CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Kostenlos: Zeitung für die Nachhaltige Erneuerung im „Charlottenburger Norden“
AUSGABE 10
WINTER 2020/2021
Planen, Bauen und Leben im Denkmalschutz
Seiten 2–7
Wir sind auf einem guten Weg
Seiten 8–9:
Siemensstadt im Aufbruch
Seiten 10–14:
Denkmalschutz und Erneuerung
Ние сме на добър път
A ciade de Siemens no despertar
Anıt koruması
2
Hinter dieser Tür
Liebe Leserinnen,
liebe Leser!
am Ende eines Jahres zurück- und nach vorn zu
schauen, ist ein wiederkehrendes Ritual. Doch nach einem Jahr
wie diesem? Lassen Sie uns es so formulieren: Der Lockdown nervt und manche trifft es wirklich hart; gesundheitlich oder beruflich. Das ist bitter. Andererseits ist das Glas nicht so leer, wie es
scheint. Wir haben Neues gelernt: Masken im Alltag oder Homeoffice. Auch,
wie man mit Abstand Interviews führt,
Kontakt zur Nachbarschaft beibehält
und Bauarbeiten fortsetzt.
Das Förderprogramm „Nachhaltige Erneuerung“ (bisher Stadtumbau) jedenfalls kann trotz einiger Verzögerungen
auch im 4. Jahr seit seinem Start im
Charlottenburger Norden einiges vorweisen. So wie „CHARLIE“: Die Zeitung
ist den Kinderschuhen entwachsen und
wird weiter über bauliche Veränderungen in diesem bemerkenswerten Ortsteil berichten. Bemerkenswert? Wir jedenfalls staunen nach wie vor über das
grüne Umfeld, die lauschigen Plätze am
Wasser und die Vielfalt der Bausubstanz.
Dass hier viele Gebäude zum UNESCOWeltkulturerbe gehören und sogar der
Volkspark unter Denkmalschutz steht,
wissen in Berlin die wenigsten.
Aber ist Denkmalschutz Grund genug,
notwendige Instandsetzungen zu verschieben? „Nicht unbedingt“, meint
Daniela Gurlt von der Unteren Denkmalschutzbehörde. Über den Spagat
zwischen Bewahren und dem Wunsch,
etwas Neues zu schaffen – in einer wachsenden, vom Klimawandel betroffenen
Stadt –, sprachen wir mit ihr bei einer
Tasse Kaffee (natürlich draußen).
Pläne für „Neues“ liegen inzwischen auf
dem Tisch. Für das Gebietszentrum Halemweg wurde ein Sieger-Entwurf ausgewählt. In der Spandauer Siemensstadt
lief die Beteiligung für das Integrierte
Stadtentwicklungskonzept sowie für den
Bebauungsplan für die Siemensstadt 2.0.
Für die Mierendorff-INSEL wurde die
Planung zum Rundweg vorgestellt. Und
nun beginnt auch ein neues Kapitel für
den ehemaligen Flughafen TXL – und damit die Ruhe über unseren Köpfen. Auf
ein gutes, gesundes 2021!
Bianka Gericke und die Redaktion
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
„Wir sind auf einem guten Weg“
Wie gut kannten Sie vor 2016 den Stadtteil Charlottenburg-Nord?
Nadine Fehlert: Kaum, nur vom Durchfahren. Unser Büro Jahn, Mack & Partner
sollte das ISEK als Grundlage für den Antrag auf das Förderprogramm Stadtumbau erstellen. Anfangs fiel es mir schwer,
im Vergleich mit anderen Stadtteilen Berlins einen Bedarf zu erkennen bei diesen
weitläufigen Grünflächen und dem äußerlich intakten Zustand der Gebäude.
Doris Leymann: Ich kannte den Stadtteil, denn ich habe 15 Jahre auf der Mierendorff-Insel gewohnt.
Nadine Fehlert vom Büro JMP ist Gebietsbeauftragte für das Förderprogramm.
Insgesamt stehen aktuell 6 Projekte auf
der Agenda. Welches liegt Ihnen besonders am Herzen?
Fehlert: Das Gutachterverfahren für das
neue Zentrum Halemweg, das gerade abgeschlossen wurde, halte ich für enorm
wichtig. Hier geht es um einen großen
Komplex von Baumaßnahmen. Das zu
begleiten, ist eine spannende Aufgabe.
Doris Leymann koordiniert im Bezirksamt
die Planungen für die Sozialräume und das
Förderprogramm.
Der „Charlottenburger Norden“ wurde
2017 per Beschluss des Senats zum Fördergebiet erklärt…
Fehlert: Für das Bezirksamt und das Stadtteilmanagement ein großer Erfolg. Und
gleichzeitig die Bestätigung, dass die im
ISEK vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig sind, um den Stadtteil zukunftsfähig zu machen. Zahlreiche Anregungen darin kamen von Nachbarn.
Leymann: Ich trat meine Stelle für die Sozialraumorientierte Planungskoordination des Bezirks im Frühjahr 2019 an. Da
waren die ersten Projekte schon auf dem
Weg. Eine gute Vorlage!
Leymann: Für mich sticht kein einzel
nes Projekt heraus. Der Gewinn ist doch,
dass unser Bezirk überhaupt die Förder
gelder für eine „Nachhaltige Erneuerung“
des Sozialraums erhält. Wir können mit
dem Geld Dinge anschieben, die dem
Stadtteil helfen – und die aus dem Be
zirkshaushalt nicht finanzierbar wären.
Etwa 50 Mio. Euro fließen in Berlin jährlich in den Fördertopf. Eine Bedingung
ist die Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger. Wie setzen Sie diese Vorgabe um?
Leymann: Wir fahren mehrere Strategien. Zum einen ist die Stadtteilkoordination vor Ort. Dort werden die Wünsche aus den Einrichtungen und der
Nachbarschaft zusammengetragen und
das Netzwerk aller Beteiligten betreut.
Zum anderen suchen wir bei Veranstaltungen den Kontakt zur Nachbarschaft.
1. Informieren / Gespräch mit Nachbarn
• Was muss sich ändern?
•W
er braucht diese Einrichtung /den Spielplatz?
• Was wäre wünschenswert?
2. Konzept-Phase
•b
ei Befragungen,
Veranstaltungen
und in der Zeitung
werden Vorschläge
breit diskutiert
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
4 Jahre Förderprogramm für den „Charlottenburger Norden“
3
Jesteśmy na dobrej drodze | Мы на правильном пути
Denn wenn das Umfeld gestaltet werden
soll, geht es nicht ohne sie. Sie kann am
besten sagen, was im Kiez fehlt.
Fehlert: Unser Prinzip lautet: alle schon
frühzeitig um den Tisch versammeln –
die Bevölkerung, Verwaltung, Architekten und Bezirkspolitik. Das stärkt nach
meiner Auffassung das gegenseitige Verständnis und die Demokratie. Wir bemühen uns um viel Transparenz. Hierfür
leistet auch die Zeitung CHARLIE einen
wichtigen Beitrag.
Fließen die Vorschläge der Anwohnenden wirklich in die Projekte ein? Am
Klausingring waren Kinder enttäuscht…
Fehlert: Stimmt, die Kinder wünschen
sich für den zukünftigen Bolzplatz größere Tore. Nach vielen Gesprächen entschieden wir uns doch dagegen, weil
große Tore dazu verleiten, mit mehr
Wucht und weniger treffsicher zu spielen. Und das wird zu laut. Viel geeigneter
fürs Ballspielen ist übrigens das Sportfeld
neben dem Jugendclub Heckerdamm. Es
müsste jedoch attraktiver für die Mädchen und Jungen gestaltet werden.
Infoabend am 7. Oktober in der James-von-Moltke-Grundschule
Arbeiten konnten nicht wie geplant beginnen. Erst musste die BVG den zweiten
U-Bahn-Eingang eröffnen. Dann musste
berechnet werden, ob Baufahrzeuge die
Statik des darunter liegenden U-BahnTunnels beeinflussen.
Wo sehen Sie noch Reserven?
Fehlert: Einiges läuft noch parallel oder
wird nur bis zur Ressortgrenze behandelt. Das könnte besser abgestimmt sein.
Ich wünsche mir, dass Bürgerinnen und
Bürger selbst kleinere Projekte anschieben können.
Einige Leserbriefe erreichten uns mit der
Frage, warum vieles länger dauert als angekündigt. Wo liegen die Ursachen?
Leymann: Das Förderprogramm verlangt
einen sozialräumlichen Denkansatz.
Dies wiederum braucht neue Formen der
Zusammenarbeit zwischen den Ämtern.
Was Außenstehende nicht sehen, sind
strenge gesetzliche Vorgaben. So wurden
zwar Finanzen zur Sanierung der Freilichtbühne kurzfristig vom Senat bewilligt, aber die für den Baubeginn notwendige Bauplanungsunterlage (BPU) war
noch nicht fertig. Viel Zeit erfordert auch
die Abstimmung zwischen verschiedenen Beteiligten – wie zum Beispiel bei
der Grünverbindung am Halemweg. Die
Leymann: Mein Stichwort: mit dem ergänzenden Förderprogramm für Großwohnsiedlungen wird es jährlich eine
feste Summe X geben, über die die Nachbarschaft in der Paul-Hertz-Siedlung
ohne viel Bürokratie selbst entscheidet.
Ich sehe da eine neue Form von Teilhabe.
Doris Leymann erklärt Anwohner Wolf Wust
das Modell für den Umbau am Halemweg.
Fehlert: Einige Verzögerungen sind am
Ende sogar gut – so wie beim Gutachterverfahren am Halemweg. Anfangs plante
der Bezirk einen Bildungscampus mit
Wohnungen. Nun sind beide Straßenseiten des Halemwegs im Entwurf bedacht
– ein deutlicher Fortschritt. Ebenso die
3. Konkrete Vorschläge erörtern
• Konzept überarbeiten
•P
lanung verfeinern und
abschließend vorstellen
Grafik: Jahn, Mack & Partner
großzügige Infrastruktur. Zu einem Zentrum gehört eben mehr als nur eine
Schule! Die zusätzlichen Monate bei einer Bauzeit von vermutlich mehr als 10
Jahren sind zu verschmerzen.
4. Baumaßnahmen starten
• informieren über
Beginn der Baumaßnahme und
-fortschritte, den
Bauabschluss
feiern
Wie wird der Stadtteil in fünf Jahren
aussehen?
Leymann: Mit dem Neubeginn am ehemaligen Flughafen TXL werden wir eine
andere Mobilität erleben, hoffentlich mit
weniger LKWs über den Heckerdamm.
Stattdessen könnte zwischen der evangelischen Gemeinde Plötzensee und der
Moltke-Schule ein Campus entstehen,
der Begegnungen der Nachbarn unterschiedlichster Herkunft ermöglicht.
Fehlert: Ich hoffe, dass es auf dem Grünzug am Popitzweg blüht und summt.
Beim Neubau der Anna-Freud-Schule
werden wir deutliche Fortschritte
sehen. Am Heckerdamm sind die
Ergänzungsbauten für die MoltkeSchule bereits in Betrieb.
