10079 Verfassünggebende Preußische Lande8versammlüng 124. Sitzung am 27. Februar 1920 10080
[Baufostenzuschüsse zur Bekämpfung der Woh- Diese Materialien gehen durch Scieberhände wieder “an
nungsnvot] andere Stellen, sie müssen verladen werden, erfordern
. Eisenbahnwagen, die do< so knapp sein sollen. Wir
[Klodt (Adlershof), Abgeordneter (U.Soz.-Dem.)] würden aljo schon die Transportkosten sparen, und das
gaben, und das soll dann alles die Gemeinde tragen. font do) 911) wieder der Allgemeinheit umu:
Da3 kann unter keinen Umständen so weiter gehen. Es Wie es in dem Reichsverwertungsamt aussieht, da-
muß endlich jo geregelt werden, daß die wirklichen davon hat der Beirat der Brandenburgischen Hauptfürsorge-
Überteuerungsfkosten =- bei einer sparsamen Bearbeitung stelle für Kriegsbeschädigte dieselben Erfahrungen gemacht.
natürlich =- unbedingt voll und ganz vom Reih und I< habe ein Protokoll hier, in dem dasselbe zu lesen
Staat erstattet werden. ist. RTE hat ie Gefans kramen mise daß
Was man sonst noch alles von den Gemeinden. ver- 7 1m SreiSverwernng2amt nom nit einmar angeden
langt, dafür gestatten Sie mir auch noch einige Beispiele. kann, weide Born vorhanden find. Diese Zustände
Durch die große Wohnungsnot werden. den Gemeinden "üssen beseitigt werden. |
auch andere ungeheure Opfer der verschiedensten At „Außer durch die Holzbara>en, die auf dem Flugplaß
auferlegt. In der Nähe meines Wohnorts stehen auf für Flüchtlinge eingerichtet sind, sind der Gemeinde noch
dem Jlugplaß Baracken, in die Flüchtlinge aus dem auf anderm Gebiet Kosten entstanden. Es muß für die
Osten oder andern Gebieten des Reiches, die abgetreten nötige Feuersicherheit gesorgt werden. Auf demselben
werden müssen, untergebracht sind. Die Gemeinde wird Flugplaß befindet sich eine Motorsprize. Die Gemeinde
verpflichtet, für diese Leute Möbel zu beschaffen. Auf ist an das Reichsverwertungsamt herangetreten, es solle
dem Flugplatz lagert noch eine ganze Anzahl von Möbeln, der Gemeinde entgegenkommen und ihr die dort befind-
sowie ein großer Teil von anderen Vorräten. Im Januar liche Spriße zur Verfügung stellen. Man hat es rund-
bereits hat sich die Gemeinde an das Reichsverwertungzamt weg abgelehnt und hat sogar der Gemeinde gedroht, sie
wegen Freigabe der Möbel gewandt. Die Leute sind für etwa entstehenden Schaden haftbar zu machen, wenn
nadt und bloß dort hingekommen. Bis zum heutigen die Gemeinde nicht für die notwendigen Löschvorrichtungen
Tage konnte, obwohl die Möbel auf demjelben Plag Sorge trägt. Das ist do< ein bißchen stark. Die
liegen, noch nichts übergeben werden. Sprite steht da, wird nicht gebraucht, wird aber der
Gemeinde nicht überlassen. E35 ist mir ein Rätsel, wie
(Sört, hört! bei der Unabhängigen Sozialdemokratishen solche Zustände heute noch möglich sind.
