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Full text: Charlie (Rights reserved) Ausgabe 10.2020 (Rights reserved)

CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Kostenlos: Zeitung für die Nachhaltige Erneuerung im „Charlottenburger Norden“ AUSGABE 10 WINTER 2020/2021 Planen, Bauen und Leben im Denkmalschutz Seiten 2–7 Wir sind auf einem guten Weg Seiten 8–9: Siemensstadt im Aufbruch Seiten 10–14: Denkmalschutz und Erneuerung Ние сме на добър път A ciade de Siemens no despertar Anıt koruması 2 Hinter dieser Tür Liebe Leserinnen, liebe Leser! am Ende eines Jahres zurück- und nach vorn zu schauen, ist ein wiederkehrendes Ritual. Doch nach einem Jahr wie diesem? Lassen Sie uns es so formulieren: Der Lockdown nervt und manche trifft es wirklich hart; gesundheitlich oder beruflich. Das ist bitter. Andererseits ist das Glas nicht so leer, wie es scheint. Wir haben Neues gelernt: Masken im Alltag oder Homeoffice. Auch, wie man mit Abstand Interviews führt, Kontakt zur Nachbarschaft beibehält und Bauarbeiten fortsetzt. Das Förderprogramm „Nachhaltige Erneuerung“ (bisher Stadtumbau) jedenfalls kann trotz einiger Verzögerungen auch im 4. Jahr seit seinem Start im Charlottenburger Norden einiges vorweisen. So wie „CHARLIE“: Die Zeitung ist den Kinderschuhen entwachsen und wird weiter über bauliche Veränderungen in diesem bemerkenswerten Ortsteil berichten. Bemerkenswert? Wir jedenfalls staunen nach wie vor über das grüne Umfeld, die lauschigen Plätze am Wasser und die Vielfalt der Bausubstanz. Dass hier viele Gebäude zum UNESCOWeltkulturerbe gehören und sogar der Volkspark unter Denkmalschutz steht, wissen in Berlin die wenigsten. Aber ist Denkmalschutz Grund genug, notwendige Instandsetzungen zu verschieben? „Nicht unbedingt“, meint Daniela Gurlt von der Unteren Denkmalschutzbehörde. Über den Spagat zwischen Bewahren und dem Wunsch, etwas Neues zu schaffen – in einer wachsenden, vom Klimawandel betroffenen Stadt –, sprachen wir mit ihr bei einer Tasse Kaffee (natürlich draußen). Pläne für „Neues“ liegen inzwischen auf dem Tisch. Für das Gebietszentrum Halemweg wurde ein Sieger-Entwurf ausgewählt. In der Spandauer Siemensstadt lief die Beteiligung für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept sowie für den Bebauungsplan für die Siemensstadt 2.0. Für die Mierendorff-INSEL wurde die Planung zum Rundweg vorgestellt. Und nun beginnt auch ein neues Kapitel für den ehemaligen Flughafen TXL – und damit die Ruhe über unseren Köpfen. Auf ein gutes, gesundes 2021! Bianka Gericke und die Redaktion CharLiE 10 | Winter 2020/2021 „Wir sind auf einem guten Weg“ Wie gut kannten Sie vor 2016 den Stadtteil Charlottenburg-Nord? Nadine Fehlert: Kaum, nur vom Durchfahren. Unser Büro Jahn, Mack & Partner sollte das ISEK als Grundlage für den Antrag auf das Förderprogramm Stadtumbau erstellen. Anfangs fiel es mir schwer, im Vergleich mit anderen Stadtteilen Berlins einen Bedarf zu erkennen bei diesen weitläufigen Grünflächen und dem äußerlich intakten Zustand der Gebäude. Doris Leymann: Ich kannte den Stadtteil, denn ich habe 15 Jahre auf der Mierendorff-Insel gewohnt. Nadine Fehlert vom Büro JMP ist Gebietsbeauftragte für das Förderprogramm. Insgesamt stehen aktuell 6 Projekte auf der Agenda. Welches liegt Ihnen besonders am Herzen? Fehlert: Das Gutachterverfahren für das neue Zentrum Halemweg, das gerade abgeschlossen wurde, halte ich für enorm wichtig. Hier geht es um einen großen Komplex von Baumaßnahmen. Das zu begleiten, ist eine spannende Aufgabe. Doris Leymann koordiniert im Bezirksamt die Planungen für die Sozialräume und das Förderprogramm. Der „Charlottenburger Norden“ wurde 2017 per Beschluss des Senats zum Fördergebiet erklärt… Fehlert: Für das Bezirksamt und das Stadtteilmanagement ein großer Erfolg. Und gleichzeitig die Bestätigung, dass die im ISEK vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig sind, um den Stadtteil zukunftsfähig zu machen. Zahlreiche Anregungen darin kamen von Nachbarn. Leymann: Ich trat meine Stelle für die Sozialraumorientierte Planungskoordination des Bezirks im Frühjahr 2019 an. Da waren die ersten Projekte schon auf dem Weg. Eine gute Vorlage! Leymann: Für mich sticht kein einzel­ nes Projekt heraus. Der Gewinn ist doch, dass unser Bezirk überhaupt die Förder­ gelder für eine „Nachhaltige Erneuerung“ des Sozialraums erhält. Wir können mit dem Geld Dinge anschieben, die dem Stadtteil helfen – und die aus dem Be­ zirkshaushalt nicht finanzierbar wären. Etwa 50 Mio. Euro fließen in Berlin jährlich in den Fördertopf. Eine Bedingung ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wie setzen Sie diese Vorgabe um? Leymann: Wir fahren mehrere Strategien. Zum einen ist die Stadtteilkoordination vor Ort. Dort werden die Wünsche aus den Einrichtungen und der Nachbarschaft zusammengetragen und das Netzwerk aller Beteiligten betreut. Zum anderen suchen wir bei Veranstaltungen den Kontakt zur Nachbarschaft. 1. Informieren / Gespräch mit Nachbarn • Was muss sich ändern? •W  er braucht diese Einrichtung /den Spielplatz? • Was wäre wünschenswert? 2. Konzept-Phase •b  ei Befragungen, Veranstaltungen und in der Zeitung werden Vorschläge breit diskutiert CharLiE 10 | Winter 2020/2021 4 Jahre Förderprogramm für den „Charlottenburger Norden“ 3 Jesteśmy na dobrej drodze | Мы на правильном пути Denn wenn das Umfeld gestaltet werden soll, geht es nicht ohne sie. Sie kann am besten sagen, was im Kiez fehlt. Fehlert: Unser Prinzip lautet: alle schon frühzeitig um den Tisch versammeln – die Bevölkerung, Verwaltung, Architekten und Bezirkspolitik. Das stärkt nach meiner Auffassung das gegenseitige Verständnis und die Demokratie. Wir bemühen uns um viel Transparenz. Hierfür leistet auch die Zeitung CHARLIE einen wichtigen Beitrag. Fließen die Vorschläge der Anwohnenden wirklich in die Projekte ein? Am Klausingring waren Kinder enttäuscht… Fehlert: Stimmt, die Kinder wünschen sich für den zukünftigen Bolzplatz größere Tore. Nach vielen Gesprächen entschieden wir uns doch dagegen, weil große Tore dazu verleiten, mit mehr Wucht und weniger treffsicher zu spielen. Und das wird zu laut. Viel geeigneter fürs Ballspielen ist übrigens das Sportfeld neben dem Jugendclub Heckerdamm. Es müsste jedoch attraktiver für die Mädchen und Jungen gestaltet werden. Infoabend am 7. Oktober in der James-von-Moltke-Grundschule Arbeiten konnten nicht wie geplant beginnen. Erst musste die BVG den zweiten U-Bahn-Eingang eröffnen. Dann musste berechnet werden, ob Baufahrzeuge die Statik des darunter liegenden U-BahnTunnels beeinflussen. Wo sehen Sie noch Reserven? Fehlert: Einiges läuft noch parallel oder wird nur bis zur Ressortgrenze behandelt. Das könnte besser abgestimmt sein. Ich wünsche mir, dass Bürgerinnen und Bürger selbst kleinere Projekte anschieben können. Einige Leserbriefe erreichten uns mit der Frage, warum vieles länger dauert als angekündigt. Wo liegen die Ursachen? Leymann: Das Förderprogramm verlangt einen sozialräumlichen Denkansatz. Dies wiederum braucht neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ämtern. Was Außenstehende nicht sehen, sind strenge gesetzliche Vorgaben. So wurden zwar Finanzen zur Sanierung der Freilichtbühne kurzfristig vom Senat bewilligt, aber die für den Baubeginn notwendige Bauplanungsunterlage (BPU) war noch nicht fertig. Viel Zeit erfordert auch die Abstimmung zwischen verschiedenen Beteiligten – wie zum Beispiel bei der Grünverbindung am Halemweg. Die Leymann: Mein Stichwort: mit dem ergänzenden Förderprogramm für Großwohnsiedlungen wird es jährlich eine feste Summe X geben, über die die Nachbarschaft in der Paul-Hertz-Siedlung ohne viel Bürokratie selbst entscheidet. Ich sehe da eine neue Form von Teilhabe. Doris Leymann erklärt Anwohner Wolf Wust das Modell für den Umbau am Halemweg. Fehlert: Einige Verzögerungen sind am Ende sogar gut – so wie beim Gutachterverfahren am Halemweg. Anfangs plante der Bezirk einen Bildungscampus mit Wohnungen. Nun sind beide Straßenseiten des Halemwegs im Entwurf bedacht – ein deutlicher Fortschritt. Ebenso die 3. Konkrete Vorschläge erörtern • Konzept überarbeiten •P  lanung verfeinern und abschließend vorstellen Grafik: Jahn, Mack & Partner großzügige Infrastruktur. Zu einem Zentrum gehört eben mehr als nur eine Schule! Die zusätzlichen Monate bei einer Bauzeit von vermutlich mehr als 10 Jahren sind zu verschmerzen. 4. Baumaßnahmen starten • informieren über Beginn der Baumaßnahme und -fortschritte, den Bauabschluss feiern Wie wird der Stadtteil in fünf Jahren aussehen? Leymann: Mit dem Neubeginn am ehemaligen Flughafen TXL werden wir eine andere Mobilität erleben, hoffentlich mit weniger LKWs über den Heckerdamm. Stattdessen könnte zwischen der evangelischen Gemeinde Plötzensee und der Moltke-Schule ein Campus entstehen, der Begegnungen der Nachbarn unterschiedlichster Herkunft ermöglicht. Fehlert: Ich hoffe, dass es auf dem Grünzug am Popitzweg blüht und summt. Beim Neubau der Anna-Freud-Schule werden wir deutliche Fortschritte sehen. Am Heckerdamm sind die Ergänzungsbauten für die MoltkeSchule bereits in Betrieb. 