WIRTSCHAFTSUND INNOVATIONSBERICHT
BERLIN 2020/2021
Inhalt
Vorwort5
I.
Wirtschaftspolitik in Berlin
6
II.
Wirtschaftsentwicklung in Berlin
9
III.
Wirtschaft
20
1. Cluster der innoBB 2025
20
1. Gesundheitswirtschaft / Life Science
22
2. IKT, Medien und Kreativwirtschaft
24
3. Verkehr, Mobilität und Logistik
33
4. Optik und Photonik
36
5. Energietechnik
38
6. Weitere Innovationsfelder
40
2. Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik
42
3. Startups
44
4. Soziale Ökonomie
47
5. Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
49
6. Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
51
7. Wirtschaftsrechtliche Aspekte
57
8. Services und Förderung für Unternehmen
59
1. Unternehmensservice
59
2. Gründungsförderung
61
3. Innovationsförderung
65
4. Zuschüsse für Unternehmen und Infrastruktur
68
5. Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen
73
IV.
V.
VI.
Energie
76
1. Energiepolitik
76
2. Energieversorgung
78
Betriebe
80
1. Berliner Stadtreinigungsbetriebe
81
2. Berliner Verkehrsbetriebe
84
3. Berliner Wasserbetriebe
86
Berliner Wirtschaftsdaten
89
3
Vorwort
Turbulente Monate liegen hinter uns, geprägt von erheblichen
Einschränkungen in vielen Teilen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens, gleichzeitig aber auch der Entdeckung
alternativer Formen des Arbeitens, des Lernens und der – meist
– digitalen Begegnung.
Vor einem Jahr waren wir noch zuversichtlich, dass die Pandemie im Herbst 2020 überwunden sei und wir mit einem eigenen Berliner Konjunkturprogramm an den Start gehen würden.
Doch die zweite und dritte Corona-Welle hat uns durch diese
Pläne einen dicken Strich gemacht. Es folgte ein langer, zäher
Lockdown, den wir uns so alle nicht haben träumen lassen.
Heute aber, im Sommer 2021, erlauben uns zahlreiche neu
eingeübte Routinen, sinkende Inzidenzwerte und steigende
Impfquoten endlich, unsere damaligen Überlegungen umzusetzen. Das gilt vor allem für den Tourismus sowie den Gaststätten- und Kongressbereich – Branchen, die stark unter den
Lockdown-Regelungen zu leiden hatten. Berlin als weltoffene
Metropole hat seine Gäste schmerzlich vermisst. Ich freue
mich sehr, dass wir nun mit den Öffnungen der Hotels für touristische Übernachtungen einen wichtigen Schritt zum Restart
der Tourismus- und Kongressbranche haben machen können.
Begleitet wird diese erfreuliche Entwicklung von zahlreichen
auf die Berliner Wirtschaft spezifisch ausgerichteten Fördermaßnahmen. Mit 15 unterschiedlichen Soforthilfe- und Überbrückungshilfsprogrammen haben Berlin und der Bund die
Berliner Wirtschaft mit 4,25 Milliarden Euro gestützt und
450.000 Arbeitsplätze gesichert. Auch wenn es vielleicht noch
zu früh ist, ein Fazit zu ziehen, kann schon jetzt festgestellt werden, dass Berlin im Bundesländervergleich gut durch die Krise
kommen wird: Bei der konjunkturellen Entwicklung stehen wir
mit einem BIP-Rückgang von 3,3 % in 2020 besser da als der
Bundestrend (-4,8 %). Die Arbeitsmarktdaten zeigen, dass Berlin kaum an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verloren hat.
Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Die Berliner Wirtschaftsstruktur hat sich in den vergangenen Jahren enorm stabilisiert, ist resilienter geworden und bei weitem nicht mehr so
krisenanfällig wie früher. Denn starke, zukunftsorientierte Wirtschaftszweige, wie die Gesundheitswirtschaft und die Digitalbranche, sind in Berlin zu Hause, die Informationsdienstleistungen (+11,5 %) und die Informationstechnologie (+3,0 %) verzeichneten steigende Umsätze. Auch im Berliner Bauhauptgewerbe wuchs der Umsatz (5 %); die Berliner Industrie konnte
sich nach dem Einbruch im ersten Lockdown stabilisieren und
erhöhte den Umsatz um 2,7 %. Berlin behauptet nach wie vor
seinen Spitzenplatz als deutsche Gründungshauptstadt: Die
Zahl der Finanzierungsrunden kletterte in Berlin im vergangenen Jahr um 20 %.
Unsere Ziele sind klar: Wir werden die Energie- und Mobilitätswende entscheidend mitgestalten, die Vorreiterrolle der Gesundheitswirtschaft ausbauen, die Medien- und Kreativwirtschaft stärken und die Schlüsseltechnologien IKT, Optik und
Photonik voranbringen. Heute zahlt sich aus, dass wir gezielt
auf Branchen und Technologiefelder gesetzt haben, die nach
der Krise an Bedeutung gewinnen werden. In diesen Clustern
entwickelt Berlin mit der Innovationsstrategie innoBB 2025 seit
Jahren innovative Lösungen, die gerade nach der Corona-Pandemie weltweit gebraucht werden.
Berlin ist sehr gut aufgestellt, um schnell wieder das hohe Wirtschaftsniveau, die innovative Frische und die inspirierende
Kreativität zurückzuerlangen, die wir mit viel Engagement in
der Vor-Corona-Phase gemeinsam aufgebaut hatten.
Ramona Pop
Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe
5
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
Die Wirtschaftspolitik in Berlin war 2020 und in den Folgemonaten davon geprägt, die negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die daraus resultierenden Eindämmungsmaßnahmen auf Berliner Unternehmen, deren Inhaberinnen und Inhaber sowie der Belegschaften, abzufedern. Ziel war es, gravierende
Folgeschäden von der Gesamtwirtschaft abzuwenden.
Noch nie wurden Unternehmerinnen und Unternehmern und
deren Beschäftigten finanzielle Mittel des Landes und des
Bundes in so kurzer Zeit, in einem solchen Umfang und in solcher Breite zur Verfügung gestellt. Durch schnelles, umsichtiges Agieren nahm das Land Berlin dabei gleich in der ersten
Phase der Pandemiebekämpfung im März 2020 eine Vorreiterrolle unter den Bundesländern ein. In Kooperation mit der
Investitionsbank Berlin (IBB), die in nur wenigen Tagen die notwendige technische und inhaltliche, digitale Administrierbarkeit eines Zuschussprogramms gewährleistete, ging Berlin
schnell und unbürokratisch finanziell in Vorleistung. Dies war
richtig und notwendig, insbesondere um die aufgrund der besonderen Wirtschaftsstruktur Berlins überproportional hohe
Zahl an Soloselbstständigen aus dem Veranstaltungs- und
Kreativsektor, die durch den ersten Lockdown besonders hart
getroffen wurden, gezielt und wirksam zu unterstützen. Unterstützt wurden und werden selbstverständlich auch die zahllosen Einzelhandelsbetriebe, Galerien und Gastbetriebe, die
das spezielle Berliner Lebensgefühl prägen.
Die in dieser Phase konzipierten, flexibel einsetzbaren und
schnell wirkenden Soforthilfen I, II, IV, und V, die anschließend
durch zahlreiche Bundesprogramme ergänzt bzw. fortgeführt
wurden, trugen neben dem Kurzarbeitergeld maßgeblich dazu
bei, die Berliner Wirtschaftsstruktur in ihrer gesamten Breite zu
stabilisieren und damit Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern. (s. Übersicht S. 91)
Kern des bereits Ende März 2020 gestarteten Programms
Soforthilfe I war die Öffnung und Verschlankung der Berliner
Liquiditätshilfen für alle kleinen und mittleren durch die Pandemie in Not geratenen Unternehmen. Parallel richtete das Zuschussprogramm Soforthilfe II in Kombination mit dem entsprechenden Bundesprogramm seinen Fokus auf die kurzfristige Liquiditätssicherung von Kleinstunternehmen, Freiberuflerinnen und Freiberuflern und Soloselbstständigen. Mit der Soforthilfe IV und V schlossen sich im Mai Maßnahmen an, die
zum einen auf kulturelle Einrichtungen und Betriebe sowie zum
anderen auf die finanziellen Probleme des Berliner Mittelstands ausgerichtet waren.
Nachdem im weiteren Jahresverlauf 2020 und bis heute zunehmend die mit großen finanziellen Volumina ausgestatteten
Hilfsprogramme des Bundes — Überbrückungshilfen I, II, III
sowie die November- und Dezemberhilfen — aufgelegt wurden, sah Berlin seine vordringlichste Aufgabe darin, gemeinsam mit der IBB Unterstützungsprogramme aufzulegen, die
sich an den Spezifika des Wirtschafts- und Innovationsstand-
6
orts Berlin ausrichten und die von den Bundesprogrammen
nicht im ausreichenden Maße berücksichtigt werden.
•
Soforthilfe Gewerbemieten: Besonders hart von der Corona-Krise betroffene Unternehmen des Berliner Mittelstandes mit über 10 und bis zu 249 Beschäftigten konnten Zuschüsse in Höhe von 50 % ihrer gewerblichen Mieten bzw.
Pachten für die Monate April und Mai 2020 beantragen.
•
Soforthilfe für Betriebe der Schankwirtschaft: Betriebe
der Schankwirtschaft, die im Oktober von Umsatzeinbußen
aufgrund der coronabedingten Schließzeit (23 bis 6 Uhr)
betroffen waren, erhielten bis zu 3.000 € Zuschuss pro Betriebsstätte für die Kosten der Gewerbemieten.
•
Coronahilfen für Modelabels: Zinslose Darlehen wurden
von der IBB an Berliner Modelabels vergeben, die bedingt
durch die Coronakrise einen Einbruch ihrer Umsätze zu
verzeichnen hatten und dadurch nicht über ausreichend
finanzielle Mittel verfügten, um die kommende Kollektion
bzw. Teile derer vorzufinanzieren.
•
Soforthilfe IV 2.0: Hart von der Corona-Krise betroffene
Kultur- und Medienunternehmen mit mind. 2 Beschäftigten
konnten Zuschüsse bis zu 25.000 € zur Überwindung einer
existenzbedrohenden Wirtschaftslage beantragen. In begründeten Ausnahmefällen konnten bis zu 500.000 € beantragt werden.
Die vier aufgeführten Hilfsprogramme sind mittlerweile beendet,
eine Antragstellung ist nicht mehr möglich. Weiter aktuell sind folgende Unterstützungsmaßnahmen, die neben den weiterhin laufenden Bundesprogrammen auf Landesebene konzipiert wurden:
•
Digitalprämie: Mit der stetigen Veränderung der Arbeitsund Wirtschaftswelt hin zu einer immer stärker ausgeprägten Digitalisierung werden die Nutzung zeitgemäßer digitaler Anwendungen und die Innovation des eigenen Geschäftsmodells zunehmend überlebenswichtig. Nicht immer stehen hierfür ausreichend Zeit und Ressourcen zur
Verfügung, schon gar nicht, wenn das betriebliche Tagesgeschäft aufgrund von externen Einflüssen zusätzlich unter
Druck steht. Im Rahmen der umfassenden Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie legte das Land Berlin
deshalb, wie im August 2020 angekündigt, das Wirtschaftsförderprogramm „Digitalprämie Berlin“ auf und unterstützt damit aktiv den laufenden Digitalisierungsprozess
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
des Berliner Mittelstands. So werden mit der Digitalprämie
Berlin im Zuge eines vollständig digitalisierten Förderverfahrens unbürokratische Direktzuschüsse von bis zu 17.000 €
für konkrete Digitalisierungsvorhaben gewährt.
•
Coronahilfen für Startups: Das Land Berlin unterstützt gemeinsam mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
Startups und kleine mittelständische Unternehmen in Berlin, die infolge der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind. Die Mittel in Höhe von maximal 800.000 € je
Unternehmen bzw. Unternehmensgruppe werden je nach
Einzelfall über einen oder mehrere der drei Finanzierungswege — IBB Ventures GmbH, private Risikokapitalgeber
(Intermediäre) oder mittels Berlin Mezzanine (direkt bei der
IBB) vergeben.
•
Kongressfonds Berlin: Der Kongressmarkt ist von den Auswirkungen der Corona-Pandemie besonders betroffen. Die
Umsetzung sicherer Veranstaltungen wird auch in absehbarer Zukunft geboten sein und einen höheren Ressourceneinsatz der Veranstalterinnen und Veranstalter erfordern.
Der mit 10 Mio. € ausgestattete Fonds unterstützt den
ReStart und die Planung von Veranstaltungen, wenn die
Bekämpfung der Pandemie Kongresse und Veranstaltungen wieder ermöglicht. Gewährt wird bei Fachveranstaltungen in Berlin (ab 50 Teilnehmende) ein Zuschuss von 25 €
pro Präsenz-Teilnehmerin und -Teilnehmer. Bei Veranstaltungen, die analog und hybrid stattfinden, erhöht sich der
Zuschuss auf 35 € pro Präsenzteilnehmerin und Präsenzteilnehmer pro Veranstaltungstag. Die maximale Fördersumme pro Veranstaltung beträgt 49.950 €.
•
Neustarthilfe Berlin: Mit der Neustarthilfe unterstützt das
Land Berlin — ergänzend zum Bund — Soloselbstständige
und kleine Unternehmen. Das Programm hat ein Volumen
von 150 Mio. €. Ziel ist, Soloselbstständige und Kleinstunternehmen, die den besonderen Charakter der Berliner
Wirtschaft ausmachen und die gleichzeitig häufig stark von
der Pandemie betroffen sind, einen besseren Start aus
dem Lockdown zu ermöglichen, als dies das Bundesprogramm allein gewährleistet. Die vom Bund angekündigte
Neustarthilfe in Höhe von maximal 7.500 €, die nicht auf
die Grundsicherung angerechnet werden soll, weist zwei
wesentliche Nachteile auf: Zum einen werden in der Gruppe der Soloselbstständigen die besonders betroffenen
Gruppen mit geringen Vorjahresumsätzen nur unzureichend unterstützt. Zum anderen werden gerade kleinere
Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe mit bis zu fünf
Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern, die durch die pandemiebedingten Schließungen betroffen sind und die in ihrer
Struktur den Soloselbstständigen ähneln, also geringe Fixkosten haben und nach fast einem Jahr Pandemiebedingungen über keine Rücklagen mehr verfügen, nicht ausreichend von der Überbrückungshilfe III begleitet.
•
Bürgschaftshilfen: Um Liquiditätsengpässe bei Unternehmen zu vermeiden, weil sich die Auszahlung der Bundeshil-
fen verzögert, werden zu deren Vorfinanzierung Bürgschaften die Kreditvergabe der Hausbanken an Berliner Unternehmen um bis zu 90 % entlasten. Die Hausbanken erhalten hierbei in einem schlanken Verfahren eine 90 %ige
Bürgschaft der Bürgschaftsbank zu Berlin Brandenburg
(BBB) für Zwischenfinanzierungen bis zu 250.000 €. Bund
und Land verbürgen diese Bürgschaft zu 100 % im Verhältnis 6 % Bund und 3 % Land rück. Dafür ist ein Bürgschaftsrahmen von 100 Mio. € vorgesehen, was bei einer angenommenen Ausfallquote von 10 % bis zu 10 Mio. € Kosten
bedeutet. Mit der Zwischenfinanzierung werden unter Einbezug Dritter bei der Bundesplattform eingereichte und
automatisiert positiv vorgeprüfte Anträge begleitet. Die
Zwischenfinanzierung wird nach Erhalt der Bundeshilfe aus
dieser zurückgezahlt werden. Durch diese Maßnahmen
wird das Ausfallrisiko begrenzt.
•
Berlin Invest: Berlin legt ein eigenes zeitlich befristetes, regionales Förderprogramm auf, mit dem Anreize für kleine
und mittlere Unternehmen geschaffen werden, Investitionen zum Erhalt oder der Schaffung von Arbeitsplätzen vorzunehmen. Ausbildungsplätze können wie Dauerarbeitsplätze gefördert werden. Dies gilt auch für Arbeitsplätze,
die mit Menschen mit Behinderungen besetzt werden. Das
Programm soll grundsätzlich branchenoffen gestaltet werden, richtet sich aber insbesondere an die besonders von
der Pandemie betroffenen Branchen der Gastronomie, der
Tourismuswirtschaft und des stationären, regionalen Einzelhandels, sowie zahlreiche Dienstleistungs- und Handwerksunternehmen. Neben Unternehmen sollen auch Freiberuflerinnen und Freiberufler antragsberechtigt sein, soweit eine abschließende beihilferechtliche Prüfung diesem
Ansinnen nicht entgegensteht. Analog zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
(GRW) werden Investitionszuschüsse von bis zu 3 % der Investitionssumme übernommen. Mit dem Förderprogramm
sollen insbesondere Unternehmen gefördert werden, die
nicht im Rahmen der GRW gefördert werden, da ihnen die
überregionale Ausrichtung fehlt.
•
Ausweitung der Innovationsförderung und Stärkung des
Wirtschaftsstandorts Berlin: Mit einem Volumen von
150 Mio. € soll der Neustart der Berliner Wirtschaft angestoßen werden. Das Paket zielt auf die konkreten Bedarfe
der Berliner Unternehmen sowie Chancen zur Stärkung des
Innovationsstandorts Berlin und der effektiven Nutzung von
Kofinanzierungsmitteln des Bundes ab. Dabei sollen einerseits bereits begonnene oder beschlossene Maßnahmen
mit großem Potenzial weitergeführt werden, um eine nachhaltige Wirkung sicherzustellen, und andererseits neue Initiativen vorausschauend gefördert werden. Dies sichert die
langfristige Stärkung und Transformation der Wirtschaftsstruktur Berlins.
•
Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle für Kleinstselbstständige: Anders als für private Verbraucherinnen
und Verbraucher gab es für Soloselbstständige oder Inha-
7
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
berinnen und Inhaber von Kleinstunternehmen bislang kein
öffentliches Angebot einer Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle. Da der Bedarf aber seit Sommer 2020 absehbar war, fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Ende 2020 eine kostenfreie allgemeine Schuldnerberatung für diese Zielgruppe beim Träger
Berliner Stadtmission e.V.
Darüber hinaus hat das Land Berlin weitere stabilisierende
und zugleich konjunkturfördernde Programme umgesetzt.
Hervorzuheben sind mehrere außerplanmäßige Kampagnen
zur Unterstützung der Berliner Tourismuswirtschaft (u.a. „Erlebe
Deine Stadt, „Place2be“-Kampagne, „Berlin, auch das“-Kampagne), die Neuausrichtung der Berliner Fashion Week und
des Modestandortes insgesamt, der Club- und Kulturbranche.
Die Berliner Wirtschaft hat sich angesichts der außergewöhnlichen Umstände und der erwartbaren dramatischen Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen als kreativ und resilient in
der Krise erwiesen. Sie lieferte auch in diesem Ausnahmejahr
Ergebnisse, die optimistisch in die Zukunft blicken lassen. Denn
der Wirtschafts- und Innovationsstandort Berlin bleibt trotz Krise in zentralen Branchen auf Erfolgskurs. So trotzt die Digitalwirtschaft eindrucksvoll der Krise und bleibt der wichtigste
Wachstumstreiber für die Hauptstadt. Die Zuversicht der Unternehmen und ihr Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Berlin geben Hoffnung auf eine zügige wirtschaftliche Erholung nach
einer erfolgreichen Eindämmung der Pandemie.
Obgleich das Thema „COVID-19-Pandemie“ eine Vielzahl
anderer wirtschafts-, innovations- und energiepolitscher Themen in der öffentlichen Wahrnehmung an den Rand rückte,
wurden ungeachtet dessen auch hier wichtige, zukunftsweisende Fortschritte erreicht.
Berlin will das große Solarpotenzial besser nutzen, um das
Ziel, 25 % des Berliner Strombedarfs bis spätestens 2050 aus
Solarenergie zu decken, zu erreichen. Hierzu hat der Senat im
Frühjahr 2021 das Solargesetz Berlin beschlossen, das die
Solarpflicht für alle Neubauten und für den Bestand bei grundlegender Dachsanierung ab 2023 vorsieht. Die CO2-Einsparung innerhalb von fünf Jahren wird rund 37.000 Tonnen pro
Jahr ausmachen. Damit leistet das Gesetz einen wichtigen
Beitrag zum Klimaschutz. Darüber hinaus wird die regionale
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Wertschöpfung angekurbelt. Das Gesetzesvorhaben geht mit
der Umsetzung des Masterplans Solarcity — einem vielfältigen Maßnahmenbündel zur Beschleunigung des Solarausbaus — einher. Dazu wurden neun Handlungsfelder mit insgesamt 27 Maßnahmen definiert. Die Handlungsfelder erstrecken sich über die Verbesserung von Rahmenbedingungen für
Solarenergie, die Bereitstellung von kostenfreier Information
und Beratung, die Unterstützung durch Förderprogramme und
Anreize sowie die Stärkung von Marktakteuren wie Handwerk
und Architektur bis hin zu der Schaffung von Bildungsangeboten im Bereich der Solarenergie.
Die Gemeinschaftsaufgabe ”Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur” (GRW), das bedeutendste Wirtschaftsförderinstrument in Berlin, kam in 2020 erneut auf ein hohes Jahresergebnis. 149 Mio. € Fördermittel wurden für Investitionsmaßnahmen ausgezahlt und 204 Mio. € für neue Bewilligungen für die Jahre 2021-2023 vorgenommen. Darüber hinaus
hat Berlin die zusätzlichen Mittel aus dem Konjunkturpaket der
Bundesregierung vollständig gebunden und in gleicher Höhe
Landesmittel vorgesehen. Somit konnten 74,25 Mio. € zusätzlich zur Stärkung des Berliner Wirtschaftsstandorts eingesetzt
werden. Die große Nachfrage nach GRW-Mitteln zeigt das
weiterhin große Vertrauen in den Berliner Wirtschaftsstandort.
Die GRW-Mittel fließen zum einen in die Förderung von Berliner Unternehmen und wird für Investitionen bei Neuansiedlungen bzw. dem Ausbau bestehender Standorte eingesetzt.
Zum anderen wird in die Verbesserung der wirtschaftsnahen
Infrastruktur in Berlin investiert. Das Ziel ist, Arbeitsplätze zu
sichern und neue zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.
Der Masterplan Industriestadt Berlin (MPI) brachte auch im
Jahr 2020 die Akteure aus Politik, Kammern, Gewerkschaften,
Bildungseinrichtungen und Wirtschaft gezielt zusammen, um
Berlin gemeinsam als einen wettbewerbsfähigen und innovativen Industriestandort zu stärken. Der aktuelle MPI 2018 —
2021 kann inzwischen trotz anhaltender Corona-Pandemie
eine erfolgreiche Zwischenbilanz ziehen. Die Ergebnisse des
im Herbst 2020 durchgeführten dritten Monitorings haben gezeigt, dass 90 % der im MPI verabredeten Maßnahmen inzwischen aktiviert und mit konkreten Projekten entlang der vier
definierten Handlungsfelder „Fachkräfte und Innovation“, „Digitalisierung“, „Rahmenbedingungen“ und „Marketing“ untersetzt sind.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
In Berlin ist das Bruttoinlandsprodukt nach sieben Jahren mit wirtschaftlichem Wachstum 2020 deutlich zurückgegangen. Auslöser war die Corona-Pandemie, die zu starken Rückgängen u. a. im Tourismus und Gastgewerbe und in der Veranstaltungswirtschaft geführt hat. Andere Branchen wie bspw. die Informations- und
Kommunikationswirtschaft haben sich dagegen behauptet. Durch diesen Branchenmix fiel der Rückgang der
Wirtschaftsleistung in Berlin 2020 mit real 3,3 % geringer aus als im Bundesdurchschnitt. Die Entwicklung
im laufenden Jahr steht unter dem Vorbehalt des weiteren Pandemiegeschehens. Bei einer schrittweisen Eindämmung der Pandemie kann im Jahresverlauf ein wirtschaftlicher Aufschwung gelingen.
Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung
In Berlin ist das Bruttoinlandsprodukt, nachdem es zwischen
2013 und 2019 durchgehend gewachsen ist, im letzten Jahr
spürbar zurückgegangen. Insgesamt lag die Wirtschaftsleistung 2020 in Berlin bei rund 154,6 Mrd. €; dies waren 2,2 Mrd. €
weniger als ein Jahr zuvor. In realer Betrachtung ging das Bruttoinlandsprodukt 2020 um 3,3 % zurück und damit weniger
stark als im Bundesdurchschnitt. Der Dienstleistungssektor, der
rund 86 % der Wertschöpfung erbringt, war in besonders starkem Maße von den Folgen der wirtschaftlichen Einschränkungen durch Corona betroffen. Insgesamt ging die Wertschöpfung in den Dienstleistungsbranchen in Berlin 2020 um real
4,0 % zurück, nachdem sie in den fünf Vorjahren um jahresdurchschnittlich mehr als 4 % gewachsen war.
Durch den Lockdown von Mitte Dezember 2020 bis Mitte 2021
ist es nach einem ungünstigeren Verlauf Ende 2020 auch zu
einer schwachen Entwicklung Anfang 2021 gekommen; dies
lässt eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung somit erst später
einsetzen. Laut den IHK-Konjunkturumfragen vom Jahresbeginn und vom Frühjahr wurde die aktuelle Geschäftslage im
Saldo der Unternehmen zwar leicht positiv bewertet, allerdings
divergierte die Situation zwischen den Branchen in starkem
Maße und die IHK verwies auf bessere Ergebnisse bei größeren Unternehmen als bei den KMU. Die Geschäftserwartungen
waren insgesamt leicht optimistisch, ausgelöst vor allem durch
die Dienstleistungen, aber auch das Gastgewerbe und die Industrie waren positiv gestimmt. Auf Bundesebene zeigten
bspw. die ifo-Umfragen für Deutschland die wieder etwas größere Zuversicht der Unternehmen.
Die weitere Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes
in der Hauptstadtregion steht unter dem Vorbehalt, dass die
Eindämmung der Pandemie weiter voranschreitet und auf dieser Grundlage eine konjunkturelle Besserung einsetzt. Allerdings könnte selbst bei einer zur Jahresmitte hin einsetzenden
konjunkturellen Erholung das wirtschaftliche Vorkrisenniveau
im Jahr 2021 noch nicht erreicht werden. Dies ist begründet mit
dem jüngsten Lockdown, der den Aufschwung zeitverzögert
einsetzen lässt.
Was die einzelnen Wirtschaftszweige betrifft, stellen sich für
die konsumnahen Branchen des stationären Einzelhandels
und Gastgewerbes, die in starkem Maße vom Tourismus ab-
hängen, bei einer schrittweisen Lockerung der pandemiebedingten Einschränkungen positive Nachfrageimpulse ein. Damit geht eine Aufhellung des Verbraucherklimas bei gleichzeitigem Abbau der Sparquote einher. Von einem zunehmenden
Tourismus und geringeren wirtschaftlichen Einschränkungen
werden zudem die Kultur- und Kreativwirtschaft, Messen und
Kongresse unmittelbar profitieren, was sich entsprechend positiv auf die wirtschaftlichen Dienstleistungen auswirkt. Andere
wichtige Berliner Branchen, etwa Information und Kommunikation und der Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, dürften
weitere Impulse auslösen. Damit ist in Berlin von den Dienstleistungen, wie bereits vor 2020, wieder ein positiver Wachstumsbeitrag zu erwarten. Das Land Berlin unterstützt den
Restart der Wirtschaft mit Soforthilfen für Soloselbstständige
und Kleinunternehmen. Darüber hinaus stehen die Hilfen und
gesetzgeberischen Maßnahmen auf Bundesebene den Berliner Unternehmen zur Verfügung.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Berlin hat sich im Vorfeld der Corona-Pandemie wirtschaftlich sehr erfolgreich entwickelt. In den Jahren
2017 bis 2019 erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt
um jahresdurchschnittlich 3,6 %. Der Bundesdurchschnitt lag bei 1,5 %. Beim Bruttoinlandsprodukt pro
Einwohnerin und Einwohner übertraf Berlin zudem im
Jahr 2018 erstmals seit 2000 den Bundeswert. Damit
setzte Berlin den Aufholprozess fort. Mit den wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie
wurde das wirtschaftliche Wachstum unterbrochen. Besonders unter Druck geraten sind dabei die konsumnahen Branchen des Gastgewerbes und stationären Einzelhandels sowie die Tourismus-, Veranstaltungs- und
Kongressbranche. Neben viel Schatten gibt es in der
Krise aber auch Licht, denn die Wirtschaft in Berlin steht
auf mehreren Standbeinen. Die Digitalwirtschaft ist bislang stabil durch die Krise gekommen, die Industrie ist
deutlich weniger stark von der Krise betroffen als im
Bundesdurchschnitt und öffentliche Dienstleistungen
stabilisieren. Der Rückgang der gesamten Wirtschaftsleistung fiel in Berlin 2020 mit real 3,3 % deshalb
schwächer aus als der Bundesdurchschnitt mit einem
um 4,8 % geringeren Bruttoinlandsprodukt.
9
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Arbeitsmarkt unter Druck
Die wirtschaftlichen Brüche infolge COVID-19 belasten in starkem Maße den Berliner Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen, die im ersten Lockdown sprunghaft gestiegen war, hat
sich zwar seitdem stabilisiert. Allerdings bewegt sich die Arbeitslosenzahl durch die starke Zunahme vom letzten Frühjahr
auf einem deutlich höheren Niveau. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahr 2020 in Berlin 9,7 %, gegenüber 7,8 % ein Jahr
zuvor. Bei den Frauen lag sie 2020 bei 9,0 % und bei den
Männern bei 10,4 %. Im Jahresdurchschnitt 2020 wurden in
Berlin 192.600 Arbeitslose gezählt; dies waren 26,3 % mehr
als 2019.
Die nach wie vor schwierige Lage am Arbeitsmarkt wird an der
auch Anfang 2021 noch schwachen Arbeitskräftenachfrage
und dem hohen Niveau an Kurzarbeit ersichtlich. Im März 2021
gab es in Berlin insgesamt rund 122.900 Kurzarbeitende aus
konjunkturellen Gründen. Dies waren 7,8 % der Beschäftigten;
bundesweit lag dieser Anteil bei 8,0 %. Die Kurzarbeit ist damit, nachdem sie im Herbst im Zuge des zweiten Lockdowns
wieder zugenommen hatte, aber zuletzt wieder gesunken und
bewegte sich deutlich unter dem Höchststand von 239.500
Kurzarbeitenden im April letzten Jahres.
Damit gibt es Hoffnungsschimmer auf eine weitere Stabilisierung am Arbeitsmarkt, zumal im Juni von nur noch rund 200
Berliner Betrieben neue Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit eingingen und damit weniger als in den Vormonaten. Den
Höchstwert gab es im April letzten Jahres mit 27.700 Anzeigen. Mit einem voranschreitenden Abbau der Infektionsschutzmaßnahmen, einer wirtschaftlichen Erholung und einer zuneh-
menden Rückführung von Kurzarbeit könnten sich den Unternehmen im Zeitverlauf auch Spielräume für Einstellungen eröffnen, die positiv auf die Arbeitslosenzahlen ausstrahlen.
Corona hat auch Spuren bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung hinterlassen, die im letzten Frühjahr im
Zuge des ersten Lockdowns gesunken ist. Wurde im Januar
2020 die Beschäftigtenzahl des Vorjahres in Berlin um 49.300
übertroffen, waren es im Dezember noch 3.600. Gleichwohl
bewegte sich die Beschäftigung damit noch etwa auf dem
Vorjahresstand, wozu die Inanspruchnahme des arbeitsmarktpolitischen Instruments der Kurzarbeit beigetragen hat. Die
Gesamtzahl der Erwerbstätigen sank allerdings in Berlin 2020
um jahresdurchschnittlich 8.000 bzw. 0,4 % auf 2,059 Mio.,
wozu besonders der deutliche Rückgang bei den marginal Beschäftigten beigetragen hat.
Dienstleistungen uneinheitlich
Im Dienstleistungssektor hatte die Corona-Pandemie teils
schwerwiegende Folgen. Gegenüber der Finanzkrise
2008/09, von der insbesondere die Industrie betroffen war,
wirkte sich der Schock durch die Corona-Pandemie besonders
in den für Berlin bedeutenden Branchen Tourismus und Veranstaltungs-, Kultur- und Kongresswirtschaft aus. Insbesondere
durch die Kontaktbeschränkungen konnten viele Unternehmen
ihre Tätigkeit gar nicht oder nur eingeschränkt ausüben.
Die Einbrüche zeigen sich in besonderem Maße an den Zahlen beim Tourismus. Nach positiven Werten Anfang 2020 war
der weitere Jahresverlauf geprägt durch die Maßnahmen zur
Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Luise Nesbeda
Bereich Einzelhandel;
Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie
und Betriebe
Phillip Haverkamp
Projektleiter
Energiesparnetzwerk
des Berliner Handels;
Handelsverband
Berlin-Brandenburg e.V.
„Zur Unterstützung des Berliner Handels bei der Umsetzung
von Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen im eigenen Ladengeschäft, haben wir in Zusammenarbeit mit dem
Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. und der Klimaschutzoffensive des Handelsverbands Deutschland das
„Energiesparnetzwerk des Berliner Handels“ gegründet. Finanziert wird das Projekt aus Mitteln des Berliner Energieund Klimaschutzprogramms. Das innovative Netzwerk bietet
kleinen und mittelständischen Händlerinnen und Händlern
praxisnahe Informationen, Veranstaltungen sowie Experten,
um die eigenen Energiesparpotenziale zu erkennen.“
„Kleine und mittelständische Einzelhändlerinnen und –händler haben aufgrund fehlender personeller und finanzieller
Ressourcen Energieeffizienz und Klimaschutz häufig noch
nicht im Fokus. Das Energiesparnetzwerk des Berliner Handels unterstützt hier durch passgenaue Angebote wie gutscheinbezogene Effizienzchecks, Workshops und Informationsmaterial. Das Projekt vereint die lokalen Netzwerke des
Handelsverbandes Berlin-Brandenburg und das fachliche
Know-how der Klimaschutzoffensive des Handels. So erreichen wir den Berliner Handel mit zielgerichteten Lösungen
und Informationen.“
10
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Von Anfang März bis zur Lockerung des Beherbergungsverbots am 25. Mai 2020 und durch den zweiten Lockdown ab
November kam der Tourismus fast vollständig zum Erliegen.
Messen und Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Während 2019 noch über 34 Mio. Übernachtungen registriert wurden, waren es 2020 gerade einmal 12,3 Millionen. Dies entsprach einem Rückgang von 64,0 %; bei den Gästen fiel das
Minus mit 64,6 % ähnlich hoch aus. In den letzten Jahren lagen
die Umsätze allein aus den durch Touristen getätigten Einkäufen bei bis zu 5 Mrd. €. In 2020 dürfte dieser Anteil fast gänzlich entfallen sein. Mit dem sich hinziehenden Lockdown war
auch der Auftakt 2021 noch von einem tiefen Minus geprägt;
im ersten Quartal brach die Übernachtungszahl um 82,4 %
gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein. Im Vergleich zum ersten Quartal 2019, als die Pandemie noch nicht relevant war,
lag der Rückgang sogar bei 86,4 %.
Einbußen von gut 90 % gab es Anfang 2021 auch bei den
Fluggastzahlen. Im letzten Jahr gingen diese an den Berliner
Flughäfen insgesamt um 74,5 % zurück.
Durch den wegfallenden Tourismus sind die Umsätze im Berliner Gastgewerbe eingebrochen, der in starkem Maße von
den coronabedingten Schließungen und Frequenzverlusten
betroffen ist. In der Gastronomie entstanden 2020 Umsatzeinbußen gegenüber dem Vorjahr von 41,5 %; im Beherbergungssektor gab es ein Minus von 62,1 %. Im gesamten Berliner
Gastgewerbe kam es dadurch zu einem Umsatzrückgang von
49,2 %. Im 1. Quartal 2021 bewegte sich das Gastgewerbe um
68,2 % unter den Umsätzen vom Vorjahresmonat und damit
auf dem Niveau vom ersten Lockdown.
Die coronabedingt schwächere Konsumnachfrage, zu der besonders auch der eingebrochene Berlin-Tourismus beigetragen hat, war vor allem mit negativen Folgen für den stationären Einzelhandel verbunden. Die Auswirkungen der Pandemie
wie rückgängige Besucherfrequenzen, geändertes Verbraucherverhalten sowie die weiter zunehmende Digitalisierung
stellen daher insbesondere den stationären, inhabergeführten
Innenstadthandel vor Herausforderungen. Allerdings ist das
Bild im Berliner Einzelhandel zweigeteilt, denn durch Zuwächse bei Lebensmitteln und den Onlinegeschäften konnte der
Einzelhandel 2020 sogar insgesamt noch ein Umsatzplus von
real 2,3 % verbuchen. Dabei stieg der Umsatz beim Einzelhandel außerhalb von Verkaufsräumen, also im Wesentlichen dem
Online-Handel, im letzten Jahr besonders stark um 19,1 %.
Auch der Lebensmitteleinzelhandel befand sich im Plus mit einem Anstieg von rund 5 %. Insbesondere die Branchen des
klassischen stationären, saisonabhängigen Innenstadthandels
wie Textil- und Schuhwaren sowie Spielwaren, sind dagegen
besonders stark von Umsatzrückgängen betroffen. Der reale
Umsatz im Bereich „Einzelhandel in Verkaufsräumen mit Verlagsprodukten, Sportausrüstungen und Spielwaren sowie
sonstigen Gütern“ ist im letzten Jahr bspw. um insgesamt 8,6 %
gesunken. Insgesamt betrug der geschätzte Gesamtumsatz
des Berliner Einzelhandels innerhalb und außerhalb von Ver-
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die Wirtschaft ist in starkem Maße von den Folgen der
Corona-Pandemie betroffen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat den Wirtschaftseinbruch infolge
der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht 2020 dagegen noch nicht widergespiegelt. Im letzten Jahr gab es
in Berlin insgesamt 1.233 Unternehmensinsolvenzen (eröffnet oder mangels Masse abgelehnt), dies waren 149
bzw. 10,8 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Auch am
Jahresanfang 2021 war noch keine auffällige Zunahme
bei den Insolvenzzahlen zu erkennen. Insgesamt lässt
sich nicht belastbar abschätzen, wie viele Insolvenzen
im laufenden Jahr zu erwarten sind. Aber selbst wenn
Unternehmen eine längere Durststrecke durchstehen,
gibt es nichts zu beschönigen. Gerade in Berlin mit der
starken Betroffenheit des Gastgewerbes und den vielen
Kulturschaffenden ist die Not bei vielen Unternehmen
und Selbstständigen sehr groß.
Es lässt sich nicht ausschließen, dass trotz der umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen, mit denen Berlin
und der Bund den Unternehmen auch finanziell zur Seite stehen, viele in wirtschaftliche Existenznöte geraten
— darunter auch ehemalige Kleinstunternehmen und
Solo-Selbstständige. Für diese Gruppe hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eine
spezialisierte Schuldner- und Insolvenzberatung bei
der Berliner Stadtmission aufgebaut. Die neue Anlaufstelle hat zum Anfang Dezember 2020 ihre Arbeit aufgenommen und im ersten Quartal bereits 500 Beratungsgespräche mit insgesamt 141 Klienten geführt.
Neben zahlreichen anderen Maßnahmen wird auch
damit ein Beitrag geleistet, die schwerwiegenden Folgen der Corona-Pandemie abzumildern.
kaufsräumen (inklusive interaktiver Handel, aber ohne Kfz,
Tankstellen, Brennstoffhandel und Apotheken) 2020 in nominaler Betrachtung ca. 18,9 Mrd. €.
Bemerkenswert ist, dass die Neueintragungen für die Ausbildungsberufe Einzelhandelskauffrau/Einzelhandelskaufmann
(von 900 auf 893), Verkäuferin/Verkäufer (von 552 auf 541)
sowie Kauffrau/-Mann im E-Commerce (von 53 auf 56) 2020
fast stabil gegenüber 2019 geblieben sind. Mit insgesamt
3.222 Ausbildungsplätzen zählt der Einzelhandel weiterhin zu
den stärksten Ausbildungsträgern bei den Dienstleistungsberufen der Berliner Wirtschaft.
Nach dem Einbruch im Frühjahr 2020 waren die Gesamtumsätze im Einzelhandel in der Monatsbetrachtung mit dem erneuten Lockdown ab Dezember wieder negativ. Das Plus beim
Onlinehandel und bei Lebensmitteln konnte die erneuten
Rückgänge in anderen Bereichen des stationären Einzelhan-
11
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
dels nicht kompensieren, die im Januar teils Umsatzverluste
um rund die Hälfte hatten.
Unterschiedlich verlief die Entwicklung auch bei anderen
Dienstleistungsbranchen. Die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu denen u. a. Messen und Kongresse, Reisebüros
und die Arbeitnehmerüberlassung zählen, hatten teils deutliche
Einbußen und lagen bei den Umsätzen im 4. Quartal 2020 um
rund 23 % unter dem Stand vom Vorjahreszeitraum. Dagegen
zeigte sich die Branche Information und Kommunikation, die in
den Jahren bis 2019 deutliche Zuwächse verbuchen konnte, gerade bei den Informationsdienstleistungen weiter dynamisch
und blieb dadurch insgesamt stabil bei den Umsätzen. Dies gilt
ebenso für die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die auch im Gesundheits- und Sozialwesen stabil geblieben ist.
Insgesamt waren zum Stichtag 30.6.2020 in Berlin 1.335.000
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in den Dienstleistungsbranchen tätig, die damit einen Beschäftigtenanteil von
87 % hatten. Im Dienstleistungssektor sind weiterhin überwiegend Frauen tätig. Rund 54 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich. Insbesondere weisen die Bereiche des Gesundheitswesens, Erbringung
von Dienstleistungen der Informationstechnologie sowie die
Finanzdienstleistungen einen hohen Frauenanteil auf.
Bruttoinlandsprodukt (real) – Berlin im Vergleich mit Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
8,0
4,0
+2,9
+4,2
+5,1
+3,9+3,9
+2,7
+0,4
0,0
+2,2
+3,8
+3,6
+2,2
+1,5
+0,3 +0,4
+4,3
+2,6
+1,3
+2,6
+0,6
-0,2
-4,0
-3,3
-4,8
-8,0
Berlin
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
Deutschland
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Statistisches Bundesamt
Industrie im Jahresverlauf gefestigt — Bau robust
Nach dem Einbruch im ersten Lockdown hat sich die Berliner
Industrie stabilisiert und dadurch 2020 die Umsätze um 2,7 %
gesteigert. Zu dem noch positiven Gesamtergebnis hat die
Branchenstruktur in Berlin beigetragen. Mit der Herstellung
von Gummi- und Kunststoffwaren, dem Maschinenbau, der
Herstellung von DV-Geräten, elektronischen und optischen
Erzeugnissen, Kraftwagen und Metall waren mehrere Branchen in teils starken Maße mit Umsatzverlusten konfrontiert.
Dagegen konnten die Industriebranchen Nahrungsmittel,
elektrische Ausrüstungen und Pharma, die in Berlin 2020
rund die Hälfte der Industrieumsätze erbracht haben, im letzten Jahr zulegen und damit das gegenüber dem negativen
Bundesergebnis noch leichte Umsatzplus auslösen.
Auch die Auftragseingänge für die Berliner Industrie haben
gegen Jahresende 2020 zugenommen und übertrafen in der
Quartalsbetrachtung erstmals den Stand vom Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2020 lagen die Bestellungen aber um
2,0 % unter dem Vorjahresstand.
12
Zum Jahresauftakt 2021 zeigte sich die Berliner Industrie gefestigt. Für die ersten drei Monate blieben die Umsätze stabil
gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Industrieaufträge
sind wieder angezogen und deuteten wie die Stimmungsindikatoren auf eine günstige konjunkturelle Entwicklung hin. Dabei hat sich für die Industrie der konjunkturelle Rahmen insgesamt verbessert; die Aufträge sind bundesweit gestiegen
und das ifo-Geschäftsklima fällt in der Branche günstiger
aus. Die Weltwirtschaft und wichtige Abnehmerländer wie
China und die USA sind ebenfalls aufwärtsgerichtet. Dies
sollte positiv auf die Industrie in Berlin ausstrahlen, obgleich
Unsicherheiten unter anderem durch das Pandemiegeschehen
verbleiben.
Die gesamte Außenhandelsbilanz Berlins zeigte sich 2020
aber schwächer. Es wurden Waren im Wert von rund 14,4 Mrd. €
exportiert und damit 5,2 % weniger als 2019. Während die
Exporte bspw. in den EU-Raum und die USA geringer ausfielen, gab es gegenüber China ein Ausfuhrplus. Größtes Abnehmerland waren aber weiterhin die USA, gefolgt von
Frankreich und China.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
SvB der Dienstleistungsbranchen 2020
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) 2020 absolut und prozentuale Veränderung gegenüber 2019 in %
+2,7
Gesundheits- und Sozialwesen
Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen1
+2,0
Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz
-0,3
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen2
-5,5
Information und Kommunikation
+5,2
Erziehung und Unterricht
+4,4
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherungen
+6,1
+0,8
Erbringung von sonstigen Dienstleistungen3
Verkehr und Lagerei
-1,7
Gastgewerbe
Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen
absolute Anzahl der SvB in Tausend
25
-15,7
+4,6
50
75
100
125
150
175
200
225
250
Freiberufl., wissenschaftl. u. techn. Dienstleistungen, Immobilien
z. B. Vermietung von beweglichen Sachen, Vermittlung von Arbeitskräften, Reisebüros, Gebäudebetreuung.
3
z. B. Erbringung persönlicher Dienstleistungen, Reparatur von DV-Geräten und Gebrauchsgütern.
1
2
Quelle: Bundesagentur für Arbeit Stand: 30.12.2020
Das Baugewerbe zeigte sich 2020 robust in der Krise und
konnte die Umsätze im Bauhauptgewerbe (+5,0 %) und im Ausbaugewerbe (+3,6 %) steigern. Insgesamt entstand im Berliner
Baugewerbe 2020 ein Umsatzplus von 4,5 %. Ausdruck des
stabilen Baugeschehens ist auch das Arbeitsvolumen in Form
der geleisteten Arbeitsstunden, das im letzten Jahr im Bauhauptgewerbe um 5,5 % zunahm. Obgleich das Baugewerbe
in Berlin ebenfalls von den Folgen der Pandemie betroffen
war, zeigte es sich somit insgesamt in stabiler Verfassung und
bewegte sich im Zuge der gestiegenen Bauaktivität auch auf
einem höheren Beschäftigungsniveau. Bei den Auftragseingängen im Bauhauptgewerbe gab es 2020 allerdings einen
Rückgang um 21,8 %. Dabei sind als Basiseffekt aber starke
Auftragszuwächse aus den beiden Vorjahren zu beachten, als
die Nachfrage um 9,2 % bzw. 31,0 % gestiegen war. Die Zahl der
Baugenehmigungen für Wohnungen lag 2020 bei 20.459 und
erreichte ebenfalls nicht das Vorjahresniveau von 22.524. Der
Auftragsbestand im Berliner Bauhauptgewerbe lag Ende Dezember 2020 bei 1,70 Mrd. €. Damit hat sich der Auftragsbestand im Jahresverlauf 2020 etwas abgebaut (1,72 Mrd. € Ende
September, 1,81 Mrd. € Ende Juni und 1,95 Mrd. € Ende März),
aber er bewegte sich weiterhin auf einem hohen Niveau. So sind
die Jahresdurchschnittswerte des Auftragsbestands seit 2016
kontinuierlich gestiegen. Zusammen mit einer bei abnehmendem Pandemiegeschehen wieder anziehenden Gesamtkonjunktur trägt dies zu einer weiterhin stabilen Bautätigkeit in Berlin bei.
Das Berliner Handwerk war und ist durch die seit 2020 anhaltende Corona-Pandemie sehr unterschiedlich betroffen: Fri-
seurinnen und Friseure sowie Kosmetikerinnen und Kosmetiker
erlebten aufgrund des variierenden Pandemieverlaufs und der
damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen einen immer wieder — auch mehrmonatigen — unterbrochenen Geschäftsbetrieb. Goldschmiedinnen und Goldschmiede und
Fotografinnen und Fotografen konnten zwar in ihren Werkstätten arbeiten, aber zeitweise keine Produkte im stationären Einzelhandel verkaufen. „Zulieferer“ (z. B. Tischlerinnen und Tischler für Messebau, Fotografinnen und Fotografen für Events und
Veranstaltungen, Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger, Bäckerinnen und Bäcker, Fleischerinnen und Fleischer für
den Hotel- und Gaststättenbereich) haben nach wie vor fehlende Aufträge durch Einstellung oder nur eingeschränkte Geschäftstätigkeit der „Auftrag gebenden“ (Messen, Veranstaltungen, eingeschränkte oder gänzlich eingestellte Tätigkeit
von Hotellerie und Gastronomie etc.). Heizungsbauerinnen
und Heizungsbauer, Elektrikerinnen und Elektriker können ihre
Leistungen mit den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen anbieten. Dachdeckerinnen und Dachdecker und Gerüstbauerinnen und Gerüstbauer können ebenfalls arbeiten. Das gleiche gilt für das Bau- und Ausbaugewerbe insgesamt.
Obwohl das Handwerk insgesamt im Unterschied zu vielen anderen Branchen nicht von langen oder sogar noch anhaltenden Schließungsphasen betroffen ist, sollte der Blick auf die
körpernahen Dienstleistungen gelenkt werden, denn sowohl
das Friseur- als auch das Kosmetikhandwerk sind von allen
Gewerken am stärksten direkt betroffen. Bereits vor der Pandemie waren hohe Hygienestandards Teil der Geschäftstätigkeit.
13
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Dadurch, dass die Dienstleistung in großer Nähe zueinander
stattfinden, mussten diese Maßnahmen noch einmal erheblich
verstärkt werden. Dieses führte auch bei der Wiederaufnahme
des Betriebes zu niedrigeren Bedien- und Behandlungszahlen
und somit großen wirtschaftlichen Herausforderungen.
Für Berlin stellt das Handwerk mit über 30.800 Betrieben nach
wie vor einen zentralen Wirtschaftssektor dar und trägt zum positiven Trend der Berliner Wirtschaft bei. Im Spätsommer 2020
bewerteten insgesamt 37 % der Handwerksbetriebe ihre aktuellen Geschäftsergebnisse als gut; 18 % urteilten mit schlecht
— ein Positiv-Saldo von 19 Zählern. Die Besorgnis über die
Auswirkungen der Corona-Pandemie und die Verunsicherung
über die Entwicklung in den kommenden Monaten war deutlich
in den Geschäftserwartungen zu spüren. Nur noch 17 % gingen
von einer Verbesserung der Wirtschaftslage aus, 27 % blickten
zurückhaltend in die Zukunft. Der Geschäftsklimaindex des
Berliner Handwerks stand bei 103 Punkten, ein Verlust von 8
Zählern gegenüber dem Frühjahr. Bauhaupt-, Ausbau- und
Gesundheitsgewerbe übertrafen noch die 100-Punkte-Marke.