4
Step by Step auf den Baustellen
Baubeginn am Popitzweg, Nov. 2020
Voruntersuchungen Jungfernheideteich
© G. Radev
Inbetriebnahme von Laternen, Okt. 2020
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Stand der Baumaßnahmen in Charlottenburg-Nord
„Wir sind auf einem guten Weg“, betonen Doris Leymann (Bezirksamt) und Nadine Fehlert (Gebietsbeauftragte) in
ihrem Interview über Bauprojekte (siehe Seite 2). Hier eine Übersicht:
Programm „Nachhaltige Erneuerung“
2017
PROJEKTE IM HANDLUNGSFELD: ZENTRUM
Städtebauliches Gutachterverfahren Halemweg
Umbau der Revierunterkunft Heckerdamm 242
zum Familienzentrum + Erneuerung Hof / Sandkasten
Bauarbeiten
PROJEKTE ZUM HANDLUNGSFELD GRÜN- UND FREIFLÄCHEN
Konzept für die Entwicklung von Wegen und Freiflächen
für die Jungfernheide- und Paul-Hertz-Siedlung
Erneuerung der Grünverbindung Halemweg–Popitzweg,
Erweiterung Spielplätze Halem-/Schneppenhorstweg
Beleuchtung für den Weg vom Heckerdamm zur
„Kita Erlebniswald“ Jungfernheide
Überarbeitung und Neugestaltung vom Spielplatz
und Bolzplatz Klausingring
SONSTIGE BAUPROJEKTE IN VERANTWORTUNG DES SENATS1 / DES BEZIRKS2
Abriss der Poelchau-Schule + Neubau Anna-Freud-Schule1
Wettbewerb
Planung
Ausbau der Mensa für die
Erwin-Witzleben-Grundschule2
Neubau einer „Waldkita“ in der Jungfernheide2
I-Planung de
Planung
denkmalgerechte Sanierung
der Gustav-Böß-Freilichtbühne2
Untersuchung zum Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung
nach § 172 BauGB (Beobachten des Wohnungsmarktes)2
Nachhaltige ökologische Sanierung vom Jungfernheideteich (u.a. Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung)2
© Quelle: JMP / B. Gericke
laufen
Fortschritte in Bauprojekten
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Information Klausingring, Juli 2020
Eröffnung des Familienzentrums, Jan. 2018
5
Eröffnung Kita Erlebniswald, Aug. 2020
Статус грађевинских радова у Цхарлоттенбург-Норд
2018
2019
Beteiligung
Phase 1
3 Phasen
Planung Außenanlagen
Baubeginn
2020
Phase 2
Phase 3
2021
Entscheidung über beste Idee
30.9. / Infoabend am 7.10.20
Entscheidung
Fertigstellung des Weges, von Hof,
Buddelkasten, Fahrrad-Ständer
Abschluss
Bauarbeiten
Projektstart
Beteiligung / Planung
konkrete Planung / technische Abstimmungen
Planung
Bau
Beteiligung
Baubeginn
Fertigstellung
Planung
Information
Inbetriebnahme
Oktober 2020
Baubeginn
laufender Abriss
es Bezirks
Ausbau Fertigstellung
Einweihung am
7.8.2019
Bauarbeiten
Fertigstellung
Einweihung am
13.8.2020
Voruntersuchungen zur
Denkmalpflege
nd
Voruntersuchungen
Erarbeitung Konzept
Bauarbeiten
6
Wettbewerb für das neue Zentrum Halemweg
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Ein Zentrum für Bildung, Kultur und Wohnen
Am 30. September 2020 fasste
die Jury für das Gebietszentrum Halemweg einen einstimmigen Beschluss. Sie empfahl
dem Bezirk, das Konzept der
Bürogemeinschaft
SchultzGranberg (in Kooperation mit
bbz Landschaftsarchitekten
berlin) weiter zu verfolgen.
Damit wurde das „Konkurrierende Gutachterverfahren“
abgeschlossen – mitfinanziert
aus Geldern vom Programm
„Nachhaltige Erneuerung“.
Wir sprachen mit Architektin
Terese Granberg und ihrem
Team über ihren Entwurf:
Glückwunsch zum 1. Preis!
Was war daran reizvoll, ein
bebautes Areal neu zu planen?
Terese Granberg: Fast immer
gibt es komplexe Interessenlagen, also Ansprüche von
Bewohnern,
Institutionen,
Vereinen, der Denkmalpflege
und anderen Akteuren, die
in der Stadt leben oder aktiv sind. Das kommt in Charlottenburg-Nord stärker zum
Ausdruck als bei einer Planung auf der grünen Wiese.
Hier ist die Stadt schon da
und mit ihr die Menschen, deren Wünsche und Ansprüche.
Diese Gegebenheiten machen
den Entwurf sehr komplex, da
er zu einem Geflecht von z. T.
vielschichtigen Anforderungen passen muss. Die reizvolle
Herausforderung ist das Navigieren in diesem Geflecht und
Suchen nach der besten Lösung, die möglichst viele Optionen für die Zukunft öffnet.
Ihre Wohnhäuser orientieren
sich am Stil der 50er Jahre.
Darf man trotz der Wohnungsnot so luftig bauen?
Vielleicht müssten (fast) alle
neuen Wohnprojekte in Berlin dichter, enger und höher
sein – angesichts fehlenden
Baulands. Eine weitere Verdichtung ist natürlich denkbar. Doch wir wollten nicht
nur viele Wohnungen schaffen, sondern ein Ensemble,
das dem Charakter des Zentrums entspricht und die Vernetzung mit dem Vorhandenen ermöglicht. Daher war
es klar, gute Ideen der 50er
Jahre wieder aufzugreifen wie
die Laubenganghäuser in der
Goebelstr. 1. Hier kann sich
Nachbarschaft treffen.
mal präzisiert. Wir gehen davon aus, dass der Bezirk den
Bedarf richtig einschätzt und
in die Zukunft denkt. Schade
wäre es sogar, wenn die Menschen hier keinen Raum für
Kultur, Bildung und Begegnung fänden. Die Gebäude
sind flexibel konzipiert, was
Änderungen in der Nutzung
ermöglicht. Damit sind diese
Bauten auch nachhaltig.
Der Siegerentwurf weist viel
öffentliches Grün auf. Wie gelingt es, dieses Grün auch intakt zu halten?
Abweichend von der Idee moderner Siedlungen gehen wir
im Entwurf davon aus, dass
die Grünräume von den anliegenden Gebäuden und insbesondere von den Mietern im
Erdgeschoss genutzt werden.
Sind die Gebäude für Kultur,
Bildung und Begegnung nicht
zu groß für den Stadtteil?
Im Gegenteil, die Vorgabe dafür wurde in Phase 3 noch ein-
Denkbar wären Patenschaften für den Freiraum, z.B. für
Open-Air-Bühnen oder Mietergärten. Das hilft der Identifikation mit dem Grün vor
der Haustür und fördert so die
Lebendigkeit und Pflege. Bei
der Vergabe von Nutzungsund Mietverträgen muss dieser Aspekt berücksichtigt werden. So können Gebäude zusammen mit dem Freiraum
funktionieren.
Woran arbeiten Sie zurzeit?
Zunächst würden wir gern
den weiteren Prozess am Halemweg begleiten, denn mit
dem Konzept ist es nicht getan. Es folgt die Planung für
den Verkehr und
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© Studio Schultz-Granberg
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Vision für ein durchgehend grünes Zentrum: Blick nach Norden zur neuen Anna-Freud-Schule
Planung am Halemweg
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Bibliothek – alles fürs Wissen & Nachbarschaft
Ich bin sehr glücklich über die einstimmige Entscheidung der Jury – gerade für die künftige Bibliothek. Leider liegt Charlottenburg-Wilmersdorf bei
den Indikatoren Bibliotheksfläche, Besuche sowie
Fläche und Ausleihen pro Kopf deutlich unter dem
Berliner Durchschnitt. Unser Entwicklungsplan sieht
vor, dass wir Bibliothek völlig neu denken. Der vorliegende
Entwurf ist dafür eine gute Basis. Wir wollen die Bibliothek
in Verbindung mit Musik- und Volkshochschule denken. Es
geht nicht mehr um das reine Entleihen von Büchern.
3.–11. Etage
Wohnen
Büros Bibliothek
Musik- und Volkshochschule
Kultur
Wir schaffen hier einen Ort zum Bleiben: Menschen sollten
allein, in Gruppen oder Tandems etwas ausprobieren, lernen
und sich helfen können. Zusammen Musik machen, etwas
bauen oder reparieren, eine neue App entwickeln, Comics
zeichnen und ausstellen, Sprachen lernen.…
2. Etage
Unterrichts- & Bandräume
Musik- und Volkshochschule
Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Bildung,
Sport und Kultur, Heike Schmitt-Schmelz
die Erschließung (Leitungen,
Wege, Netze). Spannend wäre
für uns, an der ausführenden
Architekturplanung (Gebäude und Grünräume) beteiligt
zu sein. Un-
sere Idee könnte während dieser städtebaulichen Prozesse
noch an Kraft gewinnen und
weiter qualifiziert werden.
Unser Büro arbeitet derzeit an
einem neuen Stadthausquartier in Lippstadt, ebenfalls mit
der Int
egration öffentlicher
Orte. Das Thema Zentrumsplanung lässt uns nicht los.
Kreativräume VHS/Kultur
Bibliothek
1. Etage
Lesegarten
Bibliothek
Unterrichts- & Bandräume
Selbstlernzentrum
Kiezgalerie Kultur
Bibliothek
Erdgeschoss
Saal VHS/
Musikschule/Kulturamt
Foyer, Café
© Studio Schultz-Granberg / bearb. B. Gericke
Blick aus einem der Laubenganghäuser auf die beiden Kindergärten und den offenen Innenhof
8
Altes und Neues verbinden
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Mit dem Neubau in mehreren
Quartieren wird die Einwohnerzahl um 16.000 steigen.
Zusätzlich entstehen Wohnungen
in Tegel, in der Wasserstadt Spandau und später am Halemweg.
Dafür fehlen bislang die notwendige soziale Infrastruktur (Schulen, Kitas, Freizeit-Einrichtungen) und ausreichende Schienenverbindungen. Noch mehr Busse
und Autos können die vorhandenen Straßen nicht verkraften.
© Projektwerkstatt Siemensstadt / B. Gericke
Ein ISEK für das Umfeld
Siemensstadt: Ideen für die Zukunft
Wer auf die obige Karte schaut, sieht Baufelder für Tausende
zukünftiger Wohnungen. In der Wasserstadt westlich des Gartenfeldes wird derzeit alle paar Monate ein Wohnblock bezugsfertig. Die Einwohnerzahl zwischen Haselhorst und der „alten“
Siemensstadt wird also stark steigen. Allein im „Plangebiet Siemensstadt 2.0“ sind 3000 Wohnungen vorgesehen.
bewerb, der klären soll, wie
die neuen Gebäude aussehen
könnten. Eines der ersten wird
der neue Infopavillon sein.
Bürgerinnen und Bürger sollen
sich dort über das Projekt und
dessen Fortschritt informieren
können.
In den Vorgaben für die Planung sind zwar ein Schulkomplex und Kitas enthalten,
aber damit ist es nicht getan.
Wo sollen die neuen Nachbarn gesundheitlich betreut
werden, einkaufen, sich treffen, weiterbilden oder erholen? Mit welchen Verkehrsmitteln werden sie unterwegs
sein und wie wachsen die alte
und neue Siemensstadt zusammen? Dies sind Fragen,
die sich viele Bewohnerinnen
und Bewohner von Haselhorst
und der alten Siemensstadt
stellen, die aber auch den Bezirk Spandau beschäftigen.