4 Step by Step auf den Baustellen Baubeginn am Popitzweg, Nov. 2020 Voruntersuchungen Jungfernheideteich © G. Radev Inbetriebnahme von Laternen, Okt. 2020 CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Stand der Baumaßnahmen in Charlottenburg-Nord „Wir sind auf einem guten Weg“, betonen Doris Leymann (Bezirksamt) und Nadine Fehlert (Gebietsbeauftragte) in ihrem Interview über Bauprojekte (siehe Seite 2). Hier eine Übersicht: Programm „Nachhaltige Erneuerung“ 2017 PROJEKTE IM HANDLUNGSFELD: ZENTRUM Städtebauliches Gutachterverfahren Halemweg Umbau der Revierunterkunft Heckerdamm 242 zum Familienzentrum + Erneuerung Hof / Sandkasten Bauarbeiten PROJEKTE ZUM HANDLUNGSFELD GRÜN- UND FREIFLÄCHEN Konzept für die Entwicklung von Wegen und Freiflächen für die Jungfernheide- und Paul-Hertz-Siedlung Erneuerung der Grünverbindung Halemweg–Popitzweg, Erweiterung Spielplätze Halem-/Schneppenhorstweg Beleuchtung für den Weg vom Heckerdamm zur „Kita Erlebniswald“ Jungfernheide Überarbeitung und Neugestaltung vom Spielplatz und Bolzplatz Klausingring SONSTIGE BAUPROJEKTE IN VERANTWORTUNG DES SENATS1 / DES BEZIRKS2 Abriss der Poelchau-Schule + Neubau Anna-Freud-Schule1 Wettbewerb Planung Ausbau der Mensa für die Erwin-Witzleben-Grundschule2 Neubau einer „Waldkita“ in der Jungfernheide2 I-Planung de Planung denkmalgerechte Sanierung der Gustav-Böß-Freilichtbühne2 Untersuchung zum Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB (Beobachten des Wohnungsmarktes)2 Nachhaltige ökologische Sanierung vom Jungfernheideteich (u.a. Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung)2 © Quelle: JMP / B. Gericke laufen Fortschritte in Bauprojekten CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Information Klausingring, Juli 2020 Eröffnung des Familienzentrums, Jan. 2018 5 Eröffnung Kita Erlebniswald, Aug. 2020 Статус грађевинских радова у Цхарлоттенбург-Норд 2018 2019 Beteiligung Phase 1 3 Phasen Planung Außenanlagen Baubeginn 2020 Phase 2 Phase 3 2021 Entscheidung über beste Idee 30.9. / Infoabend am 7.10.20 Entscheidung Fertigstellung des Weges, von Hof, Buddelkasten, Fahrrad-Ständer Abschluss Bauarbeiten Projektstart Beteiligung / Planung konkrete Planung / technische Abstimmungen Planung Bau Beteiligung Baubeginn Fertigstellung Planung Information Inbetriebnahme Oktober 2020 Baubeginn laufender Abriss es Bezirks Ausbau Fertigstellung Einweihung am 7.8.2019 Bauarbeiten Fertigstellung Einweihung am 13.8.2020 Voruntersuchungen zur Denkmalpflege nd Voruntersuchungen Erarbeitung Konzept Bauarbeiten 6 Wettbewerb für das neue Zentrum Halemweg CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Ein Zentrum für Bildung, Kultur und Wohnen Am 30. September 2020 fasste die Jury für das Gebietszentrum Halemweg einen einstimmigen Beschluss. Sie empfahl dem Bezirk, das Konzept der Bürogemeinschaft SchultzGranberg (in Kooperation mit bbz Landschaftsarchitekten berlin) weiter zu verfolgen. Damit wurde das „Konkurrierende Gutachterverfahren“ abgeschlossen – mitfinanziert aus Geldern vom Programm „Nachhaltige Erneuerung“. Wir sprachen mit Architektin Terese Granberg und ihrem Team über ihren Entwurf: Glückwunsch zum 1. Preis! Was war daran reizvoll, ein bebautes Areal neu zu planen? Terese Granberg: Fast immer gibt es komplexe Interessenlagen, also Ansprüche von Bewohnern, Institutionen, Vereinen, der Denkmalpflege und anderen Akteuren, die in der Stadt leben oder aktiv sind. Das kommt in Charlottenburg-Nord stärker zum Ausdruck als bei einer Planung auf der grünen Wiese. Hier ist die Stadt schon da und mit ihr die Menschen, deren Wünsche und Ansprüche. Diese Gegebenheiten machen den Entwurf sehr komplex, da er zu einem Geflecht von z. T. vielschichtigen Anforderungen passen muss. Die reizvolle Herausforderung ist das Navigieren in diesem Geflecht und Suchen nach der besten Lösung, die möglichst viele Optionen für die Zukunft öffnet. Ihre Wohnhäuser orientieren sich am Stil der 50er Jahre. Darf man trotz der Wohnungsnot so luftig bauen?  Vielleicht müssten (fast) alle neuen Wohnprojekte in Berlin dichter, enger und höher sein – angesichts fehlenden Baulands. Eine weitere Verdichtung ist natürlich denkbar. Doch wir wollten nicht nur viele Wohnungen schaffen, sondern ein Ensemble, das dem Charakter des Zentrums entspricht und die Vernetzung mit dem Vorhandenen ermöglicht. Daher war es klar, gute Ideen der 50er Jahre wieder aufzugreifen wie die Laubenganghäuser in der Goebelstr. 1. Hier kann sich Nachbarschaft treffen. mal präzisiert. Wir gehen davon aus, dass der Bezirk den Bedarf richtig einschätzt und in die Zukunft denkt. Schade wäre es sogar, wenn die Menschen hier keinen Raum für Kultur, Bildung und Begegnung fänden. Die Gebäude sind flexibel konzipiert, was Änderungen in der Nutzung ermöglicht. Damit sind diese Bauten auch nachhaltig. Der Siegerentwurf weist viel öffentliches Grün auf. Wie gelingt es, dieses Grün auch intakt zu halten? Abweichend von der Idee moderner Siedlungen gehen wir im Entwurf davon aus, dass die Grünräume von den anliegenden Gebäuden und insbesondere von den Mietern im Erdgeschoss genutzt werden. Sind die Gebäude für Kultur, Bildung und Begegnung nicht zu groß für den Stadtteil? Im Gegenteil, die Vorgabe dafür wurde in Phase 3 noch ein- Denkbar wären Patenschaften für den Freiraum, z.B. für Open-Air-Bühnen oder Mietergärten. Das hilft der Identifikation mit dem Grün vor der Haustür und fördert so die Lebendigkeit und Pflege. Bei der Vergabe von Nutzungsund Mietverträgen muss dieser Aspekt berücksichtigt werden. So können Gebäude zusammen mit dem Freiraum funktionieren. Woran arbeiten Sie zurzeit? Zunächst würden wir gern den weiteren Prozess am Halemweg begleiten, denn mit dem Konzept ist es nicht getan. Es folgt die Planung für den Verkehr und m dam r e k Hec Ha lem we g © Studio Schultz-Granberg ße tra s r ple Toe Vision für ein durchgehend grünes Zentrum: Blick nach Norden zur neuen Anna-Freud-Schule Planung am Halemweg CharLiE 10 | Winter 2020/2021 7 Bibliothek – alles fürs Wissen & Nachbarschaft Ich bin sehr glücklich über die einstimmige Entscheidung der Jury – gerade für die künftige Bibliothek. Leider liegt Charlottenburg-Wilmersdorf bei den Indikatoren Bibliotheksfläche, Besuche sowie Fläche und Ausleihen pro Kopf deutlich unter dem Berliner Durchschnitt. Unser Entwicklungsplan sieht vor, dass wir Bibliothek völlig neu denken. Der vorliegende Entwurf ist dafür eine gute Basis. Wir wollen die Bibliothek in Verbindung mit Musik- und Volkshochschule denken. Es geht nicht mehr um das reine Entleihen von Büchern. 3.–11. Etage Wohnen Büros Bibliothek Musik- und Volkshochschule Kultur Wir schaffen hier einen Ort zum Bleiben: Menschen sollten allein, in Gruppen oder Tandems etwas ausprobieren, lernen und sich helfen können. Zusammen Musik machen, etwas bauen oder reparieren, eine neue App entwickeln, Comics zeichnen und ausstellen, Sprachen lernen.… 2. Etage Unterrichts- & Bandräume Musik- und Volkshochschule Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur, Heike Schmitt-Schmelz die Erschließung (Leitungen, Wege, Netze). Spannend wäre für uns, an der ausführenden Architekturplanung (Gebäude und Grünräume) beteiligt zu sein. Un- sere Idee könnte während dieser städtebaulichen Prozesse noch an Kraft gewinnen und weiter qualifiziert werden. Unser Büro arbeitet derzeit an einem neuen Stadthausquartier in Lippstadt, ebenfalls mit der Int­ egration öffentlicher Orte. Das Thema Zentrumsplanung lässt uns nicht los. Kreativräume VHS/Kultur Bibliothek 1. Etage Lesegarten Bibliothek Unterrichts- & Bandräume Selbstlernzentrum Kiezgalerie Kultur Bibliothek Erdgeschoss Saal VHS/ Musikschule/Kulturamt Foyer, Café © Studio Schultz-Granberg / bearb. B. Gericke Blick aus einem der Laubenganghäuser auf die beiden Kindergärten und den offenen Innenhof 8 Altes und Neues verbinden CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Mit dem Neubau in mehreren Quartieren wird die Einwohnerzahl um 16.000 steigen. Zusätzlich entstehen Wohnungen in Tegel, in der Wasserstadt Spandau und später am Halemweg. Dafür fehlen bislang die notwendige soziale Infrastruktur (Schulen, Kitas, Freizeit-Einrichtungen) und ausreichende Schienenverbindungen. Noch mehr Busse und Autos können die vorhandenen Straßen nicht verkraften. © Projektwerkstatt Siemensstadt / B. Gericke Ein ISEK für das Umfeld Siemensstadt: Ideen für die Zukunft Wer auf die obige Karte schaut, sieht Baufelder für Tausende zukünftiger Wohnungen. In der Wasserstadt westlich des Gartenfeldes wird derzeit alle paar Monate ein Wohnblock bezugsfertig. Die Einwohnerzahl zwischen Haselhorst und der „alten“ Siemensstadt wird also stark steigen. Allein im „Plangebiet Siemensstadt 2.0“ sind 3000 Wohnungen vorgesehen. bewerb, der klären soll, wie die neuen Gebäude aussehen könnten. Eines der ersten wird der neue Infopavillon sein. Bürgerinnen und Bürger sollen sich dort über das Projekt und dessen Fortschritt informieren können.  