Die abnehmende Zuversicht spiegelt sich in den allgemeinen
Erwartungshaltungen der Betriebe wider. 19 % rechneten mit
weiterem Wachstum, 24 % mit nachlassenden Geschäften.
Auch das Nahrungsmittelhandwerk ist durch die Pandemie betroffen. Der Geschäftslage-Saldo ist von plus 7 im Vorjahr auf
minus 36 Punkte gefallen. Mehrheitlich erwarten die Betriebe
jedoch eine Verbesserung der Nachfrage und damit auch der
Umsätze. Auch im Gesundheitsgewerbe war ein Drittel der Be-
Meistergründungsprämie
Um jungen Handwerksmeisterinnen und -meistern den
Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, bietet das
Land Berlin seit vielen Jahren über das zu 50 % mit Mitteln
der EU kofinanzierte Programm „Meistergründungsprämie“ schnell und unbürokratisch finanzielle Unterstützung
an. Die Prämie ist im Jahr 2018 erhöht worden und kann
bis zu 15.000 € betragen. Die Erhöhung hebt die Bedeutung des qualifizierten Handwerks für den Standort Berlin
deutlich hervor. Die Auszahlung der Meistergründungsprämie erfolgt in zwei Stufen: In der ersten Stufe (Gründungsphase) erhalten die Meisterinnen und Meister 8.000
€; in der zweiten Stufe (nach drei Jahren) weitere 5.000 €,
sofern sie einen Ausbildungsplatz oder sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz geschaffen haben. Sollte es
sich um einen Ausbildungsplatz in einer mit weiblichen Arbeitskräften gering besetzten Branche handeln, beträgt
die Prämie in der zweiten Stufe 7.000 €, sofern er mit einer
weiblichen Auszubildenden besetzt wird. Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 82 (2019: 98) Meisterinnen und
Meister im Handwerk gefördert werden. Davon waren 50
Existenzgründungen und 32 Förderungen für einen Arbeitsplatz. In deren Folge wurden ca. 117 Arbeitsplätze
und 12 Ausbildungsplätze neu geschaffen.
14
triebe von der Pandemie betroffen. Der branchenspezifische
Konjunkturindex verbesserte sich aber um 20 Zähler im Frühjahrsvergleich, da 96 % der Betriebe von einer Verbesserung
bzw. Verstetigung der wirtschaftlichen Lage ausgingen.
Die Betriebsstatistik der Handwerkskammer Berlin ist dennoch
grundsätzlich positiv: 30.852 Handwerksbetriebe zum Jahresende 2020, das sind 309 Betriebe mehr als noch im Vorjahr.
Eine bedeutende Investition für die Zukunft, Fundament für
Selbstständigkeit und beruflichen Erfolg ist ein Meistertitel im
Handwerk. Er steht für eine hochqualifizierte Ausbildung und
Fachwissen, ist ein wichtiges Gütesiegel und ein Aushängeschild für jeden Betrieb, das Vertrauen erweckt. Der Meisterbrief ist eine exzellente Garantie für handwerkliche Praxis und
betriebswirtschaftliches Denken. Er ermöglicht es Meisterinnen
und Meistern, Wissen weiterzugeben und junge Menschen für
berufliche Ausbildung zu begeistern.
Die Zahl der Unternehmensgründungen ist in Berlin 2020 etwas
geringer ausgefallen als im Vorjahr, zeigte sich aber insgesamt
stabil und erreichte im Vergleich mit den anderen Bundesländern ein weiterhin überdurchschnittliches Niveau. In Berlin kam
es im Jahr 2020 zu insgesamt 37.682 Neugründungen von Unternehmen, gegenüber 38.210 im Vorjahr. Damit fiel die Gründungstätigkeit leicht um 1,4 % geringer aus. Zu dieser Entwicklung dürfte unter anderem eine eher vorsichtige Gründungsneigung wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit infolge der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie und die damit verbundene schwierigere Wirtschaftslage beigetragen haben.
Unter den Bundesländern liegt Berlin in der Gründungsdynamik aber weiterhin vorne. Im Jahr 2020 gab es die meisten
neuen Unternehmen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner (103), noch vor Hamburg (87) und Hessen (74). Der Bundesdurchschnitt lag bei 65. Weiterhin günstig ist Berlins Position auch bei den sogenannten Betriebsgründungen, denen ein
höheres wirtschaftliches Gewicht zugeordnet wird. Es handelt
sich hierbei um Gründungen, bei denen bspw. ein Eintrag im
Handelsregister oder eine Handwerkseigenschaft vorliegt
bzw. es mindestens eine beschäftigte Person gibt. Die Zahl der
Betriebsgründungen zeigte sich 2020 in Berlin stabil. Hier erreichte die Hauptstadt pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner einen Wert von 25 und lag damit vor Hamburg und
Bremen mit Werten von 24 und 20. Ein Wert von 14 entstand im
Bundesdurchschnitt. Auch dies unterstreicht das starke Gründungsgeschehen in Berlin.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher Wohlstand und ökonomische Stabilität
Die klassischen volkswirtschaftlichen Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit fielen bis zur COVID-19-Krise in
Berlin äußerst positiv aus. Zwischen 2016 und 2019 erhöhte
sich das Bruttoinlandsprodukt um real 11,1 %. Gerade die Expansion der Dienstleistungen hat dabei positiv gewirkt und
auch zu einem deutlichen Anstieg der Erwerbstätigenzahl beigetragen. Um den Standort Berlin insbesondere auch unter
den Aspekten der Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Entwicklung differenziert und umfassend abbilden zu können,
müssen aber weitergehende Wohlfahrtsindikatoren in die Betrachtung einfließen.
Neben der Betrachtung des reinen Wirtschaftswachstums werden deshalb nachfolgend ökonomisch, sozial und ökologisch
messbare Indikatoren betrachtet, um eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung darstellen und bewerten zu können. Diese
sollen die Lebensqualität der Menschen und deren Teilhabe
am Wirtschaftswachstum sowie den verantwortungsbewussten
Umgang mit Ressourcen in den Blick nehmen.
Mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kann der wirtschaftliche Wohlstand des Einzelnen und dessen Veränderung gemessen werden. Die Entwicklung des materiellen Wohlstands
hängt — positiv wie negativ — damit auch von der Bevölkerungsentwicklung ab. Die Normierung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf korrigiert die Veränderung des materiellen
Wohlstands folglich um den Anteil, der sich aus einer reinen
Bevölkerungsveränderung ergibt.
Die positive Entwicklung und der Aufholprozess Berlins zeigen
sich auch bei dieser Kennziffer. Lag das Bruttoinlandsprodukt
pro Kopf 2016 noch bei 37.551 €, betrug es drei Jahre später
42.886 €. Damit übertraf Berlin 2019 erneut den Bundesdurchschnitt, nachdem dieser 2018 erstmals seit dem Jahr
2000 überschritten worden war. Infolge des wirtschaftlichen
Rückgangs durch die Corona-Pandemie lag das Bruttoinlands
produkt pro Kopf im Jahr 2020 bei 42.221 € und sank damit
um 1,6 % gegenüber dem Vorjahr; in Deutschland betrug es
40.088 €. Damit bewegte sich Berlin aber erneut oberhalb
des Bundesdurchschnitts.
Ein wichtiger Bestimmungsfaktor für die ökonomische Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und deren Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit sind der Umfang und die Qualität der Infrastruktur. Dabei geben die Bruttoanlageinvestitionen Hinweise auf
den Kapitaleinsatz für die Weiterentwicklung der betrieblichen
und der öffentlichen Infrastruktur. In diesem Zusammenhang ist
auch das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes ein wichtiger Faktor. Die
Bruttoanlageinvestitionen stellen den Wert der Anlagen dar, die
von inländischen Wirtschaftseinheiten erworben werden, um sie
länger als ein Jahr im Produktionsprozess einzusetzen. Investitionen in neue Anlagen bestehen aus den drei Teilbestandsgrößen Ausrüstungen (z. B. Maschinen und Geräte), Bauten (z. B.
Bauleistungen an Wohn- und Nichtwohngebäuden) und sonstige Anlagen (z. B. Investitionen für Software und Datenbanken).
Daten zu den Bruttoanlageinvestitionen liegen aktuell für das
Jahr 2018 vor, in dem in Berlin insgesamt 28,5 Mrd. € investiert
wurden. Damit stiegen sie gegenüber dem Vorjahr um real 6,3 %,
während sie sich im Bund um 3,5 % erhöhten. Die Investitions-
Oliver Falk
Leitung Bereich Konjunktur
und Statistik; Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie
und Betriebe
Oliver Kurz
Leitung Fachbereich
Marktentwicklung/Migration;
Regionaldirektion
Berlin-Brandenburg
der Bundesagentur für Arbeit
„Berlin hat durch die Corona-Pandemie einen wirtschaftlichen Einbruch erfahren, der trotz der großen Betroffenheit in
konsumorientierten Branchen und bei unternehmensnahen
Dienstleistungen aber insgesamt weniger stark ausfiel als im
Bundesdurchschnitt. So ist die in Berlin überdurchschnittlich
repräsentierte Branche Information und Kommunikation stabil durch die Krise gekommen und auch die Industrie hat
sich vergleichsweise gut gehalten. Mit Überwindung der
Pandemie wird der Berliner Branchenmix wieder zu wirtschaftlichem Wachstum führen.“
„Berlin ist von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders betroffen. Die Agenturen für Arbeit und Jobcenter
haben mit vollem Einsatz dazu beigetragen, den Lebensunterhalt für betroffene Personen abzusichern, versierte Arbeitskräfte in den Betrieben zu halten und gleichzeitig Arbeitslosigkeit in sehr vielen Fällen vermieden. Ich teile die
Zuversicht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) auf sich abzeichnend steigende Beschäftigung, den
Rückgang der Arbeitslosigkeit und hoffe für die besonders
betroffenen Bereiche auf sehr schnelle Besserung nach
Ende der massiven Einschränkungen.“
15
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
quote lag 2018 in Berlin bei 19,1 %, gegenüber 17,0 % in 2010.
Bei den Anschaffungen von neuen Anlagen dominierte 2018
der Dienstleistungssektor mit einem Anteil von 85,1 %. Auf das
Produzierende Gewerbe (Industrie, Energie und Bau) entfielen
14,9 % der neuen Investitionen. Grundlegend ist die Investitionsneigung in Berlin expansiv ausgerichtet. Nachdem es im
Frühjahr 2020 zu Beginn der COVID-19-Pandemie einen
schwächeren Wert gegeben hatte, haben sich die Investitionsabsichten der Berliner Unternehmen laut den Umfragen der
Industrie- und Handelskammer anschließend stabilisiert und
fielen Anfang 2021 wieder günstiger aus.
Ein zentraler Zukunftsfaktor sind außerdem die Ausgaben für
Forschung und Entwicklung (FuE). Diese sind zukunftsgerichtete Investitionen und generieren systematisch neues Wissen.
Dadurch wird die technologische Grundlage für künftige Produktionen in einem nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld erweitert.
Die FuE-Ausgaben sind in den vergangenen Jahren in Berlin
kontinuierlich gestiegen. Beim Anteil der Aufwendungen für öffentliche FuE am Bruttoinlandsprodukt erreichte Berlin mit 1,27 %
im Jahr 2018 den höchsten Wert unter den Bundesländern. Die
Ausgaben der Berliner Wirtschaft in FuE sind hingegen unterdurchschnittlich. Großunternehmen tragen dabei den Großteil
der FuE-Ausgaben. Im Gegensatz zu den anderen Größenklassen weisen Berliner Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine geringere FuE-Intensität
als im Bundesdurchschnitt auf.
Der Anteil aller Ausgaben für FuE am Bruttoinlandsprodukt inkl.
der Wirtschaft und Hochschulen lag in Berlin 2018 bei 3,51 %.
In Deutschland betrug dieser Wert 3,13 %. Die europäischen
Länder haben sich bereits im Jahr 2000 das Ziel gesetzt, 3 %
ihres Bruttoinlandsprodukts für FuE auszugeben. Für das Jahr
2025 hat sich die Bundesregierung zum 3,5 %-Ziel bekannt.
Erwerbstätige in Berlin
Veränderungen gegenüber Vorjahr in 1.000 und in %
70
+3,1
60
3,5
+3,1
3,0
+2,8
50
+2,2
+1,9
+1,9
2,5
+2,2
+2,1
2,0
30
+1,1
1,5
+0,9
20
1,0
10
0,5
0
0,0
-10
-20
-0,4
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
in %
absolut in 1.000
40
-0,5
-1,0
Quelle: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: Soziale Gerechtigkeit
Um eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes zu
betrachten, werden rein materiell messbare Größen ergänzt
um die Auswertung sozialer Indikatoren. Dabei wird der Blick
auf Bevölkerungsstatistiken und insbesondere auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen gerichtet. Erst wenn die unterschiedlichen Gruppen an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben und damit gleiche Chancen am Arbeitsmarkt bestehen,
lässt sich auch von einer gleichberechtigten Partizipation am
gesellschaftlichen Leben sprechen.
16
Die Erwerbstätigenquote zeigt in Ergänzung zur Arbeitslosenquote, welchen Anteil die Erwerbstätigen an der gesamten
Wohnbevölkerung im beschäftigungsfähigen Alter an. Dabei
werden auch Personen berücksichtigt, die sich nicht arbeitslos
gemeldet haben, jedoch prinzipiell erwerbsfähig sind. Zu dieser Gruppe gehören bspw. Personen mit einer Langzeiterkrankung oder Eltern, die für ihr Kind keine Betreuungsmöglichkeit
haben. In Berlin nimmt die Erwerbstätigenquote, bezogen auf
die Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren, seit Jahren zu
und lag im Jahr 2019 bei 78,5 %, bevor sie 2020 auf 77,1 %
sank. Damit befand sie sich nur noch leicht unter dem Bundes-
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
durchschnitt von 80,0 %. Ausdruck der starken Dynamik am
Berliner Arbeitsmarkt ist auch, dass die Erwerbstätigenquote in
den letzten zehn Jahren um 7,8 Prozentpunkte und damit überdurchschnittlich stieg.
In Berlin haben sich die Erwerbsmöglichkeiten für Frauen verbessert; im Zuge des starkes Zuwachses an Beschäftigungsmöglichkeiten im expandierenden Dienstleistungssektor, der
insgesamt guten Konjunktur in den letzten Jahren sowie Maßnahmen zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf. Berlin hat deshalb in den letzten Jahren bspw. den bedarfsgerechten Ausbau des Kitaangebots forciert (siehe Berliner Familienbericht 2020). Die Frauenerwerbstätigenquote
lag im Jahr 2020 in Berlin bei 74,1 % (Bund: 76,8 %). Damit
gehen immer mehr Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren
mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach. In den letzten zehn
Jahren ist die Quote um 7,3 Prozentpunkte gestiegen. Die Erwerbstätigenquote der Männer lag 2020 in Berlin bei 80,2 %
(Bund: 83,1 %).
Auch für die Altersgruppe der 55- bis 64-jährigen Frauen und
Männer hat sich die Erwerbstätigenquote in den letzten zehn
Jahren kontinuierlich verbessert, bevor es 2020 zu einem Rückgang kam. Sie betrug 2019 in der gesamten Gruppe 71,7 %
und sank 2020 auf 68 %. Im Vergleich zum Jahr 2010 erhöhte
sie sich aber um knapp 15 Prozentpunkte. Die Quote der Männer bewegte sich 2020 in dieser Altersgruppe bei 68,7 %; bei
den Frauen lag sie bei 67,4 %.
Um am Arbeitsmarkt aktiv teilzuhaben, ist eine abgeschlossene Schulbildung oder eine Ausbildung ein maßgeblicher Faktor. So nehmen die Jobchancen mit einem mittleren Bildungsabschluss der Sekundarstufe II im Vergleich zur Sekundar
stufe I deutlich zu. Dies unterstreicht, dass ein Bildungs- bzw.
Berufsabschluss die beste Investition in die individuelle Zukunft
und oft die Voraussetzung für die Erzielung eines auskömmlichen Erwerbseinkommens ist. Daher haben sich die Länder
der Europäischen Union zum Ziel gesetzt, den Anteil der frühen
Schulabgängerinnen und Schulabgänger1 unter den Wert von
10 % zu senken.
In Berlin lag der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und
Schulabgänger im Jahr 2020 bei 10,6 %. Bei einem niedrigen
Bildungsgrad oder einer geringeren Qualifizierung sind Menschen überdurchschnittlich oft arbeitslos. So betrug die Differenz der Beschäftigungsquoten der 20- bis 64-Jährigen nach
ihrem Bildungsstand zwischen der Sekundarstufe I und dem
Tertiären Bereich, der auf höhere berufliche Positionen vorbereitet, im Jahr 2020 in Berlin 36,9 Prozentpunkte.
Ein weiterer wichtiger Punkt zur Teilhabe am Arbeitsmarkt ist,
Menschen mit Behinderung über geeignete Rahmenbedingungen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern. Dies
1
Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von
18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden, keinen beruflichen Ausbildungsabschluss haben und nicht über
einen Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Sektoren
in Mio. Euro; Anteil der Ausgaben am BIP in %
3,7
6.000
3,6
5.000
3,5
3,4
4.000
in Mio. Euro
3.000
3,2
3,1
2.000
Anteil am BIP in %
3,3
3,0
2,9
1.000
2,8
0
2,7
2007
Staat
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Hochschulen
Wirtschaft Anteil FUE/BIP
Quelle: Statistisches Bundesamt
17
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
soll gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe sowie ein
weitgehend selbstbestimmt geführtes Leben ermöglichen. Die
Ist-Quote für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen2 lag im Jahr 2019 in Berlin bei 5,1 % und damit in der
Spitzengruppe der Bundesländer. Dazu hat vor allem der öffentliche Sektor mit einer Quote von 8,0 % beigetragen. Die
Beschäftigtenzahl bei den schwerbehinderten Menschen ist
zudem gestiegen und hat sich im Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen 2014 und 2019 um 7,7 % erhöht.
Die bis Corona gute konjunkturelle Lage sowie die arbeitsunterstützenden Maßnahmen hatten die Langzeitarbeitslosigkeit
in Berlin deutlich sinken lassen. Waren 2010 noch 83.500
Menschen langzeitarbeitslos, war diese Zahl bis 2019 auf
38.300 gesunken und hatte sich damit mehr als halbiert. Allerdings nahm die Zahl der Langzeitarbeitslosen 2020 wieder
um rund 9.100 Personen bzw. 23,9 % zu.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: ökologische Wirtschaftsentwicklung
Ein nachhaltiges Wirtschaften und eine konsequente Fortführung der Energiewende beziehen die Folgen des Handelns für
gegenwärtige und zukünftige öffentliche Güter und Ressourcen mit ein. Damit soll sich das Wirtschaftswachstum von der
Ressourcennutzung weiter abkoppeln. Ressourcen sollen dabei nicht nur durch andere substituiert werden - z.B. Kohle
2
In Deutschland sind Unternehmen ab einer Größe von durchschnittlich 20 Beschäftigten pro Jahr dazu verpflichtet, mindestens 5 % ihrer
Belegschaft mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Personen zu besetzen.
durch Biomasse -, sondern der Ressourcenverbrauch ist insgesamt zu reduzieren. Denn natürliche Ressourcen müssen geschützt, das Wohlergehen künftiger Generationen berücksichtigt und die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner kontinuierlich verbessert werden.
Aus den bis 2019 vorliegenden Daten wird ersichtlich: Trotz
starken Wachstums ist Berlin mit einem langfristig positiven
Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit auf dem richtigen Weg.
Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zahlt sich aus.
Der Primärenergieverbrauch (PEV), der den Energiegehalt aller im Inland eingesetzten Energieträger wiedergibt, ist 2019
im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 26,5 % gesunken. Der
Verbrauch von Steinkohle verringerte sich in diesem Zeitraum
um 75,0 %; der Verbrauch von Braunkohle ging fast vollständig um 99,1 % zurück. In der aktuellen Bilanz decken diese
beiden Energieträger nur noch 8,1 % des Gesamtprimärenergieverbrauchs ab (1990: 36,7 %). Daneben gewinnt das Angebot an erneuerbaren Energien in Berlin stetig an Bedeutung.
Im Vergleich zum Jahr 2000 stieg der Anteil der erneuerbaren
Energien am Primärenergieverbrauch von 0,7 % im Jahr 2000
auf 5,3 % in 2019.
Der Endenergieverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlands
produkt wiederum zeigt die tatsächlich verwendete Energie
zur Erzeugung der Wirtschaftsleistung. Dabei ist der Endenergieverbrauch geringer als der Primärenergieverbrauch, da es
durch die Umwandlung von Energie zu Verlusten kommt. Auch
der Endenergieverbrauch ging in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Speziell im Jahr 2019 reduzierte sich der End
energieverbrauch beim Einsatz von Strom (-1,9 %) und Gas
Primär- und Endenergieverbrauch je 1000 EUR Bruttoinlandsprodukt (Energieintensität)
7
Energie in GJ/1000 EUR BIP
6
5
4
3
2
1
0
2008
2009
2010
PEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
EEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
2011
2012
2014
PEV je 1000 Euro BIP in Berlin
EEV je 1000 Euro BIP in Berlin
Quellen: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Energie- und CO2-Bilanz in Berlin 2018)
18
2013
2015
2016
2017
2018
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
(-2,4 %), während sich der Einsatz Erneuerbarer Energien um
0,9 % erhöhte. Seit 1990 ist der Endenergieverbrauch von
279 PJ auf 246 PJ in 2019 zurückgegangen, worin sich v.a. der
gesunkene Verbrauch an Kohle und Mineralöl widerspiegelt.
Steigende Energieeffizienz und -produktivität der Wirtschaft
führen dazu, dass Berlin trotz starken wirtschaftlichen Wachstums auch bei den Treibhausgasemissionen auf gutem Weg ist.
Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, diese von 1990 bis 2020 um
40 % und bis 2030 um 60 % zu senken. Gegenüber dem Basisjahr 1990 sind die CO2-Emissionen (Verursacherbilanz)
2019 um rund 41 % zurückgegangen. Damit wurde 2019 —
also noch vor der Coronakrise — das Klimaziel erreicht. Insbesondere durch den vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg und
das Berliner Energie- und Klimaprogramm ist es gelungen, die
CO2-Emissionen weiter zu senken. 2019 gegenüber 2016 gab
es einen Rückgang um 14,1 %; verglichen mit 2018 gab es um
rund 7 % verringerte CO2-Emissionen. Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zeigt sich auch an den CO2-Emissionen je
Einwohnerin und Einwohner, die stark zurückgegangen sind.
Während pro Kopf im Jahr 1990 noch durchschnittlich 8,5 t
CO2-Emissionen verursacht wurden, waren es gemäß Verursacherbilanz im Jahr 2019 noch 4,7 t und damit rund 45 % weniger.
Bei der Energieintensität, also dem Primärenergieverbrauch
im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, wird die für eine bestimmte Einheit an Wirtschaftsleistung benötigte Energie aufgezeigt. Waren in Berlin im Jahr 2000 3,9 Gigajoule zur Erzeugung von 1.000 € des Bruttoinlandsprodukts notwendig, ging
dieser Wert bis 2018 auf nur noch 1,8 Gigajoule zurück. Damit
ist die Energieintensität im Zeitverlauf deutlich gesunken. Für
Deutschland lag die Energieintensität 2018 bei 3,9 Gigajoule
je 1.000 €. Sie war aber auch hier in den letzten Jahren rückläufig.
19
III. Wirtschaft
Berlin gehört zu den größten Wissenschaftsregionen Europas mit international renommierten Hochschulen
und Forschungseinrichtungen. Die intensive Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zeigt
sich in vielfältigen Netzwerken und Kooperationsmöglichkeiten. Berlin verfügt über zahlreiche moderne
Technologiezentren und Zukunftsorte mit wissenschaftsnaher Infrastruktur — ideale Standorte für junge und
technologieorientierte Unternehmen.
III.1 Cluster der innoBB 2025
Das innovationspolitische Geschehen der Länder Berlin und
Brandenburg entwickelte sich auch im aktuellen Berichtszeitraum positiv. Die Stärkung und Förderung der Unternehmen,
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den fünf länderübergreifenden Clustern
•
•
•
•
•
Gesundheitswirtschaft;
IKT, Medien und Kreativwirtschaft;
Verkehr, Mobilität und Logistik;
Optik und Photonik sowie
Energietechnik,
deren Anspruch es ist, zur weltweiten Spitzengruppe zu zählen
und für Innovation und Wachstum in der Hauptstadtregion zu
sorgen, steht weiterhin im Fokus der abgestimmten Innovationspolitik der beiden Länder.
Deren bisheriger Erfolg spiegelt sich in wichtigen Kernindikatoren wider: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Clustern stieg zwischen 2008 und 2019 um
rund 43 %. Damit fiel der Beschäftigungsanstieg in den Clusterkernen (diese umfassen den jeweiligen technologisch-innovativen und kreativen Kern der Gesamtcluster) stärker aus als
in der gesamten Regionalwirtschaft, wo 30 % mehr Arbeitsplätze zu verzeichnen waren. Die Beschäftigung in den Clusterkernen nahm in der Hauptstadtregion zudem stärker zu als
in anderen deutschen Metropolregionen und in Deutschland
insgesamt. Außerdem nahmen die Umsätze in den Clusterkernen zwischen 2008 und 2018 um insgesamt rund 42 % zu.
Diese Entwicklung erfolgreich fortzusetzen und auch in den
nächsten Jahren ein nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft
und Arbeitsplätzen zu erreichen, steht im Zentrum der gemeinsamen Anstrengungen.
Wesentliche Grundlage dafür ist die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB
2025) mit ihrer handlungsleitenden Zielstellung, die Hauptstadtregion zu einem führenden Innovationsraum in Europa zu
machen und innovative Lösungen für die Herausforderungen
von morgen zu entwickeln. Dazu stehen unter dem Motto
„Excellence in Innovation“ in den bewährten und mit der innoBB 2025 gestärkten Clusterstrukturen vor allem die vier
Schwerpunkt-Themen Digitalisierung, Arbeit 4.0 und Fachkräf-
20
te, Reallabore und Testfelder sowie Startups und Gründungen
im Fokus der Clusterarbeit. Flankiert wird diese von fünf verbindlichen Handlungsleitlinien, die einen breiten Innovationsbegriff, enge Cross Cluster-Zusammenarbeit, die Stärkung offener Innovationsprozesse, die Priorisierung nachhaltiger Innovationen sowie den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit umfassen.
Ende Oktober 2020 haben sich die Länder Berlin und Brandenburg darauf verständigt, neue Möglichkeiten für Reallabore und Testfelder auszuloten. Dadurch sollen innovative Technologien und Geschäftsmodelle in spezifischen Experimentierräumen vermehrt auf ihre Praxistauglichkeit und damit ihre
Umsetzbarkeit in konkrete Produkte und Dienstleistungen geprüft werden können.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Von der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf
die Wirtschaft waren die Cluster unterschiedlich betroffen. Die Clusterakteure waren je nach Branche, Geschäftsmodellen und Lieferverflechtungen in unterschiedlichem Ausmaß vom Pandemiegeschehen beeinträchtigt. Akteure mit hoher Systemrelevanz in der
öffentlichen Versorgung und Infrastruktur (z. B. Energie,
Logistik) konnten ihre Tätigkeiten teilweise fast unterbrechungsfrei fortsetzen. Andere Versorgungsbereiche
— allen voran das Gesundheitswesen — stießen an ihre
Belastungsgrenzen. Einige Akteure verzeichneten eine
deutlich erhöhte Nachfrage nach ihren Produkten und
Dienstleistungen im Zuge des Pandemiegeschehens
(z. B. in der IKT-Branche und Biotechnologie). Wieder
andere Clusterakteure sahen sich von Geschäftsschließungen, Reisebeschränkungen und den Einschränkungen des kulturellen Lebens stark betroffen (z. B. Kreativwirtschaft, Lichttechnik, Luftverkehr, Augenoptik). Die
Clusterakteure demonstrierten in Zeiten der Krise eine
hohe Anpassungsfähigkeit und Flexibilität in ihren Aktivitäten, litten jedoch insgesamt unter der allgemeinen
Planungsunsicherheit.
III. Wirtschaft
Innovationspreis Berlin Brandenburg
Lumenion GmbH www.lumenion.com
Der jährlich verliehene Innovationspreis Berlin Brandenburg
zeichnet Produkt-, Verfahrens- und Dienstleistungsinnovationen einschließlich nichttechnischer Innovationen wie Organisations- und Marketingkonzepte sowie Geschäftsmodelle
aus, die beispielhaft die innovative Kraft der Berlin-Brandenburger Wirtschaft und Wissenschaft verkörpern. Der
Preis ist auf die länderübergreifenden Cluster Gesundheitswirtschaft, Energietechnik, IKT, Medien und Kreativwirtschaft,
Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik
ausgerichtet. Finanziert wird der Preis von den beiden Ländern sowie Partnern aus der Wirtschaft im Rahmen einer Public-Private-Partnership. 2020 gingen die Preise an:
Um nachhaltig erneuerbare Energien zu erzeugen, entwickelte das Unternehmen den Lumenion-Speicher. Er speichert Strom als Wärme bei 650°C. Die gespeicherte thermische Energie kann dann zeitversetzt und kostengünstig als
Prozesswärme für die Industrie oder als Fernwärme genutzt
werden.
Belyntic GmbH www.belyntic.com
Das Unternehmen hat eine auf einem chemischen Linkermolekül basierende Technologie zur Reinigung von Peptiden
(kurzen Proteinen) entwickelt. Das Verfahren ermöglicht eine
signifikant höhere Verlässlichkeit in der Wirkstoffforschung
und bietet gute Voraussetzungen für die personalisierte Peptidmedizin, etwa zur Bekämpfung von Krebserkrankungen.
Angesichts von Lösungsmitteleinsparungen von mehr als
75 % ist das Verfahren ökologisch und ökonomisch attraktiv.
ME Energy — Liquid Electricity GmbH www.meenergy.earth
Das Unternehmen ermöglicht den profitablen und flächendeckenden Einsatz von Elektromobilität. Die Ladelösung
„Charging Node“ ermöglicht es, Strom für 200 km Reichweite in nur zehn Minuten aufzuladen, unabhängig von jeder
vorhandenen Infrastruktur. Der Strom wird vor Ort in der Ladestation erzeugt, CO2-neutral aus flüssigen regenerativen
Energiespeichern.
Regional Hero GmbH (Sonderpreis) www.regionalhero.com
Das Unternehmen ist aus der Non-Profit-Plattform Helfen.Berlin
hervorgegangen, die während des Corona-Lockdowns Gutscheine für Cafés, Restaurants und kleine Geschäfte verkaufte. Um die Regionalität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit
kleiner Unternehmen in Berlin und Brandenburg weiterhin zu
stärken, unterstützt die Regional Hero GmbH diese bei digitalen Lösungen und berät sie zukunftsorientiert.
Lana Labs GmbH www.lanalabs.com
Volucap GmbH www.volucap.de
Das Team aus internationalen Prozess- und IT-Experten ist
spezialisiert auf die KI-gestützte Analyse von Geschäftsund Produktionsprozessen, mit dem Ziel, diese durch die
automatisierte Prozessanalyse intelligenter, effizienter und
schneller zu machen. Das gelingt mit der eigens entwickelten Process-Mining-Software LANA, basierend auf einem
komplexen Machine-Learning-Algorithmus.
Das entwickelte volumetrische Studio schafft es, Bewegungen „realer“ Menschen dreidimensional aufzunehmen und
so digitale Doubles zu erstellen. Diese Technologie löst die
sehr aufwendigen Schritte zur Erstellung von dreidimensionalen digitalen Menschen ab. So kann mit Schauspielerinnen und Schauspielern direkt wie an einem normalen Filmset gearbeitet werden, ohne Motion-Capture-Anzüge.
Trotz der pandemiebedingten Einschränkungen blicken die
fünf länderübergreifenden Cluster der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg auf ein dynamisches Projektgeschehen und
eine erfolgreiche Fortführung der Clusteraktivitäten im Jahr
2020 zurück.
Als wesentlicher Erfolg kann es angesichts der pandemiebedingt erschwerten Austauschformate verbucht werden, dass
die erfolgreiche Neuausrichtung der Masterpläne in den
Clustern IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Verkehr, Mobilität
und Logistik, sowie Gesundheitswirtschaft im Jahr 2020, bei
denen sich in einem partizipativen Prozess eine Vielzahl an
Stakeholdern beteiligten, gelungen ist.
Im Juni 2021 feierte die innoBB 2025 respektive ihre Vorläuferin innoBB ihr zehnjähriges Jubiläum. Der anhaltende Erfolg
der länderübergreifenden Innovationspolitik zeigt anschaulich, wie zwei Regionen ihre strukturellen Besonderheiten gewinnbringend bündeln und als gemeinsame Stärken optimal
ausschöpfen können. Nicht zuletzt deshalb wurde die innoBB/
innoBB 2025 als Smart Specialisation Strategy (3S) der deutschen Hauptstadtregion von der Europäischen Kommission
bereits mehrmals als ein Best Practice Beispiel der (bundes)
länderübergreifenden innovationspolitischen Zusammenarbeit hervorgehoben.
21
III. Wirtschaft
III.1.1 C
luster Gesundheitswirtschaft /
Life Science
•
•
•
240.479 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 390.022)
13.882 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 21.875)
24,92 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 29,91 Mrd. Euro)
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist ein führender
Standort in der Lebenswissenschaft, Gesundheitswirtschaft
und Gesundheitsversorgung. In Kombination mit weltmarktführenden Unternehmen, universitären und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen, erstklassigen Kliniken und innovativen Startups arbeiten hier renommierte Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler sowie spezialisierte Fachkräfte aus der
ganzen Welt gemeinsam an Spitzenleistungen für den regionalen und globalen Gesundheitsmarkt:
•
Seit Februar 2020 ist RoX Health als Tochterunternehmen
des Gesundheitskonzerns Roche in Berlin als Company-Builder und Akzelerator aktiv. Das Ziel: Startups für digitale Gesundheitslösungen bei der Skalierung der Geschäftsidee in den Gesundheitsmarkt zu begleiten.
•
Im Juli 2020 eröffnete die NUVISAN seinen „INNOVATION
CAMPUS BERLIN“ (ICB) auf dem Bayer Campus mit über
400 Arbeitsplätzen. NUVISAN hat von der Bayer AG einen
Teil der in Berlin ansässigen Pharmaforschung auf dem
Gebiet kleinmolekularer Wirkstoffe übernommen und mit
Bayer eine strategische Partnerschaft vereinbart.
•
Das B. Braun-Werk Pharma in Berlin-Rudow liefert unter
anderem Produkte, die für die Impfung gegen COVID-19
benötigt werden sowie Arzneimittel für die Behandlung von
an Corona erkrankten Intensivpatientinnen und -patienten.
Anfang 2021 wurde die Erweiterung seiner Pharmaproduktion fertiggestellt und somit die Versorgungssituation für
diese Produkte erheblich verbessert.
•
Das 2001 aus dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik ausgegründete Scienion vergrößert sich und baut einen neuen Hauptsitz in Berlin-Adlershof. Sie ist ein sehr erfolgreiches Beispiel, wie aus einer Ausgründung mit kontinuierlichem Wachstum ein weltweit agierendes Unternehmen entsteht.
•
Das Berliner Unternehmen Recare gehört mit seiner digitalen Plattform deutschlandweit zu den größten Anbietern im
Bereich Krankenhausentlassungsmanagement und konnte
Anfang 2021 eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von
2 Mio. € erfolgreich abschließen.
Um die Wettbewerbsposition Berlins im nationalen und internationalen Vergleich auszubauen, wurden im 1. Quartal 2021
22
die wissenschaftlichen, klinischen und industriellen Potenziale
des Standortes in einer Benchmarkstudie systematisch untersucht und internationalen Vergleichsregionen gegenübergestellt. Basierend auf deren Ergebnisse werden nun strategische
Entscheidungen für die künftige mittel- bis langfristige Weiterentwicklung des Gesundheitsstandortes abgeleitet.
Handlungsfeld „Lebenswissenschaften und Technologien“
Im Zuge der 2020 erfolgten Neugestaltung des Masterplans
des Clusters Gesundheitswirtschaft „Zukunft der Gesundheit“
wurde der Handlungsfeldzuschnitt angepasst. Die Handlungsfelder Biotech/Pharma und Medizintechnik wurden zum o.g.
Handlungsfeld Lebenswissenschaften und Technologien zusammengefasst. Die in diesem Feld betreuten Themen blieben
größtenteils erhalten:
Etablierte Formate wie z. B. der Treffpunkt Medizintechnik und
das RegMed-Forum wurden auch im Jahr 2020 erfolgreich
durchgeführt. Aufgrund der COVID-19-Pandemie zunehmend
als virtuelle Formate. Das RegMedForum konzentrierte sich
auf virusassoziierte Herzerkrankungen. Die digitale Gesundheitswirtschaft wurde im Rahmen der DMEA — Connecting Digital Health aufgegriffen. Hier wurden durch das Cluster verschiedene Formate angeboten, u.a. eine digitale Exkursion zur
Charité Berlin.
Projekt EMPAIA — EcosysteM for Pathology diagnostics
with AI Assistance
Für die bildbasierte und medizinische Diagnostik etabliert
das Projekt EMPAIA erstmalig am Beispiel der Pathologie
eine Plattform für eine standardisierte, zertifizierbare und
erklärbare KI. Dabei soll sowohl die Infrastruktur für die
Bereitstellung von Trainingsdaten als auch die Erarbeitung von Lösungen für abrechnungstechnische und rechtliche Herausforderungen im Fokus stehen. Darüber hinaus
wird auf der Plattform ein Marktplatz für KI-Anwendungen
geschaffen. Die erarbeiteten Lösungen zur Entwicklung,
Vermarktung und Nutzung von KI lassen sich von der Pathologie auch auf andere Themenfelder übertragen und
bieten damit eine Grundlage für die Nutzung von KI in der
Diagnostik.
Das Konsortium besteht aus fünf Partnern, wovon die
Qualitätssicherungsinitiative Pathologie QuIP GmbH und
das DAI-Labor der Technischen Universität Berlin sowie
die Charité — Universitätsmedizin Berlin als Konsortialführer beteiligt sind. EMPAIA konnte sich neben anderen 15
Konzepten unter 130 eingegangenen Plattformideen bei
dem KI—Innovationswettbewerb 2019 zur Richtlinie Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) durchsetzen und erhielt anschließend die
Bewilligung für drei Jahre in Höhe von 11,4 Mio. €.
III. Wirtschaft
Projekt BioVenture — Studie zu Biotech-Startups in Berlin: Analyse und Handlungsempfehlungen
Im Januar 2021 startete die BioVenture-Studie mit dem
Ziel, den Wissens- und Technologietransfer mit Fokus
Gründungen in der Biotechnologie zu optimieren. Trotz eines ausgeprägten Ökosystems, um technologie- und wissensbasierte Gründungen zu fördern, stagniert die Zahl
der Biotech-Gründungen in den letzten Jahren bei durchschnittlich 5 Gründungen/Jahr.
Mit der Studie soll eine Grundlage geschaffen werden, um
die Rahmenbedingungen für den Wissens- und Technologietransfer in der Biotechnologie deutlich zu verbessern.
Auf Basis einer fundierten Analyse erhalten die Transfereinrichtungen, aber auch andere relevante Akteure am
Biotechnologiestandort Handlungsempfehlungen sowie in
der Folge neue Möglichkeiten, um Innovationspotenziale
durch Gründungen wirtschaftlich besser zu verwerten.
Langfristiges Ziel ist die Schaffung eines nachhaltigen
Wachstums an Arbeitsplätzen durch Innovation und somit
eine Stärkung der wissensbasierten Industrie. Die Federführung der Studie liegt bei Prof. Dr. Hannes Rothe von der
FU Berlin. Die Studie wird im Rahmen des Masterplans
Industriestadt Berlin 2018 — 2021 von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gefördert.
Am Veranstaltungsformat Meet & Apply wurde festgehalten.
Ein großer Schwerpunkt lag auf Themen und Projekten der industriellen Biotechnologie bzw. Bioökonomie.
Ein Highlight am Jahresende 2020 bildete der Treffpunkt Medizintechnik. Das Thema Medizintechnik 4.0 Entwicklung-Validierung-Implementierung mit anschließendem Matchmaking
konzentrierte sich auf die zunehmende Komplexität von Medizinprodukten. Treiber dieser Entwicklung ist auch hier die Digitalisierung. Welche Aspekte entlang des gesamten (Software-)
Produktlebenszyklus von Medizinprodukten zu beachten sind
war der Fokus der Veranstaltung.
Handlungsfeld „Innovative Versorgung“
Das zweite nach der Überarbeitung des Masterplans entstandene Handlungsfeld „Innovative Versorgung“ umfasst wesentliche Themen, die vorher in den Handlungsfeldern „Neue Versorgungsformen und Rehabilitation“ sowie „Gesundheitsförderung, Prävention, Gesundheitstourismus“ bearbeitet wurden. Die „Zukunftswerkstatt Innovative Versorgung“ fand 2020
erstmals in digitaler Form statt. Sie stand unter der Überschrift
„Länderübergreifende Versorgung mit und nach Corona“,
während das BarCamp Health IT sich — ebenfalls im digitalen
Format — dem Themenkomplex „Menschen.Daten.Sicherheit“
widmete.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat auch und in ganz besonderem Maße die Gesundheitswirtschaft in der Hauptstadtregion dominiert. Einerseits führten die pandemiebedingten Umstände und Maßnahmen zu veränderten
Arbeitswelten und in Teilen zu Schwierigkeiten in der
Produktion und beim Vertrieb. Auf der anderen Seite
erhielt die Gesundheitswirtschaft in Berlin einen starken
Auftrieb, denn die Pandemie beschleunigte die Notwendigkeit und die Nachfrage nach neuen innovativen
Produkten. Ein Treiber ist hier die Digitalisierung, etwa
bei der Nutzung von Videosprechstunden oder bei Online-Buchungen von Arztterminen und der digitalen Terminkoordination für die Corona-Schutzimpfungen. Mit
samedi und Doctolib haben zwei führende Anbieter in
diesem Bereich ihren Sitz in Berlin.
Das Clustermanagement bei BPWT hat mit Beginn der
Corona-Pandemie 2020 dazu beigetragen, die Akteure der regionalen Gesundheitswirtschaft während dieser Krise zu unterstützen und die vorhandenen Potenziale zur Bekämpfung der Pandemie zu nutzen. Auf einem zentralen Online Corona-Portal können sämtliche
unternehmerischen oder forschungsrelevanten Initiativen aus der Hauptstadtregion, Informationen zu Finanzen, Recht sowie Leitlinien für Schutzausrüstung gelistet
und der Kontakt zu fachlichen Ansprechpartnerinnen
und -partnern aus dem Cluster gesucht werden. Innerhalb des Corona-Portals wurden fokussierte Marktplätze für Alltagsmasken und produzierende Unternehmen
entlang der Wertschöpfungskette für PSA, Desinfektionsmittel und Medizinprodukte zur Bekämpfung von
COVID-19 eingerichtet.
Neu war die digitale Veranstaltung „E-Mental-Health: Gemeinsam weiterdenken“, die gemeinsam mit den Partnern DGPPN und Hacking Health erfolgreich umgesetzt werden konnte. Zudem präsentierten sich, organisiert von HealthCapital,
vier Berliner Startups unter dem Leitspruch „Pflege und Gesellschaft — wir handeln jetzt“ dem Publikum des Deutschen Pflegetages.
23
III. Wirtschaft
III.1.2 C
luster IKT, Medien
und Kreativwirtschaft
•
•
•
243.616 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 301.089)
43.653 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 53.516)
29,80 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 35,46 Mrd. Euro)
Das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft (IMK) zeichnet
sich durch eine große thematische Breite aus: Von Medienunternehmen, Verlagen, Werbeagenturen über Animations- und
Designstudios bis hin zu Telekommunikationsunternehmen,
Games- und Softwareentwicklern. Sie alle stehen für Innovation und Kreativität, neue Technologien, intelligente Vernetzung,
ein deutliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit und vor allem für
das zentrale Thema Digitalisierung. Die Unternehmen des
Clusters sind wesentliche Treiber der digitalen Transformation
und gleichzeitig führende Anwender neuer digitaler Lösungen
am Standort. Sie leisten im Zusammenspiel mit E-Commerce,
Banking, Gesundheitswirtschaft, Mobilität, Energie und weit
darüber hinaus einen entscheidenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit Berlins.
Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik treibt den digitalen Wandel nahezu aller Branchen gezielt voran. Dazu gehören Maßnahmen zur branchenübergreifenden Vernetzung des
Clusters IMK mit anderen Innovationsfeldern Berlins (Gesundheit, Logistik und Mobilität, Energie, Industrie u. a.) ebenso wie
die Kooperationsanbahnung zwischen Startups und etablierten
Unternehmen, das Sichtbarmachen innovativer Akteure und
das Aufzeigen zukunftsweisender Lösungen. Gerade an den interdisziplinären Schnittstellen unterschiedlicher Branchen entstehen in Berlin zahlreiche neue Produkte, Prozesse, Anwendungen und Geschäftsmodelle. Der Einsatz innovativer Technologien der Digital- und Kreativwirtschaft — ob Künstliche Intelligenz,
Blockchain, User Experience (UX), Gamification, Smart Data,
Internet of Things, Wearables oder Virtual und Augmented Reality — bestimmt die Zukunftsfähigkeit der Branchen. Die Teilmärkte der Kreativwirtschaft sind digitaler geworden. Bereiche
wie Fashion Tech, Music Tech und Digitale Filmproduktion haben sich zu relevanten Wirtschaftsfeldern entwickelt.
Das Thema Digital Security gewinnt weiter an Bedeutung.
Virtual Reality hat den Schritt vom Unterhaltungsmedium in die
industrielle Anwendung geschafft. Die Innovationsfelder Künstliche Intelligenz und Blockchain konnten erfolgreich in der
Clusterarbeit etabliert werden.
Die Digitalwirtschaft und das Startup-Ökosystem sind ein
zentraler Erfolgsfaktor des Wirtschaftsstandorts Berlin. Die Digitalbranche erwirtschaftete knapp 14 % des Berliner Wirtschaftswachstums der letzten sieben Jahre. Berlin zählt zu den
Spitzenstandorten für Digital-Gründungen und für Deep Tech.
Mehr als jede 10. deutsche Digital-Gründung erfolgt in Berlin
24
(11,4 %). Die Stärken der Berliner Startups liegen auf SaaS-Lösungen, Onlineplattformen, Künstlicher Intelligenz, Blockchain,
FinTech und zunehmend auf Sharing Economy, Sustainable
Solutions, Social und Impact Tech. Startups sind der am
schnellsten wachsende Sektor und insgesamt der größte Arbeitgeber der Stadt. Jeder siebte neue Job in Berlin entsteht
aktuell in der Digitalwirtschaft (Investitionsbank Berlin 2019).
Hinzu kommen über 100 private und öffentliche Innovationslabore, Gründungszentren, Acceleratoren und Inkubatoren sowie ebenso viele Coworking Spaces, in denen Gründerinnen
und Gründer, Kreative und Selbstständige ihre innovativen
Geschäftsideen vorantreiben.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt alle Bereiche
des Clusters IMK deutlich. Eher mild betroffen ist die
IKT-Wirtschaft aufgrund ihres hohen Ausstattungsgrades
an Home-Office-Arbeitsplätzen, aber auch aufgrund der
durchschnittlich eher größeren Unternehmen. Vorrangig
geht es diesen Unternehmen des Clusters aktuell um die
Bereitstellung von Liquidität sowie ein Konjunkturprogramm, welches nach der COVID-19-Krise Anreize für
Digitalisierungsprojekte schafft. Die Kreativ- und Medienwirtschaft hingegen, die 20 % der Berliner Wirtschaft ausmacht, ist aufgrund abgesagter Veranstaltungen, Messen, Konzerte, geschlossener Kinos, Clubs, Musikspielstätten, privater Museen und der dadurch wegbrechenden Umsätze und Werbeeinnahmen durch die COVID-19-Pandemie besonders betroffen. Im Cluster IMK
arbeiten zudem rund 100.000 Soloselbstständige, die
oftmals nicht über ausreichend finanzielle Rücklagen
verfügen. Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen
der Pandemie haben Bund und Länder zahlreiche Soforthilfeprogramme (Zuschüsse sowie Darlehensprogramme) aufgelegt.
Im Vergleich zum IKT-Bereich werden die Unternehmen
der Kreativ- und Medienwirtschaft voraussichtlich länger
brauchen, um das wirtschaftliche Niveau der Vor-COVID-19-Zeit wiederzuerlangen. Die hohe Digitalisierungsrate der Unternehmen des Clusters, die verstärkte Nachfrage nach digitalen Lösungen sowie die ausgeprägte
Innovationskraft gibt den Unternehmen jedoch eine gute
Perspektive, um eine zügige Verbesserung der erfolgten
Umsatz- und Beschäftigungsrückgänge zu erzielen.
Mit Förderwettbewerben wie dem Deep Tech Award oder
dem Berliner Verlagspreis unterstützt die Wirtschaftsverwaltung im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft seit über
zehn Jahren die digitale Transformation, kreative Vielfalt und
clusterübergreifende Innovation. Inzwischen werden auch
Handlungsfelder der globalen Nachhaltigkeitsstrategie bewusst adressiert. Diese Wettbewerbe fördern zukunftsweisende
Lösungen aus Berlin bei Umsetzung, Wachstum und Vermark-
III. Wirtschaft
tung. Sie stärken Gründerinnen und Gründer ebenso wie den
Berliner Mittelstand, ermöglichen den Aufbau wichtiger Allianzen zwischen Old und New Economy und forcieren den interdisziplinären Wissens- und Innovationstransfer.
Mit Hilfe des Programms für Internationalisierung (PfI) des
Landes (Förderung der Teilnahme an Messen, Ausstellungen,
Kongressen, Börsen, Modenschauen und Showrooms) wird die
Sichtbarkeit von Berliner Unternehmen im In- und Ausland gefördert. Die zahlreichen Gemeinschaftspräsentationen helfen,
neue Märkte zu erschließen und zusätzliche Auftraggeber zu
akquirieren. Erfolgreiche Beispiele dieser gemeinschaftlichen
Messeauftritte reichen von Showrooms mit Berliner Modelabels bei der Paris Fashion Week bis hin zu Präsentationen bei
der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, dem Web Summit in
Lissabon oder der gamescom und der dmexco in Köln. Wegen
der COVID-19-bedingten Verbote von Präsenzveranstaltungen wurden erste Gemeinschaftspräsentationen in Digitalformate umgewandelt, u.a. bei den Online Marketing Rockstars
(OMR) in Hamburg. Darüber hinaus werden im Rahmen des PfI
internationale Vernetzungsaktivitäten gefördert, darunter auch
ein länderübergreifendes Branchennetzwerk mit dem Fokus
Games und interaktive Medien (games:net Berlin Europe), eines für Design- und Green-Tech-Unternehmen (Cooperation
Network Berlin China) und eines im Bereich Deep Tech (Deep
Tech Hub Polen & Russland).