Deshalb wird an einem Inte
grierten
Stadtentwicklungs
konzept (ISEK) für die Stadt
teile Haselhorst und Siemens
stadt gearbeitet, um ab 2021
Großbaustelle östliche Wasserstadt Spandau: hier an der Daumstraße
Siemens macht Tempo
2018 beschlossen Siemens und
der Berliner Senat die Umge
staltung des Firmengeländes.
Anfang 2020 wurde der erste
Architektenwettbewerb
ent
schieden und bereits im Okto
ber das dafür notwendige Be
bauungskonzept bzw. der Rah
menplan öffentlich ausgelegt.
Wenn es in diesem Tempo wei
tergeht, werden 2024 die ers
ten Gebäude stehen. Im Mo
ment läuft der Hochbauwett
Infostand in Siemensstadt am 1. Oktober: Zeinab Hammoud (l.) von
S.T.E.R.N. erklärt die wichtigsten Handlungsfelder, … hier im Gespräch mit Tanja Radke vom Familienzentrum Rohrdamm
Beteiligung der Bevölkerung
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Plangebiet Siemensstadt 2.0: Blick vom künftigen Bahnhof Siemensstadt auf den geplanten Stadtplatz mit dem Infopavillon
Bis 2030 entsteht hier ein Stadtteil, der Arbeiten, Produzieren,
Forschen, Wohnen und Lernen zusammenbringt.
© Siemens
Infopavillon
Ein großes Ärgernis ist den Siemensstädtern der Platz ums
Kaufzentrum Siemensdamm.
Um hier einen attraktiven,
zentralen Ort zu entwickeln,
müssen alle beteiligten Verwaltungen eng zusammenar-
beiten. Das gilt natürlich auch
für die Verbindung von Jungfernheide und Siemenspark
durch ein Wegeleitsystem. Zu
gunsten eines besseren Stadt
klimas kam der Vorschlag für
Hochbeete, Gemeinschaftsgär
ten oder Streuobstwiesen so
wie für die energetische Sanie
rung der Wohngebäude.
Es soll zeitgemäße Jugendklubs
und Treffs für Ältere und Fami
lien geben sowie frei zugäng
liche Möglichkeiten, sich fit
zu halten. Kritisiert wurde das
Defizit an Räumen für kreati
ves Schaffen, Bildung oder die
Vernetzung von Initiativen.
Bianka Gericke / Julia Graber
in Zusammenarbeit mit der
Planungswerkstatt Siemensstadt
Wünsche und Forderungen aus der Bevölkerung für die Siemensstadt
• neue + alte Siemensstadt mit
Fuß-/ Radwege-Netz verbinden
• kurze Wege auch nach Tegel
• Kultur, Sport und Soziales
sollen zu Fuß erreichbar sein
• Siemensbahn reaktivieren,
U-Bahn- u. Tramlininen verlängern und bauen
• Auto-Verkehr regulieren (auch
den ruhenden)
• Damm der Siemensbahn darf
nicht länger Barriere sein
• Neubauten passend zur Architektur der alten Siemensstadt
• medizinische/soziale
Versorgung verbessern
• Schulen u. Kitas sollen
offen sein für Kinder der
„alten“ Siemensstadt
• Treffpunkte einrichten
für die Bevölkerung
(besonders Familien),
auch als Orte für
Bildung und Bewegung
Wirtschaft
Da die Online-Beteiligung
nicht jedermanns Sache ist,
gab es begleitend Veranstaltungen und Rundgänge. Jedes Mal folgten der Einladung
Interessierte aus Charlottenburg-Nord, denn die Pläne
von Siemens sind in vielen
Das Zentrum soll
schöner werden
• Grünzüge mit barrierefreien Spiel- u. Sportplätzen (als Kaltluftschneisen) schaffen
Kultur
Rundgänge, Infostände und
öffentliche Diskussion
Auch die SPD-Abgeordneten
Daniel Buchholz und Christian Hochgrebe motivierten
die Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Meinung zu äußern. Der Spandauer Baustadtrat Frank Bewig untermauerte dies und hofft, dass
in den kommenden Jahren
vor allem das Verkehrspro
blem gelöst werden kann.
Bildung / Soziales
Damit sich Nachbarn, Mitarbeitende von Einrichtungen,
Schulen, Gemeinden trotz
Corona beteiligen konnten,
wurde die Diskussion zum
ISEK ins Internet verlegt. Auf
Plakaten, in CHARLIE und
über den Postweg wurde die
Stadtgesellschaft aufgefordert,
sich online zu äußern. Auf
der Website mein.berlin.de
gab es fast 500 Anmerkungen,
Nachfragen und Kommentare, die dort dokumentiert
sind. Parallel dazu richteten
das Bezirksamt Spandau und
das mit der Erstellung des ISEK
beauftragte Büro S.T.E.R.N
eine telefonische Sprechstunde für Nachfragen ein.
Der zu erwartende Verkehrskollaps war Thema auch am
Infostand des Bezirksamtes.
Auf großen Plakaten konnte
man dort nachlesen, welche
Einwände und Vorschläge bislang aus der Bevölkerung kamen. Im direkten Gespräch
wurde deutlich, dass die
größte Sorge der Siemensstädter jedoch ist, dass Wohnen
im Umfeld teurer wird.
Umwelt
Informationen
über mehrere Kanäle
Familien ein Dauerthema.
Gut besucht war z.B. eine Diskussion im Gemeindesaal
der evangelischen Kirche am
Schuckertdamm. Dort präsentierten Volker Hormann
und Hans-Ulrich Riedel von
der „Projektwerkstatt Siemensstadt“ die Kernpunkte
des ISEK und des Bebauungsplans der Siemensstadt 2.0.
Verkehr / Architektur
Fördergelder aus dem Pro
gramm Nachhaltige Erneue
rung zu erhalten. Charlotten
burg-Nord profitiert ja seit
2017 von dieser Förderung.
• reine Gewerbegebiete vermeiden: Verzahnen von Wohnen,
Arbeit und Gewerbe
• Kleingewerbe, Handwerk und
Nahversorger ansiedeln
• Kaufzentrum Siemensdamm
wird „Kopf“ eines neuen
Quartiers
• attraktive Gastronomie und
Geschäfte (Cafés, Bio-Läden,
Fleischer, Wochenmarkt)
• Kunstprojekte im Ortsteil
fördern
• Kulturhaus mit Mehrzwecksaal, Kino und Bibliothek
10
Auf eine Tasse Kaffee mit Daniela Gurlt
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Denkmalschutz heißt Bewahren…
Daniela Gurlt ist Mitarbeiterin
in der Unteren Denkmalschutzbehörde im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie verfügt
über langjährige Erfahrungen in
Denkmalpflege und Denkmalschutz – sowohl national als
auch international, z.B. in Nepal, Syrien und der Mongolei.
Am Schneppenhorstweg wird
gerade das große Wohnhaus
– entworfen von Hans Scharoun – saniert. Welche Details
traten dabei zutage?
Schön, dass Sie damit beginnen, denn hier gab es interessante Detektivarbeit, über die
ich einiges berichten kann.
(Dazu mehr auf Seite 12.)
Auch die Bauten um den UBhf. Halemweg stehen unter
Schutz. Warum wurde trotzdem das Schwesternheim am
Halemweg 26–30 abgerissen?
Der Abriss war schon lange
geplant und ist Teil der Umgestaltung des Gebietszentrums
Besprechung vor Ort mit der Gebietsbeauftragten Nadine Fehlert,
Daniela Gurlt und den beiden
Landschaftsarchitektinnen Lioba
Lissner und Katarzyna Bruszewska vom Büro HochC (v.l.n.r.)
Hier ging es um die Frage: wie
können der Grünzug Popitzweg
und die Innenhöfe der „Scharounbauten“ am Halemweg barrierefrei verknüpft und denkmalgerecht saniert werden?
U-Bahnhof Halemweg. Hier
gab es eine Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den sozialen
Erfordernissen wie Schul- und
Wohnungsneubau. Es besteht
ein breiter politischer Konsens, dass am Gebietszentrum
etwas passieren muss, um
heutigen Anforderungen an
die Daseinsvorsorge zu entsprechen. Im Ergebnis dieser
Abwägung trat der Denkmal-
schutz zurück. Das gerade abgeschlossene Gutachterverfahren für das Zentrum (Seite
6) ist aus Sicht der Denkmalpflege eine gute Reaktion auf
die vorhandene Gebäudestruktur in der Siedlung Charlottenburg-Nord. Mit diesem
Ergebnis kann auch die Denkmalschutzbehörde „leben“,
obwohl wahrscheinlich noch
weitere Gebäude der neuen
Bebauung weichen müssen.
Muss man eigentlich alles bewahren? Die Kitas, die Diakonie, das Stadtteil- und das Einkaufszentrum Halemweg haben inzwischen etliche Baumängel. Schön sind sie nicht.
Soll das etwa so bleiben?
Zunächst ist nicht Schönheit
das Kriterium, sondern der
historische Wert. Sicher, die
fachgerechte Instandsetzung
ist kostenaufwendig. Die genannten Objekte gehören zu
dem Areal, das im aktuellen
Gutachterverfahren betrachtet wurde. Fast alle diese Gebäude werden wohl ebenfalls
dem neuen städtebaulichen
Lotte zählt: Denkmale in Charlottenburg-Nord
Seit der Corona-Krise gehen
wir häufiger spazieren. Frische Luft tut gut und unser
Hund Cookie braucht seinen Auslauf. Kürzlich umrundeten wir mal wieder den
Goebelplatz und freuten uns
über das leuchtende Herbstlaub. Der Platz steht als Gartendenkmal und Gesamtan
lage sogar unter Denkmalschutz. Wussten Sie, dass das
für zahlreiche Gebäude aus
den 1960er Jahren und den
U-Bhf. Siemensstadt gilt? Wie
viele Denkmäler Charlot
tenburg-Nord insgesamt hat,
fragten wir unsere Tochter
Lara. Die ist immer fix mit
dem Internet und kam auf 15
956
Baudenkmale
1
und Hans Scharoun. Nicht zu
vergessen Hans Hertlein, der
die Industriebauten an der
Nonnendamm-Allee und die
Kirchen am Schuckertdamm
konzipierte, sowie der Stadtbaurat Martin Wagner als Planer.
1265 in Charlottenburg-Wilmersdorf insgesamt
15 in Charlottenburg-Nord*
3
– erstaunlich! Kennen Sie z.B.
den Architekturpfad mit 10
Stationen durch die Ringsiedlung Siemensstadt an der Goebelstraße? Ein UNESCO-Weltkulturerbe direkt vor unserer
Haustür! Hier wirkten die Architekten Otto Bartning, Fred
Forbàt, Walter Gropius, Paul
Rudolf Henning, Hugo Häring
52
Ensemble
8
158
Gesamtanlagen
2 99
Gartendenkmale
1
1
Weltkulturerbe
* Enthalten sind auch Objekte in Plötzensee (Friedrich-Olbricht-Damm, Hüttigpfad), im Biotech-Park am Tegeler Weg und der
Volkspark Jungfernheide.
Quelle: Landesdenkmal-Liste 2020, eigene Auswertung
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Denkmalschutz – die Stadt bewahren
11
Konzept weichen, sodass sich
die Frage Schönheit versus Erhalt hier nicht mehr stellt.