In den Vorgaben für die Planung sind zwar ein Schulkomplex und Kitas enthalten, aber damit ist es nicht getan. Wo sollen die neuen Nachbarn gesundheitlich betreut werden, einkaufen, sich treffen, weiterbilden oder erholen? Mit welchen Verkehrsmitteln werden sie unterwegs sein und wie wachsen die alte und neue Siemensstadt zusammen? Dies sind Fragen, die sich viele Bewohnerinnen und Bewohner von Haselhorst und der alten Siemensstadt stellen, die aber auch den Bezirk Spandau beschäftigen. Deshalb wird an einem Inte­ grierten Stadtentwicklungs­ konzept (ISEK) für die Stadt­ teile Haselhorst und Siemens­ stadt gearbeitet, um ab 2021 Großbaustelle östliche Wasserstadt Spandau: hier an der Daumstraße Siemens macht Tempo 2018 beschlossen Siemens und der Berliner Senat die Umge­ staltung des Firmengeländes. Anfang 2020 wurde der erste Architektenwettbewerb ent­ schieden und bereits im Okto­ ber das dafür notwendige Be­ bauungskonzept bzw. der Rah­ menplan öffentlich ausgelegt. Wenn es in diesem Tempo wei­ tergeht, werden 2024 die ers­ ten Gebäude stehen. Im Mo­ ment läuft der Hochbauwett­ Infostand in Siemensstadt am 1. Oktober: Zeinab Hammoud (l.) von S.T.E.R.N. erklärt die wichtigsten Handlungsfelder, … hier im Gespräch mit Tanja Radke vom Familienzentrum Rohrdamm Beteiligung der Bevölkerung CharLiE 10 | Winter 2020/2021 9 Plangebiet Siemensstadt 2.0: Blick vom künftigen Bahnhof Siemensstadt auf den geplanten Stadtplatz mit dem Infopavillon Bis 2030 entsteht hier ein Stadtteil, der Arbeiten, Produzieren, Forschen, Wohnen und Lernen zusammenbringt. © Siemens Infopavillon Ein großes Ärgernis ist den Siemensstädtern der Platz ums Kaufzentrum Siemensdamm. Um hier einen attraktiven, zentralen Ort zu entwickeln, müssen alle beteiligten Verwaltungen eng zusammenar- beiten. Das gilt natürlich auch für die Verbindung von Jungfernheide und Siemenspark durch ein Wegeleitsystem. Zu­ gunsten eines besseren Stadt­ klimas kam der Vorschlag für Hochbeete, Gemeinschaftsgär­ ten oder Streuobstwiesen so­ wie für die energetische Sanie­ rung der Wohngebäude. Es soll zeitgemäße Jugendklubs und Treffs für Ältere und Fami­ lien geben sowie frei zugäng­ liche Möglichkeiten, sich fit zu halten. Kritisiert wurde das Defizit an Räumen für kreati­ ves Schaffen, Bildung oder die Vernetzung von Ini­tiativen. Bianka Gericke / Julia Graber in Zusammenarbeit mit der Planungswerkstatt Siemensstadt Wünsche und Forderungen aus der Bevölkerung für die Siemensstadt • neue + alte Siemensstadt mit Fuß-/ Radwege-Netz verbinden • kurze Wege auch nach Tegel • Kultur, Sport und Soziales sollen zu Fuß erreichbar sein • Siemensbahn reaktivieren, U-Bahn- u. Tramlininen verlängern und bauen • Auto-Verkehr regulieren (auch den ruhenden) • Damm der Siemensbahn darf nicht länger Barriere sein • Neubauten passend zur Architektur der alten Siemensstadt • medizinische/soziale Versorgung verbessern • Schulen u. Kitas sollen offen sein für Kinder der „alten“ Siemensstadt • Treffpunkte einrichten für die Bevölkerung (besonders Familien), auch als Orte für Bildung und Bewegung Wirtschaft Da die Online-Beteiligung nicht jedermanns Sache ist, gab es begleitend Veranstaltungen und Rundgänge. Jedes Mal folgten der Einladung Interessierte aus Charlottenburg-Nord, denn die Pläne von Siemens sind in vielen Das Zentrum soll schöner werden • Grünzüge mit barrierefreien Spiel- u. Sportplätzen (als Kaltluftschneisen) schaffen Kultur Rundgänge, Infostände und öffentliche Diskussion Auch die SPD-Abgeordneten Daniel Buchholz und Christian Hochgrebe motivierten die Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Meinung zu äußern. Der Spandauer Baustadtrat Frank Bewig untermauerte dies und hofft, dass in den kommenden Jahren vor allem das Verkehrspro­ blem gelöst werden kann. Bildung / Soziales Damit sich Nachbarn, Mitarbeitende von Einrichtungen, Schulen, Gemeinden trotz Corona beteiligen konnten, wurde die Diskussion zum ISEK ins Internet verlegt. Auf Plakaten, in CHARLIE und über den Postweg wurde die Stadtgesellschaft aufgefordert, sich online zu äußern. Auf der Website mein.berlin.de gab es fast 500 Anmerkungen, Nachfragen und Kommentare, die dort dokumentiert sind. Parallel dazu richteten das Bezirksamt Spandau und das mit der Erstellung des ISEK beauftragte Büro S.T.E.R.N eine telefonische Sprechstunde für Nachfragen ein. Der zu erwartende Verkehrskollaps war Thema auch am Infostand des Bezirksamtes. Auf großen Plakaten konnte man dort nachlesen, welche Einwände und Vorschläge bislang aus der Bevölkerung kamen. Im direkten Gespräch wurde deutlich, dass die größte Sorge der Siemensstädter jedoch ist, dass Wohnen im Umfeld teurer wird. Umwelt Informationen über mehrere Kanäle Familien ein Dauerthema. Gut besucht war z.B. eine Diskussion im Gemeindesaal der evangelischen Kirche am Schuckertdamm. Dort präsentierten Volker Hormann und Hans-Ulrich Riedel von der „Projektwerkstatt Siemensstadt“ die Kernpunkte des ISEK und des Bebauungsplans der Siemensstadt 2.0. Verkehr / Architektur Fördergelder aus dem Pro­ gramm Nachhaltige Erneue­ rung zu erhalten. Charlotten­ burg-Nord profitiert ja seit 2017 von dieser Förderung. • reine Gewerbegebiete vermeiden: Verzahnen von Wohnen, Arbeit und Gewerbe • Kleingewerbe, Handwerk und Nahversorger ansiedeln • Kaufzentrum Siemensdamm wird „Kopf“ eines neuen Quartiers • attraktive Gastronomie und Geschäfte (Cafés, Bio-Läden, Fleischer, Wochenmarkt) • Kunstprojekte im Ortsteil fördern • Kulturhaus mit Mehrzwecksaal, Kino und Bibliothek 10  Auf eine Tasse Kaffee mit Daniela Gurlt CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Denkmalschutz heißt Bewahren… Daniela Gurlt ist Mitarbeiterin in der Unteren Denkmalschutzbehörde im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie verfügt über langjährige Erfahrungen in Denkmalpflege und Denkmalschutz – sowohl national als auch international, z.B. in Nepal, Syrien und der Mongolei. Am Schneppenhorstweg wird gerade das große Wohnhaus – entworfen von Hans Scharoun – saniert. Welche Details traten dabei zutage? Schön, dass Sie damit beginnen, denn hier gab es interessante Detektivarbeit, über die ich einiges berichten kann. (Dazu mehr auf Seite 12.) Auch die Bauten um den UBhf. Halemweg stehen unter Schutz. Warum wurde trotzdem das Schwesternheim am Halemweg 26–30 abgerissen? Der Abriss war schon lange geplant und ist Teil der Umgestaltung des Gebietszentrums Besprechung vor Ort mit der Gebietsbeauftragten Nadine Fehlert, Daniela Gurlt und den beiden Landschaftsarchitektinnen Lioba Lissner und Katarzyna Bruszewska vom Büro HochC (v.l.n.r.) Hier ging es um die Frage: wie können der Grünzug Popitzweg und die Innenhöfe der „Scharounbauten“ am Halemweg barrierefrei verknüpft und denkmalgerecht saniert werden? U-Bahnhof Halemweg. Hier gab es eine Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den sozialen Erfordernissen wie Schul- und Wohnungsneubau. Es besteht ein breiter politischer Konsens, dass am Gebietszentrum etwas passieren muss, um heutigen Anforderungen an die Daseinsvorsorge zu entsprechen. Im Ergebnis dieser Abwägung trat der Denkmal- schutz zurück. Das gerade abgeschlossene Gutachterverfahren für das Zentrum (Seite 6) ist aus Sicht der Denkmalpflege eine gute Reaktion auf die vorhandene Gebäudestruktur in der Siedlung Charlottenburg-Nord. Mit diesem Ergebnis kann auch die Denkmalschutzbehörde „leben“, obwohl wahrscheinlich noch weitere Gebäude der neuen Bebauung weichen müssen. Muss man eigentlich alles bewahren? Die Kitas, die Diakonie, das Stadtteil- und das Einkaufszentrum Halemweg haben inzwischen etliche Baumängel. Schön sind sie nicht. Soll das etwa so bleiben? Zunächst ist nicht Schönheit das Kriterium, sondern der historische Wert. Sicher, die fachgerechte Instandsetzung ist kostenaufwendig. Die genannten Objekte gehören zu dem Areal, das im aktuellen Gutachterverfahren betrachtet wurde. Fast alle diese Gebäude werden wohl ebenfalls dem neuen städtebaulichen Lotte zählt: Denkmale in Charlottenburg-Nord Seit der Corona-Krise gehen wir häufiger spazieren. Frische Luft tut gut und unser Hund Cookie braucht seinen Auslauf. Kürzlich umrundeten wir mal wieder den Goebelplatz und freuten uns über das leuchtende Herbstlaub. Der Platz steht als Gartendenkmal und Gesamtan­ lage sogar unter Denkmalschutz. Wussten Sie, dass das für zahlreiche Gebäude aus den 1960er Jahren und den U-Bhf. Siemensstadt gilt? Wie viele Denkmäler Charlot­ tenburg-Nord insgesamt hat, fragten wir unsere Tochter Lara. Die ist immer fix mit dem Internet und kam auf 15 956 Baudenkmale 1 und Hans Scharoun. Nicht zu vergessen Hans Hertlein, der die Industriebauten an der Nonnendamm-Allee und die Kirchen am Schuckertdamm konzipierte, sowie der Stadtbaurat Martin Wagner als Planer. 