Insbesondere die „Leuchtturmveranstaltungen“ im Kreativund Medienbereich tragen zur medialen Sichtbarkeit der
Hauptstadtregion bei, viele davon mit Förderung des Landes.
Vor der Pandemie erreichte das Gallery Weekend rund 35.000
und die jährlich im September stattfindende Berlin Art Week
über 100.000 Besucherinnen und Besucher, darunter eine
große Zahl an Fachpublikum aus dem In- und Ausland. Zusätzlich war die Berlinale mit über 20.000 Besucherinnen und
Besuchern auch 2020 ein Publikumsmagnet. Steigende Besucherzahlen verzeichneten auch Events der Games-Branche,
darunter die E-Sport-Veranstaltungen u. a. in der Mercedes-Benz Arena. Zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie
mussten viele Veranstaltungen im Zeitraum von März 2020 bis
Sommer 2021 abgesagt oder verschoben werden, allen voran
die Musikfestivals und Events der Clubszene, aber auch die
gamesweekberlin, das Gallery Weekend, die re:publica oder
das Tech Open Air. Manche Konferenzen fanden stattdessen
als digitale Ausgabe statt (z.B. republica.tv), viele andere werden als Hybridformat mit analoger und digitaler Variante entwickelt.
Um die Berliner Innovationskraft zu steigern, spielt auch die
Unterstützung von Diversität und Frauen eine zentrale Rolle.
Besonders wichtig ist dies in den männerdominierten Digital-,
Tech- und Startup-Szenen, denn gemischte Teams sind für eine
zukunftsfähige Wirtschaft unerlässlich. In Berlin sind rund 180
Fraueninitiativen aktiv, die sich allein im Cluster IMK für mehr
weibliche Sichtbarkeit, Vernetzung, Empowerment und Professionalisierung einsetzen. Die Anzahl dieser Initiativen hat sich
seit 2016 versechsfacht und deren Angebote haben sich deutlich ausdifferenziert: inzwischen existieren nicht mehr nur Netzwerke, Mentoring-Programme und Gründungszentren für Frauen, sondern auch frauenspezifische Coworking Spaces, Acceleratoren, Programmierschulen, Job-Börsen, Online-Magazine, Event-Plattformen, Wettbewerbe, Investmentangebote sowie Angebote mit spezifischem Branchenfokus, u. a. für Frauen
in Musik, Mode, Blockchain oder Filmwirtschaft.
Einige Initiativen beziehen mittlerweile auch weitere Diversitätsdimensionen ein und adressieren z. B. gezielt Frauen mit
Migrationsbiografie, People of Color und LGBTQ*. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe setzte
2020/2021 verschiedene Formate zur Unterstützung von
Gründerinnen, weiblichen Talenten und Führungsfrauen im
Katrin Tobies
Referentin Digitalwirtschaft,
Startups, Women in Tech,
Projekt Zukunft;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Leonie Moos
Head of Program,
Grace — Accelerate Female
Entrepreneurship;
ignore gravity GmbH
„Gläserne Decken gehören zerschlagen! Deshalb unterstützen wir Gründerinnen, weibliche Fach- und Führungskräfte
und machen die vielfältigen Frauen-Empowerment-Initiativen der Stadt sichtbar. Im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft stärken wir mit Wettbewerben, Studien, Kampagnen und Vernetzungen die Innovationskraft der gesamten
Berliner Digital-, Medien- und Kreativwirtschaft.“
„Startups verändern als Mittelständler der nächsten Generation die Welt und seit vielen Jahren auch den Standort
Berlin. Unser Ziel ist es, ein lebendiges Ecosystem für erfolgreiche Gründerinnen aktiv aufzubauen. Durch das Grace
Accelerator Programm und unsere Veranstaltungsreihen
empowern wir Frauen mit Gründungsambitionen und begleiten sie bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer
Ideen. Für mehr Diversität in der Startup-Welt!“
25
III. Wirtschaft
Cluster IMK um. So entstand eine Bestandsaufnahme, die die
zahlreichen Initiativen für Female Empowerment, Female Leadership und Female Entrepreneurship in Berlin sichtbar macht
(zu finden bei Projekt Zukunft und der Berlin Startup Map) —
flankiert von einer Kommunikationskampagne.
Es wurden Startup-Pitches und Vernetzungsformate für Frauen
organisiert, z. B. beim Tech Open Air, female.vision Summit
und Wear It Live, das internationale Austauschprojekt „Female
Entrepreneurship in Berlin and India“ wurde fortgeführt und
das Inkubationsförderprogramm Berlin Startup Stipendium um
den expliziten Schwerpunkt „Women in Tech“ erweitert.
Die Berliner Verlagsbranche zeichnet sich überwiegend durch
kleine unabhängige Publikumsverlage aus, die anspruchsvolle
Bücher herausbringen. Um die ambitionierte Arbeit dieser Verlage in besonderer Weise zu würdigen und die Verlagsvielfalt
der Hauptstadt zu stärken, verleiht die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa seit 2018 den Berliner Verlagspreis. Ausgezeichnet werden jeweils drei Verlage, die sich
durch herausragende Programme und besondere Buchgestaltung vom Branchenmainstream absetzen; vergeben werden
ein „Großer Berliner Verlagspreis“ und zwei „Berliner Verlagspreise“.
Die Berliner Games-Industrie bietet mit rund 200 Games-Studios, Publishern, Dienstleistern, Verbänden und speziellen
Ausbildungsstätten den vielfältigsten Games-Standort in
Deutschland. Games-Unternehmen sind Innovationstreiber —
nicht nur im Unterhaltungsbereich, sondern auch bei der Anwendung neuer Informationstechnik oder im Bereich Virtual
Reality, User Experience/ Interface Design (UX/UI) und Data
Analytics. Dementsprechend nutzt die Berliner Games-Branche zunehmend mehr die Wirtschafts- und Innovationsförderprogramme des Landes (u.a. GRW, VC Fonds, ProFIT, Innovationsassistent, GründungsBonus). Das Berliner Games-Ökosystem besteht aus hier gegründeten und neu hinzugezogenen
Branchengrößen (u. a. die AAA-Studios Yager, King und Blue
Byte/Ubisoft).
Fest verankert ist eine stetig wachsende internationale Mobile-Games-Szene (Wooga, WARGAMING, BoomByte Games,
Huuuge Games, Voodoo, Kolibri Games). Darüber hinaus ist
die komplette Bandbreite an Dienstleistern (z.B. MoGi Group,
etermax, paymentwall), spezialisierte Anwalts- und Steuerberaterkanzleien sowie PR-Agenturen (z.B. Freaks4You Gaming,
INSTINCT3, visi.bi) vor Ort. Mit G2 ESPORTS eröffnete 2019
eines der weltweit führenden E-Sport-Teams sein neues Hauptquartier am Potsdamer Platz. Seit dem Frühjahr 2020 ist das
neue E-Sport Zentrum „LVL“ am Checkpoint Charly fertiggestellt. Riot und StarLadder produzieren in zwei professionellen
Studios die Livestreams für Top-E-Sport-Ligen. Sie gehören
inzwischen ebenso zum E-Sport- und Gaming-Standort Berlin,
wie arenafüllende Großevents. Bestens vernetzt wird die hiesige Games-Branche durch das games:net berlinbrandenburg,
eine Initiative des media:net berlinbrandenburg e. V., welches
26
u. a. auch den gemeinsamen Länderauftritt von Berlin und
Brandenburg auf der gamescom umsetzt. Die Standortmarketingkampagne gamescapital.berlin hat zum Ziel, den hiesigen
Standort international bekannt zu machen. Für weitere internationale Sichtbarkeit und Vernetzung des gamescapital.berlin
sorgt das neue länderübergreifende Netzwerk games:net Berlin Europe, dem Nachfolgeprojekt von BerlinBalticNordic.net.
gefördert im Rahmen des Programms für Internationalisierung,
wird der Fokus im Vergleich zum Vorgängerprojekt um vielversprechende Märkte in Zentral- und Süd-Europa erweitert.
Die virtuelle Filmproduktion und Animationsbranche ist ebenfalls eine kreative, hochinnovative Industrie in Berlin. Durch die
fast vollständige Digitalisierung aller Produktionsschritte —
vom Dreh bis zur Postproduktion, durch Technologien wie die
Greenscreens oder volumetrische Studios — hat auch die digitale Bildgestaltung am Computer ihren Einzug in die Filmproduktion gehalten. Dabei werden ähnliche Programme benutzt
wie in der Games-Branche, um komplette virtuelle Welten zu
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Das Jahr 2020 war für die Musikwirtschaft geprägt
durch die Corona-Pandemie. Am stärksten betroffen
sind die Teilbereiche Clubs und Veranstaltungen. Die lebendige Berliner Clubszene wurde mit dem ersten Lockdown komplett heruntergefahren, Öffnungsperspektiven
sind nicht absehbar. Lediglich in den Sommermonaten
war es Clubs mit Außenflächen möglich, diese für gastronomische Angebote zu öffnen. Gleiches gilt für den
Veranstaltungsbereich mit seinen zahlreichen nachgeordneten Branchen, wie beispielhaft Künstlerinnen und
Künstler, Management und Agenturen, Booking, TourCrews, Sicherheitspersonal, Technik uvm. Konzerte und
Festivals fanden außerhalb der Lockdowns nur in klein
stem Maße Open-Air statt, hier wurden die Bezirke aufgefordert, entsprechende Flächen zur Verfügung zu stellen. Im In-Door-Bereich war die Durchführung von Veranstaltungen aufgrund der Personenobergrenzen wirtschaftlich nicht tragfähig.
Gegensteuerung erfolgt durch die Soforthilfeprogramme von Bund und Ländern, um die lebendige Musikszene in Berlin in ihrer bisherigen Form zu erhalten. Eine
langfristig ausgerichtete Strategie zur Sicherung der
Berliner Musikwirtschaft wird weitergeführt. So fand das
von der Wirtschaftsverwaltung beauftragte international
ausgerichtete Konferenz- und Workshop-Format MOST
WANTED: MUSIC im digitalen Raum statt.
Über dieses Programm hinaus unterstützte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Machbarkeitsstudien wie z.B. zur Bespielung von Pilotflächen
sowie Clubs im Neubau, um perspektivisch eine ausreichende Anzahl an Cluborten zu haben.
III. Wirtschaft
gestalten. Das Land Berlin hat im August 2020 ein branchenspezifisches Förderprogramm gestartet, um genau diese
Szene um Visual Effects (VFX), Computer Generated Imagery
(CGI) und Animationen am Standort zu stärken.
Das im November 2018 gestartete Schallschutzprogramm für
Clubs und Musikspielstätten wurde weitergeführt. Übergeordnetes Ziel ist, die Berliner Clubkultur durch die Förderung von
Lärmschutzmaßnahmen zu erhalten. Durch die Verdichtung
der Innenstadt und die damit einhergehende Bebauung von
Freiflächen kommt es zunehmend zu Konflikten zwischen Clubbetreibern und Anwohnern.
Es gilt, die beiderseits schutzwürdigen Interessen in Einklang
zu bringen. 2020 wurden rund 400.000 € an acht Unternehmen ausgereicht. Weitere acht Vorhaben (rd. 475.000 €) befinden sich in der Umsetzungsphase. 14 Anträge sind noch in
Bearbeitung. Das Programm läuft vorerst bis Ende 2021, weitere Mittel in Höhe von 500.000 € wurden für den Doppelhaushalt 2022/23 beantragt.
Deep Tech erzeugt im Sinne der Digitalisierung Innovationsprozesse. Daher ist das Technologiefeld Deep Tech für die
wirtschaftliche Entwicklung Berlins und das Vorantreiben des
digitalen Wandels in den traditionellen Branchen von wichtiger
Bedeutung. Besonders stark ist die Hauptstadt in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Blockchain, Digital Security und
Internet of Things. In Berlin sind 223 KI-Unternehmen ansässig,
die einen Umsatz von fast 500 Mio. € erzielen; über 100 Startups gehören der Blockchain-Branche in Berlin an, über 250
Digital Security Unternehmen erwirtschaften einen Umsatz von
3 Mrd. € jährlich und 250 Startups in Berlin sind aus dem IoT
Bereich. Berlin zählt daher berechtigterweise zu den führenden Deep Tech-Standorten in Deutschland.
Mit der Kampagne DEEP TECH Berlin unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die technologischen Stärken Berlins in den Kompetenzfeldern Künstliche
Intelligenz, Blockchain, Digital Security und Internet of Things.
Auf der DEEP TECH-Kampagnenwebseite der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe finden Entscheiderinnen und Entscheider, Fachkräfte und Interessierte zentrale Informationen zu Innovationen, Unternehmen, Netzwerken und
Branchenevents am Deep-Tech-Standort Berlin und zu dem
jährlichen Highlight der Kampagne, dem Deep Tech Award.
Der Preis wurde im Jahr 2020 bereits zum fünften Mal im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft und der Kampagne
Deep Tech Berlin verliehen und durch die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie den Europäischen Fonds
für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert.
Von den dreizehn Finalistinnen und Finalisten haben vier Unternehmen mit ihren Innovationen die Fachjury überzeugt und
den Deep Tech Award 2020 in den Award Kategorien verliehen bekommen:
•
•
•
•
Künstliche Intelligenz: Brighter AI Technologies GmbH
Internet of Things: Augmented Robotics UG
Blockchain: license.rocks
Social Tech: Advosense GmbH
Auch im Jahr 2021 wird der Deep Tech Award verliehen. Inspiriert von den digitalen Lösungen, die während der COVID-19-Pandemie entstanden sind, werden mit der neuen Kategorie „Social & Sustainable Tech“ Innovationen mit besonderem gesellschaftlichem, sozialem oder nachhaltigem Mehrwert prämiert.
Betül Özdemir
Bereich Digitalisierung,
IKT, Open Data;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Henriette Litta
Open Knowledge
Foundation e.V.
und Jurymitglied in der Kategorie
Social/Sustainable Tech
„Mit dem Deep Tech Award werden seit dem Jahr 2015 innovative Produkte und Lösungen auf Soft- und Hardwarebasis
„made in Berlin“ prämiert. Auch zu Beginn der COVID-19-Pandemie-Zeit zeigte sich mit bis zu 45 Wettbewerbseinreichungen, dass gerade in Krisenzeiten innovative Deep Tech Lösungen entstehen. Es wurden viele Lösungen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge und Blockchain
eingereicht, die uns im aktuellen Alltag mit den großen Herausforderungen einer Pandemie unterstützen.“
„In einer von Technologien durchdrungenen Gesellschaft
nimmt der Umgang mit digitalen Prozessen und Anwendungen einen immer zentraleren Stellenwert ein. Als gemeinwohlorientierte Organisation, die das Ziel verfolgt, den
Übergang in eine offene und inklusive Wissensgesellschaft
aktiv zu gestalten, ist es mir ein Anliegen, gerade auch soziale Innovationen zu unterstützen. Umso wertvoller ist es daher, dass der Deep Tech Award nun schon zum zweiten Mal
die Kategorie der sozialen Innovation berücksichtigt.“
27
III. Wirtschaft
Neben dem Preisgeld von jeweils 10.000 Euro pro Kategorie
stehen auch viele immaterielle Preise wie zum Beispiel kostenfreie Mitgliedschaften von den Kooperationspartnern media:net
berlinbrandenburg e.V., Berlin Partner für Wirtschaft & Technologie und dem SIBB e.V. zur Verfügung. Der Kooperationspartner German Accelerator stellt den Gewinnerinnen und Gewinnern des Deep Tech Awards ein „Fast-Track Ticket“ zur Verfügung, mit dem sie beim Mentoring Programm für den US- und
Südostasienmarkt die erste Bewerbungsstufe überspringen
können.
Im Rahmen der Kampagne Deep Tech Berlin hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe im April 2021
eine mehrteilige Podcast-Serie „Let´s talk about Deep Tech“
gestartet. Jede Folge hat einen anderen Schwerpunkt, der mit
den Kompetenzfeldern der Deep-Tech-Kampagne einhergeht:
Künstliche Intelligenz, Blockchain, IoT / Industrie 4.0, Social Tech
und Digital-Security.
Ein Schwerpunktthema des Clusters ist das Technologiefeld
Künstliche Intelligenz (KI). Das Berliner KI-Ökosystem ist durch
eine große Bandbreite an Wissenschafts- und Forschungsinstituten, Startups, Forschungs-Labs und Acceleratoren sowie Inkubatoren geprägt. Rund 43 % der deutschen KI-Unternehmen
sind in Berlin angesiedelt.
Im Juni 2020 wurde die Studie „KI aus Anwendersicht“, die von
der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gefördert wurde, veröffentlicht. Für den Report hat die Technologiestiftung Berlin (TSB) 29 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft befragt, um den Status Quo zu ermitteln und zu beschreiben, was für den notwendigen Technologietransfer aus den Hochschulen und Startups der Stadt zu
den kleinen und mittleren Unternehmen geschehen muss. Ein
Ergebnis der Studie ist, dass Potenziale von KI für die Berliner
Wirtschaft branchenspezifisch kommuniziert und Best
Practice-Beispiele präsentiert werden müssen.
Dies wird u.a. über die neu überarbeitete Plattform #KI_Berlin
realisiert. Über die Website www.KI-Berlin.de informiert das
Cluster über neue Entwicklungen und Ereignisse, präsentiert
Best-Practice-Beispiele und gibt der KI-Community ein Gesicht. Ziel ist, Technologieunternehmen, Startups, Forschungseinrichtungen und Talente auf einer Plattform zu verbinden
und Berlin als KI-Standort sichtbar zu machen und weiter zu
stärken.
In Kooperation mit Berlin Partner werden außerdem Antragswerkstätten organisiert, um interessierte Unternehmen und
Forschungseinrichtungen über Förderprogramme zu informieren und zu beraten.
Darüber hinaus soll mit dem Aufbau eines Berliner KI-HUBs ein
zentraler Akteur für das Berliner KI-Ökosystem geschaffen werden. Ziele des HUBs sollen sein, die Berliner KI-Akteure besser
zu vernetzen, eine höhere internationale Sichtbarkeit für den
Berliner KI-Standort zu schaffen, einen „Experimentierraum“
für Wissenschaft und Wirtschaft zu schaffen, Anwendungsbeispiele für KI-Technologien zu präsentieren sowie die Beteiligung Berlins an wichtigen nationalen wie internationalen KI
Initiativen und Programmen zu stärken.
Der de:hub IoT wird durch ein heterogenes Konsortium von Unternehmen, Startups, Hochschuleinrichtungen und Company
Buildern geführt und setzt sich zum Ziel, das Angebot, die Zugänglichkeit, den Nutzen und die Präsenz des Themenfeldes
Internet of Things (IoT) zu verbessern und zu stärken. Das beinhaltet die Förderung innovativer Projekte, den Austausch
zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sowie die Vernetzung
der IoT Akteure untereinander.
Der de:hub IoT hat sich im Jahr 2020 rasant weiterentwickelt.
Im August ist der IoT Hub Berlin in die Rechtsform eines Vereins
übergegangen, dem IoT+ Network. Der Verein begann seine
Arbeit mit einer öffentlichkeitswirksamen Kick-off Veranstal-
Julia Gunnoltz
Bereich Startup-Wirtschaft;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Nicole Büttner
Co-Founder & CEO
Merantix Labs
„Berlin als Startup-Hub entwickelt sich weiterhin positiv. Die
startup-map.berlin bietet eine Übersicht über die Treiber
dieser Entwicklung und zeigt die Diversität der Berliner Startup-Szene — in Bezug auf Trends, Technologien, Gender Diversity und kulturelle Vielfalt. Aktuelle Ökosystem-Daten wie
diese liefern wichtige Hinweise für die zukünftige Gestaltung
der Berliner Startup-Landschaft.“
„Mit dem KI-Campus Berlin gibt es einen einzigartigen und
kollaborativen Raum, um ein KI-Ökosystem zu fördern und
zu entwickeln, um in Berlin zu wachsen. Berlin bringt Großkonzerne, Startups, Investoren und Wissenschaft zusammen
und ist ein Ort für Deeptech-Talente und Startups um voranzukommen.“
28
III. Wirtschaft
tung am 11.11.2020. Seitdem ist die Zahl der Netzwerkmitglieder von 7 auf 15 gewachsen. Projektarbeit, Arbeitsgruppen
und Veranstaltungsformate wurden etabliert. Einmal pro Monat findet das Format „IoT+ Coffee Break“ statt. Das digitale
Format gibt regelmäßig einen kurzen Überblick zu relevanten
IoT-bezogenen Themen. Zudem bietet der Verein Deep-Dive
Formate für seine Mitglieder an, zum Beispiel zum Thema
„Joint Development in IoT“. Neben den Mitgliederversammlungen wurden interne Austauschrunden etabliert, um die Vernetzung der Partner zu fördern. Der Hub kooperiert intensiv mit
weiteren de:hubs, zum Bespiel im Rahmen der Veranstaltung
„XR in Industry“ mit dem Hub aus Stuttgart und Potsdam oder
im Rahmen von „Sync — Sovereignty Event“ mit dem Hub aus
Dresden. Darüber hinaus ist das IoT+ Network bei Messen und
Kongressen mit Fachbeiträgen, wie den Digitalen Außenwirtschaftstagen des BMWi, vertreten. Auch der Deep Tech Award
wird durch IoT+ unterstützt und beworben. Ein Förderprojekt
„IoT Scholarship“, in Zusammenarbeit zwischen MotionLab
und der CODE University sowie die Beauftragung einer Studie
„IoT in Berlin“ wurden im April beantragt.
Das Branchennetzwerk BerChain e.V. listet mehr als 100 Berliner Unternehmen auf, die sich als Entwickler bzw. Anbieter mit
der Blockchain-Technologie befassen. Viele Anlaufstellen bieten Auskünfte und einen ersten Zugang zu Investoren, Acceleratoren, Event- und Coworking-Spaces. Die zahlreichen regional ansässigen Blockchain-Unternehmen befassen sich zu
großen Teilen mit der Entwicklung von Blockchain-Infrastrukturen, also den zugrunde liegenden Technologien und Logiken,
auf denen eine Blockchain-Anwendung abgebildet werden
kann.
Im März 2021 wurde das IT-Dienstleistungszentrum Berlin
(ITDZ), der zentrale Berliner IT-Dienstleister, Mitglied der Genossenschaft govdigital e.G. Das ITDZ beteiligt sich damit aktiv am Verbund von derzeit 16 öffentlichen IT-Unternehmen.
Die govdigital wurde im Dezember 2019 gegründet und ist
eine bundesweite Genossenschaft zur Integration innovativer
IT-Lösungen im öffentlichen Sektor. Ein Ziel ist die gemeinsame Entwicklung und Bereitstellung einer sicheren und zuverlässigen Blockchain-Infrastruktur für öffentliche Einrichtungen
in Deutschland. Das ITDZ Berlin wird hierzu einen Blockchain-Knoten für das Land Berlin planen und perspektivisch im
Netzwerk der govdigital betreiben. Erste Pilotvorhaben in der
Berliner Verwaltung sind bereits angestoßen. Als zentrales
Leuchtturmprojekt im Land Berlin wurde die Digitalisierung
von Schulzeugnissen mithilfe der Blockchain-Technologie initiiert. In 2022 sollen Berliner Schülerinnen und Schüler ihre
Schulzeugnisse auch — fälschungssicher in der Blockchain
hinterlegt — in digitaler Fassung erhalten.
Im Rahmen des BMWi-Wettbewerbs „Sichere Digitale Identitäten“ nehmen die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe als assoziierter Partner und Berlin Partner für
Wirtschaft und Technologie als Unterauftragnehmer der TU
Berlin am Konsortium IDUnion teil. Das Ziel des Konsortiums ist
der Aufbau eines offenen, weltweit nutzbaren Ökosystems für
die dezentrale Identitätsverwaltung, das sich an europäischen
Werten und Regularien orientiert.
Als Sitz von Regierung und Parlament und als Metropole mit
sensiblen Verkehrs- und Kommunikationsnetzen benötigt Berlin innovative Sicherheitskonzepte. Daher verfolgt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe das Themenfeld Cyber- bzw. Digital Security bereits seit über 20 Jahren.
Berlin-Brandenburg gehört mittlerweile zu den leistungsfähigsten Regionen in Deutschland und Europa.
Das Land Berlin hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Digitalisierungsstrategie auf Basis von Nachhaltigkeit, Teilhabe und
wirtschaftlicher Entwicklung zu erarbeiten. Es gilt, die Lücke
zwischen hochdigitalisierten Bereichen und noch vorwiegend
analog strukturierten Sektoren zu schließen. Mit der Digitalisierungsstrategie soll ein zukunftsgerichteter Rahmen geschaffen
werden, der alle bestehenden digitalisierungsbezogenen Programme und Strategien des Landes Berlin mit einbezieht. Ein
erster Meilenstein wurde im Jahr 2020 erreicht. Das öffentlich
einsehbare Grünbuch stellt die strategischen Herausforderungen für das Land Berlin im Hinblick auf die digitale Transformation dar, benennt bestehende Stärken und führt Handlungsbedarfe auf. Es schafft die Grundlage für eine fruchtbare Debatte und ermöglicht damit einen breiten gesellschaftlichen
Beteiligungs- und Diskussionsprozess.
Auf Basis des Grünbuchs wird mit der Beteiligung der Stadtgesellschaft ein Weißbuchprozess gestartet. Hier werden die
Handlungsbedarfe aus dem Grünbuch und die Erkenntnisse
aus dem Partizipationsprozess in konkrete Ziele und Maßnahmen für Berlin überführt. Zudem werden die verantwortlichen
Akteure definiert, die die beschlossenen Maßnahmen umsetzen sollen.
Eine zweite Säule zur Unterstützung und Beschleunigung der
digitalen Transformation bildet die vom Land Berlin geförderte
und finanzierte DAB Digitalagentur Berlin GmbH, die im ersten Halbjahr 2020 gegründet wurde. Als zentrale Koordinierungsstelle unterstützt sie Berliner Unternehmen in allen Phasen der Digitalisierung und bietet eine agile, prozessorientiere
Beratung. In enger Kooperation mit Netzwerkpartnerinnen und
–partnern der Stadt, wie z.B. den Kammern und Verbänden,
sollen zielgruppengerechte Formate entwickelt werden. Darüber hinaus soll die Lücke zwischen digitalen Entrepreneuren,
Forschung und den Berliner Unternehmen verringert werden.
Die Breitbandversorgung ist mittlerweile einer der entscheidenden Standortfaktoren, der über die Ansiedlung von Unternehmen, Forschungs- und Entwicklungszentren sowie die Gewinnung von Fachkräften entscheidet. Berlin steht dabei in einem starken nationalen und internationalen Wettbewerb.
Mit dem Berliner Breitband-Portal hat das Land Berlin in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer zu Berlin
(IHK) ein Instrument geschaffen, das Bedarfsträger und ausbauende Telekommunikationsunternehmen zusammenbringt
29
III. Wirtschaft
Smart City Modellprojekte
cken zu schließen oder langfristig ihre Ausbaustrategien an
den Bedarfsmeldungen auszurichten.
Mit der Bewilligung des Förderantrags „Smart City Modellprojekte“ durch das Bundesministerium des Innern, für
Bau und Heimat (BMI) im Jahr 2020 wird die Smart City
Berlin einen deutlichen Entwicklungsschub erhalten. Bis
2027 stehen dem Land Berlin damit Fördermittel in Höhe
von 17,5 Mio. € für die Entwicklung einer neuen Smart City
Strategie und die Umsetzung ausgewählter Vorhaben zur
Verfügung.
Bisher ist der Ausbau von Breitbandnetzen in Berlin nahezu ausschließlich marktgetrieben bewerkstelligt worden. Für eine mittelfristig notwendige und zukunftssichere sowie nachhaltige Versorgung mit gigabitfähigen Anschlüssen bis zu den Gebäuden,
bestehen absehbar erhebliche Ausbaunotwendigkeiten, die nur
durch die Aufrüstung der bestehenden Netze und Neuinvestitionen vor allem im Endanschlussbereich auf Basis von Glasfaser-Infrastrukturen geschlossen werden können (FTTB).
Da Digitalisierung und Smart City thematisch eng beieinander liegen, werden die aktuell parallel laufenden Prozesse zur Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie unter
Federführung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe eng mit denen der Smart City-Strategie unter Federführung der Senatskanzlei verzahnt und von beiden Häusern eng begleitet, um Synergien und Erkenntnisse gemeinsam zum Vorteil beider Strategieprozesse nutzen zu können.
Im Juni 2021 hat der Berliner Senat eine von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eingebrachte „Gigabit-Strategie“ verabschiedet, mithilfe derer ein übergeordneter
gemeinsamer Handlungsrahmen mit entsprechenden Zielmarken festgelegt wird. Auf der Grundlage eines abgestimmten Zielbildes sowie gemeinsamer Umsetzungsmechanismen
sollen die Aktivitäten der Berliner Akteurinnen und Akteure
langfristig koordiniert und Ausbauhemmnisse systematisch reduzieren werden.
Aktuell ist die 1. Partizipationsphase zur Neuerarbeitung
der Smart City Strategie gestartet, in der der strategische
Rahmen bezüglich Leitgedanken und Zielsetzungen der
künftigen SC-Strategie gesetzt werden soll. Dazu leistet
auch das Netzwerk Smart City Berlin mit seiner Fachexpertise und den rund 150 Mitgliedern seinen Beitrag.
Die zielgenaue Verbesserung des bereits heute schon sehr guten LTE-Mobilfunkausbaus sowie der 5G-Mobilfunkausbau sichern dem Land Berlin eine zukunftsträchtige Infrastruktur. Der
5G-Mobilfunkausbau erfolgt schneller als zum Zeitpunkt der
Vergabe der 5G-Frequenzen 2019 angenommen. So hatte die
Deutsche Telekom schon Mitte 2020 ca. 30 % der Fläche Berlins abgedeckt und Telefonica hat im Jahr 2020 mehrere hundert 5G-Stationen in Betrieb genommen und kündigt 5G „ab
2021 in ganz Berlin“ an. Die Entwicklung ist hier dynamisch
und wird von den Netzbetreibern auf deren Web-Seiten aktuell
dargestellt.
Eine weitere Aktivität der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe ist in diesem Jahr die Unterstützung
des EU-Projekts AI4Cities (2020-2022). Im Rahmen dieses Projekts laden sechs europäische Städte (Helsinki,
Amsterdam, Kopenhagen, Region Paris, Stavanger und
Tallinn) internationale Lieferanten ein, KI-Lösungen für
Mobilitäts- und Energieprobleme zu entwickeln, die zur
CO2-Reduzierung beitragen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der städtischen Klimaziele
leisten. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe engagiert sich in diesem Projekt als sogenannte
„preferred city“. Die Stadt nutzt die Möglichkeit zum Knowhow-Transfer für z. B. den Wissensaufbau für innovationsfreundliches Verwaltungshandeln und den Einsatz neuer
Technologien. Auch bietet das Projekt dem Berliner
Ökosystem aus innovativen KMU und Startups die Chance, ihre Produkte und Dienstleistungen international bekannt zu machen.
und eine Nachfragebündelung für einen unmittelbaren Blick
auf die tatsächlichen Bedarfe ermöglicht. Die Plattform richtet
sich vor allem an Wirtschaftsunternehmen, aber auch an Bürgerinnen und Bürger im Land Berlin, die einen Breitbandbedarf melden wollen. Nach einem Jahr, seit Start des Portals,
liegen rund 1500 Bedarfsmeldungen vor. 13 Provider sind auf
dem Portal aktiv und nutzen die Meldungen, um direkt Breitbandlösungen anzubieten und so kurzfristig Versorgungslü-
30
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat
Maßnahmen zur Unterstützung des privatwirtschaftlichen Mobilfunkausbaus definiert und setzt diese konsequent um. Eine
Maßnahme ist die Ergänzung/Erweiterung der digitalen Verfahren für Zustimmungen/Genehmigungen, welche für die Verlegung von Telekommunikationslinien und Errichtung von Mobilfunkstandorten erforderlich sind. Zur Unterstützung der fachlich zuständigen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und
Klimaschutz (SenUVK) wurden Dienstleister beauftragt. Die
Dienstleister werden in Abstimmung mit SenUVK ausgesteuert
und den Bezirken wurden (und werden) Finanzmittel für die benötigte IT-Ausstattung bereitgestellt.
Um den kontinuierlich steigenden Bedarf an Mobilfunkkapazität zu decken, werden zunehmend Mobilfunkstationen mit geringer Reichweite, s.g. Kleinzellen (Small Cells), eingesetzt.
Kleinzellen werden bereits im LTE-Mobilfunknetz eingesetzt
und dienen der Kapazitätserhöhung an Orten mit hoher Nutzerzahl, wie Veranstaltungsorten oder belebten Plätzen. Die
Antennen der Kleinzellen sind oft an geeigneten Trägerstrukturen, wie Lichtmasten angebracht. So rüstet z.B. die Deutsche
Telekom gegenwärtig 200 Litfaßsäulen der Firma ILG-Außenwerbung mit LTE-Kleinzellen aus.
III. Wirtschaft
Im Projekt „Stadtbildkonforme Aufbauvariante Kleinzelle“ (staBAK) wurden Systemgehäuse für Kleinzellen entwickelt, welche
sich optimal in das Stadtbild einfügen und idealerweise einen
Zusatznutzen bieten. Diese werden in einem realen Testfeld
erprobt. Parallel dazu erfolgt die Klärung der rechtlichen, organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen, um
mittels eines standardisierten Vorgehens die Errichtung von
Kleinzellenstandorten stark zu vereinfachen.
Der Technologiepark Adlershof hat die erste 5G-Campuslizenz am 20.02.2020 zugeteilt bekommen und arbeitet gegenwärtig an der Errichtung des Netzwerks.
Die Akzeptanz des Mobilfunks wird mit der Erstellung und öffentlichen Bereitstellung der umfangreichen Berliner Handreichung „Mobilfunk unter Berücksichtigung des Immissionsschutzes“ befördert. Dafür wurden auf Messungen der elektromagnetischen Felder (EMF) von Mobilfunkstationen (Dach- und
Maststandorte sowie ein Kleinzellenstandort) durch Spezialisten der TU Ilmenau beauftragt. Ergebnisse der Messberichte
wurden auch in der Berliner Handreichung zur verständlichen
Darstellung des Themas genutzt.
Open Data sind ein wesentlicher Aspekt unseres digitalen Datenzeitalters. Das zeigt sich insbesondere darin, dass Berlin
mittlerweile im nationalen Vergleich die Nummer Eins bei getätigten Investitionen in datenbasierte Startups geworden ist.
Das Land Berlin hat in 2021 unterstützende Rahmenbedingungen für die weitere Öffnung und Nutzung von Verwaltungsdaten durch die Open Data-Verordnung entwickelt, die am
1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Ab diesem Zeitpunkt ist die
Veröffentlichung von nicht-personenbezogenen Daten der
Verwaltung, die in maschinenlesbaren Formaten darstellbar
sind, auf dem Open Data-Portal des Landes Berlin verpflichtend geworden.
Um die Veröffentlichung von großen Datenmengen zu fördern,
die in den über 300 IT-Fachverfahren des Landes Berlin bevorratet werden, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Initiative „Anbindung der IT-Fachverfahren an das Open Data-Portal mit API-Schnittstellen“ gemeinsam mit der Unterstützung der Open Data-Informationsstelle
koordiniert. Ziel der Initiative ist es, IT-Fachverfahren, die möglicherweise veröffentlichungspflichtige Daten beinhalten, zu
identifizieren und den Kontakt mit den Fachverfahrensverantwortlichen aufzunehmen, um Bedarfe bei der Bereitstellung zu
ermitteln und gegebenenfalls konkrete Unterstützung anzubieten.
Im Jahr 2021 feiert das jährliche Klassentreffen Berlin Open
Data Day — BODDy — zehnjähriges Jubiläum und wird am
25. August 2021 im Alice Rooftop & Garden als Hybridveranstaltung vor Ort stattfinden und live übertragen. Das Konferenzprogramm reicht von Vorträgen zu Best Practices in der
Anwendung von Open Data der Verwaltung aus den Bereichen Bildung, Klima, Energie, Mobilität bis zu aktuellen Lösun-
gen der Community, die in der Corona Pandemie auf Datenbasis des Open Data Portals entstanden sind.
Im Februar 2020 fand der 4. Open Data Lunch mit ca. 40
Teilnehmenden aus verschiedenen Verwaltungseinheiten statt.
Neben dem Networking standen Vorträge aus den Themenbereichen Dateninventur, die Bereitstellung und Visualisierung
von Geodaten mit ArcGIS und die Vorstellung des Open Data
Handbuchs im Fokus.
Damit die Berliner Verwaltung bei der Umsetzung der Open
Data Verordnung unterstützt wird, hat die Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Open Data Informationsstelle (ODIS) — angesiedelt bei der Technologiestiftung
Berlin — mit einer Zuwendung für die weiteren Jahre gefördert.
Die Open Data Informationsstelle steht der Verwaltung auf
Nachfrage für Beratungen zur Verfügung, um Dateninventuren
zur Identifikation von Datensätzen durchzuführen oder bei der
Anwendungen und Lösungen mit Open Data
Open Data-basierte Anwendungen sind ein wichtiger Teil
der Open Data Berlin Strategie; sie kommunizieren den
Nutzen von Open Data und geben für die Verwaltungen
Anreize zur Bereitstellung weiterer Datensätze. Im Laufe
des Jahres 2020 wurden verschiedene Anwendungen aus
Verwaltungsdaten exemplarisch entwickelt:
Berliner Gehwegbreiten
Zusammen mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, der IHK Berlin und dem DEHOGA Berlin
wurde ein Datensatz zu Geschäften, die für ihre Waren
Liefer- und Abholdienste anboten, erhoben und veröffentlicht. Im Mai 2020 wurde zudem eine Visualisierung von
Gehwegbreiten veröffentlicht, um aufzuzeigen, wo ein
Mindestabstand von 1,5 m für Fußgänger schwer einzuhalten ist und entsprechende Maßnahmen zur Abhilfe getroffen werden sollten.
Prüftool für Geodaten
Im Rahmen des Projektes „Koordinierung bezirklicher
Geodaten“ wurde ein Online-Tool konzipiert, mit dem bestimmte Geodatensätze vor ihrer Bereitstellung auf die
Einhaltung einer vorgegebenen Datenstruktur und auf die
Datenqualität überprüfbar sind.
Wahlbezirke-Editor
Ein webbasierter Prototyp wurde mit dem Wahlamt Tempelhof-Schöneberg entwickelt, der es ermöglicht, Wahlbezirke mithilfe eines Algorithmus und eine Nutzeroberfläche
anzupassen, um eine möglichst gleiche Verteilung von
wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohnern auf die
Wahlbezirke zu erreichen. Für 2021 wird ermittelt, welche
Bedarfe an dieses Tool in den anderen Bezirken bestehen
und ob eine Weiterentwicklung stattfinden sollte.
31
III. Wirtschaft
automatischen Veröffentlichung von Daten mit Hilfe von API
Schnittstellen zu unterstützen.
Seit Mai 2020 ist das Land Berlin dem Verbundforschungsprojekt „Urban Data Partnership“(UDP) mit der Tegel Projekt
GmbH und der Fraunhofer Morgenstadt Initiative beigetreten.
Im Rahmen der UDP wurden verschiedene Geschäftsmodelle
und Smart City Anwendungen, die mit offenen Daten der Städte entstehen können, erprobt. Berlin hat sich mit dem Anwendungsfall der Tegel Projekt GmbH „Multifunktionsmasten“ und
einem Erfahrungsbericht zum „Potenzial der Monetarisierung
von Daten“ an dem Austausch der Städte, die erfolgreich
Open Data anwenden, beteiligt.
Neben der Öffnung von Verwaltungsdaten gehört auch die
Förderung von Ideenwettbewerben mit den Verwaltungsdaten
zu den wichtigen Säulen der Open Data Berlin Strategie. Da-
32
her werden jährlich zwei Hackathons mit der Open Data Community zu den wichtigen Herausforderungen der Stadtgesellschaft durchgeführt.
Im Januar 2021 wurde ein Berlin WaterHackathon in Kooperation mit dem Einstein Center Digital Future durchgeführt. Die
Studentinnen und Studenten sowie Hackerinnen und Hacker
haben mit offenen Daten aus dem Wasserportal der Berliner
Verwaltung intelligente Lösungen für die Herausforderungen
und die Zukunftssicherheit des Berliner Wasser-Ökosystems
entwickelt.
Im August 2021 beteiligt sich Open Data Berlin mit offenen
Daten der Verwaltung an dem jugendhackt Hackathon der
OKFN e.V. und mediale pfade.org — Verein für Medienbildung e.V.
III. Wirtschaft
III.1.3 Cluster Verkehr, Mobilität
und Logistik
•
•
•
109.950 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 225.180)
9.613 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 18.238)
17,39 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 33,74 Mrd. Euro)
Verkehr, Mobilität und Logistik sind Grundbedürfnisse der modernen Gesellschaft und wesentliche Treiber, Katalysatoren
und Profiteure von Innovation und Wachstum. Zukunftsfähige
Konzepte und Systeme zur Sicherstellung der Mobilität von
Personen und Gütern müssen sich dabei stets an den großen
gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klima- und Gesundheitsschutz, Ressourcenschonung und Urbanisierung
messen lassen.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Auch die Hauptstadtregion ist seit Februar 2020 von der
Pandemie betroffen. Die seitdem gemachten Erfahrungen zeigen, dass Verkehr, Mobilität und besonders Logistik Schlüsselrollen für die Aufrechterhaltung wichtiger Abläufe und Dienstleistungen einnehmen. Neben der Sicherung und Stärkung der regionalen Wertschöpfung besitzt
dabei die Sicherstellung eines möglichst bidirektional
ungehinderten Warenverkehrs und der Aufrechterhaltung
eines nachhaltigen Personenverkehrs große Bedeutung.
Die Betroffenheit der Branchen, die sich unter dem Dach
des Clusters Verkehr, Mobilität und Logistik versammeln,
ist dabei unterschiedlich. Der seit Monaten sehr stark eingeschränkte Luftverkehr hat erhebliche Rückwirkungen
auf Industrie und Zulieferer zur Folge. Die Automobilindustrie muss den Transformationsprozess in der Antriebstechnik bewältigen. Für das Cluster insgesamt gilt: Zur
nachhaltigen Krisenbewältigung werden technologische
und geschäftliche Innovationen entscheidende Rollen für
die Mobilitäts- und Logistiksysteme der Zukunft spielen.
Ein dafür wesentlicher Aspekt ist die Notwendigkeit zur Integration der Verkehrsträger mit ihren jeweiligen Stärken und
Schwächen in Gesamtkonzepten von Verkehr, Mobilität und
Logistik, aber auch in sich weiterentwickelnde gesellschaftliche Verabredungen. Mit dem seit August 2020 vorliegenden,
aktualisierten Masterplan des Clusters Verkehr, Mobilität und
Logistik, an dem eine Vielzahl von Akteuren aus der Hauptstadtregion und darüber hinaus mitgewirkt haben, wird dies
mit Nachdruck bestätigt. Die benannten Innovationsfelder —
Verkehrs- und Mobilitätsmanagement, Automatisierung und
Vernetzung, Digitale Produktion, Fahrzeug- und Flugzeugkonzepte sowie Emerging Technologies — verstehen sich von
vornherein ebenso verkehrsträgerübergreifend wie die direkt
als Cross-Cluster bezeichneten Innovationsfelder IT-Technologien, Erneuerbare Energien und Safety & Security. Diese — neben den nach klassischen Verkehrsträgern — zusätzliche Betrachtung erleichtert die Schaffung von Synergieeffekten und
die Skalierung von Innovationen über klassische Branchengrenzen hinweg. Der Anspruch des Clusters, die Etablierung
und Stärkung der Region Berlin-Brandenburg als einen der
international führenden Standorte für zukunftsorientierte,
nachhaltige Mobilität, wird damit unterstrichen.
ÖPNV und Pandemie-Resilienz
Die Pandemie-Situation stellt den ÖPNV-Sektor vor besondere Herausforderungen. Geltende Corona-Abstandsregeln und zu beobachtende Zurückhaltung bei bisherigen Kundinnen und Kunden beeinflussen den wirtschaftlichen Betrieb des ÖPNV. Technische und organisatorische
Maßnahmen können helfen, die Situation zu verbessern.
Hieraus ergeben sich eine Reihe von Ansatzpunkten für innovative Lösungen von Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. Der
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und das Clustermanagement organisieren den Dialogprozess mit einem regelmäßigen Round Table der betroffenen Akteure aus
Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltungen und Verbänden.
Das Ziel sind neue Kooperationen und Verbundprojekte
zur Erhöhung der Pandemie-Resilienz in Fahrzeugen und
Anlagen des öffentlichen Verkehrs der Hauptstadtregion.
Zum Themenspektrum zählen z. B. die Bewertung biozider
Oberflächen, neue Be- und Entlüftungstechnologien zur
Verhinderung der Aerosolausbreitung sowie technische
und organisatorische Ansätze zur Verstetigung von Passagierströmen. Diese neue Initiative ist ein gutes Beispiel für
„Cross-Cluster“-Kooperation: Verkehr, Mobilität und Logistik arbeitet hier eng mit der Gesundheitswirtschaft zusammen.
Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe müssen sich zukünftig möglichst emissionsarm fortbewegen. Dazu können insbesondere
die elektrischen und hybrid-elektrischen Antriebssysteme einen wesentlichen Beitrag leisten. Dabei wird in der post-fossilen Zukunft die Energieversorgung dieser Antriebseinheiten
von der Fahrzeugart, der zu bewegenden Gütermenge/Personenzahl und dem Verkehrsweg abhängig sein. Insofern fallen
die Lösungen unterschiedlich aus und neue Klassen an Fahrzeugen gewinnen an Bedeutung. Innerhalb des für Berlin besonders wichtigen Startup-Ökosystems bildet sich eine wachsende Community an Mobility-Startups heraus, die neben
Software- auch Hardwarelösungen entwickelt. In den auf
nachhaltige Mobilität spezialisierten Startup-Hubs wie The
Drivery und MotionLab finden diese jungen Unternehmen
maßgeschneiderte Einrichtungen und das passende Kooperationsumfeld vor. Gerade in den Bereichen Ladeinfrastruktur,
33
III. Wirtschaft
Leichtfahrzeuge für Letzte-Meile-Logistik und Sensorik für
das automatisierte Fahren erarbeiten Mobility Startups in Berlin derzeit interessante Lösungen für urbane Räume.
Beim Zusammenwirken zur Sektorenkopplung und nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft mit den Clustern Energietechnik
und IKT, Medien und Kreativwirtschaft steht die Nutzung in der
Mobilität im Fokus. Das Themenspektrum reicht von der Energiebereitstellung aus regenerativen Quellen, über die Speicherung bis zu Intelligenten Lade- und Betankungsinfrastruktu-
Förderprogramme für einen nachhaltigen und sicheren
Wirtschaftsverkehr in Berlin
„Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ — WELMO
Mit dem Förderprogramm WELMO bietet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe kleinen und
mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft Anreize, auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umzusteigen. Seit
2018 unterstützt das Land Berlin mit dem Förderprogramm die Beschaffung und das Leasing von gewerblich
genutzten, elektrisch betriebenen Fahrzeugen sowie die
Errichtung von Ladeinfrastruktur im gewerblichen Umfeld.
Im Fokus der Fahrzeug-Förderung stehen Nutzfahrzeuge,
Klein- und Leichtfahrzeuge sowie motorisierte Zweiräder
mit reinem Batteriebetrieb, mit Brennstoffzellenantrieb
und Plug-In-Hybridantrieb. Ein weiterer Teil der Förderung
umfasst ein Beratungsangebot zu den Schwerpunktthemen Fahrzeuge, Betriebliches Mobilitätsmanagement und
Ladeinfrastruktur. Zudem wurde das Förderprogramm um
ein Jahr bis 31.12.2021 verlängert. Bis April 2021 wurden
insgesamt über 4.300 Anträge gestellt, gefördert wurden
bisher rund 3.700 E-Fahrzeuge und knapp 400 Ladepunkte.
Abbiegeassistent
Das im Dezember 2020 gestartete Förderprogramm „Abbiegeassistent Berlin“ unterstützt in Berlin tätige Unternehmen sowie freiberuflich oder gemeinnützig Tätige, welche
in Berlin Lkw betreiben, durch eine freiwillige Nachrüstung
ihrer Bestandsfahrzeuge mit Abbiegeassistenzsystemen
dabei, Unfällen mit Lkw-Beteiligung vorzubeugen. Gefördert werden die Anschaffung und der Einbau von Abbiegeassistenzsystemen in Lkws ab einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen. Förderfähig sind sämtliche Systeme, die über eine Allgemeine Betriebserlaubnis des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) verfügen, die Förderhöhe beträgt
bis zu 1.500 € der Anschaffungs- und Einbaukosten je
System. Damit schafft die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe einen starken finanziellen Anreiz, die
Nachrüstung der Fahrzeuge vorzunehmen und die Durchdringung des Fahrzeugbestands mit Abbiegeassistenzsystemen zu beschleunigen.
34
ren und den bedarfsgerechten Mobilitätskonzepten zwischen
Stadt und Land mit nachhaltigen Energieträgern.
Die Identifizierung relevanter Cross-Cluster-Innovationsfelder
im Masterplan zeigt deren besondere Bedeutung für die Zukunft der Mobilität. So forciert die Digitalisierung unter Nutzung moderner IT-Technologien den Wandel der Mobilität in
mehrfacher Hinsicht. Nicht nur physisch, z.B. durch IoT-gestützte Produktion oder KI-gestützte Tourenplanung zur Optimierung von Fahrtenplanungen, sondern auch virtuell durch die
intelligente Auswahl der jeweils am besten geeigneten Mobilitätsform anhand von Nachhaltigkeits- und Effizienzkriterien.
Bedarfe können nach den aktuellen Erfordernissen — wie sie
z. B. durch eine Pandemie hervorgerufen werden — situationsgerecht mit Angeboten bedient werden.
