WIRTSCHAFTSUND INNOVATIONSBERICHT
BERLIN 2021/2022
Inhalt
Vorwort5
I.
Wirtschaftspolitik in Berlin
6
II.
Wirtschaftsentwicklung in Berlin
9
III.
Wirtschaft
21
1. Cluster der innoBB 2025
21
1. Gesundheitswirtschaft / Life Science
24
2. IKT, Medien und Kreativwirtschaft
26
3. Verkehr, Mobilität und Logistik
32
4. Optik und Photonik
35
5. Energietechnik
37
6. Weitere Innovationsfelder
39
2. Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik
41
3. Startups
45
4. Soziale Ökonomie
47
5. Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
48
6. Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
51
7. Wirtschaftsrechtliche Aspekte
56
8. Services und Förderung für Unternehmen
58
1. Unternehmensservice
58
2. Gründungsförderung
60
3. Innovationsförderung
63
4. Zuschüsse für Unternehmen und Infrastruktur
67
5. Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen
72
IV.
V.
VI.
Energie
75
1. Energiepolitik
75
2. Energieversorgung
78
Betriebe
79
1. Berliner Stadtreinigungsbetriebe
79
2. Berliner Verkehrsbetriebe
83
3. Berliner Wasserbetriebe
86
Berliner Wirtschaftsdaten
90
3
Vorwort
Das Jahr 2021 war politisch geprägt von der Bewältigung der
wirtschaftlichen Folgen, die die Bekämpfung der COVID-19Pandemie mit sich brachte. Um einen reibungslosen Start in
eine Nach-Pandemiezeit zu gewährleisten, haben wir Anfang
2022 das Maßnahmenpaket „Neustart Wirtschaft“ auf den
Weg gebracht. Es stellt darauf ab, mit gezielten Konjunkturimpulsprogrammen vor allem für die am stärksten betroffenen
Branchen die Berliner Wirtschaft schnellstmöglich wieder auf
einen dynamischen Wachstumspfad zurückzubringen.
Seit dem 24. Februar 2022, dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, hat sich die Situation radikal verändert. Von einem Tag auf den anderen sind wir mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. So stehen wir deutlicher
als je zuvor vor der Notwendigkeit einer strategischen Diversifizierung unserer Handels-, Liefer- und Rohstoffbeziehungen,
um einseitige Abhängigkeiten und die damit verbundenen Risiken zu reduzieren und dadurch unternehmerische Wertschöpfungsketten zu stabilisieren. Auch für die öffentliche Daseinsvorsorge ergeben sich hieraus neue Herausforderungen,
denen wir gemeinsam mit den landeseigenen Betrieben und
Versorgern begegnen werden. Ziel bleibt es, die Dynamik der
Vorjahre sowohl bei der Umstellung fossiler auf erneuerbare
Energieträger als auch bei der Digitalisierung von Wirtschaft
und Gesellschaft beizubehalten.
mer wieder neu zu erfinden, gut aufgestellt, all diese Herausforderungen zu meistern.
Die landeseigenen Unternehmen sind dabei wichtiger und aktiver Bestandteil des Berliner Innovationsgeschehens. Das InfraLab, die Innovationswerkstatt unserer Infrastrukturunternehmen, ist hierfür ein gutes Beispiel.
Der vorliegende Wirtschafts- und Innovationsbericht gibt Ihnen einen informativen Einblick in all die Potenziale, die in dieser Stadt stecken. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre!
Stephan Schwarz
Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Diese quer durch alle Branchen reichenden Notwendigkeiten
struktureller Neuausrichtung werden in den kommenden Jahren die Wirtschafts- und Energiepolitik bestimmen. Ihre kreative Umsetzung wird über die mittel- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Berlin entscheiden.
Ein zentraler Faktor wird dabei auch sein, dass es gelingt, die
Verfügbarkeit von Fachkräften für den Standort Berlin sicherzustellen.
Ich sehe Berlin mit seinem ausgewogenen Mix aus breit gefächertem Dienstleistungssektor und leistungsstarken produzierenden Unternehmen, seiner hervorragend aufgestellten Wissenschafts- und Forschungsinfrastruktur, seiner dynamischen,
innovativen Startup-Szene sowie der in den vergangenen
Jahrzehnten bewiesenen Bereitschaft und Fähigkeit, sich im-
5
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
Die Corona-Pandemie hat Berlins Wirtschaft, bis dahin mit dem bundesweit stärksten Wachstum, in unterschiedlicher Weise getroffen. Besonders die Gastronomie, die Hotellerie, der Tourismus, die Veranstaltungsund Kulturbranche, aber auch der Einzelhandel hatten hohe Belastungen zu tragen. Um wieder auf Erfolgskurs zu kommen und an das Wirtschaftswachstum vor der Corona-Pandemie anzuknüpfen, werden sie im
Rahmen des Programms „Neustart Berlin“ gezielt unterstützt.
Die Wirtschaft Berlins steht im Sommer 2022 vor besonderen
Herausforderungen. Die Corona-Pandemie ist immer noch
nicht überwunden und wirkt sich weiterhin, wenn auch abgeschwächt, auf Teile der Berliner Wirtschaft aus. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat
zu einer politischen Zeitenwende geführt. In seiner geopolitischen Auswirkung bedroht er eine stabile Energieversorgung
und verhindert ein reibungsloses Funktionieren von Liefer- und
Produktionsketten. Gleichzeitig macht der Klimawandel ein
grundlegendes und nachhaltiges Umsteuern von Wirtschaft
und Gesellschaft unabdingbar. Die Digitalisierung schreitet
voran und treibt Unternehmen und Verwaltung an, sich in vielerlei Weise neu zu erfinden. Die Berliner Wirtschaftspolitik
steht damit vor vielfältigen Aufgaben, die gemeinsam mit den
Unternehmen der Stadt angegangen werden, um Berlin eine
Zukunft als moderner, kreativer und offener Wirtschaftsstandort zu sichern.
entlastet und die Einnahmenausfälle den Bezirken vom Senat erstattet werden. Neue Marketingaktivitäten sollen für
Berlin als touristisches Ziel und Standort für Kongresse,
Messen und Veranstaltungen werben und innovative Kampagnen für stadtverträglichen Tourismus unterstützt werden. Der stationäre Einzelhandel soll weiter für den digitalen Wettbewerb fit gemacht und zusammen mit dem Handelsverband sollen neue Shopping-Kampagnen entwickelt
werden, womit auch die Zentren gestärkt werden. Die Kreativwirtschaft wird gezielt gefördert, unter anderem mit
Veranstaltungen zur Vernetzung und Fachkräftegewinnung.
•
Mitte März 2022 haben sich erstmals die an der Umsetzung der Gigabit-Strategie beteiligten Akteure aus Berliner
Senat, den Berliner Bezirken und der Telekommunikationswirtschaft getroffen und sich darauf verständigt, den flächendeckenden Ausbau verfügbarer Gigabit-Netze – leitungsgebunden wie Mobilfunk – voranzutreiben. Hinsichtlich der drängendsten Herausforderungen sowohl im Bereich der leitungsgebundenen Anschlüsse als auch des
5G-Mobilfunkausbaus wurden Maßnahmen identifiziert
und priorisiert, die nunmehr durch die Fachebene umgesetzt werden. Federführend für das Land Berlin treibt die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in
koordinierender Funktion den Gigabitausbau voran. Den
Grundstein für die „Gigabit-Hauptstadt Berlin“ hat der Berliner Senat mit Beschluss der Gigabit-Strategie am 15. Juni
2021 gelegt. Als langfristiges Ziel (bis 2030) definiert die
Strategie eine flächendeckende Glasfaserversorgung Berlins auf Basis von FTTB/H (Glasfaserleitung bis zum Gebäude bzw. bis zur Wohnung des Kunden) sowie mittelfristig (bis 2025) die Umsetzung einer vollständigen 5G-Mobilfunkversorgung. Die Gigabit-Strategie setzt dabei in
erster Linie auf den eigenwirtschaftlichen Ausbau der Telekommunikationsunternehmen, der durch die Berliner Verwaltungsressorts ganzheitlich unterstützt und koordiniert
wird.
•
Junge, innovative Unternehmen ziehen Talente aus der ganzen Welt in die Hauptstadtregion und schaffen Arbeitsplätze
in erheblicher Zahl: Nahezu 70.000 gibt es allein bei Start
ups am Standort Berlin. Im Jahr 2021 floss so viel Wagniskapital in Berliner Startups wie nie zuvor: über 10 Mrd. €.
Damit liegt Berlin unter den Top 10 der Standorte für Finanzierungen weltweit. Berlin hat starke Startups im Bereich Fintech, im Bereich Food-Delivery – aber ist eben nicht auf
einzelne Branchen beschränkt. Berlin hat diese positive Ent-
In den ersten 100 Tagen der neuen Regierungskoalition wurden mit vereinten Kräften vier Programme auf den Weg gebracht, die neben ihrer konkreten Zielausgerichtetheit verdeutlichen sollten, wo die Schwerpunkte der Wirtschaftspolitik in
den kommenden Jahren liegen werden:
•
6
Das Programm „Neustart Wirtschaft“ enthält sowohl branchenspezifische als auch branchenübergreifende Maßnahmen. Branchenübergreifend wirkt der Berliner InvestitionsBONUS. Branchen wie der Einzelhandel, die Gastronomie, die Tourismuswirtschaft sowie Dienstleistungs- und
Handwerksunternehmen erhalten damit erstmals Zugang
zu Zuschüssen für erforderliche Investitionen. Das Zuschuss
programm ist grundsätzlich branchenoffen und unterstützt
Investitionen von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie freiberuflich Tätigen mit Sitz oder Betriebsstätte
in Berlin, die pandemiebedingt betriebliche Investitionen
zurückgestellt haben und zugleich Arbeitsplätze schaffen
bzw. erhalten wollen. Detaillierte Informationen zu Programm und Antragstellung stellt die Investitionsbank Berlin
auf ihrer Website zur Verfügung. Branchenübergreifend
kommt zudem wieder die Digitalprämie zum Einsatz, um
die Digitalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen
zu unterstützen. Branchenspezifische Maßnahmen für den
Tourismus und die Gastronomie, die Veranstaltungswirtschaft, den Handel und die Kreativwirtschaft sind thematisch in die Bereiche Marketing/Akquise, Vernetzung/Daten und Resilienz/Fachkräfte geclustert. Die Gastronomie
soll etwa durch den Erlass von Sondernutzungsgebühren
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
wicklung auch seiner vielfältigen Förderlandschaft zu verdanken, die durch institutionelle, aber auch private Akteure
geprägt ist. Um dieses einzigartige Ökosystem zu pflegen
und auszubauen, wird die Berliner Startup-Agenda mit der
Ausrichtung auf die Schwerpunkte Nachhaltigkeit, Talentförderung, Verwaltungsmodernisierung, Diversität und Vernetzung weiterentwickelt.
•
Dass sich Energieeffizienz und Klimaschutz auszahlen, haben viele Berliner Unternehmen verinnerlicht und durch
Einsparerfolge bewiesen. Doch gerade für kleine und mittlere Betriebe ist die Planung und Umsetzung von Energieeffizienz- und Klimaschutzvorhaben oft eine Herausforderung. Hier soll die Koordinierungsstelle für Energieeffizienz und Klimaschutz im Betrieb (KEK) Abhilfe schaffen. Sie
unterstützt seit Februar 2022 Berliner Unternehmen individuell, neutral, kostenfrei und unbürokratisch, konkrete
Schritte in Richtung Energieeffizienz und Klimaschutz zu
gehen. So kann Berlin gemeinsam mit den Unternehmen
die Klimaschutzziele erreichen. Das Leistungsangebot der
KEK als zentrale Anlaufstelle für Berliner Unternehmen umfasst Basisberatungen zu allgemeinen Informationen rund
um Energieeffizienz und Klimaschutz und zu passenden
Förderprogrammen, individuelle KMU-Detailberatungen
sowie Austausch- und Vernetzungsangebote. Besonderen
Mehrwert bietet dabei die ebenfalls kostenfreie KMU-Detailberatung: In einer maßgeschneiderten Beratung werden Energieeffizienz- und Klimaschutzpotenziale identifiziert, Projektideen konkretisiert oder die Rentabilität möglicher Maßnahmen eingeschätzt. Durch diese individuelle
Begleitung wird den Unternehmen aufgezeigt, welche
Schritte in Richtung Energieeffizienz und Klimaschutz möglich sind und welcher Mehrwert entstehen könnte. Runde
Tische und Netzwerke für Energieeffizienz und Klimaschutz
ermöglichen es den Unternehmen, sich mit Fachexpertin
nen und -experten und Gleichgesinnten auszutauschen
und Synergien zu nutzen.
Die vier Maßnahmen des 100-Tage-Programms sind sehr erfolgreich angelaufen und fanden große Resonanz.
Gleichzeitig stellt jedoch der Krieg in der Ukraine mit seinen
unabsehbaren Folgen den Wirtschaftsstandort vor große Herausforderungen: Lieferkettenprobleme, daraus resultierende
Knappheiten in den Produktionsprozessen und erhebliche
Preissteigerungen, insbesondere im Energiebereich, aber
auch bei Dingen des alltäglichen Lebens. Gleichzeitig stehen
all die strukturellen Neuausrichtungsnotwendigkeiten im Raum,
deren kreative Umsetzung über die mittel- und langfristige
Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandstandortes Berlin
entscheiden wird: Digitalisierung und Dekarbonisierung. Die
Notwendigkeit der Transformation und die Gefahr einer Rezession treffen gegenwärtig aufeinander.
Die Bewältigung dieser besonderen Lage bedarf erheblicher
Kraftanstrengungen, sollte aber auch als Katalysator zum
Wandel wahrgenommen werden, durch besonnenes Agieren
auf den Vor-Pandemie-Wachstumspfad zurückzukehren und
den Möglichkeiten und Notwendigkeiten der wirtschaftlichen,
sozialen und ökologischen Transformation offensiv zu begegnen. Das Coronavirus hat viel Leid, Einschränkungen und wirtschaftlichen Schaden mit sich gebracht. Gleichzeitig hat es
aber auch die Digitalisierung stark beschleunigt: Weder Homeoffice noch Videokonferenzen, weder Hybridunterricht noch
Online-Einkäufe werden wieder aus dem Gesellschaftsbild
verschwinden. Ebenso wird das System der Energieerzeugung
und -versorgung vor dem Hintergrund aktuell gemachter geopolitischer Erfahrungen ganz neu auszugestalten sein. Transformative Krisen schaffen somit häufig beides: schmerzliche
Umbrüche und innovative Impulse zum Wandel.
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist das Thema Digitalisierung als Herausforderung und Chance uneingeschränkt in
der Mitte der Wirtschaft angekommen. Jedes Unternehmen –
egal in welcher Branche und in welcher Größenordnung – wird
aktuell mit der Frage konfrontiert, ob sein Geschäftsmodell vor
dem Hintergrund der Zukunftsherausforderungen noch trägt.
Für viele geht es dabei selten um nicht weniger als einen elementaren disruptiven Wandel kompletter Prozesse – seien es
Wertschöpfungs- oder Vertriebsprozesse, überall finden radikale Veränderungen statt.
Aus dem dynamischen Strukturwandel in den vergangenen
Jahren resultiert, dass Berlin schon heute national und international zu den digitalen Hotspots Europas gehört. Aktuell arbeiten mehr als 77.000 Menschen in der Berliner Digitalwirtschaft,
zum großen Teil noch im B2C Sektor, zunehmend aber auch im
Geschäftsfeld B2B. Die Unternehmen des Clusters der „Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“ (innoBB 2025) sind wesentliche Treiber der digitalen
Transformation und gleichzeitig führende Anwender neuer digitaler Lösungen am Standort. Sie leisten im Zusammenspiel
mit E-Commerce, Banking, Gesundheitswirtschaft, Mobilität,
Energie und weit darüber hinaus einen entscheidenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit Berlins. Bei den meisten
Startups gehört die Digitalisierung quasi zur unternehmerischen DNA. Kleinere Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors oder des Handwerks hingegen sind häufig im Tagesgeschäft gebunden, zudem fehlt es
mitunter an Know-how und den notwendigen Ressourcen, die
Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells voranzutreiben.
Mitunter wird die Bedeutung der Digitalisierung für die eigenen Geschäftsprozesse noch nicht klar genug realisiert. Hier
unterstützt die Wirtschaftspolitik durch Beratungen z.B. in der
Berliner Digitalagentur bzw. durch finanzielle Unterstützung
über die Digitalprämie – unbürokratische Direktzuschüsse für
konkrete Digitalisierungsvorhaben.
Berlin ist durch ein dynamisches Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum geprägt. Zukunftsfähig wird diese rasante
Entwicklung nur sein, wenn es gelingt, Wachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln. Ziel ist die kohlefreie und möglichst dezentrale Energieerzeugung sowie die
intelligente und effiziente Verteilung und Nutzung von Energie
7
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
– übergreifend über die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr.
Obwohl es durch die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie zu Verzögerungen gekommen ist, konnten wichtige Vorhaben für die Energiewende und
zur Dekarbonisierung in Berlin vorangebracht werden. Der
Krieg in der Ukraine zeigt dramatisch, wie dringend es ist, die
Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. Klimapolitisch hat Berlin sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bereits bis
2030 sollen die CO2-Emissionen in Berlin zu mindestens 70 %
reduziert sein – fünf Prozentpunkte mehr als im Bund; bis 2045
sollen es 95 % weniger sein als 1990. Schon jetzt ist Berlin
deutschlandweit das Land mit den wenigsten CO2-Emissionen
pro Kopf und liegt 41 % unter den Werten von 1990.
Der Masterplan Industriestadt Berlin (MPI) ist ein Bekenntnis
des Netzwerks Industriepolitik, bestehend aus Kammern, Verbänden, Gewerkschaften und Fördereinrichtungen des Landes
zur Industriestadt Berlin und bietet als Instrument der modernen Industriepolitik den Rahmen für Maßnahmen und Initiativen zur Stärkung und Unterstützung der Industrie in der Stadt.
Der Masterplan Industriestadt Berlin 2018-2021 vereint zum
Ende seiner Laufzeit insgesamt 111 Maßnahmen und Projekte.
Trotz pandemiebedingter Einschränkungen in den Jahren
2020 und 2021 konnten die ambitionierten Ziele einer Vielzahl
von Maßnahmen erreicht und ein Beitrag zur Zukunftsfähigkeit
des Wirtschaftsstandorts geleistet werden. Im Handlungsfeld
„Fachkräfte und Innovation“ reicht das Spektrum der Förderungen von der im Rahmen des MPI pilotierten und anschließend durch die HTW Berlin verstetigten Transfer-Initiative trao
und dem SpreeHUB (ebenfalls HTW) bis zur Weiterentwicklung
des HU Transfermanagements, das die Zugänge von anwendungsorientierten Forschungspartnerinnen und -partnern mit
KMU etabliert und somit das Innovationsgeschehen stärkt. Im
Handlungsfeld „Digitalisierung“ wurde die Grundlage für ein
digitales „Grünes Kraftwerk“ im Gewerbegebiet Motzener
8
Straße geschaffen. Mit dem IoT+ Network hat sich ein heterogenes Konsortium von Unternehmen, Startups, Hochschuleinrichtungen und Company Buildern - koordiniert durch die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (BPWT) - zum
Ziel gesetzt, das Angebot, die Zugänglichkeit, den Nutzen und
die Präsenz des Themenfeldes Internet of Things in Berlin zu
verbessern und zu stärken. In den Handlungsfeldern „Rah
menbedingungen“ und „Marketing“ wurde die Aktivierung
weiterer landeseigener Gewerbeflächen vorangetrieben und
der Messeauftritt auf der Hannover Messe Industrie in den Fokus genommen. Die Fortschreibung des MPI für die Jahre
2022-2026 mit den drei zentralen Themen digitale Transformation, ökologische Transformation sowie Transformation der
industriellen Arbeitswelt wurde Mitte August 2022 vom Berliner
Senat beschlossen.
Auch war 2021 ein Jahr mit außerordentlich hohen Antragszahlen und Bewilligungen in der Gemeinschaftsaufgabe zur
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW). Die
Auszahlungen waren 16,1 % höher als im Vorjahr. Mit zusätzlichen Mitteln aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung
konnten viele neue Projekte finanziert werden. Darunter waren
erste Maßnahmen am Standort Tegel, der Neu- bzw. Ausbau
von Brücken und der Ausbau von Wasserstraßen. In den Vorjahren wurde eine Vielzahl künftiger Investitionsvorhaben vorbereitet, in der Unternehmensförderung wie auch in der wirtschaftsnahen Infrastruktur. Schwerpunkte der GRW-Förderung
in den kommenden Jahren sind Erschließungen des Gewerbeund Industrieparks “Berlin TXL – The Urban Tech Republic”, im
Clean Tech Business Park in Berlin-Marzahn und seinem Umfeld, auf dem FUBIC-Areal in Steglitz-Zehlendorf, auf der WISTA-Gleislinse und im Innovationspark Wuhlheide in Treptow-Köpenick. Weiterhin unterstützt die GRW den Neu- und
Ausbau sowie die Ausstattung von Bildungseinrichtungen. Hier
stehen die Oberstufenzentren weiterhin im Mittelpunkt.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Die Berliner Wirtschaft ist 2021 auf den Wachstumspfad zurückgekehrt. Das Bruttoinlandsprodukt stieg um
real 3,3 %, nachdem es 2020 nach sieben Jahren wirtschaftlichen Wachstums pandemiebedingt gesunken
war. Der Ukraine-Krieg führt aber zu neuen starken wirtschaftlichen Belastungen u.a. durch steigende Energiepreise, gestörte Lieferketten und hohe Unsicherheit. Dies verschlechtert den Ausblick für 2022. Sofern
die Energieversorgung insgesamt weiter gewährleistet werden kann, ist wirtschaftliches Wachstum in Berlin
durch expandierende Dienstleistungsbranchen wie Information und Kommunikation sowie Impulse infolge
der gelockerten Corona-Regeln aber weiter zu erwarten.
Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung
Berlin hat sich 2021 wirtschaftlich stabilisiert und steigerte das
reale Bruttoinlandsprodukt um 3,3 %, nach einem pandemiebedingten Rückgang von 3,8 % im Vorjahr. Damit glich Berlin
einen großen Teil der Einbußen aus 2020 aus und knüpfte an
die Wachstumszahlen in den Jahren vor der Corona-Pandemie an. Bundesweit nahm das Bruttoinlandsprodukt, nach einem Minus von 4,6 % in 2020, letztes Jahr nur um 2,9 % zu.
Insgesamt lag das Bruttoinlandsprodukt 2021 in Berlin bei
rund 163,0 Mrd. €; dies waren 8,4 Mrd. mehr als im Vorjahr.
Die Dienstleistungsbranchen erbrachten 86,9 % der Wertschöpfung, konnten diese im letzten Jahr um real 4,1 % steigern
und hatten eine ähnlich gute Entwicklung wie im Vorfeld der
Pandemie. Damit lösten sie die wesentlichen Impulse für den
Anstieg der Wirtschaftsleistung aus.
In das laufende Jahr ist die Berliner Wirtschaft grundlegend
stabil gestartet. Die Inflationsrate, die sich im Frühjahr 2022
weiter verschärft hat und bei den Verbraucherpreisen in Berlin
im August bei 7,6 % lag, hatte aber bereits zu Jahresbeginn das
Wirtschaftsklima belastet. Dies gilt ebenso für die Lieferengpässe. So fielen die Geschäftserwartungen laut IHK-Umfrage
Anfang 2022 schwächer aus als letzten Herbst, wobei der Positivsaldo aus optimistischen und pessimistischen Prognosen der
Unternehmen von 22 auf 15 Punkte zurückging. Durch den
Ukraine-Krieg haben sich die Belastungen bei Preisen und Lieferengpässen nochmal erhöht. Davon zeigten sich 48 % bzw.
36 % der Unternehmen in erheblichem Umfang negativ betroffen, womit sie noch stärker als Belastung empfunden wurden
als am Jahresbeginn. Entsprechend sind die Geschäftserwartungen gemäß der IHK-Frühjahrsumfrage weiter zurückgegangen und lagen mit 5 Punkten nur noch knapp im positiven Bereich. Auch bundesweit hat sich die Stimmung spürbar verschlechtert und der ifo-Index war nach einem Einbruch im März
bei den Prognosen zum weiteren Geschäftsverlauf auch zur
Jahresmitte deutlich belastet, was auch aus den starken Unsicherheiten hinsichtlich der Gasversorgung resultierte. Die zurzeit hohen Risiken wirken sich branchenübergreifend aus, wobei die einzelnen Wirtschaftszweige mit unterschiedlichen Voraussetzungen in das laufende Jahr gestartet sind.
Zu beachten sind negative Faktoren wie die stark erhöhten
Energiepreise und die nochmals verschärften Lieferprobleme,
von denen gerade die Industrie und das Baugewerbe betroffen sind. Damit ist in diesen Branchen trotz der guten Auftragslage der für 2022 zunächst erwartete Wertschöpfungsimpuls in
realer Betrachtung gedämpft.
Auf der anderen Seite gibt es weiterhin Auftriebskräfte im Kontext der Berliner Wirtschaftsstruktur. Dies gilt insbesondere für
das beschäftigungsgetriebene Wachstum in wichtigen Berliner
Dienstleistungsbereichen. Die Branche Information und Kommunikation, die 2021 bereits ein Fünftel des Wertschöpfungswachstums in Berlin erbracht hat, und die öffentlichen Dienstleistungen sind mit einem hohen Beschäftigungsniveau in das
laufende Jahr gestartet und dürften weiter expandieren. Zudem sind im laufenden Jahr im Zuge einer nachlassenden
Pandemie Konsumimpulse zu erwarten, auch wenn diese
durch den Preisauftrieb stark gedämpft werden. Vor allem
aber dürfte der Berlin-Tourismus 2022 aufgrund des Basiseffektes in Form schwacher Vorjahreswerte sowie der pandemischen Lockerungen spürbar zunehmen und positiv auf das
Gastgewerbe ausstrahlen. Zunehmende Gästezahlen in Berlin
machen sich im stationären Einzelhandel und in der Veranstaltungs-, Kongress- und Kulturbranche ebenfalls positiv bemerkbar. Dies strahlt wiederum positiv auf die wirtschaftsnahen
Dienstleistungen aus. Auch wenn sich die aktuellen Geschäftshemmnisse direkt und indirekt ebenfalls im tertiären Sektor
auswirken, dürften die Wachstumsbeiträge der Dienstleistungsbranchen in Berlin 2022 zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung führen.
Um die Härten infolge der Corona-Pandemie weiter abzufedern, hat der Berliner Senat unter anderem das Programm
„Neustart Wirtschaft“ gestartet. Dieses hilft der Wirtschaft auf
verschiedenen Ebenen und im Kontext der Spezifika der Berliner Wirtschaftsstruktur. Das Programm „Neustart Wirtschaft“
richtet sich an die Tourismus- und Veranstaltungsbranche,
den Einzelhandel, die Hotellerie und Gastronomie sowie die
Kreativwirtschaft. Es bündelt mehr als 30 passgenaue Maßnahmen, die gezielt betroffene Unternehmen entlasten und
zur Ankurbelung ihres Geschäfts beitragen sollen. Herzstück
des Programms ist der Berliner InvestitionsBONUS. Erstmals
erhalten damit kleine und mittelständische Unternehmen, inklusive des Dienstleistungs- und Handwerksektors, sowie
Freiberuflerinnen und Freiberufler Zugang zu Investitionszuschüssen.
9
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Viele neue Beschäftigte
Die wirtschaftlichen Brüche infolge der Corona-Pandemie haben in starkem Maße den Berliner Arbeitsmarkt belastet, der
sich aber 2021 und im bisherigen Jahresverlauf 2022 aber
wieder spürbar erholt hat. Ausdruck der positiven Entwicklungen und einer wieder höheren Arbeitskräftenachfrage ist besonders die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die sich deutlich erhöht hat. Bereits im Juni 2021 lag sie
um rund 43.300 bzw. 2,8 % über dem Stand vom Vorjahresmonat. Im Zuge einer weiterhin positiven Entwicklung gab es
im Dezember 2021 in Berlin sogar 59.600 bzw. 3,8 % Beschäftigte mehr als ein Jahr zuvor; bundesweit entstand ein Plus von
1,7 %. Nach schwächeren Werten in den Vorquartalen gab es
einen deutlichen Anstieg um 53.100 im letzten Quartal 2021
auch bei der Gesamtzahl der Erwerbstätigen. Auch die Entwicklung im laufenden Jahr war bislang positiv. Im ersten
Quartal 2022 lag die Erwerbstätigenzahl um 73.900 über
dem Stand vom Vorjahreszeitraum. Bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wurde mit Stand Juni nach
vorläufigen Angaben ein Plus von 71.100 erreicht.
Mit der verbesserten Beschäftigungssituation ist ein spürbarer
Rückgang der Kurzarbeit verbunden, die sich auf einem nur
noch geringen Niveau befindet. Trotz der wieder aufflammenden Pandemie und der zurzeit hohen Unsicherheit fiel die Zahl
der Kurzarbeitenden im Mai 2022 in Berlin mit rund 11.200
deutlich geringer aus als ein Jahr zuvor mit 108.000 betroffenen Personen. Somit befanden sich im Mai noch anteilig 0,7 %
der Beschäftigten in Kurzarbeit. Entsprechend haben sich im
Zeitablauf auch die neuen Anzeigen zur Kurzarbeit spürbar zurückgebildet. Im August 2022 gingen von 77 Betrieben neue
Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit ein; im August des
Vorjahres hatte diese Zahl bei 105 und im Januar 2021 noch
bei 3.533 gelegen.
Die Zahl der Arbeitslosen, die 2020 im ersten Lockdown
sprunghaft gestiegen war, ist im Jahresverlauf 2021 wieder
deutlich zurückgegangen und zeugt ebenfalls von der insgesamt wieder stabileren Situation am Berliner Arbeitsmarkt.
Durch die hohen Werte von Anfang 2021 fiel die jahresdurchschnittliche Zahl aber mit 198.400 noch etwas höher aus als
2020 mit 192.600 Personen. Die Arbeitslosenquote lag damit
2021 bei 9,8 %, nach 9,7 % im Jahr 2020. Im Dezember 2021
wurde der Stand vom Vorjahresmonat aber bereits um 23.100
unterschritten und auch im bisherigen Jahresverlauf 2022 sind
die Arbeitslosenzahlen rückläufig. Zwar sind die Folgen der
Fluchtmigration aus der Ukraine in der Arbeitsmarktstatistik
nun sichtbar, da die ukrainischen Geflüchteten in den Jobcentern erfasst werden und sich die Zahl der als arbeitslos registrierten Ukrainerinnen und Ukrainer zwischen Mai und August
um rund 8.500 auf 10.000 erhöht hat. Gleichwohl bewegte
sich die Arbeitslosenzahl in Berlin im August um rund 9.600
unter dem Stand vom Vorjahresmonat.
Grundlegend sind die Perspektiven für den Berliner Arbeitsmarkt aber günstig zu beurteilen. Dabei dürften insbesondere
von den wachsenden Dienstleistungsbranchen weiterhin positive Impulse auf die Arbeitskräftenachfrage ausgehen. Der
Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X) zeigte sich in
Dr. Albrecht Sommer
Leiter Stab P
Deutsche Bundesbank
Hauptverwaltung in Berlin
und Brandenburg
2. Die derzeitige primär angebotsbedingte Inflation hat sich
zu einem echten gesamtwirtschaftlichen Problem entwickelt.
Kann die EZB gegensteuern?
1. Wie sehen Sie die Berliner Wirtschaft in den jüngsten
Krisen – Pandemie, Krieg in der Ukraine – aufgestellt?
3. Der Fachkräftemangel scheint eines der Probleme der
kommenden Jahre zu werden – haben Sie eine Idee, wie
man es lösen kann?
Die Berliner Wirtschaft ist insgesamt einigermaßen gut durch
die Corona-Pandemie gekommen. Ein Standortvorteil ist die
stark durch unternehmensnahe Dienstleistungen geprägte
Wirtschaftsstruktur und die durch wenig konjunktursensitive
Branchen geprägte Berliner Industrielandschaft. Kurzfristig
gilt es nun, die Sicherheit der Energieversorgung für die Region, insbesondere mit Blick auf den Raffinerie-Standort
Schwedt zu gewährleisten.
10
Der Anstieg der Inflation hat mittlerweile nahezu alle Waren
und Dienstleistungen erfasst. Damit erhöht sich das Risiko,
dass sich die höheren Inflationsraten verfestigen und das
Vertrauen in die EZB sinkt, das angestrebte Inflationsziel von
2 % zu erreichen. Aus diesem Grund muss die Geldpolitik
entschlossen reagieren und verdeutlichen, dass sie ein dauerhaftes Überschreiten des Inflationsziels nicht tolerieren
wird.
Durch die Digitalisierung werden auch viele Arbeitsplätze
verloren gehen. Eine frühzeitige Umorientierung mit entsprechender Aus- und Fortbildung kann möglicherweise helfen,
anderswo bestehende Lücken zu stopfen. Zudem gilt es, attraktive Perspektiven insbesondere für nicht-akademische
Berufe zu entwickeln und die Zuwanderung von Facharbeitskräften so weit wie möglich zu erleichtern.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Berlin zur Jahresmitte 2022 stabil und befand sich auf einem
wieder höheren Niveau. Hinzu kommt, dass trotz der zurzeit
hohen konjunkturellen Risiken die Beschäftigungsabsichten
der Berliner Unternehmen insgesamt positiv ausfallen. Laut
IHK-Umfrage vom Frühjahr planten 34 % der Unternehmen einen Personalaufbau und 13 % einen Beschäftigungsrückgang.
Der Positivsaldo fiel mit 21 Punkten ähnlich hoch aus wie am
Jahresbeginn (19 Punkte) bzw. letzten Herbst (22 Punkte), womit die Zeichen auf einen weiteren Beschäftigungszuwachs in
Berlin stehen.
Dienstleistungen auf Expansionskurs
Im Dienstleistungssektor hatte die Corona-Pandemie schwerwiegende Folgen für die konsumnahen und kontaktintensiven
Branchen, die sich 2021 noch deutlich unter dem Niveau des
Vorjahres bewegten. Mit der Lockerung der Pandemieregelungen gehen im laufenden Jahr aber Impulse auf diese Branchen aus.
Die starken Einbrüche durch die Pandemie zeigen sich besonders beim Tourismus. Die Gästezahl ging von 2019 auf 2020
von 13,96 Mio. auf 4,95 Mio. zurück und lag 2021 mit 5,13 Mio.
noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Bei den Übernachtungszahlen ergibt sich ein entsprechendes Bild: von 2019 auf
2020 sind sie von 34,12 Mio. auf 12,28 Mio. gesunken. Im letzten Jahr gab es in Berlin dann 13,96 Mio. Übernachtungen.
Angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen und der
Folgen für den Flugverkehr waren die Rückgänge beim Auslandstourismus überdurchschnittlich hoch.
Mit dem Abklingen der Omikron-Welle und den gelockerten
Pandemievorschriften haben sich die Bedingungen für den
Berlin-Tourismus nun wieder deutlich verbessert, wie es auch
die bisherigen Zahlen für 2022 unterstreichen. Von Januar bis
Juni gab es in Berlin 11,15 Mio. Übernachtungen, Dies waren
gut viermal mehr als im Vorjahreszeitraum, aber noch rund 30 %
weniger als vor der Krise in den ersten sechs Monaten 2019.
Speziell im Juni 2022 wurde bei den Übernachtungen der Vergleichwert aus 2019 noch um rund 11 % unterschritten. Damit
zeigt sich aber weiterhin noch Aufwärtspotenzial des BerlinTourismus. Gleiches gilt für die Fluggastzahlen, die sich noch
unter dem Vorkrisenniveau bewegen, aber 2022 bislang ebenfalls zugenommen haben.
Der wieder stärkere Tourismus strahlt positiv auf das Berliner
Gastgewerbe aus, das ebenfalls in starkem Maße von den coronabedingten Schließungen und Frequenzverlusten betroffen
war. Im Jahr 2021 lagen die Umsatzzahlen, wie auch die Tourismuszahlen, nur leicht um preisbereinigt 2,4 % über dem um
rund die Hälfte eingebrochenen Wert von 2020. Allerdings
haben sich die gastgewerblichen Umsätze ab Jahresmitte
wieder erhöht und blieben im Herbst auf diesem Niveau. Das
starke Aufwärtspotenzial und die gelockerten Pandemieregelungen haben dem Gastgewerbe zudem eine gute Ausgangsposition für das laufende Jahr verschaffen, die sich in den Umsatzzahlen für das erste Halbjahr 2022 niedergeschlagen hat.
Im gesamten Gastgewerbe entstand ein Plus gegenüber dem
Vorjahreshalbjahr von real 122,4 %, wobei die Umsatzzuwächse
im Beherbergungsgewerbe und in der Gastronomie bei
170,0 % bzw. 104,0 % lagen. Da das Niveau vom ersten Halbjahr 2019 aber noch um rund 30 % unterschritten wurde, besteht wie beim Tourismus auch im Berliner Gastgewerbe noch
ein erhebliches Wachstumspotenzial. Die Geschäftserwartungen der Branche waren gemäß IHK-Frühjahrsumfrage somit
deutlich positiv ausgerichtet.
Im Berliner Einzelhandel stand das vergangene Jahr ebenfalls
noch im Zeichen der Corona-Pandemie und der Auswirkungen
der Eindämmungsmaßnahmen. Viele Einzelhändlerinnen und
Einzelhändler standen vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, auch weil die Umsätze aus dem internationalen
Tourismusgeschäft erneut schwach ausfielen. Das Umsatzwachstum von nominal insgesamt 5,2 % (2020: 4,6 %) und real
3,8 % (2020: 3,4 %) täuscht in diesem Zusammenhang über
die teils starken Verluste insbesondere der innenstadtrelevanten Branchen hinweg. Gewonnen haben vornehmlich der Onlinehandel sowie der Lebensmittelbereich. Das Jahr 2021
muss einschließlich der Entwicklungen aus 2020 somit je nach
Teilbranche differenziert betrachtet werden.
Insgesamt betrug der geschätzte Gesamtumsatz des Berliner
Einzelhandels innerhalb und außerhalb von Verkaufsräumen
(inklusive interaktiver Handel, aber ohne Kfz, Tankstellen,
Brennstoffhandel und Apotheken) 2021 ca. 20,16 Mrd. €. Beim
Einzelhandel mit Nahrungsmitteln ist der Umsatz, nach einem
Plus von real 4,6 % im Jahr 2020, im letzten Jahr noch leicht
um 0,4 % gewachsen. Der Einzelhandel außerhalb von Verkaufsräumen, im Wesentlichen der Onlinehandel, legte 2021
mit einem Umsatzwachstum von 16,0 % nochmals kräftig zu
(2020: 23,0 %). Dagegen bewegten sich stationäre Handelsbranchen unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Im Einzelhandel mit IK-Technik, Haushaltsgeräten, Textilien, Heimwerkerund Einrichtungsbedarf gingen die Umsätze 2020 und 2021
um real 1,8 % bzw. 12,0 % zurück. Bei Verlagsprodukten, Sportausrüstungen, Spielwaren und sonstigen Gütern gab es 2021
zwar ein leichtes Plus von 1,8 %, das aber den Rückgang von
8,5 % aus 2020 noch nicht ausgleichen konnte.
Normalerweise sind in- und ausländische Touristen im Berliner
Einzelhandel ein bedeutender Umsatzfaktor; insbesondere
der Bekleidungsbereich partizipiert in den touristisch geprägten Zentren deutlich davon. Die Übernachtungszahlen bewegten sich wie erwähnt 2021 aber noch deutlich unter dem
Vorkrisenniveau. In den Jahren vor der Pandemie lagen die
Umsätze insbesondere durch internationale Touristen bei bis
zu 5 Mrd. €. Diese Umsätze sind 2020 und 2021 somit größtenteils entfallen. Die Auswirkungen der Pandemie, wie rückgängige Besucherfrequenzen, geändertes Verbraucherverhalten sowie die weiter zunehmende Digitalisierung, stellen
daher insbesondere den stationären, inhabergeführten Innenstadthandel vor große Herausforderungen und erfordern ein
Umdenken der Branche, um sich an die neuen Entwicklungen
anzupassen.
11
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Die Beschäftigtenzahl im Berliner Einzelhandel ist im Jahresdurchschnitt 2021 um 2,7 % gestiegen, nachdem sie sich auch
2020 leicht um 1,2 % erhöhte hatte. Auch dies ist aber differenziert zu betrachten, denn während die Beschäftigung in stationären Handelsbranchen teils gedämpft war, gab es deutliche
Zuwächse im Onlinehandel.
leistungen verlief seitdem insgesamt weiter positiv. Ende 2021
und im Juni 2022 fiel die Beschäftigtenzahl bspw. bei Information und Kommunikation bereits um 12.500 bzw. 16.300 höher
aus als ein Jahr zuvor. Mit Wachstumsraten von 10,4 % bzw.
12,9 % war der Stellenaufbau damit etwa doppelt so stark wie
im Bundesdurchschnitt.
Erfreulich ist, dass 2021 die Neueintragungen für die Ausbildungsberufe Einzelhandelskauffrau/-mann (von 893 auf 957),
Verkäufer/-in (von 541 auf 529) sowie Kauffrau/-mann im
E-Commerce (von 56 auf 74) im Vergleich zum Vorjahr stabil
geblieben bzw. gestiegen sind. Auch im vergangenen Jahr
zählte der Einzelhandel mit 3.116 Plätzen wieder zu den stärksten Ausbildungsträgern bei den Dienstleistungsberufen.
Insgesamt gab es in Berlin am 30. Juni 2021 im Dienstleistungsbereich rund 1.377.100 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; dies waren 87 % aller
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Die künftige Entwicklung im Einzelhandel unterliegt weiterhin
Unsicherheiten im Hinblick auf die Corona-Pandemie und den
Ukraine-Krieg. Denn aus wirtschaftlicher Sicht kommt es zu
weiteren Herausforderungen wie der Unterbrechung von Lieferketten sowie stark steigenden Energiekosten, die auch im
Lebensmittelhandel die Teuerungsrate deutlich steigen lassen.
Auf der anderen Seite dürften die postpandemischen touristischen Impulse auch positiv auf stationäre Handelsbranchen
ausstrahlen.
Die Dienstleistungsbranchen sind 2021, nach dem pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr, insgesamt wieder spürbar gewachsen und konnten an die Entwicklung vor der Pandemie
anknüpfen. Dies zeigen bereits die Beschäftigtenzahlen, die
insgesamt deutlich expandiert sind. Bereits mit Stichtag 30.
Juni 2021 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wichtigen Berliner Dienstleistungsbereichen
spürbar über dem entsprechenden Vorjahresstand. Dies gilt
bspw. für Information und Kommunikation (+9.000) und den
Bereich der unternehmensnahen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (+7.400). Die Entwicklung der Dienst-
Im Dienstleistungssektor sind weiterhin überwiegend Frauen
tätig. Rund 53 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich.
Produzierende Branchen stabil
– aber hohe Risiken
Die Berliner Industrie zeigte sich 2021 gefestigt und hat die
Umsätze leicht um 2,3 % gesteigert, wobei die Entwicklung im
Ausland etwas günstiger ausfiel als im Inland. Zudem startete
die Industrie im Vorfeld des Ukraine-Kriegs auch wegen der
2021 um 9,3 % höheren Auftragseingänge stabil in das laufende Jahr, verbunden mit Produktions- und Wertschöpfungspotenzialen. So fielen die Umsätze den ersten sechs Monaten
2022 um gut 40 % höher aus als ein Jahr zuvor, wobei aber
unter anderem die stark gestiegenen Preise zu beachten sind.
Die Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen waren
laut IHK-Umfrage Anfang 2022 zunächst weiter positiv, lagen
angesichts der konjunkturellen Risiken jedoch unter dem Niveau vom letzten Herbst. Nun ist die Industrie besonders stark
von den Folgen des Ukraine-Kriegs betroffen.
Entsprechend sind die Geschäftserwartungen der Branche in
Berlin gemäß IHK-Frühjahrsumfrage deutlich gesunken und
Bruttoinlandsprodukt (real) – Berlin im Vergleich mit Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
8,0
+5,1
+3,9+3,9
+2,7 +2,2
4,0
+0,4
+0,3 +0,4
+4,3
+3,6
+1,5
+3,9
+3,3 +2,9
+2,9
+2,7
+2,2
+1,1
+1,1
0,0
-0,2
-4,0
-3,8
-8,0
Berlin
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Deutschland
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Statistisches Bundesamt
12
2018
2019
-4,6
2020
2021
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte der Dienstleistungsbranchen 2021
Absolut und prozentuale Veränderung gegenüber 2020 in %
+3,2
Gesundheits- und Sozialwesen
+3,7
Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen1
Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz
+5,2
+3,6
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen2
Information und Kommunikation
+10,4
+4,0
Erziehung und Unterricht
+2,2
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherungen
+3,6
Erbringung von sonstigen Dienstleistungen3
Verkehr und Lagerei
+6,8
+3,1
Gastgewerbe
Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen
absolute Anzahl der SvB in Tausend
25
-0,6
50
75
100
125
150
175
200
225
250
275
Freiberufl., wissenschaftl. u. techn. Dienstleistungen, Immobilien
z. B. Vermietung von beweglichen Sachen, Vermittlung von Arbeitskräften, Reisebüros, Gebäudebetreuung.
3
z. B. Erbringung persönlicher Dienstleistungen, Reparatur von DV-Geräten und Gebrauchsgütern.
1
2
Quelle: Bundesagentur für Arbeit Stand: 30.12.2021
fielen im Saldo negativ aus. Berlin ist direkt zwar nur in geringem Maße mit Russland und der Ukraine verbunden, bei einem Exportanteil im Jahr 2021 von zusammen 3,0 % und einem Importanteil von 0,5 %. Dies greift aber zu kurz, denn
neben den direkten Auswirkungen unterbrochener Geschäfte
kommt es auf die indirekten Folgen an. Mangelnde Materialien, die bspw. eine Folge von Produktionseinschränkungen bei
anderen Betrieben sind, verschärfen die Lieferengpässe vor
Ort. Hinzu kommt der massive Auftrieb bei den Energiepreisen.
Dies relativiert die bislang günstigen Industrieprognosen für
2022.
Die gesamte Außenhandelsbilanz Berlins zeigte sich 2021
wieder verbessert. Die Exporte lagen bei rund 15,82 Mrd. €
und bewegten sich damit um 9,7 % über dem Stand aus 2020
(14,42 Mrd.) und auch über dem Vorkrisenstand von 2019 (15,17
Mrd.). Dies geht einher mit der schrittweisen Stabilisierung der
Wirtschaft im abgelaufenen Jahr.
Das Baugewerbe ist in starkem Maße von Lieferengpässen
betroffen, was negativ auf das Geschäftsklima ausstrahlt. Dabei sind die Umsätze im Berliner Bauhauptgewerbe im 4.
Quartal 2021 wieder etwas gestiegen und übertrafen den
Stand vom Vorjahresquartal um 4,5 % (Betriebe ab 20 Beschäftigten). Angesichts schlechterer Werte in den drei Vorquartalen lagen sie im Gesamtjahr 2021 aber noch um 2,4 %
unter dem Stand des Vorjahres. Dagegen haben die Auftragseingänge 2021 um rund ein Viertel zugelegt und befinden
sich damit auf einem wieder höheren Niveau, wobei die Aufträge 2020 pandemiebedingt gering ausgefallen waren.
In den ersten sechs Monaten 2022 lagen im Berliner Bauhauptgewerbe die Umsätze nominal um 16,1 % und die Auftragseingänge um 11,7 % über dem Stand vom Vorjahreszeitraum, wozu aber der Preisanstieg beigetragen hat. Bei der
Zahl der genehmigten Wohnungen wurde im Zeitraum Januar
bis Juni 2022 der Stand vom entsprechenden Vorjahreszeitraum indes nicht erreicht. Der hohe Auftragsbestand, der im
Bauhauptgewerbe Ende Juni 2022 bei 2,44 Mrd. € lag, schafft
aber zunächst eine gute Grundlage für ein weiter stabiles Baugeschehen. Materialknappheit und Preisanstiege belasten
aber die Branche, dämpfen Investitionen und haben die Geschäftserwartungen laut IHK-Umfrage im Frühjahr im Saldo
negativ ausfallen lassen.
Im Berliner Handwerk wirkte sich die seit 2020 anhaltende
Corona-Pandemie in starkem Maße aus. Bspw. wurden Friseurinnen und Friseure sowie Kosmetikerinnen und Kosmetiker bis
zur Einführung der Basis-Schutzmaßnahmen aufgrund des variierenden Pandemieverlaufs und der damit einhergehenden
Eindämmungsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbetrieb deutlich
eingeschränkt. Bereits vor der Pandemie waren hohe Hygienestandards Teil der Geschäftstätigkeit dieser Gewerke, doch
dadurch, dass ihre Dienstleistungen in großer Nähe zur Kundschaft stattfinden, führten die verordneten Schutzmaßnahmen
zu niedrigeren Bedien- und Behandlungszahlen und somit
großen wirtschaftlichen Herausforderungen. „Zulieferer“ (z. B.
Tischlerinnen und Tischler für Messebau, Fotografinnen und
Fotografen für Events und Veranstaltungen, Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger, Bäckerinnen und Bäcker, Fleischerinnen und Fleischer für den Hotel- und Gaststättenbe-
13
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Industrie
Weitere Industriezweige
13%
H. v. elektrischen Ausrüstungen
14%
Sonstiger Fahrzeugbau
4%
H. v. Nahrungs - u. Futtermitteln
12%
H. v. Kraftwagen u. Kraftwagenteilen
5%
H .v. Druckerzeugnissen u. a.
5%
H. v. DV -Geräten, elektron. u. optischen
Erzeugnissen
10%
H. v. chemischen Erzeugnissen
6%
Maschinenbau
6%
H. v. pharmazeutischen Erzeugnissen
7%
H. v. Metallerzeugnissen
9%
H. v. sonstigen Waren
9%
Stand: 30.06.2021; Quelle: Bundesagentur für Arbeit
reich) hatten deutlich unter fehlenden Aufträge zu leiden, durch
Einstellung oder nur eingeschränkte Geschäftstätigkeit der
„Auftrag gebenden“ (Messen, Veranstaltungen, eingeschränkte oder aus betriebswirtschaftlichen Gründen gänzlich eingestellte Tätigkeit von Hotellerie und Gastronomie etc.). Die Gewerke des Bau- und Ausbauhandwerks konnten zwar ihre Leistungen anbieten, waren aber in Folge der durch die Pandemie
gestörten Lieferketten von Materialengpässen und steigenden
Preisen der Vor- und Zwischenprodukte stark betroffen.
Die Ukraine-Krise und der seit 24. Februar 2022 herrschende
Angriffskrieg Russlands in der Ukraine haben aus wirtschaftlicher Sicht zu weiteren, erheblichen Verwerfungen auf den internationalen Energie-, Rohstoff- und Gütermärkten geführt, die
auch das Berliner Handwerk treffen. Gegenwärtig ist nicht abzusehen, wie sich die weitere Entwicklung gestalten wird, so
dass davon auszugehen ist, dass die Geschäftstätigkeit der betroffenen Handwerksbetriebe zukünftig Störungen erleben wird.
Für Berlin ist das Handwerk dabei ein nach wie vor zentraler
und prägender Wirtschaftssektor. Viele Gewerke sind dabei
essenziell für das Erreichen der Klimaziele der Stadt. Die Bedeutung gut ausgebildeter Fachkräfte in den „Klimaberufen“
wird in den kommenden Jahren sogar noch weiter zunehmen.
Die Betriebsstatistik der Handwerkskammer Berlin ist vor dem
Hintergrund der Corona-Pandemie zufriedenstellend: Mit
14
30.562 Handwerksbetrieben zum Jahresende 2021 war ein
Rückgang um 290 Betriebe im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.
Die Geschäfte der Berliner Handwerksbetriebe liefen im Frühjahr 2022 gut. Grund dafür dürften die Lockerungen der coronabedingten Beschränkungen sein. Der Saldo zur Bewertung
der aktuellen Geschäftsergebnisse verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr um 10 Zähler auf nunmehr 21 Punkte. Insgesamt gewinnt der Geschäftsklimaindex des Berliner Handwerks
gegenüber dem Wert von vor einem Jahr acht Zähler und steht
nun bei 107 Punkten. Ob sich dieser Aufschwung allerdings
auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird, darüber
herrscht große Skepsis unter den Betrieben. Die Auswirkungen
des Kriegs in der Ukraine, weiterhin gestörte Lieferketten, eine
hohe Inflationsrate und insbesondere der Fachkräftemangel
könnten die Handwerkskonjunktur nachhaltig belasten. Ein
Viertel der Betriebe geht trotz wegfallender Corona-Einschränkungen von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage aus.