1265 in Charlottenburg-Wilmersdorf insgesamt 15 in Charlottenburg-Nord* 3 – erstaunlich! Kennen Sie z.B. den Architekturpfad mit 10 Stationen durch die Ringsiedlung Siemensstadt an der Goebelstraße? Ein UNESCO-Weltkulturerbe direkt vor unserer Haustür! Hier wirkten die Architekten Otto Bartning, Fred Forbàt, Walter Gropius, Paul Rudolf Henning, Hugo Häring 52 Ensemble 8 158 Gesamtanlagen 2 99 Gartendenkmale 1 1 Weltkulturerbe * Enthalten sind auch Objekte in Plötzensee (Friedrich-Olbricht-Damm, Hüttigpfad), im Biotech-Park am Tegeler Weg und der Volkspark Jungfernheide. Quelle: Landesdenkmal-Liste 2020, eigene Auswertung CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Denkmalschutz – die Stadt bewahren  11 Konzept weichen, sodass sich die Frage Schönheit versus Erhalt hier nicht mehr stellt. Geschäftsleute bedauern, dass kaum Umbauten im Geschäft, an Schaufenstern oder der Beschriftung erlaubt sind… Ziel des Denkmalschutzes ist der Erhalt der Originalsubstanz, denn nur diese trägt den sogenannten „Zeugniswert“. Darum sind wir immer bestrebt, dass so wenig wie möglich davon ausgetauscht wird. Wir sind vorsichtig bei der Änderung von Werbung und Beschriftung. Das Erscheinungsbild soll nicht beeinträchtigt werden. Deshalb gibt es hier Vorgaben zu Größe und Ausführungsart der Werbeanlage. Grundsätzlich ist ein Austausch von Werbung aber natürlich möglich. Manche Vermieter investieren kaum in die Modernisierung mit dem Verweis auf den Denkmalschutz. Zu recht? Zum Teil. Es ist zu unterscheiden zwischen Modernisierung Die interessante Architektur der Einkaufspassage am Halemweg von Werner Weber (1960) ist heute kaum so wahrnehmbar. Landesarchiv Berlin, F. Rep 290-01-30, Sammlung Otto Hagemann und Sanierung bzw. Instandhaltung. Fachgerechte Sanierungen und Instandhaltungen werden vom Denkmalschutz begrüßt, da sie ja dem Erhalt des Baudenkmals dienen. Natürlich müssen dabei die wesentlichen Gestaltungsmerkmale, welche den Denkmalwert tragen, erhalten bleiben. Das sind z.B. die Fassa- dengestaltung, einschließlich Fenster und Balkone. Deshalb tun wir uns z.B. schwer mit dem Austausch von Fenstern. Aber auch hier sind in enger Abstimmung zwischen dem Bauherrn und der Denkmalschutzbehörde durchaus Verbesserungen möglich. Modernisierungen – dazu gehören z.B. Veränderungen der Grundrisse, Aufstockungen, Anbauten, aber auch das Anbringen nachträglicher Wärmedämmung – gehen oft einher mit starken Eingriffen in die geschützte Bausubstanz und verfälschen wesentliche Gestaltungsmerkmale. Deshalb stehen wir Modernisierungen in der Tat kritisch gegenüber. Lexikon: Denkmalschutz Ist von Denkmälern die Rede, denken viele an Skulpturen auf Sockeln, etwa an das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten vom Schloss Charlottenburg. Denkmalschutz bewahrt aber nicht nur Plastiken vor dem Vergessen, sondern im großen Maße Gebäude. So definiert das Berliner Denkmalschutzgesetz ein Baudenkmal als eine bauliche Anlage, deren Erhaltung im Interesse der Allgemeinheit liegt – und zwar wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung. Sind mehrere Baudenkmale durch ebenfalls erhaltungswürdige Grünanlagen, Straßen, Plätze oder Wasserflächen verbunden, spricht man Das Gebäude Halemweg 17 (Architekt Norman Braun, 1959) steht in der LandesdenkmalListe. gen werden – so auch bei der Neugestaltung am Halemweg. von einem Denkmalbereich. Charlottenburg-Nord hat davon mehrere: etwa die Ringsiedlung oder den Bereich zwischen Heilmannring und Goebelplatz. Der Goebelplatz ist zudem ein Gartendenkmal genauso wie der Volkspark Jungfernheide. Ob ein Objekt in die Berliner Denkmal-Liste aufgenommen wird, entscheidet das Landesdenkmalamt. Zuständig für den Schutz ist die Denkmalschutzbehörde im Bezirksamt. Sie muss bei allen Maßnahmen und Planungen, die Denkmale betreffen, einbezo- Darüber hinaus tragen Objekte wie die Berliner Mauer oder die Stätten der Reforma­tion das Siegel Nationales bzw. Europäi­ sches Kulturgut. Den höchsten Schutz erhalten Stätten, Do­ kumente oder Brauchtum von internationaler Bedeutung. So gehören zum UNESCO-Welt­ erbe die Großsiedlung Sie­ mensstadt und sogar die Ge­ nossenschaftsidee (immate­ rielles Kulturerbe). Sie ist eine bis heute wichtige Errungen­ schaft für Mieterinnen und Mieter. D. Gurlt / B. Gericke 12  Denkmalschutz konkret CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Auf der Suche nach Scharouns Malkasten Was passierte hinter den Pla­ nen am Wohnhaus  Schnep­ penhorstweg 2? Die Arbeiten sind nun beendet. Können Sie erkennen, was sich verändert hat? Instand gesetzt wurden die Brüstungen am Laubengang. Vielleicht fiel Ihnen auf, dass die Gitter am Geländer nun anders aussehen. Waren diese Wimpel aus Schmuckblech nicht blau und weiß? Ihre Er­ innerung täuscht Sie nicht. Aber warum sind sie jetzt gelb und weiß? Das kam so: Welche Farbe für die Wimpel? Um die Betonsockel auf den Laubengängen instand zu setzen, mussten die Geländer abmontiert werden. Die Hausverwaltung Deutsche Wohnen Gruppe erklärte, dass Geld für einen neuen Anstrich der schon sehr unansehnlichen Geländer und Schmuckwimpel vorhanden sei. Die generell erfreuliche Botschaft warf jedoch die Frage auf: In welcher Farbe? „Denkmalverträglich“ musste sie sein, denn das von Hans Scharoun entworfene Hochhaus gehört zur Siedlung CharlottenburgNord, die unter Denkmalschutz steht. Sollte es wieder blau und weiß werden wie bisher? Waren dies die originalen Farben von 1958? Oder hatte man sie bei der Sanierung in den 1990er Jahren verändert? Wenn ja, warum? Das Weiß ließ sich erklären, denn die Brüstungen der Balkone auf der Hofseite sind weiß. Aber warum zusätzlich blau? Weit und breit ist am Gebäude kein Blau zu sehen! Detailsuche in den Archiven Es begann die Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“. Ein Restaurator stellte fest, dass die Schmuckwimpel schon einmal demontiert wurden, um in einer Werkstatt den Lack zu entfernen und farblich neu zu beschichten. Die Farben von 1958 waren also nicht mehr nachweisbar, aber auf alten Schwarz-Weiß-Fotos sind verschiedene Hell-Dunkel-Töne zu erkennen: ein Hinweis darauf, dass die Wimpel früher mindestens zwei unterschiedliche Farben hatten. Anfragen bei Bewohnern und Gewerbetreibenden nach alten Farbfotos blieben leider ohne Erfolg. Blau am Giebel, rot am Erker Auf einer alten farbigen Postkarte, gefunden bei Recherchen im Internet, war nur die Fassade zum Innenhof abgebildet. Aber halt, da war ja blau! Der heute un­an­sehn­lich grünlich-graue Giebel war früher blau! Noch einmal vor Diese Farbsimulation von Westfassade und Giebel zeigt, wie lebhaft, bunt und freundlich das Gebäude © Daniela Gurlt ursprünglich gewirkt haben muss. Auf der Postkarte aus den 1970er Jahren ist ein blauer Giebel in Richtung Popitzweg deutlich zu erkennen. © Fotograf unbekannt, Quelle: www.ansichtskarten-center.de Ort konnte man in den vom Wetter geschützten Bereichen des Giebels tatsächlich Reste eines blauen Anstrichs erkennen – ebenso an den Vorbauten für den Fahrstuhl. Demnach leuchteten die großen Betonfliesen an den Giebeln und am Fahrstuhl ursprünglich in einem satten Blau. Doch dies verwitterte in den vergangenen 60 Jahren fast komplett. Genauso erging es dem kräftigen Rot am Erdgeschoss, am Erker und den Dachbrüstungen. Wie freundlich, lebhaft und bunt muss das Gebäude damals gewirkt haben? Geblieben sind davon Grün- und Grautöne. Blau verwitterte zu Grün Bei der Sanierung des Hauses vor ca. 25 Jahren orientierten sich die Planer offenbar an einer gewissen mehrfarbigen Fassade, ohne jedoch die originalen Farben zu ermitteln oder wiederherzu­stellen. Man richtete sich nach Farben, die man vorgefunden hatte. Doch die waren über lange Jahre bereits verwit­te­­rt. Zu sehen war nur noch grünliches Grau Auch für seine Atelierwohnung Heilmannring 66 wählte Hans Scharoun sattes Blau. Besichtigungen über Mann-mit-Hut-Touren.de © Christian Fessel und gedämpftes Ocker sowie eben jene blauen und weißen Wimpel. Denen fehlte aber der farbliche Bezug, da die verwitterten Betonfliesen am Fahrstuhlvorbau nicht wieder blau gestrichen wurden. Gelb ersetzt Blau Bei der diesjährigen Instandsetzung an den Laubengängen war kein neuer Gesamtanstrich der Fassade vorgesehen. Die blauen Farbe am Giebel und am Aufzugsschacht wiederherzustellen, erübrigte sich. Damit fehlt auch der Bezug zu Blau. Für die ehemals blauen Wimpel musste ein neuer Farbton hergeleitet werden. Das Graugrün an der Fassade wirkte dafür zu fade. Dagegen schien der etwas muntere Ockerton an den Wänden der Laubengänge geeignet, um daraus das kräftige Gelb für die Wimpel abzuleiten – und somit die Fassade lebendiger zu gestalten. Manchmal ist Denkmalschutz auch Detektivarbeit und kreativer Umgang mit anderer Leute Malkasten. Daniela Gurlt / bearb G. Radev Seit kurzem schmücken weiße und gelbe Wimpel die Balkonbrüstungen © Gudrun Radev Denkmal Kirche Plötzensee © Sebastian Rost / www.sebastianrost.com CharLiE 10 | Winter 2020/2021 13 Christi-Kirche. Sonntags übt hier nun der bulgarische Kin­ derchor „Scharena Gajda“ (Bunter Dudelsack). Wann im­ mer möglich, umrahmen sie musikalisch die Höhepunkte der Gemeinde. Zum Jubiläum wurde die Sound-Anlage er­ neuert. Dafür spendete u.a. der „Verein der Bundestagsfrak­ tion Die Linke e.V.