Geschäftsleute bedauern, dass
kaum Umbauten im Geschäft,
an Schaufenstern oder der Beschriftung erlaubt sind…
Ziel des Denkmalschutzes ist
der Erhalt der Originalsubstanz, denn nur diese trägt den
sogenannten „Zeugniswert“.
Darum sind wir immer bestrebt, dass so wenig wie möglich davon ausgetauscht wird.
Wir sind vorsichtig bei der Änderung von Werbung und Beschriftung. Das Erscheinungsbild soll nicht beeinträchtigt
werden. Deshalb gibt es hier
Vorgaben zu Größe und Ausführungsart der Werbeanlage.
Grundsätzlich ist ein Austausch von Werbung aber natürlich möglich.
Manche Vermieter investieren kaum in die Modernisierung mit dem Verweis auf den
Denkmalschutz. Zu recht?
Zum Teil. Es ist zu unterscheiden zwischen Modernisierung
Die interessante Architektur der Einkaufspassage am Halemweg von Werner Weber (1960) ist heute
kaum so wahrnehmbar.
Landesarchiv Berlin, F. Rep 290-01-30, Sammlung Otto Hagemann
und Sanierung bzw. Instandhaltung. Fachgerechte Sanierungen und Instandhaltungen werden vom Denkmalschutz begrüßt, da sie ja dem
Erhalt des Baudenkmals dienen. Natürlich müssen dabei
die wesentlichen Gestaltungsmerkmale, welche den Denkmalwert tragen, erhalten bleiben. Das sind z.B. die Fassa-
dengestaltung, einschließlich
Fenster und Balkone. Deshalb
tun wir uns z.B. schwer mit
dem Austausch von Fenstern.
Aber auch hier sind in enger
Abstimmung zwischen dem
Bauherrn und der Denkmalschutzbehörde durchaus Verbesserungen möglich.
Modernisierungen – dazu gehören z.B. Veränderungen der
Grundrisse, Aufstockungen,
Anbauten, aber auch das Anbringen nachträglicher Wärmedämmung – gehen oft einher mit starken Eingriffen in
die geschützte Bausubstanz
und verfälschen wesentliche
Gestaltungsmerkmale. Deshalb stehen wir Modernisierungen in der Tat kritisch gegenüber.
Lexikon: Denkmalschutz
Ist von Denkmälern die Rede,
denken viele an Skulpturen
auf Sockeln, etwa an das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten vom Schloss Charlottenburg. Denkmalschutz bewahrt aber nicht nur Plastiken
vor dem Vergessen, sondern
im großen Maße Gebäude. So
definiert das Berliner Denkmalschutzgesetz ein Baudenkmal als eine bauliche Anlage,
deren Erhaltung im Interesse
der Allgemeinheit liegt – und
zwar wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung.
Sind mehrere Baudenkmale
durch ebenfalls erhaltungswürdige Grünanlagen, Straßen, Plätze oder Wasserflächen verbunden, spricht man
Das Gebäude Halemweg 17
(Architekt Norman Braun, 1959)
steht in der LandesdenkmalListe.
gen werden – so auch bei der
Neugestaltung am Halemweg.
von einem Denkmalbereich.
Charlottenburg-Nord hat davon mehrere: etwa die Ringsiedlung oder den Bereich
zwischen Heilmannring und
Goebelplatz. Der Goebelplatz
ist zudem ein Gartendenkmal
genauso wie der Volkspark
Jungfernheide.
Ob ein Objekt in die Berliner
Denkmal-Liste aufgenommen
wird, entscheidet das Landesdenkmalamt. Zuständig für
den Schutz ist die Denkmalschutzbehörde im Bezirksamt.
Sie muss bei allen Maßnahmen und Planungen, die
Denkmale betreffen, einbezo-
Darüber hinaus tragen Objekte
wie die Berliner Mauer oder die
Stätten der Reformation das
Siegel Nationales bzw. Europäi
sches Kulturgut. Den höchsten
Schutz erhalten Stätten, Do
kumente oder Brauchtum von
internationaler Bedeutung. So
gehören zum UNESCO-Welt
erbe die Großsiedlung Sie
mensstadt und sogar die Ge
nossenschaftsidee (immate
rielles Kulturerbe). Sie ist eine
bis heute wichtige Errungen
schaft für Mieterinnen und
Mieter. D. Gurlt / B. Gericke
12
Denkmalschutz konkret
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Auf der Suche nach
Scharouns Malkasten
Was passierte hinter den Pla
nen am Wohnhaus Schnep
penhorstweg 2? Die Arbeiten
sind nun beendet. Können Sie
erkennen, was sich verändert
hat? Instand gesetzt wurden die
Brüstungen am Laubengang.
Vielleicht fiel Ihnen auf, dass
die Gitter am Geländer nun
anders aussehen. Waren diese
Wimpel aus Schmuckblech
nicht blau und weiß? Ihre Er
innerung täuscht Sie nicht.
Aber warum sind sie jetzt gelb
und weiß? Das kam so:
Welche Farbe für die Wimpel?
Um die Betonsockel auf den
Laubengängen instand zu setzen, mussten die Geländer abmontiert werden. Die Hausverwaltung Deutsche Wohnen Gruppe erklärte, dass
Geld für einen neuen Anstrich
der schon sehr unansehnlichen Geländer und Schmuckwimpel vorhanden sei. Die
generell erfreuliche Botschaft
warf jedoch die Frage auf: In
welcher Farbe? „Denkmalverträglich“ musste sie sein,
denn das von Hans Scharoun
entworfene Hochhaus gehört
zur Siedlung CharlottenburgNord, die unter Denkmalschutz steht. Sollte es wieder
blau und weiß werden wie bisher? Waren dies die originalen
Farben von 1958? Oder hatte
man sie bei der Sanierung in
den 1990er Jahren verändert?
Wenn ja, warum? Das Weiß
ließ sich erklären, denn die
Brüstungen der Balkone auf
der Hofseite sind weiß. Aber
warum zusätzlich blau? Weit
und breit ist am Gebäude kein
Blau zu sehen!
Detailsuche in den Archiven
Es begann die Suche nach der
„Nadel im Heuhaufen“. Ein
Restaurator stellte fest, dass
die Schmuckwimpel schon
einmal demontiert wurden,
um in einer Werkstatt den
Lack zu entfernen und farblich neu zu beschichten. Die
Farben von 1958 waren also
nicht mehr nachweisbar, aber
auf alten Schwarz-Weiß-Fotos
sind verschiedene Hell-Dunkel-Töne zu erkennen: ein
Hinweis darauf, dass die Wimpel früher mindestens zwei
unterschiedliche Farben hatten. Anfragen bei Bewohnern
und Gewerbetreibenden nach
alten Farbfotos blieben leider
ohne Erfolg.
Blau am Giebel, rot am Erker
Auf einer alten farbigen Postkarte, gefunden bei Recherchen im Internet, war nur die
Fassade zum Innenhof abgebildet. Aber halt, da war ja
blau! Der heute unansehnlich
grünlich-graue Giebel war
früher blau! Noch einmal vor
Diese Farbsimulation von Westfassade und Giebel
zeigt, wie lebhaft, bunt und freundlich das Gebäude
© Daniela Gurlt
ursprünglich gewirkt haben muss.
Auf der Postkarte
aus den 1970er Jahren ist ein blauer
Giebel in Richtung
Popitzweg deutlich
zu erkennen.
© Fotograf unbekannt, Quelle:
www.ansichtskarten-center.de
Ort konnte man in den vom
Wetter geschützten Bereichen
des Giebels tatsächlich Reste
eines blauen Anstrichs erkennen – ebenso an den Vorbauten für den Fahrstuhl. Demnach leuchteten die großen
Betonfliesen an den Giebeln
und am Fahrstuhl ursprünglich in einem satten Blau.
Doch dies verwitterte in den
vergangenen 60 Jahren fast
komplett. Genauso erging es
dem kräftigen Rot am Erdgeschoss, am Erker und den
Dachbrüstungen. Wie freundlich, lebhaft und bunt muss
das Gebäude damals gewirkt
haben? Geblieben sind davon
Grün- und Grautöne.
Blau verwitterte zu Grün
Bei der Sanierung des Hauses
vor ca. 25 Jahren orientierten
sich die Planer offenbar an
einer gewissen mehrfarbigen
Fassade, ohne jedoch die originalen Farben zu ermitteln
oder wiederherzustellen. Man
richtete sich nach Farben, die
man vorgefunden hatte. Doch
die waren über lange Jahre bereits verwittert. Zu sehen war
nur noch grünliches Grau
Auch für seine Atelierwohnung Heilmannring 66
wählte Hans Scharoun sattes Blau. Besichtigungen
über Mann-mit-Hut-Touren.de
© Christian Fessel
und gedämpftes Ocker sowie
eben jene blauen und weißen
Wimpel. Denen fehlte aber
der farbliche Bezug, da die
verwitterten Betonfliesen am
Fahrstuhlvorbau nicht wieder
blau gestrichen wurden.
Gelb ersetzt Blau
Bei der diesjährigen Instandsetzung an den Laubengängen war kein neuer Gesamtanstrich der Fassade vorgesehen. Die blauen Farbe am Giebel und am Aufzugsschacht
wiederherzustellen, erübrigte
sich. Damit fehlt auch der
Bezug zu Blau. Für die ehemals blauen Wimpel musste
ein neuer Farbton hergeleitet werden. Das Graugrün an
der Fassade wirkte dafür zu
fade. Dagegen schien der etwas muntere Ockerton an den
Wänden der Laubengänge geeignet, um daraus das kräftige
Gelb für die Wimpel abzuleiten – und somit die Fassade lebendiger zu gestalten. Manchmal ist Denkmalschutz auch
Detektivarbeit und kreativer
Umgang mit anderer Leute
Malkasten.
Daniela Gurlt / bearb G. Radev
Seit kurzem schmücken weiße
und gelbe Wimpel die Balkonbrüstungen
© Gudrun Radev
Denkmal Kirche Plötzensee
© Sebastian Rost / www.sebastianrost.com
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
13
Christi-Kirche. Sonntags übt
hier nun der bulgarische Kin
derchor „Scharena Gajda“
(Bunter Dudelsack). Wann im
mer möglich, umrahmen sie
musikalisch die Höhepunkte
der Gemeinde. Zum Jubiläum
wurde die Sound-Anlage er
neuert. Dafür spendete u.a. der
„Verein der Bundestagsfrak
tion Die Linke e.V.“
Bauarbeiten am Denkmal
50 Jahre
Gemeindezentrum Plötzensee
Blick in den denkmalgeschützten Altarraum der Kirche am Heckerdamm 226
Bereits ein halbes Jahrhundert
steht nun am Heckerdamm
das evangelische Gemeinde
zentrum Plötzensee. Eingeweiht wurde es am 28.11.1970
– genau 50 Jahre später wird
dieses Jubiläum mit einem
festlichen Gottesdienst gefeiert. Zu Beginn der 1960er
Jahre wohnten die meisten
Mitglieder der Gemeinde
noch in den benachbarten
Lauben-Kolo
nien. Erst nach
und nach wurden die Wohnblöcke der Paul-Hertz-Siedlung gebaut.
