit dieser beiden Länder im Herzen der EU kann für ganz Europa wegweisend sein“, sagt Franca Diechtl, bei der dena zuständig für die Deutsch-Französische Energieplattform. „Eine grenzübergreifende europäische Ausrichtung wird die Energiewende kostengünstiger und effizienter machen.“ Dabei geht es nicht nur um den Austausch von Ideen, sondern auch darum, konkrete Verbesserungen auszuprobieren. Im Saarland und der Region Lorraine ist im Rahmen der Deutsch-Französischen Energieplattform ein grenzübergreifendes Mo- TEXT Marcus Franken Strom und Wärme vernetzen transition ― 58 FOTO: Anton Balazh/Shutterstock.com Mehr zur Deutsch-Französischen Energieplattform unter www.d-f-plattform.de transition ― 59 NEXT INTERVIEW Watt aufs übrigens auch bei solchen Studien in der Schweiz und auch in Singapur gesehen. Auge Ein Smart Meter auf dem Wohnzimmertisch, der über den Tagesverbrauch eines Haushalts in Echtzeit informiert, reicht da also aus Ihrer Sicht auch noch nicht aus? GÖTTE: Unsere Erfahrung ist: Damit kann man um die 0,2 Kilowattstunden pro Tag einsparen, also nicht so wahnsinnig viel. Wenn der Einzelverbrauch von Waschmaschine, Herd und Toaster im Smart Meter jedoch für die Haushalte aufgeschlüsselt wird, dann erreichen wir schon Einsparungen von 0,7 Kilowattstunden. Dazu machen wir gerade in Deutschland ein Feldexperiment. Auch hier zeigt sich, dass nur heruntergebrochene Informationen über einzelne Verbräuche wirklich zum Sparen führen. INTERVIEW Titus Kroder WIR MENSCHEN REAGIEREN BEIM ENERGIESPAREN NICHT AUF MORALISCHE APPELLE. NUR WENN WIR GENAU IM BILDE SIND, WIE VIEL ENERGIE WIR WANN UND WO VERBRAUCHEN, WERDEN WIR SPARSAM. LORENZ GÖTTE KANN DAS SOGAR MIT GENAUEN ZAHLEN BELEGEN. LORENZ GÖTTE: Wir wollten in einem Feldexperiment einfach genau wissen, unter welchen Bedingungen Menschen tatsächlich einen Anreiz zum Energiesparen spüren. Die fünf Minuten unter einer Dusche machen ja immerhin schon sieben Prozent der Energie aus, die wir pro Tag verbrauchen. Da kann man also durchaus den Hebel ansetzen, wenn man sparen möchte. Wie sah denn das Ergebnis aus? GÖTTE: Knapp formuliert, reduzieren die Leute, wenn sie in Echtzeit erfahren, wie viel Geld sie beim Duschen ausgeben, ihren transition ― 60 GÖTTE: Das scheint nicht so einfach zu sein. Wir haben zum Beispiel unseren Teilnehmern an der eben erwähnten Studie gesagt, ob sie in die Gruppe der größten Energienutzer fallen. Dann haben wir ihnen einen Anreiz gegeben, indem wir einen Einkaufsgutschein bei Amazon boten für jedes Prozent, das sie eingespart und sich verbessert haben. Der zusätzliche Spareffekt war jedoch gleich null. Zumindest in Deutschland, wo Energie bereits sehr teuer ist, scheint man da nichts zu erreichen. Wasserverbrauch um immerhin 20 Prozent. Da das Wasser heiß ist, sind das 0,6 Kilowattstunden pro Dusche oder ungefähr 1,2 Kilowattstunden pro Tag in einem Zweipersonenhaushalt. Das summiert sich auf das Jahr gerechnet zu einer stattlichen Einsparung. Reicht es für solche Effekte nicht, dass ein Haushalt einfach einmal pro Woche zur Kontrolle auf den Gas- und Wasserzähler schaut? GÖTTE: Das scheint gerade die Crux zu sein. Entweder fehlt die Disziplin oder der Geldbeutel oder das Gewissen drücken nicht ausreichend. Wenn wir nicht mit unserem unmittelbar bezifferten Energieverbrauch konfrontiert werden, bleibt der Spareffekt aus oder er fällt viel schwächer aus. Das zeigt die Kontrollgruppe des Experiments. Offenbar muss man uns Bürgern die Kosten jeweils buchstäblich „aufs Auge drücken“, damit wir eine ökonomische Entscheidung treffen und Energie und Ressourcen sparen. Sehr ähnliche Ergebnisse haben wir GRAFIK: Satenik Guzhanina/Shutterstock.com Herr Götte, Sie haben als Professor für Verhaltensökonomie der Uni Bonn Probanden unter der Dusche mit einem Zähler am Duschkopf konfrontiert. Er zeigt genau an, wie viel Energie und Wasser verbraucht werden. Ein erfrischend praktischer Ansatz für einen Ökonomen. Kann man denn Haushalte jenseits der direkten