“ Bauarbeiten am Denkmal 50 Jahre Gemeindezentrum Plötzensee Blick in den denkmalgeschützten Altarraum der Kirche am Heckerdamm 226 Bereits ein halbes Jahrhundert steht nun am Heckerdamm das evangelische Gemeinde­ zentrum Plötzensee. Eingeweiht wurde es am 28.11.1970 – genau 50 Jahre später wird dieses Jubiläum mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert. Zu Beginn der 1960er Jahre wohnten die meisten Mitglieder der Gemeinde noch in den benachbarten Lauben-Kolo­ nien. Erst nach und nach wurden die Wohnblöcke der Paul-Hertz-Siedlung gebaut. Kunst im Innenraum Wer die Gedenkkirche Plötzensee zum ersten Mal betrachtet, wundert sich: ein unscheinbares Gebäude ohne Kirchturm, mit verwinkeltem Durchgang und Außentreppe. Auch innen gleicht sie nicht anderen Kirchen, ist doch der Altar direkt in der Mitte platziert. Die Gemeinde sitzt im Kreis, beim Gottesdienst einander zugewandt. Genauso war‘s beabsichtigt. Die künstlerische Gestaltung übernahm Alfred Hrdlicka und schuf auf großen Holztafeln die Totentanz-Zeichnungen. Sie dienen dem Gedenken an jene Menschen, die wegen ihres Widerstandes gegen den Nationalsozialismus im nahe gelegenen Gefängnis Plötzensee getötet wurden. Ein anderes Kunstwerk, die SalvatorStatue von 1485, gehörte ursprünglich zum FranziskanerKloster in Mitte. Der Name als Auftrag „2009 entstand im Gemeindezentrum ein ökumenischer Ort zum Gedenken, Nachden- Bei der Einweihung 1970 befanden sich östlich der Kirche noch Gartenlauben. © Archiv ev. Gemeindezentrum ken, Lernen und Beten“, erläutert Pfarrer Michael Maillard. Jeden Monat versammeln sich Menschen zum Friedensgebet – zunächst in der katholischen Kirche „Maria Regina Martyrum“ nebenan, um danach beim „Plötzenseer Abend“ einem Vortrag zur Geschichte zu folgen. Aktives Gemeindeleben Der Vater des Charlottenburger Bürgermeisters war hier von 1963–83 Pfarrer. „Zu jener Zeit verlief der Kurt-Schumacher-Damm noch als einfache Hauptstraße“, erinnert sich Reinhard Naumann an seine Kindheit. Mit drei anderen Jugendlichen spielte er Theater, „um die ältere Generation mit Stücken aus deren Jugend zu erfreuen“. Tradition hat bei den Frauen in der Gemeinde Handarbeit, anfangs gab es sogar NähKurse. Heute treffen sich die „Glorreichen Sieben“ don­ nerstags (10 Uhr) und stricken, was die Nadel hergibt. Bei Fes­ ten verkaufen sie ihre Wollsa­ chen für einen guten Zweck. Viele Jahre probte hier der bul­ garisch-orthodoxe Chor (gelei­ tet von Borjana Velichkova), wechselte dann in die Sühne- Momentan ist die Kirche hinter einem Gerüst verborgen und wird saniert. Von Anfang an wies der Neubau am Heckerdamm ja etliche Mängel auf – vom Dach und Blitzableiter bis zur Außentür. Nun ist es an der Zeit, den Aufbau und das Dach inklusive der Glasfläche und Träger zu erneuern. Die Kosten tragen das Denkmalschutz-Sonderprogramm der Bundesregierung und der Kirchenkreis. „Ob das Geld für einen Anstrich der Fassade reicht, ist noch offen“, erklärt Harald Grün-Rath, zuständig fürs Baugeschehen in der evange­ lischen Gemeinde Charlottenburg-Nord. Die CoronaZeit wurde genutzt, um die Toi­letten zu erneuern. Später müssen u.a. die alten Wegplatten im Hof ersetzt werden. Noch ist viel zu tun... Gudrun Radev Quelle: Sonderheft Brückenschlag – Magazin der Ev. Kir­ chen­gemeinde, September 2020 VERANSTALTUNGEN 26.11. 18.30 Uhr Plötzenseer Abend mit Friedemann Graef, Saxophon & Charlotta Bjelfvfenstam, Text (Bitte anmelden: Tel. 3813478) Ausstellung 50 Jahre Gemeindezen­ trum und Offene Kirche: Mo 11–13, Do 10–12 & 16–18 Uhr „Plötzenseer Abend“ (17.12.; 28.1., 25.2.2021) Friedensgebet & Vortrag im Gedenkzentrum Plötzensee „Abendzeit“ mit Texten, Musik & Medi­ tation: 1. Sonntag im Monat (6.12.; 3.1., 7.2., 7.3.2021) 18 Uhr Jugendclub Café Nightflight, Di, Fr-So, 16–21 Uhr 14 Denkmalpflege in der Praxis CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Neue Pläne für die Infostation | Novi planovi za informacijsku stanicu Am Goebelplatz, dem Schnittpunkt von Heilmannring, Goebel- und Toeplerstraße, ist sie nicht zu übersehen: die Infostation Siemensstadt. Allein schon wegen der auffallend runden Ecke mit großen Fenstern – ein typisches Detail der Bauten des Architekten Fred Forbát. Hier beginnt der Rundgang durch die „Großsiedlung Siemensstadt“, auch „Ringsiedlung Siemensstadt“ genannt. Sie ist Teil vom UNESCO-Welterbe „Siedlungen der Berliner Moderne“, zu dem sechs Berliner Siedlungen gehören, die – in der Stadt verteilt – zwischen 1913 und 1934 gebaut wurden. Bedenkt man, dass sich von den 46 deutschen Stätten mit einem UNESCO-Welterbe allein drei in Berlin befinden, haben wir in unserer Nachbarschaft ein außergewöhnliches Baudenkmal. Die Fenster-Ausstellung „Stadt in der Stadt läuft bis Jahresende. Die Betreuung der Besuchergruppen und Führungen sind Schwerpunkte der Infostation Siemensstadt, die Thomas M. Krüger seit 2011 betreibt. Er ist Gründer von TICKET B, einer Agentur, spezialisiert auf Architekturführungen. „Wir begannen vor 25 Jahren, als der Potsdamer Platz noch Großbaustelle war“, erinnert sich Krüger. „Damals interessierten sich viele für architektonische und städtebauliche Aspekte. Sie wünschten sich Erklärungen von Experten, die etwas vom Bauen verstehen, also aus dem Bereich Architektur und Stadtplanung. Seitdem bieten wir Architekturführungen in Berlin und weltweit an.“ Von 2015 bis Sommer 2020 war der Info-Pavillon als Atelier an den Fotografen Christian Fessel vermietet. Viele kennen ihn sicher von seinen „Mann-mit-Hut-Touren“. Auch für CHARLIE verfasste er einige Artikel. Seit September 2020 übernahm Krüger das Steuer wieder selbst. Er hat verschiedene Ideen, wie man das Thema Welterbe breiter in die Bevölkerung vermitteln kann. In Zukunft sollen in der Infostation z.B. kooperative Projekte, Veranstaltungen und Workshops mit benachbarten Charlottenburger Schulen stattfinden. Derzeit läuft eine Ausstellung der Galerie „treppe b“, corona­bedingt im Schaufenster. Unter dem Motto „Stadt in der Stadt“ werden Stil und Architektur-Konzepte der Ringsiedlung Siemensstadt mit dem „Corbusierhaus“ vergli­ chen. Dieses freistehende, weithin sichtbare Hochhaus an der Südseite vom Olympiastadion – Ende der 1950er Jahre fertig gestellt – war ein Novum des sozialen Wohnungsbaus ebenso wie die Siemensstadt 30 Jahre zuvor. Text/Foto: WoDiWu FÜHRUNGEN RINGSIEDLUNG UND SIEMENSSTADT TICKET B: Anmeldung: www.ticket-b.de Mann.mit.Hut.Touren: Termine über www.mannmithuttouren.de Denkmalpflege – das kannst auch Du! Préservation des monuments Früher traf man bei Denkmalführungen überwiegend Senioren. Unser Verein „Denk mal an Berlin!“ mit Sitz in Charlottenburg besteht seit 1990 und will auch Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein für das historische Erbe vor der Haustür vermitteln. Seit langem arbeiten wir mit dem Bezirksmuseum zusammen, machen in diesem Rahmen Führungen und Workshops zu Denkmälern. Seit Herbst 2020 betreuen wir die erste „Berliner Jugend­ bauhütte“. 23 junge Leute absolvieren dort ihr freiwilliges soziales Jahr und lernen die theoretischen Grundlagen von Denkmalpflege ken- schaft mit alten Handwerkstechniken zur Restaurierung. Wieder andere steigen in die Baugrube und helfen bei Ausgrabungen. Das Bauhüttenwesen gehört übrigens zum UNESCO-Weltkulturerbe. Unser Verein hinterlässt berlinweit viele Spuren: setzt sich „Denk mal an Berlin“ ist beteiligt an der Aufstellung solcher Denkmal-Tafeln. Leider gibt es immer wieder Vandalismus. nen. Einige arbeiten im Museum oder der Akademie der Künste. Manche wählen den praktischen Weg: machen z.B. in Tischlereien Bekannt- ein für das Aufstellen von Info­ tafeln an vielen Plätzen oder für die Pflege der noch erhaltenen Gaslaternen. Gesucht werden Interessierte, die mitmachen oder spenden wollen. Lujain Lisa Ismael, Denk mal an Berlin e.V., Kantstr. 106 „Denkmal an Berlin!