Kunst im Innenraum
Wer die Gedenkkirche Plötzensee zum ersten Mal betrachtet, wundert sich: ein
unscheinbares Gebäude ohne
Kirchturm, mit verwinkeltem
Durchgang und Außentreppe.
Auch innen gleicht sie nicht
anderen Kirchen, ist doch der
Altar direkt in der Mitte platziert. Die Gemeinde sitzt im
Kreis, beim Gottesdienst einander zugewandt. Genauso
war‘s beabsichtigt. Die künstlerische Gestaltung übernahm Alfred Hrdlicka und
schuf auf großen Holztafeln
die Totentanz-Zeichnungen.
Sie dienen dem Gedenken an
jene Menschen, die wegen ihres Widerstandes gegen den
Nationalsozialismus im nahe
gelegenen Gefängnis Plötzensee getötet wurden. Ein anderes Kunstwerk, die SalvatorStatue von 1485, gehörte ursprünglich zum FranziskanerKloster in Mitte.
Der Name als Auftrag
„2009 entstand im Gemeindezentrum ein ökumenischer
Ort zum Gedenken, Nachden-
Bei der Einweihung 1970 befanden sich
östlich der Kirche noch Gartenlauben.
© Archiv ev. Gemeindezentrum
ken, Lernen und Beten“, erläutert Pfarrer Michael Maillard.
Jeden Monat versammeln
sich Menschen zum Friedensgebet – zunächst in der katholischen Kirche „Maria Regina Martyrum“ nebenan,
um danach beim „Plötzenseer
Abend“ einem Vortrag zur Geschichte zu folgen.
Aktives
Gemeindeleben
Der Vater des Charlottenburger Bürgermeisters war hier
von 1963–83 Pfarrer. „Zu jener
Zeit verlief der Kurt-Schumacher-Damm noch als einfache
Hauptstraße“, erinnert sich
Reinhard Naumann an seine
Kindheit. Mit drei anderen Jugendlichen spielte er Theater,
„um die ältere Generation mit
Stücken aus deren Jugend zu
erfreuen“.
Tradition hat bei den Frauen
in der Gemeinde Handarbeit,
anfangs gab es sogar NähKurse. Heute treffen sich die
„Glorreichen Sieben“ don
nerstags (10 Uhr) und stricken,
was die Nadel hergibt. Bei Fes
ten verkaufen sie ihre Wollsa
chen für einen guten Zweck.
Viele Jahre probte hier der bul
garisch-orthodoxe Chor (gelei
tet von Borjana Velichkova),
wechselte dann in die Sühne-
Momentan ist die Kirche hinter einem Gerüst verborgen
und wird saniert. Von Anfang an wies der Neubau am
Heckerdamm ja etliche Mängel auf – vom Dach und Blitzableiter bis zur Außentür. Nun
ist es an der Zeit, den Aufbau
und das Dach inklusive der
Glasfläche und Träger zu erneuern. Die Kosten tragen das
Denkmalschutz-Sonderprogramm der Bundesregierung
und der Kirchenkreis.
„Ob das Geld für einen Anstrich der Fassade reicht, ist
noch offen“, erklärt Harald
Grün-Rath, zuständig fürs
Baugeschehen in der evange
lischen Gemeinde Charlottenburg-Nord. Die CoronaZeit wurde genutzt, um die
Toiletten zu erneuern. Später
müssen u.a. die alten Wegplatten im Hof ersetzt werden.
Noch ist viel zu tun...
Gudrun Radev
Quelle: Sonderheft Brückenschlag – Magazin der Ev. Kir
chengemeinde, September 2020
VERANSTALTUNGEN
26.11. 18.30 Uhr Plötzenseer Abend
mit Friedemann Graef, Saxophon &
Charlotta Bjelfvfenstam, Text (Bitte
anmelden: Tel. 3813478)
Ausstellung 50 Jahre Gemeindezen
trum und Offene Kirche: Mo 11–13,
Do 10–12 & 16–18 Uhr
„Plötzenseer Abend“ (17.12.; 28.1.,
25.2.2021) Friedensgebet & Vortrag
im Gedenkzentrum Plötzensee
„Abendzeit“ mit Texten, Musik & Medi
tation: 1. Sonntag im Monat (6.12.;
3.1., 7.2., 7.3.2021) 18 Uhr
Jugendclub Café Nightflight,
Di, Fr-So, 16–21 Uhr
14
Denkmalpflege in der Praxis
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Neue Pläne für die Infostation | Novi planovi za informacijsku stanicu
Am Goebelplatz, dem Schnittpunkt von Heilmannring,
Goebel- und Toeplerstraße,
ist sie nicht zu übersehen: die
Infostation Siemensstadt. Allein schon wegen der auffallend runden Ecke mit großen
Fenstern – ein typisches Detail
der Bauten des Architekten
Fred Forbát. Hier beginnt der
Rundgang durch die „Großsiedlung Siemensstadt“, auch
„Ringsiedlung Siemensstadt“
genannt. Sie ist Teil vom
UNESCO-Welterbe „Siedlungen der Berliner Moderne“,
zu dem sechs Berliner Siedlungen gehören, die – in der
Stadt verteilt – zwischen 1913
und 1934 gebaut wurden. Bedenkt man, dass sich von den
46 deutschen Stätten mit einem UNESCO-Welterbe allein
drei in Berlin befinden, haben
wir in unserer Nachbarschaft
ein außergewöhnliches Baudenkmal.
Die Fenster-Ausstellung „Stadt in
der Stadt läuft bis Jahresende.
Die Betreuung der Besuchergruppen und Führungen sind
Schwerpunkte der Infostation
Siemensstadt, die Thomas M.
Krüger seit 2011 betreibt. Er ist
Gründer von TICKET B, einer
Agentur, spezialisiert auf Architekturführungen. „Wir begannen vor 25 Jahren, als der
Potsdamer Platz noch Großbaustelle war“, erinnert sich
Krüger. „Damals interessierten sich viele für architektonische und städtebauliche Aspekte. Sie wünschten sich Erklärungen von Experten, die
etwas vom Bauen verstehen,
also aus dem Bereich Architektur und Stadtplanung. Seitdem bieten wir Architekturführungen in Berlin und weltweit an.“
Von 2015 bis Sommer 2020
war der Info-Pavillon als Atelier an den Fotografen Christian Fessel vermietet. Viele
kennen ihn sicher von seinen „Mann-mit-Hut-Touren“.
Auch für CHARLIE verfasste er
einige Artikel. Seit September
2020 übernahm Krüger das
Steuer wieder selbst.
Er hat verschiedene Ideen,
wie man das Thema Welterbe
breiter in die Bevölkerung vermitteln kann. In Zukunft sollen in der Infostation z.B. kooperative Projekte, Veranstaltungen und Workshops mit
benachbarten Charlottenburger Schulen stattfinden.
Derzeit läuft eine Ausstellung der Galerie „treppe b“,
coronabedingt im Schaufenster. Unter dem Motto „Stadt in
der Stadt“ werden Stil und Architektur-Konzepte der Ringsiedlung Siemensstadt mit
dem „Corbusierhaus“ vergli
chen. Dieses freistehende,
weithin sichtbare Hochhaus
an der Südseite vom Olympiastadion – Ende der 1950er
Jahre fertig gestellt – war ein
Novum des sozialen Wohnungsbaus ebenso wie die Siemensstadt 30 Jahre zuvor.
Text/Foto: WoDiWu
FÜHRUNGEN RINGSIEDLUNG UND SIEMENSSTADT
TICKET B: Anmeldung: www.ticket-b.de
Mann.mit.Hut.Touren: Termine über
www.mannmithuttouren.de
Denkmalpflege – das kannst auch Du! Préservation des monuments
Früher traf man bei Denkmalführungen überwiegend Senioren. Unser Verein „Denk mal
an Berlin!“ mit Sitz in Charlottenburg besteht seit 1990
und will auch Kindern und
Jugendlichen ein Bewusstsein
für das historische Erbe vor
der Haustür vermitteln. Seit
langem arbeiten wir mit dem
Bezirksmuseum zusammen,
machen in diesem Rahmen
Führungen und Workshops
zu Denkmälern.
Seit Herbst 2020 betreuen wir
die erste „Berliner Jugend
bauhütte“. 23 junge Leute
absolvieren dort ihr freiwilliges soziales Jahr und lernen
die theoretischen Grundlagen von Denkmalpflege ken-
schaft mit alten Handwerkstechniken zur Restaurierung.
Wieder andere steigen in die
Baugrube und helfen bei Ausgrabungen. Das Bauhüttenwesen gehört übrigens zum
UNESCO-Weltkulturerbe.
Unser Verein hinterlässt berlinweit viele Spuren: setzt sich
„Denk mal an Berlin“ ist beteiligt
an der Aufstellung solcher Denkmal-Tafeln. Leider gibt es immer
wieder Vandalismus.
nen. Einige arbeiten im Museum oder der Akademie der
Künste. Manche wählen den
praktischen Weg: machen
z.B. in Tischlereien Bekannt-
ein für das Aufstellen von
Info
tafeln an vielen Plätzen
oder für die Pflege der noch
erhaltenen Gaslaternen. Gesucht werden Interessierte,
die mitmachen oder spenden
wollen.
Lujain Lisa Ismael, Denk mal an
Berlin e.V., Kantstr. 106
„Denkmal
an Berlin!“
organisiert
Führungen für
junge Leute zu
Denkmälern
in der Nähe
ihrer Schule.
© Thomas Knoll
Mierendorff-INSEL, Rundgang – Teil 3 | Kunst
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Markante Kirchen auf der Mierendorff-INSEL
Wie in Charlottenburg-Nord,
wo alle drei Kirchen unter
Denkmalschutz stehen, prägen auch jene rund um den
Mierendorffplatz den Stadtteil auf besondere Weise. Setzen wir also unseren Spaziergang fort (siehe CHARLIE
8/9). Zu Zeiten von Corona,
in denen die Menschen verunsichert sind, Angehörige
verlieren und eher vereinsamen als zuvor, sind die Kirchen ein wichtiger Ort, wo
Trost gespendet wird, Mitgefühl zum Ausdruck kommt
und man wohltuend Gemeinschaft erlebt.
Als katholisches
Gotteshaus errichtet dient diese Kirch
heute der Mor-AfremGemeinde
Gedenktafel an der Herschelstr.
Denkmalschutz gestellt. Die
sogenannte Falt-Kirche weist
hohe Wände auf, ihr Dach
ähnelt einem Fächer. Der
markante, schmale Glockenturm misst 47 m!
Werte an der
Außenwand
Seit dem Sommer schmückt
das Hochhaus Delpzeile 14
in der Paul-Hertz-Siedlung
ein neues Wandgemälde. Geschaffen hat das 25 Meter
hohe Kunstwerk Christoph
Hässler – mit Künstlernamen
Stohead. Es ist sein bisher
größtes Gemälde überhaupt.
Wer genau hinschaut, kann
den Schriftzug Worth erkennen – zu Deutsch „Wert“. Dieses in Fachkreisen Mural genannte Werk entstand im
Rahmen des Urban-NationFestivals, das sich mit zeitgenössischer Kunst im Stadtraum beschäftigt.
Im Stil der neuen
Sachlichkeit
Die evangelische GustavAdolf-Kirche entstand 1934
nach einem Entwurf von
Otto Bartning und Pali Meller. Der ungarische, jüdische Architekt starb 1943 im
Zuchthaus. Die Kirche an
der Herschelstr. wurde im 2.