Partei) . Es lagern aus noh u dem Stagplab gewaltig
Das sind Zustände, die doch jeder Beschreibung spotten. Doxräte, die in erster Linie Gemeinden zur Verfügung
Ich habe mich selbst im Mim eek Mr an bemüht, gefiel 6a müßten. I< ersuche De Regierung
die Sachen frei zu bekommen. Man wird von einer Zeinüch - nach dieser Richtung hin Wandel zu sassen,
Stelle zur andern geschift und kommt nicht zum Resultat. damit dos, 2095 om Sarhaden, ist, zum Nuten der All
Heute noh haben die Flüchtlinge kein Mobiliar in den gemeinheit eTel an fin Ci 0: ;
Bara>en. Sie hausen zwischen kahlen Wänden, haben Ähnlich wie die Fälle, die ich eben geschildert habe,
keine Feuerung. Das sind Zustände, die einmal in die liegt ein Fall in dem Städtchen Opladen im Kreise
richtige Beleuchtung gerückt werden müssen. Solingen, wie mir mitgeteilt wird. Auch dort hat man
Dann erinnere ich daran, daß vor Jahresfrist ge- der Gemeinde 140 Wohnungen zugesagt; diese Woh-
waltige Mengen Baumaterial auf dem Flugplaß gelagert "ungen konnten nicht fertiggestellt werden, weil das Geld
haben, daß es aber der Gemeinde nur gelungen ist, einen 20U8gegangen war, und nun trägt sich die Regierung mit
ganz geringen Teil dieses Materials zu bekommen. I< dem Gedanken, erneut Baukostenzuschüsse zu bewilligen
war selbst bei den Verhandlungen mit dem Reich3- aui neue anien, ie ain Sehe Hegen da 18
verwertung3amt zugegen ; al3 darauf aufmerksam gemacht inen Bi ie incl Wer en: un9.08 0 en wie er
wurde, daß große Vorräte vorhanden sind, wurde gesagt: "eue ittel bewilligt, um vielleiht neue Bauten bis zu
80 von den vorhandenen Vorräten müssen den Berlinex en APR IME herzustellen und dann auch wieder
Holzhändlern überliefert werden. (Höit. hört 1 Tints)
(Hört, hört! bei der EEE Sozialdemokratischen Ganz besonders bemerkenswert scheint mir eine
Äußerung der Regierung auf ein Schreiben zu sein, das
Al3 wir sagten: warum unterstüßen Sie denn nicht die auf die Not gerade dieser Städte und Baugesellschaften
Bautätigkeit der Gemeinden, die doh die Wohnung3not hinweist ; da hat die Regierung geantwortet : es könne
[indern sollen, hat man der Gemeinde gesagt: Sie können no< nicht so schlimm sein, denn es habe noch kein Bau-
ja von diesen Holzhändlern das Holz kaufen. verein und keine Gemeinde pleite gemacht. Wenn man
; ., | : das hört, dann muß man doh annehmen, daß die Re-
(Zuruf bei der Unabhängigen Sozialdemokratischen gierung die Sache nicht so ernst ansicht, wie sie in
Partei: Schieberei !) Wirklichkeit ist.
Das ist die Art, wie man die Gemeinden belastet, Wir haben ja Gelegenheit gehabt, bei Beratung der
wie man das privatkapitalistische Interesse unterstüt. Verordnung über die Miethöc<hstpreise diese einzelnen
Also kann man feststellen, daß gerade die Stellen, die Dinge zu streifen. Auc< von meiner Seite ist darauf
dahin wirken sollen, die Wohnung3not zu mildern, indem hingewiesen worden, daß „die ungeheueren Volksseuchen,
sie den Gemeinden die vorhandenen Vorräte zur Ver- vie uns heimsuchen, auf die mangelhaften und schlechten
fügung stellen, recht pflichtvergessen handeln. Was hat Wohnungen zurückzuführen sind. Meine Damen und
das Überhaupt für einen Zwet ? In der Gemeinde Herren, gehen Sie in die Arbeiterviertel, sehen Sie sich
Adleröhof lagern Materialien. Wir müssen sie von weit- dort die Wohnungen an, wie die Leute da zusammenhausen:
her beziehen. hoc<s<hwangere Frauen mit lungens<windsüchtigen Personen
| wohnen in ganz wenigen engen Räumen zusammen.
(Hört, hört ! bei der Unabhängigen Sozialdemokratischen Diese Dinge müssen Lunsere ernsteste Aufmerksamkeit auf
Partei) sich lenken. Abhilfe ist dringend notwendig.
124. Sitg Lande3vers. 1919/20 871*