Beim Blick auf die einzelnen Handwerksgruppen zeigt sich:
Platz 1 im Ranking der Kategorie Geschäftsklimaindex belegt
mit 113 Punkten das Gesundheitsgewerbe – ein absolutes Novum. Nach den pandemiebedingten Rückgängen kommen
seine Geschäfte wieder in Schwung. Zum ersten Mal seit dem
Herbst 2019 kann das Gesundheitshandwerk wieder einen positiven Nachfragesaldo verzeichnen. Das Schlusslicht bilden
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Neugründungen 2021 je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner nach Bundesländern
BERLIN
Hamburg
Hessen
Bayern
Bremen
Schleswig-Holstein
DEUTSCHLAND
Baden-Württemberg
Nordrhein-Westfalen
Niedersachsen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Brandenburg
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Thüringen
Sachsen-Anhalt
0
20
40
60
80
100
120
Quelle: Statistisches Bundesamt
das Kraftfahrzeuggewerbe und die Handwerke für den persönlichen Bedarf mit jeweils 93 Punkten. Insbesondere letztere
haben stark unter den Corona-Restriktionen gelitten.
Eine bedeutende Investition für die Zukunft, Fundament für
Selbstständigkeit und beruflichen Erfolg ist ein Meistertitel im
Handwerk. Er steht für eine hochqualifizierte Ausbildung und
Fachwissen, ist ein wichtiges Gütesiegel und ein Aushängeschild für jeden Betrieb, das Vertrauen erweckt. Der Meisterbrief ist eine exzellente Garantie für handwerkliche Praxis und
betriebswirtschaftliches Denken. Er ermöglicht es Meisterinnen
und Meistern, Wissen weiterzugeben und junge Menschen für
berufliche Ausbildung zu begeistern.
Berlin bleibt zudem ein starker Standort für Unternehmensgründungen. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 39.266 Unternehmen neu gegründet. Dies waren 4,2 % mehr als im Vorjahreszeitraum (37.682), bzw. 2,8 % mehr als im Jahr 2019 mit
38.210 Neugründungen. Mit dem dynamischen Gründungsgeschehen ist auch ein Zuwachs bei den Betriebsgründungen
verbunden, die auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung
schließen lassen. Im Jahr 2021 entstanden in Berlin insgesamt
10.170 neue Betriebe, verglichen mit 9.151 bzw. 9.098 in den
beiden Vorjahren. Bei der Gründungstätigkeit ist Berlin damit
auch im Vergleich der Bundesländer weiterhin sehr gut positioniert. Im Jahr 2021 entstanden die meisten Neugründungen
pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Berlin (107); gefolgt von Hamburg (95) und Hessen (80). Der Bundesdurchschnitt betrug 70. Das starke Gründungsgeschehen in Berlin
unterstreichen die Investments in Startups. Bei den Finanzierungsrunden entfielen im letzten Jahr 261 und damit bundesweit
knapp die Hälfte auf Berlin. Zudem flossen rund 10,5 Mrd. €
und damit 60 % des bundesweit investierten Kapitals laut
EY-Startup-Barometer 2021 an Startups aus Berlin.
Um jungen Handwerksmeisterinnen und -meistern den
Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, bietet das
Land Berlin seit vielen Jahren über das zu 50 % mit Mitteln
der EU kofinanzierte Programm „Meistergründungsprämie“ schnell und unbürokratisch finanzielle Unterstützung
an. Die Prämie ist im Jahr 2018 erhöht worden und kann
bis zu 15.000 € betragen. Die Erhöhung hebt die Bedeutung des qualifizierten Handwerks für den Standort Berlin
deutlich hervor. Die Auszahlung der Meistergründungsprämie erfolgt in zwei Stufen: in der ersten Stufe (Gründungsphase) erhalten die Meisterinnen und Meister 8.000 €;
in der zweiten Stufe (nach drei Jahren) weitere 5.000 €,
sofern sie einen Ausbildungsplatz oder sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz geschaffen haben. Sollte es
sich um einen Ausbildungsplatz in einer mit weiblichen Arbeitskräften gering besetzten Branche handeln, beträgt
die Prämie in der zweiten Stufe 7.000 €, sofern er mit einer
weiblichen Auszubildenden besetzt wird. Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 98 (2020: 82) Meisterinnen und
Meister im Handwerk gefördert werden. Davon waren
61 Existenzgründungen und 37 Förderungen für einen Arbeitsplatz. In deren Folge wurden ca. 161 Arbeitsplätze
und 25 Ausbildungsplätze neu geschaffen.
Die Insolvenzverfahren von Unternehmen blieben im Jahr
2021 in Berlin stabil. Insgesamt kam es zu 1.242 Unternehmensinsolvenzen (eröffnet oder mangels Masse abgelehnt).
In den Jahren 2020 bzw. 2019 hatte der entsprechende Wert
bei 1.233 bzw. 1.382 gelegen. Auch in den ersten fünf Monaten 2022 gab es keine wesentlichen Veränderungen. Dabei
wurden 548 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet. In den
Jahren 2021 bzw. 2020 hatte der entsprechende Wert bei
15
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher
Wohlstand und ökonomische Stabilität
Anders als für private Verbraucherinnen und Verbraucher gab es für ehemalige Soloselbstständige oder Inhaberinnen und Inhaber von Kleinstunternehmen lange
kein öffentliches Angebot einer Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle. Durch die COVID-19-Pandemie
hat sich die Situation für viele Kleinstunternehmen noch
einmal deutlich verschärft. Vor diesem Hintergrund fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe seit Dezember 2020 eine kostenfreie allgemeine Schuldnerberatung für diese Zielgruppe beim
Träger Berliner Stadtmission e.V.
Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts als Maßstab für die
wirtschaftliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit fiel bis zur
COVID-19-Pandemie in Berlin äußerst positiv aus. Zwischen
2016 und 2019 erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt um real
11,5 %, wobei sich vor allem die Expansion der Dienstleistungsbranchen positiv ausgewirkt und auch zu einem deutlichen
Anstieg der Erwerbstätigenzahl beigetragen hat. Im Jahr 2021
knüpfte Berlin wieder an die Wachstumsraten vor der Pandemie an.
Wirtschaftliches Wachstum, gemessen an der Zunahme des
Bruttoinlandsprodukts, ist eine notwendige, allerdings noch
keine hinreichende Voraussetzung für nachhaltigen Wohlstand,
Beschäftigung, Teilhabe und soziale Sicherheit. Um eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung darstellen und bewerten zu
können, müssen daher neben dem reinen Wirtschaftswachstum zusätzlich Dimensionen des materiellen und immateriellen Wohlstands betrachtet werden. Über weitere ökonomisch,
sozial und ökologisch messbare Indikatoren sollen die Transformation hin zu einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Wirtschaft sowie die damit verbundene Entwicklung der
gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt gemessen und beschrieben werden.
Die Schuldnerberatung arbeitet seit dem 1.1.2021 in
vollständiger personeller Besetzung und hat in 2021
insg. 1.573 Beratungsgespräche mit 504 Klientinnen
und Klienten geführt. Insgesamt wurden 28 Insolvenzverfahren eröffnet, davon in 11 Fällen mit der Absicht
der Fortführung des Geschäftsbetriebs (in den restlichen Fällen: geregelter Marktaustritt).
511 bzw. 578 und 2019 bei 622 gelegen. Gerade in Berlin
mit der starken Betroffenheit des Gastgewerbes und den
vielen Kulturschaffenden ist die Not bei vielen Unternehmen
aber weiterhin groß.
Erwerbstätige in Berlin
Veränderungen gegenüber Vorjahr in 1.000 und in %
3,5
+3,3
70
+2,9
60
+2,8
50
+2,2
+1,9
+1,9
3,0
+2,5
2,5
+2,1
2,0
30
1,5
+0,9
1,1
20
1,0
10
0,5
0
0,0
-10
-20
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“
16
-0,5
-0,3
2016
2017
2018
2019
2020
2021
-1,0
in %
absolut in 1.000
40
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kann der durchschnittliche wirtschaftliche Wohlstand des Einzelnen und dessen Veränderung gemessen werden. Die Entwicklung des Produktionsniveaus hängt – positiv wie negativ – von der Bevölkerungsentwicklung und damit vom Arbeitskräftepotenzial ab.
Beim Vergleich des Lebensstandards in einzelnen Bundesländern ist es deshalb sinnvoll, einen Indikator zu nutzen, der auf
die absolute Einwohnerzahl der Staaten normiert ist. Die positive Entwicklung und der Aufholprozess Berlins zeigen sich
auch bei dieser Kennziffer. Lag das Bruttoinlandsprodukt pro
Kopf 2016 noch bei 37.551 €, betrug es drei Jahre später
43.058 €. Damit übertraf Berlin 2019 erneut den Bundesdurchschnitt, nachdem dieser 2018 erstmals seit dem Jahr
2000 überschritten worden war. Infolge des wirtschaftlichen
Rückgangs durch die Corona-Pandemie lag das Bruttoinlands
produkt pro Kopf im Jahr 2020 bei 42.145 € und sank damit
um 2,1 % gegenüber dem Vorjahr; in Deutschland betrug es
40.495 €. Damit bewegte sich Berlin aber erneut oberhalb
des Bundesdurchschnitts. Im Jahr 2021 erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Berlin dann auf 44.472 €; in
Deutschland lag es bei 42.953 €.
Die wirtschaftliche Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit
der Wirtschaft und nicht zuletzt eine erfolgreiche ökologische
und digitale Transformation erfordern in hohem Maße Investitionen. Die Bruttoanlageinvestitionen geben hierbei Hinweise
auf den Kapitaleinsatz für die Weiterentwicklung der betrieblichen und der öffentlichen Infrastruktur. In diesem Zusammenhang spielt auch das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in die
künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes eine wichtige
Rolle. Die Bruttoanlageinvestitionen stellen den Wert der Anlagen dar, die von inländischen Wirtschaftseinheiten erworben
werden, um sie länger als ein Jahr im Produktionsprozess einzusetzen. Investitionen in neue Anlagen bestehen aus den drei
Teilbestandsgrößen Ausrüstungen (z. B. Maschinen und Geräte), Bauten (z. B. Bauleistungen an Wohn- und Nichtwohngebäuden) und sonstige Anlagen (z. B. Investitionen für Software
und Datenbanken).
Daten zu den Bruttoanlageinvestitionen liegen aktuell für das
Jahr 2019 vor, in dem in Berlin insgesamt 28,3 Mrd. € investiert
wurden. Damit lag die Investitionsquote 2019 in Berlin bei 18,0 %,
gegenüber 17,0 % in 2010. Bei den Anschaffungen von neuen
Anlagen dominierte 2019 der Dienstleistungssektor mit einem
Anteil von 85,7 %. Auf das Produzierende Gewerbe (Industrie,
Energie und Bau) entfielen 14,2 % der neuen Investitionen.
Grundlegend ist die Investitionsneigung in Berlin positiv ausgerichtet. Nachdem es im Frühjahr 2020 zu Beginn der COVID-19-Pandemie einen schwächeren Wert gegeben hatte,
haben sich die Investitionsabsichten der Berliner Unternehmen
laut den Umfragen der Industrie- und Handelskammer im
Herbst 2021 wieder stabilisiert. Der konjunkturelle Gegenwind
Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Sektoren
in Mio. Euro
6.000
5.000
in Mio. Euro
4.000
3.000
2.000
1.000
0
2010
Staat
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
Hochschulen
Wirtschaft Anteil FUE/BIP
Quelle: Statistisches Bundesamt
17
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
seit Anfang 2022 in Form steigender Preise, gestörter Lieferketten und unsicherer Zukunftsaussichten lässt die Unternehmen bei Investitionsentscheidungen allerdings wieder vermehrt zögern.
Ein zentraler Zukunftsfaktor sind außerdem die Ausgaben für
Forschung und Entwicklung (FuE). Diese sind zukunftsgerichtete Investitionen in schöpferische und systematische Arbeit zur
Erweiterung des Wissensstands und zur Entwicklung neuer Anwendungen auf Basis des vorhandenen Wissens.
Dadurch wird die technologische Grundlage für neue oder signifikant verbesserte Produkte und Prozesse in einem nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld gelegt. Je höher
die FuE-Ausgaben sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine dynamische Entwicklung der Produktivität, ein
stärkeres Wirtschaftswachstum und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit.
Die FuE-Ausgaben sind in den vergangenen Jahren in Berlin
kontinuierlich gestiegen, bevor sie im coronageprägten Jahr
2020 auf hohem Niveau geringfügig nachgaben. Beim Anteil
der Aufwendungen für öffentliche FuE am Bruttoinlandsprodukt erreichte Berlin mit 1,17 % im Jahr 2020 den höchsten
Wert unter den Bundesländern hinter Bremen. Die Ausgaben
der Berliner Wirtschaft in FuE sind hingegen unterdurchschnittlich. Großunternehmen tragen dabei den Großteil der
FuE-Ausgaben. Im Gegensatz zu den anderen Größenklassen
weisen Berliner Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine geringere FuE-Intensität als im Bundesdurchschnitt auf.
Der Anteil aller Ausgaben für FuE am Bruttoinlandsprodukt
inkl. der Wirtschaft und Hochschulen lag in Berlin 2020 bei
3,32 %. In Deutschland betrug dieser Wert 3,13 %. Die europäischen Länder haben sich bereits im Jahr 2000 das Ziel gesetzt, 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts für FuE auszugeben. Für
das Jahr 2025 hat sich die Bundesregierung zum 3,5 %-Ziel
bekannt.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: Soziale Gerechtigkeit
Der Begriff der Nachhaltigkeit umfasst neben rein materiell
messbaren Größen auch die Auswertung sozialer Indikatoren.
Dabei wird der Blick auf Bevölkerungsstatistiken und insbesondere auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen gerichtet. Nur
mit einer hohen Erwerbsbeteiligung kann man von einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung ausgehen. Erwerbstätigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung zur Sicherung des persönlichen materiellen Wohlstands. Sie ermöglicht neben einem zentralen Beitrag zur Existenzsicherung eines Haushaltes eine bessere Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben und ist eine wichtige Voraussetzung
für den sozialen Zusammenhalt.
Die Erwerbstätigenquote zeigt in Ergänzung zur Arbeitslosenquote den Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten Wohn-
18
bevölkerung im beschäftigungsfähigen Alter. Erwerbstätige
sind grundsätzlich alle Personen im Alter von mindestens 15
Jahren, die gegen Entgelt oder zur Gewinnerzielung im Bezugszeitraum mindestens eine Stunde gearbeitet haben sowie
alle Personen, die nur vorübergehend von ihrer Arbeit abwesend sind (zum Beispiel aufgrund von Krankheit, Urlaub, Streik,
Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen).
In Berlin nimmt die Erwerbstätigenquote, bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren, seit Jahren zu und lag
im Jahr 2019 bei 78,5 %, bevor sie 2020 auf 76,6 % sank. Im
Jahr 2021 stieg sie wieder leicht auf 76,9 %. Damit befand sie
sich aber nur noch um 2,7 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt von 79,6 %, gegenüber 5,9 Punkten zehn Jahre
zuvor. Ausdruck der starken Dynamik am Berliner Arbeitsmarkt
ist auch, dass sich die Erwerbstätigenquote in den letzten zehn
Jahren um 6,3 Prozentpunkte erhöht hat.
Die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt leistet einen
wichtigen Beitrag zur Geschlechtergleichstellung und sichert
die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen. In Berlin haben sich die Erwerbsmöglichkeiten für Frauen verbessert. Der
starke Zuwachs an Beschäftigungsmöglichkeiten im expandierenden Dienstleistungssektor, die im Trend gute konjunkturelle
Entwicklung sowie Maßnahmen zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben dies unterstützt. Berlin hat
in den letzten Jahren bspw. den bedarfsgerechten Ausbau des
Kitaangebots forciert (siehe Berliner Familienbericht 2020).
Die Frauenerwerbstätigenquote lag im Jahr 2021 in Berlin bei
74,5 % (Bund: 75,9 %). Damit gehen immer mehr Frauen im
Alter zwischen 20 und 64 Jahren mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach. In den letzten zehn Jahren ist die Quote in Berlin
um 6,4 Prozentpunkte gestiegen, während im Bundesdurchschnitt ein Plus von 4,6 Prozentpunkten verzeichnet wurde. Die
Erwerbstätigenquote der Männer lag 2021 in Berlin bei 79,4 %
(Bund: 83,2 %).
Auch für die Altersgruppe der 55- bis 64-jährigen Frauen und
Männer hat sich die Erwerbstätigenquote in den letzten zehn
Jahren kontinuierlich verbessert, bevor es 2020 zu einem Rückgang kam. Sie betrug 2019 in der gesamten Gruppe 71,7 %
und sank 2020 und 2021 auf 68,2 % bzw. 68,1 %. Im Vergleich
zum Jahr 2011 erhöhte sie sich aber um knapp 13 Prozentpunkte. Die Quote der Männer bewegte sich 2021 in dieser Altersgruppe bei 71,9 %; bei den Frauen lag sie bei 64,4 %.
Gute, inklusive und gleichberechtigte Bildung ist sowohl maßgeblich für Chancen und Teilhabe jedes Einzelnen als auch Basis für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Eine abgeschlossene Schulbildung oder eine Ausbildung ist dabei oft
entscheidend für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt. So
nehmen die Jobchancen mit einem mittleren Bildungsabschluss
der Sekundarstufe II im Vergleich zur Sekundarstufe I deutlich
zu. Dies unterstreicht, dass ein Bildungs- bzw. Berufsabschluss
die beste Investition in die individuelle Zukunft und oft die Vo
raussetzung für die Erzielung eines auskömmlichen Erwerbseinkommens ist. Daher haben sich die Länder der Europäischen
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Union zum Ziel gesetzt, den Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger1 unter den Wert von 10 % zu senken.
In Berlin lag der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und
Schulabgänger im Jahr 2021 noch bei 10,1 % und ist damit in
den letzten Jahren zurückgegangen. Bei einem niedrigen Bildungsgrad oder einer geringeren Qualifizierung sind Menschen überdurchschnittlich oft arbeitslos. So betrug die Differenz der Beschäftigungsquoten der 20- bis 64-Jährigen nach
ihrem Bildungsstand zwischen der Sekundarstufe I und dem
Tertiären Bereich, der auf höhere berufliche Positionen vorbereitet, im Jahr 2021 in Berlin 31,4 Prozentpunkte.
Hinsichtlich einer gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsmarkt sind Menschen mit Behinderung eine weitere wichtige
Anspruchsgruppe, der über geeignete Rahmenbedingungen
der Weg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtert werden soll.
Dies soll gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe sowie
ein weitgehend selbstbestimmt geführtes Leben ermöglichen.
Die Ist-Quote für die Beschäftigung von schwerbehinderten
Menschen2 lag im Jahr 2020 in Berlin bei 5,0 % und damit in
der Spitzengruppe der Bundesländer. Dazu hat vor allem der
öffentliche Sektor mit einer Quote von 7,8 % beigetragen. Die
Beschäftigtenzahl bei den schwerbehinderten Menschen ist
zudem gestiegen und hat sich im Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen 2015 und 2020 um 5,4 % erhöht.
Vor Beginn der Corona-Pandemie hatten die gute konjunkturelle Lage sowie die arbeitsunterstützenden Maßnahmen die
Langzeitarbeitslosigkeit in Berlin deutlich sinken lassen. Allerdings kam es infolge der Corona-Pandemie wieder zu einem
spürbaren Anstieg der Langzeitarbeitslosen. Waren 2010 noch
83.500 Menschen langzeitarbeitslos, war diese Zahl bis 2019
auf 38.200 gesunken und hatte sich damit mehr als halbiert.
Allerdings nahm die Zahl der Langzeitarbeitslosen 2020 wieder um rund 9.100 Personen bzw. 23,9 % zu. 2021 kam es zu
einem erneuten Anstieg auf 74.200 Langzeitarbeitslose, wobei
die negativen Auswirkungen der Pandemie zu beachten sind.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: ökologische Wirtschaftsentwicklung
Die Lebensqualität für zukünftige Generationen zu sichern, erfordert vor allem das Klima und das Naturkapital zu bewahren. Denn natürliche Ressourcen müssen geschützt, das Wohlergehen künftiger Generationen berücksichtigt und die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner kontinuierlich verbessert werden. Deshalb beziehen nachhaltiges Wirtschaften
1
Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von
18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden, keinen beruflichen Ausbildungsabschluss haben und nicht über
einen Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
2
In Deutschland sind Unternehmen ab einer Größe von durchschnittlich 20 Beschäftigten pro Jahr dazu verpflichtet, mindestens 5 % ihrer
Belegschaft mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Personen zu besetzen.
und die Energiewende die Folgen des Handelns für gegenwärtige und zukünftige öffentliche Güter und Ressourcen mit ein.
Dabei soll idealerweise das Wirtschaftswachstum von der
Ressourcennutzung abgekoppelt werden. Ressourcen sollen
nicht nur durch andere substituiert werden – z. B. Kohle durch
Biomasse -, sondern der Ressourcenverbrauch ist insgesamt
zu reduzieren.
Aus den aktuell bis 2020 vorliegenden Daten wird ersichtlich:
Berlin ist trotz starken Wachstums mit einem langfristig positiven
Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit auf dem richtigen Weg.
Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zahlt sich aus.
Der Indikator Rohstoffproduktivität gibt an, wie effizient die
Rohstoffe in einer Volkswirtschaft eingesetzt werden. Er gibt an,
welche volkswirtschaftliche Gesamtleistung durch den Einsatz
einer Einheit nicht erneuerbarer Rohstoffe erzeugt wird. Dazu
wird das reale Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis zur Inanspruchnahme abiotischer (nicht-erneuerbarer) Rohstoffe gesetzt. Die abiotischen Materialien umfassen inländische Rohstoffentnahmen und importierte Materialien (abiotischer Direkter Materialeinsatz). Die Rohstoffproduktivität gilt deshalb als
Indikator, inwieweit sich das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt hat. Zwischen 2000 und 2019
hat sich die Rohstoffproduktivität in Berlin um 126 Prozentpunkte erhöht und damit stärker als im Bundesdurchschnitt. Ein
sinkender Rohstoffverbrauch und ein steigendes Bruttoinlandsprodukt haben dazu beigetragen.
Der Primärenergieverbrauch (PEV), der die Energie angibt,
die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder
Energiequellen zur Verfügung steht, ist 2020 nach vorläufigen
Ergebnissen im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 33,3 % gesunken. Der Steinkohleverbrauch verringerte sich in diesem
Zeitraum um 73,2 %; der Braunkohleverbrauch ging fast vollständig um 98,9 % zurück. In der aktuellen Bilanz decken diese
beiden Energieträger nur noch 9,6 % des Gesamtprimärenergieverbrauchs ab (1990: 36,7 %). Daneben gewinnen erneuerbare Energien in Berlin stetig an Bedeutung. Der Anteil der
erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch stieg von
0,7 % im Jahr 2000 auf 6,1 % in 2020.
Der Endenergieverbrauch gibt Auskunft über die Verwendung
der Energieträger in bestimmten Verbrauchergruppen, soweit
sie unmittelbar der Erzeugung von Nutzenergie dienen. Der Endenergieverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt
wiederum zeigt die tatsächlich verwendete Energie zur Erzeugung der Wirtschaftsleistung an. Der Endenergieverbrauch ist
dabei geringer als der Primärenergieverbrauch, da es durch
die Umwandlung und den Transport von Energie zu Verlusten
kommt. Auch der Endenergieverbrauch ging in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Speziell im Jahr 2020 reduzierte sich
der Endenergieverbrauch beim Einsatz von Strom (-3,8 %) und
Gas (-2,8 %), während sich der Einsatz erneuerbarer Energien
um 12,0 % erhöhte. Seit 1990 ist der Endenergieverbrauch von
261 PJ auf 207 PJ in 2020 zurückgegangen, worin sich v. a. der
gesunkene Verbrauch an Kohle und Mineralöl widerspiegelt.
19
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Primär- und Endenergieverbrauch je 1000 EUR Bruttoinlandsprodukt (Energieintensität)
7
Energie in GJ/1000 EUR BIP
6
5
4
3
2
1
0
2009
2010
2011
PEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
EEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
PEV je 1000 Euro BIP in Berlin
EEV je 1000 Euro BIP in Berlin
Quellen: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Energie- und CO2-Bilanz in Berlin 2019)
Der Bruttostromverbrauch ist ein wichtiger Bestandteil des
Verbrauches von Endenergie. Erhöht sich der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch, werden fossile
Brennstoffe eingespart und weniger Treibhausgase ausgestoßen. Den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen ist daher
ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und hilft zudem, Ressourcen zu schonen. Der Ausbau erneuerbarer Energien senkt
auch die Abhängigkeit von Rohstoffimporten. Der Anteil des in
Berlin erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern hat
sich kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2018 erreichte der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung in Berlin
den bisherigen Höchstwert von 5,3 %. Der Schwerpunkt beim
Ausbau erneuerbarer Energien liegt auf der Solarenergie.
Durch die Umsetzung des 2020 vom Senat beschlossenen
Maßnahmenkatalogs des Masterplans Solarcity konnte der
Ausbau der Solarenergie deutlich beschleunigt werden und
befindet sich mit neu-installierter Photovoltaik-Leistung in
Höhe von fast 18,5 Megawatt in 2020 und über 24 Megawatt
im Jahr 2021 auf einem Rekordhoch.
Berlin ist dank steigender Energieeffizienz und -produktivität
der Wirtschaft und trotz starken wirtschaftlichen Wachstums
auch bei den Treibhausgasemissionen auf einem guten Weg.
Dabei verfolgt Berlin das Ziel, die Treibhausgasemissionen
von 1990 bis 2020 um 40 % und bis 2030 um 70 % zu senken.
Gegenüber dem Basisjahr 1990 sind die CO2-Emissionen
20
(Verursacherbilanz) 2020 um 49,1 % zurückgegangen. Bereits
2019 wurde damit – also noch vor der Corona-Pandemie –
das Klimaziel erreicht. Dass es gelungen ist, die CO2-Emissionen weiter zu senken, ist insbesondere dem vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg und dem Berliner Energie- und Klimaprogramm geschuldet. Im Jahr 2020 gab es gegenüber 2016
einen Rückgang um 25,1 %; verglichen mit 2019 gab es um
13,6 % verringerte CO2-Emissionen. Auch an den CO2-Emissionen je Einwohnerin und Einwohner, die stark zurückgegangen
sind, zeigt sich die konsequente Ausrichtung auf den Klimaschutz. Während pro Kopf im Jahr 1990 noch durchschnittlich
8,5 t CO2-Emissionen verursacht wurden, waren es gemäß
Verursacherbilanz im Jahr 2019 noch 4,7 t und damit 44,3 %
weniger.
Bei der Energieintensität als Maßzahl für die Energieeffizienz,
also dem Primärenergieverbrauch (264 Petajoule in 2019) im
Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, wird die für eine bestimmte Einheit an Wirtschaftsleistung benötigte Energie angezeigt. Im Jahr 2000 waren in Berlin noch 3,9 Gigajoule zur
Erzeugung von 1.000 € des Bruttoinlandsprodukts notwendig.
Dieser Wert ging bis 2019 auf nur noch 1,7 Gigajoule zurück.
Die Energieintensität ist also im Zeitverlauf in Berlin deutlich
gesunken. Auch für Deutschland ging die Energieintensität in
letzten Jahren zurück, obwohl sie 2019 noch bei 3,7 Gigajoule
je 1.000 € lag.
III. Wirtschaft
Die digitale Transformation der Berliner Wirtschaft ist in vollem Gange und wurde auch durch die COVID-19-Pandemie nicht gebremst – im Gegenteil: Die Bedeutung von Innovationen für den wirtschaftlichen
Erfolg nimmt in den letzten Jahren ständig zu. Berliner Unternehmen denken langfristig und investieren in ihre
Zukunftsfähigkeit. Dabei konzentrieren sie sich auf strukturelle Innovationen und treiben die Digitalisierung
ihrer Prozesse und Produkte voran. Unternehmen – ob klein und mittelständisch oder globaler Konzern – finden
dafür in Berlin ein optimales Umfeld aus exzellenter Forschung und einer starken digitalen Startup-Szene vor.
III.1 Cluster der innoBB 2025
Das innovationspolitische Geschehen der Länder Berlin und
Brandenburg entwickelte sich auch im aktuellen Berichtszeitraum positiv. Die Stärkung und Förderung der Unternehmen,
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den fünf länderübergreifenden Clustern
•
•
•
•
•
Gesundheitswirtschaft;
IKT, Medien und Kreativwirtschaft;
Verkehr, Mobilität und Logistik;
Optik und Photonik sowie
Energietechnik,
deren Anspruch es ist, zur weltweiten Spitzengruppe zu zählen
und für Innovation und Wachstum in der Hauptstadtregion zu
sorgen, steht weiterhin im Fokus der abgestimmten Innovationspolitik der beiden Länder.
Wesentliche Grundlage dafür ist die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB 2025)
mit ihrer handlungsleitenden Zielstellung, die Hauptstadtregion
zu einem führenden Innovationsraum in Europa zu machen und
innovative Lösungen für die Herausforderungen von morgen zu
entwickeln. Dazu stehen unter dem Motto „Excellence in Innovation“ in den bewährten und mit der innoBB 2025 gestärkten
Clusterstrukturen vor allem die vier Schwerpunkt-Themen „Digitalisierung“, „Arbeit 4.0 und Fachkräfte“, „Reallabore und Testfelder“ sowie „Startups und Gründungen“ im Fokus der Clusterarbeit. Flankiert wird diese von fünf verbindlichen Handlungsleitlinien, die einen breiten Innovationsbegriff, enge Cross Cluster-Zusammenarbeit, die Stärkung offener Innovationsprozesse,
die Priorisierung nachhaltiger Innovationen sowie den Ausbau
der internationalen Zusammenarbeit umfassen.
Der bisherige Erfolg der innoBB/innoBB 2025 spiegelt sich in
wichtigen Kernindikatoren wider: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Clustern stieg zwischen
2011, als die innoBB beschlossen wurde, und 2020 um rund 37 %.
Damit fiel der Beschäftigungsanstieg in den innoBB 2025-Clusterkernen stärker aus als in der gesamten Regionalwirtschaft, wo
24 % mehr Arbeitsplätze zu verzeichnen waren. Die Beschäftigung in den innoBB 2025-Clusterkernen nahm in der Hauptstadtregion zudem stärker zu als in anderen deutschen Metro-
polregionen und in Deutschland insgesamt. Außerdem stiegen
die Unternehmensumsätze in den Clusterkernen zwischen 2011
und 2019 um insgesamt rund 50 %. In der gesamten Regionalwirtschaft lag der Zuwachs im gleichen Zeitraum bei 31 %.
Diese Entwicklung erfolgreich fortzusetzen und auch in den
nächsten Jahren ein nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft
und Arbeitsplätzen zu erreichen, steht im Zentrum der gemeinsamen Anstrengungen.
Ein besonderer Höhepunkt der Innovationspolitik im Berichtszeitraum war das zehnjährige Jubiläum der Gemeinsamen Innovationsstrategie, das am 31.05.2021 in einer gemeinsamen
Pressekonferenz der Ressorts Wirtschaft und Wissenschaft – unter Einbindung von Akteuren aus den Clustern und begleitet von
Social Media-Maßnahmen – begangen wurde. Speziell gewürdigt wurde, dass mit der innoBB die strukturellen Stärken der
beiden Regionen gewinnbringend gebündelt wurden und das
konstruktive Miteinander aller Akteurinnen und Akteure die Innovationskultur in der Hauptstadtregion stark beflügelt hat.
Das Jahr 2021 stand für die länderübergreifenden
Cluster weiterhin unter dem Einfluss der COVID-19-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft. Trotz
der damit einhergehenden Einschränkungen blicken
die Cluster insgesamt auf sehr positive Entwicklungen
im Projektgeschehen und eine erfolgreiche Fortführung
der Clusteraktivitäten im Berichtszeitraum zurück. Insbesondere konnten die Cluster gezielt auf der erfolgreichen Vernetzungsarbeit und Kooperationsanbahnung
der Vorjahre aufbauen.
Als herausfordernd für die Clusterarbeit stellte sich 2021 zum
Teil die bundesseitige Förderkulisse dar. So wurde beispielsweise das für das Projektgeschehen der Cluster sehr relevante Bundesförderprogramm „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Laufe des Jahres aufgrund von Mittelbegrenzungen vorübergehend ausgesetzt. Dass auf Bundesebene zum
Teil weniger Mittel verfügbar waren als erhofft, spiegelt sich
auch im Projektgeschehen der Cluster wider. Dementsprechend
spielten Landesförderungen in der Finanzierung von FuEuI-Projekten eine vergleichsweise größere Rolle als im Vorjahr.
21
III. Wirtschaft
Zu den besonderen Meilensteinen bei der Umsetzung der innoBB 2025 gehört in 2021/2022 die fachpolitische Begleitung
eines Dienstleistungsauftrages zur „Entwicklung eines Instrumentariums zur Umsetzung einer Förderung von Reallaboren/
Testfeldern durch das Land Berlin“. Die Aufgabe, sich mit der
Beförderung von Reallaboren auseinanderzusetzen, ergibt
sich für die Berliner Innovationsförderung aus der innoBB 2025
sowie aus den Berliner Richtlinien der Regierungspolitik 20212026. Anknüpfend an die Ergebnisse des Berlin-Brandenburger Spitzengesprächs im Oktober 2020 zum Thema „Qualifizierung und Konkretisierung des Schwerpunktthemas „Reallabore und Testfelder“ in den Clustern der innoBB 2025“ werden
im Rahmen eines Stakeholder-Prozesses Instrumente zur Umsetzung einer Pilotförderung entwickelt.
Entwicklungen auf EU-Ebene, u.a. im Rahmen des Green Deals, weiterhin wichtige Einflussfaktoren für die Clusterarbeit
darstellen.
Die Cluster der innoBB 2025 haben sich angesichts der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen im Berichtszeitraum als
resilient und anpassungsfähig erwiesen und lassen trotz weiterhin unsicherer Gesamtlage einen optimistischen Blick in die
Zukunft zu.
Übergeordnete politische Strategien auf Landes- und Bundesebene bilden wichtige (neue) Rahmenbedingungen für die
Clusterarbeit. Thematische Treiber waren und sind weiterhin
die Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die damit einhergehenden sozialen und ökonomischen Transformationsprozesse werden die Arbeit der Cluster auch in den kommenden Jahren stark prägen. Speziell in Berlin wird ein stärkerer stadtstrategischer Fokus auf den Themen Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz liegen, wobei die diesbezüglichen
Innovationspreis Berlin Brandenburg
Der jährlich verliehene Innovationspreis Berlin Brandenburg
zeichnet Produkt-, Verfahrens- und Dienstleistungsinnovationen einschließlich nichttechnischer Innovationen wie Organisations- und Marketingkonzepte sowie Geschäftsmodelle
aus, die beispielhaft die innovative Kraft der Berlin-Brandenburger Wirtschaft und Wissenschaft verkörpern. Der
Preis ist auf die länderübergreifenden Cluster Gesundheitswirtschaft, Energietechnik, IKT, Medien und Kreativwirtschaft,
Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik
ausgerichtet. Finanziert wird der Preis von den beiden Ländern sowie Partnern aus der Wirtschaft im Rahmen einer Public-Private-Partnership. 2021 gingen die Preise an:
craftdrive GmbH:
https://www.koppla.de/
Das Unternehmen entwickelt „koppla“ – ein LEAN-Produktionssystem für Großbaustellen, über das General- und
Nachunternehmen gemeinsam auf einem System im Baubetrieb arbeiten können. So kann auf Störungen in Echtzeit reagiert und der Bauprozess datengetrieben optimiert werden.
22
DeepSpin GmbH:
https://www.deepspin.io/
Das Startup entwickelte ein gegenüber dem Marktpreis 20fach günstigeres, portables und offenes MRT-System. Indem
maschinelles Lernen zu einem integralen Bestandteil des
Systems gemacht wird, ist es möglich, Magnetresonanz-Bildgebung in inhomogenen Magnetfeldern durchzuführen.
Durch diese Technologie wird der gegenwärtige Zielkonflikt
zwischen Systemkosten und Bildqualität gelöst. So macht
DeepSpin MRT zukünftig für Patienten auf der ganzen Welt
zugänglich.
Dryad Networks GmbH:
https://www.dryad.net/
Dryad hat ein innovatives System zur Ultra-Früherkennung
von Waldbränden entwickelt. Das System – Silvanet – verbindet solarbetriebene Gas-Sensoren mit künstlicher Intelligenz, die Brände in weniger als 60 Minuten erkennen und
melden. Die Früherkennung ermöglicht der Feuerwehr,
rechtzeitig zum Brandherd zu gelangen und das Feuer zu
löschen, bevor es außer Kontrolle gerät.
III. Wirtschaft
HPS Home Power Solutions GmbH:
http://www.homepowersolutions.de/
codary GmbH (Sonderpreis):
https://codary.org/
Das Unternehmen entwickelte picea, das weltweit erste
marktreife Produkt, das eine ganzjährig CO2-freie und unabhängige Stromversorgung für Einfamilienhäuser ermöglicht. Mithilfe von Wasserstoff wird Solarüberschuss aus dem
Sommer für den Verbrauch im Winter gespeichert. Damit
wird der Haushaltsstrombedarf gedeckt und zusätzlich die
Abwärme als Heizwärme bereitgestellt, was die Heizkosten
senkt. picea ist ein integriertes System und umfasst alle Komponenten wie Batterien, Brennstoffzelle und Elektrolyse.
Das Startup codary ist ein digitaler Bildungsanbieter für die
Programmierausbildung junger Menschen. Im wöchentlichen Video-Chat bringen studentische Coaches Kindern
zwischen sieben und 16 Jahren in Kleingruppen langfristig
relevante Programmiersprachen wie Python spielerisch und
anwendungsorientiert bei. Die digitalen Präsenzkurse werden durch eine Lernplattform und Lern-App unterstützt, die
zur individuellen Wissensvermittlung, -vertiefung und Projektarbeit zwischen den Kursterminen genutzt wird.
KNAUER Wissenschaftliche Geräte GmbH:
http://www.knauer.net/
Auch für das Jahr 2022 wurde der Innovationspreis Berlin
Brandenburg ausgeschrieben.
Die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe gegen das Corona-Virus ist auf eine Verkapselung der empfindlichen mRNA
in sogenannte Lipid-Nanopartikel angewiesen. KNAUER ist
es in Kooperation mit einem großen Pharmaunternehmen in
kürzester Zeit gelungen, flexible Anlagen namens IJM-Skids
(Impingement Jets Mixing) zu entwickeln, mit denen Lipid-Nanopartikel für mehrere Millionen Impfdosen pro Woche hergestellt werden können.
23
III. Wirtschaft
III.1.1 Cluster Gesundheitswirtschaft /
Life Science
•
•
•
244.085 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 395.432)
14.278 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 22.432)
26,71 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 31,91 Mrd. Euro)
Auch jenseits der akuten Pandemiebekämpfung sind über das
vergangene Jahr hinweg viele positive Entwicklungen zu verzeichnen. Schon der Vergleich der Beschäftigten- und Unternehmenszahlen zum Vorjahr macht deutlich: Auch 2021 konnte
das Cluster Gesundheitswirtschaft eine insgesamt positive
Entwicklung verzeichnen.
Zwar machten sich die Folgen der COVID-19 Pandemie sehr deutlich bemerkbar, doch waren bzw. sind die
Teilbranchen des Clusters hiervon unterschiedlich betroffen. Insbesondere das Gesundheitswesen war über
viele Teilbereiche von der Akutversorgung bis zur Langzeitpflege starken Belastungen ausgesetzt. Vor allem in
der Pflege hat sich der Fachkräftemangel noch weiter
verschärft. Gleichzeitig haben Akteure des Clusters
auch zur Bewältigung der Pandemie beigetragen. Von
der Diagnostik über die Bereitstellung digitaler Plattformen für das Management von Impfterminen bis hin zu
telemedizinischen Visiten bei Corona-Intensivpatienten
lassen sich hier viele Beispiele nennen. Dem Unternehmen KNAUER ist es z.B. in Kooperation mit zwei großen
Pharmaunternehmen in kürzester Zeit gelungen, flexible Anlagen, sogenannte IJM-Skids (Impingement Jet
Mixing) zu entwickeln, mit denen Lipid-Nanopartikel für
mehrere Millionen mRNA-Impfdosen pro Woche hergestellt werden können. Dafür erhielt das Unternehmen
den Innovationspreis Berlin Brandenburg 2021.
International hat sich der World Health Summit als globales
Forum für Gesundheit etabliert. Im September 2021 wurde in
Berlin der WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence
eröffnet. Dessen Aktivitäten sind darauf ausgerichtet, Pandemien und Epidemien künftig schneller und besser abzuwenden
und zu bewältigen. Im Oktober wurde das Berlin Cell Hospital
gegründet, an dem u.a. die Charité Universitätsmedizin Berlin,
das Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC)
und das Berlin Institute of Health (BIH) maßgeblich beteiligt
sind und das die führende Rolle der Region in der Zell- und
Gentherapie untermauert. Auch in der Glykobiotechnologie,
den Materialwissenschaften und der künstlichen Intelligenz in
der Medizin nehmen regionale Akteure international eine Vorreiterrolle ein. Folgerichtig wurden 2021 große Summen in regionale Life Science Unternehmen investiert – allein Caresyn-
24
tax, Ada Health und T-Knife haben Finanzierungsrunden mit
dreistelligen Millionenbeträgen realisieren können.
Das biopharmazeutische Unternehmen Takeda bekannte sich
mit seinem Umzug innerhalb der Stadt auch nach dem Zusammenschluss mit Shire klar zu Berlin als Sitz wichtiger Unternehmensbereiche wie Medizin, Marketing und Vertrieb. Das Specialty Pharma Unternehmen Medios konnte weiter expandieren und eröffnete einen neuen Standort in Moabit für Medios
Pharma. ProBioGen, Entwickler und Hersteller komplexer therapeutischer Proteine, baute seine Produktion in Berlin aus.
Die Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG hat weiter investiert und wird auf einem neuen Grundstück ihr Geschäft mit sämtlichen Phasen der Auftragsentwicklung und
Lohnfertigung von Komponenten für Krebsmedikamente und
diagnostische Radiopharmazeutika konzentrieren. In den
nächsten Jahren werden dafür bis zu 10 Mio. € in die Grundsanierung des Gebäudes, die Errichtung moderner Labore sowie
in die Schaffung neuer Arbeitsplätze investiert. Das Unternehmen Cerner, das mit Krankenhausinformationssystemen IT-Lösungen für den Gesundheitsmarkt anbietet, hat seine Deutschlandstandorte nach Berlin konsolidiert und wird hier in den
nächsten Jahren weitere neue und hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen.
Ein Großteil der Aktivitäten und Veranstaltungen im Cluster
Gesundheitswirtschaft konzentrierte sich 2021 pandemiebedingt auf den digitalen Raum. Im Handlungsfeld Life Sciences
und Technologien konnten rund 1.600 Menschen aus 52 Ländern die traditionelle Bionnale im Live-Stream verfolgen und
u.a. Sessions zu Biotech/Pharma, Digital Health, Medizintechnik und Bioökonomie sowie einen Cooperation- und Venture-Track erleben oder auch am digitalen Matchmaking teilnehmen. Der – ebenfalls virtuelle – Treffpunkt Medizintechnik
stand 2021 unter der Überschrift „Neue Materialien, neue Verfahren, neue Herausforderungen“ und wurde mit Unterstützung
von Partnern wie Medical goes Additive, ThiM-Netzwerk, Composites United und INAM realisiert. Flankiert wurde er von zwei
Satellitenveranstaltungen zu den Themen „Künstliche Intelligenz in der Bildgebung“ sowie „Trends in der Zahnmedizin“.
Die Therapie des Glioblastoms, eines aggressiven Gehirntumors, stellt eine große Herausforderung dar – nach
der Behandlung sterben in den ersten zwei Jahren nach
der Diagnose noch immer 70 % der Patientinnen und Patienten. Im Rahmen des GLIOTAR-Projekts soll ein innovatives Konzept radiopharmazeutischer theranostischer
Arzneistoffe entwickelt werden, die erst im Körper in die
eigentliche Wirkform umgewandelt werden und dort ihre
Strahlenwirkung entfalten. Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt von FU Berlin, Charité – Universitätsmedizin
Berlin, EPO Experimentelle Pharmakologie & Onkologie
Berlin-Buch GmbH, CHIRACON GmbH und ConsulTech
Technologieberatung GmbH.
III. Wirtschaft
Im Handlungsfeld Innovative Versorgung dominierten auch in
diesem Jahr die Themenkomplexe „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ und „Fachkräfte“; die entsprechenden Veranstaltungen fanden auch hier digital statt. Dem Themenfeld
der Digitalisierung in der Pflege widmeten sich der Fachtag
Pflege 4.0 und das Barcamp HealthIT. Während Ersteres über
Möglichkeiten einer frühzeitigeren zielgerichteten Vernetzung
von Pflegepraxis, Wissenschaft und Wirtschaft diskutierte, wurde in Letzterem eine Vielzahl von Themen vorgestellt und diskutiert – von der „Sturzerkennung im Bereich Ambient Assisted
Living“ über „KI-basierte digitale Pflegeberater“ bis hin zur
„Healthcare Plattform zum Remote Monitoring von Patienten“.
Die Zukunftswerkstatt Innovative Versorgung stand 2021 unter
der Überschrift „Zukunft der Schlaganfallversorgung: länderübergreifend, transsektoral, interprofessionell“. Im Ergebnis
wurde ein Thesenpapier zu Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Optimierung der Schlaganfallversorgung in der Region veröffentlicht. Auf dem virtuellen 3. Berliner Gesundheit-Berufe-Tag diskutierten über 40 Auszubildende und Studierende
der Gesundheitsfachberufe unter den Schlagworten „Gemeinsam. Gesund. Digital.“ . Im Fokus standen die Themen: Digitalisierung in den Ausbildungen/Digitales Lernen in Schule und
Praxis; Arbeit im digitalen Wandel; Digitalisierung im Arbeitsalltag – Chancen und Nutzen.
Das „Haus der Zukunft am ukb Berlin“ vereint unter seinem Dach das ukb-eigene Zentrum für Notfalltraining, das
Smart Living and Health Center (SLHC) und einen Modellpflegestützpunkt in Trägerschaft des Landes Berlin und der
AOK Nordost – die Gesundheitskasse. Das Haus steht für
wegweisende Innovationen bei medizinischer Ausbildung
und Versorgung sowie für richtungsweisende Konzepte zur
Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens von Menschen
mit Beeinträchtigungen. So werden im SLHC technologische Lösungen vorgestellt und erlebbar gemacht, die
Menschen trotz geistiger und körperlicher Einschränkungen ein würdevolles Leben und Wohnen in den eigenen
vier Wänden ermöglichen. In einem weiteren Bereich finden regelmäßig wechselnde Ausstellungen statt.
Projekt HEALTH-X-dataLOFT
Mitte 2021 wurden die Gewinnerkonsortien für den vom
Bundeswirtschaftsministerium ausgerichteten GAIA-X Förderwettbewerb bekannt gegeben. Die Vorhaben demonstrieren erfolgreich die wirtschaftliche Umsetz- und Nutzbarkeit digitaler Technologien und Anwendungen von
GAIA-X. Im Gesundheitswesen ist das Konsortium
„HEALTH-X dataLOFT: Legitimierter, Offener und Föderierter Gesundheitsdatenraum in GAIA-X“ mit Partnern aus
Berlin und Brandenburg und mit Konsortialführung der
Charité-Universitätsmedizin Berlin unter den Gewinnern.
Mit dataLOFT sollen Bürgerinnen und Bürger in den Fokus
der Bereitstellung, Nutzung und Kontrolle der eigenen Gesundheitsdaten gerückt werden. Ziel ist die Entwicklung
von transparenten cloudbasierten Anwendungen in hochrelevanten Gebieten der Gesundheitsversorgung gemäß
GAIA-X Standards. Für die Vernetzung der Gesundheitsbereiche und die integrative Datennutzung sollen Konzepte der Medizininformatik-Initiative sowie rechtsverbindliche Gematik-Standards und Lösungen der Telematik-Infrastruktur eingebunden werden.
Über beide Handlungsfelder hinweg wurden die 2020 initiierten Veranstaltungsreihen „Meet & Apply“ (zur Vorstellung von
Förderprogrammen und Vernetzung potenzieller Antragsteller)
und „Cluster meets“ (zur Vorstellung und Diskussion neuer Themen und Projekte) fortgesetzt.
Weitere spannende Entwicklungen im Cluster zeichnen sich
ab: So haben das Land Berlin, die Charité und die Bayer AG
ein Memorandum of Understandig zur Gründung eines Zentrums für Translation im Bereich der Gen- und Zelltherapien
unterzeichnet. Ziel dieses Hochtechnologievorhabens ist die
noch bessere Nutzung des gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Potenzials von Gen- und Zelltherapien.
25
III. Wirtschaft
III.1.2 Cluster IKT, Medien
und Kreativwirtschaft
•
•
•
244.891 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion:300.863)
45.506 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion:55.508)
34,20 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion:40,49 Mrd. Euro)
Das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft (IMK) zeichnet
sich durch eine große thematische Breite aus: Von Medienunternehmen, Verlagen, Werbeagenturen über Animations- und
Designstudios bis hin zu Telekommunikationsunternehmen,
Games- und Softwareentwicklerinnen und -entwicklern. Sie
alle stehen für Innovation und Kreativität, neue Technologien,
intelligente Vernetzung, ein deutliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit und vor allem für das zentrale Thema Digitalisierung. Die Unternehmen des Clusters sind wesentliche Treiber
der digitalen Transformation und gleichzeitig führende Anwender neuer digitaler Lösungen am Standort. Sie leisten im Zusammenspiel mit E-Commerce, Banking, Gesundheitswirtschaft, Mobilität, Energie und weit darüber hinaus einen entscheidenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit Berlins.
Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik treibt den digitalen Wandel nahezu aller Branchen gezielt voran. Dazu gehören Maßnahmen zur branchenübergreifenden Vernetzung
des Clusters IMK mit anderen Innovationsfeldern Berlins (Gesundheit, Logistik und Mobilität, Energie, Industrie u.a.) ebenso
wie die Kooperationsanbahnung zwischen Startups und etablierten Unternehmen, das Sichtbarmachen innovativer Akteure
und das Auszeichnen zukunftsweisender Lösungen. Gerade an
den interdisziplinären Schnittstellen unterschiedlicher Branchen entstehen in Berlin zahlreiche neue Produkte, Prozesse,
Anwendungen und Geschäftsmodelle. Der Einsatz innovativer
Technologien der Digital- und Kreativwirtschaft – ob Künstliche
Intelligenz, Blockchain, User Experience (UX), Gamification,
Smart Data, Internet of Things, Wearables oder Virtual und
Augmented Reality – bestimmt die Zukunftsfähigkeit der Branchen. Die Teilmärkte der Kreativwirtschaft sind digitaler geworden. Bereiche wie Fashion Tech, Music Tech und Digitale Filmproduktion haben sich zu relevanten Wirtschaftsfeldern entwickelt. Das Thema Digital Security gewinnt weiter an Bedeutung. Virtual Reality hat den Schritt vom Unterhaltungsmedium
in die industrielle Anwendung geschafft. Die Innovationsfelder
Künstliche Intelligenz und Blockchain konnten erfolgreich in
der Clusterarbeit etabliert werden.
Digitalwirtschaft und das Startup Ökosystem sind ein zentraler Erfolgsfaktor des Wirtschaftsstandorts Berlin. Die Digitalbranche erwirtschaftete knapp 18 % des Berliner Wirtschaftswachstums der letzten sieben Jahre. Berlin zählt zu den Spitzenstandorten für Digital-Gründungen und für Deep Tech. Inzwischen erfolgt jede achte deutsche Digital-Gründung in
Berlin. Die Stärken der Berliner Startups liegen auf SaaS-Lö-
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Die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt alle Bereiche
des Clusters IMK deutlich. Eher mild betroffen ist die
IKT-Wirtschaft aufgrund ihres hohen Ausstattungsgrades an Home-Office-Arbeitsplätzen, aber auch aufgrund der durchschnittlich eher größeren Unternehmen.
Die Kreativ- und Medienwirtschaft hingegen, die 20 %
der Berliner Wirtschaft ausmacht, ist aufgrund abgesagter Veranstaltungen, Messen, Konzerte, geschlossener Kinos, Clubs, Musikspielstätten, privater Museen
und der dadurch wegbrechenden Umsätze und Werbeeinnahmen durch die COVID-19-Pandemie besonders
betroffen. Im Cluster IMK arbeiten zudem rund 100.000
Soloselbstständige, die oftmals nicht über ausreichend
finanzielle Rücklagen verfügen. Zur Abmilderung der
wirtschaftlichen Folgen der Pandemie haben Bund und
Länder zahlreiche Soforthilfeprogramme (Zuschüsse
sowie Darlehensprogramme) aufgelegt.