“ organisiert Führungen für junge Leute zu Denkmälern in der Nähe ihrer Schule. © Thomas Knoll Mierendorff-INSEL, Rundgang – Teil 3 | Kunst CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Markante Kirchen auf der Mierendorff-INSEL Wie in Charlottenburg-Nord, wo alle drei Kirchen unter Denkmalschutz stehen, prägen auch jene rund um den Mierendorffplatz den Stadtteil auf besondere Weise. Setzen wir also unseren Spaziergang fort (siehe CHARLIE 8/9). Zu Zeiten von Corona, in denen die Menschen verunsichert sind, Angehörige verlieren und eher vereinsamen als zuvor, sind die Kirchen ein wichtiger Ort, wo Trost gespendet wird, Mitgefühl zum Ausdruck kommt und man wohltuend Gemeinschaft erlebt. Als katholisches Gotteshaus errichtet dient diese Kirch heute der Mor-AfremGemeinde Gedenktafel an der Herschelstr. Denkmalschutz gestellt. Die sogenannte Falt-Kirche weist hohe Wände auf, ihr Dach ähnelt einem Fächer. Der markante, schmale Glockenturm misst 47 m! Werte an der Außenwand Seit dem Sommer schmückt das Hochhaus Delpzeile 14 in der Paul-Hertz-Siedlung ein neues Wandgemälde. Geschaffen hat das 25 Meter hohe Kunstwerk Christoph Hässler – mit Künstlernamen Stohead. Es ist sein bisher größtes Gemälde überhaupt. Wer genau hinschaut, kann den Schriftzug Worth erkennen – zu Deutsch „Wert“. Dieses in Fachkreisen Mural genannte Werk entstand im Rahmen des Urban-NationFestivals, das sich mit zeitgenössischer Kunst im Stadtraum beschäftigt. Im Stil der neuen Sachlichkeit Die evangelische GustavAdolf-Kirche entstand 1934 nach einem Entwurf von Otto Bartning und Pali Meller. Der ungarische, jüdische Architekt starb 1943 im Zuchthaus. Die Kirche an der Herschelstr. wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt, danach vereinfacht wieder aufgebaut und 1957 unter 15 Die evangelische Gemeinde ist eng mit unserer in Charlottenburg-Nord verbunden. Neben Gottesdiensten, Gemeinde-Chor und Familiengarten versammelt sie den Nachwuchs in verschiedenen Gesangsgrupppen. In diesem Jahr können Familien ab 1.12. Überraschungen im Online-Adventskalender anklicken. Die Gemeinde hofft sehr, dass sie die Gottesdienste zu Weihnachten trotz Corona feiern darf. Aktuelle Infos dazu auf www. gustav-adolf-gemeinde.de Treffpunkt der syrischorthodoxen Gläubigen An der Mindener Str. 1, Ecke Mierendorffplatz steht die syrisch-orthodoxe Kirche „Mor Afrem“. Erbaut wurde die ehemals katholische Kirche Mariä Himmelfahrt von 1964– 66 aus rot-braunen holländischen Ziegeln, Sicht-Beton und Glas. Architekt war Alfons Boklage. Der 33 m hohe, weithin sichtbare Glockenturm ist mit 600 kleinen farbigen Fenstern besetzt. Die seit 2008 hier wirkende syrisch-orthodoxe Gemeinde stammt aus Antiochien/ Sy­ rien. Ihre Wurzeln reichen weit zurück bis ins 3./4. Jh. Sie zählt somit zu den ältesten christliche Gemeinden welt­ weit. Beheimatet ist sie auch in anderen Ländern des Na­ hen Ostens: in der Türkei, im Irak, Iran und Libanon. In der Liturgie nutzt man bis heute einen Dialekt der aramäi­ schen Sprache. Gudrun Radev Das URBAN NATION Museum wiederum ist eine Initiative der gemeinnützigen Stiftung Berliner Leben, gegründet von der Gewobag. Die Gewobag will damit den kreativen Austausch zwischen Kunstschaffenden und der Mieterschaft in den Berliner Kiezen fördern. Stohead fragt mit seiner Kunst: Was sind Deine Werte? Anlass und Zeit, darüber nachzudenken, haben wir ja im Moment genug… 16 Ideen für den INSEL-Rundweg CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Bauabschnitte um die Mierendorff-INSEL Drei Monate lang konnten Berliner die vom Planungsbüro SWUP vorgelegten Entwürfe für den INSEL-Rundweg kommentieren und ergänzen – online oder im Kiezbüro der DorfwerkStadt, Mierendorffstraße 6. Was ist eigentlich geplant? Jakob-Kaiser-Platz e ück hbr ) rsc Mo traum g n hru g Angs erfü n Unt eitigu s (Be Mess- und Infopunkt Laufstrecke Info ART Aussichtspunkt Sitzmöglichkeit frei nutzbare Fläche ohne Hundeauslauf Info Tege Olbersstraße ke g bergan freier Ü barriere V PN Ö zum ße Gleich da­ne­ben entsteht für Jogger eine Zeit-Mess-Station, denn dort beginnt die 5-kmLaufstrecke. Die wird z.T. getrennt in Fuß- und Radweg. Noch ist unklar, ob und wann der Aufstieg zur Eisenbahnbrücke über die Spree in Höhe Olbersstraße barrierefrei sein wird. tra Olberss H Spree Gemeindehaus Gustav-Adolf-Kirche Bra hes r Weg Tegele Trennung von Radund Fußweg Schlosspark traß e Als „INSEL-Blickfang“ wird die nordwestliche Spitze der Mieren­dorff-INSEL bezeichnet. Ein Geheimtipp ist die schöne Aussicht auf die Charlotten­ burger Schleuse gegenüber. Blick zum Schlösschen Belvedere e Blickbeziehungen Hersc helstr aß Info Um der Bevölkerung in der Nähe zu ihrer Wohnung Grün und Erholung anzubieten, wird an der INSEL-Spitze das Auslaufgebiet für Hunde aufgehoben. Hier entsteht ein Treffpunkt für alle – sowie eine Fläche für Sport und Bewegung. Unter der Mörsch-Brücke soll es eine Licht-KunstInstallation geben, sodass die Unterführung belebt und gut beleuchtet wird. H neuer Fußgängerüberweg Beobachtungspunkt Schlosspark INSEL neue Bepflanzung barrierefreier Aussichtspunkt Tegele neuer Fußgängerüberweg r Weg er S traß e aße den Ziel: Podest und Schiffsanleger barrierefrei r Str Min Blickbeziehungen mine Beobachtungspunkt Flora und Fauna Weithin sichtbar ist an dieser Stelle ein Kunstwerk als neues H Wahrzeichen geplant. Kam Belvedere eg ler W hnbrüc freier Info rriere n ng: ba Prüfu ng zwische hf. -B a rg und S Übe sspark Schlo Kunstobjekt mit Strahlkraft Erhalt Grüngürtel zur Reduzierung von Lärm / neue Gehölze © SWUP / bearbeitet B. Gericke Eisenba nal nka thafe Wes e rück chb Mülleimer und barrierefreie Wege verbessern die Aufenthaltsqualität. Am grünen Gürtel beim Übergang zum Tegeler Weg ist geplant, diverse Sträucher zu pflanzen, um den Verkehrslärm zu mindern. In Richtung Wasser wird die Vegetation in der Höhe gekürzt und damit der Blick frei zur Spree und zur Schleuse Charlottenburg. Fest eingeplant ist die Erweiterung des beliebten Piraten-Spielplatzes. U Mors Sie soll zum „INSEL-Schmuckstück“ werden: Die westliche Seite der Mierendorff-INSEL – von der Sonne beschienen, mit Blick auf den Schlosspark am anderen Ufer. Dafür werden die teils geneigten Ufer ausgeglichen und direkt am Wasser Podeste gebaut. Sie laden dann ohne Barriere zum Verweilen ein. Das Ufer wird mit langlebigen Sträuchern begrünt und erhält so mehr Stabilität. Neue H Sitzbänke, Info Piratenspielplatz neu / Mess-Station Geprüft wird, ob der Aufstieg zur Eisenbahnbrücke barrierefrei werden könnte: So gäbe es einen bequemen Zugang zum Schlosspark, den sich viele seit Jahren wünschen. In eigener Sache | Post an CHARLIE CharLiE 10 | Winter 2020/2021  17 CharLiE CharLiE CharLiE CharLiE CharLiE CharLiE AUSGABE 2 WINTER 2018/2019 Kostenlos: Zeitung für den Stadtumbau im „Charlottenburger Norden“ g für den Stadtumbau Kostenlos: Zeitun im „Charlottenburger Norden“ AUSGABE 1 SEPTEMBER 2018 Kostenlos: Zeitung g für den Stadtumbau Kostenlos: Zeitun Kostenlos: Zeitung für den Stadtumbau rger Norden“ im „Charlottenbu im „Charlottenburger Gesund bleiben für den Stadtumbau Norden“ im „Charlottenburger AUSGABE 4 SOMMER 2019 Norden“ Kostenlos: Zeitung AUSGABE 6 WINTER 2019/2020 für den Stadtumbau Richtfest in der Jungfern AUSGABE 3 FRÜHJAHR 2019 im „Charlottenburger heide! Der Wald-Ki ndergar ten – aus Norden“ Holz gebaut – eröffnet Bildung Erholen AUSGABE 5 HERBST 2019 im Sommer 2020 Arbeiten Seiten 2-5: Neue Schulen und Kitas Das Familienzentrum Seite 3: im Stadtumbau Ziele & Vorhaben conversation of city auen Die Stadt weiterb Seite 10: Ein Hund namens … boş zamanını kullan vis ton temps libre Verkehr жилвого района Seite 11: sich vor Paul & Lotte stellen авят. Паул и Лоте се предст rn“ „Wir sind Ihre Nachba Seite 15: „Charlie“ gibt Rat Çarli öğüt veriyor n im Stadtteil Hier finden Sie Adresse Ein neues Seite 2–3: Zentrum Halemw eg: Das Gutachterverfahren startet Център Халемвег: процедури започвЕкспертни ат der eg, hier im Blick Zentrum am Halemw Da waren es schon 10… Seite 2–5: weg Zentrum am Halem eg središte na ulici Halemw Dank der treuen Leserschaft wird CHARLIE auch in den kommenden Jahren erscheinen. Die kostenlose Zeitung startete im Sommer 2018 auf Initiative des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf: Dessen Wunsch ist es, Anwohnende, Akteure und Interessierte aus der näheren Umgebung über die zahlreichen Umbauten in Beraten , Zu Fuß, per U-Bahn Seiten 6-7, 10–11: Verkehr, Sicherheit und Sauberkeit Seite 14: Mach ’was aus Deiner Freizeit! 