Eine für die Akteure der Region fortwährend sehr wichtige Rolle für die Bewertung und das Ausrollen neuer Technologien
und Geschäftsmodelle der Mobilität spielen Testfelder und
Reallabore, die neben der Praxiserprobung und der Optimierung auch der Weiterentwicklung des jeweiligen Rechtsrahmens dienen. Nicht zuletzt aufgrund der internationalen Ausstrahlung der Stadt, hat sich Berlin zu einem attraktiven Standort für Reallabore der Mobilität entwickelt, z. B. für autonomes
und vernetztes Fahren. Gute Beispiele hierfür sind das 2020
gestartete Projekt „Shuttles & Co.“ oder das Anfang 2021 gestartete Projekt „BeIntelligent“, bei denen jeweils Konsortien
aus Wirtschaft und Wissenschaft die Randbedingungen für
den Einsatz von autonom fahrenden Fahrzeugen unter reali-
Für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der
Zulieferindustrie mit Schwerpunkt in der Automobil- und
Schienenverkehrstechnik wurde vom BMWi für die Jahre
2021-2024 das Bonus-Programm Zukunftsinvestitionen
für Fahrzeughersteller und Zulieferindustrie — Programm
zur Umsetzung von Ziffer 35c im Rahmen des Konjunkturpakets der Bundesregierung — aufgelegt. Es dient der
Förderung von Investitionen in neue Technologien, Verfahren und Anlagen. Forschung und Entwicklung für transformationsrelevante Innovationen und neue regionale Innovationscluster vor allem der Zulieferindustrie werden in
den Jahren mit insgesamt rund 1,5 Mrd. € gefördert. Das
Förderkonzept sieht drei Förderschwerpunkte, als Module
bezeichnet, vor: (a) Produktion — Modernisierung der Produktion als Schub für Produktivität und Resilienz, (b) Produkte — Neue innovative Produkte als Schlüssel für Fahrzeuge und Mobilität der Zukunft und (c) Innovationscluster
— Gemeinsame Lösungen finden, regionale Innovationscluster aufbauen. Das Clustermanagement bietet Informations- und Vernetzungsveranstaltungen zu diesem Bundesprogramm an und unterstützt interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Hauptstadtregion bei der Themen- und Projekt- sowie Konsortienfindung.
III. Wirtschaft
Oliver Ulrich
Bereich Neue Mobilität;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Benedikt Sperling-Zikesch
Managing Director
DACH & Eastern Europe;
EasyMile GmbH
„Das Land Berlin hat in den letzten Jahren erfolgreich diverse Pilotprojekte im Bereich des hoch-automatisierten und
vernetzten Fahrens unterstützt und gefördert. Die „See-Meile“ in Reinickendorf war dabei zweifelsohne ein Meilenstein:
nicht nur weil es nach wie vor eine große technische Herausforderung ist solche Fahrzeuge im öffentlichen Raum einzusetzen, sondern auch weil wir in Sachen Genehmigungsverfahren Neuland betreten haben. Die Zusammenarbeit zwischen den Berliner Verwaltungen und mit EasyMile als Technologieanbieter war beispielhaft und zeigt die Bedeutung
Berlins als Innovationsstandort für neue Mobilitätskonzepte
und -technologien.“
„Mithilfe der Förderung der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe konnten wir erstmals ein hoch-automatisiert fahrendes Shuttle im Großstadtverkehr und damit
unter realen Bedingungen über einen längeren Zeitraum erproben. Wir haben mit dem Projekt „See-Meile“ viel über
den Einsatz dieser Technologie und den Betrieb auf der letzten Meile gelernt und fast 16.000 Fahrgäste befördert. Das
Projekt war insgesamt ein großer Erfolg und wir freuen uns,
dass wir in Zusammenarbeit mit der BVG ein Folgeprojekt
und damit ein weitergehendes Angebot aufsetzen konnten.“
tätsnahen Bedingungen erproben und unmittelbar auf den Erkenntnissen von Berliner Vorläuferprojekten aufgebaut wird.
Zukunftstechnologien der Emerging Technologies sind in der
Regel durch einen noch erheblichen Forschungsbedarf gekennzeichnet. Bereits einen Schritt weiter ist das Thema „New
Space“, das durch Entwicklung, Bau und Einsatz miniaturisierter Satelliten für die Erdbeobachtung gekennzeichnet ist. In
der Region Berlin-Brandenburg hat sich eine vitale Gemeinschaft von Startups, etablierten Raumfahrtzulieferern und Forschungsreinrichtungen zusammengefunden, die gemeinsam
daran arbeiten, die New Space in den kommerziellen Einsatz
zu überführen. Auch im Bereich ziviler, unbemannter Luftfahrzeuge („Drohnen“) arbeiten Startups mit der Wissenschaft an
technischen Weiterentwicklungen und der Kommerzialisierung
— insbesondere in der Logistik.
35
III. Wirtschaft
III.1.4 Cluster Optik und Photonik
•
•
•
12.832 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 18.799)
854 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 1.452)
1,47 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 2,39 Mrd. Euro)
Optik und Photonik sind Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung in der Industrie, dem Gesundheitswesen und der Mobilität. Sie leisten als Innovationstreiber nicht nur einen herausragenden Beitrag zur Entwicklung des Wirtschafts- und Industriestandorts Berlin, sondern auch zur Technologiesouveränität
der gesamten Volkswirtschaft. Mit rund 400 Unternehmen und
über 30 Forschungseinrichtungen zählt die Hauptstadtregion
zu den führenden Photonik-Standorten Europas. Das Cluster
ist geprägt von einer vernetzten Hochschul- und Forschungslandschaft sowie einer Vielzahl innovativer Technologieunternehmen. Die Akteure werden von fachlichen Zusammenschlüssen wie die OpTecBB e.V. unterstützt, dem bundesweit größten
Branchennetzwerk für optische Technologien, das gemeinsam
mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie sowie der
Wirtschaftsförderung Land Brandenburg das Clustermanagement bildet.
Auch in Zeiten der Corona-Pandemie machen Berliner Unternehmen und Forschungseinrichtungen des Clusters Optik und
Photonik den Standort durch eine Vielzahl von Expansionsund Innovationsaktivitäten international sichtbar, wie beispielsweise das Berliner Traditionsunternehmen Berliner Glas.
Berliner Glas ist einer der weltweit führenden Anbieter optischer Schlüsselkomponenten, Baugruppen und Systeme. Die
Berliner Glas Gruppe hat mehr als 1.200 Beschäftigte in Berlin
und erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von 248 Mio. €. Seit
dem 2. November 2020 gehört die Berliner Glas Gruppe zu
ASML, einem der weltweit führenden Hersteller von Mikrochip-Fertigungsequipment. ASML ist mit einer Marktkapitalisierung von knapp 150 Mrd. USD eines der wertvollsten börsennotierten Unternehmen der EU.
An ihrem Hauptsitz in Berlin investiert Berliner Glas unter anderem in ein neues Gebäude mit rund 8.000 m² Produktionsund Bürofläche sowie dessen Ausstattung.
Berlin ist auf dem Sprung in die zweite Quantenrevolution.
Die erste Quantenrevolution lieferte die physikalischen Grundlagen für die Digitalisierung der Gesellschaft, wie Laser und
moderne Kommunikationstechnologien. Die Photonik ist der
Schlüssel zur nun beginnenden zweiten Quantenrevolution. Mit
photonischen Werkzeugen lassen sich einzelne Quantenteilchen gezielt manipulieren und kontrollieren. Dies eröffnet
zahlreiche neue Anwendungsfelder, wie zum Beispiel die abhörsichere Kommunikation mittels verschränkter Photonen,
hochaufgelöste Bildgebungsverfahren in der medizinischen
Diagnostik oder das Aufspüren wertvoller Rohstoffe mittels
36
Quantensensoren, die das lokale Schwerefeld der Erde präziser als bisher vermessen können. Optische Uhren werden die
Zeitmessung und damit die Genauigkeit von Navigationssystemen verbessern und die Rechenleistung von Quantencomputern soll in neue Dimensionen vorstoßen. Quantentechnologien werden daher künftig so unentbehrlich sein, wie es heute
das Internet ist.
In der Hauptstadtregion arbeiten zahlreiche Forschungseinrichtungen und Unternehmen an den Schlüsseltechnologien
für die zweite Quantenrevolution. Mit der britischen M Squared
Lasers hat 2020 einer der weltweit führenden Anbieter von Lasersystemen für die Quantentechnologie eine Niederlassung
in Berlin eröffnet und möchte, ebenso wie die ersten regionalen Startup-Initiativen, von der reichhaltigen Forschungsexpertise in Berlin profitieren.
Das Land Berlin hat Anfang 2021 angekündigt, die Entwicklung der Quantentechnologien mit 25 Mio. € zu fördern und
wird so einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das große Potenzial in der Region auszuschöpfen und die Akteure zu vernetzen, um nachhaltige Wertschöpfung zu generieren und Berlin
international als Quantentechnologiestandort sichtbar zu machen.
Im Oktober 2020 traf sich die Photonik-Community online zu
den vom Clustermanagement unter Federführung des OpTecBB e.V. organisierten Photonics Days Berlin Brandenburg.
Mit über 900 Teilnehmenden aus 46 Ländern wurde das Format sehr gut angenommen. Die Themen der 22 Workshops
deckten das volle Spektrum der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der angewandten Photonik in der Hauptstadtregion ab.
Neben fachlichen Schwerpunkten wie den Quantentechnologien wurden eine Reihe von Workshops gemeinsam mit internationalen Partnern organisiert, wie das Deutsch-Israelische
Agriphotonics Seminar oder der Deutsch-Niederländische
Workshop zu Photonischen Integrierten Schaltkreisen. Die Berliner Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner war unter
dem Titel „The Berlin Brandenburg Photonics R&D ecosystem
— How to get access to partners and funding“ mit einem maßgeschneiderten Workshopangebot für Ansiedlungsinteressierte am Start.
Das „Aus- und Weiterbildungsnetzwerk Hochtechnologie ANH
Berlin“ mit Sitz am Ferdinand-Braun-Institut treibt in enger Abstimmung mit dem Clustermanagement Maßnahmen zur beruflichen Bildung im Cluster voran und unterstützt die Clusterakteure u. a. bei der Nachwuchsgewinnung und beim Einstieg
in die duale Ausbildung. Um den aktuellen wie künftigen Herausforderungen infolge von Digitalisierung, Globalisierung
sowie demographischer Entwicklung und den damit verbundenen Veränderungen am Arbeitsmarkt gerecht zu werden, bedarf es innovativer Konzepte für die berufliche Bildung. Mit
dem Projekt „BM=X³“ soll es gelingen, die berufliche Bildung
qualitativ und nachhaltig zu verbessern und attraktiver zu ma-
III. Wirtschaft
chen — auch als hochwertige Alternative zur akademischen
Bildung. Dazu wird das Projektkonsortium eine überregionale
Berufsbildungsakademie für den Hightech-Bereich aufbauen,
in dem neue Lerninhalte, Lernorte und Kooperationen erprobt
sowie eine digitale Lernplattform konzipiert und umgesetzt
werden. Zudem stehen die Entwicklung und Implementierung
von Bildungsmodulen und Initiativen im Berufemarketing im
Mittelpunkt. Das Vorhaben hat sich im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgeschriebenen Wettbewerbs „Zukunft gestalten — Innovationen
für eine exzellente berufliche Bildung (InnoVET)“ in der ersten
Antragsrunde gegen 175 Mitbewerber durchgesetzt und wurde
nach der Konzeptphase als eines von 17 Projekten von einer
Expertenjury zur Förderung ausgewählt.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, das
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes
Brandenburg sowie das polnische Nationale Zentrum für Forschung und Entwicklung (NCBR) haben am 15. März 2021 den
fünften Call für gemeinsame FuEuI-Projekte gestartet. Gemeinsam wollen sie grenzüberschreitende Verbundprojekte
aus Forschung, Entwicklung und Innovation auf dem Gebiet
der Optik und Photonik fördern.
Berliner und Brandenburger Verbundpartner werden jeweils im
Rahmen des regionalen Programms zur Förderung von Forschung, Innovationen und Technologien (ProFIT) unterstützt,
die polnischen Verbundpartner über ein Förderprogramm des
NCBR. Das Land Berlin unterstützt seit 2012 und das Land
Brandenburg seit 2016 die Partnerschaft mit Polen im Bereich
der optischen Technologien und Photonik.
Die aktuelle Ausschreibung steht unter dem Motto „Photonics,
microelectronics and quantum technologies as key enabling
technologies for the digital transformation, energy transition,
smart mobility and life sciences“. Das Anwendungsspektrum
reicht von digitaler Gesundheit und Umweltmonitoring über
autonomes Fahren, Raumfahrt sowie Agrar- und Lebensmitteltechnologien bis hin zu intelligenten Textilien und Leistungselektronik, Robotik, ziviler Sicherheit und Kommunikation. Die
Projekte sollen sich auf Themen konzentrieren, die für beide
Länder von besonderem Interesse sind. Ziel ist es, einen Beitrag zum Fortschritt der Photonik, Mikroelektronik oder der auf
Quantentechnologien basierenden Technologien zu leisten.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Auch die Photonik-Branche wird durch die Corona-Pandemie vor neue Herausforderungen gestellt.
Umfragen belegen jedoch, dass die Auswirkungen hier
weniger stark sind als in anderen Branchen. So erwartet
der Bundesverband SPECTARIS für das Jahr 2020 lediglich einen Umsatzrückgang der Branche von 3,4 %.
Das Ausmaß der Betroffenheit hängt in hohem Maße
von den Anwendungsschwerpunkten der Photonik-Unternehmen ab. Während beispielsweise Zulieferer für
die Luftfahrt, den Automotiv-Bereich oder die Filmindustrie teilweise erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen
müssen, profitieren andere, deren Produkte einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie oder dem digitalen
Wandel leisten, der durch die Corona-Krise nochmals
massiv an Fahrt gewonnen hat.
Viele regionale Unternehmen haben zudem schnell Hygienemaßnahmen eingeführt, sodass der Betrieb fortgesetzt werden konnte. Zahlreiche Unternehmen äußerten sich sehr positiv über das schnell und unbürokratisch umgesetzte Soforthilfeprogramm in Berlin.
37
III. Wirtschaft
III.1.5 Cluster Energietechnik
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•
38.300 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 59.523)
3.342 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 6.534)
25,17 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 31,93 Mrd. Euro)
Berlin ist traditionell führender Energietechnikstandort
Deutschlands. Die Hauptstadt ist Vorreiter bei der Entwicklung
von Smart Grids, Speicherkonzepten und innovativen Lösungen zur Systemintegration.
Neben Global Playern wie Siemens sorgen gerade die vielen
kleinen und mittleren Unternehmen (darunter auch Hidden
Champions) für eine anhaltende und überdurchschnittliche Innovationsdynamik bei der Entwicklung, Erprobung und Anwendung neuer Energietechnologien. Hierbei profitieren die Akteure von der renommierten und vielfältigen Wissenschaftsund Forschungslandschaft Berlins. Über 1.100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an über 30 Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen forschen zu allen
Themenstellungen rund um die Energiewende.
Schwerpunktthemen in der Energietechnik sind bereits heute
die Digitale Vernetzung und die sich daraus ableitenden Möglichkeiten der Sektorenkopplung (Strom, Verkehr und Wärme)
und der Systemintegration von Erneuerbaren Energien. Damit
einher geht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die in
Berlin insbesondere von Startups stark vorangetrieben wird.
Zu den aktuellen TOP-Innovationsfeldern mit besonderem Potenzial für die Hauptstadtregion als Energietechnikstandort
zählen:
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Sektorenkopplung zur Netzstabilisierung und Gesamtsystemeffizienzerhöhung,
Energieeffizienz in industriellen Prozessen / Nutzung Prozessabwärme,
Digitale Sicherheit,
Sektorenkopplung für die Mobilität: Power2X, Power2Fuels,
Vehicle2grid, Ladeinfrastruktur, Bidirektionales, erzeugungs- und netzdienliches Laden,
Lastmanagement,
Kleine Gasturbinen bis 400 kW, Kleinenergiewandler bis
250 kW (Mikrogasturbinen, SOFC, ORC etc.),
Energetische Abfall- und Klärschlammverwertung sowie
Wasserstofftechnologien.
Die Hauptstadtregion will sich in den nächsten Jahren noch
stärker als Modellregion der Energiewende präsentieren. Mit
Leuchtturmprojekten, Demonstrations- und Anwendungsprojekten soll gezeigt werden, wie die (urbane) Energiewende gelingen kann. Das bundesländerübergreifende Schaufensterprojekt WindNODE — „Wind in Nordostdeutschland“ (2017-
38
Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in der Hauptstadt
region
Wasserstoff hat als Energieträger und -speicher eine hohe
Relevanz für die Sektorenkopplung. Ein besonderer Impuls zur vermehrten Nutzung des Wasserstoffpotenzials im
urbanen Energieumfeld ist dabei von dem im Sommer
2020 gegründeten regionalen Netzwerk „H2Berlin“ zu erwarten, in dem sich Wasserstoff-affine Energie-, Verkehrsund Versorgungsunternehmen Berlins zusammengeschlossen haben. Gemeinsam wollen sie Perspektiven einer urbanen Wasserstoffwirtschaft entwickeln und umsetzen. Mit Unterstützung des Clustermanagements sowie
der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
wurde von den Akteuren die Studie „Wasserstoffpotenzial
in Berlin 2025“ als ein erster und wichtiger Schritt erstellt.
Anfang März 2021 ist zudem ein länderübergreifender
Online-Beteiligungsprozess der jeweiligen Landesministerien, des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie
sowie der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in der
Hauptstadtregion gestartet. Ziel dieses Beteiligungsprozesses ist es, einen Überblick über den Bedarf an Wasserstoff sowie die Erzeugungskapazitäten zu erhalten und
konkrete Maßnahmen für den engen Verflechtungsraum
Berlin und Brandenburg zu erarbeiten.
Neben der Ermittlung von Angebot und Nachfrage standen unter anderem folgende Fragen im Fokus der Online-Befragung:
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Welche Infrastruktur ist bereits vorhanden?
Welche Infrastruktur wird zukünftig benötigt?
Welche Aktivitäten und Projekte sind in der Planung?
Welche Hemmnisse und Hürden gibt es aus Sicht der
Beteiligten? Und welches Verbesserungspotenzial?
Wie kann die Landespolitik Unternehmen und Kommunen beim Einstieg oder beim Ausbau von Wasserstofftechnik unterstützen?
Die Ergebnisse der Befragung werden in einen Fahrplan
zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft einfließen und
sind u. a. Teil des Strategischen Gesamtrahmens für die
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.
März/2021) ist ein prominentes Beispiel für ein Reallabor der
Energiewende mit Ausstrahlungswirkung über die regionalen
und nationalen Grenzen der Hauptstadtregion hinaus.
Der Energietechnikstandort Berlin ist geprägt durch eine exzellente Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Durch die
Entwicklung des Forschungscampus „Werner-von-Siemens
Centre for Industry and Science“ am Zukunftsort Siemens-
III. Wirtschaft
stadt2 gewinnt der Standort weiter an herausgehobener Forschungsexpertise. Die Verzahnung von Wissenschaft und Industrie mit dem Ziel der Schaffung innovativer Wertschöpfungsketten ist der innovationspolitische Ansatz der Hauptstadtregion.
2020 sind die ersten Forschungsverbundvorhaben am „Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science“ — allesamt
im Bereich der Energietechnik — an den Start gegangen: Elektrische Antriebstechnik: Gefördert mit 10,1 Mio. € (EFRE) /
„Hochtemperaturanwendungen 2.0“ (HTA): Gefördert mit 9,2
WINDNODE und Expertendialog zu „Berlin-Brandenburg als künftiges Reallabor für innovative Sektoren
kopplung“
Über 70 Partner aus Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft kooperierten seit Anfang 2017 im mit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Fördermitteln in
Höhe von rund 36,5 Mio. € ausgestatteten Reallabor-Projekt „WindNODE“, um Flexibilitäten im Elektrizitätssektor
zu identifizieren und zu aktivieren und die Sektorkopplung
(bspw. Power-to-Heat, Elektromobilität) als weitere Flexibilitätsoption einzubinden.
Mio. € (EFRE) / „Maintenance, Repair und Overhaul 2.0“
(MRO): Gefördert mit 10,2 Mio. € (EFRE).
Für Berlin als urbane verdichtete Metropole spielen die Themen smarte und vernetzte Quartiere eine bedeutende Rolle.
Urbanisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung sind die
drei Triebfedern dieses Prozesses. Die Herausforderung hierbei ist, vorhandene bzw. neu zu entwickelnde Infrastrukturen
mit innovativen digitalen und mobilen Lösungen zu kombinieren. Das setzt Cross-Cluster-Denken voraus. Vor diesem Hintergrund wurde 2020 die Cross-Cluster-Impulsreihe „Smarte
Quartiere“ gestartet, initiiert von den Clustern Energietechnik,
IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Verkehr, Mobilität und Logistik sowie der Anlauf- und Koordinierungsstelle Elektromobilität.
Ziel dieser neuen Veranstaltungsreihe ist es, eine Akteurs-Community (Gebäude und Quartiere) aufzubauen und über die
Vernetzung kreative Lösungen zu eruieren und die Akteure bei
der Initiierung von Projekten zu begleiten.
.
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie beteiligte
sich direkt an WindNODE und verantwortete das Arbeitspaket „Partizipation und Dissemination“. Das Konsortialprojekt WindNODE hat wertvolle Ansätze u.a. für die
Integration hoher Anteile Erneuerbarer Energien in einem
intelligenten regionalen Energiesystem der Zukunft, aber
auch zu Themen wie Charakterisierung und Vermarktung
(industrieller) flexibler Lasten entwickelt.
In Fortsetzung von WindNODE wird es Aufgabe und Ziel
des Clustermanagements Energietechnik sein, die vielversprechenden und innovativen energiewirtschaftlichen Ergebnisse des Projektes aufzugreifen und in der Hauptstadtregion mit Partnern weiterzuentwickeln, z.B. in den
Themenfeldern smarte Quartiere, digitalisierte Energienetze, industrielle Lasten, Schnittstellen der Energiewirtschaft zur Mobilität, erneuerbare Wärmeversorgung etc.
Die Ergebnisse von WindNODE werden genutzt, um darauf aufbauende Initiativen und Ansätze für Nachfolgeprojekte gezielt zu unterstützen.
Im Oktober 2020 veranstaltete das Clustermanagement
Energietechnik einen Clusterexpertenkreis zum Thema
Sektorenkopplung. Ziel war es u. a., neue Ansätze für Reallabore in der Region mit Fokus auf Sektorenkopplung zu
identifizieren und Fortentwicklungsansätze für die Hauptstadtregion zu skizzieren. Den thematischen Fokus bildeten die dringlichsten Energiewirtschaftsthemen in Berlin-Brandenburg ab: Wasserstoff, Netzintegration Erneuerbarer Energien sowie Sektorenkopplung für die Wärme
39
III. Wirtschaft
III.1.6 Weitere Innovationsfelder
Clean Technologies
Nachhaltige Wasserwirtschaft
Die Hauptstadtregion liegt inmitten einer gewässerreichen Region. Diese natürlichen Voraussetzungen machen es möglich,
dass sich Berlin mit Trinkwasser selbst versorgt und das Abwasser nach Behandlung in einem der Klär- und Wasserwerke
in den Wasserkreislauf zurückführt. Zum Schutz und zur Aufrechterhaltung dieses besonderen Kreislaufes bauen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) als Deutschlands größter Serviceprovider im Wasserbereich auf innovative wasserwirtschaftliche Konzepte, die zunehmend von den Möglichkeiten der Digitalisierung Gebrauch machen.
Berlin als „Blaue Metropole“ hat sich zu einem international
anerkannten Kompetenzstandort der nachhaltigen Wasserwirtschaft entwickelt, in dem die Verknüpfung wissenschaftlicher und unternehmerischer Kompetenzen einen starken Motor
für Wachstum und Beschäftigung darstellt.
Neben den BWB ist in Berlin eine Vielzahl innovativer Unternehmen ansässig, die im Bereich der Wasserwirtschaft sowie
der Umwelt- und Abwassertechnik aktiv sind. Um ein genaueres Bild der Branche zu erhalten, hat die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe eine Studie zum Thema
„Nachhaltige Wasserwirtschaft in Berlin“ finanziert. Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines digitalen Workshops der
Fachöffentlichkeit am 28.05.2020 vorgestellt. Obwohl relativ
kleinteilig, ist die Wasserwirtschaft sehr vielseitig und innovativ
und fühlt sich für die gegenwärtigen Trends und Zukunftsthemen wie Klimawandel, Digitalisierung / Building Information
Modeling und Regenwasserbewirtschaftung gut aufgestellt.
Für die Arbeit an diesen komplexen Herausforderungen ist das
Netzwerken unerlässlich.
Als Plattform für Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer, Projekte und Kooperationsanbahnungen zwischen mittelständischen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen hat sich
das bereits im August 2012 von über 30 Unternehmen und
Berliner Forschungseinrichtungen gegründete GRW-Netzwerk AQUANET -BB — Netzwerk für intelligente Wasserinfrastruktursysteme — in der Hauptstadtregion fest etabliert. Es ist
zu einem wichtigen Ansprechpartner und Treiber bei der Umsetzung von Berliner Wasserthemen geworden. Darüber hinaus hat Aquanet das Projektmanagement für den Aufbau des
neuen akteursgetriebenen Fachkongresses InfraSPREE übernommen. Aufgrund der Corona-Pandemie wird die erste Veranstaltung nun im September 2021 stattfinden. Die fünfte Verleihung des AQUA AWARD und AQUA SCIENCE AWARD fand
im Januar 2021 in digitaler Form statt.
Das erfolgreich dem GRW-Förderzeitraum entwachsene
Netzwerk e.qua ist ein Verbund von Unternehmen, der an der
40
Schnittstelle zwischen Energie und Wasser bundesweit Projekte auf dem Gebiet der Wärmerückgewinnung aus Abwasser
realisiert. In Form von Beratung, Projektimpulsen und Förderprojektbegleitung unterstützt das Netzwerk Unternehmen in
den Bereichen Strom-, Wärme- und Wertstoff(rück)gewinnung
aus Trink- und Abwasser. E.qua wird im Verbund mit verschiedenen Partnern im Oktober 2021 in Berlin zum zweiten Mal
das Messeformat TAUSENDWASSER durchführen.
Forschung
Gepaart mit einem breiten Angebot in der wasserbezogenen
Forschung an Universitäten, insbesondere der Technischen
Universität Berlin, und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie etwa dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin, sowie
der Präsenz zahlreicher wasserwirtschaftlicher Institutionen, ist
die gesamte Bandbreite der wasser- und abwasserwirtschaftlichen Kompetenzen in Berlin vorhanden, um für regionale
aber auch internationale Herausforderungen innovative Lösungskonzepte zu entwickeln, umzusetzen und zu betreiben.
Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) ist als gemeinnützige GmbH und Zentrum für angewandte Wasserforschung
2001 gegründet worden. Fast 20 Jahre später sind die Herausforderungen an die wasserbezogene Forschung durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum enorm gewachsen.
Eine Antwort darauf bilden Projekte, in denen traditionelle Bereiche des urbanen Wassermanagements, wie Grundwasser,
Wasser- und Abwassertechnik, Kanalnetzbewirtschaftung und
Gewässerschutz, eng mit Fragestellungen der Energie- und
Ressourceneffizienz, der Klimaresilienz, des Asset Managements und der Digitalisierung verbunden werden. Digitale Prozesse und Modellierungen bieten neue Ansätze, um den Herausforderungen an urbane Infrastrukturen mit intelligenter
Technologie zu begegnen. Das KWB als Einrichtung der Technologiestiftung Berlin und der Berliner Wasserbetriebe hat sich
in diesem Bereich als erfolgreicher Treiber für anwendungsbezogene Forschungsprojekte etabliert. Ein Beispiel dafür ist das
Projekt „DigitalWater.City“, in dem KWB als Konsortialführer
gemeinsam mit 24 Partnern aus 10 europäischen Ländern bis
zum Jahr 2022 den Einsatz smarter Informationssysteme für
das urbane Wassermanagement von der Demonstration bis
zur Marktübernahme untersucht. In Berlin geht es konkret darum, durch ein effizientes Echtzeit-Monitoring in Kläranlagen
den Ressourcenschutz und die Identifikation von Verschmutzungsquellen zu verbessern sowie die Funktion von Trinkwasserbrunnen zu optimieren.
Zusammenarbeit und Wissenstransfer
Wassermanagement erfordert eine intensive Zusammenarbeit
über Sektoren und Disziplinen hinweg. BLUE PLANET Berlin
Water Dialogues ist eine politisch ausgerichtete Veranstaltungsreihe mit dem Ziel, eine dauerhafte zentrale Plattform für
die internationale Vernetzung, den Wissenstransfer sowie einen intensiven Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern
von Regierungen, NGOs, Forschung und Wissenschaft, Finan-
III. Wirtschaft
ziers sowie Entscheiderinnen und Entscheidern der internationalen Wassernutzer aus Industrie, Energie- und Landwirtschaft
sowie Metropolen zu schaffen. Am 25. Februar 2021 feierte
das Konferenzformat nicht nur sein 10-jähriges Jubiläum, sondern auch seine digitale Premiere. Mehr als 600 Teilnehmende aus über 30 Ländern nahmen an den Debatten um Lösungen für die Herausforderungen des globalen Wassermanagements teil und traten über das Online-Vernetzungstool mit Referentinnen und Referenten und Gästen in den Dialog.
Kreislaufwirtschaft
Das Land Berlin bekennt sich zum Leitbild „Zero Waste“ und
ist bestrebt, die bestehende Abfallwirtschaft zu einer modernen und möglichst geschlossenen Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Die mit dem neuen Abfallwirtschaftskonzept 20202030 vorgelegte Zero-Waste-Strategie setzt hierfür ambitionierte Standards. Durch Maßnahmen zur Abfallvermeidung
und Wiederverwendung sollen Abfälle nach Möglichkeit gar
nicht erst entstehen. Ist eine Wiederverwendung oder Vorbereitung zur Wiederverwendung ausgeschlossen, sollen die im
Abfall enthaltenen Wertstoffe einer Wiederverwertung zugeführt werden. Bei der Verwirklichung dieser Ziele leisten die
Akteure der Kreislaufwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag.
Wirtschaftsfaktor in der Hauptstadt. Das Spektrum reicht von
den klassischen Entsorgern über Technologieentwickler bis zu
Startups, die aus Sekundärrohstoffen innovative Produkte für
ein umweltbewusstes Publikum herstellen.
Die Unternehmen der Berliner Kreislaufwirtschaft verfügen
über umfassendes Know-how in den Bereichen
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Abfallsammlung und -transport
Abfallverwertung
Mülltrennung und Sortiertechnik sowie
Recycling.
Im Bereich der Kreislaufwirtschaft haben sich Akteure zu Netzwerken zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Schließung von Stoffkreisläufen (Closed-Loop), für nachhaltigere
Produktions- und Managementprozesse und für Ressourcenschutz in der Wirtschaft einzutreten.
Mit dem „Circular Economy Lab“ entwickelt das „CRCLR —
Circular Economy Netzwerk“ einen 2.500 m2 großen Hub für
die Kreislaufwirtschaft, in dem es als Aggregator einen zentralen Umsetzungsort für Know-how, Netzwerkkontakte und nachhaltige Lösungsansätze im Bereich einer umfassenden, branchenübergreifenden Circular Economy anbieten wird.
Mit über 400 Unternehmen und weit mehr als 8.500 Beschäftigten (Stand 2015) ist die Kreislaufwirtschaft ein bedeutender
41
III. Wirtschaft
III.2 Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik
Die Berliner Zukunftsorte spielen bei der Entwicklung und Profilierung des Wirtschaftsstandortes Berlin eine besondere Rolle. Zukunftsorte sind
Dabei hat jeder Zukunftsort seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter und seine ganz besonderen Potenziale, die hier
exemplarisch vorgestellt werden:
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der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof,
der Biotech-Campus Berlin-Buch,
der Campus Charlottenburg / City West,
der Clean Tech Business Park Berlin-Marzahn,
der EUREF-Campus Schöneberg,
der Technologiepark Humboldthain,
der Forschungs- und Produktionsstandort Schöneweide /
Südost,
der Campus Dahlem / Südwest mit dem Technologie- und
Gründungszentrum,
der Flughafen Tegel als Urban-Tech-Standort,
der Flughafen Tempelhof als Standort für Kreativwirtschaft
und
die Siemensstadt2.
Im Zukunftsort TXL entsteht auf einem 82 ha großen Teil des
Geländes des ehemaligen Flughafens Tegel der Wirtschafts-,
Forschungs- und Industriepark „The Urban Tech Republic
(UTR)“. Die Geländeübernahme und Sicherung erfolgt im Zeitraum Mai bis August 2021. Anschließend beginnen die verkehrliche Erschließung und der erste Bauabschnitt. Ultimativ
sollen in der UTR bis zu 1.000 große und kleinere Unternehmen mit 20.000 Beschäftigen forschen, entwickeln und produzieren. Mehr als 2.500 Studierende werden mit der renommier
ten Beuth Hochschule in das ehemalige Terminalgebäude A
einziehen. Terminal B wird zu einem Gründerinnen- und Gründerzentrum und einem Kongress- und Veranstaltungsort umgebaut. All dies wird bereits im Jahr 2021 mit GRW-Mitteln
gefördert.
Mit diesem einzigartigen Netzwerk der 11 Zukunftsorte bietet
Berlin ausgezeichnete Bedingungen für eine intensive Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Gerade
in Krisenzeiten ist es wichtig, durch geeignete Forschung und
Produktionsmöglichkeiten schnellstmöglich gemeinsame innovative Lösungen zu entwickeln und bedarfsgerecht agieren zu
können. So wirken die Berliner Zukunftsorte als Impuls- und Innovationsgeber für die gesamte Stadt, aber auch darüber hinaus.
Der Flughafen Tempelhof ist Europas größtes Baudenkmal,
Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst und Spiegel der Weltgeschichte. Der ehemalige Flughafen Tempelhof soll mit seinem
einzigartigen Gebäudeensemble zu einem Zukunftsort für
Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft und damit zu einer Adresse
kreativer und innovativer Angebote entwickelt werden. Auf der
Grundlage eines im August 2020 gefassten Senatsbeschlusses soll der Standort als „Leuchtturm“ mit internationaler
Strahlkraft entwickelt werden.
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Das Konzept wird jetzt schon im 4. Jahr durch die beauftragte
„Geschäftsstelle Zukunftsorte“ umgesetzt. Im Jahr 2021 wird
der Fokus insbesondere auf Themen wie Resilienz, Technologietransfer, wissensbasierte Wirtschaft sowie eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, die Zukunftsorte national und international
bekannt zu machen, gelegt.
Auf einer völlig anderen Tradition fußt der Zukunftsort Schöneweide. Die einstige „Wiege der Elektroindustrie“ in Deutschland hat sich mittlerweile zu einem lebendigen Hochschulstandort entwickelt, der durch die Eröffnung des Flughafens
BER zusätzlich an Standortgunst gewonnen hat. Um die enge
Stefanie Berg
Bereich
Liegenschaften-Zukunftsorte;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Prof. Dr. Philipp Bouteiller
Geschäftsführer;
Tegel Projekt GmbH
„Am Standort Tegel geht es bald richtig los. Auf Teilen des
ehemaligen Flughafengeländes entsteht der Industriepark
„The Urban Tech Republic (UTR)“. Dort soll nicht nur geforscht und entwickelt, sondern auch produziert und ausprobiert werden. Berlin erhält damit einen ganz besonderen
Zukunftsort.“
„Die Urban Tech Republic wird perspektivisch zum Showcase für die Innovationskraft des Wirtschaftsstandorts Berlin.
Bis zu 1.000 Startups, Unternehmen und Forschungseinrichtungen werden hier die technologischen Lösungen für lebenswerte Städte von morgen entwickeln — made in Berlin
und exportierbar in alle Welt.“
42
III. Wirtschaft
Verzahnung von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung weiter
zu stärken, soll in unmittelbarer Nachbarschaft zur HTW Berlin
ein Innovations- und Technologiezentrum durch die WISTA
Management GmbH errichtet werden. Die HTW hat ebenfalls
ein hohes Interesse, mit dem geplanten GründerInnenzentrum
„ITZ 4.0“ den Absolventinnen und Absolventen in direkter
Campusnähe die Rahmenbedingungen für die Gründung von
Startups und Schaffung von Arbeitsplätzen in innovativen
Branchen anbieten zu können. Die Planungen für die favorisierte Variante Kombination des „ITZ 4.0“ mit der Erweiterung
der HTW am Campus Wilhelminenhof auf einem landeseigenen Grundstück haben begonnen.
Am Zukunftsort Buch entsteht mit dem BerlinBioCube ein neues Gründerzentrum. Der BerlinBioCube wird ab 2023 auf fünf
Geschossen rund 8.000 Quadratmeter für moderne Labore,
Büros und Gemeinschaftsflächen bieten. Der Grundstein für
das GRW-geförderte Gründungszentrum wurde am 14. April
2021 gelegt.
Stadtentwicklungsplan (StEP) Wirtschaft — Sicherung, Entwicklung und Qualifizierung von Gewerbeflächen
Mit dem vom Senat im April 2019 beschlossenen neuen Stadtentwicklungsplan (StEP) Wirtschaft 2030 wurden die planerischen Grundlagen für die bestehende und die weitere Entwicklung der Berliner gewerblichen Wirtschaft gelegt.
Berlin bekennt sich mit dem neuen StEP zu seiner Industrie,
dem produzierenden und verarbeitenden Gewerbe, dem weiter an Bedeutung zunehmenden Dienstleistungsbereich —
aber auch seinen klein- und mittelständischen Betrieben und
dem für die Berliner Bevölkerung wichtigen Handwerk.
Wichtige Bausteine der Gewerbeflächenpolitik im Land Berlin
sind die Sicherung der bestehenden Gewerbegebiete und deren Schutz vor Umnutzung. Viele Akteure auf dem Immobilienmarkt haben Interesse an einer Steigerungen des Grundstückswerts durch Aufwertung. Jedoch hat eine Gebietsaufwertung nahezu immer auch negative Folgen: die Verdrängung ansässiger Unternehmen, die Verknappung des ohnehin
bereits geringen Flächenangebots und das Erschweren bzw.
sogar die Verhinderung der Ansiedlung neuer Unternehmen
durch Boden- und Mietpreissteigerungen.
Deshalb ist das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) weiterhin ein zentraler Bestandteil des
StEP. Mit insgesamt rd. 2.900 ha Fläche kennzeichnet das EpB
die 40 Bereiche innerhalb der Kulisse der gewerblichen Bauflächen im Flächennutzungsplan, die weiterhin für produktionsgeprägte Wirtschaftszweige gesichert und entwickelt werden
sollen. Das Konzept soll den dort ansässigen Unternehmen
langfristige Planungssicherheit bieten und dazu beitragen, sie
am Standort zu halten und damit auch die damit verbundenen
Arbeitsplätze zu sichern.
Mit dem StEP Wirtschaft 2030 wird ein stadtweiter Rahmen
gesetzt, um Wirtschaftsflächen und -standorte systematisch zu
sichern, zu entwickeln und zu aktivieren. Der StEP Wirtschaft
schafft somit die planerischen Grundlagen für ein angemessenes Flächenangebot für die Berliner Wirtschaft in quantitativer,
qualitativer und räumlicher Hinsicht. Zur Umsetzung des StEP
Wirtschaft sind neben den stadtweit bedeutsamen großen Entwicklungsmaßnahmen, wie z. B. Clean Tech Business Park, Urban Tech Republic oder Französisch Buchholz, auch viele
kleinteilige lokale Maßnahmen in den Bezirken erforderlich.
Um die Bezirke bei der Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zu unterstützen, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in den Jahren
2020 und 2021 den Bezirken über 1 Mio. € Haushaltsmittel für
bezirkliche Maßnahmen zur Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zur Verfügung gestellt, was
von den Bezirken sehr rege genutzt wurde. Ziel der Maßnahmen ist, bestehende Gewerbeflächen und -standorte zu sichern, Flächenpotenziale zu aktivieren sowie vorhandene Gewerbeflächen effizienter zu nutzen. Damit soll das Angebot an
bezahlbaren Wirtschaftsflächen verbessert und die vielfältigen Gewerbestrukturen in den einzelnen Stadträumen gesichert werden. Um die unterschiedlichen Gewerbestrukturen
und Problemlagen in den Bezirken zu berücksichtigen, wurden
über einen Projektaufruf die Bezirke eingeladen, geeignete
und an die lokalen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen
zu benennen. Von den Bezirken wurden hierauf insgesamt 17
Projekte angemeldet, bei denen sowohl bezirksweite Konzepte
entwickelt (z.B. bezirkliche Wirtschaftsflächenkonzepte) als
auch teilräumliche Entwicklungsstrategien ausgearbeitet oder
auf kleinräumiger Ebene Bebauungspläne zur Sicherung einer
gewerblichen Nutzung vorbereitet werden.
43
III. Wirtschaft
III.3 Startups
Berlin — Deutschlands Gründungshauptstadt
Das Startup-Ökosystem im Land Berlin hat sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt und zeigt sich weiterhin
sehr dynamisch, auch in der gegenwärtigen Pandemiesituation. Berlin ist einer der lebendigsten Startup Ökosysteme weltweit und ist gemeinsam mit London, Paris und Amsterdam führend in Europa. Mit mehr als 500 Startup-Gründungen pro
Jahr ist Berlin nach wie vor Deutschlands Gründungshauptstadt. Etwa ein Viertel aller neuen Startups in Deutschland
gründen sich in Berlin. Dem Berliner Ökosystem werden dabei
spezifische Stärken in den Kreativwirtschafts- und Technologie-Bereichen wie Software, Künstliche Intelligenz, Big Data &
Analytics, Internet of Things, Blockchain und FinTech zugeschrieben. In der Hauptstadt sind beispielsweise mehr FinTechs
ansässig als in München, Frankfurt und Hamburg zusammen.
Zusätzlich fungieren Startups immer mehr als Motor einer nachhaltigen Transformation. So leisten Social und Green Startups
über ihr wirtschaftliches Erfolgspotenzial hinaus erhebliche
Beiträge zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Der
Anteil von grünen Startups liegt in Berlin bei 26 %. 77 % der
grünen Startups bewerten Berlin als ein gutes bis sehr gutes
Ökosystem.
Berlin bietet Startups ein positives Investitionsklima, eine ausgezeichnete Gründungsinfrastruktur, Beratung und Unterstützung, einen internationalen Talentpool sowie günstige Lebenshaltungskosten bei hoher Lebensqualität und entfaltet damit
auch Anziehungskraft auf Gründerinnen und Gründer aus dem
Ausland. Berlin bietet zudem als Wissenschaftsstandort Kooperationsmöglichkeiten mit sehr vielen Hochschulen und
nicht-universitären Forschungseinrichtungen.
Innovationskraft, Finanzierung & Beschäftigung
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Als eines der größten Risiken für Berliner Startups gelten die Sicherung der Liquidität sowie die Absicherung
anstehender Venture Capital Runden unter Pandemiebedingungen. Startups sind und waren von den Soforthilfen nicht ausgeschlossen, konnten sich jedoch zu
manchen Programmen wegen fehlender Hausbanken
oder anderer Einschränkungen nicht bewerben. Deshalb wurde das Budget für das Berliner Startup Stipendium und den Gründungsbonus nahezu verdreifacht.
Das Land Berlin hatte sich beim Bund frühzeitig für die
Einführung des VC-Programms „Coronahilfen für Startups“ eingesetzt, dessen Laufzeit bis Mitte 2021 verlängert wurde. Mit dem Programm ist die verbliebene Lücke der coronabedingten Finanzierungsausfälle für
jüngere Startups geschlossen. Zum 16.02.2021 wurden
über dieses von der IBB und auch mit der IBB Ventures
durchgeführte Programm 135 Startups positiv beschieden. Das Land Berlin versteht es, mit diesem Programm
auch private Geldgeber einzubeziehen, um damit die
Wirkung weiter zu vergrößern.
Ein Blick in die Venture Capital Investitionen insgesamt
für das Jahr 2020 zeigt, dass es zwar einen leichten
Rückgang der gesamten investierten Summe in Berliner
Startups gab (laut EY Startup Barometer 2021 ein Rückgang von 3,7 Mrd. € in 2019 auf 3,1 Mrd. € in 2020),
gleichzeitig jedoch die Anzahl der Finanzierungsrunden von 262 in 2019 auf 314 in 2020 stieg. Venture Capital Investoren scheinen demnach weiterhin in Startups zu investieren, wo sie ein langfristiges Wachstum
über die Corona-Pandemie hinaus sehen.
44
Startups sind relevante Akteure des Wirtschafts- und Innovationsstandorts Berlin, denn sie entwickeln Innovationen, von denen sie selbst sowie die etablierte Wirtschaft profitieren. Sie
sind Katalysatoren für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung
in der gesamten Stadt, prägen die Entwicklung von Flächen
(bspw. Tegel) und bieten innovative Lösungen für urbane Herausforderungen.
37 % aller verzeichneten Venture Capital Finanzierungsrunden in Deutschland im Jahr 2020 entfielen auf Berliner Startups. Vier der fünf größten Finanzierungsrunden gingen an Berliner Unternehmen, wie z.B. Auto1 Group, Tier Mobility, Grover
und Infarm. Berlin ist damit nationaler VC-Spitzenreiter: 58 %
der VC-Gelder, die im Jahr 2020 an deutsche Startups gingen,
landeten in Berlin.
Übersicht: Startups in der Hauptstadt
Mit dem Online-Portal www.startup-map.berlin stellt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eine zentrale Übersichtsseite zum Berliner Startup-Ökosystem bereit.
Dort werden alle öffentlich bekannten Startups, die zahlreichen für Startups relevanten Akteure wie die Investitionsbank
Berlin mit ihrer Beteiligungsgesellschaft oder die Wirtschaftsförderagentur Berlin-Partner für Wirtschaft und Technologie
sowie weitere Berliner Startup-Förder- und Unterstützungsprogramme wie das Berliner Startup Stipendium oder der Gründungsbonus aufgeführt.
Gemeinsam mit anderen Erhebungen und Statistiken dienen
die in der startup-map.berlin zusammengetragenen Informationen als Grundlage für eine genauere Aus- und Bewertung
der Startup-Aktivitäten in Berlin. Um die vielfältigen Startup-relevanten Themen zu bearbeiten, wird die Expertise von Akteuren, die sich im Berliner Startup-Ökosystem engagieren, auch
III. Wirtschaft
in die Aktivitäten der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe eingebunden.
Laut startup-map.berlin gibt es in Berlin aktuell über 3.000
Startups, die nach 2010 gegründet wurden.
Das Berliner Startup Stipendium ist unter den Inkubatoren der
Berliner Startup Szene fest etabliert. Im Zeitraum der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020/23 werden mehr als 1.330 Gründerinnen und Gründer im Rahmen dieses Stipendiums gefördert.
Das Gesamtvolumen hierfür beträgt 40 Mio. €. Im Jahr 2019
wurden 388 Teilnehmende mit dem Berliner Startup Stipendium ausgestattet. Die startup-map.berlin bietet eine Übersicht
zu den geförderten Startups.
Das Förderprogramm GründungsBONUS richtet sich an
Existenzgründungen und Startups, die neuartige oder noch
nicht am Markt etablierte Anwendungen, Produkte, Dienstleistungen, Methoden oder Prozesse entwickeln, herstellen
oder einführen möchten. Den GründungsBONUS können
rechtlich selbstständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete
Gründungen bzw. Kleinstunternehmen beantragen, die ihren
Unternehmenssitz in Berlin haben und zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als zwölf Monate sind. Das 2018 gestartete Förderprogramm erfährt durch die Startup-Szene
größte Resonanz. Im Jahr 2019 gab es im Rahmen des Programms GründungsBONUS 200 Finanzierungszusagen für
junge Startup-Unternehmen in Höhe von insgesamt rund
9,81 Mio. €. Im Jahr 2020 sind 399 Anträge gestellt worden.
Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 133 Anträge mit einem Bewilligungsvolumen von rund 6,6 Mio. € positiv beschieden werden.
Zusätzlich wird aktuell das Programm React EU angegangen,
mit dem weitere 30 Mio. € in Startups aus den Bereichen Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft fließen sollen, die mit
Um das Startup Ecosystem in Jakarta zu stärken, wird neben der Ausarbeitung von Strategien und Umsetzungsplänen zur Förderung einer gründerfreundlichen Politik am
Aufbau eines Hubs für Innovation und Unternehmertum in
Jakarta gearbeitet. Der Hub soll als ein Entwicklungsraum
für eine Startup-Community und ein gründungsfreundliches Ökosystem dienen, in dessen Rahmen auch ein Accelerator-Programm für Innovation und Unternehmertum
mit Betreuungs-, Trainings- und Beratungsangeboten initiiert wird. Darüber hinaus ist ein Pilotprojekt zum Aufbau
einer digitalen Plattform für Startups zum unternehmerischen Lernen mit Unterstützung durch Mentorinnen und
Mentoren vorgesehen.
Das Projekt wird im Rahmen des EU-Programms „Europe
Aid: Local Authorities: Partnerships for sustainable cities“
umgesetzt, dass auf die Förderung der integrierten Stadtentwicklung durch Partnerschaften ausgerichtet ist, die
zwischen den lokalen Gebietskörperschaften der EU-Mitgliedstaaten und der Partnerländer gemäß der Agenda
2030 für nachhaltige Entwicklung geschlossen wurden.
ihren Innovationen einen Beitrag zur Bekämpfung der Corona
Auswirkungen leisten.
Berliner Hochschulen sind mit ihren Gründungszentren im
Startup Ökosystem verankert. Das Berliner Startup Stipendium
wird auch von Hochschulinkubatoren vergeben. Die Vernetzung der Hochschulinkubatoren mit privaten Inkubatoren ist
zentraler Inhalt des Berliner Startup Stipendiums. Mit der
Gründungsumfrage der Berliner Hochschulen unterstützt die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die gezielte Sicht auf in die Wirkungen und Bedeutung der Gründungsunterstützungen der Berliner Hochschullandschaft. All-
Helen Franke
Bereich Smart-Change;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Dennie Kabul
Policy-Experte
im Smart-Change-Projekt,
AHK Indonesien
„Mit unseren Smart-Change-Partnern beleuchten wir wichtige Rahmenbedingungen für Innovationspotenziale, verantwortungsvolle Nachhaltigkeit und Inklusion in Jakarta sowie
weiteren wachsenden Ballungsräumen. Der Verwaltungsaustausch zu verbesserten Good-Governance-Maßnahmen, insbesondere zu Smart City, zwischen Berlin, Jakarta
und Bangkok ist für uns eine wertvolle Erfahrung, voneinander zu lernen.“
„Durch die trilaterale Partnerschaft innerhalb von Smart
Change entstehen innovative Lösungen im Bereich des urbanen Lebens und der Wirtschaft. Mich freut der gute Austausch
von länderübergreifendem Wissen innerhalb der Kooperation und des Netzwerks vom Berliner Senat, der EU, Jakarta
sowie Bangkok. Es ermöglicht neue Blicke auf nachhaltige
Lösungen für besseren Dialog zwischen Verwaltungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft.“
45
III. Wirtschaft
gemein ist hier ein Ausbau und Diversifikation der Aktivitäten
zu beobachten. So erhielten im bundesweiten Wettbewerb um
eine EXIST-Förderung sieben Berliner Hochschulen den Zuschlag über eine Förderung von vier Jahren zum Auf- und Ausbau ihrer Gründungsunterstützung. Aktuell wird in Berlin an
den Berliner Universitäten der Aufbau einer Plattform zur
Künstlichen Intelligenz mit besonderem Fokus auf Gründungen
angegangen.