Im Vergleich zum IKT-Bereich werden einige Teilmärkte
der Kreativ- und Medienwirtschaft voraussichtlich länger brauchen, um das wirtschaftliche Niveau der
Vor-Pandemie-Zeit wiederzuerlangen. Die hohe Digitalisierungsrate der Unternehmen des Clusters, die verstärkte Nachfrage nach digitalen Lösungen sowie die
ausgeprägte Innovationskraft gibt den Unternehmen
jedoch eine gute Perspektive, um eine zügige Verbesserung der erfolgten Umsatz- und Beschäftigungsrückgänge zu erzielen.
sungen, Onlineplattformen, Künstlicher Intelligenz, Blockchain,
FinTech und zunehmend auf Sharing Economy, Sustainable
Solutions, Social und Impact Tech. Startups sind der am
schnellsten wachsende Sektor der Stadt. Jeder sechste neue
Job in Berlin entsteht aktuell in der Digitalwirtschaft. Hinzu
kommen über 100 private und öffentliche Innovationslabore,
Gründungszentren, Acceleratoren und Inkubatoren sowie
ebenso viele Coworking Spaces, in denen Gründerinnen und
Gründer, Kreative und Selbstständige ihre innovativen Geschäftsideen vorantreiben.
Mit Förderwettbewerben wie dem Deep Tech Award oder
dem Berliner Verlagspreis unterstützt die Wirtschaftsverwaltung im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft seit über
zehn Jahren die digitale Transformation, kreative Vielfalt und
clusterübergreifende Innovation. Inzwischen werden auch
Handlungsfelder der globalen Nachhaltigkeitsstrategie bewusst adressiert. Diese Wettbewerbe fördern zukunftsweisende
Lösungen aus Berlin bei Umsetzung, Wachstum und Vermarktung. Sie stärken Gründerinnen und Gründer ebenso wie den
Berliner Mittelstand, ermöglichen den Aufbau wichtiger Allianzen zwischen Old und New Economy und forcieren den interdisziplinären Wissens- und Innovationstransfer. Mithilfe des
Programms für Internationalisierung (PfI) des Landes (Förderung der Teilnahme an Messen, Ausstellungen, Kongressen,
III. Wirtschaft
Börsen, Modenschauen und Showrooms) wird die Sichtbarkeit
von Berliner Unternehmen im In- und Ausland gefördert. Die
zahlreichen Gemeinschaftspräsentationen helfen, neue Märkte zu erschließen und zusätzliche Auftraggeber zu akquirieren.
Erfolgreiche Beispiele gemeinschaftlicher Messeauftritte reichen von Showrooms mit Berliner Modelabels bei der Paris
Fashion Week bis hin zu Präsentationen bei der Consumer
Electronics Show (CES) in Las Vegas, dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, dem Web Summit in Lissabon oder
der gamescom und der dmexco in Köln. Wegen der pandemiebedingten Einschränkungen von Präsenzveranstaltungen
wurden einige Gemeinschaftspräsentationen in Digitalformate
umgewandelt. Darüber hinaus werden im Rahmen des PfI internationale Vernetzungsaktivitäten gefördert, darunter auch
ein länderübergreifendes Branchennetzwerk mit dem Fokus
Games und interaktive Medien (games:net Berlin Europe), eines für Design- und Green-Tech-Unternehmen (Cooperation
Network Berlin China) und eines im Bereich Deep Tech (Deep
Tech Hub Polen & Russland).
Insbesondere die „Leuchtturmveranstaltungen“ im Kreativund Medienbereich tragen zur medialen Sichtbarkeit der
Hauptstadtregion bei, viele davon mit Förderung des Landes.
Vor der Pandemie erreichte das Gallery Weekend rund 35.000
Besucherinnen und Besucher mit einem hohen Anteil von Besuchern aus dem Ausland. Die jährlich im September stattfindende Berlin Art Week verzeichnete über 100.000 Besucherinnen und Besucher. Zusätzlich war die Berlinale mit über
20.000 Besucherinnen und Besuchern ein Publikumsmagnet.
Steigende Besucherzahlen verzeichneten auch Events der Games-Branche, darunter die E-Sport-Veranstaltungen u.a. in der
Mercedes-Benz Arena. Viele Konferenzen und Formate fanden
während der Pandemie als digitale Ausgabe oder als Hybridformat statt.
Um die Berliner Innovationskraft zu steigern, spielt auch die
Unterstützung von Diversität und Frauen eine zentrale Rolle.
Besonders wichtig ist dies in den männerdominierten Digital-,
Tech- und Startup-Szenen – denn gemischte Teams sind für
eine zukunftsfähige Wirtschaft unerlässlich. In Berlin sind rund
180 Fraueninitiativen aktiv, die sich allein im Cluster IMK für
mehr Sichtbarkeit, Vernetzung, Empowerment und Professionalisierung einsetzen. Die Anzahl dieser Initiativen hat sich seit
2016 versechsfacht, deren Angebote sind deutlich ausdifferenziert: inzwischen existieren nicht mehr nur Netzwerke, Mentoring-Programme und Gründungszentren für Frauen, sondern
auch frauenspezifische Coworking Spaces, Acceleratoren,
Job-Börsen, Online-Magazine, Wettbewerbe, Investmentangebote sowie Angebote mit spezifischem Branchenfokus, u.a.
für Frauen in Musik, Mode, Blockchain oder Filmwirtschaft. Einige Initiativen beziehen mittlerweile auch weitere Diversitätsdimensionen ein und adressieren gezielt Frauen mit Migrationsbiografie, People of Color und LGBTQ*. Die Wirtschaftsverwaltung setzte 2021/2022 verschiedene Formate zur Unterstützung von Gründerinnen, weiblichen Talenten und Führungsfrauen im Cluster IMK fort. Die Bestandsaufnahme „BERLIN: WOMEN EMPOWERMENT: Initiativen für Female Entre-
preneurship und Frauen* in Digital-, Medien- und Kreativwirtschaft in Berlin“, die die zahlreichen Initiativen für Female
Empowerment und Female Entrepreneurship in Berlin sichtbar
macht (zu finden bei Projekt Zukunft) ist ein wesentlicher Baustein. Das internationale Austauschprojekt „Female Entrepreneurship in Berlin and India“ wurde fortgeführt und das Berlin
Startup Stipendium um den Schwerpunkt „Women in Tech“ erweitert. Darüber hinaus kooperiert die Wirtschaftsverwaltung
mit wesentlichen Akteuren des Berliner Startup Ökosystems im
Rahmen der Diversitäts-AG, um Berlins als Gründungshauptstadt auch im Hinblick auf Diversität gut aufzustellen.
Die Berliner Verlagsbranche war stark durch die Corona-Pandemie betroffen. Veranstaltungen und Messen wurden abgesagt, die Sichtbarkeit von Büchern war dadurch eingeschränkt.
Die Einführung von digitalen Formaten konnte dies nur teilweise ausgleichen, sodass die Umsätze von Verlagen, im stationären Buchhandel und von Autorinnen und Autoren gesunken
sind. Als Folge haben viele Verlage ihre Programme gekürzt
oder Neuerscheinungen verschoben.
In Berlin sind überwiegend kleine unabhängige Publikumsverlage ansässig, die sich durch ein herausragendes Programm
und verlegerisches Engagement auszeichnen. Um die ambitionierte Arbeit dieser Verlage in besonderer Weise zu würdigen,
verleiht die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa seit 2018 den Berliner Verlagspreis. Vergeben werden ein
Großer Berliner Verlagspreis und zwei Berliner Verlagspreise,
dotiert mit insgesamt 68.000 €. In 2021 wurden der „Secession
Verlag“ mit dem Großen Berliner Verlagspreis sowie der „Verlag Das kulturelle Gedächtnis“ und das „Verlagshaus Jacoby
Stuart“ mit dem Berliner Verlagspreis ausgezeichnet.
Berlin ist ein internationaler Wissenschaftsstandort mit renommierten Wissenschafts- und Fachverlagen. Um die Rolle dieser
Verlage für die Vermittlung von Forschungsergebnissen sichtbar zu machen, wurde 2020 die Initiative BRAIN & BOOKS
gestartet. Auf der Pop-up-Messe können sich Wissenschafts-Interessierte, Studierende und Leserinnen und Leser über die
Arbeit der Berliner Wissenschafts- und Fachverlage informieren.
Die Digitalisierung verändert den Buchmarkt auf allen Ebenen
der Wertschöpfungskette. Zu diesem Thema findet seit 2016
jährlich der Fachkongress future!publish statt, der mit rund
300 Teilnehmenden als größter der Buchbranche gilt. Die
Schwerpunkte liegen beim elektronischen Publizieren, Neuentwicklungen für das operative Geschäft sowie auf innovativen
Marketing- und Verkaufsstrategien.
Die Berliner Games-Industrie bietet mit rund 200 Games-Studios, Publishern, Dienstleistern, Verbänden und speziellen Ausbildungsstätten den vielfältigsten Games-Standort in Deutschland. Games-Unternehmen sind Innovationstreiber. Dementsprechend nutzt die Berliner Games-Branche die Wirtschaftsund Innovationsförderprogramme des Landes (u.a. GRW, VC
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III. Wirtschaft
Jeanine Koch
Vorstandsvorsitzende
medianet
berlinbrandenburg e.V.
1. Seit Anfang 2021 sind Sie Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg – ein Start mitten in der Pandemie. Was
war in diesem Kontext für Sie die größte Herausforderung?
Die größten Herausforderungen waren auf jeden Fall, unsere zahlreichen und vielfältigen Mitgliedsunternehmen, Förderer und Partner persönlich kennenzulernen. Ich habe zwar
unzählige Video-Calls geführt und wir haben eine Vielzahl
unserer Events im Digitalen umgesetzt und sogar ganz neue
digitale Formate entwickelt, aber nichts geht über den persönlichen Austausch von Angesicht zu Angesicht. Auch mein
großartiges Team habe ich erst ein dreiviertel Jahr später
das erste Mal komplett in 3-D – also im echten Leben – getroffen. Das war schon eine spezielle Zeit zu Beginn. Einiges
an Kennenlernen und Vernetzungen konnte ich in der Zwischenzeit nachholen, aber wir hoffen sehr, dass wir ohne
große Beschränkungen auch durch die nächsten herbstlichen Monate kommen werden, denn wir haben noch viel
vor!
2. Sicherlich haben Sie eine ganze Reihe von Ideen zur Weiterentwicklung von medianet – welche davon liegt Ihnen
ganz besonders am Herzen?
Hier ist es schwer, nur eine zu nennen: Wir wollen als Netzwerk unbedingt die Verbindung von Wirtschaft und Politik
Fonds, ProFIT, Innovationsassistent, GründungsBonus) mehr
denn je. Das Berliner Games-Ökosystem besteht aus hier gegründeten und neu hinzugezogenen Branchengrößen (u.a. die
AAA-Studios Yager, King und Blue Byte/Ubisoft). Fest verankert
ist eine stetig wachsende internationale Mobile-Games-Szene
(Wooga, WARGAMING, BoomByte Games, Huuuge Games,
Voodoo, Kolibri Games). Darüber hinaus ist die komplette
Bandbreite an Dienstleistern (z.B. MoGi Group, etermax, paymentwall), spezialisierten Anwalts- und Steuerberaterkanzleien
sowie PR-Agenturen (z.B. Freaks4You Gaming, INSTINCT3, visi.
bi) in Berlin ansässig. Mit G2 ESPORTS eröffnete 2019 eines der
weltweit führenden E-Sport-Teams sein neues Hauptquartier am
Potsdamer Platz. Seit dem Frühjahr 2020 ist das neue E-Sport
Zentrum „LVL“ am Checkpoint Charly fertiggestellt. Riot und
StarLadder produzieren in zwei professionellen Studios die
Livestreams für Top-E-Sport-Ligen. Sie gehören inzwischen
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ausbauen, die wachsende Digitalbranche in der Hauptstadtregion weiter stärken und neue digitale und analoge
Plattformen schaffen.
Seit meinem Einstieg haben wir das medianet intern und extern neu strukturiert und dazu eine neue Corporate Identity
entwickelt. Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion stehen bei all unseren Aktivitäten im Fokus. Zudem ist es
wichtig, krisenresistente Möglichkeiten der Vernetzung und
Sichtbarkeit für die Mitgliedsunternehmen anbieten zu können. Deshalb bauen wir aktuell eine Mitglieder-App, die veranstaltungsunabhängige Vernetzungsmöglichkeiten bietet.
Außerdem haben wir den Podcast „The Medium is the Message“ für die Berlin-Brandenburger Medien-, Kreativ- und
Digitalwirtschaft ins Leben gerufen, den ich hoste, um hier
den Stimmen der Branchen noch mehr Unterstützung zu geben. Aktuell planen wir außerdem ein größeres Festival für
November, bei dem es um die Bekämpfung des eklatanten
Fachkräftemangels geht – dazu wird man demnächst noch
mehr von uns hören.
3. Auf Ihrer Homepage bezeichnen Sie sich selbst als „echte
Berliner Pflanze“. Was sind die drei wesentlichen Bestimmungsmerkmale eines solchen Gewächses?
Haha, also in meinem Fall bin ich schlichtweg gebürtige
Berlinerin und man sagt ja – vor allem in Berlin – dass das
eine aussterbende Spezies sei.
Ansonsten denke ich, steht diese Bezeichnung auch für kreatives, freies und unabhängiges Denken. Und sicherlich
auch für jede Menge Gestaltungswillen und Mut verrückte
Ideen auch tatsächlich umzusetzen. Einfach mal machen,
eben!
Fun Fact, einen grünen Daumen habe ich jedoch nicht unbedingt. Ich habe es zuletzt immer mal wieder mit Kakteen
probiert, das war aber leider auch noch nicht die optimale
Lösung.
ebenso zum E-Sport- und Gaming-Standort Berlin, wie arenenfüllende Großevents. Bestens vernetzt wird die hiesige Games-Branche durch das games:net berlinbrandenburg, eine
Initiative des medianet berlinbrandenbrug e.V., welches u.a.
auch den gemeinsamen Länderauftritt von Berlin und Brandenburg auf der gamescom umsetzt. Die Standortmarketingkampagne gamescapital.berlin hat zum Ziel, den hiesigen Standort
international noch sichtbarer zu machen. Für internationale
Sichtbarkeit und Vernetzung der gamescapital.berlin sorgt das
länderübergreifende Netzwerk games:net Berlin Europe gefördert im Rahmen des Programms für Internationalisierung.
Die virtuelle Filmproduktion ist eine hochinnovative Industrie
in Berlin. Durch die fast vollständige Digitalisierung aller Produktionsschritte – vom Dreh bis zur Postproduktion, durch
Technologien wie die Greenscreens oder volumetrische Stu-
III. Wirtschaft
dios – hat auch die digitale Bildgestaltung ihren Einzug in die
Filmproduktion gehalten. Dabei werden ähnliche Programme
benutzt wie in der Games-Branche, um komplette virtuelle
Welten zu gestalten. Das Land Berlin hat im August 2020 ein
branchenspezifisches Förderprogramm (digitale Filmproduktion) gestartet, um Visual Effects, Computer Generated Imagery
und Animationen am Standort zu stärken.
Die Pandemiejahre 2020/ 2021 haben die Berliner Musikwirtschaft vor besondere Herausforderungen gestellt. Nach wie vor
am stärksten betroffen waren die Teilbereiche Clubs und Veranstaltungen. Clubs befanden sich dauerhaft vor im Lockdown,
Öffnungsperspektiven waren nicht absehbar. Konzerte und Festivals fanden außerhalb der Lockdowns nur als Open-Air Veranstaltungen mit reduzierten Besucherzahlen statt, im in-door-Bereich war die Durchführung von Veranstaltungen aufgrund der
Personenobergrenzen wirtschaftlich häufig nicht umsetzbar.
Zwar wurde in den Sommermonaten die pandemiebezogene
Kontaktbeschränkung gelockert und die Durchführung von
Veranstaltungen erleichtert. Trotzdem war das gesamte Jahr
2021 für viele Branchensegmente geprägt von großen Unsicherheiten und wechselnden Einschränkungen
Vorrangiges Ziel war es daher, das wirtschaftliche Überleben
der Unternehmen durch Sofort- und Überbrückungshilfen von
Bund und Ländern zu sichern. Darüber hinaus unterstützt die
Wirtschaftsverwaltung insbesondere die Netzwerke der Musikwirtschaft durch Projekteförderung und -finanzierung, um die
Musikszene in Berlin zu erhalten.
Das international ausgerichtete Konferenz-Format MOST
WANTED: MUSIC konnte ebenso wie die Konferenzreihe „Stadt
Nach Acht“ zur Nachtökonomie und zum Nachtleben 2021 live
durchgeführt werden. Die Möglichkeit, sich wieder physisch zu
treffen, wurde als essenziell wahrgenommen, um den Zusammenhalt innerhalb der Branche auch über Deutschland hinaus
nach den pandemie-geprägten Monaten zu stärken.
Darüber hinaus finanzierte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe das Projekt „Begleitung, Beratung und Monitoring der schrittweisen Wiedereröffnung der
Clubs unter Berücksichtigung der Auswirkungen durch COVID-19“. Um die Clubkultur für den Neustart nach der Pandemie zu befähigen, wurde ein Begleitprogramm zur Vorbereitung und zur Durchführung der Wiedereröffnung entwickelt.
Auch 2021 wurde das Schallschutzprogramm für Clubs und
Musikspielstätten weitergeführt. Übergeordnetes Ziel ist es, die
Berliner Clubkultur durch die Förderung von Lärmschutzmaßnahmen zu erhalten. In 2021 wurden rund 520.000 € an zwölf
Unternehmen ausgereicht. Für den Doppelhaushalt 2022/23
wurden Mittel in Höhe von 500.000 € beantragt.
Die langfristig ausgerichtete Strategie zur Sicherung der Clubszene und Musikwirtschaft in Berlin wird mit der Kombination
verschiedenster Maßnahmen weitergeführt.
Am 14. März 2022 haben die Regierende Bürgermeisterin
Franziska Giffey und Wirtschaftssenator Stephan Schwarz im
Rahmen der konstituierenden Sitzung des Lenkungskreises zusammen mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Landes Berlin und der Telekommunikationswirtschaft eine „Erklärung zur gemeinsamen Umsetzung der Gigabit-Strategie“ unterzeichnet. Diese vereinbart das gemeinsame Vorgehen und
die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteurinnen und
Akteure bei der Umsetzung der beschlossenen Gigabit-Strategie des Landes Berlin. Mit der Erklärung verständigen sich
alle für die Umsetzung der Gigabit-Strategie relevanten Akteurinnen und Akteure darauf, gemeinsam auf die Erreichung
der Strategieziele hinzuarbeiten, Ausbauhemmnisse zu beseitigen und den eigenwirtschaftlichen Gigabitausbau der Telekommunikationsunternehmen durch investitionsfreundliche
Rahmenbedingungen voranzutreiben. Hinsichtlich der drängendsten Herausforderungen sowohl im Bereich der leitungsgebundenen Anschlüsse als auch des 5G-Mobilfunkausbaus
wurden Maßnahmen identifiziert und priorisiert, die nunmehr
durch die Fachebene umgesetzt werden. Federführend für das
Land Berlin treibt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe in koordinierender Funktion den Gigabitausbau
voran.
Den Grundstein für die „Gigabit-Hauptstadt Berlin“ hatte der
Berliner Senat mit Beschluss der Gigabit-Strategie bereits am
15. Juni 2021 gelegt. Als langfristiges Ziel (bis 2030) definiert
die Strategie eine flächendeckende Glasfaserversorgung Berlins auf Basis von FTTB/H (Glasfaserleitung bis zum Gebäude
bzw. bis zur Wohnung des Kunden) sowie mittelfristig (bis 2025)
die Umsetzung einer vollständigen 5G-Mobilfunkversorgung.
Die Gigabit-Strategie setzt dabei in erster Linie auf den eigenwirtschaftlichen Ausbau der Telekommunikationsunternehmen,
der durch die Berliner Verwaltungsressorts ganzheitlich unterstützt und koordiniert wird.
Bereits zum zweiten Mal veranstaltete BerChain e.V. gemeinsam mit Berlin Partner und dem Cluster IKT, Medien
und Kreativwirtschaft vom 29.11. bis 03.12.2021 die Blockchain-in-Use Conference. In diesem Rahmen wurden die
neuesten Use Cases vorgestellt und aktuelle Herausforderungen diskutiert. Im Anschluss an die Konferenz wurde ein
Blockchain Standortfilm produziert.
Das verwaltungsübergreifende Projekt „Blockchain-basierte, digitale Schulzeugnisse für das Land Berlin“ wurde in
der Kategorie „Innovativer Service für Bürgerinnen und
Bürger und Kundinnen und Kunden“ mit dem Berliner Verwaltungspreis 2021 ausgezeichnet.
Ein weiteres Schwerpunktthema des Clusters ist das Technologiefeld Künstliche Intelligenz (KI). Regelmäßig werden vielfältige Veranstaltungen und Meetups organisiert sowie andere
Veranstaltungen des KI-Ökosystems unterstützt. 2021 wurde
die in Berlin etablierte Standort-Kampagne für Künstliche In-
29
III. Wirtschaft
telligenz weiter ausgebaut. Die Website www.ki-berlin.de informiert über neue Entwicklungen und Ereignisse, präsentiert
Best-Practice-Beispiele und gibt der KI-Community ein Gesicht. Ziel ist es, Technologieunternehmen, Startups, Forschungseinrichtungen sowie Talente auf einer Plattform zu verbinden und Berlin als KI-Standort sichtbar zu machen und
weiter zu stärken. In Kooperation mit Berlin Partner werden
außerdem Antragswerkstätten organisiert, um interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen über Förderprogramme zu informieren und zu beraten.
Berlin ist eine IoT-Hochburg in Deutschland und Sitz des IoTHubs (de:hub IoT) der Digital Hub Initiative. Um Verbindlichkeit
zu schaffen, wurde der Hub im Jahr 2020 als Verein notariell
eingetragen. Das Business Netzwerk startete mit sieben Gründungsmitgliedern und wuchs 2021 auf mehr als 30 Mitglieder
an. Der de:hub IoT wird durch ein heterogenes Konsortium von
Unternehmen, Startups, Hochschuleinrichtungen und Company Buildern geführt und stärkt die Zugänglichkeit und Sichtbarkeit des Themenfeldes Internet of Things.
Das Thema Datensicherheit im speziellen bzw. Cybersicherheit im Ganzen ist ein wesentlicher Faktor für den Wirtschaftsund Innovationsstandort Berlin. Zum einen ist der Schutz von
Patenten oder Forschungsinformationen von besonderer Bedeutung, zum anderen können Diebstahl oder Manipulation
von Kunden- und Unternehmensdaten die geschäftliche Existenz gefährden. IT-Sicherheit steht bereits seit 2002 im Fokus
des IKT-Clusters und wurde in der 2019 überarbeiteten Inno-
Die Verleihung des Deep Tech Awards hat sich erfolgreich
als jährlich stattfindendes Highlight der Berliner Tech Szene etabliert. 2021 wurde der Preis bereits zum fünften Mal
im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft und dem
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung durch die
Wirtschaftsverwaltung verliehen. Durch die Preisverleihung und die Bekanntmachung der erfolgreichen und innovativen Deep Tech-Unternehmen wird Berlin als
IKT-Standort gestärkt und gefördert. Die Preisträger des
Deep-Tech-Awards 2021 waren:
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•
Staex GmbH (IoT/Industrie 4.0)
Twincler GmbH (IT-Security)
Nostos Genomics GmbH (KI)
Skytale GmbH (Blockchain)
Visseiro GmbH (Social/Sustainable Tech)
In 2022 gingen die Preise des Deep-Tech Awards an folgende Unternehmen:
•
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mmicropsi (IoT/Industrie 4.0)
iindustries GmbH (IT-Security)
Verimi GmbH (KI)
NIA HEALTH GmbH (Blockchain)
$STYLE.Protocol (Social/Sustainable Tech).
vationsstrategie von Berlin und Brandenburg (innoBB 2025)
festgeschrieben. Ziel der Clusterarbeit ist es, die projektbezogene Zusammenarbeit von Anwenderbranchen und IT-Sicherheitsexpertinnen und -experten zu stärken und den Wissens-,
Kompetenz- und Technologietransfer zu unterstützen. 2021
wurden beispielsweise Antragswerkstätten zu Gaia-X durchgeführt, darüber hinaus wurde das Thema digitale Souveränität behandelt. Seitens der Digitalagentur wird seit März 2022
erstmalig ein Service angeboten, der den Berliner Unternehmen Unterstützung und Orientierung im Falle eines Cyberangriffs bietet.
Die Aufbauphase der im ersten Halbjahr 2020 gegründeten
DAB Digitalagentur Berlin GmbH wurde erfolgreich abgeschlossen. Seitdem wurden zahlreiche Workshops und Informationsveranstaltungen zu relevanten IT-Themen angeboten.
Als erstes Leuchtturmprojekt wird 2022 die Cyberhotline in
Kooperation mit it’s.BB (Netzwerk für IT-Sicherheit in der
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg) erprobt.
Fortschritte gab es 2021 auch im Bereich Open Data im Land
Berlin. Das gemeinsam von der Senatswirtschaftsverwaltung
und dem Einstein Center Digital Future durchgeführte „Berlin
Water Hackathon – Mit Open Data nachhaltige Wassersysteme schaffen“ fand im Januar 2021 statt. In einem zweitägigen
Hackathon haben sich Studierende und Fachleute aus dem
Bereich Datenwissenschaft zusammengeschlossen, um auf
Basis offener Verwaltungsdaten aus dem Wasserportal digitale Lösungen für die Gestaltung städtischer Grünanlagen und
für eine bessere Transparenz des Berliner Wassersystems und
eines Regenwasserspeichernetzes zu entwickeln.
2021 hat die Senatswirtschaftsverwaltung mit der Open Data
Informationsstelle „Berlins Kerndatensätze“ veröffentlicht.
Kerndatensätze sind Datensätze, deren offene Bereitstellung
ein großes Weiterverwendungspotenzial birgt, da sie für die
Stadtgesellschaft Berlins besonders interessant sind. Eine Auswahl von über 103 Kerndatensätzen wurde mit Expertinnen
und Experten aus Verwaltung, Community und Wirtschaft abgestimmt und priorisiert.
Im Rahmen der Open Data Berlin Initiative wurde gemeinsam
mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg im Wahljahr 2021 ein
Prototyp „Wahlbezirkeeditor“ entwickelt, der im Oktober 2021
mit dem Berliner Verwaltungspreis ausgezeichnet wurde. Der
Prototyp erleichtert den Prozess der Abgrenzung von Wahlbezirken in den Berliner Bezirken, indem er Vorschläge für mögliche Zuschnitte von Wahlkreisen automatisch generiert.
Im März 2021 wurde die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Auftrag gegebene Studie „Datenökonomie“ von der Technologiestiftung Berlin (TSB) veröffentlicht. Mit dieser Studie wurde analysiert, inwiefern Daten
der Verwaltung von der Wirtschaft für neue Geschäftsmodelle
genutzt werden. Dabei wurden für Berlin zahlreiche wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenziale für die Datenökonomie
identifiziert.
III. Wirtschaft
Am 25. August 2021 wurde das zehnjährige Jubiläum der Konferenz „Berlin Open Data Day (BODDy)“ mit einem vortragsreichen Veranstaltungsprogramm gefeiert. Unter dem Motto
„10 Jahre Open Data – Ein Blick in die Zukunft“ wurde mit Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Community und Verwaltung
über die bisherigen Entwicklungen und Zukunftsperspektiven
der letzten zehn Jahre rund um Open Data in Berlin und darüber hinaus diskutiert.
Im September 2021 wurde der digitale Open Data Lunch zum
Thema „Open Data Klausel in Verträgen“ durchgeführt. Über
dreißig Teilnehmende aus Verwaltung und Wirtschaft informierten sich in Vorträgen und anschließenden Diskussion darüber, welche Informationen in Verträgen mit Dritten bzgl. der
Zurverfügungstellung von Daten, die im Rahmen eines Auftrages entstehen, aufgenommen werden müssen. Demnach regelt die Open Data-Verordnung die Berücksichtigung von
Open Data in Verträgen mit Dritten, welche die Erhebung, Erstellung, Verarbeitung oder Nutzung von Informationen betref-
fen, sodass die Behörden das Recht auf die uneingeschränkte
öffentliche Bereitstellung der Informationen zur freien Weiterverwendung bekommen können.
Weiterhin hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe die Initiative zur Anbindung der Fachverfahren an
das Open Data-Portal des Landes Berlin mit API-Schnittstellen für eine automatische Veröffentlichung von großen Datensätzen im Sinne des „Open by default“ erfolgreich vorangetrieben. Es wurden das Wasserportal, die Denkmaldatenbank
und die ALLRIS Systeme der zwölf Bezirksverwaltungen mit
Schnittstellen an das Open Data-Portal angebunden.
Ende des Jahres 2021 wurde ein Auftrag für die Durchführung
eines breiten Partizipationsprozesses für die Entwicklung der
neuen Open Data-Strategie an die Open Knowledge Foundation e.V. vergeben. Der Open Data -Strategieprozess ist 2022
mit einer Online-Beteiligung auf mein.berlin.de und mit den
Stakeholder-Workshops erfolgreich gestartet.
31
III. Wirtschaft
III.1.3 Cluster Verkehr, Mobilität
und Logistik
•
•
•
110.962 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 223.012)
9.599 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 18.140)
17,64 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 33,92 Mrd. Euro)
Verkehr, Mobilität und Logistik leistungsfähig zu halten und zielorientiert weiterzuentwickeln gelten als Selbstverständlichkeiten unserer modernen Gesellschaft. Aber gerade aktuell müssen sich zukunftsfähige Konzepte und Systeme zur Sicherstellung der Mobilität von Personen und Gütern an den großen
gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klima- und Gesundheitsschutz, Ressourcenschonung und Urbanisierung aber
auch sich wandelnden Verabredungen messen lassen.
Die während der COVID-19-Pandemie gemachten Erfahrungen und die mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine verknüpften Herausforderungen zeigen, dass Verkehr, Mobilität
und besonders Logistik dauerhafte Schlüsselrollen für die Aufrechterhaltung wichtiger Abläufe und Dienstleistungen – auch
im Sinne von Versorgungssicherheit – einnehmen. Neben der
Sicherung und Stärkung der regionalen Wertschöpfung besitzen dabei die Sicherstellung eines möglichst bidirektional ungehinderten Warenverkehrs und die Aufrechterhaltung eines
nachhaltigen Personenverkehrs größte Bedeutung. Die Automobilindustrie beispielsweise muss neben dem anstehenden
Transformationsprozess in der Antriebstechnik und der Einordnung in neue Mobilitätskonzepte nun auch die resiliente Ausgestaltung der Wertschöpfungsketten bewältigen. Für das
Cluster insgesamt gilt: Zur nachhaltigen Krisenbewältigung
werden technologische und geschäftsmodellbezogene Innovationen entscheidende Rollen für die Mobilitäts- und Logistiksysteme der Zukunft spielen.
Dabei bleiben Verkehr, Mobilität und Logistik stets Treiber, Katalysator und Nutznießer von Innovation und Wachstum. Ein
(nicht nur) für Berlin wesentlicher Aspekt ist die Notwendigkeit
zur Integration der Verkehrsträger mit ihren jeweiligen Stärken
und Schwächen in Gesamtkonzepte von Verkehr, Mobilität und
Logistik.
Die Automobil- und Zulieferindustrie sieht sich mit einer besonders komplexen Umbruchsituation konfrontiert: Die globale
Klimakrise erfordert einen konsequenten Umstieg zur Elektro
traktion, und die Digitalisierung verändert Produktentwicklung
und Produktionsprozesse tiefgreifend. Darüber hinaus verändern sich Mobilitätskonzepte und -dienste – und nicht zuletzt
auch Wertschöpfungsketten und deren Beteiligte. Das aktuell
noch in Vorbereitung befindliche Projekt ReTraNetz BB greift
diese vielschichtigen Herausforderungen auf und verfolgt das
Ziel, der in der Region Berlin-Brandenburg ansässigen Automobil- und Zulieferindustrie wirkungsvolle Unterstützung bei
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den damit verknüpften Transformationserfordernissen zu leisten. KMU und deren Beschäftigte stehen dabei besonders im
Fokus der strategischen und operativen Unterstützung durch
das Vorhaben. Das von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite,
Wissenschaft und Politik/Verwaltung breit getragene Projekt
gliedert sich in zwei aufeinander aufbauende Abschnitte:
1. Entwicklung eines zukunftsfähigen Leitbildes für die Fahrzeugindustrie in der Region und einer daran orientierten
Transformationsstrategie (strategische Ebene) und
2. Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmenpaketen, die
auf dieser Strategie basieren und eine möglichst konzertierte und nachhaltige Transformation der betroffenen Unternehmen in der Region Berlin-Brandenburg gewährleisten (operative Ebene).
Auch in der Luft- und Raumfahrt gibt es interessante neue Anwendungen, die mit einer Vielzahl an Innovationen einhergehen. Ein besonderer Fokus liegt aktuell auf der unbemannten
Mit dem Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (WELMO) bietet das Land Berlin seit 2018 kleinen
und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft
Anreize, auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umzusteigen.
Unterstützt werden die Beschaffung und das Leasing von
gewerblich genutzten, elektrisch betriebenen Fahrzeugen
sowie die Errichtung von Ladeinfrastruktur im gewerblichen
Umfeld. Im Fokus der Fahrzeug-Förderung stehen seitdem
Nutzfahrzeuge, Klein- und Leichtfahrzeuge sowie motorisierte Zweiräder mit reinem Batteriebetrieb, mit Brennstoffzellenantrieb und Plug-In-Hybridantrieb. Ein weiterer Teil
der Förderung umfasst ein Beratungsangebot zu den
Schwerpunktthemen Fahrzeuge, Betriebliches Mobilitätsmanagement und Ladeinfrastruktur. Bis März 2022 wurden
über 4.700 Anträge gestellt, gefördert wurden bisher rund
3.600 E-Fahrzeuge und 580 Ladepunkte. Das Förderprogramm wurde um ein Jahr bis 31.12.2023 verlängert.
Das im Dezember 2020 gestartete Förderprogramm „Abbiegeassistent Berlin“ unterstützt in Berlin tätige Unternehmen sowie freiberuflich oder gemeinnützig Tätige, welche
in Berlin Lkw betreiben, bei der freiwilligen Nachrüstung ihrer Bestandsfahrzeuge mit Abbiegeassistenzsystemen. Ziel
der Förderung ist es, durch einen starken finanziellen Anreiz
die Nachrüstung der Fahrzeuge und die Durchdringung des
Fahrzeugbestands mit Abbiegeassistenzsystemen zu beschleunigen und so zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit im Land Berlin beizutragen. Gefördert werden die Anschaffung und der Einbau von Abbiegeassistenzsystemen in
Lkws ab einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen.
Förderfähig sind sämtliche Systeme, die über eine Allgemeine Betriebserlaubnis des Kraftfahrtbundesamtes (KBA)
verfügen. Die Förderhöhe beträgt bis zu 1.500 € der Anschaffungs- und Einbaukosten je System.
III. Wirtschaft
Luftmobilität, also dem weiten Feld der zivilen Drohnennutzung. Nachdem im vergangenen Jahr die U-Space-Regulierung der EU verabschiedet wurde und somit der Weg für die
kommerzielle Drohnennutzung frei gemacht wurde, wird nun
an einer Vielzahl von Fragestellungen gearbeitet, die dieses
Themenfeld begleiten. Wie können Drohnen sicher in die bestehende Infrastruktur – im Falle Berlins vordergründig im urbanen Raum – integriert werden? Wie müssen Drohnen technisch konzipiert sein, um möglichst nachhaltig, sicher und ressourcenschonend operieren zu können? In welchen Feldern
finden Drohneneinsätze eine öffentliche Akzeptanz? Bearbeitet werden diese Themen aktuell in unterschiedlichen Machbarkeitsstudien und Innovationsprojekten wie z.B. dem Projekt
VeBaS-UAV, in dem der Einsatz von Drohnen zur Aufbringung
eines Verbiss-Schutzmittels auf Baumsetzlingen erprobt wird.
Projektergebnisse und öffentlichkeitswirksame Auftritte finden
hierbei beispielsweise im Rahmen der ILA und des GreenTech
Festivals 2022 statt.
Mit dem Ziel, insbesondere die innovativen Startups und die
exzellente Wissenschaft der Hauptstadtregion noch besser in
einen europäischen Kontext einzubinden, ihnen Zugänge zu
Förder- und Finanzierungspartnern zu erleichtern und auch
gegenseitig von den Innovationen in Wertschöpfungskooperationen und Marktzugängen zu profitieren, ist das Cluster VML
dem EIT Urban Mobility als Netzwerkpartner beigetreten. Das
EIT Urban Mobility ist eine Initiative des European Institute of
Innovation and Technology (EIT), die dazu beitragen soll, die
Lebensqualität in Städten durch Unterstützung des Wandels
der (urbanen) Mobilität zu verbessern. Dafür sollen Startups,
etablierte Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen
in den Mitgliedsstädten neue Konzepte entwickeln und in den
Städten als ´Living Lab´ testen und demonstrieren.
Im Oktober 2021 startete das EU-Projekt STARS – Strategic
Alliances Boosting Railway SMEs. STARS entwickelt einen umfassenden Ansatz, wie in der Bahn- und Mobilitätsbranche tätige KMU von den Vorteilen der Einführung fortgeschrittener
Technologien (Advanced Technologies, u.a. IoT, KI, AR/VR,
Blockchain, Cloud Computing) profitieren können. Dabei werden internationale strategische Kooperationen zwischen technologieaffinen und traditionellen KMU etabliert. Hierdurch soll
die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an das veränderte
wirtschaftliche Umfeld infolge der Corona-Pandemie deutlich
verbessert und deren Wettbewerbsfähigkeit im europäischen
Maßstab gesteigert werden. Die Fraunhofer-Gesellschaft und
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie als Berliner Teil
Elektrische Antriebssysteme für alle Arten von Fahrzeugen
bleiben ein Kernthema im Cluster. Schrittweise werden dabei
die hybriden Fahrzeugantriebe von den vollelektrischen Antrieben mit Speicherbatterien oder Brennstoffzellen ersetzt.
Dabei wird in der post-fossilen Zukunft die Energieversorgung
dieser Antriebseinheiten von der Fahrzeugart, der zu bewegenden Gütermenge/Personenzahl und dem Verkehrsweg
abhängig sein. Die Lösungsangebote fallen dafür unterschiedlich aus und neue Klassen an Fahrzeugen gewinnen an
Bedeutung. Innerhalb des für Berlin besonders wichtigen
Startup Ökosystems bildet sich eine wachsende Community
an Mobility-Startups heraus, die neben Software- auch Hardwarelösungen entwickelt. In den auf nachhaltige Mobilität
Larissa Zeichhardt
Geschäftsführerin
LAT GmbH
des Projektkonsortiums von 17 Cluster-Partnern aus neun Ländern arbeiten daran, dieses Potenzial vor allem für die Bahnbranche in der Hauptstadtregion nutzbar zu machen.
gen lohnt: Im Ideenzug wird gezeigt, wie Wegzeiten komfortable zum Arbeiten oder zum Entspannen genutzt werden können.
2. Ihr Unternehmen zeichnet sich durch eine familienbewusste Personalpolitik aus. Das steigert sicherlich die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – gleichzeitig
aber auch deren Produktivität?
1. Im Rahmen des Projekts DB-IdeenzugCity, mit dem die
Fahrt im Regional- und S-Bahn-Verkehr verlässlicher, komfortabler und flexibler werden soll, ist LAT verantwortlich für die
Netzwerktechnik. Liegt in solchen Projekten die Zukunft des
Reisens auf der Schiene?
Reallabore und „Joint Innovation“ Projekte, wie der DB-Ideenzug, sind entscheidend für die Verkehrswende: Innovationen werden hier pragmatisch getestet und dadurch viel
schneller Realität. Der Schienenverkehr ist nachhaltig, am
Ende entscheidet aber der Fahrgast, ob sich das Umstei-
Als Familienunternehmen haben wir schon immer viel Wert
auf Vereinbarkeit gelegt: Prozesse digitalisiert, auf Dialog
und individuelle Lösungen gesetzt. Es ist wissenschaftlich
nachgewiesen, dass Mitarbeiterzufriedenheit sich positiv auf
die Produktivität auswirkt. Dazu arbeiten wir im Infrastrukturbau oft an Feiertagen und auch nachts, da muss der Ausgleich stimmen, damit wir unsere Fachkräfte halten können.
3. Kurz und knapp: Mit welchen drei Adjektiven würden Sie
den Wirtschaftsstandort Berlin beschreiben?
Innovativ, mutig, nachhaltig.
33
III. Wirtschaft
spezialisierten Startup-Hubs wie The Drivery und MotionLab
oder dem jüngst gegründeten AkkuNetz finden diese jungen
Unternehmen maßgeschneiderte Einrichtungen und das passende Kooperationsumfeld vor. Gerade in den Bereichen elektrische Leichtfahrzeuge (LEV) für Letzte-Meile-Logistik und
Sensorik für das automatisierte Fahren, aber auch Ladeinfrastruktur und Einbringung von grünem Wasserstoff erarbeiten
Mobility Startups in Berlin fortlaufend interessante Konzeptideen für urbane Räume.
Testfelder und Reallabore wachsen weiterhin in ihrer wichtigen Rolle für die Akteure der Region – für die Bewertung und
das Ausrollen neuer Technologien und Geschäftsmodelle ei-
34
nerseits und für die Ausgestaltung der Rechtsrahmen andererseits. Es gilt, die nicht zuletzt aufgrund der internationalen Ausstrahlung der Stadt erzielte Attraktivität des Standorts Berlin
für Reallabore der Mobilität weiterzuentwickeln, so z. B. für
autonomes und vernetztes Fahren. Gute Beispiele hierfür sind
das kurz vor dem Abschluss stehende Projekt Shuttles & Co.,
sein demnächst startendes Folgeprojekt KIS´M oder das 2021
gestartete Projekt BeIntelli. Bei all diesen Projekten erproben
Konsortien aus Wirtschaft und Wissenschaft die Randbedingungen für den Einsatz von autonom fahrenden Fahrzeugen
unter realitätsnahen Bedingungen, wobei sie unmittelbar auf
den Erkenntnissen von Berliner Vorläuferprojekten aufbauen.
III. Wirtschaft
III.1.4 Cluster Optik und Photonik
Berlin international als Quantentechnologiestandort sichtbar
zu machen.
•
Die Photonics Days Berlin Brandenburg – das digitale Schaufenster des Clusters Optik und Photonik – ist die bedeutendste
Veranstaltung der Branche in der Hauptstadtregion für den
fachlichen Austausch über neue Technologietrends und um die
Potenziale der hier ansässigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen national wie international sichtbar zu machen.
•
•
12.493 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 18.455)
868 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 1.456)
1,59 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 2,53 Mrd. Euro)
Optik und Photonik sind Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung in der Industrie, dem Gesundheitswesen oder der Mobilität. Sie leisten als Innovationstreiber nicht nur einen herausragenden Beitrag zur Entwicklung des Wirtschafts- und Indus
triestandorts Berlin, sondern auch zur Technologiesouveränität
unserer Volkswirtschaft. Mit rund 445 Unternehmen und über
30 Forschungseinrichtungen zählt die Hauptstadtregion zu
den führenden Photonik-Standorten Europas. Das Cluster ist
geprägt von einer vernetzten Hochschul- und Forschungslandschaft sowie einer Vielzahl innovativer Technologieunternehmen. Die Akteure werden von fachlichen Zusammenschlüssen
wie der OpTecBB e.V. unterstützt, dem bundesweit größten
Branchennetzwerk für optische Technologien, das gemeinsam
mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie sowie der
Wirtschaftsförderung Land Brandenburg das Clustermanagement bildet.
Berlin ist auf dem Sprung in die zweite Quantenrevolution.
Die erste Quantenrevolution lieferte die physikalischen Grundlagen für die Digitalisierung der Gesellschaft, wie Laser und
moderne Kommunikationstechnologien. Die Photonik ist der
Schlüssel zur nun beginnenden zweiten Quantenrevolution. Mit
photonischen Werkzeugen lassen sich einzelne Quantenteilchen gezielt manipulieren und kontrollieren. Dies eröffnet
zahlreiche neue Anwendungsfelder, wie zum Beispiel die abhörsichere Kommunikation mittels verschränkter Photonen,
hochaufgelöste Bildgebungsverfahren in der medizinischen
Diagnostik oder das Aufspüren wertvoller Rohstoffe mittels
Quantensensoren, die das lokale Schwerefeld der Erde präziser als bisher vermessen können.
In der Hauptstadtregion arbeiten zahlreiche Forschungseinrichtungen und Unternehmen an den Schlüsseltechnologien
für die zweite Quantenrevolution.
Das Land Berlin hat Anfang 2021 beschlossen, die Entwicklung
der Quantentechnologien mit Mitteln des Berliner Innovationsförderfonds in Höhe von 25 Mio. € zu unterstützen und so ergänzend zu den Mitteln aus dem Konjunkturpaket des Bundes
II Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie Vernetzungsarbeit innerhalb der Forschungs-, Produktions- und der Anwendungsnetzwerke zu fördern, um diese Zukunftstechnologie erfolgreich in Berlin zu etablieren. Damit soll ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um große Potenzial im Bereich Quantentechnologien in der Region auszuschöpfen und die Akteure
zu vernetzen, nachhaltige Wertschöpfung zu generieren und
Aussteller aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie aus Berlin, Brandenburg, Deutschland und dem europäischen Ausland nutzen die Möglichkeit, ihre neusten Entwicklungen zu
präsentieren und den direkten Austausch mit Interessierten zu
suchen. Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie war
maßgeblich an der Organisation und Durchführung der Veranstaltung beteiligt.
Im Oktober 2021 fanden die Photonics Days Berlin Brandenburg statt, die internationale Innovationskonferenz der
Optik und Photonik Branche in der Region. An vier Tagen
mit insgesamt 26 Fachsessions (18 davon vor Ort als Hybrid-Format) hatten über 540 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, spannende Vorträge zu aktuellen
Themen zu verfolgen und sich mit den Referentinnen und
Referenten aus mehr als 15 Ländern auszutauschen. Mehr
als 250 Interessierte nutzten die Möglichkeit, sich die Vorträge vor Ort anzuhören, persönlich miteinander ins Gespräch zu kommen und die begleitende Fachausstellung
zu besuchen.
Die Länder Berlin und Brandenburg sowie das polnische Nationale Zentrum für Forschung und Entwicklung (NCBR) haben
im März 2021 zum fünften Mal eine gemeinsame Ausschreibung zur Förderung grenzüberschreitender Verbundprojekte
aus Forschung, Entwicklung und Innovation (FuEuI-Call) auf
dem Gebiet der Optik und Photonik gestartet.
Von insgesamt sechs eingereichten Projektvorhaben wurden
final drei Kooperationsprojekte mit insgesamt 16 Partnern für
die nächsten drei Jahre für eine Förderung ausgewählt. Diese
werden nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Berlin, Brandenburg und Polen weiter vertiefen, sondern auch die Spitzenforschung und die innovativen kleinen und mittelständischen
Unternehmen im Bereich der optischen Technologien weiter
vorantreiben.
Die Projekte konzentrieren sich mit neuartigen Kommunikationstechnologien und der Erschließung von Anwendungsbereichen von Quantenpunkten in der Gas-Sensorik und innovativer Displays auf Themen, die für Berlin, Brandenburg und Polen von besonderem Interesse sind. Ziel ist es, einen Beitrag
zum Fortschritt der Photonik, Mikroelektronik oder der auf
Quantentechnologien basierenden Technologien zu leisten.
35
III. Wirtschaft
Berliner und Brandenburger Verbundpartner werden jeweils im
Rahmen des regionalen Programms zur Förderung von Forschung, Innovationen und Technologien (Pro FIT) unterstützt,
die polnischen Verbundpartner über ein Förderprogramm des
NCBR. Das Land Berlin unterstützt seit 2012 und das Land
Brandenburg seit 2016 die Partnerschaft mit Polen im Bereich
der optischen Technologien und Photonik.
36
III. Wirtschaft
III.1.5 Cluster Energietechnik
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•
37.097 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 58.508)
3.408 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 6.591)
25,11 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 32,20 Mrd. Euro)
Berlin ist traditionell führender Energietechnikstandort Deutschlands. Die Hauptstadt ist Vorreiter bei der Entwicklung von Smart
Grids, Speicherkonzepten und innovativen Lösungen zur Systemintegration.
Neben Global Playern wie der Siemens Energy AG sorgen vor
allem die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen (darunter auch Hidden Champions) für eine anhaltend überdurchschnittliche Innovationsdynamik bei der Entwicklung, Erprobung
und Anwendung neuer Energietechnologien. Die involvierten
Akteure profitieren hierbei von der renommierten und vielfältigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft Berlins. Über
1.100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an über 30
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen
forschen zu allen Themenstellungen rund um die Energiewende.
Schwerpunktthemen in der Energietechnik sind bereits heute
die Digitale Vernetzung und die sich daraus ableitenden Möglichkeiten der Sektorenkopplung (Strom, Verkehr und Wärme)
und der Systemintegration von Erneuerbaren Energien. Damit
einher geht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die in
Berlin insbesondere von Startups stark vorangetrieben wird.
Zu den aktuellen TOP-Innovationsfeldern mit besonderem
Potenzial für die Hauptstadtregion als Energietechnikstandort
zählen:
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Sektorenkopplung für die Wärme und Kälte,
Energieeffizienz in industriellen Prozessen sowie Nutzung
Prozessabwärme,
Digitale Sicherheit,
Sektorenkopplung für die Mobilität: Power2X, Power2Fuels
(H2 basierte Kraftstoffe), Vehicle2grid, Ladeinfrastruktur,
Bidirektionales, erzeugungs- und netzdienliches Laden,
Lastmanagement und virtuelle Kraftwerke,
Wasserstofftechnologien (Erzeugung, Speicherung, Transport, Nutzung) sowie
Produktion und Entwicklung von Batterietechnologien.
Durch die Ansiedlungen der Tesla Gigafactory und des amerikanischen Batterieherstellers Microvast mit ihren großen Fertigungskapazitäten und dem einhergehenden Kompetenzaufbau in der Hauptstadtregion hat insbesondere das Thema
Batterieproduktion zugenommen.
Neue nachhaltige Konzepte für die Nutzung von Batterien an
der Schnittstelle zur Mobilität gewinnen an Aufmerksamkeit
und Bedeutung.
Das seit Anfang 2022 vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Klimaschutz geförderte Innovationscluster „AkkuNETZ“
soll Entwicklungen und Aktivitäten rund um das Thema batterieelektrische Leichtfahrzeuge auf Basis von Wechselakkus initiieren und begleiten. Die nachhaltige Produktion, SecondLife-Konzepte und Recycling von Wechselakkus werden dabei
ebenfalls betrachtet.
Für den Wirtschafts- und Innovationsstandort spielt die Sektorenkopplung Strom mit Verkehr eine zunehmend stärkere Rolle, vor allem Technologien zur Ladeinfrastruktur sowie Batterien und Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis stehen im Fokus.
Um das Thema in der Hauptstadtregion – gemeinsam mit der
Wissenschaft und der Wirtschaft – weiter voranzutreiben, fand
im April 2021 der Cross-Cluster-Expertenkreis der Cluster
Energietechnik und Verkehr, Mobilität und Logistik Berlin-Brandenburg zum Thema „Innovative Batteriesysteme an
der Schnittstelle Stromnetz und Mobilität“ statt. Dargestellt
und diskutiert wurden neben den aktuellen Herausforderungen
auch die Erkenntnisse zum Batteriespeicher und zum Netzanschluss, zum Batteriespeicher für den Eigenverbrauch und zum
Laden von Fahrzeugen und deren Analyse, zur Wiederverwendbarkeit von Akkus sowie zum Batteriespeicher für die Mikromobilität.
Ebenso im Technologiefokus der Innovationsaktivitäten am
Standort Berlin steht die Digitalisierung im Energiesektor, insbesondere die Digitalisierung für die Energiewende im urbanen Umfeld. So prägen zahlreiche Aktivitäten zur Vernetzung
und zum gemeinsamen Austausch der Akteure, zum
Cross-Cluster-Denken und Eruieren von Lösungsansätzen und
Anwendungsmöglichkeiten die Clusterarbeit.
•
Mit der Veranstaltung Die resiliente Stadt: Sicherheit in
Quartiersnetzwerken beleuchtete das Cluster Energietechnik gemeinsam mit der Technologiestiftung Berlin die
Herausforderungen der Transaktionssicherheit im vernetzten, CO2-neutralen Quartier mit kleinteiliger Sektoren
kopplung. U.a. wurden die sichere und transparente Berechnung und Bepreisung von Energieerzeugung und -verbrauch und der Schutz heterogener Quartiersnetze gegen
Datenlecks und externe Angriffe aus Sicht der Energiesysteme, der Wohnungswirtschaft, aber auch der erforderlichen Kommunikationsstrukturen diskutiert.
•
Ferner unterstützt das Cluster Energietechnik gemeinsam
mit dem Cluster IKT, Medien- und Kreativwirtschaft die
Blockchain-Initiativen in der Hauptstadtregion.
•
Zudem fand im Juni 2021 die Veranstaltung „Blockchain in
Energy: Decentralization and Sector Coupling“ in Kooperation mit dem Cluster IMK, BerChain und Elia Group statt,
die einen Überblick über die transformative Rolle von
Blockchain im Energiesektor gab.