Weltkrieg stark beschädigt,
danach vereinfacht wieder
aufgebaut und 1957 unter
15
Die evangelische Gemeinde
ist eng mit unserer in Charlottenburg-Nord verbunden.
Neben Gottesdiensten, Gemeinde-Chor und Familiengarten versammelt sie den
Nachwuchs in verschiedenen Gesangsgrupppen. In
diesem Jahr können Familien ab 1.12. Überraschungen
im Online-Adventskalender
anklicken. Die Gemeinde
hofft sehr, dass sie die Gottesdienste zu Weihnachten
trotz Corona feiern darf. Aktuelle Infos dazu auf www.
gustav-adolf-gemeinde.de
Treffpunkt der syrischorthodoxen Gläubigen
An der Mindener Str. 1, Ecke
Mierendorffplatz steht die syrisch-orthodoxe Kirche „Mor
Afrem“. Erbaut wurde die ehemals katholische Kirche Mariä Himmelfahrt von 1964–
66 aus rot-braunen holländischen Ziegeln, Sicht-Beton
und Glas. Architekt war Alfons Boklage. Der 33 m hohe,
weithin sichtbare Glockenturm ist mit 600 kleinen farbigen Fenstern besetzt.
Die seit 2008 hier wirkende
syrisch-orthodoxe Gemeinde
stammt aus Antiochien/ Sy
rien. Ihre Wurzeln reichen
weit zurück bis ins 3./4. Jh.
Sie zählt somit zu den ältesten
christliche Gemeinden welt
weit. Beheimatet ist sie auch
in anderen Ländern des Na
hen Ostens: in der Türkei, im
Irak, Iran und Libanon. In der
Liturgie nutzt man bis heute
einen Dialekt der aramäi
schen Sprache. Gudrun Radev
Das URBAN NATION Museum
wiederum ist eine Initiative
der gemeinnützigen Stiftung
Berliner Leben, gegründet von
der Gewobag. Die Gewobag
will damit den kreativen Austausch zwischen Kunstschaffenden und der Mieterschaft
in den Berliner Kiezen fördern.
Stohead fragt mit seiner Kunst:
Was sind Deine Werte? Anlass
und Zeit, darüber nachzudenken, haben wir ja im Moment
genug…
16
Ideen für den INSEL-Rundweg
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Bauabschnitte um die Mierendorff-INSEL
Drei Monate lang konnten Berliner die vom Planungsbüro SWUP vorgelegten Entwürfe für den INSEL-Rundweg
kommentieren und ergänzen – online oder im Kiezbüro der DorfwerkStadt, Mierendorffstraße 6. Was ist eigentlich geplant?
Jakob-Kaiser-Platz
e
ück
hbr )
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Unt eitigu
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Mess- und Infopunkt
Laufstrecke
Info
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Aussichtspunkt
Sitzmöglichkeit
frei nutzbare Fläche
ohne Hundeauslauf
Info
Tege
Olbersstraße
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g
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freier Ü
barriere V
PN
Ö
zum
ße
Gleich daneben entsteht für
Jogger eine Zeit-Mess-Station,
denn dort beginnt die 5-kmLaufstrecke. Die wird z.T. getrennt in Fuß- und Radweg.
Noch ist unklar, ob und wann
der Aufstieg zur Eisenbahnbrücke über die Spree in Höhe
Olbersstraße barrierefrei sein
wird.
tra
Olberss
H
Spree
Gemeindehaus
Gustav-Adolf-Kirche
Bra
hes
r Weg
Tegele
Trennung von Radund Fußweg
Schlosspark
traß
e
Als „INSEL-Blickfang“ wird
die nordwestliche Spitze der
Mierendorff-INSEL bezeichnet.
Ein Geheimtipp ist die schöne
Aussicht auf die Charlotten
burger Schleuse gegenüber.
Blick zum Schlösschen
Belvedere
e
Blickbeziehungen
Hersc
helstr
aß
Info
Um der Bevölkerung in der
Nähe zu ihrer Wohnung Grün
und Erholung anzubieten,
wird an der INSEL-Spitze das
Auslaufgebiet für Hunde aufgehoben. Hier entsteht ein
Treffpunkt für alle – sowie eine
Fläche für Sport und Bewegung. Unter der Mörsch-Brücke soll es eine Licht-KunstInstallation geben, sodass die
Unterführung belebt und gut
beleuchtet wird.
H
neuer Fußgängerüberweg
Beobachtungspunkt
Schlosspark
INSEL
neue Bepflanzung
barrierefreier
Aussichtspunkt
Tegele
neuer Fußgängerüberweg
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traß
e
aße
den
Ziel: Podest und
Schiffsanleger
barrierefrei
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Min
Blickbeziehungen
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Beobachtungspunkt
Flora und Fauna
Weithin sichtbar ist an dieser
Stelle ein Kunstwerk als neues
H
Wahrzeichen
geplant.
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Belvedere
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Kunstobjekt
mit Strahlkraft
Erhalt Grüngürtel zur
Reduzierung von Lärm /
neue Gehölze
© SWUP / bearbeitet B. Gericke
Eisenba
nal
nka
thafe
Wes
e
rück
chb
Mülleimer und barrierefreie
Wege verbessern die Aufenthaltsqualität. Am grünen
Gürtel beim Übergang zum
Tegeler Weg ist geplant, diverse Sträucher zu pflanzen,
um den Verkehrslärm zu mindern. In Richtung Wasser wird
die Vegetation in der Höhe gekürzt und damit der Blick frei
zur Spree und zur Schleuse
Charlottenburg. Fest eingeplant ist die Erweiterung des
beliebten Piraten-Spielplatzes.
U
Mors
Sie soll zum „INSEL-Schmuckstück“ werden: Die westliche
Seite der Mierendorff-INSEL
– von der Sonne beschienen,
mit Blick auf den Schlosspark
am anderen Ufer. Dafür werden die teils geneigten Ufer
ausgeglichen und direkt am
Wasser Podeste gebaut. Sie laden dann ohne Barriere zum
Verweilen ein. Das Ufer wird
mit langlebigen Sträuchern
begrünt und erhält so mehr
Stabilität. Neue H Sitzbänke,
Info
Piratenspielplatz
neu / Mess-Station
Geprüft wird, ob der Aufstieg zur Eisenbahnbrücke barrierefrei werden könnte: So gäbe es einen bequemen Zugang zum Schlosspark, den
sich viele seit Jahren wünschen.
In eigener Sache | Post an CHARLIE
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
17
CharLiE
CharLiE
CharLiE CharLiE CharLiE
CharLiE
AUSGABE 2
WINTER 2018/2019
Kostenlos: Zeitung für den Stadtumbau im „Charlottenburger Norden“
g für den Stadtumbau
Kostenlos: Zeitun
im „Charlottenburger
Norden“
AUSGABE 1
SEPTEMBER 2018
Kostenlos: Zeitung
g für den Stadtumbau
Kostenlos: Zeitun
Kostenlos: Zeitung
für den Stadtumbau
rger Norden“
im „Charlottenbu
im „Charlottenburger
Gesund
bleiben
für den Stadtumbau
Norden“
im „Charlottenburger
AUSGABE 4
SOMMER 2019
Norden“
Kostenlos: Zeitung
AUSGABE 6
WINTER 2019/2020
für den Stadtumbau
Richtfest in der Jungfern
AUSGABE 3
FRÜHJAHR 2019
im „Charlottenburger
heide! Der Wald-Ki
ndergar ten – aus
Norden“
Holz gebaut – eröffnet
Bildung
Erholen
AUSGABE 5
HERBST 2019
im Sommer 2020
Arbeiten
Seiten 2-5:
Neue Schulen und Kitas
Das Familienzentrum
Seite 3:
im Stadtumbau
Ziele & Vorhaben
conversation of city
auen
Die Stadt weiterb
Seite 10:
Ein Hund namens …
boş zamanını kullan
vis ton temps libre
Verkehr
жилвого района
Seite 11:
sich vor
Paul & Lotte stellen
авят.
Паул и Лоте се предст
rn“
„Wir sind Ihre Nachba
Seite 15:
„Charlie“ gibt Rat
Çarli öğüt veriyor
n im Stadtteil
Hier finden Sie Adresse
Ein neues
Seite 2–3:
Zentrum Halemw
eg: Das Gutachterverfahren startet
Център Халемвег:
процедури започвЕкспертни
ат
der
eg, hier im Blick
Zentrum am Halemw
Da waren es schon 10…
Seite 2–5:
weg
Zentrum am Halem
eg
središte na ulici Halemw
Dank der treuen Leserschaft
wird CHARLIE auch in den
kommenden Jahren erscheinen. Die kostenlose Zeitung
startete im Sommer 2018 auf
Initiative des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf: Dessen
Wunsch ist es, Anwohnende,
Akteure und Interessierte aus
der näheren Umgebung über
die zahlreichen Umbauten in
Beraten
,
Zu Fuß, per U-Bahn
Seiten 6-7, 10–11:
Verkehr, Sicherheit
und Sauberkeit
Seite 14:
Mach ’was aus Deiner Freizeit!
7)
…
Seitehívják
a kutyát
Nowe szkoły i przedszkole
r-Damm (Mehr auf
câinele este chemat
Ecke Kurt-Sch
для
садыumache
новые
242 / детские
amm
Jungfernheide, Heckerd
Mobil durch den Kiez:
ihren Kiez (Mehr auf den Seiten 6 und 15)
Spor t
Seite 4–5:
Zentrum Halemw
eg: Das Stadtteilzentrum als Treffpu
nkt
Centrum sąsiedz
3–6jako
s – siehe Seitetwa:
miejsce
spotkań
heutige Bildungscampu
Bus, Rad oder Auto
Seite 8-9:
Planungen und Visione
Wohnen
n im Umfeld
Tom Dinter, TXL GmbH
Einkaufen
Modell des Grünzugs Halemweg: Kinder und Jugendliche planen
Begegnen
Alles im
Zentrum
Seite 10-13:
Jungfernheide: Ein
Park für alle
herkes için bir park
eiden mit – am 29.
Seite 2–7:
Jungfernheide: Der
Park mit
vielen Überraschunge
n
The parc full of surprise
s
und um Charlottenburg-Nord
auf dem Laufenden zu halten.
Seite 3, 6, 11:
Anna-Freud-Schule
училище Ана Фройд
Seite 12–13:
Bürger aktiv im Kiez
Zentrum Halemw
eg: Bürger entsch
Seite 12–13:
ark
Aufbruch im Volksp
do povo
partida no parque
Die Redaktion möchte zudem
dazu beitragen, dass die Nachbarschaft stolz auf ihren Stadtteil ist. Deshalb richtet die –
inzwischen aus acht Mitgliedern bestehende – Redaktion
den Blick auf die Besonderheiten, auf die Bausubstanz, die
Geschichte und Menschen,
die hier leben.
August, 17.30 Uhr
Seite 8–9:
Zentrum Halemw
eg: Architekturbüros erarbeiten Vorsch
läge
Des cabinetes d'archit
élaboront des proposiecture
tions
Stadtteilzentrum
Seite 14:
Nachbarn im Ehrena
mt
Социальная активность наших соседей
Danke, dass Sie liebe Leserinnen und Leser, nach wie vor
viele Briefe schreiben, E-Mails
oder Fotos schicken. Besonderer Dank gilt den über 30 Einrichtungen, Apotheken und
Arztpraxen und Geschäften,
die CHARLIE bei sich kostenlos auslegen, selbst wenn im
Moment die Lage kritisch ist.