Kosteninformation für Duschen, Pfannkuchenbacken oder Wäsche-Waschen wirklich gar nicht noch auf andere Weise zum Sparen verleiten? Denn ökonomisch gesprochen, haben wir offenbar eine auffallend niedrige Preiselastizität bei Energie. Solange wir nicht ganz unmittelbar die Kosten für unser Tun erfahren, schränken wir den Konsum kaum ein. Mikroökonomen wie Sie studieren nicht nur Haushalte, sondern auch Unternehmen. Wie lassen sich dort Anreizsysteme schaffen, damit effektiv Energie gespart wird? GÖTTE: Viele Firmen sind klein und funktionieren, was ihre Energieentscheidungen angeht, wie private Haushalte. Auch sie könnte man wohl durch fein aufgeschlüsselte Verbrauchsinformationen zum Sparen bringen. Bei ihnen könnte man vermutlich aber noch eine weitere Karte spielen: das „grüne Image“ in den Augen ihrer Kunden und der Gesellschaft. Staatlicherseits könnte also durchaus stärker transparent gemacht werden, wie energieeffizient einzelne Geschäfte arbeiten. Nach dem Motto: Ihr Mittagsrestaurant an der Ecke verbraucht so viel und das ist im Verhältnis zu anderen so und so viel mehr oder weniger. Bei Haus- halten geht das aus Datenschutzgründen nicht. Aber bei Unternehmen würde das noch deutliche Einsparungen bringen, vermute ich. Abschließend gefragt: Wie stark gehen solche sehr praktischen Forschungsergebnisse denn auch in praktische Politik ein? GÖTTE: In Europa hat man es als Forscher auf diesem Gebiet überraschend schwer, Partner in der Wirtschaft oder der Politik zu begeistern. Das Problem ist einfach noch nicht so richtig angekommen, ist mein Gefühl. Schauen Sie zum Beispiel nach Singapur. Dort baut das Umweltministerium unseren kleinen Feldversuch mit den Duschen nun zu einem großen Praxistest aus, der gleich Zehntausend Haushalte einbezieht. Dort ist der Druck natürlich höher. Ressourcen sind knapp und die Bevölkerung wächst stark. Aber so schnell wie dort, reagiert hierzulande noch niemand auf das Problem. Da muss die Verbindung zwischen Politik und angewandter Forschung noch stärker werden. n Lorenz Götte ist seit 2015 Professor für Verhaltensökonomik am Institut für angewandte Mikroökonomik der Universität Bonn. Bis 2009 hatte er eine Professur am Institut für angewandte Mikroökonomik der Universität Lausanne inne. Der gebürtige Schweizer war zwischen 2001 und 2008 an renommierten internationalen Forschungseinrichtungen tätig, unter anderem am MIT in Boston. Er ist Research Fellow am Centre for Economic Policy Research in London und am Center for Economic Studies in München. Das bedeutet aber auch, dass politisch gesehen allein über hohe Energiepreise noch keine Sparsamkeit in der Gesellschaft ausbricht, oder? GÖTTE: In einer gewissen Preisspanne muss man das für entwickelte Länder vermuten. Studien in den USA zeigen zum Beispiel, dass man den Energiepreis um 25 Prozent erhöhen müsste, um nur fünf Prozent Einsparung zu erzielen. Energie nur teuer zu machen, ist also kein praktikabler Hebel. transition ― 61 NEXT VISION »Eines Tages werden wir Autos ohne Kabel laden« DAS FREIBURGER START-UP BLUE INDUCTIVE HAT EINE TECHNIK ENTWICKELT, MIT DER AUCH DIE BATTERIEN GROSSER ELEKTROMOTOREN IN KÜRZESTER ZEIT OHNE KABEL GELADEN WERDEN KÖNNEN. HIER ERZÄHLT BLUE-INDUCTIVE-MITGRÜNDER FLORIAN REINERS, WIE DAS FUNKTIONIERT. Und worüber reden wir beim dena-Kongress 2018? E transition ― 62 Machen Sie uns einen Vorschlag, worüber Sie diskutieren möchten, schicken Sie uns eine E-Mail an dena-kongress@dena.de und halten Sie sich den 26. und 27. November 2018 frei. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! FOTO:: Blue Inductive losen Energieübertragung sehr hohe ines Tages, da bin ich mir siWirkungsgrade erreicht werden köncher, werden wir keine Kabel nen. Was Leistung und Wirkungsgrad mehr benutzen, um Elektangeht, hat man kaum Nachteile geroautos zu laden und Strom genüber kabelgebundenen Ladegeräwird fast so einfach verfügbar ten. Da wir sehr überzeugt waren von sein wie heute WLAN. Warum ich mir der Technologie, haben wir uns 2015 so sicher bin? Weil ich gemeinsam mit selbstständig gemacht und 2016 Blue meinen Mitgründern Johannes Meier, Inductive gegründet – mit dem Ziel, Johannes Tritschler und Benriah Goeldi Elektroautos mit unserer Ladetechnodie Technologie dafür schon entwickelt Florian Reiners, 37, hat sich 2015 habe. Wir kennen uns vom Fraunho- gemeinsam mit Johannes Meier, logie auszustatten. Aber der Automarkt ist schwierig. fer-Institut für Solare Energiesysteme, Johannes Tritschler und Benriah das aber schon lange viel mehr macht Goeldi selbstständig gemacht, Die Hersteller und Kunden sind relativ seit 2016 gibt es ihr Start-up Blue als nur Solarzellen. Dort haben wir eine Inductive. Zuvor hatten die vier konservativ und die Einstiegshürden induktive Ladetechnik für elektrische Gründer am Fraunhofer-Institut sind sehr hoch für ein junges StartFahrzeuge entwickelt – unsere Lösung für Solare Energiesysteme, kurz: up. Mit Blue Inductive werden wir uns ISE, ein sogenanntes hocheffieignet sich speziell für höhere Leistun- zientes System zur induktiven daher erst einmal auf industrielle AnLadung von Elektrofahrzeugen wendungen, insbesondere auf mobile gen, so ab 500 Watt. Wir sind damals am Fraunho- entwickelt, mit dem Fahrzeuge Roboter in der Logistik und Produktiohne Kabel über 15 Zentimeter fer-Institut schon sehr am Puls der Zeit Abstand durch eine Bodenplatte on, konzentrieren. Der Markteinstieg gewesen und haben uns intensiv mit in- geladen werden können. Blue In- in diesem Segment ist wesentlich einduktiver Energieübertragung beschäf- ductive war im Jahr 2017 Finalist facher und die Vorteile für die Anwenbeim Start Up Energy Transition dung liegen auf der Hand. Die Roboter tigt. Auf das Thema Elektroautos sind Award der dena. können kurze Standzeiten innerhalb eiwir gestoßen, weil wir in einer Untersuchung gelesen hatten, dass es in der Regel zwei Gründe nes Prozesses nutzen, um ihre Batterien nachzuladen. gibt, warum Kunden skeptisch gegenüber Elektroautos Durch dieses ständige Zwischenladen werden extra Lasind: Erstens, weil sie eine zu geringe Reichweite der depausen überflüssig. Heute müssen die oft für längere Ladung vermuten, was sich in der Praxis aber eigent- Zeit an speziellen Ladestationen stehen und sind wählich als unbegründete Sorge herausstellte. Zweitens renddessen für den Produktionsprozess nicht verfügaber gaben viele an, dass der Ladevorgang mit dem La- bar. Auf diese Art lässt sich viel Geld sparen, weil man dekabel unkomfortabel sei, besonders bei Regenwet- deutlich weniger Roboter braucht. Wir haben unsere Pilottests erfolgreich abgeschlossen, 2018 gehen wir ter und Schnee. Das war das größte Hemmnis. Wir haben dafür eine sehr gute Lösung. Am auf den Markt. Aber natürlich ist mobile Robotik nur ein Fraunhofer-Institut hatten wir einen Demonstrator ent- Anwendungsfall von vielen möglichen – man könnte so wickelt, also ein Modell, mit dem wir die technische selbstverständlich auch Rollstühle, Elektroroller, GolfMachbarkeit zeigen konnten: Wir haben einen VW Cad- carts und alle elektrisch betriebenen Fahrzeuge laden. Und das ist nur der Anfang. Irgendwann wird so dy umgebaut und mittels Induktion mit 15 Zentimeter Abstand vom Boden geladen. Eigentlich eine nahelie- eine Induktionslösung auch für Elektroautos kommen. gende Lösung für die Probleme in der Elektromobilität. Und dann laden wir unsere Autos ganz einfach, indem Wir konnten zeigen, dass auch bei der berührungs- wir sie parken. n Der dena-Kongress ist der wichtigste Energiewende-Kongress in Deutschland. Hier vernetzen sich jedes Jahr im Herbst rund 800 interessierte Entscheider, Experten und Macher der Energiewende aus Wirtschaft und Politik. Mehr Informationen finden Sie unter www.dena-kongress.de und auf Twitter: @dena_news transition ― 63 Nicht in die ferne Zeit verliere dich, den Augenblick ergreife, der ist dein. Friedrich Schiller: Macbeth. Ein Trauerspiel von Shakespeare
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