•
Mit Unterstützung von Berlin Partner für Wirtschaft und
Technologie organisierte die Forschungsfabrik Mikroelekt-
37
III. Wirtschaft
ronik Deutschland der Fraunhofer Gesellschaft im August
2021 ein virtuelles Anwenderforum zum Thema „5G in der
Smart City“. Ziel des Forums war es, Anwendungsfälle von
5G in Gebietskörperschaften zu behandeln. Fokusthemen
waren u.a. „5G in der Städtischen Versorgung“ und „5G in
der Mobilität“.
Auch die Stärkung der internationalen Sichtbarkeit der Energietechnik-Kompetenz der zahlreichen Akteure, insbesondere
KMU, ist ein zentrales Anliegen der Innovations-, Wirtschaftsund damit Standortpolitik. Internationalisierung ist eine der
Leitlinien in der innoBB 2025 und damit auch ein Kernanliegen
in der Clusterarbeit.
Das 2021 gegründete und mit Mitteln aus dem Programm für
Internationalisierung finanzierte „Urban Energy and Mobility
Network“ soll hierbei einen wichtigen Beitrag leisten. Zielregionen sind die USA (New York, Westküste), London, Peking und
Singapur.
Das Urban Energy and Mobility Network richtet sich an Unternehmen aus der Hauptstadtregion mit Produkten und Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette von erneuerbaren Energien und nachhaltigen Mobilitätslösungen mit Anwendungsgebiet in urbanen Regionen. Das Netzwerk soll das
Berliner Ökosystem für Energie- und Mobilitätslösungen mit
urbanen Metropolregionen im Ausland vernetzen und Berliner
Unternehmen die Möglichkeit geben, neue Märkte schnell und
kostengünstig zu testen und neue Chancen im Ausland effizient zu bewerten.
Aus erneuerbaren Quellen gewonnener, sog. „grüner
Wasserstoff“ gilt als wesentlicher Baustein zum Gelingen
der Energiewende. Mithilfe grünen Wasserstoffs ist es
möglich, energieintensive Prozesse, etwa in der Industrie,
im Verkehr oder bei der Wärmebereitstellung, die bisher
ohne Verwendung fossiler Energieträger nicht durchführbar waren, zu dekarbonisieren, d.h. die Freisetzung des
klimaschädlichen CO2 zu vermeiden.
Entscheidend für die Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft in der Hauptstadtregion ist es, die Erzeugungspotenziale erneuerbarer Energie mit dem steigenden Wasserstoffbedarf zu verzahnen und Wasserstofferzeugungsund -transportinfrastrukturen mit möglichst großen Synergien für die Anwendung zu entwickeln.
Auf der Grundlage eines gemeinsamen Beschlusses der
Länder Berlin und Brandenburg vom April 2021, gemeinsam Potenziale der Wasserstoffnutzung für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu entwickeln, wurde im
Rahmen des „Strategischen Gesamtrahmens Hauptstadtregion“ ein länderübergreifender Stakeholderdialog zur
Erstellung einer Wasserstoffroadmap für Brandenburg und
die Hauptstadtregion vereinbart.
In enger Zusammenarbeit beider Länder wurde eine umfassende öffentliche Online-Umfrage zum Thema Wasserstoff für Brandenburg und die Hauptstadtregion beauftragt. Das starke Interesse an dem Thema spiegelt sich in
der großen Teilnehmendenzahl von mehr als 340 sowie
über 41.000 Antworten zur Umfrage wider. Aus der Analyse der gegebenen Antworten sowie durch den Einbezug
relevanter Studien wurden Handlungsempfehlungen zum
Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Brandenburg und
der Hauptstadtregion erarbeitet und als Fahrplan zum
Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft für das Land Brandenburg und die Hauptstadtregion veröffentlicht.
Mit der Errichtung des Wasserstoff-Marktplatzes haben
die Länder Berlin und Brandenburg mit der Umsetzung der
Wasserstoffroadmap begonnen. Die Online-Plattform erlaubt es, geplante oder bereits existierende Wasserstoffbedarfe und -angebote georeferenziert darzustellen, um
Synergieeffekte zwischen Projekten zu erleichtern, der Infrastrukturplanung eine Grundlage zu geben und das Entstehen der regionalen Wasserstoffwirtschaft beobachtbar
zu machen.
38
III. Wirtschaft
III.1.6 Weitere Innovationsfelder
Clean Technologies
Nachhaltige Wasserwirtschaft
Berlin hat sich zu einem international anerkannten Kompetenzstandort der nachhaltigen Wasserwirtschaft entwickelt, in
dem die Verknüpfung wissenschaftlicher und unternehmerischer Kompetenzen einen starken Motor für Wachstum und Beschäftigung darstellt. Exemplarisch für die gute Zusammenarbeit in diesem Bereich kann die Beteiligung am Projekt „BlueGreenStreets“ stehen. Dieses strebt an, die Wirksamkeit von
Planungsinstrumenten und Regelwerken zu grünen städtischen
Infrastrukturen, urbaner Wasserwirtschaft, dem Sanierungsmanagement von Straßen und Kanälen sowie der Verkehrs- und
Freiraumplanung zu untersuchen, zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Auch im größeren Kontext, nämlich vor dem Hintergrund von Klimawandel und Bevölkerungsentwicklung, müssen
europäische Städte das Management ihrer Wassersysteme
schrittweise verändern. Digitale Technologien wie mobile Endgeräte, Online-Sensoren, Methoden des Maschinellen Lernens
und Künstlicher Intelligenz sowie Cloud-Lösungen können als
Werkzeuge erheblich zu einer verbesserten Bewirtschaftung
von Wasserinfrastrukturen beitragen. Diese Ansätze werden
beispielsweise im Projekt digital-water.city auch von Berliner
Akteuren untersucht.
Neben den Berliner Wasserbetrieben (BWB) – Deutschlands
größtem Serviceprovider im Wasserbereich – ist in Berlin eine
Vielzahl innovativer Unternehmen ansässig, die im Bereich der
Wasserwirtschaft sowie der Umwelt- und Abwassertechnik aktiv sind. Obwohl relativ kleinteilig, ist die Wasserwirtschaft sehr
vielseitig und innovativ und für die gegenwärtigen Trends und
Zukunftsthemen wie Klimawandel, Digitalisierung / Building
Information Modeling und Regenwasserbewirtschaftung gut
aufgestellt. Für die Arbeit an diesen komplexen Herausforderungen sind Netzwerke unerlässlich.
Als Interessenvertretung von über 30 mittelständischen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen hat sich das Netzwerk AQUANET-BB — Netzwerk für intelligente Wasserinfrastruktursysteme in der Hauptstadtregion fest etabliert. Es ist zu
einem wichtigen Ansprechpartner und Treiber bei der Umsetzung von Berliner Wasserthemen geworden. Darüber hinaus
hat Aquanet das Projektmanagement für den Aufbau des neuen akteursgetriebenen Fachkongresses InfraSPREE übernommen. Der InfraSPREE-Kongress soll sich zur regionalen Plattform für Fachkräfte in Wasserwirtschaft und technischer Infrastruktur entwickeln. Dabei stehen Themen im Vordergrund, die
für die Branche, Fachkräfte und die Region von besonderem
Interesse sind. Die Auftaktveranstaltung der neuen Kongressreihe InfraSPREE feierte im September 2021 im Kino Kosmos in
Berlin einen erfolgreichen Einstand. Im Rahmen der Abendveranstaltung wurde auch die bereits sechste Auflage des AQUA
AWARD und AQUA SCIENCE AWARD verliehen.
Das erfolgreich dem GRW-Förderzeitraum entwachsene Netzwerk e.qua ist ein Verbund von Unternehmen, der an der Schnittstelle zwischen Energie und Wasser bundesweit Projekte auf
dem Gebiet der Wärmerückgewinnung aus Abwasser realisiert.
In Form von Beratung, Projektimpulsen und Förderprojektbegleitung unterstützt das Netzwerk Unternehmen in den Bereichen Strom-, Wärme- und Wertstoff(rück)gewinnung aus Trinkund Abwasser. e.qua führte im Verbund mit verschiedenen Partnern im Oktober 2021 in Berlin bereits zum zweiten Mal das
Messeformat TAUSENDWASSER in der Station Berlin durch.
Über 170 Aussteller aus den Bereichen Trink- und Abwasser präsentierten in zwei Hallen auf insgesamt 6.600 m2 rund 1.500
Besucherinnen und Besuchern ihre Produkte und Leistungen.
Forschung
Gepaart mit einem breiten Angebot in der wasserbezogenen
Forschung an Universitäten, insbesondere der Technischen Universität Berlin (TU), und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie etwa dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB),
sowie der Präsenz zahlreicher wasserwirtschaftlicher Institutionen ist die gesamte Bandbreite der wasser- und abwasserwirtschaftlichen Kompetenzen in Berlin vorhanden, um für regionale, aber auch internationale Herausforderungen innovative Lösungskonzepte zu entwickeln, umzusetzen und zu betreiben.
Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) wurde 2001 als
gemeinnützige GmbH und Zentrum für angewandte Wasserforschung gegründet. Rund 20 Jahre später sind die Herausforderungen an die wasserbezogene Forschung durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum enorm gewachsen. Eine
Reaktion darauf bilden Projekte, in denen traditionelle Bereiche des urbanen Wassermanagements, wie Grundwasser,
Wasser- und Abwassertechnik, Kanalnetzbewirtschaftung und
Gewässerschutz, eng mit Fragestellungen der Energie- und
Ressourceneffizienz, der Klimaresilienz, des Asset Managements und der Digitalisierung verbunden werden. Digitale Prozesse und Modellierungen bieten neue Ansätze, um den Herausforderungen an urbane Infrastrukturen mit intelligenter
Technologie zu begegnen. Das KWB als Einrichtung der Technologiestiftung Berlin und der Berliner Wasserbetriebe hat sich
in diesem Bereich als erfolgreicher Treiber für anwendungsbezogene Forschungsprojekte etabliert. Ein Beispiel dafür ist das
Projekt „DigitalWater.City“, in dem KWB als Konsortialführer
gemeinsam mit 24 Partnern aus 10 europäischen Ländern bis
zum Jahr 2022 den Einsatz smarter Informationssysteme für
das urbane Wassermanagement von der Demonstration bis
zur Marktübernahme untersucht. In Berlin geht es konkret darum, durch ein effizientes Echtzeit-Monitoring in Kläranlagen
den Ressourcenschutz und die Identifikation von Verschmutzungsquellen zu verbessern sowie die Funktion von Trinkwasserbrunnen zu optimieren.
Zusammenarbeit und Wissenstransfer
Wassermanagement erfordert eine intensive Zusammenarbeit
über Sektoren und Disziplinen hinweg. BLUE PLANET Berlin
39
III. Wirtschaft
Water Dialogues ist eine politisch ausgerichtete Veranstaltungsreihe mit dem Ziel, eine dauerhafte zentrale Plattform für
die internationale Vernetzung, Wissenstransfer sowie einen intensiven Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern von
Regierungen, NGOs, Forschung und Wissenschaft, Finanziers
sowie Entscheiderinnen und Entscheidern der internationalen
Wassernutzer aus Industrie, Energie- und Landwirtschaft sowie
Metropolen zu schaffen. Am 25. Februar 2021 feierte das Konferenzformat nicht nur sein 10-jähriges Jubiläum, sondern
auch seine digitale Premiere. Mehr als 600 Teilnehmende aus
über 30 Ländern diskutierten Lösungen für die Herausforderungen des globalen Wassermanagements und traten über
das Online-Vernetzungstool mit Referentinnen und Referenten
und Gästen in den Dialog.
Im Zusammenspiel mit den erfolgreichen Projektbeispielen
und den Veranstaltungsformaten InfraSPREE und TAUSENDWASSER sind die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues fester
Bestandteil des deutschlandweit und international sichtbaren
Wasser HUB Berlin.
Kreislaufwirtschaft
Das Land Berlin bekennt sich zum Leitbild „Zero Waste“ und
ist bestrebt, die bestehende Abfallwirtschaft zu einer modernen und möglichst geschlossenen Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Die mit dem Abfallwirtschaftskonzept 2020-2030
vorgelegte Zero-Waste-Strategie setzt hierfür ambitionierte
Standards. Durch Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Wiederverwendung sollen Abfälle nach Möglichkeit gar nicht erst
entstehen. Ist eine Wiederverwendung oder Vorbereitung zur
Wiederverwendung ausgeschlossen, sollen die im Abfall enthaltenen Wertstoffe einer Wiederverwertung zugeführt werden.
Bei der Verwirklichung dieser Ziele leisten die Akteure der
Kreislaufwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag.
Nicht zuletzt wegen ihrer innovativen Akteure und der guten
Vernetzung ist die Kreislaufwirtschaft ein immer bedeutenderer Wirtschaftsfaktor in der Hauptstadt. Das Spektrum reicht
von den klassischen Entsorgern über Technologieentwickler
bis zu Startups, die aus Sekundärrohstoffen innovative Produkte für ein umweltbewusstes Publikum herstellen.
Im Bereich der Kreislaufwirtschaft vernetzen sich Akteure zunehmend und schließen sich zu Initiativen und für Veranstal-
40
tungsformate zusammen, um gemeinsam für die Schließung
von Stoffkreisläufen (Closed-Loop), für nachhaltigere Produktions- und Managementprozesse und für Ressourcenschutz in
der Wirtschaft einzutreten.
Beispielhaft für diese Entwicklung steht die Initiative circular.
Berlin. Sie setzt sich über Wissensvermittlung, praktische Workshops, Vernetzung und Weiterbildungsformate für die Entwicklung Berlins hin zu einer zirkulären Stadt ein. Als Initiator der
„Circular City Challenge“ trägt die Initiative wesentlich zum
wichtigen Austausch mit Startups aus anderen europäischen
Metropolen bei.
Weitere Formate wie das Zero Waste Berlin Festival und die
Veranstaltungsreihe Mother Earth Boat Talks, u.a. zum Thema
„Beitrag der Kreislaufwirtschaft zu den Berliner Klimaschutzzielen 2030/2050“ verdeutlichen die zunehmende Bedeutung der „Circular Economy“ in Berlin.
Aber nicht nur Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen
tragen dazu bei, nachhaltige Entwicklungen in der Stadt voranzutreiben. Im EU-Projekt COMPAIR (Community Observation Measurement & Participation in AIR Science) wird die Fähigkeit von Bürgerinnen und Bürgern gestärkt, die Auswirkungen ihres Agierens auf die Umwelt zu überwachen, zu verstehen und zu verändern. Es bindet die Öffentlichkeit bei der Erfassung, Ergänzung und Verbesserung der Qualität offizieller
Datensätze zur Luftreinheit ein.
Mithilfe eines Citizen Science Lab werden Bürger befähigt,
umweltwissenschaftliche Experimente mitzugestalten und
durchzuführen, die sich an den Bedürfnissen und Herausforderungen in ihrer Umgebung orientieren. Durch die Bereitstellung
innovativer, selbst montierbarer und kostengünstiger Sensoren, dynamischer Dashboards und Augmented-Reality-Tools
für die Erfassung, Visualisierung und Gewinnung verwertbarer
Erkenntnisse aus Daten kann jede und jeder seine Auswirkungen auf die Umwelt verstehen und unmittelbare Maßnahmen
zu deren Verbesserung bereitstellen.
In starkem Maße ist auch die Berliner Stadtreinigung (BSR) in
der Kreislaufwirtschaft und Umsetzung der Zero-Waste-Strategie engangiert (Kapitel V).
III. Wirtschaft
III.2 Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik
Berliner Zukunftsorte
Zukunftsorte sind Standorte, an denen vor Ort Netzwerkstrukturen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft existieren bzw. geschaffen werden sollen. Der tatsächlich gelebte Austausch
und die Kooperationen von Wirtschafts-, Forschungs-, und
Technologieeinrichtungen fördern die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft.
Die Berliner Zukunftsorte leisten einen wesentlichen Beitrag
zur Stärkung des wirtschaftlichen Fundaments der deutschen
Hauptstadt. An ihnen wird nicht nur geforscht und entwickelt,
sondern auch produziert. Wesenskern der Berliner Zukunftsorte
ist der Transfer von Wissen. Sie spielen bei der Entwicklung und
Profilierung des Wirtschaftsstandortes Berlin eine besondere
Rolle.
Die Berliner Zukunftsorte sind
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der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof,
der Biotech-Campus Berlin-Buch,
der Campus Charlottenburg / City West,
der CleanTech Marzahn,
der EUREF-Campus Schöneberg,
der Technologiepark Humboldthain,
der Forschungs- und Produktionsstandort Schöneweide /
Südost,
der Campus Dahlem / Südwest mit dem Technologie- und
Gründungszentrum,
der Flughafen Tegel als Urban-Tech-Standort,
der Flughafen Tempelhof als Standort für Kreativwirtschaft
und die Siemensstadt Square.
Das einzigartige Netzwerk der elf Berliner Zukunftsorte liefert
die Antwort auf die Frage, wie die Hauptstadt aufgestellt sein
muss, um zukunftsfähig zu sein und Krisen zu trotzen – Stichwort
Resilienz. Hierbei hat sich die „Geschäftsstelle Zukunftsorte“
als Koordinatorin für die Weiterentwicklung der gemeinsamen
Marke Zukunftsorte als Standorte für wissensbasierte Produktion und Dienstleistungen bewährt.
Die Aufgabenschwerpunkte „Aufbau Markenbekanntheit“,
„Stärkung Netzwerk“ und „Entwicklung Employer Brand“, die
auch als Kernbereiche der Kommunikation verstanden werden,
und die sich in unterschiedlichen Abhängigkeiten voneinander
befinden, spiegeln sich auch in der seit Februar 2022 breit angelegten auf die Zukunftsorte ausgerichteten Kampagne wider. Innovative Motive veranschaulichen, wie in Berlin an wichtigen Aufgaben für die Zukunft der Stadt gearbeitet wird. Auf
City-Light-Säulen und Public-Video-Stations sowie mit Social-Media-Werbung werden Zukunftsthemen einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hervorgehoben werden bei der Kampagne „Zukunft ist, wenn …“ die Herausforderungen zukunfts
trächtiger Fragen und deren Lösungsmöglichkeiten aus den
einzelnen Zukunftsorten.
Dabei hat jeder Zukunftsort seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter und seine ganz besonderen Potenziale:
Im Zukunftsort TXL entsteht auf einem 82 ha großen Teil des
Geländes des ehemaligen Flughafens Tegel der Wirtschafts-,
Forschungs- und Industriepark „Urban Tech Republic (UTR)“.
Bei der Urban Tech Republic handelt es sich um ein nachhaltiges Gewerbequartier mit besonderer Bedeutung für das Land
Berlin und weltweitem Leuchtturmcharakter. Dort sollen bis zu
1.000 große und kleinere Unternehmen mit 20.000 Beschäftigten Neues forschen, Ideen entwickeln und Innovationen produzieren. Dafür stehen ihnen neben den Bestandsgebäuden
des ehemaligen Flughafens 211 ha zur Verfügung. Insgesamt
sollen rund 5.000 Studierende der Berliner Hochschule für
Technik (BHT) auf den Campus Berlin TXL umziehen, von denen mehr als 2.500 Studierende mit ihren Fachbereichen in
das ehemalige zentrale Terminalgebäude A einziehen können.
Die angrenzenden Flächen sind sowohl für Forschung und Entwicklung als auch für produzierendes Gewerbe vorgesehen.
Terminal B wird zu einem Gründer*innenzentrum und einem
Kongress- und Veranstaltungsort umgebaut. All dies wird unter
Einsatz von GRW-Mitteln realisiert. In einem ersten Schritt werden u.a. temporäre Baustraßen und Zufahrten erstellt, die
Baulogistik eingerichtet sowie die Altlastensanierung gestartet. Mit einer Fertigstellung des ersten Bauabschnitts der UTR
sowie eines Großteils der Gebäudesanierungen ist 2027 zu
rechnen.
Der ehemalige Flughafen Tempelhof ist mit seinem Gebäudeensemble Europas größtes Baudenkmal, Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst und Spiegel der Weltgeschichte. Der Flughafen
Tempelhof soll nach umfangreichen Sanierungsarbeiten schrittweise zu einem Zukunftsort mit internationaler Strahlkraft für
Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft entwickelt werden. Schon heute bietet er für Veranstaltungen vom Sport- bis zum Kulturevent
eine einzigartige Kulisse. Mit der Eröffnung des „TOWER THF“ im
Kopfbau West und der Geschichtsgalerie auf dem Dach des
Gebäudes werden über das Anfang 2020 eröffnete Besucherzentrum „CHECK IN“ hinaus weitere attraktive Angebote für Besucherinnen und Besucher aus nah und fern geschaffen.
Am Zukunftsort Buch wird einer der größten BioTechParks Europas mit der in 2023 geplanten Eröffnung des mit GRW-Mitteln
geförderten Gründerinnen- und Gründerzentrums „Berlin Bio
Cube“ weiter gestärkt. Auf 8.000 m² Labor- und Bürofläche wird
die Ansiedlung von Startups mit einem geschätzten Umsatz von
70-80 Mio. € p.a. erwartet. Darüber hinaus wird mit der geplanten Entwicklung des südlichen Teils der sog. Brunnengalerie die
dringend benötigte Erweiterung des BioTechParks in unmittelbarer Campusnähe in Angriff genommen.
41
III. Wirtschaft
Steffen Terberl
Leiter Geschäftsstelle
Berliner Zukunftsorte
Die Zukunftsorte schaffen sehr gezielt den Nährboden hierfür. Sie sind zugleich Think Tank, Reallabor und Wirtschaftsmotor.
Interessanterweise liegen die Zukunftsorte meist an Standorten, die auch schon in der Vergangenheit wichtig waren für
Berlin, wie ehemalige Flughäfen, Industrieareale und Wissenschaftscampus.
3. Welche Maßnahmen planen Sie zur Intensivierung der Kooperation der Zukunftsorte untereinander.
1. Seit März 2022 leiten Sie die Geschäftsstelle der Berliner
Zukunftsorte – wie war Ihr Start in den neuen Job?
Ich hatte gleich nach einer Woche meine erste Steuerungskreissitzung in der Senatsverwaltung. Dort wurde ich von allen
Beteiligten sehr offen und herzlich empfangen. Ich habe den
Eindruck, hier herrscht eine gute Stimmung und hohe Kooperationsbereitschaft.
Es gibt etablierte Formate wie z.B. das regelmäßige Partnerfrühstück oder auch thematische Arbeitskreise und Projekte. Mit „Zukunft mitdenken“ haben wir kürzlich ein Veranstaltungs-Format geschaffen, das sowohl nach außen wirkt
als auch die interne Vernetzung der Akteure aus den Zukunftsorten untereinander fördert. Zudem sollen auch unsere
PR- und Marketingmaßnahmen dabei helfen, die Identifikation mit der Dachmarke bzw. Gemeinschaft der Berliner Zukunftsorte nach innen zu stärken.
2. Was ist für Sie das Besondere an den Berliner Zukunftsorten?
Fasziniert hat mich schon immer, wie neue Technologien
mit einem positiven Impact für die Gesellschaft entstehen.
Gewerbeflächenpolitik
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
bringt die wirtschaftspolitischen Interessen und Belange in die
Stadtentwicklungspolitik ein. Besonders im Fokus stehen dabei
die Sicherung von Gewerbestandorten, die Neuausweisung
von Gewerbeflächen und der Schutz von Gewerbebetrieben
und deren Entwicklungsmöglichkeiten. Dies ist angesichts der
politischen und gesellschaftlichen Schwerpunktsetzung auf
den Wohnungsbau eine herausfordernde Aufgabe. Allerdings
besteht im Land Berlin Konsens darüber, dass zu einer funktionsfähigen Stadt nicht nur Wohnungen, sondern auch Arbeitsplätze gehören. Und diese benötigen ein ausreichendes und
zukunftssicheres Flächenangebot.
Um dies zu gewährleisten, setzt sich die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe als Träger öffentlicher Belange auf allen Ebenen der räumlichen Planung für die Berücksichtigung wirtschaftspolitischer Ziele und Interessen ein. Über
die Bauleitplanung sollen beispielsweise die Bereitstellung
von Gewerbeflächen und die Sicherung der bestehenden Gewerbegebiete erreicht werden. In vielen Gewerbegebieten ist
der Handlungsdruck erheblich: Die Konkurrenz um die knappen Flächenpotenziale steigt immer weiter an. Gewerbegebiete stehen häufig im besonderen Fokus von Entwicklern und
Investoren, da die noch vergleichsweise niedrigen Bodenpreise gute Entwicklungschancen mit entsprechenden Gewinnerwartungen versprechen.
42
Wenn es das Budget zulässt, dann möchten wir zukünftig zudem gemeinsame Reisen zu Good-Practices im In- und
Ausland unternehmen.
Jedoch hat eine Gebietsaufwertung nahezu immer auch negative Folgen: die Verdrängung ansässiger Unternehmen, die
Verknappung des ohnehin bereits geringen Flächenangebots
für Produktion und produktionsnahe Nutzungen und das Erschweren bzw. sogar die Verhinderung der Ansiedlung neuer
Unternehmen durch Boden- und Mietpreissteigerungen.
Deshalb ist das „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ (EpB) weiterhin ein zentraler Bestandteil des
Stadtentwicklungsplans Wirtschaft 2030. Das EpB umfasst 40
Bereiche innerhalb der Kulisse der gewerblichen Bauflächen
im Flächennutzungsplan, die weiterhin für produktionsgeprägte Wirtschaftszweige gesichert und entwickelt werden sollen.
Das Konzept soll den dort ansässigen Unternehmen langfristige Planungssicherheit bieten und dazu beitragen, sie am
Standort zu halten und die damit verbundenen Arbeitsplätze
zu sichern.
Mit dem StEP Wirtschaft 2030 wird ein stadtweiter Rahmen
gesetzt, um Wirtschaftsflächen und -standorte systematisch zu
sichern, zu entwickeln und zu aktivieren. Der StEP Wirtschaft
schafft somit die planerischen Grundlagen für ein angemessenes Flächenangebot für die Berliner Wirtschaft in quantitativer,
qualitativer und räumlicher Hinsicht. Zur Umsetzung des StEP
Wirtschaft sind neben den stadtweit bedeutsamen großen Entwicklungsmaßnahmen, wie z. B. Clean Tech Business Park, Urban Tech Republic oder Buchholz Nord, auch viele kleinteilige
lokale Maßnahmen in den Bezirken erforderlich.
III. Wirtschaft
Im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe hat die empirica ag ein Gutachten zu räumlichen Gewerbestrukturveränderungen in Berlin seit 2011
erstellt. Im Gutachten wurden die räumliche Dimension
der Berliner Gewerbestruktur, der Gewerbemieten sowie
die jeweiligen Veränderungen seit 2011/2012 analysiert,
um empirisch gesicherte Erkenntnisse über die tatsächliche Entwicklung der Gewerbemieten und ihre möglichen
Folgewirkungen auf die räumliche Struktur der gewerblichen Wirtschaft zu gewinnen. Laut Gutachten haben sich
die Gewerbemieten in Berlin sehr dynamisch entwickelt, in
den letzten acht Jahren haben sich die Angebotsmieten
fast verdoppelt. Das betrifft nahezu alle Standorte in Berlin mit einer Konzentration auf Lagen innerhalb des
S-Bahn-Rings. Steigende Mieten erhöhen die Mietbelastungen bei sonst gleichen Bedingungen von Unternehmen
und sozialen Trägern und erhöhen den Druck, die gestiegenen Kosten zu kompensieren. Der Senat zieht aus den
Ergebnissen des Gutachtens die Schlussfolgerung, dass
Gewerbemieterinnen und Gewerbemieter sowie soziokulturelle Projekte aufgrund des hohen raumstrukturellen
Drucks in Berlin eines konsequenten Schutzes zur Sicherung des soziostrukturellen Gleichgewichts in der Stadt
bedürfen.
Um die Bezirke bei der Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zu unterstützen, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in den Jahren
2020 und 2021 den Bezirken über 1 Mio. € Haushaltsmittel für
bezirkliche Maßnahmen zur Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zur Verfügung gestellt, was
von den Bezirken sehr rege genutzt wurde. Ziel der Maßnahmen ist, bestehende Gewerbeflächen und -standorte zu sichern, Flächenpotenziale zu aktivieren sowie vorhandene Gewerbeflächen effizienter zu nutzen. Damit soll das Angebot an
bezahlbaren Wirtschaftsflächen verbessert und die vielfältigen Gewerbestrukturen in den einzelnen Stadträumen gesichert werden. Um die unterschiedlichen Gewerbestrukturen
und Problemlagen in den Bezirken zu berücksichtigen, wurden
über einen Projektaufruf die Bezirke eingeladen, geeignete
und an die lokalen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen
zu benennen. Insgesamt konnten in diesem Zeitraum 20 Projekte unterstützt werden, bei denen sowohl bezirksweite Konzepte entwickelt (z.B. bezirkliche Wirtschaftsflächenkonzepte)
als auch teilräumliche Entwicklungsstrategien ausgearbeitet
oder auf kleinräumiger Ebene Bebauungspläne zur Sicherung
einer gewerblichen Nutzung umgesetzt wurden. Die Initiative
soll in den kommenden Jahren verstetigt werden.
Aktive Liegenschaftspolitik für die Wirtschaft
Neben der planerischen Sicherung vorhandener Gewerbeflächen ist die Schaffung eines ausreichenden Angebots an landeseigenen Gewerbegrundstücken ein wesentliches Element
zur Versorgung der Wirtschaft mit Flächen und Gewerberäumen.
Die Bereitstellung bezahlbarer Gewerbeflächen ist ein Essential für erfolgreiche Wirtschaftsförderung und Teil der Daseinsvorsorge, um die Funktionsfähigkeit der Stadt und ihrer Teilräume zu gewährleisten.
Nach den Jahren fiskalpolitisch begründeten Grundstücksverkaufs sind in vielen Teilräumen Berlins kaum mehr landeseigene Gewerbeflächen verfügbar. Landeseigene Gewerbegrundstücke werden jedoch für die Unternehmensansiedlung und
die Bestandserweiterung dringend benötigt.
Angesichts der rasant gestiegenen Immobilienpreise finden
viele KMU, gerade aus dem produzierenden Gewerbe, aus
dem Handwerk oder dem produktionsnahen Dienstleistungsgewerbe kaum mehr bezahlbare Flächen in der Stadt.
Mit Planungsrecht lässt sich hier nur begrenzt gegensteuern:
Wirksamstes Instrument ist ein landeseigenes Flächenangebot, das preisdämpfend wirkt und Nutzer bzw. Mieter nicht
nach maximaler Zahlungsfähigkeit auswählt, sondern nach
deren wirtschaftspolitischer Relevanz.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe verfolgt deshalb eine aktive Liegenschaftspolitik, um ein ausreichendes Angebot an landeseigenen Gewerbeflächen zu gewährleisten. Ziel ist, ansässigen Gewerbebetrieben aus Industrie und Handwerk, expandierenden Produktionsunternehmen,
aber auch jungen Unternehmen aus technologierientierten
Branchen, die beispielsweise Werkstatt- und Laborflächen benötigen, einen für sie bezahlbaren Standort in der Stadt zu
bieten.
In den letzten Jahren wurden finanzielle Möglichkeiten zum
Ankauf von Gewerbegrundstücken geschaffen. So wurden im
Rahmen einer strategischen Ankaufspolitik Angebote von öffentlichen Bestandshaltern (z.B. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder Deutsche Bahn) bezüglich eines Ankaufs zum
Verkehrswert geprüft, um Flächenvorsorge für die Berliner
Wirtschaft zu betreiben. Allerdings sind angesichts der rasant
steigenden Bodenpreise die Spielräume einer strategischen
Ankaufspolitik begrenzt.
Entwicklung von neuen Gewerbestandorten
Flächensicherung und Grundstücksankäufe sind wichtige Instrumente der Gewerbeflächenpolitik, durch die allerdings noch
keine vergabefähigen Grundstücke oder bezahlbaren Mietflächen entstehen. Für die zukünftige Entwicklung neuer Gewerbestandorte hat sich das Land Berlin entschieden, auf die Erfahrungen und das Know-how der WISTA Management GmbH
(WISTA) mit ihren Tochterunternehmen zurückzugreifen. Mit der
erfolgreichen Standortentwicklung in Adlershof und weiteren
Aktivitäten an anderen Zukunftsorten kann die WISTA auf ausgezeichnete Referenzen verweisen.
43
III. Wirtschaft
Die Hauptaufgaben der WISTA bestehen darin, die identifizierten Flächenpotenziale zu aktivieren, vergabefähige Grundstücksangebote zu entwickeln, auf geeigneten Grundstücken
bezahlbare Mietflächenangebote zu schaffen und diese Aktivitäten unter dem Leitgedanken der Wirtschaftsförderung zu
betreiben.
schaften, die gemeinsame Nutzung von Maschinen, Räumlichkeiten und Dienstleistungen sowie die Etablierung von Netzwerken und die Nutzung von Synergien sollen die neuen landeseigenen Gewerbehöfe Impulse für das zukünftige Zusammenarbeiten im produzierenden und handwerklichen Sektor
geben.
In einem ersten Schritt hat die WISTA die Standortqualifizierung und Vermarktung der Grundstücke im CleanTech Business Park Berlin-Marzahn übernommen. Weiterhin laufen derzeit die Vorbereitungen für die Aktivierung des größten Gewerbeflächenpotenzials des Landes im Nordosten Berlins, das
EpB-Gebiet Buchholz Nord, das gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, dem Bezirk Pankow und der WISTA.Plan für künftige Unternehmensansiedlungen entwickelt werden soll. Weitere Gewerbeflächenpotenziale zur Aktivierung befinden sich in der Überprüfung
Grundstücksvergabepolitik
Darüber hinaus lässt sich die Entwicklung gewerblicher Bau
flächen in den 16 neuen Stadtquartieren verorten. Beispielhaft
kann an dieser Stelle der Blankenburger Süden genannt werden, in dessen Flächenumgriff neben Wohnen, Infrastrukturen
und Freiraum auch 40 ha gewerbliche Potenziale enthalten
sind. Die Rolle der Senatswirtschaftsverwaltung umfasst hier
die enge Begleitung der städtebaulichen Qualifizierung und
inhaltlichen Ausdifferenzierung des federführend durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gesteuerten
Projektes. Mit dem Struktur- und Nutzungskonzept wurden die
gewerblichen Schwerpunkte in der Neuausrichtung des bestehenden Gewerbegebietes Heinersdorf und der Schaffung eines neuen gewerblichen Schwerpunktes am Blankenburger
Pflasterweg konkretisiert.
Schaffung von Mietflächen in Gewerbehöfen
Für kleinere produzierende Unternehmen und Handwerksbetriebe soll das Angebot an Gewerberäumen zur Miete ausgebaut werden. Wichtige Akteure sind dabei die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und die WISTA, die jeweils
gewerbliche Projektentwicklungen verfolgen. Zielgruppen sind
insbesondere kleinere Produktionsunternehmen und Handwerksbetriebe, welche im innerstädtischen Bereich durch die
Konkurrenz zahlungskräftigerer Nutzungen verdrängt werden
oder keine adäquaten Flächenangebote auf dem Gewerbeimmobilienmarkt finden.
Durch die Errichtung und Ertüchtigung von Gewerbehöfen sollen in ausreichendem Maße kleinteilige und flexible Mietflächenangebote zu moderaten Konditionen geschaffen werden.
Dabei stehen die langfristige Flächenvergabe und insbesondere die Planungssicherheit für die Unternehmen im Fokus des
Angebotes. Es sollen aber auch neue Formen der Zusammenarbeit erprobt und Nachhaltigkeits- sowie Klimaschutzziele
umgesetzt werden. Durch die Bildung von Standortgemein-
44
Mit der zunehmenden Flächenknappheit in der wachsenden
Metropole und den damit einhergehenden Preissteigerungen
auf den Immobilienmärkten gewinnen landeseigene Gewerbegrundstücke erheblich an Bedeutung, um Unternehmen
auch zukünftig attraktive Standortbedingungen zu bieten und
damit Arbeitsplätze für die Bevölkerung zu schaffen und zu sichern.
Parallel zur Abkehr von einer fiskalpolitisch motivierten Liegenschaftspolitik hin zu einer am Nutzen für die Stadt orientierten Grundstücksvergabe hat sich allerdings auch der Wettbewerb um die wertvollen landeseigenen Flächenpotenziale
verschärft. Wenn im Portfolioausschuss des Landes Berlin über
den zukünftigen Umgang mit landeseigenen Grundstücken
diskutiert und entschieden wird, müssen vielfältige und berechtigte Interessen abgewogen werden. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nutzt ihren Sitz im
Portfolioausschuss, um sich für die Belange der Wirtschaft einzusetzen und auch perspektivisch für ein ausreichendes Potenzial an landeseigenen Gewerbegrundstücken zu sorgen.
Für die Ansiedlung oder Erweiterung von Unternehmen des
verarbeitenden Gewerbes sowie für produktionsorientierte
Dienstleistungsunternehmen und Handwerksbetriebe können
nach intensiver Einzelfallprüfung landeseigene Gewerbegrundstücke zum Verkehrswert im Wege des Erbbaurechts bereitgestellt werden.
So kann die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe bei Vorliegen eines überzeugenden Nutzungskonzepts
die Direktvergabe eines Grundstücks im Rahmen der Wirtschaftsförderung an ein ansiedlungswilliges Unternehmen aktiv unterstützen. Durch den Abschluss von Erbbaurechtsverträgen sollen Nutzungen und Arbeitsplätze, die den Wirtschaftsund Technologiestandort Berlin stärken, nachhaltig gesichert
werden.
Angesichts der Endlichkeit der Ressource „Boden“ spielt bei
Vergabeempfehlungen die effiziente Flächennutzung eine immer größere Rolle. Daher wird das Ziel verfolgt, mit möglichst
geringem Flächeneinsatz den erstrebten Mehrwert für den
Wirtschaftsstandort Berlin zu erreichen. Selbstverständlich finden dabei auch die technologischen und logistischen Anforderungen der Unternehmen die erforderliche Beachtung.
III. Wirtschaft
III.3 Startups
Von den 10 größten Finanzierungsrunden in Europa gingen
drei an Berliner Startups.
Berlin — Deutschlands Gründungshauptstadt
Öffentliche Unterstützung für Startups
Trotz Corona-Pandemie hat sich das Startup Ökosystem im
Land Berlin sehr positiv entwickelt.
Berliner Startups können auf eine vielfältige Förderlandschaft
aus privaten und institutionellen Akteuren zurückgreifen. Ein
Fokus der öffentlichen Förderung liegt auf den frühen Phasen
innovativer Gründungen. Als Innovationspool für Berlin sticht
das Berliner Startup Stipendium hervor, das ausgewählte
Gründerinnen und Gründer über einen Zeitraum von sechs bis
zwölf Monaten dabei unterstützt, ihren Markteintritt zu realisieren. Als Trägerinstitutionen des Stipendiums agieren Inkubatoren von Hochschulen und Unternehmen. Im Förderzeitraum
erhalten die Stipendium-Startups monatlich bis zu 2.000 €
pro Person, Zugang zu Infrastruktur und technischer Ausstattung, betriebswirtschaftliches Know-how sowie unterstützende
Coaching- bzw. Qualifizierungsmodule. Die aktuellen Programmschwerpunkte fokussieren Nachhaltigkeit und Innova
tion, um das Stipendium verstärkt auf die Lösung zentraler
gesellschaftlicher und ökologischer Aufgaben auszurichten.
(Siehe auch Kapitel III.8.4)
Mit mehr als 700 Startup-Gründungen im Jahr 2021 ist Berlin
nach wie vor Deutschlands Gründungshauptstadt. Berliner
Startups ziehen Talente aus der ganzen Welt in die Hauptstadtregion und schaffen Arbeitsplätze in erheblicher Zahl:
nahezu 70.000 gibt es allein bei Startups am Standort Berlin.
Innovative Geschäftsmodelle und technologische Neuerungen werden im Berliner Startup Ökosystem entwickelt, getestet
und finden ihren Weg in den Markt. Dabei zeigt das Berliner
Ökosystem spezifische Stärken in der Kreativwirtschaft und
den Technologie-Branchen wie Software, AI, Big Data & Analytics, Internet of Things, Blockchain und FinTech. In der Hauptstadt sind beispielsweise mehr FinTechs ansässig als in München, Frankfurt und Hamburg zusammen.
Startups fungieren immer mehr als Motor einer nachhaltigen
Transformation. So leisten Social und Green Startups über ihr
wirtschaftliches Erfolgspotenzial hinaus erhebliche Beiträge
zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Der Anteil von
grünen Startups liegt in Berlin kontinuierlich bei durchschnittlich 26 %. Startups sind damit ein Schlüssel für die Zukunft der
Berliner Wirtschaft, ob es um Innovationen geht, um Nachhaltigkeit oder um Talente und Diversität.
Berlin bietet Startups dafür ein positives Investitionsklima, eine
ausgezeichnete Gründungsinfrastruktur, Beratung und Unterstützung, einen internationalen Talentpool bei hoher Lebensqualität und entfaltet damit auch Anziehungskraft auf Gründerinnen und Gründer aus dem Ausland. Der Business Immigration Service steht dabei mit Rat und Tat einreisenden Talenten
zur Seite. Die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie
GmbH (BPWT) unterstützt mit einem eigenen Startup Team.
Zukunftsorte halten Raum für junge Teams vor. Berliner Hochschulen sind mit Gründungsservices ausgestattet. Berlin bietet
zudem als Wissenschaftsstandort Kooperationsmöglichkeiten
mit über 100 Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Wirtschaftliche Bedeutung von Startups
Im Jahr 2021 gab es in Berliner Startups über 500 Finanzierungsrunden mit einer Gesamtsumme von rd. 10,5 Mrd. €. Damit flossen in 2021 60 % aller in deutsche Startups getätigen
Investitionen in Berliner Unternehmen. An der Spitze der größten Finanzierungsrunden lagen Fintech-Startups mit mehr als 3
Mrd. USD, es folgen Food und Transportation. In Berlin sind
mittlerweile 25 „Unicorns“ entstanden, also Startups mit einer
Bewertung von mehr als 1 Mrd. USD, darunter N26, wefox, Tier
und Delivery Hero.
Bei der weiteren Startup-Finanzierung haben die VC-Fonds
der Beteiligungsgesellschaft der Investitionsbank Berlin, die
IBB Ventures, eine führende Rolle. Seit 1997 wurden etwa 250
Mio. € als Lead-, Co-Lead oder Co-Investor investiert. Insgesamt wurden in Konsortien mit Partnern ca. 1,7 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Die IBB Ventures ist damit im Jahr 2021 die
Nummer 3 der „Top-Geldgeber deutscher Startups“. Für innovative Gründungen steht zusätzlich der GründungsBONUS der
IBB als ein Kostenzuschuss in Höhe von 50 % der förderfähigen
Gesamtkosten bis maximal 50.000 € zur Verfügung. Insgesamt konnten 2021 183 Anträge mit einem Bewilligungsvolumen von rund 9,1 Mio. € positiv entschieden werden.
Für Berliner Startups, die im Zuge der Corona-Pandemie unverschuldet in einen Finanzierungsengpass geraten sind, spielt das
Hilfsprogramm für Berliner Startups der IBB eine zentrale Rolle.
Im Jahr 2021 wurden 198 Startups in Höhe von 134,2 Mio. €
gefördert.
Auch die Berliner Hochschulen haben sich mit ihren Gründungszentren im Startup Ökosystem etabliert. Das Berliner
Startup Stipendium wird von vielen Hochschul-Inkubatoren vergeben. Die Vernetzung der Hochschul- mit privaten Inkubatoren ist innerhalb des Berliner Startup Stipendiums Programm.
Mit der Gründungsumfrage der Berliner Hochschulen unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
auch die genauere Sicht hinein in die Wirkungen und Bedeutung der Gründungsunterstützungen der Berliner Hochschullandschaft. Allgemein ist hier ebenfalls ein Ausbau und Diversifikation der Aktivitäten zu beobachten. So erhielten im bundesweiten Wettbewerb um eine EXIST-Förderung sieben Berliner
Hochschulen den Zuschlag über eine Förderung von vier Jahren zum Auf- und Ausbau ihrer Gründungsunterstützung.
45
III. Wirtschaft
Aktueller Überblick über das Berliner Startup Ökosystem
Mit der startup-map.berlin stellt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe einen zentralen, aktuellen Überblick zum Berliner Startup Ökosystem bereit. Dort werden alle
öffentlich bekannten Startups, die zahlreichen für Startups relevanten Akteure wie die Investitionsbank Berlin mit ihrer Beteiligungsgesellschaft oder die Wirtschaftsförderagentur Berlin
Partner für Wirtschaft und Technologie sowie die Berliner Startup-Förder- und Unterstützungsprogramme wie das Berliner
Startup Stipendium oder der GründungsBONUS aufgeführt.
Die startup-map.berlin listete zum 18.07.2022 3.385 Startups
auf, von denen 2.386 im Jahr 2012 oder später gegründet wurden.
Für die Weiterentwicklung des Berliner Startup Ökosystems
erade im internationalen Maßstab, gilt: Nur mit einer soliden
g
Datengrundlage lassen sich fundierte Entscheidungen treffen
und Rahmenbedingungen setzen. Gemeinsam mit anderen
Erhebungen und Statistiken dienen die in der startup-map.berlin zusammengetragenen Informationen als Grundlage für
eine genauere Aus- und Bewertung der Startup-Aktivitäten in
Berlin. Mit dem Berlin: Startup-Report wurde vom Institut für
Strategieentwicklung im Auftrag der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe eine aktuelle Übersicht über
den Stand des Berliner Startup Ökosystems erstellt. Darin sind
Daten aus der startup-map.berlin sowie diversen anderen
Quellen und dutzende Interviews mit Macherinnen und Machern aus der Szene eingeflossen.
Weiterentwicklung der Startup Agenda
Der Berliner Startup Report benennt neben Rekorden auch
Herausforderungen, die für die positive Weiterentwicklung des
Startup Ökosystems zu berücksichtigen sind. So wird beispielsweise die Suche nach Fachkräften aus Sicht vieler Startups –
wie für nahezu alle Berliner Unternehmen – aktuell zur größten
Herausforderung. Vor diesem Hintergrund und mit der Zielstellung, Berlin mithilfe von Startups zu einem der führenden Wirtschafts- und Technologiestandorte Europas zu entwickeln,
wurde die Weiterentwicklung der Berliner Startup Agenda in
den Koalitionsvertrag aufgenommen.
46
Als erster Schritt wurden im Rahmen des 100-Tage-Programms
des Senats im Schulterschluss mit relevanten Startup-Akteuren
folgende Eckpunkte als Schwerpunktthemen der Berliner Startup Agenda 2026 vorgestellt:
•
•
•
•
•
Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und
Gesellschaft stärken;
Talentförderung ausbauen, insbesondere durch Unterstützung von Ausbildung und Hochschulen und von zuziehenden Talenten;
Den Beitrag von Startups für eine digitale und moderne
Verwaltung ermöglichen,
Diversität und Female Entrepreneurship fördern;
Startups mit Mittelstand und Hochschulen enger vernetzen.
Aus den gesetzten Eckpunkten wird die Berliner Startup Agenda gemeinsam mit den Akteuren aus dem Ökosystem bis zum
Ende des Jahres 2022 weiterentwickelt.
III. Wirtschaft
III.4 Soziale Ökonomie
Die Soziale Ökonomie gewinnt in Berlin weiter an Bedeutung.
Zur Vielfalt des Sektors tragen sowohl Unternehmen aus der
„solidarischen Wirtschaft“ als auch dem neueren „Social
Entrepreneurship“ bei. Ob dies die neue Einkaufsgemeinschaft
von Lebensmitteln wie bei SuperCoop ist oder das Bildungsangebot von Acker e.V., welches Stadtkindern die Natur näher
bringt und zeigt wie Gemüse wächst – Soziale Unternehmen
bereichern die Stadt Berlin. Die Struktur aus Verbänden und
Unterstützungsorganisationen festigt sich weiter und bildet ein
breites Netzwerk als Basis des Ökosystems für die Soziale
Ökonomie Berlins. Soziale Unternehmen bilden dabei ein
Kernstück der nachhaltigen Wirtschaft.
Laut Deutschem Social Entrepreneurship Monitor 2022 sind
Soziale Unternehmen in diversen Branchen aktiv, besonders
stark vertreten sind insbesondere die Bereiche Erziehung / Unterricht, Information / Kommunikation und Gesundheits- und
Sozialwesen. Soziale Unternehmen tragen zu einer Stärkung
der Gesellschaft und des Zusammenhaltes der Stadtgesellschaft bei.
triebe seit Ende 2021 Mitglied im Impact Ecosystems Network,
einem von Impact Amsterdam initiierten Netzwerk aus Akteuren der Verwaltung mit Fokus auf Sozialer Ökonomie. Die Entwicklung auf EU-Ebene, insbesondere zum Aktionsplan für die
Soziale Ökonomie, wird eng verfolgt, um Erkenntnisse aus Berlin in den Prozess mit einzubringen und die Ergebnisse für den
Berliner Kontext relevant zu halten.
In allen Projekten zeigt sich, wie vielfältig die Unternehmen der
Sozialen Ökonomie sind, und auf welch unterschiedliche Weise sie einen Beitrag zur Wirtschaft sowie zur Gesellschaft leisten. Insbesondere ihre Innovationsstärke und Strahlkraft in die
Wirtschaft, hin zu ganzheitlich nachhaltigen Wirtschaftskreisläufen wird immer wieder deutlich.
Das Projekt Social Economy Berlin konnte sich als Anlaufstelle etablieren, was insbesondere die Annahme der Beratungsangebote durch soziale Unternehmen sowie die Anmeldung
von über 700 Personen für die „Social Economy Berlin“ Konferenz 2021 verdeutlicht. Das Beratungsangebot richtet sich insbesondere an Unternehmen in der Vorgründungs- und Gründungsphase. Die hohe Nachfrage zum Thema der geeigneten
Rechtsform hat dazu geführt, dass der Pool von Beratungsorganisationen noch erweitert wurde. Zusätzlich hinzu kommt
2022 die Entwicklung einer Schulung für Akteure der klassischen Wirtschaftsförderung, um Bedarfe der (Vor-) Gründungsberatung von sozialen Unternehmen mindestens in den Grundzügen auch in der klassischen Wirtschaftsförderung abdecken
zu können.
Um den positiven gesellschaftlichen Beitrag der sozialen Ökonomie für die Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen, werden erstmals im Rahmen eines Wettbewerbs Soziale Unternehmen für ihre Arbeit prämiert. In den drei Kategorien Mensch,
Planet und Transformation können sich sowohl Unternehmen
aus dem Bildungs- und Sozialbereich, ökologischer Nachhaltigkeit sowie Unternehmen, die sich für die Transformation der
Wirtschaft einsetzen, am Wettbewerb beteiligen. Durch den
Wettbewerb sollen Vorreiter, Visionäre und Vorbilder der Sozialen Ökonomie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden, die zeigen, wie eine soziale und ökologische Wirtschaftsweise gelingen kann.
Die Senatswirtschaftsverwaltung konnte als Partnerin in einem
Projekt zur „Geschäftsmodellentwicklung bei Sozialen Unternehmen“ mit drei anderen europäischen Regionen aktuelle
Entwicklungen auf europäischer Ebene mit verfolgen. Darüber
hinaus ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Be-
47
III. Wirtschaft
III.5 Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
Berlin-Tourismus und Gastgewerbe
Der Lockdown in der ersten Jahreshälfte und die anhaltende
Corona-Pandemie prägten das touristische Jahr 2021. Im Vergleich zu 2019 kamen deutlich weniger Besucherinnen und Besucher nach Berlin: 5,13 Mio. Touristinnen und Touristen (-63 %)
verbrachten rund 14 Mio. Nächte (-59 %) in der Hauptstadt. Gegenüber dem ersten Pandemiejahr 2020 bedeuten die Zahlen
dennoch einen leichten Zuwachs sowohl an Gästen (+3,7 %) als
auch an Übernachtungen (+13,7 %). Etwa 71 % der Übernachtungen entfielen 2021 auf deutsche Besucherinnen und Besucher, 29 % internationale Gäste kamen vor allem aus den Nachbarstaaten Niederlande, Dänemark und Polen. Nach dem Ende
der strengen Corona-Beschränkungen im Juni 2021 konnte über
die Sommermonate in den Beherbergungsbetrieben eine durchschnittliche Bettenauslastung von 30,6 % erreicht werden. Das
sind zwar knapp 4 % mehr als in 2020, aber 34 % weniger als in
2019.
Auch den Gastronomiebetrieben setzte die Schließung im
Frühjahr 2021 erheblich zu. So verzeichnete die Gastronomie
in 2021 reale Umsatzeinbußen von 5,4 % zum Vorjahr bzw.
44,6 % im Vergleich zu 2019. Der Beschäftigtenrückgang lag
bei 10,7 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und 24,3 % im
Vergleich zu 2019.