Die Zeitung finden Sie außerdem in den drei roten Boxen
im Stadtteil: an der Passage
Heckerdamm, am U-Bhf. Halemweg und am STZ, Halemweg 18. Im Stadtteilzentrum
hängt der Briefkasten der Redaktion. Auf Nachfrage bekommen Sie noch Rest-Exemplare von allen Ausgaben.
Ihre Redaktion
Post an Charlie
Zwei Jahre für eine
Beleuchtung?
Schon 2018 stand in CHARLIE,
dass der Weg zur Kita der Jung
fernheide Lampen erhält und
eine Schranke am Halemweg.
Inzwischen ist die Kita offen,
doch wo sind Schranke und
Licht? Als häufiger Spazier
gänger beobachte ich, wie Be
schäftigte mit schlechtem Bei
spiel voran gehen und mit
dem Privatwagen oder Motor
rad hineinfahren. Der Park ist
doch eine geschützte Grünan
lage, oder?
Jürgen Köhn
Sie haben recht, CHARLIE berichtete zweimal darüber. Zuletzt hatte das Bezirksamt eine
Fertigstellung Anfang 2020
in Aussicht gestellt. Doch die
Entscheidung, welcher Typ
von Lampen aus Sicht des
Denkmalschutzes zum Park
passt, verzögerte sich. Manche Modelle waren nicht lieferbar, andere Leuchten zu
hell für die Tiere. Durch Corona verzögerte sich die Lieferung bis Ende Oktober. Wenn
bald auch die Poller im Betrieb sind, werden nur noch
berechtigte Fahrzeuge hineinfahren dürfen. Bianka Gericke
Warum eine Nachverdichtung am Heinickeweg?
Nicht nur ich, sondern auch
meine Nachbarn denken, dass
CHARLIE eine gute Zeitung ist,
aber Sie berichten immer nur
Positives! So lobten Sie zwar in
der Ausgabe 8 das viele Grün,
aber eine wirklich grüne Oase
ist in Gefahr: nämlich unser
Innenhof zwischen Heinickeund Halemweg. Gerade im
Sommer ist der Blick aus dem
Fenster eine Wohltat. Doch
nun wollen die beiden Woh
nungsgenossenschaften den
Hof zubauen und 40jährige
Bäume opfern – für ziemlich
wenige Wohnungen. Den Plan,
am Heckerdamm zu bauen, hat
Der grüne Innenhof zwischen Toeplerstraße,
Heinicke- und Halemweg.
man scheinbar verworfen, ob
wohl dort nur kranke Bäume
stehen. Wissen Sie, dass unser
Block unter Denkmalschutz
steht? Hier nachzuverdich
ten – was ist daran positiv?
Andreas Schwartz
Danke fürs Lob. CHARLIE befragte dazu beide Wohnungsbaugenossenschaften:
Wir wollen im Frühjahr (Covid-19-bedingt) unsere Mitglieder weiter in das Vorhaben einbinden. Vorab im
CHARLIE darüber zu schreiben, wäre ihnen gegenüber
nicht fair.
BERLINER BAUGENOSSENSCHAFT, Jens Kahl
Bevor wir an die Presse gehen,
möchten wir unsere eigene
Beteiligung der Bewohner im
Frühjahr 2021 durchführen.
Erst danach werden wir die
Öffentlichkeit informieren.
Charlottenburger Baugenossenschaft, Carsten-Michael Röding
18
Post an CHARLIE
Der Linienverlauf lässt sich
wenig ändern, weil die Straßen in Charlottenburg-Nord
zu schmal sind für zusätzliche
Busspuren. Generell werden
diese von der Senatsverwaltung für Verkehr nur bewilligt,
wenn mindestens 9 Fahrten je
Stunde im Fahrplan stehen.
Der Bus durch den Kiez
In Ausgabe 9 fragte Monika
Haleck, warum der Bus 123
oft zu spät kommt. Hier ist die
Antwort der BVG.
Wir kennen das Problem. Bei
Stau auf der A111 sind Anliegerstraßen verstopft. Wir kürzen dann Linien, um Verspätungen wieder aufzuholen.
Zur Unpünktlichkeit tragen
im Kiez die Zweite-Reihe-Parker bei und leider jene Müllfahrzeuge, die auf den engen
Straßen nirgendwo anders
halten können.
Ein generell kürzerer Takt
beim 123er Bus ist unwahrscheinlich. Statistisch reicht
der Abstand von 20-Minuten
sogar im Schüler- und Berufsverkehr. Wir würden häufiger fahren, aber unsere Flotte
ist begrenzt. Alle verfügbaren Busse sind verplant, sodass wir nur dort verkürzen,
wo diese besonders voll sind.
Die Situation in Charlottenburg-Nord entspannt sich gerade. Seit Corona und nun erst
recht mit der Schließung von
Tegel sinkt der Verkehr auf
den stauanfälligen Abschnitten Kurt-Schumacher- und
Saatwinkler Damm sowie auf
der Beusselstraße. Wir verbessern den Fahrplan für Linie
123: Zwischen U-Bhf. Turmstraße und Stieffring kommt
der Bus jetzt alle 10 Minuten.
Mit der veränderten Linie 142
schaffen wir Erleichterung auf
der Lehrter Straße, wo sich oft
Staus bilden.
Ab Jakob-Kaiser-Platz fährt der
Bus 109 künftig nur noch von
6–22 Uhr und alle 20 Minu
ten. Positiv ist, dass dort das
Jelbi-Angebot gut funktio
niert und die Nutzerzahlen
stetig steigen. Wir sind mit
der Resonanz zufrieden. Vo
ran geht es auch am U-Bahn
hof Halemweg. Der zweite
Ausgang hat jetzt auch ein
Dach. Die Arbeiten an der
Schalterhalle in den Betriebs
räumen dauern noch ein Jahr.
Markus Falkner, Pressesprecher
BVG
Eigenes Gemüse und Kaffee-Treff im Hof
„Generationenübergreifendes, multi-kulturelles, sozialökologisches Gärtnern“: Der
etwas lange Name half unserem Projekt, die erste Hürde
zu nehmen.
Corona zeigte deutlich: eine
grüne Oase am Haus kann
vieles wettmachen. Nicht
alle wollen gleich einen Garten. Trotzdem möchten manche Familien auf kleiner Fläche Gemüse anbauen. Der
Wunsch kam in erster Linie
von unseren ausländischen
Nachbarn. Und so unterbreiteten wir als AG Grün des Mieterbeirates den Vorschlag, in
der Hofackerzeile rund um die
Wildblumenwiese sechs Beete
á 10 m2 dafür bereit zu stellen.
Bei einer Begehung des Mieterbeirates kam diese Idee bei
der Gewobag gut an. Die AG
Grün erarbeitete ein Konzept
und suchte Interessenten. Da
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
Corona, Schule & Lärm
Im Heft 9 berichtete CHARLIE
über den schleppenden Fortgang der Abriss-Arbeiten der
Poelchau-Schule. Wie schwierig Unterricht in der benachbarten Anna-Freud-Schule ist,
schrieb uns eine Schülerin.
Inzwischen sind Dialoge
wie dieser Alltag: „Könnten Sie das bitte wiederholen? Ich habe nichts verstanden. Hier ist es laut und ihre
Stimme klingt dumpf unter
der Maske.“ Bittender Ton der
Mitstreiterin: „Sie hat recht,
man versteht nichts. Können
wir die Fenster schließen?“
„Das dürfen wir nicht, wegen Corona. Wenn es zu laut
ist, setzen Sie sich um.“ „Es ist
nicht nur laut, sondern kalt,
und das überall. Warum müssen diese Bauarbeiter auch
gerade jetzt arbeiten?“ [Überflüssige Frage, diese können
doch nichts dafür, dass direkt
neben unserem Klassenraum
eine Schule abgerissen wird.]
„Können wir in einen anderen Raum gehen?“ „Nein, alle
sind besetzt. Wegen Corona
konnten viele nicht ins Praktikum und jetzt ist die Schule
überfüllt.“
[… Wunderbar, den ganzen
Winter Unterricht neben einer Baustelle bei offenem
Fenster mit Maske… Bald haben alle – Lehrer und Schü-
bewarben sich fast ausschließlich Mütter mit Kindern. Bis
zur Garten-Saison treffen sich
die Familien und planen die
Bepflanzung. Im Frühjahr
geht es dann richtig los.
Der neue Gemeinschaftsgarten erhält einen Zaun und
Hochbeete. Finanzielle Hilfe
für Erde, Geräte, Hochbeete
und Zaun kommt von der
Gewobag. Um eine Terrasse
vor dem AWO-Gebäude wird
noch gerungen. Wenn diese
gebaut werden darf, soll sie
ler – Halsschmerzen wegen
der Kälte und des lauten Sprechens. Egal, wir bereiten uns
sowieso wieder auf Homeschooling vor – von mir aus
gern. Ehrliche Meinung? Gefühlt passen Computer und
Lehrer nicht immer zusammen. Ich finde es zuhause weniger anstrengend: ich kann
Blick aus dem Klassenraum auf
die Baustelle Poelchau-Schule
ausschlafen, habe warme
Hände, keine Klausuren und
weniger Unterricht. Doch
nächstes Jahr sind Abschlussprüfungen. Ob ich je diesen
ganzen Stoff brauche, den wir
jetzt in den wenigen PräsenzWochen behandeln?…]
„Wollen Sie meine Frage nun
beantworten? Oder muss ich
annehmen, dass Sie dem Unterricht nicht folgen?“ Ich
wünschte, Corona wäre nur ein
böser Traum und die AbrissSchule über Nacht fortgeflogen.
Cristina Sailer
nämlich für die Gäste der
AWO zugängig sein. Interkulturelle Nachmittage mit
Kaffee und Kuchen sind angedacht oder gemeinsames
Kochen mit Früchten aus der
eigenen Ernte. Dafür würde
die AWO ihre Küche und Toiletten öffnen.
Ein weiteres Plus: der in letzter
Zeit oft verwaiste Spielplatz
würde wieder genutzt und die
Eltern hätten beim Gärtnern
ihre Kinder im Blick.
Peter Krug
Die Kiezkneipen: As a guest in the Pub
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
19
Zu Gast im zweiten Wohnzimmer
Gerade jetzt über die wieder
geschlossenen Kneipen im
Kiez zu schreiben, ohne selbst
zu rauchen und Bier zu mö
gen, klingt absurd. Doch die
Menschen, die die Autorin
beim „Kneipenbummel“ traf,
sind es wert. Nun also wid
met CHARLIE den Schank
wirtschaften, wie sie amtlich
heißen, eine ganze Seite. In al
len Lokalen weckt sofort Sym
pathie, wie zugewandt das
Personal hinterm Tresen ist.
Stammkunden werden mit
freundlichem Nicken begrüßt
und das erste Bier steht unge
fragt schnell auf dem Tisch.