46
Im Rahmen des Aktionsprogramms Handwerk soll das Innovationszentrum Handwerk, ein Innovationslabor und Ort des
Austausches zu aktuellen Innovationen und digitalen Trends im
Handwerk, entstehen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe unterstützt bei der Schaffung eines Treffpunkts für die (analoge und virtuelle) Vernetzung von Betrieben, Industrie, Startups, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
III. Wirtschaft
III.4 Soziale Ökonomie
Die „soziale und solidarische Wirtschaft“, die „Impact Economy“ und das „Social Entrepreneurship“ haben auch 2021 an
Bedeutung gewonnen. Zusammen bilden sie die Soziale Ökonomie Berlin. Gemeinsam haben sie das Ziel, mit ihrer Tätigkeit einen ökologischen, sozialen oder gesellschaftlichen
Mehrwert zu schaffen. Dabei werden erwirtschaftete Gewinne
zur sozialen Zielerreichung größtenteils reinvestiert. Die Unternehmen zeigen, dass unternehmerisches Tun mit Gemeinwohlorientierung langfristig wirtschaftlich tragfähig ist.
Eine starke Soziale Ökonomie, die beispielsweise Langzeitarbeitslose oder Geflüchtete in sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse bringt oder nach Prinzipien der
Kreislaufwirtschaft arbeitet, trägt zu einer lebenswerten Stadt
und „guten“ Wirtschaft für alle bei. Darüber hinaus kann sie die
öffentlichen Haushalte entlasten, da soziale und ökologische
Folgekosten entweder durch das soziale und nachhaltige Wirtschaften gar nicht erst entstehen oder durch die Unternehmen
selbst getragen werden. Damit ist die „Sozialen Ökonomie“
ein wichtiger Treiber der sozial-ökologischen Transformation
der gesamten Wirtschaft.
Seit Oktober 2018 arbeitet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe daran, den Unternehmen der Sozialen Ökonomie die Instrumente der Wirtschaftsförderung
leichter zugänglich zu machen. Seitdem erfolgten zahlreiche
Anpassungen der Wirtschaftsförderprogramme, die durch die
Investitionsbank Berlin (IBB) betreut werden. Damit können nun
auch Unternehmen, die sich primär sozialen Zielsetzungen
widmen, unabhängig von ihrer Rechtsform von mehr und mehr
IBB-Förderprogrammen profitieren.
Aufbauend auf den Ergebnissen des Ende 2019 abgeschlossenen Projektes „Social Innovation Capital Berlin“ startete im
August 2020 das Projekt Social Economy Berlin mit den Partnerinnen SEND e.V. und TechNet e.V. Das Projekt umfasst drei
übergeordnete Ziele: Erstens wurde eine Informations- und
Vernetzungsstelle für die gesamte, durchaus vielfältige Soziale
Ökonomie eingerichtet. Zweitens sollen sozialunternehmerische Gründungen erleichtert werden. Dafür wird als Pilotprojekt eine kostenlose (Vor)-Gründungsberatung angeboten.
Drittens soll die Soziale Ökonomie in Berlin bekannter und
sichtbarer werden. Dafür wurde im Mai 2021 eine zweitägige
Online Konferenz veranstaltet. Ergänzt werden die Angebote
durch Veranstaltungen wie quartalsweise stattfindende Netzwerktreffen oder Workshops zu gründungspezifischen Fragestellungen. In der mittleren Frist ist das Ziel die Verstetigung
des Projektes.
Im Januar 2021 startete das über drei Jahre aus GRW-Mitteln
geförderte Projekt „Netzwerk Gemeinwohl-Ökonomie Unternehmen in Berlin-Brandenburg e.V.“. Das Projekt beinhaltet die
Vernetzung und Kooperation zwischen gemeinwohlorientierten
Unternehmen. Darüber hinaus sind alle regionalen Akteure der
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die sich für das Rahmenwerk
der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) interessieren, angesprochen.
Mit Hilfe von Erfahrungsaustauschen identifizieren die Mitgliedsunternehmen Arbeitsinhalte, Erfolgsfaktoren und gemeinsame
Potenziale. Hieraus können je nach Bedarf Kooperationen und
Entwicklungsprojekte zur Stärkung der Gemeinwohlorientierung
entstehen. Ziel ist es, ein gegenseitiges Verständnis der Visionen,
Werte und Strategien sowie ein gemeinsames technisches und
soziales Know-how aufzubauen. www.gwu.network
Sarah Mohr
Bereich Soziale Ökonomie;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Katrin Elsemann
Geschäftsführerin;
Social Entrepreneurship
Netzwerk Deutschland e.V.
„Berlin ist jetzt schon der dynamische Hot Spot für Unternehmen der Sozialen Ökonomie in Deutschland. Das Projekt
„Social Economy Berlin“ fördert die weitere Entwicklung und
zeigt die Vielfalt der Sozialen Ökonomie sowie deren innovative Herangehensweise an die gesellschaftlichen Herausforderungen. Es unterstützt Gründungen und Unternehmen
in diesem Bereich, vernetzt mit Akteuren der Wirtschaftsförderung und Verwaltung.“
„Das Potenzial von Sozialen Unternehmen bei der Gestaltung einer nachhaltigen, sozialen und innovativen Stadt Berlin ist riesig. Mit dem Projekt Social Economy Berlin können
wir, gemeinsam mit der Senatsverwaltung, Soziale Unternehmen in ihrer Vielfalt fördern und so ihre soziale und ökologische Wirkung verstärken.“
47
III. Wirtschaft
Auch auf europäischer Ebene wird aktuell ein Aktionsplan für
die Zukunft der Sozialen Ökonomie in Europa vorbereitet. Die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ist derzeit Partnerin in einem von der EU geförderten Projekt zur Unternehmensentwicklung der Sozialen Ökonomie. Darin tauschen sich die „Region Östergotland“ (Schweden), die Wirtschaftsförder-Agentur Kataloniens „ACCIÓ“ (Spanien) und die
öffentliche Agentur „Pobal“ (Irland) mit der Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe zum Thema „Geschäftsmodellentwicklung bei Sozialen Unternehmen“ aus. Als
Dachorganisation unterstützt REVES (European Network of Cities and Regions of Social Economy) das Projekt. Neben den
öffentlichen Akteuren sind auch die vielfältigen Stakeholder
der Sozialen Ökonomie in das Projekt eingebunden.
In jedem der Projekte hat sich gezeigt, dass die Unternehmen
der Sozialen Ökonomie sehr vielfältig sind.
48
Gleichzeitig wird überall sichtbar, das sie einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige und soziale Stadt leisten. Deshalb ist
eine spezifische und zielgerichtete Förderung dieser Unternehmen sinnvoll. Grundlegendes Problem ist, dass es bislang
keine hinreichend konkrete Definition für Soziale Unternehmen
gibt. Deshalb hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe ein Gutachten in Auftrag geben, das praktikable
Vorschläge zur Definition dieser Unternehmen vorstellen soll.
Das Gutachten wird vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) erstellt. Langfristig ermöglicht eine konkrete
Definition der „Sozialen Ökonomie“ eine spezifische Förderung der dazugehörigen Unternehmen und unterstützt damit
die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft.
III. Wirtschaft
III.5 Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
Berlin-Tourismus und Gastgewerbe
Im Jahr 2020 zählte Berlin aufgrund der Corona-Pandemie
nur ein Drittel der Besucherinnen und Besucher vom Vorjahr in
der Stadt. 4,9 Mio. Touristinnen und Touristen (-65 %) verbrachten rund 12,3 Mio. Nächte (-64 %) in Berlin. Damit sank die
Zahl der Gäste in Berlin auf das Niveau des Jahres 2001. Rund
70 % der Übernachtungen gingen auf deutsche Besucherinnen und Besucher zurück, 30 % waren internationale Gäste,
unter ihnen vor allem Briten, Niederländer und Spanier. Nach
einem vielversprechenden Jahresauftakt im Januar und Februar folgte der erste Lockdown vom 22. März bis zum 25. Mai
2020. In den Sommermonaten konnte in den Hotels zumindest
mehr als 47 % des Übernachtungsaufkommens von 2019 erreicht werden.
Die Schließung im Frühjahr und Herbst/Winter 2020 setzte
auch den Gastronomiebetrieben erheblich zu. So kam es 2020
in der Gastronomie zu realen Umsatzeinbußen von 41,5 % und
einem Beschäftigtenrückgang von 15,6 % im Vergleich zum
Vorjahr.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Um den gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Berlin-Tourismus Rechnung zu tragen,
unterstütz(t)en der Bund und das Land Berlin die Unternehmen mit diversen Überbrückungs- und Soforthilfen.
Das Land Berlin stellt weitere Mittel für konjunkturfördernde Maßnahmen zur Verfügung. Mit verschiedenen
Kampagnen wie „Berlin. Auch das“ bewarb visitBerlin
die Hauptstadt als grüne Metropole, bei „Erlebe Deine
Stadt“ konnten Berlinerinnen und Berliner die Hotels
der Stadt entdecken. Weitere Landesmittel im mehrstelligen Millionenbereich stehen für Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für die Branche (Sensibilisierungs-Kampagne im Gastgewerbe für Corona-Regeln,
Resilienz der Betriebe etc.) sowie für ad-hoc Projekte
bereit, um kurzfristig auf spezifische Bedarfe und Entwicklungen reagieren zu können.
Das Berliner Tourismuskonzept 2018+ wurde überprüft und
ergänzt. Auch im ReStart Papier (7-Punkte-Plan zur Konsolidierung und Weiterentwicklung des Tourismus 2021/2022) bleibt
die Entwicklung eines stadtverträglichen und nachhaltigen
Tourismus weiterhin zentrales Ziel. Weiter wurden die Handlungsbedarfe für die Zeit nach dem Lockdown ermittelt und in
konkrete Aufgaben operationalisiert.
Trotz des herausfordernden Jahres 2020 konnten die Zuschüsse für besondere touristische Projekte (sog. „City Tax Mittel“)
wieder in viele Projekte fließen, die noch vor bzw. inmitten der
Krise umgesetzt werden konnten oder sogar erst durch die
Pandemie entstanden sind. Gerade in diesem und auch in den
nächsten Jahren ist es wichtig, die Branche unkompliziert bei
touristischen Vorhaben zu unterstützen und dem Tourismus zu
alter Stärke zu verhelfen. Dabei fügen sich die Projekte stets in
die Handlungsfelder des Tourismuskonzeptes 2018+ ein und
fördern so einen nachhaltigen und stadtverträglichen Berlin-Tourismus.
So wurde beispielsweise im ersten Quartal 2020 das Projekt
Leading Culture Destination (Award Verleihung und Academy
für den Austausch von Kulturdestinationen) gefördert. Mit Beginn der Pandemie wurde dann umgehend die Krisenkommunikation mit Partnerunternehmen und Stakeholdern finanziell
unterstützt. Für den ReStart und die Wiedereröffnung der Branche im Frühsommer konnte das Projekt einer aktivtouristischen
Themenroute anschließen, die Berlin als weitläufige, vielfältige Destination mit viel Angebot an Natur und Wasser in Szene
setzte und auf die veränderten Gästeansprüche reagierte.
Zusätzlich konnten verschiedene Projekte der bezirklichen
Tourismusförderung von den Zuschüssen Gebrauch machen.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 46 Projekte aus den
Bezirken beantragt. So wurde u.a. ein Pilotprojekt zur Qualifizierung der Straßenmusik am Alexanderplatz begonnen, ein
„Nachtbürgermeister“ in Tempelhof-Schöneberg eingesetzt
sowie eine digitale Kunst- und Kulturlandkarte für Lichtenberg
entwickelt. In Steglitz-Zehlendorf hat die Pandemie zur Durchführung einer Resilienz-Beratung in Form eines Online-Angebotes gesorgt und berlinweit ein bezirksübergreifendes Projekt
zur Unterstützung der lokalen touristischen Unternehmen hervorgebracht.
Tagungs- und Kongresswirtschaft
Der Berliner Kongress- und Tagungsbereich hat unter den coronabedingten Beschränkungen und Verboten von Veranstaltungen im vergangenen Jahr gelitten. Im Januar und Februar
2020 konnten die Bestmarken aus 2019 nochmals übertroffen
werden, doch nach der Absage der ITB wurden nahezu alle
Veranstaltungen abgesagt. Ab Juni konnte durch kleine
B2B-Veranstaltungen eine Auslastung der Hotels und Tagungsorte von 2-3 % erreicht werden, die Jahresauslastung der Häuser ging im Vergleich zum Bestwert von 31 % aus 2019 um mehr
als ein Drittel zurück, die durchschnittliche Teilnehmendenzahl
sank noch stärker auf rund ein Zehntel des Vorjahresniveaus.
Das wirtschaftliche Gesamtvolumen der Kongress- und Tagungsbranche lag demnach 2020 schätzungsweise bei 20-25
% des Vorjahres.
Der neu initiierte Kongressfonds Berlin dient der Unterstützung
von Fachveranstaltungen in Berlin. Ein Zuschuss pro Präsenz-Teilnehmerin bzw. -Teilnehmer soll dazu beitragen, dass
trotz der mit der COVID-19-Pandemie einhergehenden Beein-
49
III. Wirtschaft
Patricia Hoerner
Bereich Tourismus;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Philipp Brückner
Projektleiter
Kongressfonds Berlin;
atene KOM GmbH
„Die Berliner Tagungs- und Kongresswirtschaft ist hart von
der Corona-Pandemie getroffen worden. Mit dem Förderprogramm „Kongressfonds Berlin“ möchten wir die Planung
und Durchführung von Veranstaltungen unterstützen und damit dem für Berlin wichtigen Wirtschaftsbereich einen Neustart ermöglichen. Mit der atene KOM GmbH haben wir einen erfahrenen Partner gefunden, der uns bei der Umsetzung des Programmes tatkräftig unterstützt.“
„Tagungen und Kongresse sind Aushängeschilder jeder
Hauptstadt in Europa. Nach dem Erliegen dieses Imagesektors durch die Corona-Pandemie hat das Land Berlin reagiert und unterstützt mit dem Kongressfonds zielgerichtet
den Restart seiner Tagungs- und Kongressbranche. Als beauftragter Projektträger freuen wir uns, tatkräftig daran mitzuwirken und gemeinsam mit dem Land Berlin sicherzustellen, dass Berlin auch weiterhin zu den Top-Veranstaltungsorten Europas zählt.“
trächtigungen und Unsicherheiten Fachveranstaltungen in Berlin durchgeführt werden. Dies gilt sowohl für analoge als auch
für hybride Veranstaltungen. Zudem wurde eine MICE-Kampa-
gne (Meetings, Incentives, Convention, Events) mit dem Titel
„Plan B.erlin“ ausgerollt, die national Aufmerksamkeit für sicheres Tagen in Berlin schaffen soll.
Übernachtungen in Berliner Beherbergungsbetrieben
absolut und Veränderung gegenüber Vorjahr in %
40,00
35,00
30,00
Millionen
25,00
20,00
15,00
+14,1
+8,7
+14,5
+9,1
+8,1
10,00
5,00
+7,6
+6,7
2010
2011
+9,1
+7,5
+5,3
+9,2
+2,5
+3,9
-1,4
+1,7
+1,6
+7,9
+3,6
+2,7
+4,7
-76,0
-54,1
0,00
Inland
Quelle: Destatis
50
Ausland
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
III. Wirtschaft
III.6 Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
Außenwirtschaft
Die USA (1,42 Mrd. €), Frankeich (1,10 Mrd. €) und China
(1,03 Mrd. €) waren im Jahr 2020 die wichtigsten Exportländer
für Berlin, gefolgt von Polen (974 Mio. €) und dem Vereinigten
Königreich (941 Mio. €).
Die Berliner Exporte sanken im Jahr 2020 insbesondere aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie um 5,2 % auf
14,38 Mrd. €. Damit wurde der Anstieg der Exporte im Jahr
2019 gestoppt. Der Rückgang war allerdings nicht so stark wie
in Deutschland insgesamt: Bundesweit sanken die Exporte im
gleichen Zeitraum um 9,3 %.
Mit einer Summe von 2,8 Mrd. € stehen pharmazeutische Erzeugnisse an erster Stelle der absoluten Exportsummen (Zunahme um 33,7 %), gefolgt von Maschinen mit 2,2 Mrd. €, die
um 2,9 % gesunken sind. An dritter Stelle stehen Datenverarbeitungsgeräte mit einem Exportwert von insgesamt 1,5 Mrd. €
(-8,1 % zu 2019). Am deutlichsten gesunken sind die Exportwerte bei Tabakwaren, die sich von 302 Mio. € im Jahr 2019 auf
104 Mio. € verringert haben (-65,5 %).
Die Außenwirtschaftspolitik in Berlin richtet sich nach dem
Konzept Internationale Wirtschaftskooperation Berlin (KIW)
aus, welches 2017 vom Berliner Senat verabschiedet wurde. Es
versteht Internationalisierung ganzheitlich und orientiert sich
an den Bedarfen kleiner und mittlerer Unternehmen, welche
u.a. Startups umfassen. Im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes
werden sowohl Exporte als auch Ansiedlungen, Standortmarketing und eine Vielzahl von anderen grenzüberschreitenden
ökonomischen Aktivitäten (Internationalisierungsformen) erfasst. Das Konzept verfolgt die Zielsetzung, hiesige Unternehmen zu unterstützen, die inländische Wirtschaft zu stärken und
so zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland beizutragen.
Nach der Anpassung des Konzepts im Sommer 2019 rückten
neben den wichtigsten Zielländern USA, China, Polen und das
Vereinigte Königreich auch neue Zielregionen wie die beiden
Hubs Golfregion und ASEAN stärker in den Fokus. Darüber hinaus werden auch afrikanische Märkte, die eine zunehmende
Bedeutung für die Berliner Wirtschaft haben, verstärkt beobachtet und Kooperationsprojekte vorbereitet.
Top 10 der Exportländer 2020 nach Volumen und Anteil an den Gesamtexporten in %
USA
9,9
Frankreich
7,6
7,2
Volksrepublik China
Polen
6,8
Vereinigtes Königreich
6,5
Niederlande
5,2
Italien
4,3
Schweiz
3,7
Österreich
3,1
Spanien
Milliarden (Euro)
2,8
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
Quelle: Statistisches Bundesamt
Teil der Berliner Außenwirtschaftsstrategie ist außerdem die
Etablierung von Auslandsrepräsentanzen.
Das zweite Betriebsjahr des Berlin Business Desk in Peking
stand ganz im Zeichen der Pandemie, die in China schon Ende
Januar 2020 in die öffentliche Wahrnehmung trat. Team Peking hat zunächst bei der Vermittlung von Angeboten bzw.
Kontakten für Schutzausrüstung aus China unterstützt.
Im März 2020 hat das China-Büro eine der letzten Veranstaltungen mit persönlicher Anwesenheit in Berlin organisiert. Thema waren die Auswirkungen und der Umgang mit kurzfristig
entstandenen Lieferengpässen sowie Gewährleistungsrechte.
Nach dem ersten Quartal 2020 gab es nur noch Online-Veranstaltungen, die es Team Peking aber ermöglicht haben, seine Präsenz im Vergleich zum Vorjahr noch zu steigern: Es wurden rund 90 digitale Beratungsgespräche sowohl für chinesische Firmen mit Interesse an Berlin als auch für Berliner Unternehmen durchgeführt, die vor allem zum Umgang mit der
durch die Pandemie entstandenen Situation beraten wurden.
Das Berlin Business Desk war in China auf einer Messe persönlich vertreten (alle anderen wurden abgesagt) und es gab rund
70 Online-Teilnahmen an Veranstaltungen, davon die Hälfte
mit eigenem Vortrag oder eigener Präsentation. Inhaltliche
Schwerpunkte lagen auf den Themen Verkehr, Logistik, Mobilität, Umwelttechnologien sowie Startups.
51
III. Wirtschaft
Dr. Rolf Knütter
Gruppenleiter Außenwirtschaft;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Burkhard Volbracht
Bereichsleiter Talent /
International;
Berlin Partner für Wirtschaft
und Technologie GmbH
„Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, sich auf Partner
verlassen zu können. Um den Neustart der Berliner Außenwirtschaft nach der Corona-Pandemie zu unterstützen, planen wir mit der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie
GmbH verschiedene Maßnahmen. Diese sollen die digitalen Formate der internationalen Zusammenarbeit optimieren und den Neustart physischer Kontakte durch Delegationsreisen und internationale Veranstaltungen erleichtern.“
„Berlin gilt Vielen als internationalste Stadt in Deutschland.
Das trifft sicher auf die Bevölkerung zu. Damit auch die Berliner Wirtschaft noch internationaler wird, bauen wir mit der
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe an
existierenden und neuen Brücken in Wachstumsmärkte, z.B.
in den USA und China über die Berliner Auslandsbüros sowie nach Asien und bald auch nach Afrika. Das ist spannend
und nachhaltig.“
Die Nachfrage nach Information und Austausch zum Zielmarkt
China ist in Berlin ungebrochen hoch. Im Jahr 2020 sind vier
Netzwerkprojekte mit Fokus auf das Zielland China gestartet.
Zu diesen gehören:
•
•
BeCAN des aBB (automotive BerlinBrandenburg e.V.).
Schwerpunkte des Projektes liegen in den Bereichen Automotive Zulieferindustrie, Car IT, Energie- und Speichertechnik, Smart Services, Digitale Fertigung, Werkstoffe und
Materialien, Antriebstechnologie, Human Resources, Autonomes Fahren, Antriebstechnologie (u.a. Wasserstofftechnologie).
CN BC von IDZ e.V. (Internationales Design Zentrum Berlin) und Sourcebook GmbH. Zu den Kernpunkten des Projektes gehören: Designwirtschaft & nachhaltige Technologien UX / UI Design, digitale Strategieberatung, Industriedesign, Servicedesign und Nachhaltige Technologien.
•
Berlin Urban Tech Launchpad der Urban Impact Berlin
GmbH. Im Mittelpunkt stehen hier Urban Tech & Smart City
Startups und KMUs.
•
ExploreAsia von INAM (Innovation Network for Advanced
Materials e.V.). Zu den zentralen Bereichen gehören hier
Materialwissenschaften (3D-Druck, gedruckte Elektronik,
Sensoren, Photonik, Halbleiter, Verbundwerkstoffe, Brennstoffzellen und Batterien, BioTech, MedTech).
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop hatte im September 2019
die Berliner Wirtschaftsvertretung in den USA eröffnet. Von
New York aus werden Berliner KMU beim Eintritt in den
US-amerikanischen Markt unterstützt. Gleichzeitig stellt das
„Berlin Business Office“ den ersten Ansprechpartner für amerikanische Unternehmen dar, die Interesse am Wirtschaftsstandort Berlin haben.
52
Das Berliner Büro in New York musste in seiner Arbeit ebenfalls
die Auswirkungen der Corona-Pandemie berücksichtigen.
Dies fiel besonders schwer, da es seine Arbeit erst kurz vorher
(September 2019) gestartet hatte. So konnten viele Reisen und
Messeteilnahmen nicht erfolgen.
Dennoch fanden im vergangenen Jahr viele Aktivitäten statt.
Der Schwerpunkt lag zunächst auf einer Kontaktaufnahme mit
U.S. Unternehmen und Investoren sowie dem Start der Öffentlichkeitsarbeit, um die Arbeit des Büros bekannt zu machen.
Dazu zählen die Erstellung einer Webseite und ein quartalsweiser Newsletter. Darüber hinaus wurden zahlreiche (virtuelle) Veranstaltungen (mit)-organisiert, wie die „Berlin meets USA“-Reihe, die branchenspezifisch eine Verbindung zwischen dem Berliner und dem US-Markt herstellt. Derzeit wird die planmäßige
Einstellung einer zweiten Person für das USA-Büro vorbereitet.
Bereits vor über 15 Jahren begann die Senatswirtschaftsverwaltung die Förderung von wirtschaftlichen Aktivitäten mit Polen, zunächst im Rahmen der grenzübergreifenden Oder-Partnerschaft,
u.a. in den Themenfeldern Tourismus, Design, IKT, Games-Industrie, Photonik und Schienenverkehrstechnik. Berliner Cluster, Branchennetzwerke und KMU nutzen für wirtschaftsbezogene Vernetzungsprojekte mit Polen Förderangebote, die im Rahmen des
Programms für Internationalisierung (PfI) aus Landesmitteln und
dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden. Die Zielsetzungen und Schwerpunkte der jeweiligen
Projekte richten sich dabei nach den Bedarfen der Unternehmen.
So gilt für die Berliner Kreativ-/Designwirtschaft Polen als wichtiger Produktionsstandort. Für Games-Entwickler und die IKT-Branche wiederum ist Polen als Partner für Koproduktionen attraktiv,
während für die Photonik-Branche Kooperationen in der Forschung und Entwicklung im Vordergrund stehen. Aus Polen stammen viele hochqualifizierte Fachkräfte der Bereiche Entwicklung
und Programmierung, die in Berliner Startups tätig sind. Darüber
hinaus ist für Berliner Unternehmen aus dem Bereich der Schie-
III. Wirtschaft
Der AsiaBerlin Summit (ABS) 20 fand nach einer coronabedingten Verschiebung vom 21. bis 27. September 2020
als eine der wenigen Berliner Veranstaltungen und einzige
deutsche Konferenz Richtung Asien offline und online statt.
Durch den Einsatz hybrider Veranstaltungsformate konnte
die Reichweite des ABS 21 (insbesondere in Asien) erhöht
werden. Zu den Highlights gehörte das Eröffnungspanel
mit den Vorstandsmitgliedern Thomas Saueressig (SAP)
und Cedrik Neike (Siemens) im Haus der Deutschen Wirtschaft. Auf dem Summit wurden besonders relevante Themenbereiche für das Berliner Startup Ökosystem wie
Smart City/Urban Tech, Industrie 4.0, AI, Female Entrepreneurship, Diversity, Climate Change, IoT, HealthTech,
Blockchain und FinTech vertieft sowie Kontakte zu Investorinnen und Investoren geknüpft. Der ABS 21 findet nach
einer coronabedingt notwendigen Verschiebung vom
4. bis 10. Oktober 2021 wieder hybrid statt. Dieser Summit
wird sich durch die Einbeziehung zahlreicher weiterer
Partner in Satellitenveranstaltungen auszeichnen. U.a.
stellen sich diverse Netzwerkprojekte mit dem Schwerpunkt China vor und laden zu Kooperationen ein. Der Sino-European Health Summit und das Germany Singapore
Business Forum Connect bilden weitere zentrale Bausteine des Satellitenprogramms. Besonders intensiv ist die
Zusammenarbeit mit den Berliner Partnerstädten Peking,
u.a. Zusammenarbeit mit dem Berliner Auslandsbüro, und
Jakarta im Kontext des EU geförderten Projekts Smart
Change. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Bangalore
und Indien in Verbindung mit dem BMZ-geförderten Projekt „Female Entrepreneurship in Berlin and India“.
nenverkehrstechnik die Zusammenarbeit mit der polnischen Industrie von großem Interesse.
Ziel des informellen interregionalen Netzwerkes Oder-Partnerschaft (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Niederschlesien, Großpolen, Westpommern und Lubuskie)
unter dem Motto „Grenzen trennen — die Oder verbindet“, ist der
Aufbau eines leistungsfähigen Regionalverbundes, mit dem die
Region infrastrukturell und politisch enger vernetzt und zu einem
auf möglichst vielen Gebieten kooperierenden dynamischen
Wirtschaftsraum entwickelt werden soll. Dabei liefern die urbanen Zentren eine wichtige Impulsfunktion. Gleichzeitig ist die
Aktivierung der Entwicklungspotenziale des ländlichen Raums
zentral. So förderte die Senatswirtschaftsverwaltung in der Vergangenheit aus den Zuschüssen für besondere touristische Projekte das Projekt „Kulturtourismus zwischen Polen und Berlin |
Kulturprogramm im Zug 2.0“. Darüber hinaus koordiniert sie seit
2008 federführend die Öffentlichkeitsarbeit der Oder-Partnerschaft. Diese umfasst einen deutsch-polnischen Newsletter, der
dreimal jährlich erscheint, eine zweisprachige Website sowie
thematische Sonderpublikationen. Des Weiteren wurde 20172019 monatlich eine Sonderbeilage in der Stettiner Tageszeitung „Kurier Szczeciński“ mit finanzieller Unterstützung durch die
Senatswirtschaftsverwaltung veröffentlicht, in der Nachrichten
aus den Regionen der Oder-Partnerschaft mit Fokus auf Berlin
öffentlichkeitswirksam in Westpolen platziert wurden.
Am 17. November 2020 fand die Wirtschaftskonferenz
„Deutsch-Polnische Zukunftsmärkte” der AHK Polen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der IHK Berlin sowie dem Deutsches Polen
Institut in Darmstadt (DPI) statt, auf der die Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Mobilität, und Demografie und deren
Bedeutung für das deutsch-polnische Geschäft in den kommenden Jahren diskutiert wurden.
Als Förderinstrument für die Berliner Außenwirtschaft steht das
Programm für Internationalisierung (PfI) zur Verfügung. Es un-
Antonin Salice-Stephan
International Entrepreneurship
Expert;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Surya Darmadi
Local Entrepreneurship Expert
in Jakarta
„Die internationale Zusammenarbeit ist für die gemeinsame
Entwicklung von nachhaltigen, modernen und intelligenten
Städten ein notwendiges Kriterium. Als Teilprojektleiter im
Projekt Smart Change ist es meine Aufgabe, eine nachhaltige Gründer- und Startup-Strategie für und mit der Stadt Jakarta zu entwickeln und die Implementierung zu begleiten.
Ich bin dankbar dafür, diese verantwortungsvolle Aufgabe
an der Schnittstelle Berlin, Jakarta und Bangkok wahrnehmen zu dürfen.“
„Die Zusammenarbeit mit der EU-Delegation und dem SenWEB-Team in Berlin ist eine besondere Gelegenheit, um
Nachhaltigkeit auch im globalen Kontext zu gestalten. Als
indonesischer Vertreter des Programms ist es mir eine Ehre,
die trilaterale Kooperation zwischen Jakarta, Berlin und
Bangkok voranzutreiben. Ich glaube, dass das Programm
über den Projektzeitraum hinaus ein Vermächtnis sein wird,
indem es einen Beitrag zum Smart City Ökosystem leistet.“
53
III. Wirtschaft
Das gemeinsame Projekt „Smart Change“ der beiden
Partnerstädte Berlin und Jakarta im Rahmen des Programms für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Europäischen Union ist 2020 gestartet und bildet
einen zentralen Baustein im Rahmen der AsiaBerlin Aktivitäten in Südostasien. Es umfasst zwei Schwerpunkte: Zum
einen die Stärkung der Stadtverwaltung von Jakarta in
Bezug auf städtische Innovation (mit einem besonderen
Fokus auf Smart City und Digitalisierung) sowie zum anderen die Förderung der Entwicklung des unternehmerischen
Ökosystems in Jakarta rund um Startups.
2020 ist der Multi-Stakeholder-Lab zur Vernetzung von
Entscheidungsträgerinnen und –träger aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft initiiert worden, innerhalb dessen der gegenseitige Austausch der besten Ansätze in den Bereichen E-Government, Smart City und der Unterstützung von Existenzgründungen zwischen Berlin und Jakarta gefördert wird. Daneben wir der Aufbau einer Online-Plattform für Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Expertinnen
und Experten in Jakarta zur Vereinfachung des Austausches und des gegenseitigen Lernens vorbereitet.
terstützt kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Berlin bei
der Erschließung neuer Märkte im Ausland und stärkt damit die
internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft.
Mit den Programmelementen Einzelmaßnahmen (KMU-Projekte), Gemeinschaftsprojekte (z.B. Messegemeinschaftsstände
und Delegationsreisen) sowie Projekte zur Netzwerkbildung
findet eine modular abgestimmte Unterstützung u.a. bei Messe- und Konferenzbesuchen, Teilnahmen an Messegemeinschaftsständen und Delegationsreisen sowie beim Ausbau internationaler Netzwerke statt.
Nach einer Evaluation in 2019 hat die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe 2020 zusammen mit ihren
Partnern Asien-Pazifik Forum Berlin und enpact die Startup Aktivitäten Richtung Asien unter dem Dach AsiaBerlin — Connecting Startup Ecosystems fokussiert und verstärkt. Ziel von AsiaBerlin ist die Förderung der Internationalisierung der Berliner
Wirtschaft, insbesondere der Startups und ihrer Ökosysteme
durch Kontakte und Kooperationen mit asiatischen Investoren,
Startups, Konzernen, Forschungseinrichtungen, Verbänden sowie staatlichen und wirtschaftsfördernden Institutionen. Die vielfältigen AsiaBerlin Aktivitäten verbinden Berlins Startup Ökosystem mit wichtigen, dynamischen Hubs in Asien und ermöglichen
so Zugang zu Märkten, Fachkräften, strategischen Partnern
und Investitionen. Der AsiaBerlin Summit (vormals Asia-Pacific
Week) wird als eine zentrale Veranstaltung der Startup-Aktivitäten des Berliner Senats neben Delegationsreisen und monatlichen Veranstaltungen, den AsiaBerlin Events, positioniert. Die
Website www.asia.berlin, regelmäßige Newsletter und Social
Media Kommunikation flankieren kommunikativ die Veranstaltungen, unterstützt durch das Netzwerk der ehrenamtlich arbeitenden AsiaBerlin Ambassadors.
54
Entwicklungszusammenarbeit
Global denken, lokal handeln — diesem Anspruch will die
Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit (LEZ) des Landes Berlin durch eine Vielzahl von Aktivitäten gerecht werden.
Über 100 Botschaften, eine Vielzahl von Verbänden mit internationaler Ausstrahlung sowie über 300 entwicklungspolitische Akteure machen Berlin zu einem Zentrum für internationale Angelegenheiten.
Ein besonderes Augenmerk legt die Berliner Entwicklungszusammenarbeit auf die Vermittlung von Kompetenzen des Globalen
Lernens bzw. des Denkens in globalen Zusammenhängen sowie
auf die Förderung des fairen Handels und der fairen Beschaffung. Berlin sieht die Hauptaufgabe seines Engagements in der
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Hierbei wird die LEZ
durch das Entwicklungspolitische Bildungs- und Informationszentrum e.V. und durch die Stiftung Nord-Süd-Brücken unterstützt.
Die LEZ fördert bereits seit dem Jahr 2000 das Berliner Entwicklungspolitische Bildungsprogramm (benbi). Es findet
jährlich im November statt und richtet sich vorrangig an Kinder
und Jugendliche der 3. bis 13. Klasse. 2020 sollte das Thema
„Digitalisierung“ im Mittelpunkt stehen. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte das Programm nicht umgesetzt werden.
2021 heißt das Schwerpunktthema „globale Machtverhältnisse“. Das benbi wird von der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung organisiert. Der Verein unterstützt und berät die über
20 beteiligten Nichtregierungsorganisationen bei der Entwicklung der zahlreichen interaktiven Workshops, bei denen Schülerinnen und Schülern Fähigkeiten vermittelt werden, aktiv und
eigenverantwortlich die Zukunft mitzugestalten.
Auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde von den Bundesländern ein Promotor*innenprogramm ins Leben gerufen. Die
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Zivilgesellschaftliche Akteure waren 2020 durch die Corona-Pandemie auf vielfältige Weise in ihrer Arbeit eingeschränkt: ausgefallene Veranstaltungen, mangelnde
technische Infrastruktur sowie die Notwendigkeit, eigene
Angebote zu digitalisieren, gehörten zu den schwierigsten
Herausforderungen. Aber auch die Sorge um die Partnerinnen und Partner im Globalen Süden und der Wunsch
nach solidarischer Unterstützung waren für die Berliner
Nichtregierungsorganisationen ein zentrales Anliegen.
Die Landestelle für Entwicklungszusammenarbeit hat daher 2020 einen Sonderfonds in Höhe von 500.000 € eingerichtet, um die entwicklungspolitischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Berlin zu unterstützen.
Dadurch konnte die Digitalisierung vorangetrieben werden, Einnahmeausfälle kompensiert und Solidaritätsprojekte im Globalen Süden umgesetzt werden.
III. Wirtschaft
Eine-Welt-Promotorinnen und –Promotoren arbeiten in entwicklungspolitischen Organisationen und Initiativen. Sie geben als Expertinnen und Experten Anstöße für global verantwortliches Denken und Handeln und mobilisieren für ein Engagement zu Themen der nachhaltigen Entwicklung. Es wird
vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag koordiniert
und von der Stiftung Nord-Süd-Brücken verwaltet.
Im Februar 2020 fand das Richtfest des Neubaus des Eine-Welt-Zentrums auf dem Gelände der ehemaligen
Kindl-Brauerei in Berlin Neukölln statt. Durch Förderungen aus
dem im Landeshaushalt verankerten Investitionszuschuss, Bundesmitteln und Zuschüssen aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) an die Berlin Global
Village gGmbH wurde bzw. wird die Errichtung des Zentrums
ermöglicht, das seit vielen Jahren von der Berliner Zivilgesellschaft geplant wurde. Das Zentrum entsteht auf einer Fläche
von rund 4.500 Quadratmetern und widmet sich insbesondere
den Themen globale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Es bietet Raum für entwicklungspolitische und migrantisch-diasporische Nichtregierungsorganisationen. Im März 2021 sind die
ersten NGOs in das neue Gebäude eingezogen.
Darüber hinaus wurde das Berliner Stipendiumprogramm zur
Stärkung von Journalistinnen und Journalisten im digitalen
Raum 2020 fortgeführt. Allerdings konnten aufgrund der coronabedingten Beschränkungen die insgesamt acht Stipendiatinnen und Stipendiaten nicht nach Berlin einreisen, so dass
digitale Trainingskonzepte entwickelt und umgesetzt wurden.
Das Programm richtet sich an Medienschaffende, Journalistinnen und Journalisten sowie Bloggerinnen und Blogger aus aller Welt, die aufgrund von Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten oder eine vorübergehende Auszeit benötigen. Zuständig für die Durchführung ist der Verein Reporter ohne Grenzen.
Das Projekt „Female Entrepeneurship Berlin India“ im Rahmen von „AsiaBerlin“ wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) im Rahmen des Bund-Länder-Programms durchgeführt.
Das BMZ hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit der Durchführung beauftragt. Weiterer Implementierungspartner ist der enpact e.V. Im Austausch
mit Berliner Akteurinnen und Akteuren werden Förderprogramme für indische Unternehmerinnen weiterentwickelt und indische Gründerinnen bei der internationalen Kontaktanbahnung
unterstützt. Die Aktivitäten der Initiative wurden an den AsiaBerlin Summit im September 2020 als Ankerevent angebunden. Auch in 2021 sollen die Projektaktivitäten beim AsiaBerlin
Summit präsentiert und diskutiert wurden.
2020 hat die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit in
Kooperation mit Engagement Global gGmbH die Berliner
„Kompetenzstelle Faire Beschaffung“ eingerichtet, die öffentliche Auftraggeber zur nachhaltigen Beschaffung berät und
bei der praktischen Umsetzung unterstützt. Die LEZ unterstützt
Kampagnen und Bündnisse, die dafür werben, den Berliner
Einkauf fairer zu gestalten. Innerhalb der Berliner Verwaltung
setzt sie sich für die Überarbeitung von Vergaberichtlinien zugunsten einer fairen und nachhaltigen Beschaffung ein.
2020 wurde Berlin zum zweiten Mal als „Fairtrade Town“ ausgezeichnet. Im Mai 2021 sollen die Feierlichkeiten als Hybrid-Format nachgeholt werden. Die Berliner Bezirke sind Vorreiter im Fairen Handel. Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit arbeitet eng mit den verschiedenen Akteuren
zusammen, unterstützt das Berliner FAIRgabebündnis und
wirkt an der Steuerungsgruppe mit.
2020 wurde eine Koordinierungsstelle bei Decolonize Berlin
e.V. eingerichtet, um die Auseinandersetzung mit dem Kolonia-
Nicola Humpert
Landesstelle für
Entwicklungszusammenarbeit;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Juliane Kühnrich
Projektleiterin;
Kompetenzstelle
Faire Beschaffung Berlin
„Seit vielen Jahren setzen wir uns für eine Stärkung der fairen
öffentlichen Beschaffung ein. Die Einrichtung der Kompetenzstelle faire Beschaffung ist dafür ein wichtiger Meilenstein. Durch die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit
stärkt Berlin faire Produktionsmuster und leistet einen direkten Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030.“
„Seit Oktober 2020 berät und unterstützt die Kompetenzstelle Beschafferinnen und Beschaffer des Landes Berlin und
der Berliner Bezirke bei der Umsetzung eines sozial verantwortlichen öffentlichen Einkaufs. Durch die enge Kooperation mit der LEZ sind ein steter Austausch mit der Verwaltung
und die notwendige politische Anbindung gegeben. Denn
nur mit der Verbindung in die Verwaltung und die politische
Unterstützung kann eine faire Beschaffungspraxis nachhaltig und strukturell verankert werden.“
55
III. Wirtschaft
lismus, postkolonialer Bildungsarbeit, Anti-Rassismus und Critical Whiteness unter Mitwirkung von diversen Akteuren aufzunehmen. Dazu fanden Dialogrunden mit Verwaltung und Zivilgesellschaft sowie verschiedene Veranstaltungsformate statt.
Im Dezember 2020 wurde dem Abgeordnetenhaus ein Zwischenbericht vorgelegt — im Dezember 2021 wird der Abschlussbericht mit den erarbeiteten Empfehlungen vorliegen.
56
Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit unterstützt
entwicklungspolitische Projekte von Berliner Nichtregierungsorganisationen und andere Organisationen, die sich in vielfältigen Themenfeldern entwicklungspolitisch in Berlin und weltweit engagieren. 2021 stehen Fördermittel in Höhe von 1 Mio. €
für entwicklungspolitische Informations-, Kampagnen- und Bildungsarbeit in Berlin zur Verfügung.
III. Wirtschaft
III.7 Wirtschaftsrechtliche Aspekte
Mit der Novellierung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) wurden die in den Leitlinien der Regierungspolitik vorgesehenen ökologischen und sozialen Vorgaben für die Beschaffungspolitik des Landes umgesetzt. Das bei
dieser Gelegenheit grundlegend überarbeitete Gesetz trat
am 1. Mai 2020 in Kraft.
Gegenwärtig werden — mit dem Ziel verbesserter Anwenderfreundlichkeit — die erforderlichen Verwaltungsvorschriften für
die praktische Umsetzung der öko-sozialen Kriterien, aber
auch für die Durchführung von Kontrollen er- bzw. überarbeitet.
Die Entwurfsfassung für die Ausführungsvorschrift zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Vergabe von Bau-,
Liefer- oder Dienstleistungen (AV ILO-Kernarbeitsnormen) liegt
vor. Mit der Ausführungsvorschrift werden Waren und Warengruppen benannt, bei denen die öffentlichen Auftraggeber
einen Nachweis der Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen
fordern sollen, und für die die entsprechende Nachweisführung geregelt wird. Weiter sind Hinweise zur Vorgehensweise
und Hilfestellungen bei der Integration dieser Vorgaben bei
der Auftragsvergabe aufgeführt. Eigenerklärungen werden
nicht mehr als Nachweis zugelassen.
Mit Unterstützung der durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe geförderten Kompetenzstelle Faire Beschaffung Berlin werden für die in der Ausführungsvorschrift benannten Waren und Warengruppen verbindliche
Leistungsblätter für die Nachweisführung über die Einhaltung
der ILO-Kernarbeitsnormen erarbeitet. In der zweiten Jahreshälfte 2021 wird es einen intensiven Dialog mit Wirtschaftsverbänden, Nicht-Regierungsorganisationen und Vergabestellen
zu den Leistungsblättern geben.
Vom Senat bereits beschlossen ist die Rechtsverordnung zur
Evaluierung der Wertgrenzen bei der Vergabe von Liefer- und
Dienstleistungen. Die Verordnung soll sicherstellen, dass mit
der Wertgrenze von 10.000 € der vergaberechtliche Mindestlohn von 12,50 € brutto pro Stunde auf mindestens 95 % des
vergebenen Auftragsvolumens über Lieferungen und Dienstleistungen Anwendung findet. Sollte der Anteil geringer sein,
wird die im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz festgeschriebene Wertgrenze für die Anwendung des Gesetzes im
Hinblick auf die Geltung des Mindestlohns von derzeit 10.000 €
auf 5.000 € abgesenkt. Maßgeblich für die Evaluierung ist das
Auftragsvolumen über Lieferungen und Dienstleistungen im
Jahr 2021. Die Verordnung regelt die Einzelheiten der Evaluierung sowie ggf. die Absenkung der Wertgrenze.
Die Novellierung der auf dem Gesetz beruhenden ökologischen Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und
Umwelt (VwVBU) wird mit der Senatsverwaltung für Umwelt,
Verkehr und Klimaschutz abgestimmt. Gleiches gilt für die von
der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu
erstellende Ausführungsvorschrift zur regionalen Tariftreue.
Der Vergabeservice Berlin hält weiterführende Informationen
zum Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz bereit.
Wenn Unternehmen mit einer Tätigkeit in einem sicherheitsrelevanten Bereich einer Berliner Landesbehörde betraut werden und damit Zugang zu Verschlusssachen erhalten sollen,
werden sie in die Geheimschutzbetreuung des Landes Berlin
aufgenommen. Diese Unternehmen bzw. deren Beschäftigte,
die den Auftrag im sicherheitsrelevanten Bereich ausführen
sollen, müssen zuvor einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen
werden. Bearbeitungszeiten von drei bis neun Monaten durch
analog geführte Verfahren mit unterschiedlicher Behördenbeteiligung verzögern den Beginn der Auftragsausführung in geheimschutzrelevanten Bereichen der Berliner Landesbehörden
oft deutlich.
Durch die Digitalisierung der Geheimschutzbetreuung in der
Wirtschaft und die Einführung eines digitalen Verfahrens werden nicht nur behördenübergreifende Synergieeffekte erzielt
und die Bearbeitungszeiten erheblich verkürzt, sondern es erfolgt ebenfalls einer weiterer Beitrag zur Umsetzung der bundesweiten E-Government-Strategie. Ziel ist es, eine Online-Sicherheitsüberprüfung für die Nutzenden bereitzustellen sowie
den verwaltungsinternen Prozess der Sicherheitsüberprüfung
zu digitalisieren und medienbruchfrei zu gestalten. Es ist davon auszugehen, dass die Digitalisierung des Prozesses von
der Beantragung durch Eingabe der persönlichen Daten in
der Sicherheitserklärung durch die zu überprüfende Person bis
zur Mitteilung des Ergebnisses der Überprüfung durch die beteiligten Behörden eine deutliche Zeit-, Personal- und Kostenersparnis induziert. In einem ersten Schritt wird zunächst die
Antragstellung auf Sicherheitsüberprüfung bei der für Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung digitalisiert.
Zu einer aktiven Wirtschaftsförderung gehört eine funktionierende Wirtschaftsordnung. Wirtschaft braucht rechtliche Rahmenbedingungen, die für alle gelten. Insbesondere muss verhindert werden, dass Kriminelle mit Geldern aus Straftaten
redlichen Gewerbetreibenden Marktanteile streitig machen.
Geldwäsche kann nur dann effektiv bekämpft werden, wenn
gesetzestreue Gewerbetreibende mit den Aufsichtsbehörden
zusammenarbeiten und sich davor schützen, von Dritten für
Zwecke der Geldwäsche missbraucht zu werden.
Im Jahr 2020 wurde das Geldwäscherecht durch Umsetzung
einer EU-Richtlinie erneut reformiert, wodurch sich die Zahl der
Gewerbetreibenden, für die ein erhöhtes Geldwäscherisiko
besteht (sog. „Verpflichtete“), maßgeblich erhöhte. Die Aufsichtsbehörde stand vor der Aufgabe, diesem Risiko angemessen zu begegnen und neue Verpflichtete zu erkunden. So steht
u.a. der Kunstsektor als neue Verpflichtetengruppe im Fokus.
57
III. Wirtschaft
Die Präventionsarbeit der Geldwäscheaufsicht wird kontinuierlich verbessert. Die Verwaltungsdienstleistungen im Bereich
Geldwäscheprävention sind seit 2020 im Berliner Dienstleistungsverzeichnis aufgelistet und werden Ende 2021 digital als
Onlinedienstleistung zur Verfügung stehen. Diese Maßnahmen
tragen dazu bei, die Wahrnehmung in der Bevölkerung merklich zu verbessern.
Auch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden wurde intensiviert. So konnte seit 2019 neben der Vernetzung mit dem Landeskriminalamt die Kooperation mit den Finanzämtern und
anderen Aufsichtsbehörden verstärkt werden. Dies führte zu
einer höheren Anzahl von Ordnungswidrigkeitsverfahren, Bußgeldern und Verdachtsmeldungen an die Financial Intelligence Unit.
Die Geldwäsche und ihre negativen Auswirkungen auf die legale Wirtschaft können am besten verhindert werden, wenn
alle Akteure zusammenwirken. So beteiligt sich die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe am landesweiten
Netzwerk gegen Clan-Kriminalität. Im Rahmen der in diesem
Jahr stattfindenden Prüfung Deutschlands durch die Financial
Action Task Force (FATF), der internationalen Organisation zur
Verhinderung von Geldwäsche, erstellt sie gemeinsam mit anderen Aufsichtsbehörden und dem Bund ein integriertes Konzept, um Geldwäsche weiter zu erschweren. Damit diese Arbeit effektiv durchgeführt werden kann, wird zurzeit im Land
Berlin eine dauerhafte koordinierende Stelle errichtet, welche
als sog. Thinktank agieren wird und die beteiligten Akteure
qualifiziert und fachspezifisch zusammenbringt. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die nationale und internationale Zusammenarbeit gelegt.
Auch ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Herbst 2020 Mitglied in der Anti Financial Crime
58
Alliance (AFCA) und erarbeitet zusammen mit Verpflichteten
sowie weiteren Landes- und Bundesbehörden Typologiepapiere zur Geldwäsche im Immobiliensektor. Auf diese Weise
wird dem gesetzlichen Auftrag der Prävention und der Sensibilisierung des Immobiliensektors Rechnung getragen.