Um den gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie
auf den Berlin-Tourismus Rechnung zu tragen, unterstützten
der Bund und das Land Berlin die Unternehmen mit diversen
Überbrückungs- und Soforthilfen. Außerdem stellte das Land
Berlin weitere Mittel für konjunkturfördernde Maßnahmen zur
Verfügung. Hieraus bewarb die Berlin Tourismus und Kongress
GmbH (visitBerlin) beispielsweise mit verschiedenen Kampagnen die Hauptstadt. Dazu zählten die Re-Opening-Kampagne
„Endlich wieder.Berlin“, die Partneraktion unter dem Hashtag
#AllForOneBerlin, das „Freedom Dinner“ am ehemaligen
Flughafen Tegel, die Aktion „Erlebe Deine Stadt“, sowie die
Etablierung der Plattform „TourismusHUB“ zur Wissensvermittlung und Weiterbildung für die Branchenakteure.
Tagungs- und Kongresswirtschaft
Das Jahr 2021 war erneut herausfordernd für die Berliner Kongress- und Tagungsbranche und geprägt von coronabedingten
Einschränkungen sowie Verboten von (Groß-)Veranstaltungen.
Im Mittelpunkt der Bemühungen des Berlin Convention Office
(BCO) von visitBerlin stand daher, durch stetige Kommunikation und Durchführung eigener Veranstaltungen zu zeigen, dass
B2B-Veranstaltungen auch unter den verschärften Regeln verantwortungsvoll durchführbar sind. Daher organisierte bzw.
begleitete das BCO in der ersten Jahreshälfte 2021 vier Pilotveranstaltungen unter dem Dach #PerspektiveMICEBerlin mit
bis zu 500 Teilnehmenden (u.a. Hauptstadtkongress, Green
Tech Festival, Tag der Industrie). Die erfolgreich durchgeführten Veranstaltungen setzten deutschlandweit ein Zeichen für
Übernachtungen in Berliner Beherbergungsbetrieben
absolut und Veränderung gegenüber Vorjahr in %
40,00
35,00
30,00
Millionen
25,00
20,00
+8,7
+14,5
+9,1
+8,1
+9,2
+3,9
-1,4
+1,7
+1,6
+7,9
+2,7
15,00
10,00
5,00
+6,7
+9,1
+7,5
+5,3
+2,5
+3,6
+4,7
-76,0
+9,1
-54,1
+15,7
2020
2021
0,00
2011
Inland
Quelle: Destatis
48
2012
Ausland
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
III. Wirtschaft
Burkhard Kieker
Geschäftsführer,
visitBerlin
1. Der Senat hat Anfang des Jahres ein umfangreiches „Neustartprogramm Berlin“ für besonders von der Pandemie betroffene Branchen auf den Weg gebracht, in dem der Tourismus eine große Rolle spielt. Wie kommen die Maßnahmen
bei den Unternehmen an?
Der Tourismus hat sich seit April 2022 sehr gut entwickelt, ein
deutliches Zeichen dafür, dass das Neustartprogramm positive Wirkungen entfaltet. Es umfasst eine immense Anzahl
von Maßnahmen, die spezifisch auf die Branche bzw. auch
Teilbereich von ihr zugeschnitten sind. Zum Beispiel zielen
nationale und internationale Kampagnen darauf ab, Geschäft für die Tourismus- und MICE-Branche in Berlin zu generieren, der Berlin Meeting Campus ist eine gemeinsame
Entwicklung zur Unterstützung des Tagungsgeschäftes und
die Kampagne „Berlin braucht seine Gäste“ verdeutlicht
den Berlinner:innen, was der Tourismus ihnen und der
Stadt(-gesellschaft) alles bringt. Die Plattform TourismusHub
bietet zudem Wissenstransfer und Informationsaustausch
zwischen den Stakeholdern. Ziel aller Projekte ist es, für die
Unternehmen der Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft
Geschäfte zu generieren und eine schnelle Erholung nach
der pandemiebedingten Zwangspause zu forcieren.
den Re-Start der Veranstaltungsbranche und coronakonformes Tagen trotz Pandemie. Flankierend warb die Marketing-Kampagne „Plan B. Plan Berlin.“ in Deutschland für Tagungen, Meetings und Kongresse in Berlin unter neuen Rahmenbedingungen, bei der es auch im Rahmen der Roadshow
„Plan B on Tour“ nach Hamburg, München, Köln und Frankfurt
ging und mit der Business-Veranstaltung „BESTIVAL“ in Berlin
abgeschlossen wurde; es wurden insgesamt über 12 Mio.
Fachkontakte erreicht.
Zur Unterstützung der Branche hat die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe außerdem im April 2022 das
Förderprogramm „Kongressfonds Berlin“ gestartet. Ziel des
Fonds ist es, den ReStart und die Planung von Veranstaltungen
2. Nachhaltigkeit spielt auch im Tourismus eine zunehmend
wichtige Rolle. Wie geht visitBerlin dieses wegweisende
Thema an?
Das Thema ist seit Jahren ein zentrales Anliegen und ist im
Tourismuskonzept 2018+ verankert.
Die Pandemie hat die Relevanz weiter erhöht, daher wird es
kontinuierlich weiterentwickelt und in die Praxis umgesetzt.
Tourismus kann nur im Einklang von Gästen und Bevölkerung
erfolgreich sein. Eine Vielzahl von Projekten bestätigt den
eingeschlagenen Weg, dazu zählen Weiterbildungen, Beratungsangebote oder Zertifizierungen als „Sustainable Berlin
Partner“ und „Sustainable Meetings“ für die Branche genauso wie Angebote an unsere Gäste, z.B. die „15-Minuten
Stadt“ und die App Going Local sowie der Dialog mit den
Bewohnern:innen über unsere Aktion „Hier in Berlin“. Ziel ist
es, dass sich Berlin im internationalen Ranking der Destinationen weiterhin behauptet und lokal, national und international als zukunftsorientierte und verantwortungsvolle Destination wahrgenommen wird. Besonders hinweisen möchte
ich, dass Berlin die erste Stadt ist, die im Rahmen eines Kongressfonds, die Durchführung von nachhaltigen Veranstaltungen monetär besonders unterstützt.
3. Digitalisierung ist gerade im Städtetourismus von entscheidender Wettbewerbsrelevanz – wie ist Berlin hier aufgestellt?
Berlin befindet sich in Aufholjagd. Mit dem Aufbau eines
zentralen touristischen Datenhubs sind wir bald gerüstet, uns
im Wettbewerb mit andere Städtedestinationen zu behaupten. Es ist ein zentrales Element der Digitalisierung im Tourismus. Durch eine zentrale Verwaltung von touristischen Daten
werden touristische Analysen besser und Tourismus-Informationen können bedarfsgerechter ausgespielt werden. Durch
den Datenhub wird auch die Voraussetzung für weitere technologische (Neu-) Entwicklungen geschaffen und bereits bestehende Angebote wie unser Apps Going Local und About
Berlin unterstützt.
zu unterstützen. Veranstalterinnen und Veranstalter können einen Zuschuss von 25 € pro Präsenz-Teilnehmenden erhalten,
wenn sie Fachveranstaltungen in Berlin durchführen. Bei Veranstaltungen, die analog und hybrid stattfinden, erhöht sich
der Zuschuss auf 35 € pro Präsenz-Teilnehmenden. Bei Veranstaltungen, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen,
erhöht sich der Zuschuss um 25 €.
Nach der touristischen Öffnung Berlins ab Juli 2021 stieg auch
die Nachfrage nach Veranstaltungen stark an und bewegte
sich annähernd auf dem Niveau von 2019 – jedoch mit deutlich weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmern (z.B. nur 15 %
der Teilnehmenden im Oktober im Vergleich zu 2019). Die geringen Teilnehmendenzahlen sind einerseits auf die Abstands-
49
III. Wirtschaft
bzw. Hygienevorschriften zurückzuführen, anderseits aber
auch auf eine generelle Zurückhaltung bei (Geschäfts-)Reisen.
Das wirtschaftliche Gesamtvolumen der Kongress- und Tagungsbranche lag demnach 2021 weiterhin niedriger als in
den Jahren vor der Corona-Pandemie. Eine Erhebung von visitBerlin geht von schätzungsweise 20 bis 25 % des Gesamtvolumens des Jahres 2019 aus.
Besondere touristische Projekte
Mit den Fördermitteln aus den Zuschüssen für besondere touristische Projekte konnten in 2021 sechs große gesamtstädtische Tourismusprojekte und zahlreiche Tourismusprojekte der
Bezirke umgesetzt werden, die das Wiedererstarken des Tourismus nach der Pandemie unterstützen. Neben dem Tourismuskonzept 2018+ bildet auch der 7-Punkte Plan zur Konsolidierung und Weiterentwicklung des Tourismus 2021/2022ff.,
der gemeinsam mit den Stakeholdern erarbeitet wurde, den
strategischen Rahmen des zukunftsfähigen Berlin-Tourismus.
So wurde u.a. das Marktforschungstool des Kulturmonitorings
innerhalb eines Pilotprojektes erstmalig auf touristische Einrichtungen außerhalb der Museenlandschaft angewandt. Nach der
50
datenanalytischen Aufbereitung der Besucherbefragung stehen
den Unternehmen touristisch relevante Daten und Ansatzpunkte
für die künftige tourismusstrategische Planung zur Verfügung.
Auch das „Monitoring auf Basis von Mobilfunkdaten“ konnte
fortgesetzt werden. Hier werden anhand von anonymisierten
Mobilfunkdaten Erkenntnisse über touristische Besucherströme
erfasst. Weiterhin wurde im Rahmen des Projektes „Zielgruppenkonzeption“ die bereits bestehende Definition des Qualitätstourismus operationalisiert, um zukünftig im Destinationsmarketing die relevanten Zielgruppen noch passgenauer adressieren zu können.
Die bezirkliche Tourismusentwicklung wurde durch Zuschüsse
für besondere touristische Projekte stark vorangetrieben. Im
Jahr 2021 wurden über 80 bezirkseigene und überbezirkliche
Vorhaben flankiert. Darunter Maßnahmen, die neue Angebote
schaffen, wie der Audio-Guide für die Reinickendorfer Industriespaziergänge oder Themen-Touren zu fair.kiez in Friedrichshain-Kreuzberg. Ebenso wurden zahlreiche Veranstaltungen
unterstützt, die sowohl Berlin-Gäste als auch die lokale Stadtbevölkerung ansprachen und im Sommer nach Berlin lockten:
wie die Sonderprojekte zum Kunstfestival „Ortstermin“ in Moabit und Hansaviertel, das Seenfest in Lichtenberg oder der
Spandauer Kräutersommer.
III. Wirtschaft
III.6 Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
Außenwirtschaft
Die USA (1,40 Mrd. €), China (1,23 Mrd. €) und Frankeich
(1,21 Mrd. €) waren im Jahr 2021 die wichtigsten Exportländer
für das Land Berlin, gefolgt von Polen (970 Mio. €) und den
Niederlanden (880 Mio. €).
Die Berliner Exporte stiegen im Jahr 2021 um 9,7 % auf
15,8 Mrd. €, womit das Vorkrisenniveau (15,2 Mrd. € 2019)
übertroffen wurde. Der Anstieg fiel in Berlin schwächer aus als
in Deutschland insgesamt (+14,0 %). Allerdings war der Rückgang im Krisenjahr 2020 in Berlin auch deutlich geringer
(-4,9 % zu 9,1 % in Gesamtdeutschland).
Mit 3,3 Mrd. € stehen pharmazeutische Erzeugnisse weiterhin
an erster Stelle der absoluten Exportsummen (Zunahme um
18,6 %), gefolgt von sonstigen Fahrzeugen (v.a. Motorräder)
mit 1,3 Mrd. € (+10,3 %). An dritter Stelle stehen Geräte zur
Elektrizitätserzeugung mit einem Exportwert von insgesamt
1,1 Mrd. € (+0,9 % zu 2020). Am deutlichsten gesunken sind die
Exportwerte bei Schuhen (- 185 Mio. €, - 80 %) sowie bei Obstund Gemüsesäften (-91 Mio. €, - 61,3 %).
Die Außenwirtschaftspolitik in Berlin richtet sich an dem Konzept Internationale Wirtschaftskooperation Berlin (KIW) aus,
das 2017 vom Berliner Senat verabschiedet wurde. Es versteht
Internationalisierung ganzheitlich und orientiert sich an den
Bedarfen kleiner und mittlerer Unternehmen, die u.a. auch
Startups umfassen. Im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes werden sowohl Exporte als auch Ansiedlungen, Standortmarketing und eine Vielzahl von anderen grenzüberschreitenden
ökonomischen Aktivitäten (Internationalisierungsformen) erfasst. Das Konzept verfolgt die Zielsetzung, hiesige Unternehmen zu unterstützen, die inländische Wirtschaft zu stärken und
so zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland beizutragen.
Die Zielländer wurden zuletzt Anfang 2022 angepasst: Neues
TOP-Zielland ist Frankreich (neben den USA, China und Polen). Weitere Zielländer sind das Vereinigte Königreich, Japan,
Korea, Indien, Russland und die Hubs Dubai (inkl. Golfstaaten)
und Singapur (inkl. ASEAN-Staaten). Darüber hinaus werden
auch afrikanische Märkte, die eine zunehmende Bedeutung für
die Berliner Wirtschaft haben, verstärkt beobachtet und in Projekten bearbeitet (Ägypten, Südafrika, Ghana und Kenia).
Top 10 der Exportländer 2021 nach Volumen und Anteil an den Gesamtexporten in %
8,9
USA
7,8
China
7,7
Frankreich
6,1
Polen
5,6
Niederlande
5,5
Vereinigtes Königreich
4,6
Italien
3,4
Schweiz
3,2
Österreich
3,0
Spanien
Milliarden (Euro)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
Quelle: Statistisches Bundesamt
Teil der Berliner Außenwirtschaftsstrategie ist außerdem die
Arbeit und Etablierung von Auslandsrepräsentanzen.
Auch im dritten Betriebsjahr des Berlin Business Desk in Peking war die Arbeit des Büros stark von der Pandemie geprägt.
Veranstaltungen fanden zum Teil in Präsenz und zum Teil digital statt. Lokale und internationale Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Politik Chinas erschwerten die Arbeit und
führten zur Absage von diversen Messen und Veranstaltungen.
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen konnte das Team
in Peking in 2021 zahlreiche Beratungsgespräche sowohl für
chinesische Unternehmen mit Interesse an Berlin als auch für
Berliner Unternehmen durchführen. Darüber hinaus nahm das
Team an den Messen „China International Fair for Trade in
Services“ und „Discover Germany in Beijing“ mit einem eigenen Stand teil.
Durch den Start des „Berlin Ambassador China“-Projekts können zukünftig noch weitere wichtige Regionen in China angesprochen und das Netzwerk ausgebaut werden. Quartalsweise werden zudem eigene “Berlin in China”-Events durchgeführt, um an Berlin interessierte Kontakte zu adressieren.
Inhaltliche Schwerpunkte lagen auf den Themen Verkehr, Logistik, Mobilität, Umwelttechnologien sowie Startups.
51
III. Wirtschaft
Die Nachfrage nach Information und Austausch zum Zielmarkt
China ist in Berlin ungebrochen hoch. Derzeit sind folgende
Netzwerkprojekte auch in China aktiv:
•
•
BeCAN des aBB (automotive BerlinBrandenburg e.V.)
Schwerpunkte des Projektes liegen in den Bereichen Automotive Zulieferindustrie, Car IT, Energie- und Speichertechnik, Smart Services, Digitale Fertigung, Werkstoffe und
Materialien, Antriebstechnologie, Human Resources, Autonomes Fahren, Antriebstechnologie (u.a. Wasserstofftechnologie).
CN BC von IDZ e.V. (Internationales Design Zentrum Berlin) und Sourcebook GmbH. Zu den Kernpunkten des Projektes gehören: Designwirtschaft und nachhaltige Technologien UX / UI Design, digitale Strategieberatung, Industriedesign, Servicedesign und nachhaltige Technologien.
•
Berlin Urban Tech Launchpad der Urban Impact Berlin
GmbH. Im Mittelpunkt stehen hier Urban Tech und Smart
City Startups sowie KMUs.
•
ExploreAsia von INAM (Innovation Network for Advanced
Materials e.V.). Zu den zentralen Bereichen gehören hier
Materialwissenschaften (3D-Druck, gedruckte Elektronik,
Sensoren, Photonik, Halbleiter, Verbundwerkstoffe, Brennstoffzellen und Batterien, BioTech, MedTech).
•
•
Urban Mobility & Energy Network des Berlin Brandenburg
Energy Network e.V. Zu den Schwerpunkten zählen Cleantech, Erneuerbare Energien, Mobilität und Smart City.
Back to Global von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH. Dieses Projekt unterstützt Startups und
KMU bei der internationalen Vernetzung.
Die Berliner Wirtschaftsvertretung in den USA wurde personell verstärkt und die Aktivitäten des Büros wurden trotz anhaltender pandemischer Lage ausgebaut. Das Büro unterstützte
bei virtuellen Reisen, wie beispielsweise der medianet Reise
zum Thema Künstliche Intelligenz (IT) nach New York und dem
damit verbundenen Besuch der wichtigen (IT) Konferenz, dem
AI Summit in New York.
Trotz anhaltender pandemischer Lage wurden zahlreiche (virtuelle) Veranstaltungen weiter ausgebaut, wie die „Berlin
meets USA“-Reihe. Diese virtuelle Informationsveranstaltung
für ca. 75 Teilnehmende mit einem B2B Matchmaking widmete
sich der Frage, welche Faktoren die Entwicklung eines erfolgreichen FinTech-Ecosystems in den USA fördern. Beteiligt an
dieser Veranstaltung waren u.a. die Berliner Sparkasse, Berlin
Finance Initiative, Harpocrates und Akteure aus Atlanta, Georgia, USA.
Des Weiteren initiierte das Berliner Wirtschaftsbüro in 2021
eine zehnteilige Q&A Informationsreihe „Meet a VC“, bei der
Berliner Unternehmen in Kontakt mit hochkarätigen Venture
52
Capital-Gebern gebracht werden. Auch persönliche Kontakte
wurden in San Francisco und Boston ausgebaut. Beispielsweise fand ein Kennenlerngespräch zwischen dem Büro und dem
Generalkonsulat sowie mit diversen deutsch-amerikanischen
Unternehmen und dem MIT aus dem Bereich Biotech und Life
Sciences in Boston statt. Im Ergebnis wurden diverse Folge
events für 2022 vereinbart.
Die Nachfrage nach Informationen und Austausch zum Zielmarkt USA ist in Berlin gestiegen. Im Jahr 2021 wurde das
sichtbar bei der Netzwerkarbeit des Projektpartners SIBB e.V.
Schwerpunkte des Projektes liegen in dem Bereich IT. Ziel ist
es, die nachhaltige Vernetzung der IT-Wirtschaft der deutschen
Hauptstadtregion mit den amerikanischen IT-Zentren in den
USA sicherzustellen bzw. auszubauen.
Zudem wurden in 2022 zwei weitere USA-Netzwerkprojekte im
Rahmen des Programms für Internationalisierung (PfI) initiiert
und beantragt. Zum einen „Skytrain“ der Silicon Allee UG und
zum anderen „BFI International“ – der Berlin Finance Initiative.
•
Ziel des Skytrain Projektes ist die stärkere finanzielle Ausstattung von Berliner Fin- und Tech-Startups durch US Venture Capitalists (sog. Limited Partner) durch bessere Vernetzung.
•
Ziel des BFI Projektes ist die Befähigung und Vernetzung
von Berliner Fin- und Tech-Unternehmen in den USA zu verbessern.
Beide Projekte planen diverse Netzwerktreffen und Workshops
mit Delegationen in Berlin und den USA (Fokus: New York, Miami, Atlanta, San Francisco) mit dem Ziel, den FinTech-Sektor
in Berlin zu stärken und mehr Investitionen aus den USA in
Startups nach Berlin anzuziehen. Das Berlin Business Office
der Senatswirtschaftsverwaltung in New York (BBO) unterstützt
und begleitet die Projekte teilweise vor Ort und ist eng in die
Aktivitäten der beiden Projekte eingebunden.
Bereits vor über 16 Jahren begann die Senatswirtschaftsverwaltung die Förderung von wirtschaftlichen Aktivitäten mit Polen,
zunächst im Rahmen der grenzübergreifenden Oder-Partnerschaft, u.a. in den Themenfeldern Tourismus, Games-Industrie,
Photonik und Schienenverkehrstechnik. Berliner Cluster, Branchennetzwerke und KMU nutzen für wirtschaftsbezogene Vernetzungsprojekte mit Polen Förderangebote, die im Rahmen des
Programms für Internationalisierung (PfI) aus Landesmitteln und
dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden. Die Zielsetzungen und Schwerpunkte der jeweiligen Projekte richten sich dabei nach den Bedarfen der Unternehmen. Für Games-Entwickler und die IKT-Branche ist Polen
als Partner für Koproduktionen attraktiv, während für die Photonik-Branche Kooperationen in der Forschung und Entwicklung
im Vordergrund stehen. Aus Polen stammen viele hochqualifizierte Fachkräfte der Bereiche Entwicklung und Programmierung, die in Berliner Startups tätig sind. Darüber hinaus ist für
Berliner Unternehmen aus dem Bereich der Schienenver-
III. Wirtschaft
kehrstechnik die Zusammenarbeit mit der polnischen Industrie
von großem Interesse.
Ziel des informellen interregionalen Netzwerkes Oder-Partnerschaft (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen, Niederschlesien, Großpolen, Westpommern und Lubuskie) unter dem Motto „Grenzen trennen – die Oder verbindet“ ist der Aufbau eines leistungsfähigen Regionalverbundes,
mit dem die Region infrastrukturell und politisch enger vernetzt
und zu einem auf möglichst vielen Gebieten kooperierenden
dynamischen Wirtschaftsraum entwickelt werden soll. Dabei
nehmen die urbanen Zentren eine wichtige Impulsfunktion ein.
Gleichzeitig ist die Aktivierung der Entwicklungspotenziale des
ländlichen Raums zentral. So förderte die Senatswirtschaftsverwaltung in der Vergangenheit aus den Zuschüssen für besondere touristische Projekte das Projekt „Kulturtourismus zwischen Polen und Berlin | Kulturprogramm im Zug 2.0“. Darüber
hinaus koordiniert sie seit 2008 federführend die Öffentlichkeitsarbeit der Oder-Partnerschaft. Diese umfasst einen
deutsch-polnischen Newsletter, der dreimal jährlich erscheint,
eine zweisprachige Website und Veranstaltungsreihe mit dem
Ziel, alle Netzwerkprojekte miteinander zu verknüpfen, um
neue Zukunftsperspektiven zu schaffen und Synergien zu erschließen.
Als Förderinstrument für die Berliner Außenwirtschaft steht das
Programm für Internationalisierung (PfI) zur Verfügung. Es
unterstützt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Berlin bei
der Erschließung neuer Märkte im Ausland und stärkt damit die
internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft.
Mit den Programmelementen Einzelmaßnahmen (KMU-Projekte), Gemeinschaftsprojekte (z.B. Messegemeinschaftsstände
und Delegationsreisen) sowie Projekte zur Netzwerkbildung
findet eine modular abgestimmte Unterstützung u.a. bei Messe- und Konferenzbesuchen, Teilnahmen an Messegemeinschaftsständen und Delegationsreisen sowie beim Ausbau internationaler Netzwerke statt. Auch in der neuen Förderperiode der EU (2021-2027) wird das PfI Berliner Unternehmen bei
ihrer Internationalisierung unterstützen können.
Nach einer Evaluation in 2019 hat die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe 2020 zusammen mit ihren
Partnern Asien-Pazifik Forum Berlin und enpact die Startup-Aktivitäten Richtung Asien unter dem Dach AsiaBerlin –
Connecting Startup Ecosystems fokussiert und verstärkt. Ziel
von AsiaBerlin ist die Förderung der Internationalisierung der
Berliner Wirtschaft, insbesondere der Startups und ihrer
Ökosysteme durch Kontakte und Kooperationen mit asiatischen Investoren, Startups, Konzernen, Forschungseinrichtungen, Verbänden sowie staatlichen und wirtschaftsfördernden
Institutionen. Die vielfältigen AsiaBerlin Aktivitäten verbinden
Berlins Startup Ökosystem mit wichtigen, dynamischen Hubs in
Asien und ermöglichen so Zugang zu Märkten, Fachkräften,
strategischen Partnern und Investitionen. Der AsiaBerlin
Summit (vormals Asia-Pacific Week) wird als eine zentrale
Veranstaltung der Startup-Aktivitäten des Berliner Senats neben Delegationsreisen und monatlichen Veranstaltungen, den
AsiaBerlin Events, positioniert. Die Website asia.berlin, regelmäßige Newsletter und Social Media Kommunikation flankieren die Veranstaltungen. Unterstützung leistet das agile Netzwerk der ehrenamtlich arbeitenden AsiaBerlin Ambassadors.
Der AsiaBerlin Summit (ABS) 2021 fand nach einer coronabedingten Verschiebung vom 4. bis 10. Oktober 2021 als
eine der wenigen Berliner Veranstaltungen und einzige
deutsche Konferenz Richtung Asien statt. Durch den Einsatz hybrider Veranstaltungsformate konnte die Reichweite des ABS 21 (insbesondere in Asien) erhöht werden. Zu
den Highlights gehörte das Eröffnungspanel mit den Vorstandsmitgliedern Thomas Saueressig (SAP) und Cedrik
Neike (Siemens). Auf dem Summit wurden besonders relevante Themenbereiche für das Berliner Startup Ökosystem
wie Smart City/Urban Tech, Industrie 4.0, AI, Female
Entrepreneurship, Diversity, Climate Change, IoT, HealthTech, Blockchain und FinTech vertieft sowie Kontakte
zu Investorinnen und Investoren geknüpft.
Der ABS 22 wird vom 12. bis 18. September 2022 wieder
hybrid stattfinden. Dieser Summit wird sich durch die Einbeziehung zahlreicher weiterer Partner in Satellitenveranstaltungen auszeichnen. Besonders intensiv ist in diesem
Jahr Berlins Zusammenarbeit mit Indien, bei der eine
enge Kooperation mit Karnataka eingegangen wurde. Insbesondere im Bereich Urbane Mobilität wird eng mit indischen Partnerinnen und Partnern gearbeitet. Einen weiteren Schwerpunkt bildet Jakarta im Kontext des EU-geförderten Projekts Smart Change.
Das gemeinsame Projekt Smart Change der beiden Partnerstädte Berlin und Jakarta im Rahmen des Programms
für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der
Europäischen Union ist 2020 gestartet und bildet einen
zentralen Baustein im Rahmen der AsiaBerlin Aktivitäten in
Südostasien. Es umfasst zwei Schwerpunkte: Zum einen
die Stärkung der Stadtverwaltung von Jakarta in Bezug
auf städtische Innovation (mit einem besonderen Fokus
auf Smart City und Digitalisierung) sowie zum anderen die
Förderung der Entwicklung des unternehmerischen
Ökosystems in Jakarta rund um Startups.
2021 wurde der Multi-Stakeholder-Lab zur Vernetzung von
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus
Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft intensiviert, innerhalb dessen der gegenseitige Austausch der besten Ansätze in den Bereichen E-Government, Smart City und der Unterstützung von Existenzgründungen zwischen Berlin und Jakarta gefördert wird.
Daneben wird der Aufbau einer Online-Plattform für Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Expertinnen und Experten in Jakarta zur Vereinfachung des Austausches und des gegenseitigen Lernens vorbereitet.
53
III. Wirtschaft
Um das Startup Ökosystem in Jakarta zu stärken, wird neben der Ausarbeitung von Strategien und Umsetzungsplänen zur Förderung einer gründerfreundlichen Politik am
Aufbau eines Hubs für Innovation und Unternehmertum in
Jakarta gearbeitet. Der Hub soll als ein Entwicklungsraum
für eine Startup-Community und ein gründungsfreundliches Ökosystem dienen, in dessen Rahmen auch ein Accelerator-Programm für Innovation und Unternehmertum
mit Betreuungs-, Trainings- und Beratungsangeboten initiiert wird. 2021 wurden über 20 Startup-Unterstützerorganisationen im Rahmen eines Designer Labs geschult und
zertifiziert.
Das Projekt wird im Rahmen des EU-Programms „Europe
Aid: Local Authorities: Partnerships for sustainable cities“
umgesetzt, das auf die Förderung der integrierten Stadtentwicklung durch Partnerschaften ausgerichtet ist, die
zwischen den lokalen Gebietskörperschaften der EU-Mitgliedstaaten und der Partnerländer gemäß der Agenda
2030 für nachhaltige Entwicklung geschlossen wurden.
Entwicklungszusammenarbeit
Berlin ist eine internationale Metropole mit dem Anspruch,
weltoffen, solidarisch und nachhaltig zu handeln. Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit des Landes Berlin koordiniert die vielfältigen entwicklungspolitischen Aktivitäten
und Akteure Berlins. Ziel der Landesstelle ist es, für Fragen der
globalen Gerechtigkeit zu sensibilisieren, auf Wechselwirkungen zwischen Globalem Norden und Süden aufmerksam zu
machen und einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development Goals durch Berlin zu leisten. Ein besonderes Augenmerk legt die Berliner Entwicklungszusammenarbeit auf
die Vermittlung von Kompetenzen des Globalen Lernens bzw.
des Denkens in globalen Zusammenhängen sowie auf die Förderung des fairen Handels und der fairen Beschaffung. Berlin
sieht die Hauptaufgabe seines Engagements in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Hierbei wird die Landesstelle
für Entwicklungszusammenarbeit durch EPIZ – dem Zentrum
für Globales Lernen e.V. – und durch die Stiftung Nord-SüdBrücken unterstützt.
Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit fördert bereits seit dem Jahr 2000 das Berliner Entwicklungspolitische
Bildungsprogramm (benbi). Das jährlich im November stattfindende Programm richtet sich vorrangig an Kinder und Jugendliche der 3. bis 13. Klasse. Der Schwerpunkt in 2021 lag
auf „globalen Machtverhältnissen“; 2022 steht thematisch unter dem Motto „Miteinander leben“. Das benbi wird von der
Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung e.V. (KATE) organisiert. Der Verein unterstützt und berät über 20 beteiligte Nichtregierungsorganisationen bei der Entwicklung zahlreicher interaktiver Workshops, bei denen Schülerinnen und Schüler
Fähigkeiten vermittelt werden, aktiv und eigenverantwortlich
die Zukunft mitzugestalten.
54
Auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde von den Bundesländern das Eine-Welt-Promotorenprogramm ins Leben gerufen. Die Eine-Welt-Promotorinnen und Promotoren arbeiten
in entwicklungspolitischen Organisationen und Initiativen. Sie
geben als Expertinnen und Experten Anstöße für global verantwortliches Denken und Handeln und mobilisieren für ein
Engagement zu Themen der nachhaltigen Entwicklung. Es wird
vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag koordiniert
und von der Stiftung Nord-Süd-Brücken verwaltet.
2021 waren zivilgesellschaftliche Akteure weiterhin
durch die COVID-19-Pandemie auf vielfältige Weise in
ihrer Arbeit eingeschränkt: Ausgefallene Veranstaltungen, mangelnde technische Infrastruktur sowie die Notwendigkeit, eigene Angebote zu digitalisieren, gehörten zu den schwierigsten Herausforderungen. Aber
auch die Sorge um die Partnerinnen und Partner im
Globalen Süden und der Wunsch nach solidarischer
Unterstützung waren für die Berliner Nichtregierungsorganisationen ein zentrales Anliegen. Die Landestelle
für Entwicklungszusammenarbeit hat daher 2021 erneut
einen Sonderfonds in Höhe von 500.000 € eingerichtet, um die entwicklungspolitischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Berlin zu unterstützen. Dadurch
konnten die Digitalisierungsprozesse vorangetrieben
werden, Einnahmeausfälle kompensiert und Solidaritätsprojekte im Globalen Süden umgesetzt werden.
Bau und Sanierung des Eine-Welt-Zentrums auf dem Gelände
der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin Neukölln schreiten
weiter erfolgreich voran. Durch den im Landeshaushalt bereitgestellten einmaligen Investitionszuschuss, durch Bundesmittel
und Zuschüsse aus dem Sondervermögen Infrastruktur der
Wachsenden Stadt (SIWA) an die Berlin Global Village gGmbH wurde die Errichtung des Zentrums ermöglicht, das seit vielen Jahren von der Berliner Zivilgesellschaft geplant worden
war. Das Zentrum ist auf einer Fläche von rund 4.500 m2 entstanden und widmet sich den Themen globale Gerechtigkeit
und Nachhaltigkeit. Es bietet Raum für entwicklungspolitische
und migrantisch-diasporische Nichtregierungsorganisationen.
Im März 2021 sind die ersten Nichtregierungsorganisationen in
das neue Gebäude eingezogen. Im Juni wurde der Abschluss
des Neubaus pandemiebedingt in kleinem Rahmen gefeiert.
2022 soll die Sanierung des Altbaus abgeschlossen und das
Zentrum vollumfänglich genutzt werden können.
Darüber hinaus wurde das Berliner Stipendiumprogramm zur
Stärkung von Journalistinnen und Journalisten im digitalen
Raum 2021 fortgeführt. Nach einem digitalen Programm in
2020 konnten 2021 sechs der acht ausgewählten Stipendiatinnen und Stipendiaten nach Berlin reisen und ein umfangreiches Trainingsprogramm in digitaler Sicherheit durchlaufen
Das Programm richtet sich an Medienschaffende, Journalistinnen und Journalisten sowie Bloggerinnen und Blogger aus al-
III. Wirtschaft
ler Welt, die aufgrund von Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten oder eine vorübergehende Auszeit benötigen. Zuständig für die Durchführung ist der Verein Reporter ohne Grenzen.
Das im Rahmen von AsiaBerlin initiierte und in Kooperation mit
dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) durchgeführte Projekt „Female Entrepreneurship Berlin India“ wurde 2021 erfolgreich abgeschlossen. Im Austausch mit Berliner Akteurinnen und Akteuren wurden Förderprogramme für indische Unternehmerinnen entwickelt und indische Gründerinnen bei der internationalen Kontaktanbahnung unterstützt.
2021 fand das große Frühlingsfest des Fairen Handels in hybrider Form statt. Im Rahmen des Frühlingsfestes feierten Berlin
und verschiedene Bezirke ihre Wieder-Auszeichnung als Fairtrade-Town. 2022 steht bereits die nächste Wiederbewerbung
an. Das Aktionsbündnis Fairer Handel hat die Organisation
des Festes übernommen und ein gelungenes Format entwickelt, um die physische und virtuelle Teilnahme zu einem spannenden und inspirierenden Erlebnis zu machen.
Die 2020 eingerichtete Koordinierungsstelle bei Decolonize
Berlin e.V. hat ihren Dialog- und Partizipationsprozess in 2021
fortgeführt, um die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus, postkolonialer Bildungsarbeit, Anti-Rassismus und Critical Whiteness unter Mitwirkung von diversen Akteuren zu befördern. Dazu fanden Dialogrunden mit Verwaltung und Zivilgesellschaft in verschiedenen Veranstaltungsformaten statt. Im
Dezember 2021 wurde der Abschlussbericht mit den erarbeiteten Empfehlungen vorgelegt. Für 2022 ist geplant, die Maßnahmen im Rahmen eines Senatsbeschlusses in ein Umsetzungsprogramm zu überführen.
Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit unterstützt
entwicklungspolitische Projekte von Berliner Nichtregierungsorganisationen und anderen Organisationen, die sich in vielfältigen Themenfeldern der Entwicklungspolitik in Berlin und
weltweit engagieren. 2021 standen insgesamt Fördermittel in
Höhe von 1,5 Mio. € für entwicklungspolitische Projekte, Informations-, Kampagnen und Bildungsarbeit von entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen in Berlin zur Verfügung.
Durch die von der Landesstelle in Kooperation mit Engagement Global eingerichtete Kompetenzstelle Faire Beschaffung werden die Berliner Bezirksämter und Senatsverwaltungen dabei unterstützt, faire Kriterien bei der öffentlichen Beschaffung anzuwenden.
Vollständig digital fand 2021 die Preisverleihung des Newcomer Startup Awards von SINGA statt. Der Award wird an
Gründerinnen und Gründer verliehen, die aus dem Globalen
Süden nach Berlin migriert sind und mit ihrer Geschäftsidee
einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development
Goals leisten. Die Newcomer hatten bereits im Vorfeld Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten und erstmalig wurde ein
Publikumspreis verliehen. Alle Preisträgerinnen und Preisträger erhielten neben einem Preisgeld ein auf sie zugeschnittenes Coaching-Angebot.
55
III. Wirtschaft
III.7 Wirtschaftsrechtliche Aspekte
Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz
Das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG)
enthält die ökologischen und sozialen Vorgaben für die Beschaffungspolitik des Landes. Es ist seit dem 1. Mai 2020 in
Kraft. Es gilt für die Vergabe von Bauleistungen über einem
Bruttoauftragswert von 50.000 € und für Liefer- und Dienstleistungen mit einem Auftragswert von mehr als 10.000 € brutto.
Auf der Grundlage der Rechtsverordnung zur Evaluierung der
Wertgrenze bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen
wurden die Wertgrenze zur Anwendung der Maßgaben über
das Vergabemindestentgelt bei der Vergabe von Liefer- und
Dienstleistungen nach dem BerlAVG zum 1. März 2022 evaluiert. Die Evaluierung sollte sicherstellen, dass mit der Wertgrenze von 10.000 € das Vergabemindestentgelt von derzeit
noch 12,50 € brutto pro Stunde auf mindestens 95 % des vergebenen Auftragsvolumens über Lieferungen und Dienstleistungen Anwendung findet. Bei einem geringeren Anteil wäre
die im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz festgeschriebene Wertgrenze für die Anwendung des Gesetzes im
Hinblick auf die Geltung des Mindestlohns von 10.000 € auf
5.000 € abgesenkt worden. Maßgeblich für die Evaluierung
war das Auftragsvolumen über Lieferungen und Dienstleistungen im Jahr 2021. Nach Auswertung der von allen Auftraggebern des Landes Berlin zugesandten Daten macht das Volumen der Aufträge über Liefer- und Dienstleistungen mit einem
Auftragswert unterhalb von 10.000 € nur 3,39 % aller im selben Zeitraum vergebenen Aufträge über Liefer- und Dienstleistungen aus. Damit bleibt die Wertgrenze zur Anwendung
der Maßgaben über das Vergabemindestentgelt bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen i.H.v. 10.000 € (ohne
Umsatzsteuer) bestehen. Die nächste Evaluierung erfolgt zum
1. März 2027 auf der Grundlage der im Jahr 2026 vergebenen
Aufträge.
Mit dem Ziel verbesserter Anwenderfreundlichkeit werden auf
Grundlage des novellierten BerlAVG zurzeit Verwaltungsvorschriften für die praktische Umsetzung der öko-sozialen Kriterien sowie die Durchführung von entsprechenden Kontrollen
erarbeitet. Die Ausführungsvorschrift zu den ILO-Kernarbeitsnormen, über die im letzten Wirtschafts- und Innovationsbericht ausführlich berichtet wurde, soll im Laufe des Jahres in
Kraft gesetzt werden.
(VwVBU) wurde mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr
und Klimaschutz abgestimmt. Am 01.12.2021 ist die Neufassung
der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) mit
zahlreichen neuen Leistungsblättern in Kraft getreten.
Die von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu erstellende Ausführungsvorschrift zur regionalen Tariftreue befindet sich noch in der senatsinternen Abstimmung.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
führt in diesem Zusammenhang unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und der
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Zeitraum Mai/Juni 2022 eine Verbändeanhörung durch. Noch in
diesem Jahr soll auch das Vergabemindestentgelt auf 13,00 €
brutto pro Stunde angehoben werden. Ein Gesetzesentwurf
wird vom Abgeordnetenhaus erarbeitet.
Weiterführende Informationen zum Berliner Ausschreibungsund Vergabegesetz liefert der Vergabeservice des Landes
Berlin. Ebenso sind Informationen zur Zentralen Kontrollgruppe nach dem BerlAVG abrufbar.
Geldwäscheprävention
Eine erfolgreiche Wirtschaft braucht verlässliche, für alle Wirtschaftsteilnehmenden gleichermaßen geltende Rahmenbedingungen. Wirtschaftlicher Erfolg soll von Innovationen, Ideen
und günstigen Rahmenbedingungen abhängen, nicht aber
von illegalen Vorteilen Einzelner zulasten der Gemeinschaft.
Deswegen wird Geldwäsche als Straftat von Justiz und Polizei
verfolgt. Die bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe angesiedelte Geldwäscheprävention/Geldwäscheaufsicht ist für die Einhaltung des Geldwäschegesetzes,
GwG, zuständig. Gewerbetreibende werden über ihre Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz unterrichtet und
erhalten Informations- und Präventionsunterlagen. Informationen zum GwG, ebenso wie Hilfestellungen in verschiedenen
Sprachen (Englisch, Türkisch, Arabisch) sind unter www.berlin.
de/geldwaesche abrufbar. Ein solches Angebot ist in Deutschland einzigartig. Besonderes Augenmerk wird auf die Vernetzung und Zusammenarbeit mit der IHK oder Verbänden gelegt, um eine möglichst große Anzahl an Verpflichteten zu erreichen. Im Zuge der weiteren Digitalisierung von Dienstleistungen ist eine Reihe von Verpflichtungen elektronisch vollständig digitalisiert abrufbar. Auch insoweit ist diese Senatsverwaltung deutschlandweit Vorreiter.
Der Entwurf der Ausführungsvorschrift zur Kontrolle des BerlAVG
wird zurzeit finalisiert. Diese regelt zum einen Einzelheiten zur
Durchführung der Kontrollen der öko-sozialen Vertragsbedingungen durch die öffentlichen Auftraggeber; zum anderen sind
die Aufgaben, die Organisation und die Zuständigkeiten der
zentralen Kontrollgruppe beschrieben.
Um die Zusammenarbeit zwischen den für Geldwäscheprävention zuständigen Behörden untereinander, aber auch mit
der für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Polizei und
Staatsanwaltschaft zu verbessern, ist eine koordinierende Stelle „Geldwäscheprävention“ eingerichtet worden. Dies führt
zu einer besseren Vernetzung der beteiligten Bundes- und
Landesbehörden.
Die Novellierung der auf dem Gesetz beruhenden ökologischen
Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt
2021/2022 wird Deutschland von der Financial Action Task
Force (FATF), der internationalen Organisation zur Verhinde-
56
III. Wirtschaft
rung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, geprüft.
Die Berliner Geldwäscheprävention steht exemplarisch für die
Aktivitäten der Bundesländer im Fokus dieser Prüfung. Der Abschlussbericht der FATF wird für diesen Herbst erwartet. Im
Vorfeld dieser Prüfung ist eine Berliner Risikoanalyse erstellt
worden, in der erstmalig das Risiko Berliner Branchen untersucht wird, für Geldwäsche missbraucht zu werden. Ein besonders hohes Risiko ist im gesamten Immobilienbereich, aber
auch bei Anbietern von Büroservicedienstleistungen und Verkäufern von Vorratsgesellschaften ermittelt worden.
Dort, wo Beratung und Prävention nicht ausreichen, wird die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auch
mit den Mitteln des Ordnungsrechts tätig. Jährlich werden
mehrere hundert Kontrollen im Hinblick auf die Einhaltung der
Bestimmungen des GwG durchgeführt. Die meisten dieser
Kontrollen erfolgen schriftlich oder mit Ankündigung. Finden
sich bei diesen Kontrollen Missstände, so werden Bußgeldverfahren eingeleitet.
Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass Verpflichtete
nach dem GwG auch Kontakte in kriminelle Kreise unterhalten,
erfolgen diese Kontrollen auch im Wege von Verbundeinsätzen mit anderen Behörden (Polizei, Ordnungsamt, Finanzbehörden). Teilweise erfolgt insoweit auch eine Unterstützung
durch Kolleginnen und Kollegen der Brandenburgischen Aufsichtsbehörde.
Als Mitglied in der Anti Financial Crime Alliance (AFCA), einer
Public Private Partnership von Behörden und Unternehmen zur
Verhinderung von Geldwäsche, arbeitet die Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe an der Erstellung von Typologiepapieren zur Verhinderung von Geldwäsche im Immobiliensektor mit, welche dann den Verpflichteten durch die
Financial Intelligence Unit (FIU) zur Verfügung gestellt werden.
57
III. Wirtschaft
III.8 Services und Förderung für Unternehmen
III.8.1 Unternehmensservice
Die Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH
(BPWT) setzt gemeinsam mit dem Land Berlin für die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe den Unternehmensservice um. BPWT unterstützt Berliner Unternehmen bei
Expansionsvorhaben, Standortverlagerungen sowie Innovationsprojekten und begleitet Ansiedlungsvorhaben in der Stadt.
Firmen erhalten einen umfassenden Service und schnellen Zugang zu den Wirtschaftsförderangeboten, wie Fragen zur finanziellen Förderung, Grundstücks- und Immobiliensuche,
Personal- und Fachkräftegewinnung sowie Technologietransfer. Gestützt wird der Unternehmensservice durch ein breites
Netzwerk aus Servicepartnern der Berliner Wirtschaftsförderung (IHK, IBB, UVB, Arbeitsagentur, Liegenschaftsfonds u.a.).
Dr. Stefan Franzke
Geschäftsführer,
Berlin Partner für Wirtschaft
und Technologie GmbH
Unternehmen am Standort werden durch ein Key-Account-Management begleitet oder durch Projektmanagerinnen und
-manager der BPWT direkt in den Bezirken als Unternehmensservice vor Ort betreut.
Seit Beginn der Pandemie befindet sich insbesondere der Innenstadthandel in einer Krise. Um die Unternehmen des stationären Handels zu unterstützen, die Einzelhandelsstandorte zu
stärken und die Geschäftsstraßen in ihrer Vielfalt zu erhalten
und zu revitalisieren, ist das Team des Unternehmensservice
zur Bewältigung der Pandemiefolgen auf den Einzelhandel
befristet auf zwei Jahre erweitert worden. Dabei wird das
Netzwerk des Unternehmensservice genutzt. Die Handelsunternehmen werden beispielsweise bei der Digitalisierung begleitet und bei Genehmigungsfragen, bei Förderprogrammen
sowie bei Vernetzungs- und Marketingaktivitäten unterstützt.
Darüber hinaus soll es vor allem für die Geschäftsstraßenma-
2. Sie bewerben den Wirtschaftsstandort Berlin in der ganzen Welt. Was sind Ihre drei wichtigsten Argumente, um internationale Unternehmen für Berlin zu begeistern?
Berlin ist die innovative Technologie- und Wissenschaftsmetropole Deutschlands und damit einer der dynamischsten
Wirtschaftsstandorte Europas.
Im vergangenen Jahr generierten Berliner Startups die sagenhafte Summe von 10,5 Mrd. €. In diesem Jahr wurden wir
bei einer Umfrage unter 24.000 Gründerinnen und Gründern erneut zum besten Startup-Standort in Europa gewählt.
Davon abgesehen ist Berlin einfach auch eine sehr lebendige, offene und lebenswerte Stadt – und damit nach wie vor
sehr attraktiv für Arbeits- und internationale Fachkräfte.
3. Durch die Zusammenarbeit mit den Unternehmen kommen bei Ihnen Zukunftstrends schon früh an – welche Themen, welche Innovationen werden aus Ihrer Sicht die nächsten Jahre die wirtschaftliche Entwicklung prägen?
1. Als Chef der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner
stehen Sie Unternehmen zur Seite, die nach Berlin ziehen
oder hier ihren Standort erweitern wollen. Konnten diese Aufgaben im letzten Jahr trotz der Pandemie erfüllt werden?
Das Jahr 2021 hatte so seine Herausforderungen, aber
nichtsdestotrotz ist es uns gelungen, 83 Unternehmen – davon mehr als die Hälfte aus dem Ausland – in Berlin anzusiedeln. Insgesamt konnten wir mit dem erfolgreichen Abschluss
von 290 Projekten 6.708 Arbeitsplätze für die Hauptstadt
generieren. Diese Zahlen geben uns Rückenwind auch für
dieses Jahr, wo wir nun endlich wieder in Präsenz und mit
persönlichen Begegnungen für den Wirtschaftsstandort Berlin werben können.
58
Nachhaltigkeit bleibt in jedem Fall eines der zentralen Themen der Zukunft. In diesem Zusammenhang spielt auch
nachhaltiger Wirtschaftsverkehr sowie generell die Mobilität
der Zukunft und die Energiewende eine große Rolle. So bin
ich zum Beispiel sicher, dass wir gemeinsam mit den Bundesländern im Osten in fünf Jahren ein wichtiger Part in der
Wasserstoffstrategie der Bundesregierung sein werden.
Digitalisierung und KI sind weitere zentrale Themen, die sich
weiterentwickeln und Arbeitsprozesse erleichtern werden.
Nicht zu vergessen Berlin-Brandenburg als einer der führenden Standorte für Life Sciences, Gesundheitswirtschaft und
-versorgung: Hier entstehen innovative Produkte, basierend
auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
III. Wirtschaft
nagements und Einkaufszentren Innovations– und Vernetzungsangebote mit einem vielfältigen Themenspektrum geben.
Im Jahr 2021 konnte der Wirtschaftsstandort Berlin trotz der
andauernden Corona-Pandemie positive Ergebnisse verbuchen. BPWT hat Projekte mit einer Investitionssumme von über
637,8 Mio. € begleitet, 6.708 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. 50 % dieser Arbeitsplätze entfallen auf das Cluster
IKT, Medien und Kreativwirtschaft. 36 % der geschaffenen Arbeitsplätze sind aus erfolgreichen Ansiedlungsprojekten entstanden. Zudem wurden für Forschung und Entwicklung Drittmittel in Höhe von 138,5 Mio. € eingeworben. 83 Unternehmen
wurden mit Unterstützung des Unternehmensservice in Berlin
neu angesiedelt. Insgesamt hat der Unternehmensservice im
vergangenen Jahr 290 erfolgreiche Projekte abgeschlossen.
Seit Ende 2009 unterstützt der Einheitliche Ansprechpartner
(EA) Berlin, angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, als zentrale Anlaufstelle erfolgreich in- und ausländische Unternehmen sowie Gründerinnen
und Gründer bei der Aufnahme und Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Berlin. Er fungiert sowohl als verbindlicher
Informationsgeber als auch – wenn vom Unternehmen gewünscht – als durchgängiger Verfahrensbegleiter und Mittler
zwischen dem Unternehmen und den unterschiedlichen beteiligten Behörden und Institutionen.
elektronische Verfahrens- und Formalitätenabwicklung für Gewerbemeldungen und gewerberechtliche Erlaubnisse medienbruchfrei auf elektronischem Wege zu erledigen. Über eine
eingebundene ePaymentkomponente kann die Verwaltungsgebühr schon während des Antragsprozesses beglichen werden. Dieser Service wird von den Unternehmen aus dem Inund Ausland gerne genutzt und hat während der eingeschränkten Erreichbarkeit der Ämter aufgrund der Corona-Pandemie
noch einmal an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2021 wurden
77 % der über 100.000 Gewerbemeldungen im Land Berlin
vollständig medienbruchfrei online abgewickelt.
Der EA ist aber auch Verfahrensbegleiter bei der Anerkennung
ausländischer Berufsabschlüsse im Bereich der reglementierten Berufe. Für viele Berufsqualifikationen, darunter die für
Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, wurden spezielle Antragsverfahren modelliert. Über das elektronische Antragsmanagementsystem des EA erhalten die zuständigen Stellen von den Antragstellerinnen und Antragstellern
genau die Unterlagen, die sie für ihre Entscheidung über den
Antrag auf die Anerkennung der Berufsqualifikation benötigen.
Über ein integriertes Postfach können zusätzlich Nachrichten
rechtssicher ausgetauscht und die Entscheidung über den Antrag elektronisch übermittelt werden.
Für fast alle Verfahren, die der EA über sein Portal anbietet,
stehen Antragsmodule in Englisch zur Verfügung.
Bereits seit der Einrichtung des EA wird den Unternehmen ermöglicht, über ein Onlineverfahren im Gewerbebereich die
59
III. Wirtschaft
III.8.2 Gründungsförderung
Einwohnerinnen und Einwohner liegt Berlin 2021 im Bundesländervergleich erneut an der Spitze.
Erstanlaufstellen
Ein enges Netzwerk an Erstanlaufstellen erlaubt es, auf die unterschiedlichen Fragestellungen von Gründerinnen und Gründern bedarfsgerecht einzugehen. So können neben der Gründungsberatung der Kammern auch die Finanzierungsberatung
der IBB, die Gründungsbüros der Hochschulen, die Wirtschaftsförderer der Berliner Bezirke oder Beratungseinrichtungen der
ethnischen Communities aufgesucht werden. Auf der zentralen
Internetseite gruenden-in-berlin.de sind alle Adressen der öffentlichen Erstanlaufstellen, ihre Informationsangebote und
Veranstaltungen zu finden. Alle Gründungsinteressierten werden hier nach einem klaren Leitfaden durch die Informationen
aus dem Berliner Gründungsnetz geleitet. Das Portal ist ein
gemeinsames Projekt der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe mit der IHK Berlin, der Handwerkskammer Berlin und der Investitionsbank Berlin. Die ausführlichen
Informationen stehen auch auf Englisch zur Verfügung.