7) … Seitehívják a kutyát Nowe szkoły i przedszkole r-Damm (Mehr auf câinele este chemat Ecke Kurt-Sch для садыumache новые 242 / детские amm Jungfernheide, Heckerd Mobil durch den Kiez: ihren Kiez (Mehr auf den Seiten 6 und 15) Spor t Seite 4–5: Zentrum Halemw eg: Das Stadtteilzentrum als Treffpu nkt Centrum sąsiedz 3–6jako s – siehe Seitetwa: miejsce spotkań heutige Bildungscampu Bus, Rad oder Auto Seite 8-9: Planungen und Visione Wohnen n im Umfeld Tom Dinter, TXL GmbH Einkaufen Modell des Grünzugs Halemweg: Kinder und Jugendliche planen Begegnen Alles im Zentrum Seite 10-13: Jungfernheide: Ein Park für alle herkes için bir park eiden mit – am 29. Seite 2–7: Jungfernheide: Der Park mit vielen Überraschunge n The parc full of surprise s und um Charlottenburg-Nord auf dem Laufenden zu halten. Seite 3, 6, 11: Anna-Freud-Schule училище Ана Фройд Seite 12–13: Bürger aktiv im Kiez Zentrum Halemw eg: Bürger entsch Seite 12–13: ark Aufbruch im Volksp do povo partida no parque Die Redaktion möchte zudem dazu beitragen, dass die Nachbarschaft stolz auf ihren Stadtteil ist. Deshalb richtet die – inzwischen aus acht Mitgliedern bestehende – Redaktion den Blick auf die Besonderheiten, auf die Bausubstanz, die Geschichte und Menschen, die hier leben. August, 17.30 Uhr Seite 8–9: Zentrum Halemw eg: Architekturbüros erarbeiten Vorsch läge Des cabinetes d'archit élaboront des proposiecture tions Stadtteilzentrum Seite 14: Nachbarn im Ehrena mt Социальная активность наших соседей Danke, dass Sie liebe Leserinnen und Leser, nach wie vor viele Briefe schreiben, E-Mails oder Fotos schicken. Besonderer Dank gilt den über 30 Einrichtungen, Apotheken und Arztpraxen und Geschäften, die CHARLIE bei sich kostenlos auslegen, selbst wenn im Moment die Lage kritisch ist. Die Zeitung finden Sie außerdem in den drei roten Boxen im Stadtteil: an der Passage Heckerdamm, am U-Bhf. Halemweg und am STZ, Halemweg 18. Im Stadtteilzentrum hängt der Briefkasten der Redaktion. Auf Nachfrage bekommen Sie noch Rest-Exemplare von allen Ausgaben. Ihre Redaktion Post an Charlie Zwei Jahre für eine Beleuchtung? Schon 2018 stand in CHARLIE, dass der Weg zur Kita der Jung­ fernheide Lampen erhält und eine Schranke am Halemweg. Inzwischen ist die Kita offen, doch wo sind Schranke und Licht? Als häufiger Spazier­ gänger beobachte ich, wie Be­ schäftigte mit schlechtem Bei­ spiel voran gehen und mit dem Privatwagen oder Motor­ rad hineinfahren. Der Park ist doch eine geschützte Grünan­ lage, oder? Jürgen Köhn Sie haben recht, CHARLIE berichtete zweimal darüber. Zuletzt hatte das Bezirksamt eine Fertigstellung Anfang 2020 in Aussicht gestellt. Doch die Entscheidung, welcher Typ von Lampen aus Sicht des Denkmalschutzes zum Park passt, verzögerte sich. Manche Modelle waren nicht lieferbar, andere Leuchten zu hell für die Tiere. Durch Corona verzögerte sich die Lieferung bis Ende Oktober. Wenn bald auch die Poller im Betrieb sind, werden nur noch berechtigte Fahrzeuge hineinfahren dürfen. Bianka Gericke Warum eine Nachverdichtung am Heinickeweg? Nicht nur ich, sondern auch meine Nachbarn denken, dass CHARLIE eine gute Zeitung ist, aber Sie berichten immer nur Positives! So lobten Sie zwar in der Ausgabe 8 das viele Grün, aber eine wirklich grüne Oase ist in Gefahr: nämlich unser Innenhof zwischen Heinickeund Halemweg. Gerade im Sommer ist der Blick aus dem Fenster eine Wohltat. Doch nun wollen die beiden Woh­ nungsgenossenschaften den Hof zubauen und 40jährige Bäume opfern – für ziemlich wenige Wohnungen. Den Plan, am Heckerdamm zu bauen, hat Der grüne Innenhof zwischen Toeplerstraße, Heinicke- und Halemweg. man scheinbar verworfen, ob­ wohl dort nur kranke Bäume stehen. Wissen Sie, dass unser Block unter Denkmalschutz steht? Hier nachzuverdich­ ten – was ist daran positiv? Andreas Schwartz Danke fürs Lob. CHARLIE befragte dazu beide Wohnungsbaugenossenschaften: Wir wollen im Frühjahr (Covid-19-bedingt) unsere Mitglieder weiter in das Vorhaben einbinden. Vorab im CHARLIE darüber zu schreiben, wäre ihnen gegenüber nicht fair. BERLINER BAUGENOSSENSCHAFT, Jens Kahl Bevor wir an die Presse gehen, möchten wir unsere eigene Beteiligung der Bewohner im Frühjahr 2021 durchführen. Erst danach werden wir die Öffentlichkeit informieren. Charlottenburger Baugenossenschaft, Carsten-Michael Röding 18 Post an CHARLIE Der Linienverlauf lässt sich wenig ändern, weil die Straßen in Charlottenburg-Nord zu schmal sind für zusätzliche Busspuren. Generell werden diese von der Senatsverwaltung für Verkehr nur bewilligt, wenn mindestens 9 Fahrten je Stunde im Fahrplan stehen. Der Bus durch den Kiez In Ausgabe 9 fragte Monika Haleck, warum der Bus 123 oft zu spät kommt. Hier ist die Antwort der BVG. Wir kennen das Problem. Bei Stau auf der A111 sind Anliegerstraßen verstopft. Wir kürzen dann Linien, um Verspätungen wieder aufzuholen. Zur Unpünktlichkeit tragen im Kiez die Zweite-Reihe-Parker bei und leider jene Müllfahrzeuge, die auf den engen Straßen nirgendwo anders halten können. Ein generell kürzerer Takt beim 123er Bus ist unwahrscheinlich. Statistisch reicht der Abstand von 20-Minuten sogar im Schüler- und Berufsverkehr. Wir würden häufiger fahren, aber unsere Flotte ist begrenzt. Alle verfügbaren Busse sind verplant, sodass wir nur dort verkürzen, wo diese besonders voll sind. Die Situation in Charlottenburg-Nord entspannt sich gerade. Seit Corona und nun erst recht mit der Schließung von Tegel sinkt der Verkehr auf den stauanfälligen Abschnitten Kurt-Schumacher- und Saatwinkler Damm sowie auf der Beusselstraße. Wir verbessern den Fahrplan für Linie 123: Zwischen U-Bhf. Turmstraße und Stieffring kommt der Bus jetzt alle 10 Minuten. Mit der veränderten Linie 142 schaffen wir Erleichterung auf der Lehrter Straße, wo sich oft Staus bilden. Ab Jakob-Kaiser-Platz fährt der Bus 109 künftig nur noch von 6–22 Uhr und alle 20 Minu­ ten. Positiv ist, dass dort das Jelbi-Angebot gut funktio­ niert und die Nutzerzahlen stetig steigen. Wir sind mit der Resonanz zufrieden. Vo­ ran geht es auch am U-Bahn­ hof Halemweg. Der zweite Ausgang hat jetzt auch ein Dach. Die Arbeiten an der Schalterhalle in den Betriebs­ räumen dauern noch ein Jahr. Markus Falkner, Pressesprecher BVG Eigenes Gemüse und Kaffee-Treff im Hof „Generationenübergreifendes, multi-kulturelles, sozialökologisches Gärtnern“: Der etwas lange Name half unserem Projekt, die erste Hürde zu nehmen. Corona zeigte deutlich: eine grüne Oase am Haus kann vieles wettmachen. Nicht alle wollen gleich einen Garten. Trotzdem möchten manche Familien auf kleiner Fläche Gemüse anbauen. Der Wunsch kam in erster Linie von unseren ausländischen Nachbarn. Und so unterbreiteten wir als AG Grün des Mieterbeirates den Vorschlag, in der Hofackerzeile rund um die Wildblumenwiese sechs Beete á 10 m2 dafür bereit zu stellen. Bei einer Begehung des Mieterbeirates kam diese Idee bei der Gewobag gut an. Die AG Grün erarbeitete ein Konzept und suchte Interessenten. Da CharLiE 10 | Winter 2020/2021 Corona, Schule & Lärm Im Heft 9 berichtete CHARLIE über den schleppenden Fortgang der Abriss-Arbeiten der Poelchau-Schule. Wie schwierig Unterricht in der benachbarten Anna-Freud-Schule ist, schrieb uns eine Schülerin.  Inzwischen sind Dialoge wie dieser Alltag: „Könnten Sie das bitte wiederholen? Ich habe nichts verstanden. Hier ist es laut und ihre Stimme klingt dumpf unter der Maske.“ Bittender Ton der Mitstreiterin: „Sie hat recht, man versteht nichts. Können wir die Fenster schließen?“ „Das dürfen wir nicht, wegen Corona. Wenn es zu laut ist, setzen Sie sich um.“ „Es ist nicht nur laut, sondern kalt, und das überall. Warum müssen diese Bauarbeiter auch gerade jetzt arbeiten?“ [Überflüssige Frage, diese können doch nichts dafür, dass direkt neben unserem Klassenraum eine Schule abgerissen wird.] „Können wir in einen anderen Raum gehen?“ „Nein, alle sind besetzt. Wegen Corona konnten viele nicht ins Praktikum und jetzt ist die Schule überfüllt.“ [… Wunderbar, den ganzen Winter Unterricht neben einer Baustelle bei offenem Fenster mit Maske… Bald haben alle – Lehrer und Schü- bewarben sich fast ausschließlich Mütter mit Kindern. Bis zur Garten-Saison treffen sich die Familien und planen die Bepflanzung. Im Frühjahr geht es dann richtig los. Der neue Gemeinschaftsgarten erhält einen Zaun und Hochbeete. Finanzielle Hilfe für Erde, Geräte, Hochbeete und Zaun kommt von der Gewobag. Um eine Terrasse vor dem AWO-Gebäude wird noch gerungen. Wenn diese gebaut werden darf, soll sie ler – Halsschmerzen wegen der Kälte und des lauten Sprechens. Egal, wir bereiten uns sowieso wieder auf Homeschooling vor – von mir aus gern. Ehrliche Meinung? Gefühlt passen Computer und Lehrer nicht immer zusammen. Ich finde es zuhause weniger anstrengend: ich kann Blick aus dem Klassenraum auf die Baustelle Poelchau-Schule ausschlafen, habe warme Hände, keine Klausuren und weniger Unterricht. Doch nächstes Jahr sind Abschlussprüfungen. Ob ich je diesen ganzen Stoff brauche, den wir jetzt in den wenigen PräsenzWochen behandeln?…] „Wollen Sie meine Frage nun beantworten? Oder muss ich annehmen, dass Sie dem Unterricht nicht folgen?