Die Umsetzung des Berliner Spielhallengesetzes (SpielhG Bln)
ist weitgehend abgeschlossen. Ende 2020 wurden noch 222
Bestandsspielhallen an 165 Standorten im Land Berlin betrieben. Anfang 2016 waren es demgegenüber noch 535 Spielhallen an 376 Standorten. Das Spielhallengesetz regelt als
bundesweit erstes Landesgesetz Abstandsregelungen zwischen Spielhallen und Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie
ein Verbot der als besonders suchtproblematisch geltenden
sog. Mehrfachkomplexe. Bestandsbetriebe, die bereits vor Inkrafttreten des Berliner Spielhallengesetzes über eine nach
altem Recht erteilte Spielhallenerlaubnis verfügten, konnten
2016 in einem Sonderverfahren nach dem Mindestabstands
umsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG Bln) vom 22. März
2016 Anträge auf neue Spielhallenerlaubnisse bei den 12 Berliner Gewerbeämtern stellen. 496 Spielhallen stellten 2016
einen solchen Antrag. Alle 496 antragstellenden Spielhallen
wurden seitdem stufenweise durch die Gewerbeämter auf gewerberechtliche Zuverlässigkeit, Abstand zu Oberschulen und
Abstand zu anderen Spielhallen überprüft. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat seit Mitte 2016
die Durchführung des komplexen, mehrstufigen Sonderverfahrens zur Erteilung neuer Spielhallenerlaubnisse unter Berücksichtigung der strengen Abstandsvorgaben des Berliner Spielhallengesetzes in regelmäßiger enger Abstimmung mit den
Bezirksämtern koordiniert und rechtlich begleitet.
III. Wirtschaft
III.8 Services und Förderung für Unternehmen
III.8.1 Unternehmensservice
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (BPWT)
beauftragt, den Unternehmensservice umzusetzen. BPWT unterstützt seit nunmehr 10 Jahren Berliner Unternehmen bei Expansionsvorhaben, Standortverlagerungen sowie Innovationsprojekten und begleitet Ansiedlungsvorhaben in der Stadt.
Firmen erhalten einen umfassenden Service und schnellen
Zugang zu den Wirtschaftsförderangeboten sowie Antworten
auf Fragen zur finanziellen Förderung, Grundstücks- und Immobiliensuche, Personal- und Fachkräftegewinnung sowie
Technologietransfer. Gestützt wird der Unternehmensservice
durch ein breites Netzwerk aus Servicepartnern der Berliner
Wirtschaftsförderung (IHK, IBB, UVB, Arbeitsagentur, Liegenschaftsfonds u.a.).
Unternehmen am Standort werden durch ein Key-Account-Management begleitet oder als Unternehmensservice vor Ort direkt in den Bezirken durch Projektmanagerinnen und Projektmanager der BPWT betreut.
Im Jahr 2020 hat BPWT Projekte mit einer Investitionssumme
von rd. 873 Mio. € begleitet, 6866 neue Arbeitsplätze wurden
geschaffen. Mehr als 70 % dieser Arbeitsplätze entfallen auf die
Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft sowie Mobilität und
Logistik. 3021, und damit knapp die Hälfte der geschaffenen
Arbeitsplätze sind aus 108 erfolgreichen Ansiedlungsprojekte
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Seit letztem Jahr wird die Berliner Wirtschaft durch die
Corona-Pandemie vor tiefgreifende Einschnitte und
Herausforderungen gestellt. Hier hat der Unternehmensservice der BPWT GmbH schnell reagiert und sein
Serviceangebot umgehend angepasst: Der Unternehmensservice hat eine Vielzahl seiner Bestandsunternehmen kontaktiert, um deren akute Lage und Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Pandemie auszuloten.
Der Unternehmensservice hat eine Hotline für Soloselbstständige und Kleinstunternehmen im Zeitraum
März-August 2020 eingerichtet — mit 16.000 Anrufen,
durchschnittlich 229 Anrufe pro Tag, wurde die Hotline
intensiv genutzt. Mit 14 Town Hall Calls, darunter 11 mit
Themen zu den Soforthilfeprogrammen zur Bewältigung der Corona-Krise, konnten insgesamt 3.240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht werden.
entstanden. Zudem wurden für Forschung und Entwicklung Drittmittel in Höhe von 116 Mio. € eingeworben. 78 Unternehmen
wurden mit Unterstützung des Unternehmensservice in Berlin
neu angesiedelt. Insgesamt konnte der Unternehmensservice
im vergangenen Jahr 248 Projekte erfolgreich abschließen.
Seit Ende 2009 unterstützt der Einheitliche Ansprechpartner
(EA) Berlin, angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Wirt-
Sandra Lust
Bereich Unternehmensservice;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Michaela Illmer
Projektmanagerin;
Unternehmensservice – Spandau
„Der Unternehmensservice ist Kern der Wirtschaftsförderung
des Landes Berlin. In den 10 Jahren haben wir viel bewegt,
Abläufe abgestimmt und Projekte gemeinsam begleitet. Aus
der Wirtschaft gibt es immer wieder neue Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Dank der vertrauensvollen engen Zusammenarbeit haben wir viel erreichen können.“
„Die gute Einbindung des Unternehmensservice vor Ort im
jeweiligen Bezirksamt, das breite Netzwerk der Berliner Servicepartner und die Senatsverwaltungen bieten eine sehr
gute Grundlage, um die individuellen Anliegen der Unternehmen unterstützen und voranbringen zu können. Die Zusammenarbeit mit den vielen verschiedenen Unternehmen
bringt auch nach 10 Jahren Unternehmensservice noch immer viel Abwechslung und es ist sehr erfreulich zu sehen, wie
viele Unternehmer und Unternehmerinnen sich in und für unsere Stadt engagieren. Ihnen auf diesem Weg unterstützend
zur Seite zu stehen und Berlin weiter voranzubringen, das
treibt uns alle gemeinsam an.“
59
III. Wirtschaft
schaft, Energie und Betriebe, als zentrale Anlaufstelle erfolgreich in- und ausländische Unternehmen sowie Gründerinnen
und Gründer bei der Aufnahme und der Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Berlin. Er fungiert sowohl als verbindlicher Informationsgeber als auch — auf Wunsch des Unternehmens — als durchgängiger Verfahrensbegleiter und Mittler
zwischen dem Unternehmen und den unterschiedlichen beteiligten Behörden und Institutionen.
Bereits seit der Einrichtung des EA wird den Unternehmen ermöglicht, über ein Onlineverfahren im Gewerbebereich die
elektronische Verfahrens- und Formalitätenabwicklung für Gewerbemeldungen und gewerberechtliche Erlaubnisse medienbruchfrei auf elektronischem Wege zu erledigen. Über eine eingebundene ePaymentkomponente kann die Verwaltungsgebühr schon während des Antragsprozesses beglichen werden.
Der EA ist aber auch Verfahrensbegleiter bei der Anerkennung
ausländischer Berufsabschlüsse im Bereich der reglementierten Berufe. Für fünf Berufsqualifikationen, darunter die für Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, wurden
spezielle Antragsverfahren modelliert. Über das elektronische
Antragsmanagementsystem des EA erhalten die zuständigen
Stellen von den Antragstellerinnen und Antragstellern genau
die Unterlagen, die sie für ihre Entscheidung über den Antrag
auf die Anerkennung der Berufsqualifikation benötigen. Über
ein integriertes Postfach können zusätzlich Nachrichten ausgetauscht und die Entscheidung über den Antrag elektronisch
übermittelt werden. Für alle Verfahren, die der EA über sein
Portal anbietet, stehen auch englische Antragsmodule zur Verfügung.
Carsten Heidebrecht
Leiter IT-Systeme;
EA Berlin
Thilo Schuster
Geschäftsführender
Gesellschafter cit GmbH;
Projektpartner des EA
„Wenn man unternehmerisch oder beruflich in Berlin tätig
werden will, informiert der Einheitliche Ansprechpartner (EA)
Berlin über die rechtlichen Anforderungen und ermöglicht,
die dafür nötigen Antragsverfahren vom Antrag bis zum Bescheid vollständig online in Deutsch oder Englisch abzuwickeln. Über Formularassistenten werden die Bürgerinnen
und Bürger durch ihren Antrag geführt und fehlerhafte Eingaben durch Datenprüfungen vermieden sowie zusammenhängende Verfahren unter Beteiligung der zuständigen Stellen integriert angeboten. Die dafür nötigen IT-Systeme zu
designen und weiterzuentwickeln ist eine Kernaufgabe beim
EA Berlin und motiviert mich und das gesamte Team immer
wieder neu durch das positive Feedback unserer Kundinnen
und Kunden.“
„Zufriedene Kundinnen und Kunden sind unser oberstes Ziel!
Wir entwickeln Komponenten zur Erstellung von elektronischen Formularen und intelligenten Ausfüllassistenten, Formularmanagement sowie eine modellbasierte Entwicklungsumgebung für formularbasierte Workflows. Damit die
Anforderungen des EA Berlin umgesetzt werden konnten,
war eine durchdachte IT-Architektur erforderlich, die einerseits Flexibilität und andererseits Stabilität und Sicherheit
bietet. Wir freuen uns mit dem EA Berlin bereits seit mehr als
10 Jahren erfolgreich zusammenzuarbeiten und die entwickelte Lösung ständig an neue Anforderungen anzupassen“
60
III. Wirtschaft
III.8.2 Gründungsförderung
Erstanlaufstellen
Die Gründungsunterstützung im Land Berlin fokussiert nicht alleine auf die technologieorientierten Startups, sondern auch
auf das weiterhin sehr rege und breit angelegte Gründungsgeschehen in traditionellen Bereichen wie dem Handel, im Handwerk oder der Bauwirtschaft. Beratungen und Kontaktstellen
müssen auf diese Vielfalt der Geschäftsideen und der dahinter
stehenden Unternehmerpersönlichkeiten mit einem flexiblen
und differenzierten Angebot für die unterschiedlichen Zielgruppen eingehen.
Im Laufe des Jahres 2020 ist es gelungen, die coronabedingten Rückgänge im Gründungsgeschehen aus dem ersten
Quartal teilweise auszugleichen. Trotz einer leichten Verringerung der Gesamtzahl der Neugründungen auf 37.700 bleibt
das Gründungsgeschehen deshalb insgesamt auf einem hohen Niveau. Mit 103 Neugründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt Berlin 2020 erneut an der Spitze der
Bundesländer.
Ein enges Netzwerk an Erstanlaufstellen erlaubt es, auf die unterschiedlichen Fragestellungen von Gründerinnen und Gründern bedarfsgerecht einzugehen. So können neben der Gründungsberatung der Kammern auch die Finanzierungsberatung
der IBB, die Gründungsbüros der Hochschulen, die Wirtschaftsförderer der Berliner Bezirke oder Beratungseinrichtungen der
ethnischen Communities aufgesucht werden. Alle Adressen
der öffentlichen Erstanlaufstellen, ihre Informationsangebote
und Veranstaltungen sind auf der zentralen Internetseite
http://www.gruenden-in-berlin.de zu finden. Alle Gründungsinteressierte werden hier nach einem klaren Leitfaden durch die
Informationen aus dem Berliner Gründungsnetz geleitet. Das
Portal ist ein gemeinsames Projekt der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe mit der IHK Berlin, der Handwerkskammer Berlin und der Investitionsbank Berlin. Die ausführlichen Informationen stehen auch auf Englisch zur Verfügung.
Für Informationen, Beratung und Unterstützung bei Verwaltungsverfahren im Rahmen der Gewerbeausübung steht das
Portal des Einheitlichen Ansprechpartners Berlin zur Verfügung. Über www.ea.berlin.de können Gewerbetreibende rund
um die Uhr mehr als 30 Verwaltungsverfahren, die im Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen (wie An- und Abmeldung, aber auch die Beantragung von Genehmigungen und
Erlaubnissen), online abgewickelt werden.
Beratung und Veranstaltungen
Der Spaß am Unternehmertum und das dazu notwendige Wissen werden auf einer Reihe von Veranstaltungen vermittelt. So
können Gründungsinteressierte im Rahmen des BusinessplanWettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW) über einen Zeitraum
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat auch auf den Bereich der
Unternehmensgründungen deutliche, negative Auswirkungen. Im ersten Quartal 2020 sank die Anzahl der
neu errichteten Unternehmen um 5,6 % gegenüber dem
Vorjahreszeitraum. Fast 90 % der jungen Unternehmen
und Selbstständigen sahen sich nach Angaben der KfW
deutschlandweit im Frühjahr mit unerwarteten Umsatz
einbrüchen konfrontiert, fast 70 % hätten mit diesen
Umsätzen einen Zeitraum von drei Monaten nicht mit
eigenen Liquiditätsreserven überbrücken können. Vor
diesem Hintergrund hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit den Förderprogrammen „Soforthilfe I (Liquiditätshilfe)“ und Soforthilfe II
(„Zuschüsse für kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige“) einen wichtigen Beitrag zur Überbrückung
der krisenbedingten Umsatzrückgänge geleistet.
Um trotz des schwierigen Umfelds das Gründungsgeschehen gezielt zu unterstützen, wurden darüber hinaus
die Förderprogramme „Gründungsbonus“ und „Berliner Startup-Stipendium“ noch einmal deutlich aufgestockt und an die Rahmenbedingungen angepasst. Im
Zuschussprogramm „Gründungsbonus“ wurden die Anspruchsvoraussetzungen gelockert und die Möglichkeit
eines zusätzlichen Corona-Bonus eingeführt. Im Rahmen des „Berliner Startup-Stipendiums“ können nun
100 weitere innovative Gründungen unterstützt werden.
Zusätzlich wurde der Zeitraum für die Gewährung verlängert.
von neun Monaten ihre Geschäftsidee entwickeln und dazu
kostenlose Seminare und Workshops besuchen sowie Expertenfeedback erhalten. Technologieorientierte Geschäftsideen,
die einen schnelleren Marktzugang benötigen, können auch
innerhalb von nur drei Monaten über einen Business Model
Canvas entwickelt werden. Ab März 2020 konnten die Seminare und Beratungen des Wettbewerbs nur noch digital gestaltet werden. Aber auch die neuen Formate haben einen
guten Zuspruch erhalten: 1.901 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind dem Wettbewerb bis zum Abschluss im August 2020
gefolgt.
Nachdem sich im Sommer das Pandemiegeschehen zeitweise
stark abgeschwächt hatte, konnten die jährlich im Herbst stattfindenden Deutschen Gründer- und Unternehmertage deGUT
auch 2020 als eine der wenigen Veranstaltungen mit Publikumsverkehr stattfinden. Mit ihren vielfältigen Kontaktmöglichkeiten zwischen Förderinstitutionen, Mentorinnen und Mentoren
und Gründungsinteressierten ist die von der Investitionsbank
Berlin (IBB) und der Investitionsbank des Landes Brandenburg
(ILB) veranstaltete deGUT ein Highlight im Gründerkalender
der Hauptstadtregion. Durch das Hygieneschutzkonzept war
die Teilnehmendenzahl im Jahr 2020 allerdings stark begrenzt,
61
III. Wirtschaft
sodass an beiden Messetagen etwas über 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Arena Berlin gezählt wurden.
Eine wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, das Interesse an der unternehmerischen Selbstständigkeit bereits früh zu
entfachen und die Begeisterung für unternehmerische Themenfelder zu wecken. Im Projekt JUNIOR berät und begleitet
das Institut der deutschen Wirtschaft Köln Schülerinnen und
Schüler, die ein eigenes Unternehmen — jeweils für ein Jahr
— gründen und führen wollen. Seit dem Start des Projekts in
Berlin im Schuljahr 2000/2001 haben bereits 4.611 Berliner
Schülerinnen und Schüler am Projekt JUNIOR teilgenommen.
Nach der temporären Schulschließung im März 2020 haben
die Schülerfirmen ihre Arbeit trotz der erschwerten Bedingungen fortgesetzt und sich beim jährlichen Landeswettbewerb
mit einem Videobeitrag vorgestellt. Berlins bestes Schülerunternehmen 2021 ist das Unternehmen „PlandMade“ vom Archenhold-Gymnasium, das aus LKW-Planen Alltagsprodukte
wie z.B. Einkaufsbeutel, Fahrradtaschen und Rucksäcke herstellt und vertreibt. www.junior-programme.de
Die Lotsenstelle für migrantische Selbstständigkeit fungiert
seit Januar 2019 im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe als Ansprechpartnerin für Erstund Orientierungsfragen. Sie unterstützt Gründerinnen und
Gründer sowie Selbstständige nichtdeutscher Herkunft bei der
Aktivierung ihres unternehmerischen Potenzials und bei der
Teilhabe am gesellschaftlich-wirtschaftlichen Leben in Berlin.
Die Beratung ist kostenlos und wird in den Sprachen Deutsch,
Englisch, Spanisch, Französisch und Polnisch durchgeführt.
Übersetzungen in weitere Sprachen sind möglich. Das Beratungsangebot beinhaltet: umfangreiche kompetente und kultursensible Erstberatung, umfassende Informationen über öffentliche Förder- und Beratungsleistungen, Verweisberatung
an nicht gewerbliche Beratungs- und Fördereinrichtungen,
Unterstützung bei Behördengängen, Beratung über die Sozialen Medien. Darüber hinaus bietet die Lotsenstelle (Online-)
Informationsveranstaltungen für Existenzgründerinnen, Existenzgründer und Neuselbstständige sowie Netzwerkveranstaltungen zum Austausch und zur Vernetzung der relevanten Akteure der Berliner Beratungs- und Gründungsförderlandschaft
an. www.berlin.de/lotsenstelle-fms
Auch andere Projekte unterstützen Lehrerinnen und Lehrer dabei, Fragen der Wirtschaft und der Unternehmenstätigkeit in
den Unterricht zu integrieren. Eine Übersicht über die Angebote findet sich unter www.berlin.de/unternehmergeist.
In 2020 wurden 375 Beratungen durchgeführt, davon 186 Beratungen für Gründungswillige und 189 Beratungen für Selbstständige.
Im Berichtszeitraum wurden mehrere Maßnahmen durchgeführt, die sich an die Zielgruppe der Personen nichtdeutscher
Herkunft wenden mit dem Ziel, diese über Aspekte der Selbstständigkeit und die entsprechenden Beratungs- und Förderstrukturen zu informieren, aber auch die Erfolge und Bedeutung migrantischer Unternehmerinnen und Unternehmer sichtbarer zu machen und anzuerkennen.
Das von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe geförderte Projekt „NEUSTART integrativ — interkulturell — kooperativ“ hat eine Laufzeit vom 01.06.2020 bis zum
31.12.2021. Zielgruppe des Projekts sind Geflüchtete und Neuankommende aus Drittstaaten ohne Ausschluss bestimmter
Nationalitäten. Primäres Projektziel ist, über zielgruppenspezifische Beratung, Qualifizierung und Begleitung erfolgreiche
Peter Müller
Bereich Vielfalt
in der Wirtschaft;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Gönül Nar
Projektleitung;
GUWBI e.V.
„Die Lotsenstelle für migrantische Selbstständigkeit leistet
eine wichtige Hilfestellung für migrantische Gründerinnen
und Gründer sowie Selbstständige auf dem Weg in die unternehmerische Tätigkeit. Bereits für die Pilotphase im Zeitraum 2019 bis Ende 2020 konnte eine sehr positive Bilanz
gezogen werden. Dabei hat das Team der Lotsenstelle mit
viel Engagement und Einsatzbereitschaft auf die erschwerten Bedingungen aufgrund der COVID-19-Pandemie reagiert und verstärkt digitale Beratungs- und Informationsformate ermöglicht.“
„Die Berliner Wirtschaft ist sehr vielfältig. Dazu tragen
Migrantinnen und Migranten wesentlich bei. Die Lotsenstelle
für migrantische Selbstständigkeit erfüllt hier eine Brückenfunktion. Wir von GUWBI e.V. freuen uns daher, migrantische
Gründerinnen und Gründer und Selbstständige auf ihrem
Weg unterstützen zu können. Wichtig für uns ist, dass die wirtschaftliche Kraft der Migrantinnen und Migranten in Berlin
auch von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe gesehen und gefördert wird.“
62
III. Wirtschaft
und nachhaltige Gründungen zu schaffen, die es den Geflüchteten ermöglichen, sich wirtschaftlich und sozial zu integrieren.
Den Kern des Projekts bilden Coaching-Angebote sowie
Workshops, die das Gründungs-Know-how vermitteln sollen.
Darüber hinaus können konkrete Hilfestellungen bei Behördengängen geleistet werden. Ferner ist die Vernetzung und
Kooperation mit Akteuren der Aufnahmegesellschaft sowie mit
Bestandsunternehmen vorgesehen, um neue Kooperationsoder Beteiligungsformen aufzubauen. Erprobt werden soll
auch das Modell eines Gründungsinkubators: In der Aufbauphase sind hierbei die potenziellen Gründerinnen und Gründer als „angestellte Unternehmerinnen und Unternehmer“ beschäftigt und sozialversichert. Entlastet von bürokratischen
Hürden und Existenzsorgen können sie so gleichzeitig ihr Business eigenständig aufbauen.
Mit dem Serviceprojekt „Wirtschaftsfreiheit Berlin — Integration von zuziehenden Talenten, Gründerinnen und Gründern
und Unternehmerinnen und Unternehmern“ (2018-2019) sowie
dem Nachfolgeprojekt „Wirtschaftsfreiheit plus“ (2020-2021)
werden spezielle und sensible Beratungs- und Betreuungsinfrastrukturen für politisch bedrohte Personen aufgebaut, um ihnen in Berlin eine verlässliche neue Lebens- und Arbeitssituation anzubieten und die Übersiedlung zu organisieren. Zielgruppe dieses Projekts sind Unternehmerinnen und Unternehmer,
Investorinnen und Investoren mit Umsiedlungsinteresse, Gründerinnen und Gründer sowie hochqualifizierte Fachkräfte und
Kreative aus Ländern, in denen berufliche Kreativität und Entfaltung durch politische Rahmenbedingungen erschwert oder
behindert werden bzw. die freie Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit oder berufliche Vorhaben nicht
gewährleistet oder bedroht werden. www.because.berlin/
Mit dem durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe seit 2019 ausgelobten Wettbewerb „Vielfalt unternimmt — Berlin würdigt migrantische Unternehmen werden
im zweijährigen Rhythmus die Leistungen und wirtschaftlichen
Erfolge von Berlinerinnen und Berlinern mit Migrationsgeschichte ausgezeichnet und sichtbar gemacht. Um den Preis
können sich Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund in drei Kategorien bewerben. www.berlin.de/
vielfalt-unternimmt
Die Preisverleihung des diesjährigen Wettbewerbs fand am
19.05.2021 – coronabedingt – als Hybridveranstaltung statt.
Die Preise gingen an
•
ANES Bauausführungen Berlin GmbH (Unternehmen mit
mehr als 30 Beschäftigten)
•
Sprachenzentrum Berlinek Dr. Anna Weise e.K. (Unternehmen mit bis zu 30 Beschäftigten)
•
monströös GbR (Gründer(innen)preis für Unternehmen)
In Kooperation mit der Investitionsbank Berlin konnte die Seminarreihe Vielfalt gründet auch im Berichtszeitraum fortge-
führt werden. In 2021 wird diese jährliche kultursensible Informationsreihe zu Fragen der Selbstständigkeit zum 19. Mal realisiert. Es werden Seminare in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Polnisch, Serbokroatisch,
Vietnamesisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch und Farsi angeboten. Darüber hinaus wird ein Seminar ausschließlich für gründungsinteressierte Frauen angeboten, ein weiteres wendet
sich an Gründungsinteressierte aus der Kreativindustrie. Aufgrund der Pandemie findet der Großteil der Seminare in 2021
voraussichtlich als Onlineangebot statt.
Auch weiterhin verfolgt die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe das Ziel, die wirtschaftlichen Aktivitäten
von Frauen sichtbarer zu machen und dazu beizutragen, dass
es selbstverständlicher wird, dass Frauen sich unternehmerisch betätigen. Im Berichtsjahr konnten jedoch, bedingt durch
die Pandemiesituation, keine Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden. Im Rahmen des „Aktionsprogramm Handwerk“ haben sich die Akteure daher darauf verständigt, anstelle der geplanten Veranstaltungen eine Studie zu beauftragen,
die sich mit der Situation von Handwerkerinnen in der Pandemie auseinandersetzt. Die Studie wurde beim ifh Göttingen
veröffentlicht.
Zur Unterstützung und Vernetzung von Frauen in der Wirtschaft
bietet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zwei Veranstaltungsformate für „Frauen in der Wirtschaft“
an: die „Unternehmerinnen-Akademie“ sowie alle zwei Jahre
den „Berliner Unternehmerinnen Tag“. Ebenfalls im Zweijahresturnus wird der Wettbewerb „Berliner Unternehmerin“ ausgelobt.
Der 10. Berliner Unternehmerinnentag fand am 26.02.2021
rein virtuell unter dem Motto „Nachhaltig wachsen, erfolgreich
führen, Business machen“ statt und zählte 600 Teilnehmerinnen. Neben fünf Live-Panels zu Themen wie „Die Arbeit der
Unternehmerinnen zwischen Anpassung und Rebellion“ und
„Unternehmenssicherung zwischen Nachhaltigkeit und Wachstum” gab es acht Workshops per Videokonferenz. Ziel war, die
Unternehmerinnen durch ein abwechslungsreiches Programm
über aktuelle Aspekte der Selbstständigkeit zu informieren sowie ihnen die Gelegenheit zur Vernetzung zu geben.
Die Unternehmerinnen-Akademie ist ein kürzeres Format
(ca. 2-4 h), welches bislang zwei Mal stattfand. Im November
2020 thematisierte die zweite Unternehmerinnen-Akademie
die Frage „Wie geht es weiter mit und trotz Corona?“ in Kooperation mit Berlin Partner. Ziel der Unternehmerinnenakademie
ist, einem heterogenen Publikum aktuelle wirtschaftspolitische
Themen vorzustellen und diese zu diskutieren sowie Möglichkeiten zu geben, sich breiter mit anderen Unternehmerinnen
sowie mit Wirtschaftsakteuren zu vernetzen.
Mit der Auszeichnung Berliner Unternehmerin des Jahres ehrt
das Land Berlin seit 2004 alle zwei Jahre Unternehmerinnen
für erfolgreiche und engagierte Unternehmensführung. Mit
diesem Wettbewerb soll das Engagement von Frauen betont
63
III. Wirtschaft
und deren Potenziale stärker sichtbar gemacht werden. Die
Preisträgerinnen 2020 sind:
•
Dr. Kati Ernst und Kristine Zeller, ooshi GmbH („Newcomerinnen“)
•
Nicole Wheadon, WHEADON Wohlfühlen ist Hautsache
(„Kleinstunternehmen“)
•
Christina Wille, Loveco GmbH („KMU und Großunternehmen“)
Alle Unternehmerinnen eint, dass sie sich das Thema „Nachhaltigkeit“ zu eigen gemacht haben und das gesellschaftliche
Leben mit ihren Geschäftsideen verbessern möchten.
64
III. Wirtschaft
III.8.3 Innovationsförderung
Wissen verbreitet sich schneller denn je und ist als Ausgangspunkt für Innovationen zu einem entscheidenden Produktionsfaktor geworden. Dies hat zur Konsequenz, dass sich auf Dauer vor allem die Unternehmen behaupten können, die auf der
Basis von Forschungs- und Entwicklungsprozessen Innovationen umsetzen. Aus diesem Grund ist es ein zentrales Anliegen
der Berliner Wirtschaftspolitik, mit einer verlässlichen und thematisch flexiblen Innovationsförderung zur Schaffung einer
nachhaltig wirksamen Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.
Mit Blick auf den Ausbruch der Corona-Pandemie kann zudem
festgestellt werden, dass die Nachfrage nach Innovationsförderung durch Berliner kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
im Jahr 2020 im Wesentlichen konstant geblieben ist.
Mit dem Programm Pro FIT (Programm zur Förderung von Forschung, Innovation und Technologien) werden sowohl Einzelvorhaben als auch FuE-Kooperationen vorrangig zwischen
Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern gefördert. Der Schwerpunkt der Förderung liegt entsprechend der Beschaffenheit
der Berliner Wirtschaft bei KMU. Durch technologische Entwicklungen wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen
gesteigert. Es wird nicht nur die Produktentwicklung gefördert,
sondern auch die Markteinführung. Damit steht ein Programm
zur Verfügung, das die Unternehmen in allen Phasen des Innovationsprozesses unterstützt. Im Jahr 2020 wurden 104 Projekte mit einem Zuschuss in Höhe von 48,23 Mio. € bewilligt. 41
Projekte erhielten ein Darlehen, hier wurden 23,47 Mio. € bewilligt. Das Programm wird aus dem EFRE kofinanziert.
Im Zuge der Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus der
„Evaluierung der Innovationsförderung 2018/2019“ wurde Pro
FIT zum 01.01.2021 für KMU der Sozialen Ökonomie geöffnet.
Darüber hinaus gibt es nun die Möglichkeit, KMU auch in der
Innovationsphase der experimentellen Entwicklung mit Zuschüssen zu fördern, wenn die Förderung im Rahmen von wettbewerblichen Aufrufen vergeben wird.
Technologieorientierte Unternehmen, die erst kürzlich gegründet wurden und die Durchführung eines Innovationsprojektes
anstreben, können zudem mit der Pro FIT Frühphasenfinanzierung finanzielle Unterstützung beim Aufbau der Unternehmens
infrastruktur und erforderlichen Personalkapazitäten erhalten.
Ziel des VC Fonds Technologie Berlin ist die Beteiligung an
jungen Berliner Technologie-Unternehmen mit besonderem
Wachstumspotenzial. Das Fondsvolumen beträgt 60 Mio. €,
die Hälfte hiervon sind EFRE-Mittel. Die Fondsmittel stehen bis
2023 vorrangig zur Finanzierung der Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte zur Verfügung. Das Fondsmanagement obliegt der IBB Beteiligungsgesellschaft mbH. In
2020 wurden 20 Unternehmen mit einem Volumen von etwa
5,2 Mio. € finanziert. Berlin als deutsche VC-Hauptstadt hat
mit der IBB Beteiligungsgesellschaft als öffentlicher Beteili-
gungsgeber vor Ort einen bedeutenden Player. Mit ihrer über
20-jährigen Erfahrung ist sie ein gefragter Partner der Startups
und Ansprechpartner für nationale und internationale Gesellschaften, die sich in Berlin nach Investments umsehen oder
Finanzierungspartner suchen. Durch die Bildung von Finanzierungspartnerschaften betragen die investierten Mittel das
Sechs- bis Siebenfache der Investitionen des VC-Fonds.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Zusätzliches Risikokapital für Startups in der
Corona-Krise
Das Jahr 2020 stellte die Berliner Startups aufgrund der
Corona-Krise vor besondere Herausforderungen. Neben den Auswirkungen auf das operative Geschäft
durch Umsatzrückgänge in den von der Krise besonders
betroffenen Branchen, Verzögerungen bei der Produktentwicklung und Markteinführung stellten eine sinkende Investitionsbereitschaft von Investoren im 1. Halbjahr die Unternehmen vor teilweise existenzielle Herausforderungen. Zur gezielten Unterstützung von Berliner
Startups, die durch Corona unverschuldet in einen Finanzierungsengpass geraten sind, wurden die Coronahilfen für Startups vom Bund, Land Berlin, der KfW und
IBB mit mehreren Programmbausteinen initiiert. Ein Programmbaustein wurde durch die IBB Beteiligungsgesellschaft umgesetzt. Diese Mittel haben die IBB Beteiligungsgesellschaft in die Lage versetzt, das Beteiligungsvolumen und die Anzahl an finanzierten Unternehmen in der Krisensituation erheblich auszuweiten.
Mit diesen Mitteln wurden 32 Startups im Jahr 2020
unterstützt, welche mit einem Volumen von 16 Mio. € finanziert wurden.
Der VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin mit einem Fondsvolumen von 40 Mio. €, davon ebenfalls 50 % EFRE-Mittel, unterstützt KMU der Berliner Kreativwirtschaft. Zusammen mit privaten Kapitalgebern werden mit den Fondsmitteln innovative
Startups aus der Kreativwirtschaft mit hohem Wachstumspotenzial unterstützt, die sich in der Aufbau- und Expansionsphase befinden. In 2020 wurden 15 Unternehmen mit einem Volumen von etwa 4,1 Mio. € finanziert.
Das Personaltransfer-Programm Innovationsassistent/-in ist
nach wie vor eine wirksame Komponente der Know-how-Übertragung aus der Wissenschaft, insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen. Durch den projektbezogenen Einsatz von
qualifizierten Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen und
-absolventen erhalten die Unternehmen die Chance zur Bewältigung betrieblicher Innovationsaufgaben. Die Förderung
erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren Personalkostenzuschüssen. Gleichzeitig wird damit verstärkt der Zielsetzung
Rechnung getragen, Struktur-, Innovations- und Arbeitsmarktpolitik miteinander zu verzahnen. Das Volumen der im Jahr
65
III. Wirtschaft
2020 bewilligten 153 innovativen Vorhaben von Berliner Unternehmen betrug rd. 3,2 Mio. €.
Analog zum Förderprogramm Pro FIT wurde auch das Programm Innovationsassistent/-in für Unternehmen der Sozialen
Ökonomie ab dem 01.01.2021 geöffnet.
Der Coaching BONUS bezuschusst die Inanspruchnahme von
Beratungsleistungen durch technologieorientierte kleine und
mittlere Unternehmen (KMU), KMU der Kreativwirtschaft sowie
im Zusammenhang mit den Themenbereichen Internationalisierung und Nachfolge auch durch andere KMU. Ab Juli 2021
sollen zudem auch KMU der Sozialen Ökonomie im Rahmen
des Coaching BONUS gefördert werden.
Dabei deckt das Beratungsangebot die gesamte Bandbreite
unternehmerischer Fragestellungen innovativer KMU ab. Das
reicht von Gründungsmodalitäten über Finanzierungsprobleme bis hin zu Marketing- und Vertriebsstrategien. Das Coaching soll helfen, eine konkrete Aufgabe bzw. Fragestellung im
Hinblick auf eine bestimmte Zielstellung zu bewältigen. Die
Unterstützung im Coachingprozess und die sich daraus ergebende Qualifikation soll die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig stärken. 2020 wurden insgesamt 376 Projekte (davon 95 in von Frauen geführten Unternehmen) durch
den Coaching BONUS begleitet.
Das Förderprogramm Transfer BONUS hat den Technologieund Wissenstransfer zum Ziel, in dem Berliner KMU der Zugang
zu den Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung bzw.
deren Nutzung erleichtert wird. Gefördert wird die Inanspruchnahme einer wissenschaftlichen Dienstleistung, wobei seit
2016 auch Projekte im Bereich der Digitalisierung unterstützt
werden. Im Jahr 2020 wurden 63 Bewilligungen erteilt, wobei
9 davon auf Projekte im Bereich der Digitalisierung entfielen.
Das Bewilligungsvolumen belief sich insgesamt auf rd.
919.000 €, davon rd. 335.000 € für Digitalisierungsprojekte.
Ziel des Programmteils Transfer BONUS Design ist es, KMU
den Zugang zu Designleistungen zu erleichtern. Der Design
Transfer Bonus bezuschusst den Transfer von Design-Knowhow von Unternehmen der Designbranche und von Hochschulen in Unternehmen, um so ihre Innovationsfähigkeit und die
Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das Programm soll die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen von der Idee
bis zur Marktfähigkeit sowie qualitative Verbesserungen bestehender Produkte und Verfahrensweisen unterstützen. 2020
wurden 37 Projekte mit einem Gesamtvolumen (Fördervolumen) von rd. 464.000 € bewilligt. Das gesamte Projektvolumen (förderfähige Ausgaben) betrug rd. 691.000 €.
Ab dem 01.01.2021 sind auch Unternehmen der Sozialen Ökonomie im Rahmen des Transfer BONUS antragsberechtigt.
Europäische Strukturfonds
Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik ist eingebunden in die Europäische Strukturpolitik und die neue Europäische
Strategie des European Green Deal. Zielgerichtete Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, die Ausrichtung auf
eine kohlenstoffarme, energieeffiziente Wirtschaft und eine wettbewerbsfähige Industrie sowie die vorrangige Schaffung von
Arbeitsplätzen und die Bekämpfung von Armut bilden die zentralen Ansatzpunkte dieser Strategie. Das übergeordnete Ziel
der Strukturfondsförderung in Berlin ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Stadt zu stärken.
Darauf bauen die Operationellen Programme (OP) des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) auf. www.berlin.de/strukturfonds
In der noch laufenden Förderperiode 2014-2020, aus der noch bis zum 31.12.2023 gefördert werden kann, erhält Berlin
635 Mio. € aus dem EFRE und 215 Mio. € aus dem ESF. Hinzu kommen jeweils nationale Mittel in gleicher Höhe — die sogenannte Kofinanzierung. Insgesamt stehen Berlin aus diesen beiden EU-Förderprogrammen somit rund 1,7 Mrd. € zur Verfügung. Hinzu kommen in den Jahren 2021-2023 rund 117,6 Mio. € aus den React-EU-Mitteln, die den Mitgliedstaaten als
Beitrag zum Wiederaufbau nach COVID-19 als außerordentliches zusätzliches Budget zur Verfügung gestellt werden. In der
Förderperiode 2021-2027 wird Berlin erneut ein signifikantes Budget für Förderungen aus dem EFRE zur Verfügung stehen.
Damit können rund 680 Mio. € EFRE-Mittel zuzüglich 1,02 Mrd. € nationaler Kofinanzierung, insgesamt also
1,7 Mrd. € in den Ausbau der Forschungs- und Innovationskapazitäten und die Einführung fortschrittlicher Technologien sowie die Stärkung der Berliner Unternehmen, in Klima- und Umweltschutzvorhaben sowie in Projekte der integrierten Stadtentwicklung fließen. Für den Europäischen Sozialfonds (ESF+) wird Berlin 2021-2027 ein Budget von ca. 148 Mio. € zur Verfügung stehen, ergänzt durch 222 Mio. € nationale Kofinanzierung, so dass insgesamt 370 Mio. € in Unterstützungsmaßnahmen für in Berlin lebende Menschen investiert werden können.
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist das wichtigste Instrument der Regionalförderung der Europäischen Union. Er trägt dazu bei, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Europäischen Gemeinschaft durch
Ausgleich der regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Die EFRE-Mittel werden in Berlin in bedeutendem Maße für die Förderung von Innovationen eingesetzt. Für Forschung, Entwicklung und die Markteinführung neuer Produkte und Lösungen in
Unternehmen, aber auch zur Stärkung hochinnovativer Unternehmen, etwa durch Beteiligungen, die Unterstützung von Clus-
66
III. Wirtschaft
tern sowie die Stärkung unternehmensnaher Forschungsinfrastrukturen sind fast 50 % der EFRE-Mittel vorgesehen. Darüber
hinaus werden kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Investitionstätigkeit und bei ihrer internationalen Markterschließung
unterstützt sowie Gründerinnen und Gründer gefördert. Um die anspruchsvollen energie- und klimapolitischen Ziele des
Landes zu erreichen, können Berliner Unternehmen zudem von der Investitionsförderung in energiesparende Technologien,
in die Nutzung erneuerbarer Energien oder bei der Umstellung von Produktionsprozessen profitieren.
Bis zum 31. Dezember 2020 sind von den rund 1,27 Mrd. €, die für das Operationelle Programm des EFRE 2014-2020 zur
Verfügung stehen, mehr als 3.700 Vorhaben mit Gesamtkosten von über 1,3 Mrd. € bewilligt und bereits 850 Mio. € verausgabt worden; vollständig verausgabt werden die Mittel bis zum 31.12.2023. Gefördert wurden bspw. Berliner Unternehmen
wie die Berlin Heart GmbH, die als weltweit führender Anbieter von extrakorporalen Herzunterstützungssystemen für Kinder
an der Entwicklung eines implantierbaren Herzunterstützungssystems forscht; sowie Greta & Starks Apps GmbH, die bei der
weltweiten Vermarktung ihrer App für sehbehinderte oder hörgeschädigte Menschen zum barrierefreien Genuss von Kinofilmen unterstützt wurde.
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Förderinstrument der EU zur Unterstützung der Beschäftigung in Europa.
Der ESF verbessert den Zugang zu Arbeitsplätzen, fördert Bildung, bietet Qualifizierung und unterstützt die soziale Integration. Die ESF-Mittel werden in Berlin in einem thematisch breiten Spektrum eingesetzt. Als erfolgreich und innovativ hat sich der
Einsatz von ESF-Mitteln mithilfe vereinfachter Kostenoptionen wie Pauschalfinanzierungen erwiesen. Für die Umsetzung des
Operationellen Programms des ESF 2014-2020 stehen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 430,2 Mio. € zur Verfügung. Bis
zum 31.12.2020 sind über 1400 Vorhaben mit Gesamtkosten in Höhe von 398 Mio. € bewilligt und knapp 223 Mio. € ausgezahlt worden. Vollständig verausgabt werden die Mittel bis zum 31.12.2023.
Gefördert werden Projekte wie „Berlin braucht dich!“, das darauf abzielt, neue Wege für Jugendliche aus Familien mit Einwanderungsgeschichte am Übergang Schule — Ausbildung zu entwickeln. Eine anderes Beispiel ist das Projekt „Berlin Modell Marzahn Hellersdorf 24-7“ der Manege gGmbH, das Jugendlichen hilft, die keinen Zugang zu Behörden und Einrichtungen finden, aber Unterstützung im Leben brauchen — sei es für einen Schlafplatz, berufliche Orientierung oder psychologische Hilfe. In einem anderen Projekt, dem Bildungs- und Beratungszentrum der Raupe & Schmetterling — Frauen in der Lebensmitte e.V., können sich arbeitslose Frauen beruflich neuorientieren und ihre meist prekäre Lebenssituation eigenständig
verbessern.
67
III. Wirtschaft
III.8.4 Zuschüsse für Unternehmen und
Infrastruktur
Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist das bedeutendste Regionalförderinstrument von Bund und Ländern. Mit der GRW werden
Investitionen gefördert, die in strukturschwachen Regionen die
Einkommens- und Beschäftigungssituation verbessern. Vorrangiges Ziel der GRW ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen.
Seit 1991 gibt es die GRW-Förderung in Berlin. Die GRW hat in
den vergangenen 30 Jahren stark dazu beigetragen, dass
Berlin heute ein attraktiver, wettbewerbsfähiger Produktionsund Dienstleistungsstandort ist. Viele wesentliche Entwicklungen und Erfolge sind eng mit dem Einsatz von Investitionsmitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe verbunden. Bis heute wurden rund 5,4 Mrd. € aus dem Programm bereitgestellt und
mehr als 8.560 Investitionsvorhaben der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur gefördert. Dadurch konnten über 267.500 Arbeitsplätze gesichert bzw. neue
zukunftsorientierte Arbeitsplätze geschaffen werden.
30 Jahre GRW-Förderung in Berlin
Anlässlich von 30 Jahren GRW-Förderung in Berlin wurde
2020 von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe eine Erfolgsbilanz in Form einer Broschüre
veröffentlicht. Hier werden die vielfältigen Fördermöglichkeiten der GRW dargestellt und anhand vieler Projektbeispiele die Erfolge der GRW-Förderung nachgezeichnet.
Druckexemplare sind über die Pressestelle der Senatsverwaltung erhältlich.
Im Koordinierungsrahmen der GRW sind für die laufende,
durch die Europäische Kommission bis 2021 verlängerte Förderperiode die Regelungen über Voraussetzungen, Art und
Intensität der Förderung und die Fördergebiete der einzelnen
Bundesländer festgelegt. Die Mittel der GRW werden von
Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen. In der laufenden
Förderperiode stand Berlin für 2014-2020 ein Fördermittelvolumen von rund 950 Mio. € zur Verfügung. Diese Mittel wurden
vollständig für Investitionen ausgezahlt.
Darin enthalten sind auch die zusätzlichen Mittel aus dem
Konjunkturpaket der Bundesregierung und des Landes Berlin.
In 2020 konnten zusätzliche Mittel i.H.v. rd. 48 Mio. € eingesetzt werden. Für das Verlängerungsjahr 2021 stehen insgesamt rd. 249 Mio. € GRW-Mittel, einschließlich der zusätzlichen Mittel aus dem Konjunkturpaket, zur Verfügung.
In 2020 wurden insgesamt 149,1 Mio. € ausgezahlt. Davon entfallen 93,4 Mio. € (62,6 %) auf die Förderung der wirtschafts-
68
nahen Infrastruktur und 55,7 Mio. € (37,4 %) auf die Förderung
der gewerblichen Wirtschaft.
Der Bewilligungsrahmen 2020 für die Jahre 2021-2023 betrug
204,65 Mio. €. Diese Mittel wurden vollständig gebunden. Davon sind 75 Mio. € für die Unternehmensförderung und 129,65
Mio. € für die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastrukturen vorgesehen.
Auch der Bewilligungsrahmen wurde mit zusätzlichen Mitteln
aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung und des Landes Berlin verstärkt. Für das Jahr 2021 wurden zusätzliche Mittel i.H.v. rd. 74,25 Mio. € zur Verfügung gestellt.
Seit dem Jahr 2020 ist auch die GRW-Förderung mit den Auswirkungen der Corona Pandemie konfrontiert. Die Berliner
Wirtschaft und auch die Berliner Verwaltung haben den Lock
down zu meistern. Neben der Bewältigung dieser neuen Herausforderung steht die GRW-Förderung von Investitionen zur
Stabilisierung der Unternehmen und der Beschäftigung weiterhin im Vordergrund. Auch in der Zeit der Pandemie wird für
laufende Investitionen Planungssicherheit gewährleistet und
neue Investitionen können vorbereitet und begonnen werden.
Aus Mitteln der GRW können Investitionszuschüsse für die gewerbliche Wirtschaft und für wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen gewährt werden. Auch die Förderung integrierter regionaler Entwicklungskonzepte, die Förderung von Regionalmanagements sowie die Förderung von Kooperationsnetzwerken sind möglich. Daneben unterstützt die GRW in immer
stärkeren Umfang auch Fachprogramme des Landes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Berliner
Unternehmen.
Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ist zentraler Ausgangspunkt für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Berlins.
Die Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen soll einhergehen mit der Steigerung der Produktivität und des
Pro-Kopf-Einkommens. Besonders in den technologieorientierten und zukunftsweisenden Branchen sowie in produktionsnahen Dienstleistungen sollen qualifizierte Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden.
Die zulässige GRW-Höchstförderung variiert innerhalb Berlins.
Berlin ist in zwei Fördergebiete (C- und D-Fördergebiet) aufgeteilt. Über die Zuordnung eines konkreten Investitionsstandortes zu einem der beiden Berliner Fördergebiete sowie die
jeweiligen Fördersätze gibt die Fördergebietskarte 2014-2020
Aufschluss.
Im Jahr 2020 wurden im Rahmen der GRW insgesamt 173 Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft mit einem Investitionsvolumen von 481 Mio. € für die Jahre 2020-2023 neu bewilligt.
Hierfür wurden GRW-Mittel in Höhe von 98,6 Mio. € eingesetzt.
Von diesen Vorhaben entfielen 161 auf kleine und mittlere Unternehmen mit einem Investitionsvolumen von 330,1 Mio. €.
III. Wirtschaft
GRW-Unternehmensförderung in Berlin ab 2022
Die Fördergebiete der GRW werden in regelmäßigen Abständen durch den Bund-Länder-Koordinierungsausschuss auf Basis eines von der EU-Kommission für Deutschland vorgegebenen Fördergebietsplafonds nach ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit neu abgegrenzt. Aktuell erfolgt die Festlegung der GRW-Fördergebiete für die
Förderperiode ab 2022. Für Berlin werden sich deutliche
Veränderungen ergeben. Es sind Reduzierungen der bisherigen C-Fördergebiete und D-Fördergebiete zu erwarten. Unternehmen sollten daher noch in der aktuellen Förderperiode bis Ende 2022 GRW-Anträge stellen und mit
den Investitionsvorhaben beginnen, um von den aktuell
noch günstigeren GRW-Förderbedingungen zu profitieren.
Dieses förderfähige Investitionsvolumen wurde mit 86,1 Mio. €
an GRW-Mitteln gefördert.
Mit diesen Investitionsvorhaben sollen in Berlin 6.237 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden, davon 2.376 zusätzliche Arbeitsplätze und 3.921 gesicherte Arbeitsplätze. Von
den zusätzlichen Arbeitsplätzen sind 898 Arbeitsplätze für
Frauen und 30 Arbeitsplätze für Auszubildende vorgesehen.
Wenn auch das Ziel der GRW, Arbeitsplätze in strukturschwachen
Regionen zu schaffen, grundsätzlich nicht geschlechtsspezifisch
ausgerichtet ist, so findet dennoch die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen besondere Berücksichtigung im GRW-Fördersystem. Die Länder können in Regionen mit hoher Frauenarbeitslosigkeit frauenspezifische Förderschwerpunkte setzen:
•
Die GRW-Förderhöchstsätze dürfen nur für Investitionen
gewährt werden, von denen ein besonderer Struktureffekt
ausgeht; Investitionen, die Arbeits- und Ausbildungsplätze
für Frauen schaffen, fallen in diese Kategorie.
•
Gerade Frauen — aber auch immer mehr Männer — suchen oft Arbeitsplätze, die eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf ermöglichen. Diesem Anliegen kommt
die GRW entgegen, indem sie Investitionen zur Schaffung
von Telearbeitsplätzen fördert und damit eine Berufstätigkeit von Frauen unterstützt.
Im Rahmen der ergänzenden Förderung von Berliner Programmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen sind
2020 insgesamt rd. 5,05 Mio. € an GRW-Mitteln in 6 Fachprogrammen des Landes eingesetzt worden. Die Förderprogramme Innovationsassistent, Transfer Bonus, Design Transfer Bonus, Coaching Bonus, Potenzialförderung und das Programm
für Internationalisierung erfahren durch die mit GRW-Mitteln
ermöglichte Verbesserung der Förderkonditionen eine zunehmende Nachfrage.
Die wirtschaftsnahe Infrastruktur hat infolge ihres Vorleistungscharakters Einfluss auf betriebliche Standortentscheidungen. Sie schafft die Rahmenbedingungen für den Aufbau
und die Sicherung wettbewerbsfähiger Produktions- und
Dienstleistungsstandorte.
2020 wurden 33 neue Vorhaben im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur mit einem Investitionsvolumen von über 156,8
Mio. € mit GRW-Mitteln in Höhe von 123,6 Mio. € bewilligt.
Diese bewilligten Fördermittel verteilen sich auf die einzelnen
Förderarten wie folgt:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Erschließung von Industrie und Gewerbegelände mit
15,87 Mio. €
Ausbau der Verkehrsanbindung für Gewerbebetriebe mit
81,03 Mio. €,
Verbesserung der touristischen Infrastruktur mit 4,03 Mio. €,
Ausbau von Technologie- und Gründerzentren mit 8,06 Mio. €
und
Ausbau von Bildungseinrichtungen mit 12,5 Mio. €
Förderung von Planungs- und Beratungsleistungen mit
0,73 Mio. €. Im Ergebnis dieser geförderten Planungsleistungen entwickeln sich Infrastrukturvorhaben in den Folgejahren.