Die Gründungsunterstützung im Land Berlin fokussiert nicht alleine auf die technologieorientierten Startups, sondern auch
auf das weiterhin sehr rege und breit angelegte Gründungsgeschehen in traditionellen Bereichen wie dem Handel, im Handwerk oder der Bauwirtschaft. Beratungen und Kontaktstellen
müssen auf diese Vielfalt der Geschäftsideen und der dahinter
stehenden Unternehmerinnen- und Unternehmerpersönlichkeiten mit einem flexiblen und differenzierten Angebot für die
unterschiedlichen Zielgruppen eingehen.
In Berlin wurden 2021 insgesamt 39.266 Unternehmen neu gegründet. Dies waren 4,2 % mehr als im Vorjahreszeitraum
(37.682). Das Gründungsgeschehen bleibt somit insgesamt
auf einem hohen Niveau. Mit 107 Neugründungen je 10.000
Maria Enge,
Benjamin Pardowitz
RooWalk Mobility
Gewinner BPW 2022
auch für Erwachsene z.B. in der Rehabilitation nach Schlaganfällen zum Einsatz kommen.
2. Beim BPW durchschreitet man mehrere Wettbewerbs
phasen – Was war Ihre wichtigste Erfahrung?
Schön war zu erleben, wie sich unsere Idee einfach, verständlich und überzeugend vor einem breiten Publikum präsentieren lässt. Als Team von Ingenieuren haben wir mit dem
Feedback der ersten Phase im Wettbewerb – in der wir nicht
so weit vorne lagen – schnell gelernt, dass ein Business Plan
mehr als nur die Produktidee und die technologische Lösung
beschreibt.
1. Ihr Unternehmen RooWalk ist Sieger beim BusinessplanWettbewerb Berlin-Brandenburg 2022 – herzlichen Glückwunsch! Was ist Ihr Geschäftsmodell?
3. Nach einem solchen Erfolg darf man ein wenig träumen:
Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in fünf Jahren?
Vielen Dank! Unsere elektrisch unterstützte Gehhilfe für Kinder mit körperlichen Einschränkungen wird als Hilfsmittel im
Alltag eingesetzt und soll von den Krankenkassen erstattet
werden. So ermöglichen wir den meisten betroffenen Kindern, sich eigenständig zu bewegen und freihändig mit ihren
Umfeldern zu interagieren. Zukünftige Versionen werden
In 5 Jahren sehen wir Kinder mit unserer Gehhilfe gemeinsam mit ihren Familien und mit viel Freude über das Tempelhofer Feld flitzen. Als Unternehmen haben wir dann Kooperationen mit Krankenkassen und starke strategische Partner
für die Produktion und den deutschlandweiten und internationalen Vertrieb
Beratung und Veranstaltungen
Der Spaß am Unternehmertum und das dazu notwendige Wissen werden auf einer Reihe von Veranstaltungen vermittelt. So
können Gründungsinteressierte im Rahmen des BusinessplanWettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW) über einen Zeitraum
von neun Monaten ihre Geschäftsidee entwickeln und dazu
kostenlose Seminare und Workshops besuchen sowie Expertenfeedbacks erhalten. Technologieorientierte Geschäftsideen, die einen schnelleren Marktzugang benötigen, können
auch innerhalb von nur drei Monaten über einen Business Mo-
60
del Canvas entwickelt werden. Im Jahr 2021 haben 1.611 Registrierte das Angebot des BPW genutzt, davon waren 47,7 %
Frauen.
Nach dem Pandemiejahr 2020 standen die jährlich im Herbst
stattfindenden Deutschen Gründer- und Unternehmertage
deGUT in 2021 erneut vor einer großen Herausforderung.
Dank eines gut durchdachten und funktionierenden Konzepts
konnte die Messe als Präsenzveranstaltung mit Publikumsverkehr stattfinden. Mit ihren vielfältigen Kontaktmöglichkeiten
zwischen Förderinstitutionen, Mentorinnen und Mentoren und
III. Wirtschaft
Gründungsinteressierten ist die von der Investitionsbank Berlin
(IBB) und der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB)
veranstaltete deGUT ein Highlight im Gründungskalender der
Hauptstadtregion. An beiden Messetagen wurden 3.317 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Arena Berlin gezählt. Es
gab 118 Aussteller an 45 Ständen.
Eine wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, das Interesse an der unternehmerischen Selbstständigkeit bereits früh zu
wecken und die Begeisterung für unternehmerische Themenfelder zu entfachen. Im Projekt JUNIOR berät und begleitet
das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Schülerinnen
und Schüler, die ein eigenes Unternehmen — jeweils für ein
Jahr — gründen und führen wollen. Seit dem Start des Projekts
in Berlin im Schuljahr 2000/2001 haben bereits über 5.000
Berliner Schülerinnen und Schüler am Projekt JUNIOR teilgenommen. Der jährliche Landeswettbewerb konnte auch 2022
leider nur digital stattfinden. Die Schülerfirmen wurden dabei
in den vier Kategorien Geschäftsidee und -bericht, Jury-Interviews und Videopräsentation bewertet. Berlins bestes Schülerunternehmen 2022 ist das Unternehmen „scoopaper“ von der
Carl-Zeiss-Oberschule, das aus Altpapier neues Papier im
Schöpfverfahren herstellt. Daraus werden dann Notizbücher,
Lesezeichen, Briefpapier sowie dekorative Artikel gefertigt.
Weitere Projekte unterstützen Lehrerinnen und Lehrer dabei,
Fragen der Wirtschaft und der Unternehmenstätigkeit in den
Unterricht zu integrieren. Eine Übersicht über die Angebote findet sich unter www.berlin.de/unternehmergeist.
Die migrantische Ökonomie ist eines der starken Potenziale
der Stadt. Im Berichtszeitraum wurden mehrere Maßnahmen
durchgeführt, die sich an die Zielgruppe der Personen nichtdeutscher Herkunft richten mit dem Ziel, diese über Aspekte
der Selbstständigkeit und die entsprechenden Beratungs- und
Förderstrukturen zu informieren, aber auch die Bedeutung und
Erfolge migrantischer Unternehmerinnen und Unternehmer in
den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Die Lotsenstelle für migrantische Selbstständigkeit fungiert seit
Januar 2019 im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe als Ansprechpartnerin für Erst- und Orientierungsfragen. Sie ist eine wichtige Erstanlaufstelle für
Gründerinnen und Gründer sowie Selbstständige nichtdeutscher Herkunft bei der Aktivierung ihres unternehmerischen
Potenzials und bei der Teilhabe am gesellschaftlich-wirtschaftlichen Leben in Berlin. Die Beratungen sind kostenlos
und werden in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch,
Französisch und Polnisch durchgeführt. Übersetzungen in weitere Sprachen sind möglich. Aktuell kann auch eine russischsprachig gedolmetschte Beratung erfolgen.
Das Beratungsangebot beinhaltet umfangreiche kultursensible und kompetente Erstberatung, umfassende Informationen
über öffentliche Förder- und Beratungsleistungen, Verweisberatung an nicht gewerbliche Beratungs- und Fördereinrichtun-
gen sowie Unterstützung bei Behördengängen sowie Beratungsangebote über Social Media.
Zudem werden (Online-)Informationsveranstaltungen zum
Thema Existenzgründung und Neuselbstständigkeit sowie
Netzwerkveranstaltungen zum Austausch und zur Vernetzung
der relevanten Akteurinnen und Akteure der Berliner Beratungs- und Gründungsförderlandschaft angeboten.
In 2021 wurden insgesamt 406 Ratsuchende beraten. Davon
waren 184 gründungswillige und 222 bereits selbstständige
Personen. Am häufigsten wurden die Beratungen in den Sprachen Spanisch (145), Englisch (125) und Polnisch (100) nachgefragt.
Darüber hinaus wurden 252 Online-Anfragen (Video-Call und
telefonische Beratungen) bearbeitet.
Mit dem durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe seit 2019 ausgelobten Wettbewerb „Vielfalt unternimmt – Berlin würdigt migrantische Unternehmen“ werden die Leistungen und wirtschaftlichen Erfolge von Berliner
Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationsbiografie
ausgezeichnet und sichtbar gemacht. Um den Preis können
sich Unternehmen in drei Größenkategorien bewerben.
Der Wettbewerb „Vielfalt unternimmt“ findet alle zwei Jahre
statt. Der Preis, verbunden mit Preisgeldern i.H.v. 30.000 €,
wurde am 19. Mai 2021 zum zweiten Mal vergeben. Die Übersicht der Preisträgerinnen und Preisträger ist auf der Webseite
abrufbar. Der nächste Wettbewerb soll in 2023 realisiert werden.
Zielgruppe des von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe geförderten Projekts „NEUSTART – Gründungsbegleitung für Geflüchtete“ sind Geflüchtete und Neuankommende aus Drittstaaten ohne Ausschluss bestimmter
Nationalitäten. Primäres Projektziel ist es, über zielgruppenspezifische Beratung, Qualifizierung und Begleitung erfolgreiche und nachhaltige Gründungen zu schaffen, die es
den Geflüchteten ermöglichen, sich wirtschaftlich und sozial
zu integrieren.
Im Rahmen des Projekts gab es in 2021 annähernd 200 Erstkontakte. Mit 69 Personen, die für eine Aufnahme in das Projekt infrage kamen, wurden intensivere Erstgespräche geführt.
Des Weiteren wurden vier Assessments mit insgesamt 28 Teilnehmenden durchlaufen. Über das Jahr verteilt konnte in 13
Workshops mit 34 Teilnehmenden Gründungswissen vermittelt
werden. Wegen der COVID-19-Pandemie konnten 2021 nur
drei Netzwerktreffen mit insgesamt 63 Teilnehmenden veranstaltet werden. Die Beratungsleistungen wurden zu ca. 33 %
von Frauen in Anspruch genommen.
Das Projekt hatte eine Laufzeit vom 01.06.2020 bis zum
31.12.2021. Ein einjähriges Nachfolgeprojekt „Neustart22“ ist er-
61
III. Wirtschaft
folgreich angelaufen. In 2022 sind im Rahmen des Projekts
auch Fachgespräche mit Expertinnen und Experten vorgesehen.
Im Rahmen des Serviceprojektes „Wirtschaftsfreiheit Berlin –
Integration von zuziehenden Talenten, Gründerinnen und
Gründern und Unternehmerinnen und Unternehmern“ (Juli
2018-2019) sowie dem Nachfolgeprojekt „Wirtschaftsfreiheit
plus“ (2020-2021) der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH wurden spezifische, besonders vertraulich arbeitende Beratungs- und Betreuungsinfrastrukturen aufgebaut.
Zielgruppe des Projekts sind Unternehmerinnen und Unternehmer, Investorinnen und Investoren mit Umsiedlungsinteresse,
Gründerinnen und Gründer sowie hochqualifizierte Fachkräfte
und Kreative aus Ländern, in denen berufliche Kreativität und
Entfaltung durch politische Rahmenbedingungen im Heimatland erschwert oder behindert werden bzw. die freie Ausübung
einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit oder berufliche
Vorhaben nicht gewährleistet oder bedroht werden.
Die Webseite www.because.berlin bündelt alle Informationen
und Serviceleistungen des Projekts „Wirtschaftsfreiheit Berlin“.
Über die Social-Media-Kanäle werden alle weiteren Kooperationen und Aktivitäten mit der Community von der Kampagne
„Because Berlin“ geteilt. Mehr als 23.000 Interessierte informierten sich zu diversen Themen. Es wurden sieben Town Hall
Calls sowie Podiumsdiskussionen mit internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt. Die vom Lotsen-Service angebotene Hilfe wurde in 2021 in 344 Fällen in Anspruch
genommen.
Die Seminarreihe „Vielfalt gründet“ feiert in 2022 ihr zwanzigjähriges Bestehen. Die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ins Leben gerufene Initiative wird
von der Investitionsbank Berlin (IBB) finanziert.
In Zusammenarbeit mit den verschiedenen ethnischen Communities werden mehrsprachige Gründungsseminare bilingual
auf Deutsch und einer Vielfalt anderer Sprachen durchgeführt.
Es werden Seminare in den Sprachen Englisch, Französisch,
Italienisch, Spanisch, Russisch, Polnisch, Serbokroatisch, Vietnamesisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch und Farsi angeboten.
Darüber hinaus gibt es spezielle Angebote ausschließlich für
gründungsinteressierte Frauen, Gründungsinteressierte aus
der Kreativindustrie und Geflüchtete.
Im Jahr 2021 haben insgesamt 230 Personen an den Existenzgründungsseminaren teilgenommen, von denen insgesamt 60 %
Frauen waren. 42 Personen mit Fluchterfahrung nahmen das Seminarangebot an.
62
Aufgrund der COVID-19-Pandemie fand 2021 der Großteil der
Seminare als Onlineangebot statt. Interessierte haben die
Möglichkeit, Jobmessen kennenzulernen, weiterführende Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten zu erhalten und mit
Gründerinnen und Gründern über ihre Erfahrungen zu sprechen sowie individuelle Fragen zu stellen.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wird
weiterhin die wirtschaftlichen Aktivitäten von Frauen sichtbarer machen und dazu beitragen, dass es selbstverständlicher
wird, dass Frauen sich unternehmerisch betätigen. Darüber hinaus wird die Senatsverwaltung in den kommenden Jahren
verstärkt Gründungen durch Frauen gezielt unterstützen.
Zur Sichtbarmachung und Vernetzung bietet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe aktuell drei Formate an: Die „Unternehmerinnen-Akademie“, den „Berliner
Unternehmerinnen Tag“ und den Wettbewerb „Berliner Unternehmerin des Jahres“.
Der Berliner Unternehmerinnentag findet alle zwei Jahre als
ganztägige Informations- und Netzwerkveranstaltung statt.
Der Berliner Unternehmerinnentag fand zuletzt im Frühjahr
2021 statt. Der nächste Unternehmerinnen-Tag und auch der
nächste Wettbewerb „Berliner Unternehmerin des Jahres“ sind
für 2023 geplant.
Die Unternehmerinnen-Akademie ist ein komprimierteres Format als der Unternehmerinnentag (ca. 2-4 h), das seit 2019
regelmäßig stattfindet. Ziel der Unternehmerinnenakademie
ist es, mit Gründerinnen und/oder Unternehmerinnen aktuelle
wirtschaftspolitische Themen zu diskutieren sowie die Möglichkeit zur breiten Vernetzung zwischen Unternehmerinnen und
weiteren Wirtschaftsakteuren zu geben. In 2021 fand die Unternehmerinnen-Akademie als Netzwerktreffen mit ca. 150
Teilnehmerinnen unter dem Motto „Rückenwind mit Networking. Gemeinsam schneller voran“ im SAGE Club statt.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat
sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der Gründerinnen in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen – sowohl im Bereich der
wachstumsstarken Tech-Startups als auch im breiten Gründungsgeschehen insgesamt. Die Gründe, warum Frauen in der
Gründungs- und Startup-Szene noch unterrepräsentiert sind,
sind vielfältig. Geplant ist daher ein breites Bündel verschiedener Maßnahmen, das sowohl Finanzierungs-, als auch Coaching- und Vernetzungsaspekte abdeckt.
III. Wirtschaft
III.8.3 Innovationsförderung
Wissen verbreitet sich schneller denn je und ist als Ausgangspunkt für Innovationen zu einem entscheidenden Produktionsfaktor geworden. Dies hat zur Konsequenz, dass sich auf Dauer vor allem die Unternehmen behaupten können, die auf der
Basis von Forschungs- und Entwicklungsprozessen Innovationen umsetzen. Aus diesem Grund ist es ein zentrales Anliegen
der Berliner Wirtschaftspolitik, mit einer verlässlichen und thematisch flexiblen Innovationsförderung zur Schaffung einer
nachhaltig wirksamen Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.
Mit dem Programm Pro FIT (Programm zur Förderung von Forschung, Innovation und Technologien) werden sowohl Einzelvorhaben als auch FuE-Kooperationen vorrangig zwischen
Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern gefördert. Der Schwerpunkt der Förderung liegt entsprechend der Beschaffenheit
der Berliner Wirtschaftsstruktur bei kleinen und mittleren Unternehmen. Durch technologische Entwicklungen wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesteigert. Es wird nicht
nur die Produktentwicklung gefördert, sondern auch die Markteinführung. Damit steht ein Programm zur Verfügung, das die
Unternehmen in allen Phasen des Innovationsprozesses unterstützt. Im Jahr 2021 wurden 95 Projekte mit Zuschüssen in
Höhe von 28,77 Mio. € bewilligt. 51 Projekte erhielten ein Darlehen, hier wurden 27,64 Mio. € bewilligt. Das Programm wird
aus dem EFRE kofinanziert.
Im Zuge der Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus der
„Evaluierung der Innovationsförderung 2018/2019“ wurde
ProFIT zum 01.01.2021 für KMU der Sozialen Ökonomie geöffnet. Darüber hinaus gibt es nun die Möglichkeit, KMU auch in
der Innovationsphase der experimentellen Entwicklung mit Zuschüssen zu fördern, wenn die Förderung im Rahmen von wettbewerblichen Aufrufen vergeben wird. Am 15.03.2022 wurde
der Pro FIT Call Additive Manufacturing Berlin-Brandenburg
(AMBER) veröffentlicht. Bis zum 15.06.2022 konnten Projekte
zu den Themengebieten Personalisierte Medizintechnik, Bau
und Leichtbau, Additive Fertigung mit biobasierten Werkstoffen, Additive Fertigung im/für den Weltraum beantragt werden. Im 2. Halbjahr 2022 starten die Vorbereitungen für einen
weiteren Pro FIT Call im Bereich Quantentechnologie und
-computing, der Anfang 2023 veröffentlicht werden soll. Technologieorientierte Unternehmen, die erst kürzlich gegründet
wurden und die Durchführung eines Innovationsprojektes anstreben, können zudem mit der Pro FIT Frühphasenfinanzierung finanzielle Unterstützung beim Aufbau der Unternehmens
infrastruktur und erforderlichen Personalkapazitäten erhalten.
Ziel des VC Fonds Technologie Berlin II ist die Beteiligung an
jungen Berliner Technologie-Unternehmen mit besonderem
Wachstumspotenzial. Das Fondsvolumen beträgt 60 Mio. €, die
Hälfte hiervon sind EFRE-Mittel. Die Fondsmittel stehen bis 2023
vorrangig zur Finanzierung der Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte zur Verfügung. Das Fondsmanagement obliegt der IBB Beteiligungsgesellschaft mbH. In 2021
wurden 31 Unternehmen mit einem Beteiligungskapital in Höhe
von etwa 9,82 Mio. € finanziert. Berlin als deutsche VC-Hauptstadt hat mit der IBB Beteiligungsgesellschaft als öffentlicher
Beteiligungsgeber vor Ort einen bedeutenden Player. Mit ihrer
über 20-jährigen Erfahrung ist sie ein gefragter Partner der Start
ups und Ansprechpartner für nationale und internationale Gesellschaften, die sich in Berlin nach Investments umsehen oder
Finanzierungspartner suchen. Durch die Bildung von Finanzierungspartnerschaften betragen die investierten Mittel das
Sechs- bis Siebenfache der Investitionen des VC-Fonds.
Auch das Jahr 2021 stellte die Berliner Startups aufgrund der COVID-19-Pandemie vor besondere Herausforderungen. Neben den Auswirkungen auf das
operative Geschäft durch Umsatzrückgänge in den von
der Krise besonders betroffenen Branchen, Verzögerungen bei der Produktentwicklung und Markteinführung stellten eine sinkende Investitionsbereitschaft von
Investoren im 1. Halbjahr die Unternehmen vor teilweise
existenzielle Herausforderungen. Zur Krisenbewältigung der COVID 19-Pandemie hat das Land Berlin zusätzliche EFRE-Mittel im Rahmen der Initiative “Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe” (React-EU) zur Verstärkung von bestehenden
Förderinstrumenten bekommen, die im Jahr 2021 mit 6
Mio. € dem VC Fonds Technologie II zugutegekommen
sind. Damit wurde die Umsetzung von Vorhaben finanziert, die der Vorbereitung einer grünen, digitalen und
stabilen Erholung der Wirtschaft dienen.
Der VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin II mit einem Fondsvolumen von 40 Mio. €, davon ebenfalls 50 % EFRE-Mittel, unterstützt kleine und mittlere Unternehmen der Berliner Kreativwirtschaft. Zusammen mit privaten Kapitalgebern werden mit den
Fondsmitteln innovative kreative Startups mit hohem Wachstumspotenzial unterstützt, die sich in der Aufbau- und Expansionsphase befinden. In 2021 wurden 7 Unternehmen mit einem
Volumen von etwa 2,2 Mio. € finanziert. Das ursprüngliche
Fondsvolumen wurde damit in Jahr 2021 weitgehend belegt.
Daher wurden die Fondsmittel im Jahr 2021 um zusätzliche
Mittel aus dem Programm REACT-EU in Höhe von 9 Mio. €
verstärkt, mit denen bis Ende 2023 die weitere Unterstützung
Berliner Startups gewährleistet wird.
Zur gezielten Unterstützung von Berliner Startups, die durch
Corona unverschuldet in einen Finanzierungsengpass geraten
sind, wurden zudem die Coronahilfen für Startups vom Bund,
Land Berlin, der KfW und IBB mit mehreren Programmbausteinen initiiert. Ein Programmbaustein wurde durch die IBB Beteiligungsgesellschaft umgesetzt. Diese Mittel haben die IBB Beteiligungsgesellschaft in die Lage versetzt, das Beteiligungsvolumen und die Anzahl an finanzierten Unternehmen in der
Krisensituation erheblich auszuweiten. Mit diesen Mitteln wurden in 2021 9 Startups unterstützt, welche mit einem Volumen
von 3,6 Mio. € finanziert wurden.
63
III. Wirtschaft
Das Land Berlin setzt die erfolgreichen Wagniskapitalfonds
zur Förderung von Berliner Startup-Unternehmen mit dem VC
Fonds Technologie Berlin III, dem VC Fonds Kreativwirtschaft
Berlin III sowie dem neu aufgelegten Impact Fonds für Social
Entrepreneurs fort. Damit können sich die drei Fonds in der
neuen Strukturfonds-Förderperiode 2021-2027 mit insgesamt
120 Mio. € an jungen Unternehmen beteiligen.
Das Personaltransfer-Programm Innovationsassistent/-in ist
nach wie vor eine wirksame Komponente der Know-how-Übertragung aus der Wissenschaft insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen (Wissenstransfer über Köpfe). Durch den
projektbezogenen Einsatz von qualifizierten Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen erhalten die Unternehmen die Chance zur Bewältigung betrieblicher Innovationsaufgaben. Die Förderung erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren Personalkostenzuschüssen. Gleichzeitig wird damit
verstärkt der Zielsetzung Rechnung getragen, Struktur-, Innovations- und Arbeitsmarktpolitik miteinander zu verzahnen.
Das Volumen der im Jahr 2021 bewilligten 193 innovativen
Vorhaben von Berliner Unternehmen betrug rd. 3,84 Mio. €.
Analog zum Förderprogramm Pro FIT wurde auch das Programm Innovationsassistent/-in für Unternehmen der Sozialen
Ökonomie ab dem 01.01.2021 geöffnet. Ein Unternehmen der
Sozialen Ökonomie wurde in 2021 im Programm Innovationsassistent/-in gefördert.
Der Coaching BONUS bezuschusst die Inanspruchnahme von
Beratungsleistungen durch technologieorientierte kleine und
mittlere Unternehmen (KMU), kleine und mittlere Unternehmen
der Kreativwirtschaft sowie im Zusammenhang mit den Themen-
Dr. Hinrich Holm
Vorstandsvorsitzender,
Investitionsbank Berlin (IBB)
bereichen Internationalisierung und Nachfolge auch durch andere KMU. Ab Juli 2021 werden zudem auch KMU der Sozialen
Ökonomie im Rahmen des Coaching BONUS gefördert. In 2021
haben insgesamt 5 Unternehmen der Sozialen Ökonomie ein
Coaching im Rahmen des Coaching BONUS erhalten.
Dabei deckt das Beratungsangebot die gesamte Bandbreite unternehmerischer Fragestellungen innovativer KMU ab. Das reicht
von Gründungsmodalitäten über Finanzierungsprobleme bis hin
zu Marketing- und Vertriebsstrategien. Das Coaching soll helfen,
eine konkrete Aufgabe bzw. Fragestellung im Hinblick auf eine
bestimmte Zielstellung zu bewältigen. Die Unterstützung im Coachingprozess und die sich daraus ergebende Qualifikation soll
die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig stärken.
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 320 Projekte mit einem Fördervolumen in Höhe von 920.000 € (davon 102 in von Frauen geführten Unternehmen) durch den Coaching BONUS begleitet.
Das Förderprogramm Transfer BONUS hat den Technologieund Wissenstransfer zum Ziel, in dem kleinen und mittleren
Berliner Unternehmen der Zugang zu den Erkenntnissen von
Wissenschaft und Forschung bzw. deren Nutzung erleichtert
wird. Gefördert wird die Inanspruchnahme einer wissenschaftlichen Dienstleistung, wobei seit 2016 auch Projekte im Bereich der Digitalisierung unterstützt werden (Auftragsforschung). Im Jahr 2021 wurden 66 Bewilligungen erteilt, wobei
10 davon auf Projekte im Bereich der Digitalisierung entfielen.
Das Bewilligungsvolumen belief sich insgesamt auf 1 Mio. €,
davon 448.299 € für Digitalisierungsprojekte.
Ziel des Programteils Transfer BONUS Design ist es, kleinen
und mittleren Unternehmen den Zugang zu Designleistungen
2. In den vergangenen Jahren haben Sie zahlreiche Förderprogramme für Unternehmen der sozialen Ökonomie geöffnet – was war der Hintergrund?
Berlin ist die deutsche Startup-Metropole und hier gibt es
eine starke nachhaltig-soziale Bewegung. Wir fördern Sozialunternehmen bereits seit 2018, da wir überzeugt von ihrem
Potenzial und der Relevanz für unsere Gesellschaft sind.
Und ich bin überzeugt – in diesen aktuellen Krisenzeiten wird
es noch wichtiger sein, Purpose und Wirtschaftskraft zu verbinden.
1. Die Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie hat
die IBB enorm gefordert – kommen Sie jetzt wieder in etwas
ruhigere Fahrwasser?
3. Im Finanzsektor hat sich „Nachhaltigkeit“ als zentrales
Thema etabliert. Wie geht die IBB mit den SDGs – den
17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN um?
Die Nachbearbeitung der Corona-Hilfsprogramme wird uns
in den nächsten Jahren weiter beschäftigen, auch wenn der
überwiegende Teil der Auszahlungen nun abgeschlossen ist.
Insgesamt konnten wir bis dato mit rund 6,8 Mrd. € weit über
400.000 Empfängern durch diese schwere Zeit helfen.
Die IBB hat sich den globalen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) verpflichtet. Wir wenden diese transparent
und messbar auf unsere Tätigkeitsfelder an. So wollen wir bis
2030 insgesamt bis zu 15 Mrd. € an Finanzierungszusagen
auf Basis der SDGs in den Förderprogrammen erreichen.
64
III. Wirtschaft
zu erleichtern. Der Design Transfer Bonus bezuschusst den
Transfer von Design-Know-how der Designbranche und der
Hochschulen in Unternehmen, um so ihre Innovationsfähigkeit
und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das Programm soll
die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen von der
Idee bis zur Marktfähigkeit sowie qualitative Verbesserungen
bestehender Produkte und Verfahrensweisen unterstützen.
Die geförderten Kleinstunternehmen haben oft nur ihr spezifisches Know-how für die umzusetzende Produktidee, jedoch
fehlen ihnen häufig Kenntnisse über die markt- und nutzerfreundliche Gestaltung des kurz vor Markteintritt stehenden
Produktes. Auf Grund ihrer Finanzsituation wären sie aus eigenen Kräften nicht in der Lage, das fehlende Wissen einzukaufen, um das Produkt mit Erfolgschancen in den Markt zu bringen. Somit versetzt die Förderung diese Unternehmen in die
Lage, überhaupt in den Markt einzutreten.
führt zu einem Erkenntniszuwachs hinsichtlich der konkreten
Zusammenarbeit, des Nutzens der frühen Einbeziehung von
Designern in den Entwicklungsprozess und oft auch zu Folgeprojekten (mit oder ohne Förderung).
Weitere Effekte ergeben sich aus der Beauftragung von Designdienstleistern, die zwingend aus der Region Berlin/Brandenburg kommen müssen. Die für die erteilten Aufträge gezahlten
Vergütungen sind fast ausschließlich Honorarleistungen. Somit
ist diese Projektförderung auch eine Unterstützung der Kreativszene der Region. Hierbei ist vor allem bemerkenswert, dass
nicht nur große Agenturen Auftragnehmer sind, sondern gerade kleine Agenturen, Freelancer oder Kleinstunternehmer zum
Zuge kommen. Im Jahr 2021 wurden 38 Projekte mit einem
Fördervolumen von rd. 482.115 € bewilligt.
Seit dem 01.01.2021 sind auch Unternehmen der Sozialen
Ökonomie im Rahmen des Transfer BONUS antragsberechtigt.
Weiterhin sammeln die Unternehmen durch die Umsetzung
des Förderprojektes Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Dies
Wirtschafts- und Innovationsförderung - Förderportfolio 2021
Bewilligtes Volomen in Mio. €
IKT, Medien
u. Kreativ
wirtschaft
Pro FIT Zuschuss
Gesundheitswirtschaft
Verkehr,
Mobilität,
Logistik
Optik und
Photonik
Energie
technik
Summe
Cluster
Andere
Summe
28,77
10,89
4,49
9,09
3,15
0,08
27,70
1,07
2,64
0,22
0,08
0,08
0,28
3,30
0,54
3,84
111,72
22,56
16,34
3,30
7,23
161,15
54,25
215,40
Internationalisierung
1,33
0,47
0,67
0,52
0,87
3,86
3,25
7,11
Transfer BONUS
0,49
0,10
0,00
0,10
0,16
0,85
0,15
1,00
Gesamt Zuschuss
127,07
27,84
26,18
7,15
8,62
196,86
59,26
256,12
Pro FIT Darlehen
16,53
6,81
2,33
0,31
0,00
25,98
1,66
27,64
2,77
0,00
0,00
0,00
0,00
2,77
0,00
2,77
VC-Fonds Technologie
4,89
3,65
0,30
0,00
0,58
9,42
0,40
9,82
VC-Fonds Kreativwirtschaft
5,87
0,00
0,00
0,00
0,00
5,87
0,00
5,87
Gesamt Darlehen/
Beteiligungen
30,06
10,46
2,63
0,31
0,58
44,04
2,06
46,10
Coaching BONUS
0,66
0,09
0,01
0,00
0,13
0,89
0,03
0,92
Innovationsassistent
GRW-gewerblich
Zwifi Filmproduktion
Gesamt Beratungen
Gesamt 2021
0,66
0,09
0,01
0,00
0,13
0,89
0,03
0,92
157,79
38,39
28,82
7,46
9,33
241,79
61,35
303,14
Europäische Strukturfonds
Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik ist eingebunden in die Europäische Strukturpolitik und die neue Strategie des
European Green Deal. Zielgerichtete Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, die Ausrichtung auf eine kohlenstoffarme, energieeffiziente Wirtschaft und eine wettbewerbsfähige Industrie sowie die vorrangige Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung von Armut bilden die zentralen Ansatzpunkte dieser Strategie. Das übergeordnete Ziel der
Strukturfondsförderung in Berlin ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Stadt zu stärken. Darauf
bauen die Operationellen Programme (OP) des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen
Sozialfonds (ESF) auf. www.berlin.de/strukturfonds
65
III. Wirtschaft
In der noch laufenden Förderperiode 2014-2020, aus der noch bis zum 31.12.2023 gefördert werden kann, erhält Berlin 635
Mio. € aus dem EFRE und 215 Mio. € aus dem ESF. Hinzu kommen jeweils nationale Mittel in gleicher Höhe, die sogenannte
Kofinanzierung. Insgesamt stehen Berlin aus diesen beiden EU-Förderprogrammen somit rund 1,7 Mrd. € zur Verfügung.
Hinzu kommen in den Jahren 2021-2023 rund 121,4 Mio. € (davon 67,7 Mio. € für den EFRE, und 53,7 Mio. € für den ESF) aus
den React-EU-Mitteln, die den Mitgliedstaaten als Beitrag zum Wiederaufbau nach COVID-19 als außerordentliches zusätzliches Budget zur Verfügung gestellt werden. In der Förderperiode 2021-2027 wird Berlin erneut ein signifikantes Budget für
Förderungen aus dem EFRE erhalten. Damit können rund 680 Mio. € EFRE-Mittel zuzüglich 1,02 Mrd. € nationaler Kofinanzierung, insgesamt also 1,7 Mrd. € in den Ausbau der Forschungs- und Innovationskapazitäten und die Einführung fortschrittlicher Technologien, die Stärkung der Berliner Unternehmen, in Klima- und Umweltschutzvorhaben sowie in Projekte der integrierten Stadtentwicklung fließen. Für den Europäischen Sozialfonds (ESF+) wird Berlin 2021-2027 ein Budget von ca. 149
Mio. € zur Verfügung stehen, ergänzt durch 222 Mio. € nationale Kofinanzierung, so dass insgesamt 370 Mio. € in Unterstützungsmaßnahmen für in Berlin lebende Menschen investiert werden können.
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist das wichtigste Instrument der Regionalförderung der Europäischen Union. Er trägt dazu bei, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Europäischen Gemeinschaft durch
Ausgleich der regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Die EFRE-Mittel werden in Berlin in bedeutendem Maße für die Förderung von Innovationen eingesetzt. Für Forschung, Entwicklung und die Markteinführung neuer Produkte und Lösungen in
Unternehmen, aber auch zur Stärkung hochinnovativer Unternehmen, etwa durch Beteiligungen, die Unterstützung von Clustern sowie die Stärkung unternehmensnaher Forschungsinfrastrukturen sind fast 50 % der EFRE-Mittel vorgesehen. Darüber
hinaus werden kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Investitionstätigkeit und bei ihrer internationalen Markterschließung
unterstützt sowie Gründerinnen und Gründer gefördert. Um die anspruchsvollen energie- und klimapolitischen Ziele des
Landes zu erreichen, können Berliner Unternehmen zudem von der Investitionsförderung in energiesparende Technologien,
in die Nutzung erneuerbarer Energien oder bei der Umstellung von Produktionsprozessen profitieren. Bis zum 31. Dezember
2021 sind von den rund 1,337 Mrd. €, die für das Operationelle Programm des EFRE 2014-2020 zur Verfügung stehen, mehr
als 4.000 Vorhaben mit Gesamtkosten von über 1,46 Mrd. € (110 % des Programmvolumens) bewilligt und bereits 1,025 Mrd.
€ verausgabt worden; vollständig verausgabt werden die Mittel bis zum 31.12.2023.
Gefördert wurden bspw. Berliner Unternehmen, wie das Unternehmen Enway, das in Tempelhof-Schöneberg an hochpräzisen Algorithmen für selbstfahrende Spezialfahrzeuge forscht, die für die industrielle Reinigung eingesetzt werden können.
Diese werden weltweit exportiert. Ein weiteres interessantes Beispiel ist das Projekt „Smartzahn-Cleversdorf“ - Arbeitskräftemarketing und -sicherung für KMU in Marzahn-Hellersdorf, eine Gemeinschaftsinitiative des Projektträgers Schlaufuchs Berlin e.V., des Marzahn-Hellersdorfer Wirtschaftskreises e.V. und der Wirtschaftsförderung Marzahn-Hellersdorf, in dessen Rahmen bezirksansässige Unternehmen mit ausbildungswilligen Jugendlichen zusammen gebracht werden.
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Förderinstrument der EU zur Unterstützung der Beschäftigung in Europa. Der ESF verbessert den Zugang zu Arbeitsplätzen, fördert Bildung, bietet Qualifizierung und unterstützt die soziale Integration. Die ESF-Mittel werden in Berlin in einem thematisch breiten Spektrum eingesetzt. Als erfolgreich und innovativ hat
sich der Einsatz von ESF-Mitteln mithilfe vereinfachter Kostenoptionen wie Pauschalfinanzierungen erwiesen. Für die Umsetzung des Operationellen Programms des ESF 2014-2020 stehen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 430,2 Mio. € zur Verfügung. Bis zum 31.12.2020 sind über 1.681 Vorhaben mit Gesamtkosten in Höhe von 516 Mio. € (110,3 % der Fördermittel)
bewilligt und knapp 285 Mio. € ausgezahlt worden. Vollständig verausgabt werden die Mittel bis zum 31.12.2023.
In der Förderperiode 2021-2027 liegt der Programmschwerpunkt auf dem Themen Bildung, Soziale Inklusion und Fachkräftesicherung. Mit den Programmschwerpunkten werden die Kernziele des von der Kommission vorgelegten Aktionsplans zur
Europäischen Säule sozialer Rechte unterstützt. Das Programm für den Einsatz des ESF+ in der Förderperiode 2021-2027
wurde am 09. Dezember 2021 der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt. Es wird mit einer Genehmigung in der ersten
Jahreshälfte gerechnet. Die operative Umsetzung der Förderinstrumente soll schrittweise ab der Mitte des Jahres 2022 erfolgen.
Gefördert werden Projekte wie „Berlin braucht dich!“, das darauf abzielt, neue Wege für Jugendliche aus Familien mit Einwanderungsgeschichte am Übergang Schule – Ausbildung zu entwickeln. Das Projekt „Joblinge-PLAN A“ möchte schwer erreichbare Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin stabilisieren und an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt heranführen.
66
III. Wirtschaft
III.8.4 Zuschüsse für Unternehmen und
Infrastruktur
Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist das bedeutendste Regionalförderinstrument von Bund und Ländern. Mit der GRW werden
Investitionen gefördert, die in strukturschwachen Regionen die
Einkommens- und Beschäftigungssituation verbessern. Vorrangiges Ziel der GRW ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen.
Seit 1991 gibt es die GRW-Förderung in Berlin. Die GRW hat in
den vergangenen 30 Jahren stark dazu beigetragen, dass Berlin heute ein attraktiver, wettbewerbsfähiger Produktions- und
Dienstleistungsstandort ist. Viele wesentliche Entwicklungen und
Erfolge sind eng mit dem Einsatz von Investitionsmitteln aus der
Gemeinschaftsaufgabe verbunden. In 30 Jahren GRW-Förderung wurden in Berlin von 1991 bis 2021 rund 5,6 Mrd. € aus dem
Programm bereitgestellt und mehr als 8.860 Investitionsvorhaben der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur gefördert. Dadurch konnten über 280.200 Arbeitsplätze
gesichert bzw. neue zukunftsorientierte Arbeitsplätze geschaffen werden.
Auch in 2021 wurde die GRW-Förderung aus Mitteln der Konjunkturpakete des Bundes und des Landes verstärkt, um während der Corona-Pandemie weitere Investitionen für Berlin anzustoßen. In 2021 standen 54,25 Mio. € zusätzlich zur Verfügung.
Im Koordinierungsrahmen der GRW sind die Regelungen über
Voraussetzungen, Art und Intensität der Förderung und die
Fördergebiete der einzelnen Bundesländer festgelegt. Die Mittel der GRW werden von Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen.
In 2021 wurden insgesamt 173 Mio. € ausgezahlt. Davon entfallen 108,4 Mio. € (62,7 %) auf die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und 64,6 Mio. € (37,3 %) auf die Förderung
der gewerblichen Wirtschaft.
Der Bewilligungsrahmen 2021 für die Jahre 2022 bis 2024 betrug 171,387 Mio. €, je zur Hälfte Bundes- und Landesmittel.
Darin enthalten sind 1,833 Mio. € des Bundes aus der Umverteilung frei gemeldeter Mittel anderer Länder. Das Land Berlin
beteiligte sich in gleicher Höhe. Diese Mittel wurden vollständig gebunden.
Aus Mitteln der GRW können Investitionszuschüsse für die gewerbliche Wirtschaft und für wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen gewährt werden. Auch die Förderung integrierter regionaler Entwicklungskonzepte, die Förderung von Regionalmanagements sowie die Förderung von Kooperationsnetzwerken sind möglich. Daneben unterstützt die GRW in immer
stärkerem Umfang auch Fachprogramme des Landes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft Berliner Unternehmen.
Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ist zentraler Ausgangspunkt für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Berlins.
Die Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen soll einhergehen mit der Steigerung der Produktivität und des
Pro-Kopf-Einkommens. Besonders in den technologieorientierten und zukunftsweisenden Branchen sowie in produktionsnahen Dienstleistungen sollen qualifizierte Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden.
Für die neue GRW-Förderperiode 2022-2027 haben Bund und
Länder auf Basis eines von der EU-Kommission vorgegebenen
gesamtdeutschen Fördergebietsplafonds gemeinsam die
neue deutsche Fördergebietskarte entwickelt.
Aufgrund der Reduzierung des gesamtdeutschen Fördergebietes durch die EU-Kommission, aber auch durch die eigene positive Entwicklung in den vergangenen Förderperioden ist Berlin
nicht mehr in Gänze GRW-Fördergebiet. Neben weiterhin ausgewiesenen C- und D-Fördergebieten gehören erstmals einige
Stadtgebiete ab 2022 nicht mehr zum GRW-Fördergebiet. Für
Unternehmen in diesen Stadtgebieten soll zukünftig eine Investitionsförderung mit Berliner Landesmitteln erfolgen. Die Zuordnung eines konkreten Investitionsstandortes zu einem Fördergebiet sowie die jeweiligen Fördersätze können Unternehmen abrufen unter: www.businesslocationcenter.de/foerdergebietskarte
Im Jahr 2021 wurden im Rahmen der GRW insgesamt 270 Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft mit einem Investitionsvolumen von 1.329 Mio. € für die Jahre 2020-2023 neu bewilligt.
Hierfür wurden GRW-Mittel in Höhe von 211 Mio. € eingesetzt.
Das im Vergleich zu den Vorjahren doppelt so hohe Antragsvolumen in der Unternehmensförderung verdeutlichte, das die
Berliner Wirtschaft trotz Pandemie optimistisch in die Zukunft
plant. Die GRW-Förderung gab den Unternehmen die nötige
Planungssicherheit für Investitionen und trägt zur Unternehmensstabilisierung und zum Erhalt und Ausbau von Beschäftigung bei.
Mit diesen Investitionsvorhaben sollen in Berlin 12.720 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden, davon 3.950
zusätzliche Arbeitsplätze und 8.770 gesicherte Arbeitsplätze.
Von den zusätzlichen Arbeitsplätzen sind 1.467 Arbeitsplätze
für Frauen und 83 Arbeitsplätze für Auszubildende vorgesehen.
Wenn auch das Ziel der GRW, Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen zu schaffen, grundsätzlich nicht geschlechtsspezifisch ausgerichtet ist, so findet dennoch die Schaffung
von Arbeitsplätzen für Frauen besondere Berücksichtigung im
GRW-Fördersystem. Die Länder können in Regionen mit hoher
Frauenarbeitslosigkeit frauenspezifische Förderschwerpunkte
setzen:
•
Die GRW-Förderhöchstsätze dürfen nur für Investitionen
gewährt werden, von denen ein besonderer Struktureffekt
ausgeht; Investitionen, die Arbeits- und Ausbildungsplätze
für Frauen schaffen, fallen in diese Kategorie.
67
III. Wirtschaft
•
Gerade Frauen – aber auch immer mehr Männer – suchen
oft Arbeitsplätze, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf ermöglichen. Diesem Anliegen kommt die GRW
entgegen, indem sie Investitionen zur Schaffung von Telearbeitsplätzen fördert und damit eine Berufstätigkeit von
Frauen unterstützt.
Im Rahmen der ergänzenden Förderung von Berliner Programmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen sind 2021
insgesamt rd. 4,62 Mio. € an GRW-Mitteln in 6 Fachprogrammen des Landes eingesetzt worden. Die Förderprogramme
Innovationsassistent, Transfer Bonus, Design Transfer Bonus,
Coaching Bonus, Potenzialförderung und das Programm für
Internationalisierung erfahren durch die mit GRW-Mitteln ermöglichte Verbesserung der Förderkonditionen eine zunehmende Nachfrage.
Die wirtschaftsnahe Infrastruktur hat infolge ihres Vorleistungscharakters Einfluss auf betriebliche Standortentscheidungen.
Sie schafft die Rahmenbedingungen für den Aufbau und die
Sicherung wettbewerbsfähiger Produktions- und Dienstleistungsstandorte.
2021 wurden 39 neue Vorhaben im Bereich der wirtschaftsnahen
Infrastruktur mit einem Investitionsvolumen von über 183,6 Mio. €
mit GRW-Mitteln in Höhe von 137,3 Mio. € für die Jahre 2021 bis
2024 bewilligt.
Diese bewilligten Fördermittel verteilen sich auf die einzelnen
Förderarten wie folgt:
•
•
•
•
•
Erschließung von Industrie und Gewerbegelände mit
52,04 Mio. €
Ausbau der Verkehrsanbindung für Gewerbebetriebe mit
15,68 Mio. €,
Verbesserung der touristischen Infrastruktur mit 39,4 Mio. €,
Ausbau von Bildungseinrichtungen mit 28,34 Mio. €
Förderung von Planungs- und Beratungsleistungen mit
0,4 Mio. €.Im Ergebnis dieser geförderten Planungsleistungen entwickeln sich Infrastrukturvorhaben in den Folgejahren.
Kooperationsnetzwerke mit 0,55 Mio. €
Regionalbudget mit 0,9 Mio. €
•
•
•
•
Verkehrsverbindungen zur Anbindung von Gewerbegebieten z.B. Straßenbrücken in den Bezirken Pankow, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, weiterhin Investitionen
in die Verkehrsinfrastruktur „Wasserstraßen“ mit dem Neubau der Uferbefestigung am Bonhoefferufer, am Wikingerufer und beidseitig der Spree-Oder-Wasserstraße, wodurch Verkehrswege für die gewerbliche Binnenschifffahrt
gesichert und alternative Transportwege für die gewerbliche Wirtschaft bereitgestellt werden,
die Errichtung und Ausbau von Bildungseinrichtungen insbesondere (weiterhin) von Oberstufenzentren sowie des
BVG-Ausbildungs-Campus und des Ausbildungscampus
Fischerstraße der Berliner Wasserbetriebe,
die weitere Ertüchtigung der touristischen Infrastruktur und
Verbesserung der Attraktivität touristischer Standorte, z.B.
die weitere Umsetzung der Maßnahmen im Zoologischen
Garten / Aquarium, Tierpark und Spreepark. Geplant ist
auch der Ausbau weiterer Bauabschnitte von Radfernwegen,
die Förderung von Regionalmanagements, Regionalbudgets, Kooperationsnetzwerken sowie Innovationsclustern.
Die regionale und überregionale Zusammenarbeit von Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen wird durch die
Förderung von Forschungsinfrastrukturen und Innovationsclustern unterstützt.
Im diesem Fokus der GRW-Förderung standen auch 2021 die
beiden Berliner Innovationscluster. Im Innovationcluster 5G Berlin konzentrieren sich die Forschungsarbeiten auf die anwendungsorientierten und marktgerechten Nutzungen der Schlüsseltechnologie 5G. Damit wird ein Beitrag zur Entwicklung der
digitalen und kommunikativen Infrastruktur Berlins geleistet.
Das Werner-von-Siemens Center for Industry and Science
bündelt die Zusammenarbeit von KMU, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Startups und wirtschaftsnahe Einrichtungen. In neu geschaffenen Co-Working Locations sollen zukunftsweisende Themen wie Additive Manufacturing (3
D-Druck) im Bereich der Digitalisierung/Virtualisierung und
Neue Materialien erforscht werden. Die innovativen Produktlösungen werden dem Berliner Markt zugeführt.
In den kommenden Jahren wird der Standort des ehemaligen
Flughafens Tegel ein Schwerpunkt der GRW-Förderung sein.
2021 wurden 8 Teilprojekte i.H.v. rd. 37 Mio. € bewilligt. Diese
umfassen den Neubau von Verkehrsanlagen zur Erschließung
Industrie- und Gewerbegelände, Wasser-, Schmutzwasser-,
und Regenwasseranlagen, Abwasserdruckleitungen sowie Abbruchmaßnahmen. Weitere Maßnahmen sind in der Planung
und Beantragung.
Der nicht-investive Förderbereich der GRW konzentriert sich
auf Themen der Vernetzung und Kooperation für die gewerbliche Wirtschaft und ihrer Partner wie auch für die Berliner Bezirke. Durch das Förderangebot GRW-Kooperationsnetzwerke
können Unternehmen und wirtschaftsnahe Einrichtungen Unternehmensverbünde aufbauen, den wissensbasierten Austausch von Informationen organisieren und eine gemeinsame
Marketingstrategie entwickeln. Diese Synergieeffekte stärken
die Kooperationsnetzwerke in ihrem Innovations- und Wachstumsprozess, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bzw. bei der Gewinnung neuer Absatzmärkte.
Weitere Schwerpunkte der Förderung in den nächsten Jahren
sind:
In 2021 neu an den Start gegangen ist das Kooperationsnetzwerk Smart Living & Health Center, das Themen der Gesund-
•
•
68
III. Wirtschaft
heitswirtschaft und der altersgerechten Versorgung aufgreift.
Weiterhin wurden neun Kooperationsnetzwerke gefördert, deren Themenspektrum u.a. Aufgaben der Digitalisierung, des
Berliner Tourismus, der Fachkräftesicherung, der Gemeinwohlökonomie und der Energiewirtschaft beinhaltet. Die GRW-Förderung ermöglicht ein professionelles Netzwerkmanagement,
dass die Organisation des Verbundes übernimmt. Die Kooperationsnetzwerke unterstützen ebenfalls die Inno2025 Berlin
Brandenburg und deren Cluster.
Im kommunalen Bereich profitieren die Bezirke insbesondere
vom GRW-Förderangebot Regionalmanagement und Regionalbudget zum Ausbau der lokalen Wirtschaftsstrukturen.
Das Regionalmanagement wird für Vernetzungsmaßnahmen der
wirtschaftlichen Akteure vor Ort eingesetzt. In 2021 wurde in fünf
Bezirken erfolgreich ein Regionalmanagement durchgeführt.
Dabei wurden thematische Schwerpunkte u.a. in den Bereichen
Gesundheitswirtschaft, Profilierung der innovativen Zukunftsorte,
Entwicklung von lokalen Gewerbestandorten und Stadtmarketing gesetzt. Zunehmend werden auch wirtschaftliche Kooperationen mit dem angrenzenden Brandenburger Umland gebildet.
Sechs Bezirke haben das Regionalbudget als Projektförderung in 2021 fortgeführt. In zwei Bezirken wurde ein neues Regionalbudget initiiert. Vor dem Hintergrund des zunehmenden
Wohnungsbaus und der daraus resultierenden Flächeninanspruchnahme in Berlin stehen in vielen bezirklichen Projekten
Aufgaben der Wirtschaftsflächenerfassung und -sicherung im
Vordergrund. Daneben werden u.a. Themen des Tourismus
und des bezirklichen Marketings in den Projekten aufgegriffen.
Bedingt durch die Pandemie wurden sechs nicht-investive Projekte kostenneutral verlängert, damit die Aufgabenplanung
vollständig umgesetzt werden kann.
Die Potenzialberatung gehört zu den festen Programmen der
Berliner Förderinstrumente für bestehende Unternehmen. Das
Förderprogramm wird aus der GRW Gemeinschaftsaufgabe
„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ bzw. mit
Landesmitteln kofinanziert.
Mit der Förderung können Unternehmen des verarbeitenden
und produktionsnahen Dienstleistungsgewerbes, Unternehmen der digitalen Wirtschaft sowie Handwerksbetriebe finanzielle Mittel für die Einholung externer Beratung erhalten (maximal 8.000 € für eine Grundberatung und 8.000 € für eine
anschließende Aufbauberatung).
Die Potenzialberatung unterstützt die Unternehmen bei der
Analyse von Stärken und Schwächen des Unternehmens und
eines Handlungsplans zur Verbesserung der Organisationsund Personalentwicklung. Seit 2019 ist die Potenzialberatung
auch für Digitalisierungsvorhaben geöffnet. Berliner Betriebe
werden dabei unterstützt, Chancen der Digitalisierung zu nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zukunftsorientiert zu sichern und auszubauen.
Abweichend von anderen Beratungsprogrammen muss der
Antrag auf Förderung gemeinsam von der Belegschaftsvertretung und der Geschäftsführung gestellt werden. Ziel der Potenzialberatung ist, durch externe Beratungen Leitung und Beschäftigte der KMU bei der Optimierung der Arbeitsorganisation und des Geschäftsprozesses zu unterstützen. Dadurch
wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und es können Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut werden.
2021 wurden 40 Anträge bewilligt. Die Potenzialberatung wird
mit Unterstützung der IG Metall Berlin, des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. und
der Handwerkskammer durchgeführt.
In der gegenwärtigen Förderperiode 2014 bis 2020 (n + 3)
sind die EFRE-kofinanzierten „Wirtschaftsdienlichen Maßnahmen im Rahmen bezirklicher Bündnisse für Wirtschaft
und Arbeit“ erneut Bestandteil des Berliner Operationellen
Programms des Landes Berlin. Mit einem Gesamtvolumen
für die Förderperiode von 8 Mio. € (50 % EFRE-Mittel und
50 % öffentliche oder private Kofinanzierung) können Projekte in den Berliner Bezirken unterstützt werden, die die
lokale Wirtschaft vor Ort stärken sollen. Dazu gehören u.a.