“ Ich wünschte, Corona wäre nur ein böser Traum und die AbrissSchule über Nacht fortgeflogen. Cristina Sailer nämlich für die Gäste der AWO zugängig sein. Interkulturelle Nachmittage mit Kaffee und Kuchen sind angedacht oder gemeinsames Kochen mit Früchten aus der eigenen Ernte. Dafür würde die AWO ihre Küche und Toiletten öffnen. Ein weiteres Plus: der in letzter Zeit oft verwaiste Spielplatz würde wieder genutzt und die Eltern hätten beim Gärtnern ihre Kinder im Blick. Peter Krug Die Kiezkneipen: As a guest in the Pub CharLiE 10 | Winter 2020/2021 19 Zu Gast im zweiten Wohnzimmer Gerade jetzt über die wieder geschlossenen Kneipen im Kiez zu schreiben, ohne selbst zu rauchen und Bier zu mö­ gen, klingt absurd. Doch die Menschen, die die Autorin beim „Kneipenbummel“ traf, sind es wert. Nun also wid­ met CHARLIE den Schank­ wirtschaften, wie sie amtlich heißen, eine ganze Seite. In al­ len Lokalen weckt sofort Sym­ pathie, wie zugewandt das Personal hinterm Tresen ist. Stammkunden werden mit freundlichem Nicken begrüßt und das erste Bier steht unge­ fragt schnell auf dem Tisch. Wenn Hertha spielt… Zuhören und aufmuntern …steppt hier überall der Bär: im „Eckchen“, in „Brinks Treff“ am Heckerdamm und im „Stammtisch“ am Heilmannring. Da wird der mobile Grill auf der Terrasse angeheizt, der Fernseher mit dem Lautsprecher gekoppelt und der Zapfhahn auf Dauerbetrieb gestellt. „Dann herrscht manchmal noch Ähnliche Sorgen kennt auch „Maggi“ vom Stammtisch: „Viele sind einsam. Ich höre ihnen einfach nur zu und versuche, sie abzulenken, bis sie wieder lächeln.“ Dabei plagt sie selbst gerade riesiger Kummer. „Corona hat uns Gastwirten einen Schlag versetzt. Das werden wir nicht lange durchhalten“, bedau- nach dem dritten Bier spürbar rauer – etwa, wenn über die angeblich „zu vielen Ausländer“ gewettert wird. Dieselben Raubeine verteidigen im nächsten Moment jedoch das friedliche Miteinander, die Gemütlichkeit ihrer Siedlung und loben den wunderbaren Baumbestand im Kiez. Überhaupt haben viele Gäste Interessantes zu erzählen. Mit dem ganzen Herzen dabei „Erst reinkommen lassen, dann zuhören und ein paar aufmunternde Worte sagen.“ Das mache einen guten Wirt aus, meint Jürgen Götze vom „Eckchen“ am Goebelplatz. Er hat das versteckt liegende Lokal Anfang 2019 übernommen und doch schon als „zweites Wohnzimmer“ für die Stammgäste etabliert. Geöffnet ist normalerweise ab 8 Uhr morgens! Eigentlich müsste der pfiffige Inhaber, der mit seinen beiden Berufen (Koch und Kellner) die Branche aus dem Effeff kennt, als Rentner schon lange nicht mehr arbeiten. Das „Eckchen“ soll das letzte Lokal sein und dient gleichzeitig als Galerie für seine wertvolle Spiegelsammlung. Bald wird die Tochter den Laden ganz übernehmen. Ihn reizte in diesem Kiez die Ruhe und bemerkenswerte Architektur: „Wer hat schon eine Kneipe im Weltkulturerbe?“ Das habe jedoch auch Schattenseiten, denn bauliche Veränderungen seien so gut wie tabu, eine eingeworfene Glasscheibe zu ersetzen, koste ein Vermögen. Die zweiten Wohnzimmer: Maggi vor ihrem „Stammtisch“, das „Schultheiss“ am Halemweg, „Brinks Treff“ in der Passage Heckerdamm und „Unser Eckchen“ am Goebelplatz (im Uhrzeigersinn) die gleiche Stimmung wie früher“, meint Petra vom „Schultheiss“ am U-Bhf. Halemweg. Bei Heimspielen kämen auch Leute von außerhalb. Jede Spielszene würde noch tagelang diskutiert. Sonst bliebe man eben unter sich, trinke sein Bier: im Sommer auch mal selbst gemachte Sangria, im Winter gern Bockbier. Sie weiß, was ihre Stammkunden lieben. „Wenn Ältere längere Zeit nicht kommen, rufe ich sie an. Man macht sich ja Sorgen, ob alles in Ordnung ist.“ ert die gebürtige Polin, seit 13 Jahren Inhaberin. Als sie von ängstlichen Nachbarn berichtet, die sich kaum noch auf die Straße trauen, rollt eine Träne über ihre Wange. „Das tut mir leid, denn die meisten gehören ja fast zu meiner Familie.“ Unter herrlichen Platanen Etwas lebendiger als am Heilmannring geht es zu bei „Brinks“ in der Passage. Dort treffen sich überwiegend Männer. In manchen Gesprächen wird der Ton Sie kichern über eigene Kinderstreiche, berichten mit Stolz von ihrem Job bei Siemens und verknüpfen Kiezgeschichten mit denen ihrer Familien. Diese Zeitzeugen zu befragen, wäre eine lohnende Aufgabe. Bianka Gericke • „Unser Eckchen“, Goebelplatz/Geitelsteig • „Schultheiss im Zentrum“, Halemweg 17 • „Zum Stammtisch“, Heilmannring 28 • „Brinks Treff“, Heckerdamm 225, Passage  TERMINE 20 CharLiE 10 | Winter 2020/2021 © Gudrun Radev Das Stadtteilzentrum feierte im September sein fünfjähriges Bestehen. Hier ein Foto-Rückblick als Mutmacher für 2021. Es ist Montag– Freitag ab 10 Uhr erreichbar. Bleiben Sie gesund! Viele Termine finden online statt, Beratungen sind persönlich möglich. Bitte telefonisch oder per E-Mail anmelden, Stand: November BERATUNG mit Anmeldung Di, Beratung bei Schulden, Tel. 9029 25260, Sprechstunde Seniorenvertretung Tel. 313 46 47, mhalten@t-online.de Di, Unterstützung Hartz IV / Grundsicherung: STZ, Tel. 9029 25260 Di /Do 10-12 Uhr Sprechstunden der Kiezmütter & Kiezväter, STZ Mi, 10–14 Uhr Sprechstunde PflegeStützpunkt, Tel. 3385364-910, STZ Do, Beratung zur Rente, Tel. 0179-4284231 Do, 15 Uhr, Beratung Mietrecht, STZ Fr, 10 Uhr, Mobiles Schreib-Büro, STZ TREFFS MIT NACHBARN Treff vorm STZ: Auf der roten Bank …, Di 10 Uhr | Runde um den Block, Do 14 Uhr | Spazieren in 2er Gruppen, Di 14 Uhr | Radtour Fr 10 Uhr Mo, 10–12 Uhr Online: Plauschen und Handarbeit mit Margot Di, 12–15 Uhr Computer-Kurs mit eigenem Laptop AWO Mi, 10 Uhr Online „Fit im Kopf“: Gedächtnistraining mit Margot … FÜR FAMILIEN Do, 15.30 Eltern-Kind-Sport, für Kinder 3-4 Jahre, Familienzentrum Do, 16.30 Abenteuer Bewegung, für Kinder 4-6 J., Familienzentrum … IN DEN GEMEINDEN Mo-Fr, 10–18 Uhr Offenes Foyer, Sühne Christi Mo+Do 14–16, Di+Fr 14–18 Uhr, Offene Bibliothek Mo 11–13, Do 10–12 + 16–18 Uhr Offene Gedenkkirche Plötzensee So., 13.12., 12–14 Uhr Spaziergang: Charlottenburg – Vom Dorf mit Schloss zur bürgerlichen Groß­ stadt“, Treff Villa Oppenheim Sa, 28.11., 17 Uhr, Gottesdienst 50 Jahre Gemeindezentrum, Tel. 3813478, Ev. Gedenkkirche Sa, 5.12., 6.2.2021, 10–13 Uhr Führung auf dem Pfad der Erinnerung – mit Pf. Michael Maillard, Treff Sühne Christi, Tel. 3813478 So, 6.12., 11 Uhr, Familien-Gottesdienst zum Nikolaus, Sühne Christi So, 13.12. 14 Uhr, Advents-Gottesdienst mit Bläser & Kinderchor, Sühne Christi Klaus kräht und erwartet Neugierige zu beobachten. Beliebt sind auch Basteleien mit Kastanien, Zweigen oder Stroh. Klaus mit seiner Freundin, der Henne Uschi Klaus, der stolze Hahn, ist hier der Chef, in der „Erlebniswelt Tier und Natur“ im Volkspark Jungfernheide. Alles fing 2015 mit ein paar Ziegen an. Heute kommen 20.000 Gäste pro Jahr, darunter Familien, Kinder- und Seniorengruppen. Man feiert hier Kindergeburtstag oder trifft sich mit Kollegen, um die Ziegen, Hühner, Enten, Kaninchen oder Meerschweinchen zu füttern und Die dafür nötigen Ställe und Gehege sowie die Bienenstöcke wurden nach und nach über Spenden und Zuwendungen finanziert. Dank des großen Engagements der Mitarbeitenden gibt es zudem Hütten für Futter, Heu und Stroh, einen Spielplatz sowie Hochbeete und Blumenrabatten. Gepflegt wird alles von den Angestellten der Träger (abw e.V. und ajb KULTUR bis 21.3. Ausstell. Wohnverhältnisse, „Charlottenburg-Wilmersdorf und die Wohnungsfrage“, Villa Oppenheim Ausstellung „Ringsiedlung im Vergleich Le Cobusier“, S. 14, Infostation Ausgewählte Kiez-Adressen Arbeiterwohlfahrt AWO Hofackerzeile 1 Bibliothek, Halemweg 18 gGmbH) sowie von jungen Menschen mit sozialen oder psychischen Beeinträchtigungen. Und Hahn Klaus ist immer zur Stelle, hat sich längst mit den neuen Nachbarn vom Kindergarten Erlebniswald angefreundet. Auf deren weitläufigem Gelände sollen, wenn möglich, schon 2021 Alpakas grasen. Ein Besuch bei Klaus lohnt sich auch im Winter. Geöffnet ist Dienstag – Sonntag ab 10 Uhr. Reinhold Kolkman-Weisel, ajb Ev.Gedenkkirche Plötzensee, Heckerdamm 226 Erlebniswelt Tier & Natur Volkspark Jungfernheide Familienzentrum Jungfernheide, Heckerdamm 242 Hochseilgarten (Winterpause) Infostation Siemensstadt, Goebelstr. 2 Jugendclub JC Heckerdamm 210 Jugendclub JC Halemweg 18 JC Café Nightflight, Heckerdamm 226 Kath.Gedenkkirche, Heckerdamm 230 Kiezstube R  eichweindamm 6 Stadtteilzentrum STZ, Halemweg 18 Sühne-Christi Ev. Gemeinde­­zentrum + Diakonie, Toeplerstr. 1–5 Villa Oppenheim, Schloßstr 55 Impressum: Herausgeber: Bezirksamt Charlotten­ burg-Wilmersdorf, Sozialraumorien­ tierte Planungskoordination (SPK), Doris Leymann, Goslarer Ufer 39, 10589 Berlin, © November 2020 V.i.S.d.P.: Dipl.-Journ. Bianka Gericke Tel. 4208 6812, 0177-539 7083, Re­ daktion Charlie, Halemweg 18, 13627 Berlin, redaktion@charlie-berlin.org Abbildungen, falls nicht anders gekennzeichnet: LayoutManufaktur Redaktionelle Mitarbeit: Gudrun Radev, LayoutManufaktur; Jörg Schulenburg, Stadtteilkoordina­tion; Kerstin Semrau, Stadtteilzentrum; Hannelore Kamwa; Monika Haleck, Peter Krug, Mieterbei­ rat Gewobag; ­Patricia Spengler, Fach­ bereich Stadtplanung; Nadine Fehlert von Jahn, Mack & Partner – Gebiets­ beauftragte Fördergebiet Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Die Zeitung erscheint ohne gewerb­liche Anzeigen 4x pro Jahr im Auftrag des BA Charlottenburg-Wilmersdorf Gesamtauflage: 5.000, kostenlos Redaktionsschluss Ausgabe 11: 30. Januar 2021
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