Kooperationsnetzwerke mit 0,79 Mio. €
Regionalbudget mit 0,1 Mio. €
Regionalmanagement mit 0,49 Mio. €
In den kommenden Jahren ist der Standort des ehemaligen
Flughafens Tegel Schwerpunkt der GRW-Förderung. Ende
2020 wurden die ersten Maßnahmen zur Anbindung von Gewerbegebieten und zur Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände mit 31,5 Mio. € bewilligt. Diese umfassen zunächst den Neubau von Wasser- und Regenwasseranlagen
sowie Abbruchmaßnahmen. Weitere Maßnahmen sind in der
Planung und Beantragung. Weitere Schwerpunkte der Förderung in den nächsten Jahren sind:
•
Verkehrsverbindungen zur Anbindung von Gewerbegebieten (z.B. Straßenbrücken in den Bezirken Pankow, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, weiterhin Investitionen
in die Verkehrsinfrastruktur „Wasserstraßen“ mit dem Neubau der Uferbefestigung am Bonhoefferufer, am Wikingerufer und beidseitig der Spree-Oder-Wasserstraße in Trägerschaft der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und
Klimaschutz, wodurch Verkehrswege für die gewerbliche
Binnenschifffahrt gesichert und alternative Transportwege
für die gewerbliche Wirtschaft bereitgestellt werden)
•
die Errichtung und der Ausbau von Bildungseinrichtungen
(insbesondere weiterhin die Oberstufenzentren in Trägerschaft der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, aber auch bei privaten Trägern wie dem BVG-Ausbildungs-Campus gGmbH und Ausbildungscampus der BWB
gGmbH)
69
III. Wirtschaft
•
die weitere Ertüchtigung der touristischen Infrastruktur und
die Verbesserung der Attraktivität touristischer Standorte
(weitere Umsetzung der Maßnahmen im Botanischen Garten und Museum, im Zoologischen Garten/Aquarium, im
Tierpark, Gendarmenmarkt und Museumsinsel im Bezirk
Mitte, Berliner Dom. Geplant ist auch der Ausbau weiterer
Bauabschnitte von Radfernwegen.
•
die Förderung von Regionalmanagements, Regionalbudgets, Kooperationsnetzwerken sowie Innovationsclustern
Durch die Förderung von Forschungsinfrastrukturvorhaben
und Innovationsclustern soll die regionale und überregionale
Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und wirtschaftsnahen Einrichtungen zur Anregung der Innovationsfähigkeit unterstützt werden. Die GRW-Förderung für zwei Berliner Innovationscluster ist auch in 2020 fortgeführt worden. Das Innovationscluster 5G Berlin unterstützt Innovationen der Schlüsseltechnologie 5G. Damit wird ein entscheidender Baustein für
die digitale und kommunikative Entwicklung der Berliner Unternehmen durch Kooperation mit Universtäten und Forschungseinrichtungen geschaffen.
Unter dem Dach des Innovationsclusters Werner-von-Siemens
Center for Industry and Science (WvSC) kooperieren KMU,
Universitäten, Forschungseinrichtungen, Startups und wirtschaftsnahe Einrichtungen als Partner. Die Ergebnisse der Kooperation werden der Industrie zur Verfügung gestellt.
Auf dem Campus der Siemensstadt2 verfolgt das WvSC den
Ausbau von Co-Working Locations, in dem produktionsorientierte Teams in Grundlagenforschung und angewandter Forschung und Entwicklung in zukunftsweisenden Technologiebereichen, wie Digitalisierung/Virtualisierung, Additive Manufacturing (3D-Druck) sowie Neue Materialien tätig sind. Ziel ist die
Entwicklung marktgerechter Innovationen für die Industrie.
Im GRW-Förderbereich Vernetzung und Kooperation werden
Projekte der gewerblichen Unternehmen und der Bezirke unterstützt. Das nichtinvestive Förderangebot Kooperationsnetzwerke zielt darauf ab, Vernetzungsaktivitäten von Unternehmen,
Forschungseinrichtungen und wirtschaftsnahen Einrichtungen
zu initiieren, gemeinsame Synergieeffekte zu generieren und
Innovations- und Wachstumsprozesse zu fördern. Im Förderzeitraum sollen Kooperationsnetzwerke Management-und Organisationsdienstleistungen für ihre Partner entwickeln, umsetzen und sich als Unternehmensverbund am Markt etablieren.
Die Kooperationsnetzwerke stehen als Förderangebot allen
Branchen und Technologiefeldern zur Verfügung.
2020 wurde im Rahmen der GRW-Förderung ein neues Vorhaben auf den Weg gebracht. Das neue Kooperationsnetzwerk
Gemeinwohl-Ökonomie ergänzt den thematischen Fokus der
Kooperationsnetzwerke, der u.a. Themen der Tourismuswirtschaft, der Energietechnik und des Digitalisierungsprozesses
von Berliner Unternehmen beinhaltet. Damit leistete die
70
GRW-Förderung auch in 2020 u.a. einen Beitrag zur Stärkung
der Berlin-Brandenburger Cluster Energietechnik und IKT/Medien/Kreativwirtschaft. Insgesamt wurden in 2020 zehn Kooperationsnetzwerke begleitet. In 2020 zeichnen sich die Kooperationsnetzwerke – bedingt durch die Corona-Pandemie
– dadurch aus, dass zur Aufrechterhaltung der Kommunikation
in den Verbünden erfolgreich neue digitale Strukturen und digitale Veranstaltungsformate entwickelt wurden.
Die Berliner Bezirke werden durch die GRW- Förderangebote
Regionalmanagement und Regionalbudget in ihren lokalen
Wirtschaftsstrukturen und in der Kooperation mit den Unternehmen vor Ort unterstützt und gestärkt.
In sechs Bezirken konnte das Regionalmanagement erfolgreich zur Vernetzung der Wirtschaftsakteure vor Ort beitragen.
Von den Bezirken konnten damit Themen der Unternehmensansiedelung, Stadtmarketings, Profilierung der ausgewiesen
Berliner innovativen Zukunftsorte, Stärkung der Gesundheitswirtschaft wie auch wirtschaftliche Kooperationen mit angrenzenden Kreisen und Gemeinden des Brandenburger Umlandes -im Verbund mit regionalen Wirtschaftsakteuren- umgesetzt werden.
Das Regionalbudget wurde als GRW-Projektförderung u.a. für
Maßnahmen der Wirtschaftsflächenerfassung- und Sicherung,
des Tourismus, der Bewerbung von bezirklichen Destinationen
und für die Entwicklung energieeffizienter Strukturen eingesetzt. Von dem Förderangebot haben sieben Berliner Bezirke
Gebrauch gemacht.
Die Potenzialberatung existiert seit mehr als zehn Jahren und
gehört somit zu den festen Programmen der Berliner Förderinstrumente für bestehende Unternehmen. Das Förderprogramm
wird aus der GRW Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der
regionalen Wirtschaftsstruktur“ und mit Landesmitteln finanziert. Mit der Förderung können Unternehmen des verarbeitenden und produktionsnahen Dienstleistungsgewerbes, Unternehmen der digitalen Wirtschaft sowie Handwerksbetriebe finanzielle Mittel für die Einholung externer Beratung erhalten
(maximal 8.000 € für eine Grundberatung und 8.000 € für
eine anschließende Aufbauberatung).
Die Potenzialberatung unterstützt die Unternehmen bei der
Analyse von Stärken und Schwächen des Unternehmens, der
Entwicklung von Vorschlägen und eines Handlungsplans zur
Verbesserung der Organisations- und Personalentwicklung.
Der digitale Wandel in unserer Gesellschaft macht vor den
Berliner Unternehmen nicht Halt. 2019 wurde deshalb die Potenzialberatung für Digitalisierungsvorhaben geöffnet. Berliner Betriebe werden dabei unterstützt, Chancen der Digitalisierung zu nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zukunftsorientiert zu sichern und auszubauen.
Abweichend von anderen Beratungsprogrammen muss der
Antrag auf Förderung gemeinsam von der Belegschaftsvertre-
III. Wirtschaft
tung und der Geschäftsführung gestellt werden. Ziel der Potenzialberatung ist, durch externe Beratungen Unternehmen
und Beschäftigte von KMU bei der Optimierung der Arbeitsorganisation und des Geschäftsprozesses zu unterstützen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und es können
Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut werden. 2020 wurden
29 Anträge bewilligt. Die Potenzialberatung wird mit Unterstützung der IG Metall Berlin, des Verbandes der Metall- und Elek-
EFRE — Wirtschaftsdienliche Maßnahmen
In der Förderperiode 2014 bis 2020 ist die EFRE-kofinanzierte Maßnahme „Wirtschaftsdienliche Maßnahmen im
Rahmen bezirklicher Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit“
erneut Bestandteil des Berliner Operationellen Programms des Landes Berlin. Mit einem Gesamtvolumen für
die Förderperiode von 10 Mio. € (50 % EFRE-Mittel und
50 % öffentliche oder private Kofinanzierung) können Projekte in den Berliner Bezirken unterstützt werden, die die
lokale Wirtschaft vor Ort zu stärken sollen. Dazu gehören
u.a. Netzwerke, Projekte zum Standortmanagement sowie
zum Stadtmarketing. Bisher wurden 16 Projekte mit insgesamt 6,0 Mio. € Fördervolumen bewilligt.
troindustrie in Berlin und Brandenburg e. V. und der Handwerkskammer durchgeführt.
Die Unterstützung von Startups gehört zu den erfolgreichsten
Instrumenten einer zukunftsweisenden Wirtschaftsförderung.
Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin
für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der Förderperi-
ode 2014 bis 2020/23 (Instrument 5 „Förderung innovativer
Gründungen“ — Berliner Startup Stipendium) werden technisch innovative Startups im Rahmen von „Gründerwerkstätten“ und vergleichbaren Formaten unterstützt.
Die Stipendiaten werden mit bis zu 2.000 € pro Monat gefördert und erhalten ein intensives Coaching. Hierfür wird den
Gründerteams (in der Regel zwei bis vier Personen) die erforderliche technische Infrastruktur z. B. in Form von PC-Arbeitsplätzen oder Laboren zur Verfügung gestellt. Der Umfang und
die Inhalte der Coachings- und Qualifizierungsmaßnahmen
werden nach Bedarf der Projekte und Startups ausgestaltet.
Damit einher geht die Kompetenzerweiterung der Geförderten. Diese sind im Anschluss an die Förderung häufig Teil des
Berliner Startup-Ökosystems. Teilnahmevoraussetzung für die
Gründerinnen und Gründer sind neben einem Wohnsitz in Berlin zumindest anfänglich entwickelte Businesspläne und Prototypen bzw. prototypähnliche Verfahren. Die Teilnehmenden
werden im Zuge von Wettbewerbsverfahren der Projektträger
(Inkubatoren) ausgewählt.
Das Programmvolumen beträgt rd. 49 Mio. € Gesamtkosten,
davon 50 % ESF-Mittel und 50 % Landesmittel. Die operative
Programmlaufzeit im Rahmen der ESF-Förderperiode 2014 bis
2020/23 ist von August 2016 bis Juni 2023. Die Programmumsetzung wird von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe des Landes Berlin in Kooperation mit der Europäisches Fördermanagement GmbH als beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle gesteuert. In der aktuellen Programmlaufzeit von 2016 bis 2020/ 2023 werden insgesamt
ca. 1.500 Gründerinnen und Gründer gefördert. Das Programm läuft noch bis Juni 2023 und ist außerordentlich erfolgreich. In den Jahren 2016 bis 2020 wurden mit 22,1 Mio. €
Mirko Jäkel
Leiter der Fachstelle
„Berliner Startup Stipendium“;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Aneta Bärwolf
Stellvertretende Leitung
Profund Innovation,
Gründungsund Finanzierungsberatung
„Mit dem Berliner Startup Stipendium wurde eine unkomplizierte und passgenaue Förderung für Gründungswillige geschaffen, von der bisher rund 1.500 Stipendiateninnen und
Stipendiaten profitieren konnten. Zusammen mit unseren
Projektpartnern werden die Gründerinnen und Gründer auf
ihrem Weg von der Idee bis zum Markteintritt erfolgreich unterstützt und stärken mit ihren innovativen Produkten die Berliner Wirtschaft.“
„Seit 2016 haben FU Berlin, HU Berlin, TU Berlin und Charité
im Verbund 131 innovative Gründungsvorhaben mit dem
Berliner Startup Stipendium unterstützt. Über 400 engagierte Gründerinnen und Gründer haben die Chance erhalten,
mit Unterstützung aus Wissenschaft und Wirtschaft ihre Ideen zu erproben und zu realisieren. Neben der Stärkung des
Wirtschaftsstandortes leisten diese universitären Ausgründungen einen besonderen Beitrag zur Lösung der aktuellen
gesellschaftlichen Herausforderungen, wie digitale Gesundheitsthemen, Kreislaufwirtschaft oder soziale Ökonomie.“
71
III. Wirtschaft
ESF-Innovative Qualifizierung
Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes
Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der
Förderperiode 2014 bis 2020/23 werden im Instrument 3
„Innovative Qualifizierung“ Beschäftigte Berliner Unternehmen (KMU und Großunternehmen) weitergebildet. Die
Förderung bezieht sich auf Anpassungsprozesse im Zusammenhang mit Innovationsprozessen der Wirtschaft,
dem technologischen Wandel (v.a. bezogen auf den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bzw. die fortschreitende Digitalisierung) sowie ökologische Zielsetzungen (z.B. Klimaschutz, Energieeffizienz
und Nutzung regenerativer Energien), insb. im Kontext der
„Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin
und Brandenburg“ (innoBB) und branchenbezogener
Fachkräftestrategien (z.B. im Bereich des Handwerks, der
Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft und der Luftfahrt).
Die Programmumsetzung wird von der Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin in
Kooperation mit der Europäisches Fördermanagement
GmbH als beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle
durchgeführt.
Von 2016 bis 2020 wurden mit Hilfe dieser Förderung
1.104 Beschäftigte weitergebildet, darunter auch 661 ehemalige Beschäftigte von Air Berlin im Rahmen einer vom
Land Berlin erstmalig unterstützten Transfergesellschaft.
Im Durchschnitt aller geförderten Projekte lag der Frauenanteil bei 44,1 %.
Im Förderzeitraum 2015 bis 2020 wurden bereits 5,15 Mio. €
umgesetzt. Insgesamt werden in der laufenden ESF-Förderperiode ca. 1.500 Beschäftigte mit einem Programmvolumen von bis zu 7,4 Mio. € (50 % ESF-Mittel, 30 % Privatmittel
der Unternehmen, 20 % Landesmittel) unterstützt.
72
bereits 1.051 angehende Gründerinnen und Gründer gefördert. Der Frauenanteil liegt dabei bei rund 37 %. Aktuell werden siebzehn Projekte im Rahmen des Programms gefördert,
darunter sind Universitäten, Hochschulen aber auch private
Inkubatoren.
III. Wirtschaft
III.8.5 Darlehen, Bürgschaften und
Beteiligungen
Vom Land Berlin werden kleine und mittlere Unternehmen
durch Finanzierungshilfen bei Gründung, Wachstum und Stabilisierung unterstützt. Auch eine Stärkung der Eigenkapitalsituation Berliner Unternehmen durch Beteiligungsangebote ist
möglich.
IBB-Förderprogramme
Als Förderbank des Landes Berlin bietet die Investitionsbank
Berlin (IBB) Unternehmen in jedem Stadium des Unternehmenslebenszyklus — von der Gründung über das Wachstum
bis zur Konsolidierung — ein bedarfsgerechtes Finanzierungsprodukt.
Mit dem Programm Berlin-Start können Existenzgründerinnen
und -gründer sowie junge Unternehmen Darlehen der IBB bis
1,5 Mio. € über ihre Hausbanken erhalten. Durch die Zusammenarbeit mit der BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Vergabe auch bei gering vorhandenen Sicherheiten möglich. Im
Jahr 2020 wurden 74 Darlehen mit einem Gesamtvolumen
von 13 Mio. € bewilligt.
Der KMU Fonds (Kreditfonds für kleine und mittlere Unternehmen) dient der Finanzierung von Investitionen und damit verbundener Betriebsmittel bei kleinen und mittleren Unternehmen in Berlin. Dieser Fonds ist als revolvierender Fonds (50 %
EFRE-Mittel, 50 %-IBB-Mittel) bei der IBB angesiedelt. Die
Bandbreite reicht von Kleinstkrediten bis 25.000 € bzw.
50.000 € (vereinfachtes Antragsverfahren direkt bei der IBB)
über Wachstumsdarlehen bis 10 Mio. € (vorrangig mit einer
Geschäftsbank als Hausbank- oder Konsortialfinanzierung) bis
zu mezzaninen Finanzierungen im Rahmen von Berlin Kapital
(bis zu 5 Mio. € in Kooperation mit einem weiteren Beteiligungs- oder Darlehensgeber). In 2020 wurden insgesamt 95
Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 2,3 Mio. € aus dem
KMU Fonds bewilligt.
Das IBB-Wachstumsprogramm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen in das Wachstum gewerblicher Unternehmen gemeinsam mit einer Geschäftsbank als Konsortialführerin.
In 2020 wurde ein anteiliges Kreditvolumen von 81,2 Mio. €
bewilligt. Für die Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln besonders innovativer Unternehmen bietet das Programm
Berlin Innovativ Kredite bis zu 2 Mio. € mit einer Haftungsfreistellung für die Hausbanken i. H. v. 70 %. Die Finanzierung
wird von der InnovFin KMU-Kreditgarantiefazilität der Europäischen Union im Rahmen des unter der Investitionsoffensive für
Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen („EFSI“) ermöglicht. 2020 konnten Kredite mit einem Gesamtvolumen von 7,4 Mio. € vergeben werden.
Wenn bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen das klassische Instrumentarium (Kredit plus Bürgschaft) nicht greift, steht mit
den Liquiditätshilfen Berlin ein wirksames Programm für kleine und mittlere Berliner Unternehmen zur Überwindung des
Engpasses zur Verfügung. Das Programm dient insbesondere
der Vorfinanzierung von Aufträgen sowie der Kompensation
von Umsatzeinbrüchen und Forderungsausfällen. Wenn beispielweise aufgrund einer zu geringen Eigenkapitalbasis die
erforderlichen Mittel zur Überwindung der Schwierigkeiten —
trotz einer positiven Zukunftsperspektive — nicht zu erhalten
sind, können Darlehen aus den Liquiditätshilfen Berlin beantragt werden. Diese Darlehen werden dann zu marktüblichen
Bedingungen ausgereicht; ein nennenswerter Mitfinanzierungsanteil Dritter ist erforderlich.
Förderprogramme der BürgschaftsBank Berlin
Die BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Selbsthilfeeinrichtung für den gewerblichen Mittelstand in Berlin. Als wettbewerbsneutrales Förderinstitut unterstützt die BBB unternehmerische Vorhaben, die nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg versprechen, für die jedoch keine ausreichenden finanziellen Sicherheiten vorhanden sind. Bereits seit über 60 Jahren stellt die BBB
kleinen und mittleren Unternehmen, Freiberuflerinnen und Freiberuflern, Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowie
Unternehmensnachfolgerinnen und -nachfolgern Bürgschaften
zur Verfügung. Eine Bürgschaft kann bis zu 80 % des Finanzierungsbetrages absichern — unabhängig von der Kreditform
und vom Kreditinstitut. Die BBB übernimmt Bürgschaften für Investitions- und Betriebsmittelkredite bis zu einem Bürgschaftshöchstbetrag von 1,25 Mio. €, die bis zu 70 % vom Land Berlin
und vom Bund rückverbürgt sind. Verbürgt werden Existenzgründungen, Geschäftsübernahmen sowie Modernisierungsund Erweiterungsinvestitionen. Im Rahmen der Corona-Krise
wurde der Bürgschaftshöchstbetrag auf 2,5 Mio. € verdoppelt.
Als Geschäftsbesorgerin der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH (MBG) kann die BBB
außerdem Eigenkapital in Form einer stillen oder offenen Beteiligung zur Verfügung stellen. Eine Beteiligung der MBG
stärkt somit die Eigenkapitalbasis des Unternehmens, wodurch
Voraussetzungen für Investitionen und Wachstum geschaffen
werden. Ein weiterer Vorteil ist die unternehmerische Unabhängigkeit, die während des Engagements erhalten bleibt. Das
Land Berlin und der Bund haben pandemiebedingt die Rückgarantien ab 01.11.2020 temporär erhöht; die Erhöhungen gelten vorerst bis zum 30.06.2021. So wurden zum Stichtag
31.12.2020 die Garantien mit 85 % (Bund: 48 %, Land Berlin:
37 %) rückgarantiert. Gleichzeitig wurden die Garantiehöchstbeträge deutlich auf 2,5 Mio. € erhöht. Mithilfe von Beteiligungen werden im Ergebnis sowohl die Sicherung der Liquidität
als auch die Verbesserung der Haftkapitalquote erreicht.
Beide Förderinstrumentarien lassen sich kumulieren, sodass
ein erheblicher Finanzierungsspielraum geschaffen wird.
Im Jahr 2020 wurden insgesamt 308 (Vorjahr: 253) Bürgschaften und Garantien für ein Finanzmittelvolumen in Höhe
von 95 Mio. € (2019: 93 Mio. €) gewährt. Die 308 Engage-
73
III. Wirtschaft
ments setzen sich aus 285 neuen Bürgschaften und 23 neuen
Garantien zusammen. Die Anzahl der Existenzgründungen betrug 93 (2019: 113). Durch die Bürgschafts- und Garantieübernahmen 2020 konnten insgesamt 5.131 (2019: 5.969) Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen werden. 2020 wurden zudem
23 Beteiligungen bei Berliner Unternehmen mit einem Garantiebetrag in Höhe von 5,9 Mio. € übernommen.
Zur Sicherung von Krediten, die ein Bürgschaftsvolumen von
1,25 Mio. € bzw. (Corona-)krisenbedingt 2,5 Mio. € überschreiten, steht das Landesbürgschaftsprogramm auch größeren
Unternehmen zur Verfügung. Das Programm wird von der Investitionsbank Berlin betreut.
KfW-Förderprogramme
Das Angebot der Gründungsfinanzierung wird durch die
ERP-Programme (Kapital für Gründung und Gründerkredit
StartGeld sowie Gründerkredit Universell) der KfW-Mittelstandsbank ergänzt.
Der ERP-Gründerkredit — Universell ermöglicht Gründern sowie Freiberuflern und kleinen und mittleren Unternehmen, die
noch keine fünf Jahre bestehen (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), eine zinsgünstige Finanzierung von Vorhaben im In- und
Ausland. Das Programm dient der Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln von Existenzgründungen, Übernahmen / Nachfolgen und tätigen Beteiligungen sowie von jungen
Unternehmen.
Das Spezialprogramm ERP-Gründerkredit — Start-Geld fördert kleine Gründungsvorhaben sowie Freiberufler und kleine
und mittlere Unternehmen, die noch keine fünf Jahre am Markt
aktiv sind (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), mit zinsgünstiger
Finanzierung. Dieses Programm wird durch Kreditgarantiefazilität des COSME-Programms der Europäischen Union (Programm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und von kleinen und mittleren Unternehmen) und den
unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen („EFSI“) unterstützt.
ERP-Kapital für Gründung für Gründer und Gründerinnen und
im Wesentlichen auch Unternehmensnachfolgerinnen und
-nachfolger, die weniger als 3 Jahre am Markt sind, wird ein
Nachrangdarlehen ohne Besicherung bis zu 500.000 € mit
einer Laufzeit von 15 Jahren zu zinsgünstigen Konditionen gewährt. Die ersten sieben Jahre sind tilgungsfrei. Zielsetzung ist
die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung, um die Basis
für weitere Gründungs- oder Festigungsinvestitionen zu schaffen. Förderfähig sind ausschließlich Investitionen.
Für die vorgenannten ERP-Gründerkredite wurden 2020 für
Berliner Unternehmen insgesamt 1.260 Kreditzusagen mit einem Darlehensvolumen in Höhe von rd.343 Mio. € bewilligt:
•
74
116 Zusagen für ERP-Gründerkredit Startgeld mit insges.
7,51 Mio. €
•
1.138 Zusagen für ERP-Gründerkredit Universell mit insges.
334,44 Mio. €
•
6 Zusagen für ERP-Kapital Gründung mit insges.
1,45 Mio. €
Der ERP- Digitalisierungs- und Innovationskredit dient der Finanzierung von Digitalisierungs- und Innovationsvorhaben sowie von Investitionen und Betriebsmitteln innovativer Unternehmen. Gefördert werden etablierte Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der Freien Berufe. Daneben steht das Instrument auch Gründerinnen und Gründern
sowie jungen Unternehmen zur Finanzierung ihrer Vorhaben
zur Verfügung. Die Förderung erfolgt in Form eines zinsgünstigen Darlehens in Höhe von maximal 25 Mio. € pro Vorhaben
bzw. in Höhe von maximal 7,5 Mio. € pro Finanzierungsbedarf
innovativer Unternehmen. Finanziert werden sowohl Investitionen als auch Betriebsmittel. Die Antrag annehmende Hausbank kann zu 70 % von der Haftung freigestellt werden.
Der ERP-Mezzanine für Innovation dient der langfristigen Finanzierung marktnaher Forschung und Entwicklung neuer Produkte, Produktionsverfahren oder Dienstleistungen sowie ihrer
wesentlichen Weiterentwicklung. Gefördert werden etablierte
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit einem Gruppenumsatz von bis zu 500 Mio. € und Angehörige der Freien
Berufe, die seit mindestens zwei Jahren am Markt aktiv sind.
Die Förderung wird als integriertes Finanzierungspaket aus einem klassischen Darlehen und einem Nachrangdarlehen in
Höhe von insgesamt max. 5 Mio. € pro Vorhaben gewährt.
Für die vorgenannten ERP-Innovationsprogramme wurden
2020 für Berliner Unternehmen insgesamt 8 Kreditzusagen
mit einem Darlehensvolumen in Höhe von rd. 7,1 Mio. € im
ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit bewilligt.
Seit dem 23.03.2020 steht das großvolumige KfW-Sonderprogramm für Mittelständler und Großunternehmen zur Verfügung. Es ermöglicht Unternehmen, die krisenbedingt vorübergehend in Schwierigkeiten geraten sind, Zugang zu Liquiditätskrediten. Das KfW-Sonderprogramm steht gewerblichen
Unternehmen jeder Größenordnung sowie den freien Berufen
in zwei Varianten offen: für junge Unternehmen bis zu 5 Jahren
als ERP-Gründerkredit Universell und für ältere Unternehmen
über 5 Jahre als KfW-Unternehmerkredit. Daneben ermöglicht
das Sonderprogramm „Direktbeteiligung für Konsortialfinanzierung“ große Konsortialfinanzierungen unter Risikobeteiligung der KfW.
Der KfW-Schnellkredit für Unternehmen, Selbstständige oder
Freiberufler ergänzt das KfW-Sonderprogramm, und stellt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen schnell und
unbürokratisch den Zugang zu dringend benötigte Liquidität
sicher.
Das KfW-Sonderprogramm sowie der KfW-Schnellkredit sind
mit hohen Haftungsfreistellungen der KfW — abgesichert durch
III. Wirtschaft
den Bund — ausgestattet. Je höher die Haftungsfreistellung
durch die KfW, desto niedriger ist der mögliche Kreditausfall
für das Kreditinstitut. Dies soll die Bereitschaft der Banken und
Sparkassen erhöhen, Kredite zu vergeben. Im KfW-Sonderprogramm wird den durchleitenden Hausbanken eine Haftungsfreistellung von bis zu 90 % für Betriebsmittel- und Investitionskredite an kleine und mittlere Unternehmen (80 % Haftungsfreistellung für Kredite an große Unternehmen) gewährt.
Der KfW-Schnellkredit sieht sogar eine 100 %ige Haftungsfreistellung für Kredite bis 800.000 Euro vor. Kredite im
KfW-Schnellkredit werden ohne Kreditrisikoprüfung auf Basis
weniger klar definierter Kriterien und ohne Sicherheiten gewährt. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen seit 1.1.2019
am Markt tätig ist und im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019
oder im Jahr 2019 einen Gewinn erzielt hat.
Angesichts der andauernden angespannten wirtschaftlichen
Lage im Zuge der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung
das KfW-Sonderprogramm, einschließlich des KfW-Schnellkredits, bis zum 31.12.2021 verlängert, um Unternehmen weiterhin
verlässlich mit Liquidität zu versorgen und ihnen Planungssicherheit zu geben.
75
IV. Energie
Berlin ist durch ein dynamisches Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum geprägt. Zukunftsfähig wird diese
rasante Entwicklung nur sein, wenn es gelingt, Wachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln. Ziel ist die kohlefreie und möglichst dezentrale Energieerzeugung sowie die intelligente und effiziente Verteilung und Nutzung von Energie — übergreifend über die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Berlin
mit seiner etablierten Forschungs- und Entwicklungslandschaft und der vielseitigen Wirtschaftsstruktur mit
hohem Innovationspotenzial hat dabei die Chance, zukunftsweisende Lösungen zu entwickeln. Schon heute
werden in Berlin vielfältige Lösungen für eine nachhaltige, smarte und sektorübergreifende Energieversorgung
entwickelt. Obwohl es durch die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie
zu Verzögerungen gekommen ist, konnten wichtige Vorhaben für die Energiewende in Berlin vorangebracht
werden.
IV.1 Energiepolitik
Berlin befindet sich auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um die
gesetzlich verankerten Klimaschutzziele zu erreichen, wurde
das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030)
in einem breit getragenen Beteiligungsprozess erarbeitet. Anfang 2018 wurde das BEK für den Umsetzungszeitraum 2016
bis 2021 beschlossen, sodass eine Strategie zur Transformation des Energiesystems vorliegt und umgesetzt wird. Mit der
Novellierung des Berliner Energiewendegesetzes wird auch
das BEK fortgeführt.
Beratung und Information für den Ausbau der Erneuerbaren
Energien
In einer Metropole wie Berlin sind die Dächer und Fassaden
der Gebäude die wesentlichen Flächenressourcen für die
Energieerzeugung aus Erneuerbaren Ressourcen. Darum
nimmt die Solarenergie eine entscheidende Rolle für Berlins
Zukunft ein.
Eine wesentliche Maßnahme des BEK ist der Masterplan Solarcity, der von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe von Oktober 2018 bis September 2019
in einem Beteiligungsprozess gemeinsam mit Expertinnen und
Experten aus Unternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Verwaltung erarbeitet wurde. Der darin enthaltene Maßnahmenkatalog wurde im März 2020 vom Berliner Senat beschlossen.
Die beteiligten Verwaltungen, Verbände und Unternehmen
haben seitdem begonnen, die Maßnahmen umzusetzen. Seit
August 2020 werden sie hierbei von der Koordinierungsstelle
Masterplan Solarcity unterstützt.
Katrin Fahlke
Bereich Erneuerbare Energien;
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Laura Ferreri
Leiterin SolarZentrum Berlin
„Berlin braucht mehr Solaranlagen, um klimaneutral werden
zu können. Die Expertinnen und Experten des SolarZentrums
helfen, Wissensdefizite abzubauen und konkrete Projekte
umzusetzen. Sie beantworten alle Fragen rund um die Solar
energie sehr kompetent und unterstützen bei der Suche nach
Umsetzerinnen und Umsetzern. Ein Schwerpunkt ist das
Thema Mieterstrom, das für Berlin als Stadt, in der die meisten Menschen zur Miete wohnen, sehr wichtig ist. Handwerkerinnen und Handwerker, die wir brauchen, um Solaranlagen auf die Dächer zu bekommen, erhalten außerdem speziell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Fortbildungen.“
„Mit kostenfreien, produkt- und herstellerneutralen Beratungen möchte das SolarZentrum Nutzungshemmnisse für Solarenergie abbauen und den Solarausbau beschleunigen.
Wir stehen allen Berlinerinnen und Berlinern bei der Umsetzung ihrer Solarprojekte zur Seite — egal ob Eigentümer*in,
Mieter*in oder Gewerbetreibende. Die enge Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung und den Akteurinnen und Akteure des Masterplans Solarcity dient dazu, unser Angebot
und die Rahmenbedingungen für den Solarausbau zu verbessern und dem Ziel eines 25 % Solarstromanteils näherzukommen.“
76
IV. Energie
Trotz der erschwerten Bedingungen im Jahr 2020 konnten
wichtige Meilensteine erreicht werden. Nach der Einrichtung
des Solarzentrums, des Webportals Solarwende Berlin und
dem Start des Förderprogramms EnergiespeicherPLUS im
Jahr 2019 wurden in 2020 eine unabhängige Anbieterliste
mit Partnerinnen und Partnern zur Umsetzung von Solarprojekten und eine Solardachbörse erstellt und auf der Webseite
https://www.solarwende-berlin.de veröffentlicht. Die o.g. Koordinierungsstelle Masterplan Solarcity begleitet die Umsetzung des Masterplans Solarcity. Im Monitoringbericht, der im
Januar 2021 erstmals veröffentlicht wurde, ist dargestellt,
welche der 27 Maßnahmen bereits umgesetzt werden. Insgesamt ist die Umsetzung bereits gut angelaufen.
Ein im Jahr 2020 erarbeiteter und im März 2021 vom Berliner
Senat beschlossener Gesetzesentwurf für ein Berliner Solargesetz liegt dem Berliner Abgeordnetenhaus zur weiteren Befassung vor. Mit der Einführung einer gesetzlichen Regelung zu
Bau und Betrieb von Solaranlagen auf Neubauten und bei
umfangreichen Dachsanierungen geht Berlin einen wichtigen
Schritt in Richtung Klimaneutralität. Die Pflicht soll nach dem
Gesetzentwurf ab dem 1. Januar 2023 gelten.
Der Ausbau der Solarenergie in Berlin kann nur gelingen, wenn
neben der öffentlichen Hand und den kommunalen Unternehmen auch möglichst viele private und gewerbliche Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer Solaranlagen auf ihren Dächern installieren. Um viele Akteure zu motivieren, strebt die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zum einen den Abschluss von Partnerschaftsvereinbarungen und den
Aufbau eines Partnerschaftsnetzwerks Masterplan Solarcity
an. Das Ziel ist es, einen intensiven, branchenübergreifenden
Austausch zwischen den Akteuren zu ermöglichen.
Zum anderen werden mit dem Energieatlas Berlin Daten über
Energieerzeugung und -verbräuche sowie Potenziale kartographisch dargestellt. Der Energieatlas wird fortlaufend weiterentwickelt. Ein für das zweite Halbjahr 2021 geplanter Solarrechner soll dabei helfen, neben dem Solarpotenzial eines
Gebäudes auch die ökonomischen Auswirkungen der Investition in eine Solar- oder Photovoltaikanlage einzuschätzen.
Sektorenkopplung
gegründet, um die Wasserstoffnutzung zur Dekarbonisierung
Berlins zu stärken. Zunächst hat das Netzwerk ein Gutachten
beauftragt, um die potenzielle Wasserstoffnachfrage in Berlin
im Jahr 2025 mit Bezug zu den Berliner Klimazielen für 2030
zu analysieren. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe hat das Vorhaben von Anfang an intensiv begleitet und unterstützt.
Es findet derzeit eine enge Zusammenarbeit zwischen den
Wirtschaftsministerien Berlins und Brandenburgs im Rahmen
eines Stakeholderprozesses zur Erstellung einer Wasserstoff-Roadmap statt, es erfolgen enge Abstimmungen u.a. zum
Design des Beteiligungsprozesses, aber auch hinsichtlich der
Auswertung der Beteiligung und der daraus abzuleitenden
Schlussfolgerungen für die Roadmap.
Des Weiteren haben sich Landesakteure auch 2020 im Bereich Wasserstoff engagiert. Nicht nur die Berliner Polizei und
Feuerwehr haben bereits Wasserstoff-PKW im Betrieb. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) prüfen den Einsatz elektrischer
Doppeldeckerbusse mit H2-Range-Extendern. Die Berliner
Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala) hat den Bau
des Schubschiffs „Elektra“ beauftragt, das durch eine Kombination aus Batterien und Brennstoffzellen betrieben werden
soll.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Durch COVID-19 und die Maßnahmen zur Bekämpfung
des Virus ist zur großen Herausforderung, die Klimakrise zu bekämpfen, auch die Bewältigung des sich abzeichnenden Konjunktureinbruchs hinzugekommen. Die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
verzahnt die Maßnahmen zur Bekämpfung beider Krisen. Durch Investitionen in nachhaltige und digitale Infrastrukturen werden Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit gefördert, Wachstum sowie regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze geschaffen. Entsprechend
wirkt die Förderung Erneuerbarer Energien doppelt
positiv: konjunkturanregend und klimaschützend. Die
durch COVID-19 entstandene Situation macht die Umsetzung der Maßnahmen für eine Energiewende in der
Stadt umso wichtiger.
Grüner Wasserstoff ist ein elementarer Bestandteil der Energiewende und wird auch auf dem Weg zur Klimaneutralität
Berlins eine Rolle spielen. Daher unterstützt die für Energie zuständige Senatsverwaltung die Realisierung von entsprechenden Pilotprojekten bzw. Maßnahmen und setzt sich für geeignete Rahmenbedingungen für Sektorkopplungstechnologien
ein. Ziel ist es, Wasserstoff zum Durchbruch zu verhelfen — sowohl als Bestandteil der urbanen Energiewende, als auch als
Bestandteil industrieller Wertschöpfungsketten in einer dekarbonisierten Industrie.
Im Januar 2020 hat sich das Akteursnetzwerk „H2Berlin“ mit
relevanten Berliner Unternehmen und bundesweiten Akteuren
77
IV. Energie
IV.2 Energieversorgung
Die Energieversorgungslandschaft in Berlin ist vielfältig. Sie
bindet regenerative Energien ein und ermöglicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern, individuell aus einer Vielzahl von
Angeboten verschiedener Anbieter zu wählen. Hier sind zahlreiche Unternehmen tätig, die zum Teil international oder auch
regional agieren und daneben neue Produkte entwickeln, die
im Wettbewerb angeboten werden. Am Berliner Energiemarkt
finden sich sowohl Anbieter, die selbst Energie produzieren,
als auch reine Energiehändler. Die Integration grüner Energie
nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein.
Die zentrale Energieversorgung mit Strom und Gas erfolgt in
Berlin überwiegend durch die Versorgungsunternehmen Vattenfall GmbH sowie GASAG AG bzw. deren Tochtergesellschaften. Die Verteilung an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher wird von deren Tochterunternehmen, der Netzbetreiberin Stromnetz Berlin GmbH und der Netzgesellschaft
Berlin-Brandenburg (NBB) durchgeführt.
Das von der Stromnetz Berlin GmbH betriebene Berliner
Stromverteilnetz wurde im Jahr 2020 durch 527 Stromanbieter genutzt. Zum Stromverteilnetz in Berlin gehören rund
35.280 Kilometer Stromleitungen in den Netzebenen Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung. Bei den Niederspannungskunden ohne Leistungsmessung konnte eine geringfügige Erhöhung des Stromverbrauchs von 5.804 GWh
(2019) auf 5.820 GWh (2020) festgestellt werden. Der Stromverbrauch der Sonderabnehmer, also aller Abnehmer im
Hoch-, Mittel- und Niederspannungsbereich, die außerhalb
der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht mit Strom
versorgt werden (v. a. Unternehmen), verringerte sich im gleichen Zeitraum um acht Prozent von 7.091 GWh (2019) auf
6.518 GWh (2020). Besonders stark war der Absatzrückgang
bei den Kunden in der Mittelspannung.
Die Stromnetz Berlin GmbH hat im Jahr 2020 nach eigenen
Angaben ca. 197 Mio. € in das Stromverteilnetz investiert. Für
das Jahr 2021 ist eine Investitionssumme von ca. 234 Mio. €
vorgesehen. Davon entfallen nach Angaben des Unternehmens 112 Mio. € auf den Erhalt und die Modernisierung des
Stromverteilnetzes, 80 Mio. € auf den Ausbau des Stromnetzes
der sich entwickelnden Stadt sowie 42 Mio. € auf die Digitalisierung und Intelligente Stromnetze (Smart Grid). Mithilfe des
Smart Grid werden die Erzeugung, die Speicherung und der
Verbrauch dynamisch gesteuert und Leistungsschwankungen,
die insbesondere bei volatilen erneuerbaren Energien auftreten, im Netz ausgeglichen.
Neben der Vattenfall Wärme Berlin AG, die in Berlin zur Stromund Wärmeversorgung 11 größere Heizkraftwerke und 80
Blockheizkraftwerke betreibt, gibt es zahlreiche weitere
KWK-Anlagen unterschiedlicher Größenordnungen.
78
In Berlin gibt es eine Vielzahl kleinerer Wärmenetzbetreiber.
Der größte Fernwärmebetreiber in Berlin ist die Vattenfall Wärme Berlin AG. Nach Angaben des Unternehmens versorgt Vattenfall etwa 1,3 Mio. Wohneinheitsäquivalente in Berlin. Der
Wärmeabsatz des Unternehmens betrug im Jahr 2020 insgesamt 8.760 GWh (in 2019 waren es 8.992 GWh). Die mit dem
Senat von Berlin abgeschlossene Klimaschutzvereinbarung
sieht vor, dass Vattenfall den CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 1990 halbiert. Gemessen am Basisjahr 1990 hatte Vattenfall bereits bis 2017 seine CO2-Emissionen in Berlin von
13,34 auf 6,27 Mio. t reduziert. Zusätzlich zu dieser versprochenen Halbierung minimierte das Unternehmen seine Emissionen weiter und emittierte gemäß aktuellem durchschnittlichem jährlichem CO2-Auf¬kommen (2017 bis 2019) rund 5,28
Mio. t CO2. Mit der Beibehaltung entsprechender CO2-Emissionen für das Berichtsjahr 2020, deren Wert Mitte 2021 vorgelegt wird, würde Vattenfall damit bis zum Abschluss der Klimaschutzvereinbarung seine Ziele übererfüllt haben.
Eine wesentliche Rolle für die Erreichung der Klimaschutzziele
spielt die Modernisierung des Kraftwerkparks und die Umstellung von Kohle auf Gas, Biomasse und Power-to-Heat. An
den Kraftwerksstandorten Lichterfelde, Marzahn und Klingenberg investiert Vattenfall in die Errichtung von modernen Gasund Dampfturbinenanlagen und Power-to-Heat. Im Jahr 2017
wurde das letzte braunkohlebefeuerte Heizkraftwerk Klingenberg auf Erdgas umgestellt. Im Oktober 2019 begann die Stilllegung des Blocks C des Berliner Kraftwerks Reuter und noch
im selben Jahr hat die neue Gas- und Dampfturbinen-Anlage
am Standort Lichterfelde ihren Dauerbetrieb aufgenommen.
Die verbliebenen steinkohlebefeuerten Vattenfall-Kraftwerksblöcke in Reuter West und Moabit sollen bis 2030 abgeschaltet und zu zukunftsfähigen Energie-Verbundstandorten weiterentwickelt werden. Die im Oktober 2019 veröffentlichte Machbarkeitsstudie „Kohleausstieg und nachhaltige Fernwärmeversorgung Berlin 2030“, durchgeführt im Auftrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und der Vattenfall
Wärme, legt dar, ob und wie der Ausstieg aus der Steinkohlenutzung zur Strom- und Wärmeerzeugung in Berlin umgesetzt
und auf eine nachhaltige Fernwärmeerzeugung umgestellt
werden kann. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zeigen,
dass der Kohleausstieg in Berlin bis spätestens 2030 technisch
und zu vertretbaren Kosten machbar ist. Aufbauend auf den
Ergebnissen und Erkenntnissen der Machbarkeitsstudie erfolgen die schrittweise Umsetzung des Kohleausstiegs und die
Nutzung emissionsarmer Wärmepotenziale in Berlin.
Die Erdgasversorgung Berlins erfolgt ausschließlich aus dem
europäischen Verbundnetz. Über drei Übergabestationen wird
das Erdgas aus Russland, Norwegen, den Niederlanden und
mit einem geringen Anteil auch aus Deutschland in das Berliner Gasnetz eingespeist. Der Gasabsatz blieb 2020 mit
IV. Energie
18.588 GWh in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (19.072
GWh). Neben der GASAG-Gruppe, deren Geschäftsfelder die
Bereiche Erzeugung, Netze, Speicher, Vertrieb und Energiedienstleistungen umfassen, gibt es eine Vielzahl weiterer Gasanbieter. Die NBB verzeichnete 2020 für Berlin 361 unterschiedliche Transportkunden. Für die Jahre 2020 bis 2022
sind Investitionen in das Gasnetz der NBB von insgesamt 330
Mio. € geplant.
Zur Erreichung des Klimaschutzziels trägt auch die GASAG
engagiert bei. Die GASAG hat mit dem Berliner Senat bisher 4
Klimaschutzvereinbarungen unterzeichnet, in denen sie sich
verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2020 um 2 Mio. t gegenüber 1998 zu senken.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie stellte auch die
Energieversorgungsunternehmen vor neue Herausforderungen. Die Unternehmen haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um den Auswirkungen zu begegnen und
die Energieversorgung auch in der Pandemielage unverändert zu gewährleisten. Einschränkungen der Versorgungstätigkeit waren in der Branche nicht zu verzeichnen.
79
V. Betriebe
Als Eigentümer der Anstalten des öffentlichen Rechts nach dem Berliner Betriebe-Gesetz, der BSR, der BVG
und den BWB, verfolgt Berlin das Ziel, öffentliche Daseinsvorsorge unter Wahrung der Tarifstetigkeit auf einem qualitativ hohem Niveau anzubieten und abhängig vom Bedarf zu verbessern und auszubauen. Flankiert
wird dieses Kernziel durch zukunftsorientierte ökologische und soziale Konzepte. Aktionen wie die Initiative
„mehrwert Berlin“, Smart City, die Umsetzung der Inklusionsaspekte, Energiepartnerschaften, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, das Angebot der Regenwasseragentur oder die erweiterten Rechte der BVG im
Rahmen der Mobilitätswende verdeutlichen dieses Engagement. Die Unternehmen stellen sich insbesondere
den Herausforderungen einer wachsenden Stadt. Im Jahr 2020 stand zudem die Aufrechthaltung des Kerngeschäftes in Verbindung mit den stetig wechselnden Anforderungen im Rahmen der Pandemie sowie deren
konkrete Umsetzung im operativen Geschäft im Vordergrund.
Das Gesamtinvestitionsvolumen der drei Unternehmen lag
2020 bei 1,052 Mrd. € (plus 30 %). Davon entfielen rund 589
Mio. € auf die BVG (plus 50 % im Vergleich zu 2019), rund 400
Mio. € (plus 4,2 %) auf die BWB und rund 63 Mio. € (plus 85 %)
auf die BSR. Bei einer Gesamtbeschäftigtenzahl von rd. 23.681
Personen bilden die Unternehmen mit Stichtag zum 31.12.2020
rd. 1.000 Menschen aus. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, den demografischen Wandel in den Unternehmen zu
meistern.
Beschäftigte in Anstalten des öffentlichen Rechts (AöR)
(Stichtag 31.12.2020)
BSR
BVG
BWB ohne
BSW
BSW KP
BSW EP
AöR
BSW GmbH
GmbH **
GmbH ***
GmbH ****
insgesamt
Beschäftigte insgesamt
5.966 *
13.202 *
4.467 *
Männer
4.878
10.473
Frauen
1.088
Männer in %
Frauen in %
10
18
18
23.681
3.068
3
11
10
18.443
2.671
1.399
7
7
8
5.180
81,8 %
79,7 %
68,7 %
30,0 %
61,1 %
55,6 %
77,9 %
18,2 %
20,3 %
31,3 %
70,0 %
38,9 %
44,4 %
21,8 %
darunter Teilzeitbeschäftigte
542
2.797
1.659
1
6
5
5.010
Männer
313
1.908
929
0
0
2
3.152
Frauen
229
889
730
1
6
3
1.858
Männer in %
6,4 %
18,2 %
30,3 %
0,0 %
0,0 %
20,0 %
17,1 %
Frauen in %
21,0 %
33,3 %
52,1 %
14,3 %
85,7 %
37,5 %
35,8 %
Auszubildende
243
469
276
-
-
-
988
Männer
189
362
208
-
-
-
759
Frauen
54
107
68
-
-
-
229
Männer in %
77,7 %
77,1 %
75,4 %
-
-
-
76,8 %
Frauen in %
22,2 %
22,8 %
24,6 %
-
-
-
23,1 %
* Ohne Vorstände, ohne Auszubildende, ohne Tochtergesellschaften, ohne Beschäftigte in der passiven Altersteilzeitphase,sonstige ruhende Arbeitsverträge und befristete EU-Rente
**
Berliner Stadtwerke GmbH
*** Berliner Stadtwerke mit der KommunalPartner GmbH
**** Berliner Stadtwerke mit der Energie Partner GmbH
80
V. Betriebe
V.1
Berliner Stadtreinigungsbetriebe
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist vom Land Berlin im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge mit den Aufgaben Abfallentsorgung und -verwertung sowie Straßenreinigung einschließlich Winterdienst betraut. Im Geschäftsjahr 2020 reinigte die BSR insgesamt rd. 1,6 Mio. Kilometer Fahrbahnen
und Gehwege und führte rd. 6,5 Mio. Papierkorbentleerungen
durch. Dabei wurden rd. 38.967 t Straßenkehricht, 7.565 t Papierkorbabfälle und 36.732 t Grünabfälle (u. a. Laub und
Kehrorganik) eingesammelt und sachgerecht verwertet bzw.
entsorgt. Zusätzlich erfolgten rd. 221.000 Reinigungen von
Straßeneinläufen (Gullys).
Das Gesamtaufkommen der an die BSR überlassenen Abfälle
stieg 2020 erneut an und lag bei rd. 1,283 Mio. t. Darunter rd.
1,281 Mio. t an Siedlungsabfällen und 1.884 t an Schadstoffen.
Das Aufkommen der von der BSR getrennt erfassten Abfallfraktionen (0,401 Mio. t) wird wie im Vorjahr von biogenen Abfällen (44 %) und Sperrmüll inklusive Altholz (32 %) bestimmt.
Die Menge an Altholz und Sperrmüll (über haushaltsnahe
Sammlung, Recyclinghöfe und Fremdanlieferungen an den
BSR-Entsorgungsanlagen) lag mit 129.833 t auf Vorjahresniveau. Auf den Recyclinghöfen wurden 152.082 t an Abfällen,
Wertstoffen sowie Schadstoffen gesammelt.
Die biogenen Abfälle umfassen insbesondere Abfälle aus der
Bioabfall-Tonne, Straßenlaub, Baum- und Strauchschnitt sowie
Weihnachtsbäume. Die Sammelmenge an Berliner Bioabfällen hat sich nach der Einführung der Pflicht-Biotonne zum 1.