Netzwerke, Projekte zum Stadtmarketing und Standortmanagement. Von den insgesamt 28 Projekten wurden alleine
12 Projekte in 2021 bewilligt. Beispielhaft wurde 2021 in der
Wilmersdorfer Straße ein Geschäftsstraßenmanagement
eingeführt, um vor Ort die lokale Wirtschaft zu beraten und
zu unterstützen.
Die Unterstützung von Startups gehört zu den erfolgreichsten
Instrumenten einer zukunftsweisenden Wirtschaftsförderung. Im
Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für
den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der Förderperiode
2014 – 2020/23 (Instrument 5 „Förderung innovativer Gründungen“ – Berliner Startup Stipendium) werden technisch innovative Startups im Rahmen von „Gründerwerkstätten“ und
vergleichbaren Formaten unterstützt.
Die Stipendiaten werden mit bis zu 2.000 € pro Monat gefördert und erhalten ein intensives Coaching. Hierfür wird den
Gründerteams (in der Regel zwei bis vier Personen) die erforderliche technische Infrastruktur z.B. in Form von PC-Arbeitsplätzen oder Laboren zur Verfügung gestellt. Der Umfang und
die Inhalte der Coachings- und Qualifizierungsmaßnahmen
werden nach Bedarf der Projekte und Startups ausgestaltet.
Damit einher geht die Kompetenzerweiterung der Geförderten. Diese sind im Anschluss an die Förderung häufig Teil des
Berliner Startup Ökosystems.
Teilnahmevoraussetzung für die Gründerinnen und Gründer
sind neben einem Wohnsitz in Berlin, zumindest anfänglich
entwickelte Businesspläne und Prototypen bzw. prototypähnliche Verfahren. Die Teilnehmenden werden im Zuge von Wettbewerbsverfahren der Projektträger (Inkubatoren) ausgewählt.
69
III. Wirtschaft
Im Zuge der Corona-Pandemie konnte das BSS ab dem Jahr
2021 zusätzlich Stipendien an Startups vergeben, die Lösungen zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie entwickeln,
bspw. aus dem Bereich der Medizintechnik oder der Gesundheitswirtschaft. Hier konnten zusätzliche Mittel aus dem EU-React-Programm akquiriert werden.
Das gesamte Programmvolumen beträgt rd. 43 Mio. € Gesamtkosten, davon 50 % ESF-Mittel und 50 % Landesmittel
sowie zusätzlich 6 Mio. € aus dem EU-React Programm, die zu
100 % aus ESF-Mitteln kommen. Die operative Programmlaufzeit im Rahmen der ESF-Förderperiode 2014 – 2020/23 ist
von August 2016 bis Juni 2023. Die Programmumsetzung wird
von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
des Landes Berlin in Kooperation mit der Europäisches Fördermanagement GmbH als beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle gesteuert.
In der aktuellen Programmlaufzeit von 2016 bis 2020/ 2023
werden insgesamt ca. 1.800 Gründerinnen und Gründer gefördert. Das außerordentlich erfolgreiche Programm läuft
noch bis Juni 2023. In den Jahren 2016 bis 2021 wurden mit
36,9 Mio. € bereits ca. 1.200 angehende Gründerinnen und
Gründer gefördert. Der Frauenanteil liegt dabei bei rund 38
%. Aktuell werden 25 Projekte im Rahmen des Programms gefördert, darunter sind Universitäten, Hochschulen aber auch
private Inkubatoren.
Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der Förderperiode 2014 – 2020/23 werden im Instrument 3 „Inno
vative Qualifizierung“ Beschäftigte Berliner Unternehmen
(KMU und Großunternehmen) weitergebildet. Die Förderung
bezieht sich auf Anpassungsprozesse im Zusammenhang
mit Innovationsprozessen der Wirtschaft, dem technologischen Wandel (v.a. bezogen auf den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bzw. die fortschreitende Digitalisierung) sowie ökologische Zielsetzungen (z.B. Klimaschutz, Energieeffizienz und Nutzung regenerativer Energien), insb. im Kontext der Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB)
und branchenbezogener Fachkräftestrategien (z.B. im Bereich des Handwerks, der Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft und der Luftfahrt).
Die Programmumsetzung wird von der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin in Kooperation mit der Europäisches Fördermanagement GmbH als
beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle durchgeführt.
Im Förderzeitraum 2015 – 2021 wurden bereits 5,8 Mio. €
umgesetzt. Insgesamt werden in der laufenden ESF-Förderperiode ca. 1.500 Beschäftigte mit einem Programmvolumen von bis zu 7,4 Mio. € (50 % ESF-Mittel, 30 % Privatmittel
der Unternehmen, 20 % Landesmittel) unterstützt.
70
Coronahilfen
Im Land Berlin wurden seit Ausbruch der Corona-Pandemie in
kürzester Zeit im Rahmen von insgesamt 487.238 Verwaltungsverfahren Coronahilfen i.H.v. 6,7 Mrd. € gewährt.
Die Gewährung erfolgte sowohl aus Landes- als auch aus
Bundesmitteln überwiegend in Form von Direktzuschüssen in
insgesamt 16 großen Einzelprogrammen mit unterschiedlichen
Bewilligungszeiträumen und Adressatenkreisen durch die Investitionsbank Berlin und von ihr beauftragten externen Dienstleistern unter der Rechts- und Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe:
Neben der umfangreichen Unterstützung durch die Corona-Zuschussprogramme wurden Berliner Unternehmen im
Rahmen des Schutzschirms für die Wirtschaft zusätzlich durch
die Liquiditätshilfen der KfW, dem Bürgschaftsinstrumentarium
und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds begleitet.
Weitere Coronahilfsprogramme mit kleinem Bewilligungsvolumen waren: SH Schankwirtschaft, SH Stipendien, SH Ehrenamtsförderung, SH Modelabels, Härtefallhilfen, Persönliche
Schutzausrüstung (PSA).
Die Gewährung der Coronahilfen erfolgte im Vergleich zu herkömmlichen Gewährungen von Zuwendungen im Rahmen der
Wirtschaftsförderung sehr schnell, digital und teilweise mithilfe
von automatisierten Verfahren als Billigkeitsleistungen nach
§ 53 LHO.
Billigkeitsleistungen i.S.d. § 53 LHO/BHO sind Leistungen des
Staates, auf die kein Anspruch besteht, die aber aus Gründen
der staatlichen Fürsorge bzw. der Billigkeit gewährt werden.
Die Coronahilfen wurden in diesem Kontext aus Gründen der
Billigkeit ausschließlich und zweckgebunden zum Ausgleich
von infolge der Corona-Pandemie entstandenen wirtschaftlichen Notlagen (Liquiditätsengpässe oder ungedeckte Kosten
infolge von pandemiebedingten Umsatzeinbußen) gewährt.
Fehlt es jedoch an den besonderen Bewilligungs- bzw. Billigkeitsgründen – vorliegend für alle Coronahilfsprogramme allgemein „eine wirtschaftliche Notlage infolge der Corona-Pandemie“ – oder der Antragsberechtigung, ist eine Verausgabung der zweckgebundenen Coronahilfe rechtswidrig, sodass
entsprechende Anträge abgelehnt oder bereits erfolgte Bewilligungen zurückgenommen und ausgezahlte Hilfen zurückgefordert werden müssen. Dies nicht zuletzt auch, um die schwere Last der Coronahilfen auf den öffentlichen Haushalt zu verringern.
III. Wirtschaft
Coronahilfen
Programm
(chronologisch)
Form
Verfahren insgesamt
(Ablehnungen und Bewilligungen)
Bewilligungsvolumen in Mio. €
Corona Soforthilfe I
Kredit
1.623
105,6
Corona Soforthilfe II
Zuschuss
245.676
1.807,6
Corona Soforthilfe IV
Zuschuss
1.097
41,5
Corona Soforthilfe V
Zuschuss
1.889
28,2
Coronahilfe für Startups
divers
751
191,7
Soforthilfe Gewerbemieten
Zuschuss
471
3,5
Überbrückungshilfe I
Zuschuss
8.175
108,4
Überbrückungshilfe II
Zuschuss
11.620
205,0
Novemberhilfe
Zuschuss
33.690
555,8
Dezemberhilfe
Zuschuss
31.073
527,4
Überbrückungshilfe III
Zuschuss
24.648
2.043,9
Neustarthilfe Bund
Zuschuss
34.049
190,3
Neustarthilfe Berlin
Zuschuss
15.762
40,3
Überbrückungshilfe III Plus
Zuschuss
10.852
527,1
Überbrückungshilfe IV
Zuschuss
7.617
134,1
Neustarthilfe Bund Plus / 2022
Zuschuss
55.105
152,9
Stand: 04.07.2022
Da es in nahezu allen Programmen zu einer sehr kurzfristigen
Mittelgewährung auf Basis von antragstellerseitigen Angaben
und Schätzungen gekommen ist, ist nun im Nachgang durch
die Behörden des Landes Berlin eine umfangreiche Abwicklung der Coronahilfen notwendig.
Die reguläre Abwicklung der Coronahilfen gliedert sich hierbei im Wesentlichen in die Abschnitte Tiefenprüfung, Rückforderung, Widerspruchsverfahren und Vollstreckung.
Inhaltlich umfasst die Abwicklung der Coronahilfen die (nachträgliche) Feststellung der Leistungshöhe und ggfs. eines Rückforderungsanspruches im Rahmen einer Tiefenprüfung (z.B.
Verdachtsprüfung, Stichprobe oder Schlussabrechnung), die
Geltendmachung des Rückforderungsanspruches, die Bestätigung der Rückforderungsentscheidung durch die Widerspruchsbehörde und bei Nicht-Zahlung die Vollstreckung der
öffentlichen Forderung.
Die vorgenannte Abwicklung der Coronahilfen begann in 2021
mit dem ersten Zuschussprogramm der Corona Soforthilfe II.
Zwischenzeitlich wurden hier bisher 9.342 von 20.024 Tiefenprüfungen abgeschlossen, die bisher zu 3.238 Rückforderungs- und 539 Widerspruchsbescheiden geführt haben. In
der Corona Soforthilfe II wurden bis zum 04.07.2022 insgesamt 289,6 Mio. € zurückgezahlt. Die Abwicklung dieses Programmes ist damit um ca. 20 % abgeschlossen. Für alle Folgeprogramme steht diese Abwicklung überwiegend noch aus.
Die Abwicklung der Coronahilfen wird deshalb noch mindestens bis zum 31.12.2026 andauern.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist auch unter Berücksichtigung dieses
umfangreichen Abwicklungsbedürfnisses festzustellen, dass es
nur durch die umfangreiche Bereitstellung der Coronahilfen
gelungen ist, in Berlin trotz der erheblichen Betriebsschließungen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Insolvenz- und Kündigungswelle zu verhindern und eine Teil der
aktiven Berliner Wirtschaft vor strukturellen Schäden zu schützen. Aus diesem Grund sind die Coronahilfen als überaus sinnvolles und beispielhaftes Instrument zum Schutz und Erhalt der
durch äußere Einflüsse unter Druck geratenen Branchen zu
bewerten.
Zum 30.06.2022 hat die Europäische Kommission vorerst das
Ende der Coronahilfen durch das Auslaufen des sogenannten
Temporary Framework (Genehmigung der staatlichen Beihilfen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie) beschlossen, da sich die pandemische Lage
entspannt und die betrieblichen Einschränkungen verringert
haben.
Die Gewährung der Coronahilfen ist damit bis auf vereinzelte
Abhilfen in Widerspruchs- und Klageverfahren beendet. Es beginnt somit nun die Abwicklung aller Coronahilfsprogramme
wie vorhergehend beschrieben.
71
III. Wirtschaft
III.8.5 Darlehen, Bürgschaften und
Beteiligungen
Vom Land Berlin werden kleine und mittlere Unternehmen
durch Finanzierungshilfen bei Gründung, Wachstum und Stabilisierung unterstützt. Auch eine Stärkung der Eigenkapitalsituation Berliner Unternehmen durch Beteiligungsangebote ist
möglich.
IBB-Förderprogramme
Als Förderbank des Landes Berlin bietet die Investitionsbank
Berlin (IBB) Unternehmen in jedem Stadium des Unternehmenslebenszyklus, von der Gründung über das Wachstum bis
zur Konsolidierung, ein bedarfsgerechtes Finanzierungsprodukt.
Der KMU Fonds (Kreditfonds für kleine und mittlere Unternehmen) dient der Finanzierung von Investitionen und damit verbundener Betriebsmittel bei kleinen und mittleren Unternehmen in Berlin. Dieser Fonds ist als revolvierender Fonds (50 %
EFRE-Mittel, 50 %-IBB-Mittel) bei der IBB angesiedelt. Die
Bandbreite reicht von Kleinstkrediten bis 25.000 € bzw.
50.000 € (vereinfachtes Antragsverfahren direkt bei der IBB)
über Wachstumsdarlehen bis 10 Mio. € (vorrangig mit einer
Geschäftsbank als Hausbank- oder Konsortialfinanzierung) bis
zu mezzaninen Finanzierungen im Rahmen von Berlin Kapital
(bis zu 5 Mio. € in Kooperation mit einem weiteren Beteiligungs- oder Darlehensgeber). Mit dem Programm Berlin-Start
können darüber hinaus Existenzgründerinnen und -gründer sowie junge Unternehmen Darlehen der IBB bis 1,5Mio. € über
ihre Hausbanken erhalten. Durch die Zusammenarbeit mit der
BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Vergabe auch bei geringen vorhandenen Sicherheiten möglich. In 2021 wurden insgesamt 121 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 13,3 Mio. €
aus dem KMU Fonds bewilligt.
Das IBB-Wachstumsprogramm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen in das Wachstum gewerblicher Unternehmen gemeinsam mit einer Geschäftsbank als Konsortialführerin. In 2021 wurde ein anteiliges Kreditvolumen von
26,9 Mio. € bewilligt. Für die Finanzierung von Investitionen
und Betriebsmittel besonders innovativer Unternehmen bietet
das Programm Berlin Innovativ Kredite bis zu 2 Mio. € mit einer Haftungsfreistellung für die Hausbanken i.H.v. 70 %. Die
Finanzierung wird von der InnovFin KMU-Kreditgarantiefazilität der Europäischen Union im Rahmen des unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für
strategische Investitionen („EFSI“) ermöglicht. 2020 konnten
Kredite mit einem Gesamtvolumen von 10,5 Mio. € vergeben
werden.
Wenn bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen das klassische Instrumentarium (Kredit plus Bürgschaft) nicht greift, steht mit
den Liquiditätshilfen Berlin (alt: Liquiditätsfonds Berlin) ein
wirksames Programm für kleine und mittlere Berliner Unterneh-
72
men zur Überwindung des Engpasses zur Verfügung. Das Programm dient insbesondere der Vorfinanzierung von Aufträgen
sowie der Kompensation von Umsatzeinbrüchen und Forderungsausfällen. Wenn beispielweise aufgrund einer zu geringen Eigenkapitalbasis die erforderlichen Mittel zur Überwindung der Schwierigkeiten trotz einer positiven Zukunftsperspektive – nicht zu erhalten sind, können Darlehen aus den Liquiditätshilfen Berlin beantragt werden. Diese Darlehen werden dann zu marktüblichen Bedingungen ausgereicht; ein
nennenswerter Mitfinanzierungsanteil Dritter ist erforderlich.
Förderprogramme der BürgschaftsBank Berlin
Die BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Selbsthilfeeinrichtung
für den gewerblichen Mittelstand in Berlin. Als wettbewerbsneutrales Förderinstitut unterstützt die BBB unternehmerische Vorhaben, die nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg versprechen, für
die jedoch keine ausreichenden finanziellen Sicherheiten vorhanden sind. Bereits seit über 60 Jahren stellt die BBB kleinen
und mittleren Unternehmen, Freiberuflerinnen und Freiberuflern,
Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowie Unternehmensnachfolgerinnen und Unternehmensnachfolgern Bürgschaften zur Verfügung. Eine Bürgschaft kann bis zu 80 % des
Finanzierungsbetrages absichern – unabhängig von der Kreditform und vom Kreditinstitut. Die BBB übernimmt Bürgschaften für
Investitions- und Betriebsmittelkredite bis zu einem Bürgschaftshöchstbetrag von 1,25 Mio. €, die bis zu 70 % vom Land Berlin
und vom Bund rückverbürgt sind. Verbürgt werden Existenzgründungen, Geschäftsübernahmen sowie Modernisierungs- und
Erweiterungsinvestitionen. Während der Corona-Pandemie wurden der Bürgschaftshöchstbetrag vom 13.03.2020 bis zum
30.04.2022 auf 2,5 Mio. € verdoppelt und die Rückbürgschaften auf 85 % erhöht (Bund: 52 %, Land Berlin: 33 %).
Als Geschäftsbesorgerin der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH (MBG) kann die BBB außerdem Eigenkapital in Form einer stillen oder offenen Beteiligung bis zu 1,25 Mio. € zur Verfügung stellen, die bis zu 54 %
vom Land Berlin und vom Bund rückgarantiert sind. Eine Beteiligung der MBG stärkt die Eigenkapitalbasis des Unternehmens, wodurch die Voraussetzung für Investitionen und Wachstum geschaffen wird. Ein weiterer Vorteil ist die unternehmerische Unabhängigkeit, die während des Engagements erhalten
bleibt. Das Land Berlin und der Bund haben Pandemie-bedingt
die Rückgarantien seit dem 01.11.2020 temporär erhöht; die
Erhöhungen gelten bis zum 30.04.2022. So wurden zum Stichtag 31.12.2021 die Garantien mit 85 % (Bund: 48 %, Land Berlin: 37 %) rückgarantiert. Gleichzeitig wurden die Garantiehöchstbeträge deutlich auf 2,5 Mio. € erhöht. Mithilfe von Beteiligungen werden im Ergebnis sowohl die Sicherung der Liquidität als auch die Verbesserung der Haftkapitalquote erreicht.
Beide Förderinstrumentarien lassen sich kumulieren, sodass
ein erheblicher Finanzierungsspielraum geschaffen wird.
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 207 (Vorjahr: 308) Bürgschaften und Garantien für ein Finanzmittelvolumen in Höhe von
III. Wirtschaft
94,8 Mio. € (2020: 95 Mio. €) gewährt. Die 207 Engagements
setzen sich aus 177 neuen Bürgschaften und 30 neuen Garantien zusammen.
Die Anzahl der Existenzgründungen betrug 87 (2020: 93).
Durch die Bürgschafts- und Garantieübernahmen 2021 konnten insgesamt 5.890 (2020: 5.131) Arbeitsplätze gesichert
bzw. geschaffen werden.
2021 wurden zudem 30 (2020: 23) Beteiligungen bei Berliner
Unternehmen mit einem Garantiebetrag in Höhe von 10,9 Mio. €
(2020: 5,9 Mio. €) übernommen.
Zur Sicherung von Krediten, die ein Bürgschaftsvolumen von
1,25 Mio. € bzw. krisenbedingt 2,5 Mio. € überschreiten, steht
das Landesbürgschaftsprogramm auch größeren Unternehmen zur Verfügung. Das Programm wird von der Investitionsbank Berlin betreut.
KfW-Förderprogramme
Das Angebot der Gründungsfinanzierung wird durch die
ERP-Programme (Kapital für Gründung und Gründerkredit
StartGeld sowie Gründerkredit Universell) der KfW-Mittelstandsbank ergänzt.
Der ERP-Gründerkredit – Universell ermöglicht Gründern sowie Freiberuflern und kleinen und mittleren Unternehmen, die
noch keine fünf Jahre bestehen (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), eine zinsgünstige Finanzierung von Vorhaben im In- und
Ausland. Das Programm dient der Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln von Existenzgründungen, Übernahmen / Nachfolgen und tätigen Beteiligungen sowie von jungen
Unternehmen.
Das Spezialprogramm ERP-Gründerkredit – Start-Geld fördert kleine Gründungsvorhaben sowie Freiberuflerinnen und
Freiberufler und kleine und mittlere Unternehmen, die noch
keine fünf Jahre am Markt aktiv sind (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), mit zinsgünstiger Finanzierung. Dieses Programm
wird durch Kreditgarantiefazilität des COSME-Programms der
Europäischen Union (Programm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und von kleinen und mittleren Unternehmen) und den unter der Investitionsoffensive für
Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen („EFSI“) unterstützt.
Mit dem Förderprogramm ERP-Kapital für Gründung für
Gründer und im Wesentlichen auch Unternehmensnachfolger/
innen, die weniger als 3 Jahre am Markt sind, wird ein Nachrangdarlehen ohne Besicherung bis zu 500.000 € mit einer
Laufzeit von 15 Jahren zu zinsgünstigen Konditionen gewährt.
Die ersten sieben Jahre sind tilgungsfrei. Zielsetzung ist die
Verbesserung der Eigenkapitalausstattung, um die Basis für
weitere Gründungs- oder Festigungsinvestitionen zu schaffen.
Förderfähig sind ausschließlich Investitionen.
Wie in den Jahren zuvor sind auch 2021 zahlreiche ERP-Gründerkredite aus den Programmen ERP-Gründerkredit Startgeld,
ERP-Gründerkredit Universell und ERP-Kapitalgründung bewilligt worden.
Der ERP- Digitalisierungs- und Innovationskredit dient der Finanzierung von Digitalisierungs- und Innovationsvorhaben sowie von Investitionen und Betriebsmitteln innovativer Unternehmen. Gefördert werden etablierte Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der Freien Berufe. Daneben steht das Instrument auch Gründerinnen und Gründern
sowie jungen Unternehmen zur Finanzierung ihrer Vorhaben
zur Verfügung. Die Förderung erfolgt in Form eines zinsgünstigen Darlehens in Höhe von maximal 25 Mio. € pro Vorhaben
bzw. in Höhe von maximal 7,5 Mio. € pro Finanzierungsbedarf
innovativer Unternehmen. Finanziert werden sowohl Investitionen als auch Betriebsmittel. Die Antrag annehmende Hausbank kann zu 70 % von der Haftung freigestellt werden.
Der ERP-Mezzanine für Innovation dient der langfristigen Finanzierung marktnaher Forschung und Entwicklung neuer Produkte, Produktionsverfahren oder Dienstleistungen sowie ihrer
wesentlichen Weiterentwicklung. Gefördert werden etablierte
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit einem Gruppenumsatz von bis zu 500 Mio. € und Angehörige der Freien
Berufe, die seit mindestens zwei Jahren am Markt aktiv sind.
Die Förderung wird als integriertes Finanzierungspaket aus einem klassischen Darlehen und einem Nachrangdarlehen in
Höhe von insgesamt max. 5 Mio. € pro Vorhaben gewährt.
Für die vorgenannten ERP-Innovationsprogramme wurden
2021 mehrere Kreditzusagen im ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit bewilligt.
Weiterhin stand bis zum 30.04.2022 das großvolumige
KfW-Sonderprogramm für Mittelständler und Großunternehmen zur Verfügung. Es ermöglichte Unternehmen, die krisenbedingt vorübergehend in Schwierigkeiten geraten waren,
Zugang zu Liquiditätskrediten.
Das KfW-Sonderprogramm stand gewerblichen Unternehmen
jeder Größenordnung sowie den freien Berufen in zwei Varianten offen: für junge Unternehmen bis zu 5 Jahren als ERP-Gründerkredit Universell und für ältere Unternehmen über 5 Jahre
als KfW-Unternehmerkredit. Daneben ermöglicht das Sonderprogramm „Direktbeteiligung für Konsortialfinanzierung“ große Konsortialfinanzierungen unter Risikobeteiligung der KfW.
Der KfW-Schnellkredit für Unternehmen, Selbständige oder
Freiberufler ergänzte das KfW-Sonderprogramm, und stellte
insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen schnell und
unbürokratisch den Zugang zu dringend benötigter Liquidität
sicher.
Das KfW-Sonderprogramm sowie der KfW-Schnellkredit sind
mit hohen Haftungsfreistellungen der KfW – abgesichert durch
73
III. Wirtschaft
den Bund – ausgestattet. Je höher die Haftungsfreistellung
durch die KfW, desto niedriger ist der mögliche Kreditausfall
für das Kreditinstitut. Dies sollte die Bereitschaft der Banken
und Sparkassen erhöhen, Kredite zu vergeben. Im KfW-Sonderprogramm wurde den durchleitenden Hausbanken eine
Haftungsfreistellung von bis zu 90 % für Betriebsmittel- und
Investitionskredite an kleine und mittlere Unternehmen (80 %
Haftungsfreistellung für Kredite an große Unternehmen) gewährt. Der KfW-Schnellkredit sah sogar eine 100 %ige Haftungsfreistellung für Kredite bis 800.000 € vor. Kredite im
KfW-Schnellkredit wurden ohne Kreditrisikoprüfung auf Basis
weniger klar definierter Kriterien und ohne Sicherheiten gewährt.
Angesichts der andauernden angespannten wirtschaftlichen
Lage im Zuge der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung das KfW-Sonderprogramm, einschließlich des
KfW-Schnellkredits, bis zum 30.04.2022 verlängert, um Unternehmen weiterhin verlässlich mit Liquidität zu versorgen und
ihnen Planungssicherheit zu geben.
74
IV. Energie
Berlin ist durch ein dynamisches Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum geprägt. Zukunftsfähig wird diese
rasante Entwicklung nur sein, wenn es gelingt, Wachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln. Ziel ist die klimaneutrale und möglichst dezentrale Energieerzeugung sowie die intelligente und effiziente Verteilung und Nutzung von Energie – übergreifend über die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Berlin
mit seiner etablierten Forschungs- und Entwicklungslandschaft und der vielseitigen Wirtschaftsstruktur mit
hohem Innovationspotenzial hat dabei die Chance, zukunftsweisende Lösungen für eine nachhaltige, smarte
und sektorübergreifende Energieversorgung zu entwickeln. Obwohl es durch die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie zu Verzögerungen gekommen ist, konnten wichtige Vorhaben
für die Energiewende in Berlin vorangebracht werden. Der Krieg in der Ukraine zeigt dramatisch, wie dringend es ist, unsere Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.
IV.1 Energiepolitik
Berlin befindet sich auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um die
gesetzlich verankerten Klimaschutzziele zu erreichen, wurde
das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030)
in einem breit getragenen Beteiligungsprozess erarbeitet. Anfang 2018 wurde das BEK für den Umsetzungszeitraum 2016
bis 2021 beschlossen, sodass eine Strategie zur Transformation des Energiesystems vorliegt und umgesetzt wird. Mit der
Novellierung des Berliner Energiewendegesetzes, das nun
Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz heißt, wird
auch das BEK fortgeführt. Derzeit werden die Maßnahmen für
den Fortschreibungszeitraum erarbeitet.
Beratung und Information für den Ausbau der Erneuerbaren
Energien
In einer Metropole wie Berlin sind die Dächer und Fassaden
der Gebäude die wesentlichen Flächenressourcen für die
Energieerzeugung aus Erneuerbaren Ressourcen. Darum
nimmt die Solarenergie eine entscheidende Rolle für Berlins
Zukunft ein.
Eine wesentliche Maßnahme des BEK ist der Masterplan Solarcity, der von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe von Oktober 2018 bis September 2019
in einem Beteiligungsprozess gemeinsam mit Expertinnen und
Experten aus Unternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Verwaltung erarbeitet wurde. Der darin enthaltene Maßnahmenkatalog wurde im März 2020 vom Berliner Senat beschlossen.
Die beteiligten Verwaltungen, Verbände und Unternehmen
haben seitdem begonnen, die Maßnahmen umzusetzen. Seit
1. August 2020 werden sie hierbei von der Koordinierungsstelle
Masterplan Solarcity unterstützt.
Trotz der pandemiebedingt weiterhin erschwerten Bedingungen im Jahr 2021 konnten wichtige Meilensteine erreicht und
Angebote verstetigt werden. Die Angebote des SolarZentrums
Berlin werden stark nachgefragt. Die Solardachbörse und eine
virtuelle Ausstellung wurden erweitert. Das Webportal Solarwende Berlin bietet Informationen für weitere Zielgruppen und
wurde um einen Blog ergänzt. Mit Mitteln des Förderprogramms EnergiespeicherPLUS wurden in 2021 über 1.000
Stromspeicher mitfinanziert. Im Juni 2021 fand die erste Konferenz zum Masterplan Solarcity statt, bei der auch die Gewinnerinnen und Gewinner des Solarcity-Initiativen-Wettbewerbs
und des Architektur-Wettbewerbs prämiert wurden.
Um möglichst viele private und gewerbliche Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer zu motivieren, Solaranlagen auf
ihren Dächern zu installieren, schließt die Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit Unternehmen und Organisationen Partnerschaftsvereinbarungen zum Masterplan
Solarcity ab. Diese Vereinbarungen enthalten konkrete Aktivitäten, die den Solarausbau in Berlin voranbringen. Alle Masterplan Solarcity Partnerinnen und Partner bilden gemeinsam
ein Netzwerk, um sich gegenseitig zu unterstützen. Geplant ist,
dass es zwei bis drei Mal im Jahr Treffen mit allen Partnerinnen
und Partnern geben wird, bei denen sie sich zu verschiedenen
Themen im Solarbereich bei Workshops und Exkursionen austauschen. Im Rahmen eines bereits stattgefundenen Treffens
wurde das Thema Innovationen und Innovationsförderung fokussiert. Der Stand der Umsetzung des Masterplans Solarcity
kann im Monitoringbericht nachgelesen werden. In diesem ist
dargestellt, welche der 27 Maßnahmen bereits umgesetzt werden. Insgesamt ist die Umsetzung bereits sehr erfolgreich und
zeigt Wirkung. Denn der Ausbau der Solarenergie befindet
sich mit über 24 Megawatt neu-installierter Leistung im Jahr
2021 auf einem Rekordhoch. Um die ehrgeizigen Ausbauziele
zu erreichen, soll dieser Trend in den nächsten Jahren noch
verstärkt werden. Ein wesentliches Element hierzu ist das Solargesetz.
Das Solargesetz wurde im Juni 2021 vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet. Mit der Einführung einer gesetzlichen
Regelung zu Bau und Betrieb von Solaranlagen auf Neubauten und bei wesentlichen Dachumbauten auf Bestandsgebäuden geht Berlin einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität. Die Pflicht wird ab dem 1. Januar 2023 gelten. Der
Praxisleitfaden zum Solargesetz, der auf der Internetseite zum
Solargesetz bereitgestellt wird, gibt einen Überblick darüber,
von wem und wie die Solarpflicht konkret zu erfüllen ist. Es wird
75
IV. Energie
auch auf die Ausnahmen eingegangen sowie auf die Möglichkeit, im Einzelfall einen Befreiungsantrag zu stellen.
einheiten oder Bürogebäuden. Damit wird die Förderkulisse
des Bundes durch attraktive Zuschüsse des Landes ergänzt.
Auskunft über den Ausbaustand der Solarenergie und zahlreiche weitere Energiedaten gibt der Energieatlas Berlin. Hier
werden Daten über Energieerzeugung und -verbräuche sowie
Potenziale kartographisch dargestellt. Auch Informationen zur
Ladeinfrastruktur sind im Energieatlas zu finden. Der Energieatlas wird fortlaufend weiterentwickelt. Beispielsweise wurden
Anfang 2022 die Daten zu Solarpotenzialen aktualisiert.
Ziel der Förderung ist es, die energetische Sanierung des Berliner Gebäudesektors voranzutreiben und dadurch langfristige
Einsparungen von CO2-Emissionen im Sinne der Berliner Klimaziele zu bewirken.
Energieeffizienz
Ein weiterer wichtiger Baustein der klimafreundlichen Energiepolitik ist die Förderung der Energieeffizienz in Unternehmen. Die Koordinierungsstelle für Energieeffizienz und Klimaschutz im Betrieb (KEK) hat im Februar 2022 ihre Tätigkeit
aufgenommen. Berliner Unternehmen, die einen Beitrag zum
Erreichen der Klimaschutzziele leisten und zugleich ihre Energiekosten senken möchten, erhalten niedrigschwellige Unterstützung und Beratung durch die KEK.
Im Rahmen einer Basisberatung können erste Informationen
zu möglichen Maßnahmen und Fördermöglichkeiten eingeholt
werden. Kleine und mittlere Unternehmen haben zudem die
Möglichkeit, eine weiterführende KMU-Detailberatung in Anspruch zu nehmen. Diese wird speziell auf die Bedarfe des
Unternehmens zugeschnitten und kann auch einen Vor-OrtTermin beinhalten, um die Potenziale zu identifizieren und konkrete Maßnahmenempfehlungen zu entwickeln.
Darüber hinaus organisiert die KEK kostenfreie Informationsveranstaltungen und unterstützt Unternehmen in verschiedenen Austausch- und Vernetzungsformaten: vom „Runden Tisch“
bis hin zum festen „Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerk“. In diesem Zusammenhang übernimmt sie auch die Rolle der regionalen Koordinatorin der dena Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN).
Die KEK wird durch ein Konsortium von VDI/VDE + Innovation
und Technik GmbH und ÖKOTEC Energiemanagement GmbH
betrieben.
Förderung Gebäudeenergieeffizienz
Um Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebestand stärker zu
unterstützen, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe ein neues Förderprogramm zur energetischen
Gebäudesanierung erarbeitet. Das Programm „Effiziente GebäudePLUS“ ist am 2. August 2021 gestartet.
Mit dem Förderprogramm wird die energetische Sanierung
von Wohn- und Nichtwohngebäuden im Land Berlin unterstützt. Mit der Bereitstellung von Zuschüssen richtet sich das
Programm in erster Linie an private Gebäudeeigentümerinnen
und -eigentümer von Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern einschließlich großen Mietshäusern sowie von Gewerbe-
76
Das Programm, das von der Investitionsbank Berlin (IBB) umgesetzt wird, ist sehr gut angelaufen. Seit seinem Start Anfang
August 2021 sind 1.091 Anträge mit einem Fördervolumen von
ca. 32 Mio. € bei der IBB eingegangen (Stand 15.07.2022).
Sektorenkopplung
Grüner Wasserstoff ist ein elementarer Bestandteil der Energiewende und wird auch auf dem Weg zur Klimaneutralität
Berlins eine Rolle spielen. Daher unterstützt die für Energie zuständige Senatsverwaltung die Realisierung von entsprechenden Pilotprojekten bzw. Maßnahmen und setzt sich für geeignete Rahmenbedingungen für Sektorkopplungstechnologien
ein. Ziel ist es, Wasserstoff zum Durchbruch zu verhelfen – sowohl als Bestandteil der urbanen Energiewende, als auch der
industriellen Wertschöpfungsketten in einer dekarbonisierten
Industrie.
Im Januar 2020 hat sich das Akteursnetzwerk „H2Berlin“ mit
relevanten Berliner Unternehmen und bundesweiten Akteuren
gegründet, um die Wasserstoffnutzung zur Dekarbonisierung
Berlins zu stärken. Zunächst hat das Netzwerk ein Gutachten
beauftragt, um die potenzielle Wasserstoffnachfrage in Berlin
im Jahr 2025 mit Bezug zu den Berliner Klimazielen für 2030
zu analysieren. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe hat das Vorhaben von Anfang an intensiv begleitet und unterstützt.
Es fand eine enge Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsministerien Berlins und Brandenburgs im Rahmen eines Stakeholderprozesses zur Erstellung der Wasserstoff-Roadmap für
Brandenburg und die Hauptstadtregion statt. So erfolgten
enge Abstimmungen u.a. zum Design des Beteiligungsprozesses, aber auch hinsichtlich der Auswertung der Beteiligung und
der daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Roadmap. Mit der Roadmap wird sichergestellt, dass die Planung
zum Aufbau einer Wasserstofferzeugerwirtschaft in Brandenburg die perspektivischen Bedarfe Berlins in angemessener
Weise berücksichtigt.
Des Weiteren haben sich Landesakteure auch 2020 und 2021
im Bereich Wasserstoff engagiert. Nicht nur die Berliner Polizei
und Feuerwehr haben bereits Wasserstoff-PKW im Betrieb. Die
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) prüfen den Einsatz elektrischer Doppeldeckerbusse mit H2-Range-Extendern. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala) hat den
Bau des Schubschiffs „Elektra“ beauftragt, das durch eine
Kombination aus Batterien und Brennstoffzellen betrieben
werden soll.
IV. Energie
Durch die COVID-19-Pandemie und die Maßnahmen
zur Bekämpfung des Virus ist zur großen Herausforderung, die Klimakrise zu bekämpfen, auch die Bewältigung des sich abzeichnenden Konjunktureinbruchs hinzugekommen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe verzahnt die Maßnahmen zur Bekämpfung beider Krisen. Durch Investitionen in nachhaltige und digitale Infrastrukturen werden Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit gefördert, Wachstum
sowie regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze geschaffen. Entsprechend wirkt die Förderung Erneuerbarer Energien doppelt positiv: konjunkturanregend und
klimaschützend. Die durch die Corona-Pandemie entstandene Situation macht die Umsetzung der Maßnahmen für eine Energiewende in der Stadt umso wichtiger.
77
IV. Energie
IV.2 Energieversorgung
Die Energieversorgungslandschaft in Berlin ist und bleibt vielfältig. Hier sind zahlreiche Unternehmen tätig, die zum Teil international oder auch regional agieren und neue Produkte
entwickeln, die im Wettbewerb angeboten werden. Die Integration emissionsfreier natürlicher Quellen nimmt dabei einen
immer höheren Stellenwert ein. Am Berliner Energiemarkt finden sich sowohl Anbieter, die selbst Energie produzieren, als
auch reine Energiehändler. Die Energieproduktion aus Erneuerbaren Energien steht dabei bei vielen Berliner Produzenten
im Vordergrund.
Die zentrale Energieversorgung mit Strom und Gas erfolgt in
Berlin überwiegend durch die Versorgungsunternehmen Vattenfall GmbH sowie GASAG AG, bzw. deren Tochtergesellschaften. Die Verteilung an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher wird von der landeseigenen Verteilnetzbetreiberin Stromnetz Berlin GmbH und der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB) durchgeführt.
Zum Juli 2021 ist die Stromnetz Berlin GmbH in das Eigentum
des Landes Berlin übergegangen. Das von ihr betriebene Berliner Stromverteilnetz wurde im Jahr 2021 durch 527 Stromanbieter genutzt. Zum Stromverteilnetz in Berlin gehören rund
35.280 Kilometer Stromleitungen in den Netzebenen Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung. Insgesamt
werden ca. 2,4 Mio. Haushalts- und Gewerbekunden durch
das Verteilnetz versorgt.
Die Stromnetz Berlin GmbH hat für das Jahr 2021 rund 234
Mio. € für die Netzinfrastruktur, insbesondere für den Erhalt
und die Modernisierung, vorgesehen. Wichtige Themen sind
dabei ebenfalls die Digitalisierung und Intelligente Stromnetze (Smart Grid).
Neben der Vattenfall Wärme Berlin AG, die in Berlin zur Stromund Wärmeversorgung mehrere Heizkraftwerke und Blockheizkraftwerke betreibt, gibt es zahlreiche weitere Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) unterschiedlicher Größenordnungen. Im Bereich Fernwärme ist Vattenfall Wärme
Berlin AG in Berlin der größte Fernwärmebetreiber. Neben
Berliner Haushalten versorgt sie auch Betriebe aus Industrie
und Gewerbe sowie öffentliche Einrichtungen. Daneben gibt
es in Berlin eine Vielzahl kleinerer Wärmenetzbetreiber.
Die Vattenfall Wärme AG hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2030 Wärme für Berlin zu produzieren, ohne dafür Kohle
zu verbrennen. 40 % sollen dabei durch den Ausbau erneuerbarer Energien und 60 % durch hybride KWK-Anlagen mit hohen Wirkungsgraden ersetzt werden. Bis 2040 will die Vattenfall Wärme AG klimaneutral sein. Mit Verabschiedung des
EWG Bln hat Berlin generelle Zielvorgaben zur Erreichung einer CO2-freien Wärmeversorgung für die Berliner Fernwärmenetzbetreiber vorgegeben und für die Umsetzung als erstes
Bundesland eine Regulierung des Fernwärmenetzes beschlos-
78
sen. Berlin hat sich mit den Vorgaben im EWG Bln dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2040 die CO2-Emissionnen um mindestens 90 % im Vergleich zu der Gesamtsumme der CO2-Emissionen des Jahres 1990 zu verringern.
Die Erdgasversorgung Berlins erfolgt ausschließlich aus dem
europäischen Verbundnetz. Über drei Übergabestationen wird
das Erdgas aus verschiedenen Lieferländern und zu einem geringen Anteil auch aus Deutschland in das Berliner Gasnetz
eingespeist.
Steigende Energiepreise und Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine
Bereits vor Beginn des Angriffsriegs Russlands gegen die
kraine waren aufgrund verschiedener Ursachen, u.a. wegen
U
der hohen Nachfrage zum Ende vieler Corona-Maßnahmen
und der damit verbundenen wirtschaftlichen Erholung, starke
Steigerungen bei den Energiepreisen, insbesondere im Bereich Gas, für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu verzeichnen. Die Gasmengen für ungeplant in die Ersatz- und
Grundversorgung fallende Neukundinnen und Neukunden
mussten zu den jeweils aktuellen, hohen Einkaufspreisen kurzfristig am Spotmarkt beschafft werden. Die Bundesregierung
hat mit Entlastungspaketen und einem Rettungsschirm für
Firmen, die wegen des Kriegs in der Ukraine in Not geraten
sind, verschiedene Maßnahmen zur Entlastung der Bürger
innen und Bürger und Unternehmen in Folge der steigenden
Energiepreise beschlossen.
Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die EU Sanktionspakete angenommen, die u.a. ein Einfuhrverbot für alle Formen russischer Kohle beinhaltet. Angesichts der möglichen Auswirkungen des Kriegs auf die Europäische Union stärken Bund und Länder im Energiebereich die
Krisenvorsorge. Ziel ist es, die hohe Abhängigkeit von russischen Importen bei fossilen Energieträgern zu überwinden.
Die Bundesregierung treibt den Ausbau der Erneuerbaren
Energien mit hoher Entschlossenheit voran.
Das Land Berlin arbeitet zudem mittel- und langfristig am Ausbau der Erneuerbaren Energien, um eine Reduktion und perspektivisch den Verzicht auf fossile Importe zu ermöglichen. Da
Gas vor allem in der Wärmeversorgung eine wichtige Rolle
spielt, wird neben der Energiewende insbesondere auch die
Wärmewende vorangetrieben.
Die COVID-19-Pandemie stellte auch im Jahr 2021 die
Energieversorgungsunternehmen vor neue Herausforderungen. Die frühzeitig ergriffenen Maßnahmen führten dazu, dass die Energieversorgung auch in der Pandemielage unverändert gewährleistet werden konnte.
Einschränkungen der Versorgungstätigkeit waren in der
Branche nicht zu verzeichnen.
V. Betriebe
Als Eigentümer der Anstalten des öffentlichen Rechts nach dem Berliner Betriebe-Gesetz, der BSR, der BVG
und den BWB, verfolgt Berlin das Ziel, öffentliche Daseinsvorsorge unter Wahrung der Tarifstetigkeit auf einem qualitativ hohen Niveau anzubieten und abhängig vom Bedarf zu verbessern und auszubauen. Die Unternehmen stellen sich insbesondere den Herausforderungen einer wachsenden Stadt. Flankiert wird dieses
Ziel durch zukunftsorientierte ökologische und soziale Konzepte. Im Jahr 2021 stand zudem die Aufrechthaltung des Kerngeschäftes in Verbindung mit den stetig wechselnden Anforderungen im Rahmen der Pandemie
sowie deren konkrete Umsetzung im operativen Geschäft im Vordergrund.
Das Gesamtinvestitionsvolumen der drei Unternehmen lag
2021 trotz Pandemie bei 918,6 Mio. €. Davon entfielen
56,9 Mio. € auf die BSR, 464,7 Mio. € auf die BVG und auf
die BWB 397,0 Mio. €. Bei einer Gesamtbeschäftigtenzahl
von 23.916 Personen, davon 5.089 in Teilzeit, bilden die drei
Unternehmen mit Stichtag zum 31.12.2021 rd. 1.000 Menschen
aus. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel in den Unternehmen
zu meistern.
V.1
Berliner Stadtreinigungsbetriebe
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist vom Land Berlin im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge mit den Aufgaben Abfallentsorgung und -verwertung sowie Straßenreinigung einschließlich Winterdienst betraut.
Im Geschäftsjahr 2021 reinigte die BSR insgesamt rd. 1,5 Mio.
Kilometer Fahrbahnen und Gehwege und führte rd. 6,4 Mio.
Papierkorbentleerungen durch. Dabei wurden 48.839 t Straßenkehricht, 8.502 t Papierkorbabfälle und 36.417 t Grünabfälle (u.a. Laub und Kehrorganik) eingesammelt und sachgerecht verwertet bzw. entsorgt. Zusätzlich erfolgten rd. 186.000
Reinigungen von Straßeneinläufen (Gullys).
Das Gesamtaufkommen der an die BSR überlassenen Abfälle
stieg 2021 leicht an und lag bei rd. 1,286 Mio. t. Das Aufkommen der von der BSR getrennt erfassten Abfallfraktionen
(0,407 Mio. t) wird wie im Vorjahr von biogenen Abfällen (44 %)
und Sperrmüll inklusive Altholz (29 %) bestimmt. Die Biogut-Menge in Berlin stieg um 5,0 % auf 126 t. Die Menge an
Altholz und Sperrmüll (über haushaltsnahe Sammlung, Recyclinghöfe und Fremdanlieferungen an den BSR-Entsorgungsanlagen) lag mit 117.383 t um rd. 7 % unter Vorjahresniveau.
Auf den Recyclinghöfen wurden 151.096 t an Abfällen, Wertstoffen sowie Schadstoffen gesammelt.
Von den rd. 0,90 Mio. t Restabfall wurden 0,59 Mio. t im Müllheizkraftwerk Ruhleben thermisch behandelt. In den beiden Anlagen zur Mechanisch-Physikalischen-Stabilisierung (MPS-Anlagen) wurden 2021 insgesamt rd. 0,24 Mio. Restabfall zu Ersatzbrennstoffen verwertet, die zur Mitverbrennung in Zement- und
Kraftwerken dienen. Die reduzierte Verarbeitungsmenge resultiert aus Anlagenstillständen, die aus der Einbringung von mit
Quecksilber belasteten Abfällen resultierten. Der Rest verteilte
sich auf weitere Anlagen.
Die Sammelmenge aus der Biotonne von fast 89.000 t (rd. 71 %)
wurde 2021 in den Biogasanlagen Ruhleben und Hennickendorf
zu Biogas vergoren und damit in einem geschlossenen Kreislauf
verwertet. Auf diese Weise werden jährlich mindestens 5.000 t
weniger an CO2 in die Umwelt emittiert. Die Anlage erzeugt
genug Biogas, um 165 gasbetriebene Fahrzeuge (rd. die Hälfte
der Müllsammelflotte) zu betanken sowie ein Blockheizkraftwerk
für die Strom- und Wärmeversorgung auf einem BSR-Standort
zu betreiben.
Zusammen mit den Beteiligungsunternehmen betrug das Gesamtabfallaufkommen 2021 rd. 1,933 Mio. t. Im Vergleich zum
Vorjahr stieg die Abfallmenge der Beteiligungsunternehmen –
hauptsächlich Glas, Papier/ Pappe, Speiseabfälle, hausmüllähnliche Gewerbeabfälle sowie Bau- und Abbruchabfälle –
wieder um rd. 13,5 % an. Maßgeblich hat hierzu die deutlich
höhere Menge an Bau- und Abbruchabfällen beigetragen. Die
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Mengenentwicklung machten sich bezogen auf einzelne Stoffströme zeitweise
bemerkbar, u.a. durch Mengenverschiebungen vom gewerblichen in den Haushaltsbereich. Insgesamt waren die Auswirkungen aber eher gering.
Im Dezember 2015 schloss die BSR mit dem Land Berlin einen
Unternehmensvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember
2030 ab. Dieser ermöglicht eine langfristige Perspektive für die
Tätigkeit der BSR und ihrer Beschäftigten und soll zugleich eine
hohe Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger Berlins bei
im bundesweiten Vergleich niedrigen Tarifen gewährleisten. Zudem werden Perspektiven der BSR im Bereich neuer Aufgabenstellungen entwickelt und an der Übernahme von sozialer und
ökologischer Verantwortung für das Land Berlin festgehalten.
In der Zusatzerklärung zum Unternehmensvertrag verständigten sich die Vertragsparteien darauf, dass die BSR im Hinblick
auf ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Stadtsauberkeit
unter anderem die Reinigung von Parkanlagen und stark frequentierten Bereichen in Forstgebieten übernehmen.
79
V. Betriebe
Stephanie Otto
Vorstandsvorsitzende,
Berliner Stadtreinigung
1. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat im vergangenen Jahr
das Abfallwirtschaftskonzept für die Jahre 2020 bis 2030
beschlossen und darin eine Zero-Waste-Strategie formuliert.
Ein Riesenthema für die BSR, oder?
Richtig, wobei wir als BSR „Zero Waste“ vor allem als „Null
Verschwendung“ verstehen. Als Partnerin des Landes und
aktive Gestalterin von Lebensqualität und Nachhaltigkeit in
Berlin stehen wir für konkrete Lösungen. So haben wir für
weiter Nutzbares beispielsweise unser Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall ins Leben gerufen. Und mit den Dingen,
die nicht weiter verwendbar sind, produzieren wir beispielsweise im MHKW Strom und Wärme für rund 5 % der Berliner
Haushalte.
2. Gender Mainstreaming wird in der BSR groß geschrieben.
Ende Juni fand unter dem Motto „Wir suchen Frauen, die mitziehen wollen!“ der erste Müllwerkerinnen-Schnuppertag
Durch die Änderung des Straßenreinigungsgesetzes hinsichtlich
der Grünanlagenreinigung vom 21. Juni 2020 wurde die Reinigung der Parkanlagen und Grünflächen aufgrund der „besonderen Bedeutung für die Stadtsauberkeit“ 2021 in eine Regelleistung überführt. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Bestandsflächen in 46 Park-, Grünanlagen und Spielplätzen sowie
3 Forstrevieren wurden zum 1. Mai 2021 weitere 33 Anlagen und
14 Forstreviere in die Zuständigkeit der BSR übergeben. Die Reinigung erfolgt bedarfsgerecht, zum Beispiel in Abhängigkeit
vom Besucherandrang und anfallender Verschmutzungen.
Dem Sauberkeitsbedürfnis der Berliner Bevölkerung und der
Gäste der Stadt wird durch die Übernahme der neuen Reinigungsflächen dauerhaft Rechnung getragen. In den bisherigen, gemeinsam mit den Bezirken und den Forsten durchgeführten Zusammenkünften der Qualitätskommissionen gab es
ausschließlich positive Rückmeldungen.
Die beiden im Jahr 2020 gestarteten Pilotprojekte „Feste
Sammeltouren“ und „Einbringung von Bauabfällen“ wurden
auch im laufenden Geschäftsjahr weitergeführt. Einerseits wird
praktisch erprobt, inwieweit durch eine proaktive, systematische Abholung illegaler Ablagerungen in einem kompletten
Bezirk die Stadtsauberkeit sowie die Qualität der Leistung und
80
der Berliner Stadtreinigung statt, u.a. mit einem Praxisparcours, bei dem sich die Besucherinnen schon mal als Müllwerkerin ausprobieren können. Eine tolle Idee – auch ein
großer Erfolg?
Auf jeden Fall ein Erfolg, denn wir haben Frauen die Möglichkeit gegeben, das Berufsbild als solches überhaupt für sich zu
erkennen. 116 Frauen – und auch nicht wenige Männer –
haben sich vor Ort über die Tätigkeit als solches und alle
wesentlichen Rahmenbedingungen ein Bild verschafft. Insgesamt wollen wir den Frauenanteil in diesem – und auch weiteren – männlich geprägten Berufsfeld/ern weiter steigern. Für
uns alle als „Team Orange“ ist es wichtig, neue Kolleg:innen
zu gewinnen, damit wir unsere Aufgaben für Berlin auch in
Zukunft gemeinsam und zuverlässig erbringen können.
3. Corona hat in den vergangenen Jahren für einen Müllmengenanstieg vor allem im Einwegbereich (Essenslieferungen etc.) geführt. Die BSR ist sicherlich darauf für den kommenden Herbst vorbereitet oder?
Wir hatten in den Lockdown-Zeiten vor allem im öffentlichen
Straßenland mehr Abfälle von Einweg- und To go-Produkten.
Um auf einen guten Pfad für Berlin zu kommen, müssen wir
noch mehr für einen grundlegenden Richtungswechsel tun:
Weg von Einweg, hin zu einer wesentlich breiteren Nutzung
von Mehrweg. Zusätzlich müssen wir das Bewusstsein in der
Bevölkerung für „Zero Waste“ weiter fördern. Dafür setzen wir
uns als BSR tagtäglich ein und motivieren jede:n dabei, einen
persönlichen Beitrag zu leisten.
Prozesse positiv beeinflusst werden. Andererseits wird geprüft,
wie die Entsorgung illegal abgelagerter Bauabfälle in den
Prozess der Entsorgung von sonstigen illegal abgelagerten
Abfällen im öffentlichen Straßenland integriert werden kann.