Wenn Hertha spielt…
Zuhören und aufmuntern
…steppt hier überall der Bär:
im „Eckchen“, in „Brinks
Treff“ am Heckerdamm und
im „Stammtisch“ am Heilmannring. Da wird der mobile Grill auf der Terrasse angeheizt, der Fernseher mit
dem Lautsprecher gekoppelt und der Zapfhahn auf
Dauerbetrieb gestellt. „Dann
herrscht manchmal noch
Ähnliche Sorgen kennt auch
„Maggi“ vom Stammtisch:
„Viele sind einsam. Ich höre
ihnen einfach nur zu und
versuche, sie abzulenken, bis
sie wieder lächeln.“ Dabei
plagt sie selbst gerade riesiger
Kummer. „Corona hat uns
Gastwirten einen Schlag versetzt. Das werden wir nicht
lange durchhalten“, bedau-
nach dem dritten Bier spürbar rauer – etwa, wenn über
die angeblich „zu vielen Ausländer“ gewettert wird. Dieselben Raubeine verteidigen
im nächsten Moment jedoch
das friedliche Miteinander,
die Gemütlichkeit ihrer Siedlung und loben den wunderbaren Baumbestand im Kiez.
Überhaupt haben viele Gäste
Interessantes zu erzählen.
Mit dem ganzen
Herzen dabei
„Erst reinkommen lassen,
dann zuhören und ein paar
aufmunternde Worte sagen.“
Das mache einen guten Wirt
aus, meint Jürgen Götze vom
„Eckchen“ am Goebelplatz.
Er hat das versteckt liegende
Lokal Anfang 2019 übernommen und doch schon als
„zweites Wohnzimmer“ für
die Stammgäste etabliert. Geöffnet ist normalerweise ab
8 Uhr morgens! Eigentlich
müsste der pfiffige Inhaber,
der mit seinen beiden Berufen
(Koch und Kellner) die Branche aus dem Effeff kennt, als
Rentner schon lange nicht
mehr arbeiten.
Das „Eckchen“ soll das letzte
Lokal sein und dient gleichzeitig als Galerie für seine
wertvolle Spiegelsammlung.
Bald wird die Tochter den
Laden ganz übernehmen.
Ihn reizte in diesem Kiez die
Ruhe und bemerkenswerte
Architektur: „Wer hat schon
eine Kneipe im Weltkulturerbe?“ Das habe jedoch auch
Schattenseiten, denn bauliche Veränderungen seien so
gut wie tabu, eine eingeworfene Glasscheibe zu ersetzen,
koste ein Vermögen.
Die zweiten Wohnzimmer: Maggi vor ihrem „Stammtisch“, das „Schultheiss“ am Halemweg, „Brinks Treff“
in der Passage Heckerdamm und „Unser Eckchen“ am Goebelplatz (im Uhrzeigersinn)
die gleiche Stimmung wie
früher“, meint Petra vom
„Schultheiss“ am U-Bhf. Halemweg. Bei Heimspielen kämen auch Leute von außerhalb. Jede Spielszene würde
noch tagelang diskutiert.
Sonst bliebe man eben unter sich, trinke sein Bier: im
Sommer auch mal selbst gemachte Sangria, im Winter
gern Bockbier. Sie weiß, was
ihre Stammkunden lieben.
„Wenn Ältere längere Zeit
nicht kommen, rufe ich sie
an. Man macht sich ja Sorgen, ob alles in Ordnung ist.“
ert die gebürtige Polin, seit 13
Jahren Inhaberin. Als sie von
ängstlichen Nachbarn berichtet, die sich kaum noch
auf die Straße trauen, rollt
eine Träne über ihre Wange.
„Das tut mir leid, denn die
meisten gehören ja fast zu
meiner Familie.“
Unter herrlichen Platanen
Etwas lebendiger als am
Heilmannring geht es zu
bei „Brinks“ in der Passage.
Dort treffen sich überwiegend Männer. In manchen
Gesprächen wird der Ton
Sie kichern über eigene Kinderstreiche, berichten mit
Stolz von ihrem Job bei Siemens und verknüpfen Kiezgeschichten mit denen ihrer
Familien. Diese Zeitzeugen
zu befragen, wäre eine lohnende Aufgabe.
Bianka Gericke
• „Unser Eckchen“, Goebelplatz/Geitelsteig
• „Schultheiss im Zentrum“,
Halemweg 17
• „Zum Stammtisch“, Heilmannring 28
• „Brinks Treff“, Heckerdamm
225, Passage
TERMINE
20
CharLiE 10 | Winter 2020/2021
© Gudrun Radev
Das Stadtteilzentrum feierte im September sein fünfjähriges Bestehen.
Hier ein Foto-Rückblick als Mutmacher für 2021.
Es ist Montag–
Freitag ab 10 Uhr
erreichbar.
Bleiben Sie gesund!
Viele Termine finden online statt, Beratungen sind persönlich möglich. Bitte telefonisch oder per E-Mail anmelden, Stand: November
BERATUNG mit Anmeldung
Di, Beratung bei Schulden,
Tel. 9029 25260,
Sprechstunde Seniorenvertretung
Tel. 313 46 47, mhalten@t-online.de
Di, Unterstützung Hartz IV / Grundsicherung: STZ, Tel. 9029 25260
Di /Do 10-12 Uhr Sprechstunden
der Kiezmütter & Kiezväter, STZ
Mi, 10–14 Uhr Sprechstunde PflegeStützpunkt, Tel. 3385364-910, STZ
Do, Beratung zur Rente,
Tel. 0179-4284231
Do, 15 Uhr, Beratung Mietrecht, STZ
Fr, 10 Uhr, Mobiles Schreib-Büro, STZ
TREFFS MIT NACHBARN
Treff vorm STZ: Auf der roten Bank …,
Di 10 Uhr | Runde um den Block, Do
14 Uhr | Spazieren in 2er Gruppen, Di
14 Uhr | Radtour Fr 10 Uhr
Mo, 10–12 Uhr Online: Plauschen
und Handarbeit mit Margot
Di, 12–15 Uhr Computer-Kurs mit
eigenem Laptop AWO
Mi, 10 Uhr Online „Fit im Kopf“:
Gedächtnistraining mit Margot
… FÜR FAMILIEN
Do, 15.30 Eltern-Kind-Sport, für Kinder 3-4 Jahre, Familienzentrum
Do, 16.30 Abenteuer Bewegung, für
Kinder 4-6 J., Familienzentrum
… IN DEN GEMEINDEN
Mo-Fr, 10–18 Uhr Offenes Foyer,
Sühne Christi
Mo+Do 14–16, Di+Fr 14–18 Uhr,
Offene Bibliothek
Mo 11–13, Do 10–12 + 16–18 Uhr
Offene Gedenkkirche Plötzensee
So., 13.12., 12–14 Uhr Spaziergang: Charlottenburg – Vom Dorf
mit Schloss zur bürgerlichen Groß
stadt“, Treff Villa Oppenheim
Sa, 28.11., 17 Uhr, Gottesdienst
50 Jahre Gemeindezentrum, Tel.
3813478, Ev. Gedenkkirche
Sa, 5.12., 6.2.2021, 10–13 Uhr
Führung auf dem Pfad der Erinnerung – mit Pf. Michael Maillard, Treff
Sühne Christi, Tel. 3813478
So, 6.12., 11 Uhr, Familien-Gottesdienst zum Nikolaus, Sühne Christi
So, 13.12. 14 Uhr, Advents-Gottesdienst mit Bläser & Kinderchor,
Sühne Christi
Klaus kräht und erwartet Neugierige
zu beobachten. Beliebt sind
auch Basteleien mit Kastanien, Zweigen oder Stroh.
Klaus mit seiner Freundin, der
Henne Uschi
Klaus, der stolze Hahn, ist
hier der Chef, in der „Erlebniswelt Tier und Natur“ im
Volkspark
Jungfernheide.
Alles fing 2015 mit ein paar
Ziegen an. Heute kommen
20.000 Gäste pro Jahr, darunter Familien, Kinder- und
Seniorengruppen. Man feiert hier Kindergeburtstag
oder trifft sich mit Kollegen,
um die Ziegen, Hühner, Enten, Kaninchen oder Meerschweinchen zu füttern und
Die dafür nötigen Ställe und
Gehege sowie die Bienenstöcke wurden nach und nach
über Spenden und Zuwendungen finanziert. Dank des
großen Engagements der
Mitarbeitenden gibt es zudem Hütten für Futter, Heu
und Stroh, einen Spielplatz
sowie Hochbeete und Blumenrabatten. Gepflegt wird
alles von den Angestellten
der Träger (abw e.V. und ajb
KULTUR
bis 21.3. Ausstell. Wohnverhältnisse,
„Charlottenburg-Wilmersdorf und die
Wohnungsfrage“, Villa Oppenheim
Ausstellung „Ringsiedlung im Vergleich Le Cobusier“, S. 14,
Infostation
Ausgewählte Kiez-Adressen
Arbeiterwohlfahrt AWO Hofackerzeile 1
Bibliothek, Halemweg 18
gGmbH) sowie von jungen
Menschen mit sozialen oder
psychischen
Beeinträchtigungen.
Und Hahn Klaus ist immer
zur Stelle, hat sich längst mit
den neuen Nachbarn vom
Kindergarten Erlebniswald
angefreundet. Auf deren
weitläufigem Gelände sollen,
wenn möglich, schon 2021
Alpakas grasen. Ein Besuch
bei Klaus lohnt sich auch im
Winter. Geöffnet ist Dienstag
– Sonntag ab 10 Uhr.
Reinhold Kolkman-Weisel, ajb
Ev.Gedenkkirche Plötzensee,
Heckerdamm 226
Erlebniswelt Tier & Natur
Volkspark Jungfernheide
Familienzentrum Jungfernheide,
Heckerdamm 242
Hochseilgarten (Winterpause)
Infostation Siemensstadt, Goebelstr. 2
Jugendclub JC Heckerdamm 210
Jugendclub JC Halemweg 18
JC Café Nightflight, Heckerdamm 226
Kath.Gedenkkirche, Heckerdamm 230
Kiezstube R
eichweindamm 6
Stadtteilzentrum STZ, Halemweg 18
Sühne-Christi Ev. Gemeindezentrum + Diakonie, Toeplerstr. 1–5
Villa Oppenheim, Schloßstr 55
Impressum:
Herausgeber: Bezirksamt Charlotten
burg-Wilmersdorf, Sozialraumorien
tierte Planungskoordination (SPK),
Doris Leymann, Goslarer Ufer 39,
10589 Berlin, © November 2020
V.i.S.d.P.: Dipl.-Journ. Bianka Gericke
Tel. 4208 6812, 0177-539 7083, Re
daktion Charlie, Halemweg 18, 13627
Berlin, redaktion@charlie-berlin.org
Abbildungen, falls nicht anders
gekennzeichnet: LayoutManufaktur
Redaktionelle Mitarbeit: Gudrun Radev,
LayoutManufaktur; Jörg Schulenburg,
Stadtteilkoordination; Kerstin Semrau,
Stadtteilzentrum; Hannelore Kamwa;
Monika Haleck, Peter Krug, Mieterbei
rat Gewobag; Patricia Spengler, Fach
bereich Stadtplanung; Nadine Fehlert
von Jahn, Mack & Partner – Gebiets
beauftragte Fördergebiet
Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend
und Familie
Die Zeitung erscheint ohne gewerbliche
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Charlottenburg-Wilmersdorf
Gesamtauflage: 5.000, kostenlos
Redaktionsschluss Ausgabe 11:
30. Januar 2021