Anspruchsvolle politische und rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. der sogenannte European Green Deal, das Berliner
Abfallwirtschaftskonzept oder die Gesamtstrategie Saubere
Stadt des Landes Berlin), wachsende, differenzierte Kundenanforderungen, eine weiterhin dynamische Stadtentwicklung
unter zunehmend schwierigeren finanziellen Rahmenbedingungen sowie vielfältige Entwicklungen im Unternehmen (u.a.
Demografie, Engpassqualifikationen, Digitalisierung) erfordern die Weiterentwicklung der strategischen Ausrichtung der
BSR. Die BSR haben deshalb den im Jahr 2020 begonnenen
Strategie- und Entwicklungsprozess im Jahr 2021 konsequent
weiter vorangetrieben und verstehen sich dabei als aktive Gestalterin der Lebensqualität in Berlin, basierend auf den Kerngeschäftsfeldern „Ganzheitliche Stadtsauberkeit“ sowie „Abfall- und Ressourcenwirtschaft“.
Kundenorientierung, ökonomische Leistungsfähigkeit, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, ökologische Vorreiterrolle und
umfassende Wahrnehmung sozialer Verantwortung – sowohl
V. Betriebe
für ihre Beschäftigten als auch als Mitglied der Stadtgesellschaft – sollen dabei im Einklang stehen.
Eine wesentliche Handlungsmaxime ist das Abfallwirtschaftskonzept (AWK) für den Zeitraum 2020 bis 2030, welches das
Berliner Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2021 beschlossen hat.
In diesem gibt sich das Land Berlin das Leitbild, Zero-WasteStadt zu werden. Die BSR versteht sich in der Umsetzung als
Partnerin des Landes Berlin und als Gestalterin der Zero-Waste-Stadt. Um das Thema Wiederverwendung noch weiter voranzutreiben wurde eigens eine Abteilung Re-Use und Zero
Waste Management gegründet. Das AWK sieht die Einrichtung
einer Zero Waste Agentur vor. Zudem sollen – ebenfalls laut
AWK – Vermüllungen im öffentlichen Straßenland künftig
schneller beseitigt werden. Hierzu sollen nach dem positiven
Abschluss der bereits laufenden Pilotprojekte die BSR mit der
zeitnahen Beseitigung illegaler Müllablagerungen im öffentlichen Straßenland beauftragt werden. Die Kosten werden dem
Land Berlin nach Beseitigung durch die BSR in Rechnung gestellt. Die rechtlichen Regelungen werden entsprechend angepasst.
Die „NochMall“, das Gebrauchtwarenkaufhaus der BSR,
hat sich nach der Eröffnung im August 2020 trotz der Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie erfolgreich
etabliert. Eine erste Bilanz für das Jahr 2020 belegt eine Abfallvermeidungsleistung von 179 t, wobei 132 t an guten Gebrauchtwaren auf Recyclinghöfen und 47 t direkt in der
NochMall abgegeben wurden. Seit August 2021 bietet die
NochMall in dem speziell gekennzeichneten „Black-Label“-Bereich hochwertige und nachhaltig hergestellte Upcyclingprodukte von verschiedenen Berliner Unternehmen an.
Neben dem Verkauf von Waren bietet die NochMall ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Fachdialogen und
Events zur Kreislaufwirtschaft, Upcycling-Workshops und Repaircafés. Ergänzt wird dieses Programm durch Führungen
von Kitagruppen und Schulklassen sowie Ausstellungen rund
um das Thema Abfallvermeidung und Wiederverwendung.
Im Juli 2021 startete die NochMall wieder mit ihrem Veranstaltungsprogramm. Durchschnittlich finden 10 Veranstaltungen pro Monat statt.
Ein weiterer aktueller Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau von
Kieztagen. Mit diesen wird der kleine Recyclinghof „vor die
Haustür“ gebracht. Seit 2018 bietet die BSR die sogenannten
„Sperrmüllaktionstage“ als neues Produkt der Sperrmüllsammlung an. Das Produkt erfreut sich seitdem über die Wohnungswirtschaft hinaus bei Bezirken und Vereinen wachsender
Nachfrage. Im Jahr 2021 konnte die BSR insgesamt 105 Sperrmüllaktionstage durchführen.
Zum Gesamtkonzept gehört auch die Fortentwicklung der
Stoffstrom- und Anlagenstrategie insbesondere für Bioabfall
und Restabfall für eine hochwertige ökologische und ökonomi-
sche Verwertung in Abhängigkeit von Qualität und Mengen
sowie energiewirtschaftliche Bewertung des Anlagenparks
u.a. im Hinblick auf Potenziale zur Unterstützung der Wärmeversorgung Berlins.
Mit der NOx-Nachrüstung der Bestandsflotte ist die BSR zudem einen weiteren Schritt auf dem Weg zu mehr Klimaschutz
und Nachhaltigkeit gegangen und hat für alle Unternehmen,
die im Feld der kommunalen Entsorgung tätig sind, aufgezeigt,
dass ein Nachrüstprogramm eine kurzfristig umsetzbare Möglichkeit bietet NOx-Werte zu reduzieren. Sie wurde dafür im
Jahr 2021 mit dem Berliner Preis „Klimaschutzpartner des Jahres 2021“ ausgezeichnet. In dem Projekt ist die BSR deutlich
über gesetzliche Vorgaben bzw. über den üblichen Standard
hinausgegangen. Mit Unterstützung von Partnern auf Landesund Bundesebene sind neue Standards und Fördermöglichkeiten entstanden, die nun für die gesamte Branche zugänglich sind.
Wie im Vorjahr sind die COVID-19-Pandemie und ihre
Auswirkungen auf die Arbeitswelt auch 2021 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BSR in besonderem
Maße bestimmend. In enger Zusammenarbeit mit den
betrieblichen Gremien wurden Maßnahmen und Konzepte entwickelt, die Gesundheit der Beschäftigten zu
erhalten und die Leistungserbringung des Unternehmens zu gewährleisten. Der Anfang März 2020 eingerichtete Krisenstab hat permanent die Lage beobachtet und konkrete Maßnahmen je nach Situation umgesetzt. Dies umfasste u.a. spezielle Regelungen zu den
Einsatzzeiten, Anpassungen der Arbeitsprozesse sowie
Quarantäne- oder Aushilferegelungen auf den Betriebs- und Recyclinghöfen. Die 2019 in eine dauerhafte Regelung überführte Dienstvereinbarung „Mobiles
ortsunabhängiges Arbeiten (MoA)“ war insbesondere
im Angestelltenbereich von besonderer Bedeutung. Da
die BSR hierzu seit 2018 auch auf der technischen Ebene bereits umfangreiche Erfahrungen gesammelt hatten, konnte ein großer Teil der in der Verwaltung Beschäftigten problemlos von zu Hause aus arbeiten.
Nach dem Motto: „Gerade jetzt: BSR- gemeinsam für
Berlin“ ist es der BSR auch 2021 gelungen, die Infektionen im Unternehmen einzudämmen und den Berlinerinnen und Berlinern alle relevanten Dienstleistungen zu
bieten. Angesichts der herausfordernden externer Rahmenbedingungen (Ukraine-Krieg, Lieferkettenengpässe, Preissteigerungen) ist die Sicherstellung dieser Leistungsfähigkeit weiterhin oberstes Ziel.
Zudem gilt es, den demografischen Herausforderungen, u.a.
durch eine aktive Personalpolitik zu begegnen. Aufgrund einer
umfangreichen betrieblichen Ausbildung, einer strategischen
81
V. Betriebe
Personalentwicklungsplanung und einem großen Fort- und
Weiterbildungsangebot können viele Stellen weiter intern besetzt werden. Bei der Besetzung von Stellen für Führungskräfte,
Facharbeiterinnen und Facharbeiter und Spezialistinnen und
Spezialisten, bei denen sich aufgrund des demografischen
Wandels bereits in einigen Branchen Engpässe bilden (z. B.
Elektroingenieurinnen und -ingenieure, Informatikspezialistinnen und -spezialisten) ergeben sich aber zunehmend auch
Schwierigkeiten für die BSR.
Zum 31. Dezember 2021 bildete die BSR insgesamt 243 Menschen aus. In der Ausbildung kann die BSR trotz rückläufiger
Bewerberzahlen noch aus einem umfangreichen Bewerbervorrat auswählen. Jedoch konnten auch in 2021 in einzelnen
Ausbildungsberufen nicht alle Plätze besetzt werden. Im Geschäftsjahr 2021 haben 65 Auszubildende sowie 13 Dualstudierende ihre Ausbildung bei den BSR begonnen.
Die sozialen Programme der BSR wie z. B. „Leuchttürme“, „Gemeinsam schaffen wir das“, „SiSa“ oder „Solidarisches Grundeinkommen“, die in Zusammenarbeit mit externen Trägern
durchführt werden, wurden im Jahr 2021 fortgeführt. Damit
wurden im Rahmen von sozialen Projekten über 132 Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die BSR betreut.
82
Gelebter Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung ist
bei der BSR die Frauenförderung. Insgesamt hat die BSR in
2021 1.104 Mitarbeiterinnen. Obwohl der Frauenanteil damit
nur bei 18 % liegt, lag der Anteil an Frauen in Führungspositionen bei 43 %. Der im Oktober 2018 verabschiedeten Frauenförderplan vereinbarte Zielwert von mindestens 40 % konnte
damit leicht übertroffen werden. Wichtigstes übergeordnetes
Ziel ist es, den Frauenanteil in der BSR insgesamt, vor allem
aber in unterrepräsentierten Bereichen, weiter zu steigern. U.a.
soll der Frauenanteil in operativen Bereichen der Reinigung
bis 2023 auf mindestens 28 % steigen und die Anzahl von
Kraftfahrerinnen im Gedinge soll verdoppelt werden.
Auch das Thema Diversity hat bei der BSR eine sehr lange
Tradition. Bereits 2009 wurde die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet, eine bundesweite Initiative, die sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. Im „Bündnis gegen Homophobie“ erfolgt ein Engagement gegen Diskriminierung aufgrund
der sexuellen Orientierung. Mit der Dienstvereinbarung zum
partnerschaftlichen Verhalten wurde ein klarer rechtlicher
Rahmen geschaffen um jegliche Form der Diskriminierung entgegen zu wirken. Unter anderem durch eine betriebliche Beauftragte für Diversity und einen Arbeitskreis Diversity ist das
Thema Vielfalt fest im Unternehmen verankert.
V. Betriebe
V.2 Berliner Verkehrsbetriebe
Aufgabe der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs für Berlin. Ziel
ist es, mittels einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Verkehrsbedienung den Umweltverbund in der
Stadt Berlin zu stärken und den Status des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Rückgrat der Stadtmobilität weiter
auszubauen. Zudem rücken die Entwicklung neuer Mobilitätsformen und die Vernetzung von Mobilitätsangeboten in den
Fokus. Mit digitalen Plattformangeboten wie „Jelbi“ und der
speziell für die Pandemie entwickelten App zur Auslastung der
Verkehrsmittel (Tram, Bus und U-Bahn) im Verlauf der verschiedenen Tageszeiten (2021) werden Formate aufgestellt mit, denen sich verschiedene Mobilitätsangebote der Stadt nutzen
lassen. Mit einem funktionserweiterten App-Angebot werden
Perspektiven für eine intermodale Vernetzung geschaffen.
Der BVG-Konzern schloss das Geschäftsjahr 2021 mit
einem HGB-Ergebnis von 3,5 Mio. € ab. Das Geschäftsjahr 2021 war, wie bereits das Jahr 2020, maßgeblich
von der COVID-19-Pandemie geprägt. Die Covid-19-Entwicklung beeinflusste auch in 2021 die Fahrgastzahlen der BVG erheblich. Mit dem weitgehenden
Lockdown Anfang des Jahres 2021 brach die Nachfrage
um zeitweise bis zu 60 % ein. Die Fahrgastfahrten lagen
im Jahr 2021 bei rund 715 Mio. Im Vergleich zum Vorjahr
sank das Fahrgastaufkommen um weitere 13,5 Mio.
Fahrgastfahrten. Als pandemiebedingte Gründe zu nennen sind u.a. die Regelungen zum mobilen Arbeiten in
vielen Unternehmen und die Schließung von Schulen
und Kitas sowie der Gastronomiebetriebe. Des Weiteren
wirkte sich die Pandemie maßgeblich auf die Tourismusund Kongresswirtschaft aus, wodurch bis September
2021 20,6 % weniger Übernachtungen im Vergleich zum
Vorjahr für die Berliner Beherbergungsbetriebe zu verzeichnen waren. Insgesamt führte dies zu negativen Auswirkungen auf die Verkehrserträge in Höhe von -133,5
Mio. € gegenüber dem Plan. Für ein ausgeglichenes Ergebnis der BVG AöR waren Ausgleichsleistungen für
Pandemienachteile in Höhe von 132,6 Mio. € gegenüber
einen geplanten Pandemieausgleich in Höhe von 96,6
Mio. € erforderlich.
Die BVG entwickelt zahlreiche Vertriebsmaßnahmen, um die
Rückkehr der Kundinnen und Kunden zum ÖPNV zu beschleunigen und um auf die veränderten Kundinnen- und Kundenbedürfnisse einzugehen. Durch neue Tarifprodukte wie das
FlexTicket (Start 1. Januar 2022) und weitere vertriebliche
Maßnahmen insbesondere im digitalen Vertrieb sollen die
durch die ausbleibende Tarifmaßnahme entstehenden Einnahmeverluste zumindest teilweise kompensiert werden.
Der Anspruch nachhaltigen Wirtschaftens ist für die BVG ein
strategisches Ziel, das in Abstimmung mit dem Land Berlin gesetzte fachpolitische Zielbildaspekte aufgreift. Dieses Ziel wird
auf Basis der für das Unternehmen als wesentlich identifizierten Nachhaltigkeitsperspektiven umgesetzt. Der Gestaltungsanspruch im Dreiklang von wirtschaftlicher, ökologischer und
sozialer Verantwortung wurde auch im Berichtsjahr kontinuierlich verfolgt.
Im Geschäftsjahr 2021 fokussierten sich Maßnahmen des
BVG-Nachhaltigkeitsmanagements – auch unter den operativ
besonderen pandemiebedingten Herausforderungen – auf die
an die BVG gerichteten Anforderungen zum zukünftigen Umwelt- und Klimamanagement. Dies spiegelt sich in der erneuten Fortschritts-Berichterstattung zum UN Global Compact im
Mai 2021 sowie in der intensiven Befassung im Juni 2021 im
Vorstand bzw. Aufsichtsrat der BVG mit der BVG-Klimabilanz
wider.
Nachhaltigkeit als Anspruch prägt zunehmend die etablierten
wie auch neue Mobilitätsprodukte der BVG. Die BVG-Mobilitätsplattform Jelbi als zentrale Vernetzung der Mobilitätsangebote von ÖPNV und Sharing-Angeboten in Berlin sowie die
Jelbi-Stationen und kleineren Jelbi-Punkte als neue Mobilitäts-Hubs verdeutlichen dies im Stadtbild zunehmend sichtbar.
Klare Perspektiven zeigt der im Berichtsjahr fixierte Meilenstein
eines bis Ende 2030 angestrebten klimaneutralen Fahrbetriebes der BVG auf.
Der planmäßig fortschreitende Ausbau der E-Omnibusflotte
sowie die fortgesetzte Nutzung von 100 % Ökostrom durch die
BVG bilden in diesem Geschäftsjahr wesentliche Eckpunkte für
eine langfristig vorteilhafte Klimabilanz des Unternehmens.
Am 07. Juli 2020 wurde der Nachtrag zum abgeschlossenen
Mantelvertrag vom Land Berlin und der BVG unterzeichnet. Mit
diesem Verkehrsvertrag wird die BVG im Rahmen einer Direktvergabe ab dem 1. September 2020 bis zum 31. August 2035
beauftragt, die ÖPNV-Leistungen (Verkehrsleistungen sowie
Betrieb und Erhalt der Infrastruktur) für U-Bahn, Straßenbahn,
Bus und Fähre zu erbringen. Mit der Umsetzung des Verkehrsvertrages 2020 – 2035 sind mit dem Land Berlin im Jahr
2021 zunehmende Aktivitäten hinsichtlich der zukünftigen
Steuerung der Umwelt- und Klimaschutzleistungen vereinbart
worden. Die bislang realisierte Befassung mit dem Nationalen
Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte sowie die mit dem
Land Berlin vereinbarte Stärkung nachhaltiger Beschaffungskriterien im Einkauf der BVG sind im Geschäftsjahr in die nunmehr initiierte Vorbereitung der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes durch die BVG eingeflossen.
Im Rahmen des Programms „Hochlaufphase Elektromobilität“
hat die BVG in 2021 den Elektrobusanteil der Busflotte erneut
ausgebaut und hat mit 138 Elektrobussen (120 Elektro-Eindecker-Depotlader, 17 Elektro-Gelenkbusse als Gelegenheitslader und ein Elektro-Eindecker-Gelegenheitslader) eine der
größten Batterie-Elektrobusflotten Deutschlands im ÖPNV.
83
V. Betriebe
Diese Busse zeigen, dass Elektrobusse großstadttauglich und
ein wichtiger Bestandteil moderner, sauberer Verkehrssysteme
sind. Zur Erreichung des ambitionierten 2030-Ziels laufen Planungen und Beschaffungsvorbereitungen für weitere Elektrobusse und notwendige Infrastrukturvorhaben auf Hochtouren.
So ist 2022 die Inbetriebnahme weiterer 90 Elektro-Eindecker
mit Depotladung geplant.
Die BVG hat für ihre Fahrgäste auch im Jahr 2021 ein Mobilitätsangebot mit hoher Zuverlässigkeit realisiert. Der Omnibus
erreichte eine Zuverlässigkeitsquote von 99,2 %, die U-Bahn
von 99,5 %. Bei der Straßenbahn waren es 99,1 %. Dieser positive Effekt ist vor allem auf geringere fahrzeug- und personalbedingte Ausfälle zurückzuführen. Zugleich wurde die Betriebsleistung (Nutzkilometer) deutlich gesteigert. Die ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der personellen Situation
(Ausbildung von Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern und Fahrerinnen und Fahrern) zeigen Wirkung.
Um das Angebot der Mobilität langfristig zu sichern, investiert
die BVG kontinuierlich für das Land Berlin. Rund 38 % der Investitionen entfallen im Berichtsjahr auf ÖPNV-Fahrzeuge, 53
% wurden in die Infrastruktur, die restlichen rd. 9 % in diverse
Bereiche investiert. Der Großteil der Infrastrukturinvestitionen
floss wie im letzten Jahr in den U-Bahn-Bereich. Kontinuierlich
verfolgt die BVG hier das Ziel der vollständigen Barrierefreiheit. Ende des Jahres 2021 waren bereits 80 % aller U-Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut. Die BVG investiert in ÖPNV-Fahrzeuge. Im Geschäftsjahr 2021 wurden 2 IK-Züge der U-Bahn
an die BVG geliefert. Darüber hinaus wurden 15 Straßen-
Eva Kreienkamp
Vorstandsvorsitzende,
Berliner Verkehrsbetriebe
bahn-Fahrzeuge vom Typ Flexity in Betrieb genommen. Insgesamt wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr 266 konventionelle Busse mit Dieselantrieb beschafft (32 Eindecker-Busse,
234 Gelenkomnibusse). Darüber hinaus hat die BVG zwei
Elektro-Eindeckomnibusse erworben.
Die BVG erreichte im Jahr 2021 zum fünften Mal in Folge das
Zertifikat als Top-Arbeitgeber durch das Top Employers Institute. Die BVG hat 2021 darüber hinaus die erneute Auditierung
„berufundfamilie“ erfolgreich realisiert und ist für die zukünftige inhaltliche Ausgestaltung konkrete Gestaltungsperspektiven eingegangen.
Der Frauenförderplan enthält zahlreiche Maßnahmen, z. B.
speziell für Frauen konzipierte Module im Rahmen eines Führungskräftenachwuchsprogramms, Informationstage zur Karriereplanung, Veranstaltungen zur Netzwerkpflege, Seminare,
Mentoring für Frauen sowie frauenspezifische Recruiting-Events
im Fahrdienst, um den Anteil von Bewerberinnen zu erhöhen.
Damit der anstehende Generationenwechsel bewältigt werden kann, begleitet die BVG diesen durch verschiedene Angebote. Altersbedingt werden in den nächsten Jahren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erheblichem Umfang die BVG verlassen. Ziel ist es, dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die
BVG insgesamt als attraktiven Arbeitgeber durch die „ArbeitGELBer“ Kampagne wahrnehmen. Neue Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sollen durch ein zielgruppenspezifisches Personalmarketing und optimierte Auswahlprozesse angeworben, eingearbeitet und bestenfalls dauerhaft an das Unternehmen
2. Bereits zum sechsten Mal in Folge wurde die BVG Anfang
2022 vom Top Employer Institut als Betrieb mit großartiger
Personalführung zertifiziert. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Das ist gar kein Geheimnis. Die BVG ist einer der größten
Arbeitgeber in der Stadt Berlin. Wir bieten vielfältige und
moderne Arbeitsplätze sowie gute, flexible Konditionen.
Dazu kommt, dass wir in einer Zukunfts- und Wachstumsbranche arbeiten. Unsere Mitarbeitenden haben einen sicheren Arbeitsplatz und arbeiten ganz konkret an der Mobilitätswende mit.
1. Im Juni, Juli und August galt bundesweit das 9-Euro-Ticket.
Für Sie als eine der Hauptakteurinnen: Eine gute Idee?
Den ÖPNV in den Fokus zu nehmen und zu fördern halte ich
grundsätzlich immer für eine gute Idee. Effekte durch das 9-EuroTicket gilt es nun detailliert und gründlich auszuwerten. Klar ist
aber: Die positive Resonanz hat uns gezeigt, dass die Menschen
in unserer Stadt große Lust darauf haben, umweltfreundlich mit
Bus und Bahn unterwegs zu sein. Das ist eine Bestätigung unserer Arbeit, aber zugleich ein Ansporn, mit attraktiven Angeboten
und einfachen Tarifen auch in Zukunft noch mehr Menschen von
zeitgemäßer und nachhaltiger Mobilität zu überzeugen.
84
3. Die BVG hat sich für ein neues Sitzbezugsmuster entschieden, mit dem die Fahrzeuge peu à peu ausgestattet werden
sollen. Die BVG wäre nicht die BVG, wenn dahinter nicht
auch eine Botschaft stände – welche ist das?
Die klare Botschaft unseres neuen Musters ist: Berlin ist bunt.
Und wir sind es auch. Das „Muster der Vielfalt“ setzt sich aus
menschlichen Silhouetten zusammen, die die ganze Diversität unserer Stadt repräsentieren. Bei uns sind alle willkommen – so, wie sie sind. Wer, wenn nicht wir, sollte hier mit
gutem Beispiel voranfahren?
V. Betriebe
gebunden werden. Im Berichtsjahr wurden 1.022 neue Beschäftigte bei der BVG AöR eingestellt, d. h. 7,7 % der gesamten Belegschaft.
Neben Wissensmanagementangeboten, die einen moderierten Prozess zur Wissensübertragung an neue Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter ermöglichen, werden strukturierte Programme
und Seminare für BVG-Neubeschäftigte und langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. Im Jahr 2021 konnte
die BVG insgesamt 156 Auszubildende in 13 Ausbildungsberufen sowie drei dual Studierende in zwei Fachrichtungen einstellen.
Auch die interkulturelle Öffnung wird als unterstützendes Instrument eingesetzt. Die BVG beschäftigt Menschen aus mehr
als 50 Nationen und legt großen Wert auf einen weltoffenen
und kollegialen Umgang.
85
V. Betriebe
V.3 Berliner Wasserbetriebe
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) leisten als größtes städtisches Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen
Deutschlands seit mehr als 160 Jahren einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität der Hauptstadtregion. Als Umweltunternehmen liegt der besondere Fokus auf dem gleichermaßen
ökologischen, ökonomischen und sozial nachhaltigen Management des Wasserkreislaufs. Die BWB können für das Jahr
2021 mit hohen Investitionen von mehr als 397 Mio. €, einem
positiven Jahresergebnis und stabilen Tarifen bzw. Gebühren
für die Kundinnen und Kunden eine positive Bilanz aufweisen.
Im Jahr 2020 haben die BWB ihre Zukunftsstrategie 2030 –
Ressourcen fürs Leben – verabschiedet, die unter der Vision
„Wasser, Abwasser und Energie für ein nachhaltiges und klimaresilientes Berlin“ die strategische Ausrichtung des Unternehmens vor dem Hintergrund der sich rasant wandelnden
Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2030 beschreibt.
Dr. Frank Bruckmann
Vorstandsvorsitzender,
Berliner Wasserbetriebe
1. Der Grundwasserspiegel in der Region sinkt seit einigen
Jahren kontinuierlich. Wie können die Berliner Wasserbetriebe hier Abhilfe schaffen?
Regnen lassen können wir es natürlich auch nicht. Aber die
Berliner Wasserbetriebe können den Wasserkreislauf in Berlin nachhaltig und sorgsam bewirtschaften – und das tun wir.
Das bedeutet, dass wir zum Beispiel Grundwasser anreichern und so Grundwasserstände sichern. Und wir unterstützen Berlin beim Umbau zur wassersensiblen, klimaresilienten Metropole, etwa mit der Berliner Regenwasseragentur,
die Bauende und Behörden zum Umgang mit Regenwasser
berät und informiert.
2. Um die Qualität von Gewässern und Trinkwasser auf Dauer zu erhalten, investieren die Berliner Wasserbetriebe bis
2030 rund zwei Mrd. € in Kapazitätserweiterungen und zu-
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Bis Ende 2030 werden die BWB 5,3 Mrd. € in ihre Netze und
Werke investieren. Zu diesen Investitionen gehören Großprojekte
wie die Ausstattung aller sechs Klärwerke mit Technologien zur
weitergehenden Abwasserbehandlung, die Kanalisierung von
Altsiedlungsgebieten und der Anschluss neuer Stadtquartiere
ans Trinkwasser- und Abwassernetz. Das Klärwerk Waßmannsdorf ist dabei der aktuell größte Investitionsstandort der BWB.
Hier werden mehr als eine halbe Mrd. € in die Erweiterung, eine
höhere Ablaufqualität sowie eine zweite Klärschlammverwertungsanlage investiert.
In einer älter werdenden Gesellschaft nimmt die Nutzung von
Medikamenten zu, deren Überreste im Abwasser landen und von
den Klärwerken bislang nicht vollständig entfernt werden können. Hier haben die BWB 2021 einen sehr großen Schritt nach
vorn gemacht: Im Klärwerk Schönerlinde hat der Bau einer Ozonungsanlage begonnen, die sogenannte Spurenstoffe entfernt.
Der Klimawandel fördert extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Hitzewellen, die eine Herausforderung für die Infra-
sätzliche Reinigungstechnik für ihre Klärwerke. Welches Projekt hat aktuell Priorität?
Wir wollen die Qualität nicht nur erhalten, sondern insbesondere die Gewässerqualität auch verbessern. Deshalb werden alle unsere Klärwerke mit weiteren Reinigungsstufen zur
Stickstoff- und Phosphorentfernung ausgestattet. Und wir
haben Ende 2021 mit dem Bau einer Ozonung in unserem
Klärwerk Schönerlinde begonnen. Diese wird Stoffspuren
etwa von Arzneimittelresten aus dem Abwasser und damit
aus dem Wasserkreislauf entfernen.
3. Mit dem „Blauen Klassenzimmer“ bieten Sie Lehrkräften
eine Vielfalt an Lehrmaterialien an, um Kinder und Jugendliche für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser im lokalen und globalen Zusammenhang zu sensibilisieren. Warum machen die Wasserbetriebe ein solches Angebot?
Seit vielen Jahren haben wir mit unserem Angebot klassewasser.de eine renommierte Kinder- und Jugendseite, die
Wasserfakten unterhaltsam und informativ vermittelt. Mit
blauesklassenzimmer.berlin bieten wir Lehrer:innen leicht
nutzbare Module, Versuche und Lerneinheiten, die sie problemlos in ihren Unterricht integrieren können. So werden die
wichtigsten naturwissenschaftlichen Zusammenhänge praxisnah vermittelt und die Schüler:innen zum sorgsamen Umgang mit Wasser geschult. Davon profitieren Lehrkräfte, Kinder – und irgendwann wir alle, wenn diese jungen Menschen
mit Lust auf Naturwissenschaft und Technik auf der Suche
nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz sind.
V. Betriebe
struktur der BWB darstellen. In den zurückliegenden acht Jahren lagen – mit Ausnahme von 2017 – die Niederschläge
durchweg unter dem langjährigen Mittel, 2018 sogar um
knapp die Hälfte. Das hat Spuren hinterlassen, die mit einiger
Verzögerung im Grundwasser ankommen. So hatte der Grundwasserspiegel unter Berlin nach dem Dürrejahr 2018 erst
2020 seinen niedrigsten Wert: 20 % unter normal. Die BWB
haben im vergangenen Jahr ein Resilienzkonzept vorgestellt,
mit dem sie Quantität und Qualität ihrer Ressourcen sichern
wollen. Es beinhaltet unter anderem die noch breitere Aufstellung der Wassergewinnung durch neue Brunnen und die Reaktivierung stillgelegter Wasserwerke sowie eine verstärkte
Grundwasseranreicherung. Mittlerweile sind knapp drei Viertel
aller geplanten Grundwasserbrunnen erneuert. Das Resilienzkonzept ist Teil des Masterplans Wasser, den die Senatsumweltverwaltung erarbeitet hat.
Die BWB ertüchtigen nicht nur bestehende Werke, sondern betreiben durch verschiedene Maßnahmen auch Vorsorge zur
langfristigen Sicherung der Wasserversorgung Berlins. Ein Projekt war dabei der Neubau der Reinwasserbehälter im Zwischenpumpwerk Lindenberg, die die Wasserversorgung vor
allem im Ostteil der Stadt flexibler und robuster machen werden. Insgesamt werden dort 68.000 m³ Trinkwasser aus dem
Wasserwerk Friedrichshagen zwischengespeichert.
Ein weiteres Element zur Klimafolgenanpassung ist die
deutschlandweit erste Regenwasseragentur, die von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und den
BWB im Jahr 2018 gegründet wurde. Sie versteht sich als Multiplikator und Knotenpunkt, der Wissen zur erfolgreichen Regenwasserbewirtschaftung teilt, verbreitet und vermehrt.
Trotz der vielen Grünflächen ist Berlin in seinen urbanen Gebieten stark versiegelt. Das nimmt weiter zu und hat Folgen für
das Stadtklima. Es führt dazu, dass die Berliner Kanalisation
bei starkem Regen immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen
gerät. Als Gegenmaßnahme haben die Wasserbetriebe in den
zurückliegenden Jahrzehnten insgesamt mehr als 260.000 m3
Mischwasserspeicher geschaffen und weitere 90.000 m³ auf
den Klärwerken. Das letzte große Regenbecken entsteht zurzeit an der Chausseestraße und fasst 16.750 m3.
Die BWB sind grundsätzlich und insbesondere vor dem Hintergrund der für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt erlebbaren
Auswirkungen des Klimawandels bestrebt, auch den eigenen
CO2-Ausstoß weiter zu senken. Seit 1990 konnte dieser halbiert werden (30 Jahre). Im Einklang mit der Zukunftsstrategie
2030 prüfen die BWB weitere Maßnahmen und versuchen Potenziale zu eruieren, damit das Unternehmen ab 2030 klimaneutral arbeiten kann. Im Jahr 2021 wurde hierfür ein Stufenplan Klimaneutralität erarbeitet.
Als energieintensives Unternehmen bauen die BWB ihre Eigenstromerzeugung aus regenerativen Quellen weiter aus. Derzeit
produzieren die BWB auf den Klärwerken mehr als die Hälfte
der benötigten Energie selbst: mit Blockheizkraftwerken, Mikrogasturbinen, Solaranlagen und Windrädern am Standort
Schönerlinde.
2021 konnte mit der Inbetriebnahme der Solaranlage auf dem
Wasserwerk Beelitzhof die Solarkapazität auf den Dächern der
Werke und Anlagen auf 1,15 MW erhöht werden. Derzeit ist ein
Solaratlas in Arbeit, der das Potenzial für alle in Frage kommenden Liegenschaften der Berliner Wasserbetriebe kartiert.
Bei der Rückgewinnung von Wärme aus Abwasser schaffen die
BWB Voraussetzungen für Investitionen der Wärmenutzer. So
konnten die BWB 2021 beispielsweise gemeinsam mit einem
Partner den Wärmetauscher am ehemaligen Kaufhof-Gebäude am Ostbahnhof realisieren.
Mit inzwischen knapp 200 öffentlichen Trinkbrunnen in Berlin
leisten die BWB einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität der
Bevölkerung Berlins. Die Finanzierung für den Bau der Trinkbrunnen erfolgt durch das Land Berlin. Darüber hinaus haben
die BWB berlinweit bereits mehr als 3.000 Wasserspender
aufgestellt, die in Schulen, Behörden und Betrieben für Erfrischung sorgen. Zudem betreuen die BWB 162 Zierbrunnen und
Planschbecken in acht Bezirken Berlins.
Die BWB mit ihrem Kernprodukt Wasser haben naturgemäß
eine hohe Affinität zu ökologischen Themen. Gleichwohl engagieren sie sich darüber hinaus für den Erhalt der Stadtnatur
und der biologischen Vielfalt. In einem Pilotprojekt beregnen
die BWB seit Juli 2020 für zunächst zwei Jahre den Barssee im
Grunewald. Hier wird untersucht, wie der Schutz der Berliner
Moore und die Sicherung der Trinkwasserversorgung in den
nahe gelegenen Wasserwerken Tiefwerder und Beelitzhof miteinander in Einklang gebracht werden können.
Mit anwendungsbasierter Forschung optimieren die BWB ihre
Anlagen und Prozesse. In internationalen Verbundvorhaben
wie dem EU-geförderten Projekt Digital-Water-City entwickeln
die BWB gemeinsam mit europäischen Partnern digitale Werkzeuge zur Instandhaltung der Infrastruktur und zur Überwachung der Wasserqualität und Regenwasserüberläufen. Um
die Klimaschutzvereinbarung mit dem Land Berlin zu erfüllen,
werden mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie geförderten Projekt ENERWAG energieeffizientere
Prozesse bei der Rohwassergewinnung und Trinkwasseraufbereitung getestet und in die Praxis übertragen. Ein weiterer
Schwerpunkt stellt die Entwicklung eines netzdienlichen Lastmanagements dar. Diese virtuellen Kraftwerke werden mit
Wind-, Sonnen-, Abwärme- und Biogasanlagen gespeist, um
langfristig die Klimaneutralität der BWB zu ermöglichen.
Im FE-Projekt AMAREX wird die Wirkung von Maßnahmen zum
dezentralen Regenwassermanagement bewertet. Das Ziel ist
es, den Wasserhaushalt zu stützen und damit mehr Stadtgrün
zu erhalten, neue Wege bei der Bewässerung zu beschreiten
und die Biodiversität zu erhöhen.
87
V. Betriebe
Als einer der größten Arbeitgeber in der Region Berlin-Brandenburg beschäftigten die BWB zum 31.12.2021 4.630 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 35 Nationen. Die Zahl bezieht
sich auf alle Beschäftigten einschließlich Vorstand und Beschäftigte in der passiven Altersteilzeitphase. Die BWB verfolgen eine moderne Personalpolitik mit einem großen Angebot
zur flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsplatzgestaltung, attraktiven Entwicklungsperspektiven und einer vielfältigen Unternehmenskultur.
54,2 % angestiegen. Durch die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen sind Rahmenbedingungen geschaffen worden, die
Frauenförderung sowohl auf individueller als auch auf bereichsübergreifender Ebene ermöglichen. Dass diese Arbeit
erfolgreich ist, bestätigte die Platzierung auf dem zweiten
Platz beim Frauen-Karriere-Index. Auch das seit 2020 laufende Female Leadership Programm #EINFACHMACHEN wurde
im Frühjahr 2021 prämiert und gewann den Impact of Diversity
Award in der Kategorie „Winiciative Gender Inclusion“.
Durch ein sich wandelndes Werteverständnis, verbunden mit
zunehmendem Fachkräftemangel und einer Arbeitswelt mit
hoher Veränderungsdynamik, ist die Vereinbarkeit von Beruf,
Familie und allen Lebensphasen ein Kernelement einer zukunftsfähigen Personalpolitik. Deshalb gestalten die BWB seit
vielen Jahren erfolgreich Arbeitsumgebungen und Rahmenbedingungen, die die BWB als familien- und lebensphasenbewussten Arbeitgeber auszeichnen. Im März 2021 erhielten die
BWB nach erfolgreich absolviertem Audit die erneute Auszeichnung als familien- und lebensphasenfreundlicher Arbeitgeber.
Die BWB setzen seit Jahren auf eine hohe Eigenausbildung.
Die Ausbildungsquote lag im vergangenen Jahr bei 6,7 %.
Auch im Jahr 2021 wurden aufgrund der COVID 19 Pandemie
ergänzend zu den regulär zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätzen, sechs weitere Ausbildungsplätze für einen Neustart in die Ausbildung angeboten. Im Modellvorhaben nach
dem Konzept „Duale Leistungssportkarriere“ wurden ebenso
ein weiterer Ausbildungsplatz aus der Kooperation mit dem
Olympiastützpunkt Berlin im Ausbildungsberuf Kauffrau für Büromanagement besetzt. Auch das bewährte Projekt Horizonte,
das seit 2010 durch eine angebotene Einstiegsqualifizierung
für Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien sowie Geflüchtete umgesetzt wird, wurde im Jahr 2021 durch den Vorstand weiter bestätigt. In einem angepassten und inklusiv gestalteten Konzept wurde die Fortführung für weitere drei Jahre
mit den ursprünglichen Zielgruppen ergänzt und die gezielte
Förderung von jungen Frauen im Rahmen des Projektes beschlossen. Seit Projektstart konnten insgesamt 46 Geflüchtete
und 49 Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien das
Projekt durchlaufen, wovon insgesamt 51 Teilnehmende eine
Ausbildung bei den BWB beginnen konnten.
Die BWB haben ein aktives Diversity-Management etabliert,
das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Ziel ist es, die personelle Vielfalt im Unternehmen, Rahmenbedingungen und
Strukturen bewusst so zu gestalten, dass sie ein chancengleiches und diskriminierungsfreies Arbeiten bei den BWB ermöglichen. Darüber hinaus werden Beschäftigte und Führungskräfte zu Fragen im Kontext Diversity beraten und bei entsprechenden Umsetzungen unterstützt. Die unterschiedlichen Potenziale der Beschäftigten betrachten die BWB als Bereicherung.
Durch verschiedene Workshops, Veranstaltungen und Maßnahmen wie z. B. der Teilnahme am Deutschen Diversity-Tag,
dem Schichtwechsel oder dem CSD auf der Spree wird Beschäftigten und Führungskräften regelmäßig die Möglichkeit
geboten, niederschwellig mit diversityrelevanten Themen in
Kontakt zu kommen und durch das Kennenlernen anderer Lebensrealitäten einen Perspektivwechsel zu vollziehen. Um
Vielfalt in der Ausbildung ging es auch im Online-Diversityworkshop für die Auszubildenden, der 2021 erneut unter dem
Motto „Haltung zeigen“ mit dem Ziel durchgeführt wurde, die
Auszubildenden für Diskriminierungsrisiken zu sensibilisieren
und sie zu befähigen, angemessen reagieren zu können.
Schwerpunkte des Diversity Managements der BWB sind unter
anderem Gleichstellung und Frauenförderung.
Die Wasserbetriebe handeln aktiv, um eine Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. Das bedeutet, den Gesamtfrauenanteil, den Frauenanteil in den Organisationseinheiten, die Geschlechtsverteilung in den Entgeltgruppen, das
Verhältnis zwischen Frauen und Männern in Leitungspositionen
und den Frauenanteil in der Ausbildung und im dualen Studium zu erhöhen, bis Frauen in gleichem Maße wie Männer vertreten sind. Per 31.12.2021 waren 31,4 % aller Führungskräfte
Frauen. Darüber hinaus ist der Anteil der weiblichen Führungskräfte, die direkt an den Vorstand berichten, auf mittlerweile
88
Mit Ausbildungsstart 2021 erhielten außerdem alle neuen Auszubildenden und dual Studierenden mobile Endgeräte. Damit
wird ein selbstorganisiertes ortsunabhängiges digitales Lernen, im Bedarfsfall auch von Zuhause aus, noch besser möglich. Um die Quantität und Qualität der zur Verfügung stehenden digitalen Lerninhalte auszubauen, wurde im Dezember
Die anhaltende COVID-19-Pandemie hat das Arbeiten
auch bei den BWB stark beeinflusst. Es ist aber festzustellen, dass sich das Krisenmanagement der BWB bewährt
hat, denn auch im weiteren Verlauf der Pandemie über
das Jahr 2021 hinaus sichern die BWB die Daseinsvorsorgeaufgabe der Wasserver- und Abwasserentsorgung
für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und sparen
nicht an aktuellen und künftigen Investitionen. Zudem unterstützen die BWB das Land Berlin bei der Einschätzung
der Infektionslage zur Corona-Pandemie. Die BWB
überprüfen seit Februar 2021 das Berliner Abwasser mit
vielen Testreihen auf Corona Viren und haben ein Nachweismodell inklusive der Sequenzierung der Virus-Varianten und eine App für die Visualisierung der Daten und
deren Trends entwickelt.
V. Betriebe
der Einkauf einer Content-Lernplattform für die Ausbildung
ausgeschrieben. Diese soll im ersten Halbjahr 2022 eingeführt
werden. BWB-spezifisches Wissen soll vermehrt über die Plattformen AQUA.learn und Confluence bereitgestellt und ausgetauscht werden. In 2021 fand außerdem die digitale Vernetzung mit verschiedenen Fachabteilungen, unter anderem über
sogenannte Expertentage im kaufmännischen Ausbildungsbereich, statt. So führten beispielsweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Kundenservice, Controlling, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Planung und Bau
Online-Veranstaltungen für die Auszubildenden durch.
Die Berliner Stadtwerke GmbH (BSW) als Tochterunternehmen
der Berliner Wasserbetriebe setzt ihren Kurs in Hinblick auf die
angestrebte Klimaneutralität Berlins fort. Sie ist dabei ein wichtiger Akteur in der Stadt und ein moderner Energiedienstleister,
dessen Wertschöpfung in der Stadt bleibt. Die BSW-Investitionen erfolgen ausschließlich in erneuerbare Energien.
Im Jahr 2021 wurde ein weiteres, wichtiges und zukunftsträchtiges Geschäftsfeld aufgebaut: die BSW werden die bestehende, öffentliche Ladeinfrastruktur des Landes Berlin und ab Mitte 2022 den weiteren Ausbau von AC/DC sowie Schnellladesäulen übernehmen.
Die BSW haben 2021 ihre Rolle als Berlins Errichter und Betreiber von Solaranlagen ausgebaut. Rund 40 % aller seit 2016
auf Berlins Dächern installierten Photovoltaik-Anlagen sind
von den BSW konzipiert worden. Insgesamt beläuft sich die
installierte PV-Leistung damit auf rd. 20 MW, davon allein 4,1
MW in 2021. Ferner umfasst das Portfolio der BSW rund 51 MW
installierte Windenergieleistung. Mit den bisherigen Projekten
der BSW konnten somit mehr als 69.700 t CO2-Emissionen
vermieden werden.
ken insgesamt 115 (5,8 MW) Solaranlagen errichtet. Acht Bezirke haben zudem Absichtserklärungen zum weiteren Solarausbau im Umfang von ca. 30 MW unterzeichnet. Ein Treiber ist
dabei auch das im August 2021 novellierte EWG Berlin (Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz).
Zudem profitieren die großen Unternehmen des Landes wie
die BSR, die BWB und die BVG künftig von den Solaranlagen
der BSW auf den jeweiligen eigenen Dächern.
Die Berliner Stadtwerke erhielten den Europäischen Solarpreis
2021 in der Kategorie „Städte, Gemeinden, Landkreise, Stadtwerke“. Die Auszeichnung ging damit nach 1999 erstmals wieder nach Deutschland. Die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien (EUROSOLAR) würdigte mit dem Preis insbesondere den solaren Zubau durch die BSW in Berlin.
Im Bereich der umweltfreundlichen Wärmelösungen konnten
sich die Stadtwerke weiter etablieren. Der Vertrag für ein klimaneutrales und innovatives Wärmekonzept (insbesondere
Wärme aus Abwasser in Kombination mit Photovoltaik) wurde
gemeinsam mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft
„Stadt und Land“ im Projekt Buckower Felder unterzeichnet.
Geplant ist die Errichtung von mehr als 900 Wohnungen. Mit
der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist ab Mitte 2023
zu rechnen.
Seit Januar 2020 versorgen die BSW außerdem das Land Berlin mit 100 % Ökostrom.
Im Geschäftsfeld Windkraft haben die BSW in 2021 den neun
Anlagen umfassenden Windpark Albertshof (31 MW) in der
Nähe von Bernau in Betrieb genommen. Der Windpark vermeidet jährlich rd. 30.000 t CO2-Emmissionen und kann ca.
31.000 Haushalte mit sauberem Ökostrom versorgen. Auf die
öffentliche Akzeptanz der Anlagen wurde bei der Planung
ebenso großer Wert gelegt wie auf ihren ökologischen Nutzen.
Durch die Verdichtung eines bestehenden Windparks und den
Verzicht auf maximale Bauhöhen ist auch die Naturverträglichkeit gewährleistet. Noch in 2021 konnte mit dem Bau eines
weiteren Windparks in Teltow südlich von Berlin begonnen
werden. Drei Windanlagen mit 17,1 MW Leistungen werden
dann zukünftig 14.000 Haushalte mit sauberem Strom versorgen können und ca. 13.000 t CO2 pro Jahr einsparen. Weitere
Windanlagen im Berliner Umkreis sollen folgen. Sowohl durch
weiterer Nachverdichtung bestehender Windparks als auch
durch Repowering-Maßnahmen und weiterer Flächenpotenzialanalyse.
Die BSW kooperieren und stimmen sich weiterhin intensiv mit
den Bezirken ab, um Bezirksliegenschaftspotenziale für die
Energiewende zu erschließen. So wurden bislang in den Bezir-
Von 2022 bis 2027 werden die BSW weitere 155 Mio. € in
Energiewendeprojekte investieren, und somit die Berliner Klimabilanz um rd. 174.000 t CO2 entlasten.
Die BSW treiben die energetische Entwicklung von Landesimmobilien, insbesondere in Kooperation mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) voran. Mehrere Dutzend
Schulen, Feuerwachen, Ämter, Gefängnisse und andere öffentliche Liegenschaften erzeugen große Teile ihres Stroms
mithilfe von Photovoltaik-Anlagen der BSW selbst. In 2021
konnten 12 PV Projekte mit 1 MW umgesetzt werden.
89
VI. Berliner Wirtschaftsdaten
Berliner Wirtschaft auf einen Blick
Einheit
2011
2017
2018
2019
2020
2021
Volkswirtschaftliche Entwicklung Berlins
Bruttoinlandsprodukt (nominal)
Mrd. Euro
108,1
141,3
150,0
157,5
154,5
163,0
Bruttoinlandsprodukt (real), Veränd. ggü. Vorjahr
%
3,9
4,3
3,9
2,9
– 3,8
3,3
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (real), Veränd. ggü. Vorjahr
%
3,0
2,9
2,9
2,1
– 4,0
3,4
Mrd. Euro
17,7
26,1
28,6
28,3
.
.
%
– 1,0
-0,7
6,7
-3,9
.
.
Mrd. Euro
3,6
4,8
5,1
5,2
5,1
.
%
3,3
3,4
3,5
3,3
3,3
.
1.000
1.156,9
1.426,5
1.476,2
1.527,9
1.539,3
1.582,5
Arbeitslosenquote2
%
13,3
9,0
8,1
7,8
9,7
9,8
Frauen
%
12,1
8,2
7,4
7,2
8,9
9,1
Männer
%
14,3
9,7
8,8
8,4
10,3
10,4
1.000
1 707,1
1 965,4
2 022,7
2 074,2
2 067,6
2 089,7
Insgesamt
%
70,6
76,2
77,7
78,5
76,6
76,9
Frauen
%
68,1
72,7
74,4
75,0
73,5
74,5
Männer
%
73,1
79,6
80,9
81,9
79,6
79,4
Frühe Schulabgängerinnen und Schulabgänger4
%
13,2
13,2
13,6
11,6
10,4
10,1
PJ
276,8
270,6
266,5
264,3
237,6
.
%
13,9
13,7
11,4
7,8
9,4
.
Bruttoanlageinvestitionen
Bruttoanlageinvestitionen (real), Veränd. ggü. Vorjahr
Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung
Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt
Arbeitsmarkt und Soziales
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte1
Erwerbstätige (Inland)
Erwerbstätigenquote3
Umwelt
Primärenergieverbrauch in Berlin
Anteil der Energieträger am Primärenergieverbrauch:
Steinkohlen
Braunkohlen
%
4,5
2,2
0,2
0,2
0,2
.
Mineralöle
%
33,3
35,6
35,2
35,6
30,5
.
Gase
%
35,6
35,0
37,7
39,6
44,1
.
Erneuerbare Energien
%
3,4
4,3
5,2
5,6
6,1
.
Strom
%
8,5
8,2
9,2
10,0
8,7
.
Andere5
%
0,8
0,9
1,0
1,2
1,0
.
Mio. t
20,4
18,9
18,3
17,2
14,9
.
t CO2/EW
6,2
5,2
5,1
4,7
145,2
228,1
234,9
226,0
4,2
4,9
5,3
CO₂-Emissionen (Verursacherbilanz)
CO₂-Emissionen je Einwohner in Berlin
Rohstoffproduktivität (2000=100)
Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung
90
%
.
VI. Berliner Wirtschaftsdaten
Einheit
2011
2017
2018
2019
2020
2021
44.267
40.910
40.268
38.210
37.683
39.267
8.751
9.269
9.472
9.098
9.151
10.170
Unternehmensgründungen
Neugründungen6
dar. Betriebsgründungen
7
Außenhandel
Exporte insgesamt
Mio. Euro
12.996
14.819
14.634
15.173
14.425
15.818
EU-Länder, dar.
Mio. Euro
5.261
5.810
5.965
6.563
6.414
7.154
Frankreich
Mio. Euro
813
847
860
970
1.097
1.214
Italien
Mio. Euro
540
747
787
651
625
721
Niederlande
Mio. Euro
470
645
760
683
751
880
Polen
Mio. Euro
602
695
698
845
993
970
EFTA Länder
Mio. Euro
454
613
672
785
610
618
Übriges Europa, dar.
1.618
Mio. Euro
1.756
1.494
1.441
1.573
1.692
Vereinigtes Königreich
Mio. Euro
509
647
710
794
949
871
Russische Föderation
Mio. Euro
819
483
402
413
390
385
Mio. Euro
3.234
3.592
3.269
3.194
3.108
3.472
Asien, dar.
Mio. Euro
788
967
920
970
1.034
1.226
USA
Volksrepublik China
Mio. Euro
1.271
1.838
1.809
1.622
1.421
1.400
Importe insgesamt
Mio. Euro
10.248
13.977
13.976
15.225
14.987
16.083
EU-Länder, dar.
9.552
Mio. Euro
5.788
7.987
8.625
9.025
8.968
Frankreich
Mio. Euro
1.214
1.031
1.022
990
893
913
Italien
Mio. Euro
712
1.395
1.409
1.461
1.435
1.534
Niederlande
Mio. Euro
758
1.418
1.482
1.477
1.402
1.546
Polen
Mio. Euro
888
1.256
1.529
1.819
2.112
1.941
EFTA Länder
Mio. Euro
384
1.686
543
569
489
480
Übriges Europa, dar.
Mio. Euro
595
861
870
1012
852
694
Vereinigtes Königreich
Mio. Euro
376
526
522
466
444
285
Russische Föderation
Mio. Euro
55
39
43
233
51
58
Mio. Euro
1.529
2.229
2.829
3.556
3.707
4.317
Mio. Euro
821
1.251
1.685
2.240
2.418
2.753
Mio. Euro
1.406
872
733
736
671
720
Asien, dar.
Volksrepublik China
USA
Zum Stichtag 30.06.
Bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen.
3
Ergebnisse der Arbeitskräfteerhebung, Erwerbstätigenquote: Anteil der Erwerbstätigen in der Altersgruppe 20-64 Jahren an der Gesamtbevölkerung
derselben Altersgruppe.
4
Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von 18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden, keinen
beruflichen Ausbildungsabschluss haben und nicht über einen Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
5
Ab 2011: Wärme.
6
Ohne Anmeldungen wegen Übernahme eines Betriebes, Gesellschaftereintritt, Änderung der Rechtsform, Zuzug aus einem anderen Meldebezirk oder
Umwandlung.
7
Bei Betriebsgründungen handelt es sich um Gründungen, bei denen bspw. ein Eintrag im Handelsregister oder eine Handwerkseigenschaft vorliegt bzw.
mindestens eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer beschäftigt wird.
1
2
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg,
Destatis, Eurostat, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit.
91
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