April 2019 in 2020 noch einmal um rd. 16 % (16.787 t) auf
120.094 t erhöht. 80,5 % des Bioguts wurden den BSR Biogasund Kompostierungsanlagen in Ruhleben und Hennickendorf
zugeführt. Der Rest wurde in verschiedenen externen Anlagen
kompostiert. Am Standort Ruhleben wurden 2020 rd. 75.100 t
Bioabfälle zu Biogas vergoren und damit in einem geschlossenen Kreislauf verwertet. Auf diese Weise werden jährlich mindestens 5.000 t weniger an CO2 in die Umwelt emittiert. Die
Anlage erzeugt genug Biogas, um 165 gasbetriebene Fahrzeuge (rd. die Hälfte der Müllsammelflotte) zu betanken sowie
ein Blockheizkraftwerk für die Strom- und Wärmeversorgung
auf einem BSR-Standort zu betreiben. Der zum 1. August 2018
übernommene Standort Hennickendorf spielt eine ebenfalls
signifikante Rolle im Anlagenportfolio. Hier kann auf der einen
Seite eine sichere Behandlung der festen Gärreste aus den
Vergärungsanlagen der BSR (mind. ca. 30 % des Anlageninputs in den Vergärungsanlagen) sowie eine Kompostierung
der für die Vergärung nicht geeigneten Stoffströme und auf der
anderen Seite die Produktion von hochwertigen Produkten wie
Qualitätskomposte, Erden und Mulchmaterial im „Biomassezentrum“ der BSR etabliert werden. In der Vergärungsanlage
Hennickendorf wurden 2020 rd. 13.000 t behandelt.
In Ergänzung zum Kerngeschäft sind die BSR auch gewerblich
tätig. Das gewerbliche Geschäft wird über Beteiligungen an
verschiedenen Unternehmen realisiert. Die Schwerpunkte lie-
gen dabei in der Logistik wertstoffhaltiger Abfälle, insbesondere Papier und Glas (Berlin Recycling GmbH), der Sammlung
und Entsorgung von Speiseabfällen, Elektroschrott und Kühlgeräten (Reststoff-Bearbeitungs-GmbH) sowie der Bodenreinigung (Gesellschaft für Boden und Abfallverwertung mbH).
Darüber hinaus betreiben die BSR gemeinsam mit einem privaten Anbieter zwei Anlagen, in denen Restabfälle mechanisch-physikalisch aufbereitet und zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet werden. Zusammen mit den Beteiligungsunternehmen
betrug das Gesamtabfallaufkommen 2020 rd. 1,840 Mio. t. Im
Vergleich zum Vorjahr ging die Abfallmenge der Beteiligungsunternehmen um 14 % zurück. Grund hierfür waren insbesondere die in Verbindung mit der Corona-Pandemie geringere
Mengen an hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, Speiseabfall und Bau- sowie Abbruchabfällen.
Im Dezember 2015 schlossen die BSR mit dem Land Berlin
einen Unternehmensvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2030 ab. Dieser ermöglicht eine langfristige Perspektive für die Tätigkeit der BSR und ihrer Beschäftigten und soll
zugleich eine hohe Lebensqualität für die Bürgerinnen und
Bürger Berlins bei im bundesweiten Vergleich niedrigen Tarifen
gewährleisten. Zudem werden Perspektiven der BSR im Bereich neuer Aufgabenstellungen entwickelt und an der Übernahme von sozialer und ökologischer Verantwortung für das
Land Berlin festgehalten.
In der Zusatzerklärung zum Unternehmensvertrag verständigten sich die Vertragsparteien darauf, dass die BSR im Hinblick
auf ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Stadtsauberkeit
unter anderem die Reinigung von Parkanlagen und stark frequentierten Bereichen in Forstgebieten übernehmen. Mit Wirkung zum 21. Juni 2020 wurde im Straßenreinigungsgesetz
und im Berliner Betriebe-Gesetz die dafür erforderliche gesetzliche Grundlage zur Übertragung der Reinigung von öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen sowie landeseigenen
Waldflächen mit besonderer Bedeutung für die Stadtsauberkeit auf die BSR geschaffen.
Anspruchsvolle politische und rechtliche Rahmenbedingungen (u. a. der Entwurf des Berliner Abfallwirtschaftskonzepts,
die Verabschiedung des sog. European Green Deal), wachsende und differenzierte Kundenanforderungen, eine weiterhin
dynamische Stadtentwicklung unter zunehmend schwierigeren
finanziellen Rahmenbedingungen sowie vielfältige Entwicklungen im Unternehmen (u. a. Demografie, Engpassqualifikationen, Digitalisierungsdefizite) haben die Weiterentwicklung der
aktuellen Ausrichtung der BSR erfordert. Die BSR hat deshalb
im Jahr 2020 unter dem Stichwort „JUT in die Zukunft“ einen
umfassenden Strategie- und Transformationsprozess gestartet
und ihre Strategie vor dem Hintergrund der verschiedenen Herausforderungen konsequent weiterentwickelt. Diese Strategie
folgt dem übergeordneten Anspruch und Leitsatz, dass sich
die BSR als die führende Kraft für ganzheitliche Stadtsauber-
81
V. Betriebe
keit sowie Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft in Berlin positioniert und als Partnerin des Landes proaktiv in einem dynamischen Umfeld mit ihren Dienstleistungen die Lebensqualität in
der Stadt gestaltet. Ökonomische Leistungsfähigkeit, die durch
ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gekennzeichnet ist,
ökologische Vorreiterrolle, eine konsequente Kundenorientierung und die umfassende Wahrnehmung sozialer Verantwortung — sowohl für ihre Beschäftigten als auch als Mitglied der
Stadtgesellschaft — sollen dabei im Einklang stehen. Als strategische Schwerpunkte sind eine konsequente Kundenorientierung, die Wertschöpfungsorientierung (schlanke Prozesse
und Strukturen, effizienter Ressourceneinsatz) und das Nutzen
der Chancen der Digitalisierung definiert.
Als öffentliches Unternehmen fokussiert die BSR auf die Erfüllung der ökologischen Verantwortung für nachfolgende Generationen. Mit der Energiestrategie 2020 hat die BSR alle Bereiche und Wertschöpfungsstufen klimabewusst und energieeffizient ausgerichtet. Neben dem Ziel durch Energieeffizienz
und die schrittweise Umstellung auf regenerative oder klimafreundliche Energieträger ihre CO₂-Emissionen weiter zu reduzieren, sollte der Verbrauch an Primärenergie um 10 % gegenüber 2009 gesenkt werden. Das Ziel wurde bereits 2018 übertroffen. Als Nachfolgeprogramm für die Energiestrategie 2020
wird in 2021 das Programm KliNe BSR 2030 aufgesetzt. In
2020 wurde eine weitere PV Anlage mit einer Leistung von 99
kWpeak zur Eigenbedarfsdeckung am Standort Gradestraße
in Betrieb genommen.
Das Müllheizkraftwerk (MHKW) Ruhleben, in dem 2020 rd.
561.800 t Restmüll verwertet wurden, ist in einen Verwertungsprozess integriert, denn der erzeugte Dampf wird im benachbarten Kraftwerk Reuter in Strom und Wärme umgewandelt.
Dadurch werden zur Entlastung des Klimas fossile Energieträger wie Steinkohle ersetzt. Das MHKW deckt zudem den Strombedarf von rund 5 % der Berliner Durchschnittshaushalte und
den Fernwärmebedarf von ca. 9 % der Berliner Haushalte mit
Fernwärmeanschluss. Außerdem gewinnt die BSR rd. 14.400 t
Metalle aus der Verbrennungsschlacke zurück.
Im August 2020 wurde das Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall in Berlin Reinickendorf eröffnet. Die NochMall ist das erste Kaufhaus für Gebrauchtwaren in Berlin, und ein wesentlicher
Baustein der Re-Use Strategie der BSR. In der NochMall werden nicht nur Möbel, Kleidung, Elektrogeräte, Haushaltswaren,
Spielzeug, Bücher und vieles mehr auf über 2.000 Quadratmeter verkauft, um ihnen ein zweites Leben zu geben, sondern
die NochMall wird ein Erlebnisort für Kreislaufwirtschaft und
Abfallvermeidung. Initiativen und Unternehmen werden Flächen angeboten, um ihre nachhaltigen Produkte in Pop-upStores zu präsentieren, es werden Repair-Cafes und Upcycling-Workshops organisiert sowie diverse Veranstaltungen
angeboten.
Die BSR begegnet den demografischen Herausforderungen
durch eine aktive Personalpolitik. Bei der Besetzung von Stellen für Führungskräfte, Facharbeiterinnen und Facharbeiter
82
und Spezialistinnen und Spezialisten, bei denen sich aufgrund
des demografischen Wandels bereits in einigen Branchen
Engpässe bilden (z. B. Elektroingenieurinnen und -ingenieure,
Informatikspezialistinnen und -spezialisten) ergeben sich zunehmend auch Schwierigkeiten für die BSR. Bedingt durch einen hohen Anteil interner Stellenbesetzungen kann der Bedarf
hinsichtlich externer Personalbeschaffung — unterstützt durch
eine umfangreiche betriebliche Ausbildung, eine strategische
Personalentwicklungsplanung und ein großes Fort- und Weiterbildungsangebot — noch recht niedrig gehalten werden.
2020 haben bei der BSR insgesamt 243 Menschen ihre Ausbildung abgeschlossen. In der Ausbildung kann die BSR trotz
rückläufiger Bewerberzahlen noch aus einem umfangreichen
Bewerbervorrat auswählen. Jedoch konnten auch 2020 in einzelnen Ausbildungsberufen nicht alle Plätze besetzt werden.
Seit mehr als 15 Jahren engagiert sich die BSR intensiv für förderbedürftige Jugendliche und Erwachsene, die nur geringe
Chancen haben, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz ohne
Unterstützungssystem zu finden. Insbesondere Menschen mit
Migrations- und Fluchthintergrund, Lernschwierigkeiten oder
sozialpädagogischem Förderbedarf wird über eine Kombination von Qualifizierung und betrieblicher Praxisphase ermöglicht, in Arbeitsverhältnisse oder betriebliche Ausbildungsverhältnisse einzumünden. Dafür arbeitet die BSR mit diversen
Partnern zusammen. Die BSR versteht sich dabei als Vorreiterin und Ideengeberin für soziales Engagement und geht sowohl regional als auch überregional mit gutem Beispiel voran,
u.a. als Mitglied im Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge (NUiF), in der Berliner Interessengruppe Flüchtlinge sowie im Koordinierungsgremium der Kampagne „Berlin braucht
dich!“.
Für das Flüchtlingsprojekt EVEREST wurden Unternehmen als
Kooperationspartner geworben, um den Teilnehmenden ein
breites Spektrum an Ausbildungsberufen anbieten zu können.
Die Fördermaßnahme SISA wendet sich gezielt an Jugendliche und junge Erwachsene aus Berlin Mitte — einem Bezirk mit
einem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund von über
50 %. Diese wird in 2021 zum 9. Mal durchgeführt werden. Mit
der Aktion will die BSR insbesondere Jugendlichen Angebote
machen, die durch ihren Migrationshintergrund benachteiligt
sind. Das Projekt „Gemeinsam schaffen wir das!“ richtet sich
an junge Menschen mit Lernschwierigkeiten und sozialpädagogischem Förderbedarf. Zum Beginn des Schuljahres
2021/22 wird der 18. Durchlauf starten. Mit Übernahmequoten
von durchschnittlich 70 % nach absolvierter Qualifizierung zeigen die unterschiedlichen Unterstützungsmaßnahmen unmittelbare Wirkung. Für über 50 % der Teilnehmenden münden
die Maßnahmen in eine unbefristete Beschäftigung, die es ermöglicht den Lebensunterhalt unabhängig von staatlicher Alimentierung dauerhaft selbst zu bestreiten.
Gelebter Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung ist
bei der BSR die Frauenförderung. Insgesamt hat die BSR in
2020 1.088 Mitarbeiterinnen. Obwohl der Frauenanteil damit
nur bei 18 % liegt, lag der Anteil an Frauen in Führungspositio-
V. Betriebe
nen bei 42 %. Der im Oktober 2018 verabschiedeten Frauenförderplan vereinbarte Zielwert von mindestens 40 % konnte
damit leicht übertroffen werden. Wichtigstes übergeordnetes
Ziel ist es, den Frauenanteil in der BSR insgesamt, vor allem
aber in unterrepräsentierten Bereichen, weiter zu steigern. U.a.
soll der Frauenanteil in operativen Bereichen der Reinigung
bis 2023 auf mindestens 28 % steigen und die Anzahl von
Kraftfahrerinnen im Gedinge soll verdoppelt werden.
Das Thema Diversity hat bei der BSR eine sehr lange Tradition. Bereits 2009 wurde die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet,
eine bundesweite Initiative, die sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. Im „Bündnis gegen Homophobie“ erfolgt
ein Engagement gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Mit der Dienstvereinbarung zum partnerschaftlichen Verhalten wurde ein klarer rechtlicher Rahmen
geschaffen um jegliche Form der Diskriminierung entgegen zu
wirken. Unter anderem durch eine betriebliche Beauftragte für
Diversity und einen Arbeitskreis Diversity ist das Thema Vielfalt
fest im Unternehmen verankert.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Seit März 2020 prägen die Eindämmungsmaßnahmen
der Corona-Pandemie, leider auch in 2021, das wirtschaftliche Leben. Für die BSR als systemrelevantes
Unternehmen steht dabei im Vordergrund, die Entsorgungssicherheit und die Dienstleistungen trotz und vor
allem durch interne Maßnahmen der Entzerrung aufrecht zu erhalten. Der Anfang März 2020 eingerichtete
Krisenstab hat permanent die Lage beobachtet und
konkrete Maßnahmen je nach Situation umgesetzt. Diese enthalten, abhängig vom Unternehmensbereich und
dem jeweiligen Krankenstandszenario, unterschiedliche Maßnahmenpakete in mehreren Stufen. Nach dem
Motto: „Gerade jetzt: BSR- gemeinsam für Berlin“ ist es
der BSR gelungen, die Infektionen im Unternehmen einzudämmen und den Berlinerinnen und Berlinern auch
dadurch weiterhin die Dienstleistungen zu bieten.
83
V. Betriebe
V.2 Berliner Verkehrsbetriebe
Aufgabe der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs für Berlin. Ziel
ist es, mittels einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Verkehrsbedienung den Umweltverbund in der
Stadt Berlin zu stärken und den Status des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Rückgrat der Stadtmobilität weiter
auszubauen. Zudem rücken die Entwicklung neuer Mobilitätsformen und die Vernetzung von Mobilitätsangeboten in den
Fokus. Mit digitalen Plattformangeboten wie „Jelbi“ und der
speziell für die Pandemie entwickelten App zur Auslastung der
Verkehrsmittel (Tram, Bus und U-Bahn) im Verlauf der verschiedenen Tageszeiten (2021) werden Formate aufgestellt, mit denen sich verschiedene Mobilitätsangebote der Stadt nutzen
lassen. Mit einem funktionserweiterten App-Angebot werden
Perspektiven für eine intermodale Vernetzung geschaffen.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Das Geschäftsjahr 2020 war geprägt von der COVID-19-Pandemie und hat auch die BVG erheblich beeinflusst. Mit dem weitgehenden Lockdown im Frühjahr
2020 brach die Nachfrage um zeitweise bis zu 80 %
ein. Die Fahrgastfahrten lagen im Jahr 2020 bei rund
728,5 Mio. Im Vergleich zum Vorjahr sank das Fahrgastaufkommen um 397 Mio. Fahrgastfahrten. Ursächlich für
den Einbruch der Fahrgastfahrten im ÖPNV sind viele
verschiedene pandemiebedingte Faktoren. Neben einem vermehrten mobilen Arbeiten wurden viele Berliner
Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt oder verloren ihre
Anstellung. Ferner ist seit März 2020 ein erheblicher Anstieg im Internethandel zu beobachten, welcher u. U.
dazu führte, dass weniger Menschen den ÖPNV für Besorgungen nutzen mussten. Des Weiteren ist die Anzahl
der Touristinnen und Touristen seit März 2020 dramatisch eingebrochen. Insgesamt führte dies im Wesentlichen zu negativen Auswirkungen auf die Verkehrserträge in Höhe von -194,2 Mio. € gegenüber dem Plan. Trotz
diverser Ergebnisverbesserungen sind für ein ausgeglichenes Ergebnis der BVG Ausgleichsleistungen für Pandemienachteile in Höhe von 144,4 Mio. € erforderlich.
Die BVG entwickelt zahlreiche Vertriebsmaßnahmen, um Neukundinnen und Neukunden zu gewinnen und Stammkundinnen
und Stammkunden zu binden und somit die Fahrgeldeinnahmen zu sichern bzw. zu steigern. Dazu gehört auch der Entwurf
eines sogenannten Homeoffice-Tickets. Dieses soll nach Abstimmung mit dem Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (derzeit im Abstimmungsprozess) gezielt auf die aktuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein und die tarifliche Lücke zwischen Einzelfahrten und Abonnement schließen. Die BVG möchte mit
einem Homeoffice-Ticketangebot auf die aktuelle Situation
und auf die sich verändernde Arbeitswelt reagieren.
84
Die BVG legt großen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit.
Zwei Drittel des Fahrzeugbestands sind bereits elektrifiziert.
Neben vier Solarfähren und zahlreichen Elektrobussen gibt es
124 „grüne“ Dienstwagen sowie eine eigene Ladeinfrastruktur.
Zudem nutzt die BVG ausschließlich „grünen“ Strom. Ferner
wird bei der Abfallentsorgung eine hochwertige stoffliche Verwertung (Recycling) angestrebt, um eine prinzipielle Ressourcenschonung zu erreichen.
Der Anspruch nachhaltigen Wirtschaftens ist für die BVG ein
strategisches Ziel, das in Abstimmung mit dem Land Berlin gesetzte fachpolitische Zielbildaspekte aufgreift. Dieses Ziel wird
auf Basis der für das Unternehmen als wesentlich identifizierten Nachhaltigkeitsperspektiven umgesetzt. Der Gestaltungsanspruch im Dreiklang von wirtschaftlicher, ökologischer und
sozialer Verantwortung wurde auch im Berichtsjahr kontinuierlich verfolgt.
Die angestrebte Mobilitätswende im Land Berlin wurde im
vergangenen Jahr insbesondere durch den hierauf ausgerichteten neuen Verkehrsvertrag unterstützt. Mit dem Ausbau des
BVG-Fuhrparks sowie infrastrukturellen Netzerweiterungen
(u.a. Erweiterung U5, Erweiterung Tram Adlershof, Ausbau Jelbi-Stationen) sind nicht nur allein wirtschaftlich relevante Weichen für den die Nachhaltigkeit stärkenden ÖPNV in der
wachsenden Metropole gesetzt worden. Es wurde gleichermaßen der Umwelt- und Klimaschutz durch die in 2020 forcierte
Dekarbonisierung des BVG-Omnibusverkehrs mittels Ausbaus
der E-Omnibusflotte und realisiertem Aufbau von Ladeinfrastruktur vorangetrieben.
Das Berliner Mobilitätsgesetz sieht vor, dass bis spätestens
2030 sämtliche zu erbringende Leistungen des ÖPNV durch
Fahrzeuge erbracht werden sollen, die vollständig alternative
Antriebe bzw. nicht fossile Antriebsenergien nutzen. Die Projekte der „Hochlaufphase Elektromobilität“ sind eine Grundlage für die Entwicklung der Elektrobusstrategie vor dem Hintergrund der Vorgaben des Mobilitätsgesetzes. Im Rahmen des
Programms „Hochlaufphase Elektromobilität“ hat die BVG in
2020 88 Elektro-Eindeckomnibusse und 17 Elektro-Gelenkomnibusse beschafft.
Am 21. Dezember 2020 wurde der neue Verkehrsvertrag zwischen der BVG und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr
und Klimaschutz unterzeichnet. Hierbei handelt es sich um einen Nachtrag zu dem bereits am 7. Juli 2020 unterzeichneten
und bereits ab 1. September 2020 gültigen Mantelvertrag. Mit
diesem Verkehrsvertrag wird die BVG im Rahmen einer Direktvergabe ab dem 1. September 2020 bis zum 31. August 2035
beauftragt, die ÖPNV-Leistungen (Verkehrsleistungen sowie
Betrieb und Erhalt der Infrastruktur) für U-Bahn, Straßenbahn,
Bus und Fähre zu erbringen. Die Zahlungen des Landes dafür
belaufen sich auf rd. 12 Mrd. € über die gesamte Vertragslaufzeit. Diese stellen neben den Fahrgelderlösen ein wichtiges
V. Betriebe
Finanzierungsinstrument für die BVG dar. Zu den oben beschriebenen rd. 12 Mrd. € kommen weitere Tarifersatzleistungen für den Ausgleich nach SGB IX und Berlin Ticket-S hinzu
(rd. 1 Mrd. € über die Vertragslaufzeit). Darüber hinaus sind
weitere Zuschüsse über zukünftige Haushalte für Ersatz- und
Instandhaltungsmaßnahmen, neue Straßenbahnstrecken,
Neubau und Erweiterung von Betriebshöfen und weitere Umsetzungen zur Dekarbonisierung des Busverkehrs vorgesehen.
bote. Altersbedingt werden in den nächsten Jahren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erheblichem Umfang die BVG verlassen. Das bedeutet, dass neue Kolleginnen und Kollegen durch
ein effektives Personalmarketing und optimierte Auswahlprozesse eingeworben, eingearbeitet und bestenfalls dauerhaft
ans Unternehmen gebunden werden müssen. Im Berichtsjahr
wurden 1.359 neue Beschäftigte bei der BVG eingestellt, d. h.
10,39 % der gesamten Belegschaft.
Die BVG hat für ihre Fahrgäste auch im Jahr 2020 ein Mobilitätsangebot mit hoher Zuverlässigkeit realisiert. Der Omnibus
erreichte eine Zuverlässigkeitsquote von 99,5 %, die U-Bahn
von 99,3 %. Bei der Straßenbahn waren es 99,1 %. Dieser positive Effekt ist vor allem auf geringere fahrzeug- und personalbedingte Ausfälle zurückzuführen. Die ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der personellen Situation (Ausbildung
von Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern und Fahrerinnen und
Fahrern) zeigen Wirkung.
Neben Wissensmanagementangeboten, die einen moderierten Prozess zur Wissensübertragung an neue Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter ermöglichen, werden strukturierte Programme
und Seminare für BVG-Neubeschäftigte und langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten. Im Jahr 2020 konnte die BVG insgesamt 162 Auszubildende in 13 Ausbildungsberufen sowie 6 dual Studierende in 6 Fachrichtungen (36 % aller
Auszubildenden) einstellen.
Um das Angebot der Mobilität langfristig zu sichern, investiert
die BVG kontinuierlich für das Land Berlin. Rund 44 % der
Investitionen entfallen im Berichtsjahr auf ÖPNV-Fahrzeuge,
49 % wurden in die Infrastruktur, die restlichen rd. 7 % in diverse Bereiche investiert. Der Großteil der Infrastrukturinvestitionen floss in den U-Bahnbereich. Kontinuierlich verfolgt die
BVG hier das Ziel der vollständigen Barrierefreiheit. Ende des
Jahres 2020 waren bereits 79 % aller U-Bahnhöfe barrierefrei
ausgebaut. Die Erneuerung der U-Bahn-Flotte — bis zu 1.500
U-Bahnwagen mit einem geplanten Gesamtbudget in Höhe
von bis zu 3,3 Mrd. € — ist nach aktueller Planung im Herbst
2022 vorgesehen. Aufgrund der Pandemie könnte es hier aber
zu Lieferverzögerungen beim Auftragnehmer kommen.
Auch 2020 gehört die BVG zum vierten Mal in Folge zu jenen
Unternehmen in Deutschland, die mit herausragender Personalführung und -strategie zum TOP-Arbeitgeber zertifiziert
wurden. Außerdem wurde die Zertifizierung zur Familienfreundlichkeit (Audit Beruf und Familie) erneuert.
Der Frauenförderplan enthält zahlreiche Maßnahmen, z. B.
speziell für Frauen konzipierte Module im Rahmen eines Führungskräftenachwuchsprogrammes, Informationstage zur Karriereplanung, Veranstaltungen zur Netzwerkpflege, Seminare
sowie Mentoring für Frauen.
Auch die interkulturelle Öffnung wird als unterstützendes Instrument eingesetzt. Die BVG beschäftigt Menschen aus mehr
als 50 Nationen und legt großen Wert auf einen weltoffenen
und kollegialen Umgang. Dazu zählt beispielsweise auch das
Projekt „Geflüchtete in den Fahrdienst“. Zunächst erwerben
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vertiefende Sprachkenntnisse. Daran knüpft sich eine intensive Fahrerinnen- und Fahrerausbildung an, die sowohl bei einer externen Fahrschule als
auch in der Verkehrsakademie der BVG durchgeführt wird. So
konnten beispielsweise im Jahr 2018 zehn Geflüchtete ihre
Ausbildung für den Fahrdienst Omnibus erfolgreich abschließen und sind seitdem im Fahrdienst aktiv. Aktuell befinden sich
16 Geflüchtete in der Fahrschulausbildung. Darüber hinaus
starteten im Februar 2020 drei geflüchtete Frauen ihre Fahrschulausbildung, die voraussichtlich Mitte 2021 abgeschlossen werden kann.
In der vergangenen Dekade betrugen die Investitionen in
Fahrzeuge und Infrastruktur bei der BVG im Durchschnitt
knapp 300 Mio. € pro Jahr. Im kommenden Jahrzehnt mit dem
neuen Verkehrsvertrag werden diese Summen auf durchschnittlich rund 800 Mio. € pro Jahr erhöht. Das ist fast eine
Verdreifachung und verdeutlicht ganz konkret die zunehmende Bedeutung der BVG als ein Träger des ÖPNV für die Mobilitätswende im Land Berlin.
Damit der anstehende Generationenwechsel bewältigt werden kann, begleitet die BVG diesen durch verschiedene Ange-
85
V. Betriebe
V.3 Berliner Wasserbetriebe
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) leisten als größtes städtisches Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen
Deutschlands seit mehr als 160 Jahren einen wertvollen Beitrag
zur Lebensqualität der Hauptstadtregion. Als Umweltunternehmen liegt der besondere Fokus auf dem gleichermaßen ökologischen, ökonomischen und sozial nachhaltigen Management
des Wasserkreislaufs. Die BWB können für das Jahr 2020 mit
hohen eigenfinanzierten Investitionen von mehr als 400 Mio. €,
einem positiven Jahresergebnis und stabilen Tarifen für die
Kundinnen und Kunden eine positive Bilanz aufweisen.
pumpwerk Lindenberg, der die Wasserversorgung vor allem
im Ostteil der Stadt flexibler und robuster machen wird.
Im Jahr 2020 haben die BWB ihre neue Zukunftsstrategie
2030 — Ressourcen fürs Leben — verabschiedet, die unter der
Vision „Wasser, Abwasser und Energie für ein nachhaltiges und
klimaresilientes Berlin“ die strategische Ausrichtung des Unternehmens vor dem Hintergrund sich rasant wandelnder Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2030 beschreibt.
Die BWB sind grundsätzlich und insbesondere vor dem Hintergrund der für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt spürbaren
Auswirkungen des Klimawandels bestrebt, auch den eigenen
CO2-Ausstoß weiter zu senken. Seit 1990 konnte dieser halbiert werden (30 Jahre). Im Einklang mit der Zukunftsstrategie
2030 prüfen die BWB weitere Maßnahmen und versuchen Potenziale zu eruieren, damit das Unternehmen bis 2030 klimaneutral werden kann.
Bis Ende 2030 werden die BWB 5,3 Mrd. € in ihre Netze und
Werke investieren. Zu diesen Investitionen gehören Großprojekte wie die Ausstattung aller sechs Klärwerke mit Technologien zur weitergehenden Abwasserbehandlung, die Kanalisierung von Altsiedlungsgebieten und der Anschluss neuer Stadtquartiere ans Trinkwasser- und Abwassernetz (Wachsende
Stadt). Das Klärwerk Waßmannsdorf ist dabei der aktuell
größte Investitionsstandort der BWB. Hier werden mehr als
eine halbe Milliarde € in die Erweiterung, eine höhere Ablaufqualität sowie eine Klärschlammverwertungsanlage investiert.
Der Klimawandel fördert extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Hitzewellen, die eine Herausforderung für die Infrastruktur der BWB darstellen. Auf die Starkregenereignisse des
Jahres 2017 folgten die Rekordsommer der Jahre 2018 bis
2020. Damit auch in Zukunft im ganzen Jahr rund um die Uhr
Trinkwasser in sehr guter Qualität und ausreichender Menge
zur Verfügung steht und die Abwasserentsorgung zuverlässig
funktioniert, führen die BWB Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz durch. Ein Beispiel ist der im Jahr 2020 fertiggestellte
Stauraumkanal unter dem Mauerpark, der im Starkregenfall
7.600 m3 Abwasser sowie Regenwasser zeitweise zwischenspeichert und erst dann zur Weiterleitung abgibt, wenn wieder
genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Auch die Trinkwasserversorgung wird durch den Klimawandel
vor neue Herausforderungen gestellt: Im Sommer 2020 war
Berlin die wärmste, sonnigste und vor allem trockenste Stadt
Deutschlands. Die BWB tragen mit ihren Investitionen dem
weiter steigenden Wasserbedarf der Region Rechnung und ertüchtigen nicht nur bestehende Werke, sondern betreiben
durch verschiedene Maßnahmen auch Vorsorge zur langfristigen Sicherung der Wasserversorgung Berlins. Im Jahr 2020
sind dabei die Investitionen in die Wasser- und Zwischenpumpwerke auf 42 Mio. € angestiegen. Ein zentrales Projekt
war dabei der Neubau der Reinwasserbehälter im Zwischen-
86
Ein weiteres Element zur Klimafolgenanpassung ist die
deutschlandweit erste Regenwasseragentur, die von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und den
BWB im Jahr 2018 gegründet wurde. Das Ziel der Berliner Regenwasseragentur ist es, dezentrale Maßnahmen zur Verdunstung, Versickerung oder Nutzung von Regenwasser in der Region zu fördern.
Mit inzwischen mehr als 175 öffentlichen Trinkbrunnen in Berlin
leisten die BWB einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität
der Bevölkerung Berlins. Die Finanzierung für den Bau der
Trinkbrunnen erfolgt durch das Land Berlin. Darüber hinaus
haben die BWB berlinweit bereits über 2.000 Wasserspender
aufgestellt, die in Schulen, Behörden und Betrieben für Erfrischung sorgen. Auch die rund 450 Grundschulen und Schulen
mit Förderschwerpunkt werden künftig mit Wasserspendern
der BWB ausgestattet. Seit dem Jahr 2019 betreuen die BWB
zudem 171 Zierbrunnen. Bis spätestens zum Jahr 2028 werden
die BWB den Betrieb der restlichen knapp 100 Zierbrunnen
ebenfalls übernehmen.
Die BWB mit ihrem Kernprodukt Wasser haben naturgemäß
eine hohe Affinität zu ökologischen Themen. Gleichwohl engagieren sie sich darüber hinaus für den Erhalt der Stadtnatur
und der biologischen Vielfalt. In einem Pilotprojekt beregnen
die BWB seit Juli 2020 für zunächst zwei Jahre den Barssee im
Grunewald. Hier wird untersucht, wie der Schutz der Berliner
Moore und die Sicherung der Trinkwasserversorgung in den
nahe gelegenen Wasserwerken Tiefwerder und Beelitzhof miteinander in Einklang gebracht werden können.
Mit anwendungsbasierter Forschung und umfangreicher Digitalisierung optimieren die BWB ihre Arbeit. Im Rahmen des
vom BMWi geförderten Verbundvorhabens WindNODE haben
die BWB beispielsweise das Potenzial von Klärwerken als
Energiespeicher untersucht. In internationalen Verbundvorhaben wie dem EU-geförderten Projekt Digital-Water-City gehen
die BWB gemeinsam mit europäischen Partnern Fragen wie
die der innerstädtischer Badegewässerqualität, der Instandhaltung von Infrastruktur, der Sensorik und dem Umgang mit
Daten nach. Der geplante Bau des Aus- und Weiterbildungscampus für digitales Lernen wird die IT-Ausbildung des Unter-
V. Betriebe
nehmens deutlich stärken und gleichzeitig Raum für weitere
E-Learning bzw. Weiterbildungsangebote für alle Beschäftigten des Unternehmens bieten.
Die BWB verfolgen eine moderne Personalpolitik mit einem
großen Angebot zur flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsplatzgestaltung, attraktiven Entwicklungsperspektiven und einer vielfältigen Unternehmenskultur.
Als eine eigene Dimension des Diversity-Managements der
BWB ist die Frauenförderung ein Schwerpunktthema im Unternehmen. Die BWB handeln aktiv, um eine Gleichstellung im
Sinne des Gender-Mainstreamings zwischen den Geschlechtern zu erreichen. Das bedeutet, den Gesamtfrauenanteil, den
Frauenanteil in den Organisationseinheiten, die Geschlechterverteilung in den Entgeltgruppen, das Verhältnis zwischen
Frauen und Männern in Leitungspositionen und den Frauenanteil in der Ausbildung und im dualen Studium zu erhöhen. Per
31.12.2020 waren rund 31 % aller Führungskräfte Frauen. Darüber hinaus ist der Anteil der weiblichen Führungskräfte, welche direkt an den Vorstand berichten, auf mittlerweile 50 %
angestiegen. Durch die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen
sind Rahmenbedingungen geschaffen worden, die Frauenförderung auf individueller aber auch auf bereichsübergreifen-
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Die anhaltende COVID-19-Pandemie hat das Arbeiten
auch bei den BWB stark beeinflusst. Es ist aber festzustellen, dass sich das Krisenmanagement der BWB bewährt hat, denn auch im weiteren Verlauf der Pandemie
über das Jahr 2020 hinaus sichern die BWB die Daseinsvorsorgeaufgabe der Wasserver- und Abwasserentsorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt
und sparen nicht an aktuellen und künftigen Investitionen. Neben der Implementierung pandemiebedingter
Dienstplanregelungen für den gewerblichen Bereich
wurde zudem das mobile Arbeiten bei den BWB kurzfristig enorm ausgebaut, sodass die Prozesse des Unternehmens auch über die lange Dauer der Pandemie sicher und stabil aufrechterhalten werden können. Viele
Beschäftigte arbeiten im Homeoffice. In der weiterhin
laufenden Beauftragung von Bau- und anderen Dienstleistungen sowie der bewusst zügigen Begleichung von
Rechnungen sehen die BWB auch ihre gesellschaftliche
Verantwortung für kleine und mittlere Unternehmen, die
pandemiebedingt sehr unter Umsatz- und Absatzschwankungen zu leiden haben. Mit den erwähnten Investitionsstrategien und der Orientierung der Finanzpolitik in Hinblick auf die gestiegene Bedeutung von liquiden Mitteln für kleine und mittlere Unternehmen verfolgen die BWB die Absicht regionale und überregionale
Wirtschaftsketten zu sichern und zu unterstützen. Ferner
haben die BWB zudem kurzfristig acht zusätzliche Ausbildungsplätze für das Jahr 2020 angeboten.
der Ebene ermöglichen. Ein Element ist dabei das im Jahr
2020 gestartete Female Leadership Programm der BWB
#EINFACHMACHEN, das in 2021 mit dem Impact of Diversity
Award in der Kategorie Gender Inklusion ausgezeichnet wurde. Die Bestrebungen der BWB in 2021 wurden mit dem zweiten Platz beim Frauen-Karriere-Index (FKi) anerkannt. Gleichwohl ist die grundsätzliche Struktur der Verteilung der Arbeitsplätze nach Gender-Anforderungen mit einem Geschlechterverhältnis von 70 (M) zu 30 (F) noch nicht ideal.
Die BWB setzen seit Jahren auf eine hohe Eigenausbildung.
Die Ausbildungsquote lag im vergangenen Jahr bei 6,7 %. In
2020 wurde die hohe Ausbildungsqualität der BWB durch die
Industrie- und Handelskammer Berlin bereits zum dritten Mal
bestätigt. Im Jahr 2015 beschlossen die BWB, ihre seit 2010
angebotene Einstiegsqualifizierung für Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien auch für Geflüchtete zu öffnen.
Ziel war es, sechs Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien und sechs Geflüchtete über die Einstiegsqualifizierung
in die Berufsausbildung zu integrieren. Seit dem Start im Jahr
2016 konnten gut zwei Drittel aller Teilnehmenden eine Ausbildung bei den BWB beginnen. 13 dieser Auszubildenden haben
ihre Ausbildung erfolgreich beendet und sind nun für die BWB
tätig. Darüber hinaus wurde im Jahr 2020 in einem Modellvorhaben nach dem Konzept des Senats „Duale Leistungssportkarriere“ ein zusätzlicher Ausbildungsplatz in Zusammenarbeit
mit dem Olympiastützpunkt Berlin geschaffen.
Die Berliner Stadtwerke GmbH (BSW) als Tochterunternehmen
der Berliner Wasserbetriebe setzt ihren Kurs im Hinblick auf die
angestrebte Klimaneutralität Berlins fort. Sie ist dabei eine
wichtige Akteurin in der Stadt und ein moderner Energiedienstleister, dessen Wertschöpfung in der Stadt bleibt. Die BSW-Investitionen erfolgen ausschließlich in erneuerbare Energien.
Die BSW haben 2020 ihren Platz als Berlins Errichter und Betreiber von Solaranlagen ausgebaut. Rund 40 % aller seit
2016 auf Berlins Dächern installierten Photovoltaik-Anlagen
sind von den BSW konzipiert worden. Insgesamt beläuft sich
die installierte PV-Leistung damit auf 15,8 MW, davon allein 4
MW in 2020. Ferner umfasst das Portfolio der BSW rund 51 MW
installierte Windenergieleistung. Mit den bisherigen Projekten
der BSW konnten somit mehr als 32.500 t CO2-Emissionen
vermieden werden.
Die BSW treiben die energetische Entwicklung von Landesimmobilien, insbesondere in Kooperation mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) voran. Mehrere Dutzend
Schulen, Feuerwachen, Ämter, Gefängnisse und andere öffentliche Liegenschaften erzeugen große Teile ihres Stroms
mithilfe von Photovoltaik-Anlagen der BSW selbst. Seit Januar
2020 versorgen die BSW außerdem das Land Berlin mit 100 %
Ökostrom.
Die BSW kooperieren und stimmen sich weiterhin intensiv mit
den Bezirken ab, um Bezirksliegenschaftspotenziale für die
87
V. Betriebe
Energiewende zu erschließen. So wurden bislang für neun Bezirke 49 Solaranlagen errichtet. Zusätzlich wurden die BSW
von Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln für die Sanierung
von Heizzentralen mehrerer Schulen beauftragt.
zer auf dem Gelände das Netz als Tauschplatz nutzen und je
nach Bedarf Wärme und Kälte entnehmen oder einspeisen
können. Energie liefern dabei u.a. nachhaltige Technologien
wie Abwasserwärme, Solaranlagen und BHKWs.
Mit der Alice Salomon Hochschule Berlin, der Hochschule für
Technik und Wirtschaft Berlin und der Humboldt-Universität zu
Berlin errichten die BSW auch für die ersten Hochschul- und
Universitätsstandorte PV-Anlagen. Zudem profitieren die großen Unternehmen des Landes wie die BSR, die BWB und die
BVG künftig von den Solaranlagen der BSW auf den jeweiligen eigenen Dächern.
Im Geschäftsfeld Windkraft haben die BSW in 2021 den neun
Anlagen umfassenden Windpark Albertshof (31 MW) in der
Nähe von Bernau in Betrieb genommen. Der Windpark vermeidet jährlich rd. 30.000 t CO2-Emmissionen und kann ca.
31.000 Haushalte mit sauberem Ökostrom versorgen. Auf die
öffentliche Akzeptanz der Anlagen wurde bei der Planung
ebenso großen Wert gelegt wie auf ihren ökologischen Nutzen.
Durch die Verdichtung eines bestehenden Windparks und den
Verzicht auf maximale Bauhöhen ist auch die Naturverträglichkeit gewährleistet. Noch in 2021 ist mit dem Windpark Teltow II (17,1 MW) südlich von Berlin der weitere Ausbau der Windenergiekapazitäten geplant.
Im Bereich der umweltfreundlichen Wärmelösungen konnten
sich die Stadtwerke in kurzer Zeit etablieren. Die Umsetzung
eines komplexen und innovativen Wärmekonzeptes mit Erdwärmespeicher erfolgt derzeit im Neuköllner Rollbergviertel
(Fertigstellung in 2021). In den kommenden Jahren wollen die
BSW noch stärker Energieinnovationen in Berliner Quartieren
umsetzen. Dafür steht das Niedertemperaturnetz für die Urban
Tec Republic und das Schumacher-Quartier in Tegel, das die
BSW gemeinsam mit E.ON verwirklichen. Das Besondere an
dem Konzept ist, dass die verschiedenen Nutzerinnen und Nut-
88
Von 2021 bis 2026 werden die BSW weitere 120 Mio. € in Energiewendeprojekte investieren, ihre Ökostromleistung von derzeit knapp 70 MW auf 120 MW erhöhen und die Berliner Klimabilanz um rd. 127.000 t CO2 entlasten.
VI. Berliner Wirtschaftsdaten
Berliner Wirtschaft auf einen Blick
Einheit
2010
2016
2017
2018
2019
2020
Volkswirtschaftliche Entwicklung Berlins
Bruttoinlandsprodukt (nominal)
Mrd. Euro
103,1
133,2
140,5
149,4
156,8
154,6
Bruttoinlandsprodukt (real), Veränd. ggü. Vorjahr
%
2,9
5,1
3,8
4,3
2,6
– 3,3
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (real), Veränd. ggü. Vorjahr
%
2,8
3,6
2,5
3,2
1,9
– 3,5
Mrd. Euro
17,5
25,8
26,0
28,5
.
.
%
4,4
3,2
-1,1
6,3
.
.
Mrd. Euro
3,5
4,6
4,8
5,1
.
.
%
3,4
3,4
3,4
3,5
.
.
1.000
1.127,7
1.367,7
1.426,5
1.476,2
1.527,9
1.539,3
Arbeitslosenquote2
%
13,6
9,8
9,0
8,1
7,8
9,7
Frauen
%
12,3
9,0
8,2
7,4
7,2
8,9
Männer
%
14,7
10,5
9,7
8,8
8,4
10,3
1.000
1.691,8
1.902,3
1.961,1
2.022,9
2.066,7
2.057,6
Insgesamt
%
69,3
75,2
76,2
77,7
78,5
77,1
Frauen
%
66,8
72,2
72,7
74,4
75,0
74,1
Männer
%
71,7
78,2
79,6
80,9
81,9
80,2
Frühe Schulabgängerinnen und Schulabgänger4
%
14,4
11,7
13,2
13,6
11,6
10,6
PJ
308,4
270,5
269,0
265,5
261,8
.
Steinkohlen
%
14,6
13,6
13,8
11,5
7,9
.
Braunkohlen
%
4,7
4,6
2,2
0,2
0,2
.
Mineralöle
%
33,0
35,7
35,5
35,2
35,1
.
Gase
%
36,9
32,7
35,2
37,7
40,4
.
Erneuerbare Energien
%
3,1
4,0
4,2
5,1
5,3
.
Strom
%
7,1
8,4
8,1
9,3
9,8
.
Andere5
%
0,7
0,9
0,9
1,0
1,2
.
Mio. t
22,4
20,1
19,1
18,5
17,2
.
t CO2/EW
6,8
5,7
5,3
5,3
4,7
.
Bruttoanlageinvestitionen
Bruttoanlageinvestitionen (real), Veränd. ggü. Vorjahr
Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung
Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt
Arbeitsmarkt und Soziales
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte1
Erwerbstätige (Inland)
Erwerbstätigenquote3
Umwelt
Primärenergieverbrauch in Berlin
Anteil der Energieträger am Primärenergieverbrauch:
CO₂-Emissionen (Verursacherbilanz)
CO₂-Emissionen je Einwohner in Berlin
89
VI. Berliner Wirtschaftsdaten
Einheit
2010
2016
2017
2018
2019
2020
42.581
38.911
40.911
40.268
38.210
37.682
8.908
9.145
9.272
9.481
9.097
9.154
Unternehmensgründungen
Neugründungen6
dar. Betriebsgründungen
7
Außenhandel
Exporte insgesamt
Mio. Euro
12.041
15.147
14.819
14.634
15.173
14.377
EU-Länder, dar.
Mio. Euro
4.913
5.647
5.810
5.965
6.563
6.372
Frankreich
Mio. Euro
768
746
847
860
970
1.096
Italien
Mio. Euro
567
597
747
787
651
624
Niederlande
Mio. Euro
478
592
645
760
683
746
Polen
974
Mio. Euro
575
1.041
695
698
845
EFTA Länder
Mio. Euro
387
686
613
672
785
610
Übriges Europa, dar.
Mio. Euro
1.647
1.395
1.494
1.441
1.573
1.685
Vereinigtes Königreich
Mio. Euro
520
578
647
710
794
941
Russische Föderation
Mio. Euro
689
445
483
402
413
392
Mio. Euro
3.017
3.767
3.592
3.269
3.194
3.107
Mio. Euro
540
908
967
920
970
1.034
USA
Mio. Euro
1.151
1.909
1.838
1.809
1.622
1.422
Importe insgesamt
Mio. Euro
9.505
12.114
13.977
13.976
15.225
15.044
EU-Länder, dar.
Asien, dar.
Volksrepublik China
Mio. Euro
5.290
7.142
7.987
8.625
9.025
8.914
Frankreich
Mio. Euro
1013
836
1.031
1.022
990
894
Italien
Mio. Euro
567
1.167
1.395
1.409
1.461
1.427
Niederlande
Mio. Euro
690
1.136
1.418
1.482
1.477
1.400
Polen
Mio. Euro
812
1.150
1.256
1.529
1.819
2.116
EFTA Länder
Mio. Euro
353
1.088
1.686
543
569
488
Übriges Europa, dar.
Mio. Euro
593
852
861
870
1012
844
Vereinigtes Königreich
Mio. Euro
425
572
526
522
466
437
Russische Föderation
Mio. Euro
43
34
39
43
233
50
Mio. Euro
1362
1.853
2.229
2.829
3.556
3.787
Mio. Euro
706
985
1.251
1.685
2.240
2.500
Mio. Euro
1464
789
872
733
736
668
Asien, dar.
Volksrepublik China
USA
Zum Stichtag 30.06.
Bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen.
3
Ergebnisse der Arbeitskräfteerhebung, Erwerbstätigenquote: Anteil der Erwerbstätigen in der Altersgruppe 20-64 Jahren an der Gesamtbevölkerung
derselben Altersgruppe.
4
Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von 18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden, keinen
beruflichen Ausbildungsabschluss haben und nicht über einen Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
5
Ab 2011: Wärme.
6
Ohne Anmeldungen wegen Übernahme eines Betriebes, Gesellschaftereintritt, Änderung der Rechtsform, Zuzug aus einem anderen Meldebezirk oder
Umwandlung.
7
Bei Betriebsgründungen handelt es sich um Gründungen, bei denen bspw. ein Eintrag im Handelsregister oder eine Handwerkseigenschaft vorliegt bzw.
mindestens eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer beschäftigt wird.
1
2
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg,
Destatis, Eurostat, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit.
90
VI. Berliner Wirtschaftsdaten
Wirtschafts- und Innovationsförderung - Förderportfolio 2020
Bewilligtes Volomen in Mio. €
IKT, Medien
u. Kreativ
wirtschaft
Gesundheitswirtschaft
Verkehr,
Mobilität,
Logistik
Optik und
Photonik
Energie
technik
Summe
Cluster
Andere
Summe
Pro FIT Zuschuss
7,82
6,45
0,79
2,61
29,59
47,26
0,97
48,23
Innovationsassistent
2,19
0,12
0,10
0,10
0,18
2,69
0,46
3,15
60,72
10,78
1,49
6,99
1,40
81,38
17,21
98,59
Internationalisierung
2,96
0,33
0,47
0,94
0,07
4,77
1,17
5,94
Transfer BONUS
0,39
0,07
0,00
0,11
0,04
0,61
0,31
0,92
Gesamt Zuschuss
74,08
17,75
2,85
10,75
31,28
136,71
20,12
156,83
Pro FIT Darlehen
17,85
3,29
1,87
0,40
0,05
23,46
0,00
23,46
Zwifi Filmproduktion
1,81
0,00
0,00
0,00
0,00
1,81
0,00
1,81
VC-Fonds Technologie
6,95
7,36
0,96
0,00
0,85
16,12
0,25
16,37
VC-Fonds Kreativwirtschaft
9,01
0,00
0,00
0,00
0,00
9,01
0,00
9,01
Gesamt Darlehen/
Beteiligungen
35,62
10,65
2,83
0,40
0,90
50,40
0,25
50,65
Coaching BONUS
0,73
0,09
0,01
0,00
0,04
0,87
0,16
1,03
0,73
0,09
0,01
0,00
0,04
0,87
0,16
1,03
110,43
28,49
5,69
11,15
32,22
187,98
20,53
208,51
GRW-gewerblich
Gesamt Beratungen
Gesamt 2020
Corona-Soforthilfen
Anträge
Auszahlung
abgeschlossene
Anträge
(%)
Zielgruppe
Finanzie
rungsart
Mio. EUR
Anzahl
Mio. EUR
Anzahl
Soforthilfe I
KMU
Darlehen
297,9
1.623
105,6
1.007
100
Soforthilfe II
Soloselbstständige, Freiberufler
und Kleinstunternehmen
Zuschuss
2.103,5
245.697
1.807,5
213.147
86
Soforthilfe V
KMU und Freiberufler der gewerblichen
Wirtschaft
Zuschuss
30,4
1.029
9,0
337
100
Soforthilfe V
KMU (10 - 100 Beschäftigte)
Tilgungszuschuss
49,4
829
-
-
4
Soforthilfe VI
Startups und KMU
„Beteiligung
Nachrangdarlehen“
120,2
612
81,7
156
68
Überbrückungshilfe I
„Soloselbstständige, selbstständige
Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb sowie KMU“
Zuschuss
116,4
8.175
108,4
7.560
99
Überbrückungshilfe II
Unternehmen, Soloselbstständige,
Freiberufler
Zuschuss
216,7
11.611
197,8
10.915
97
Überbrückungshilfe III
Zuschuss
1.143,5
13.659
667,1
8.725
65
Neustarthilfe (Bund)
Soloselbstständige
Zuschuss
160,4
27.516
146,8
23.042
84
Neustarthilfe Berlin (Solo)
Soloselbstständige
Zuschuss
7,0
4.812
5,9
3.786
86
Neustarthilfe Berlin (KMU) KMU
Zuschuss
6,7
1.429
4,2
759
69
Soforthilfe VIII
KMU (Gewerbemieten)
Zuschuss
4,9
471
3,4
337
100
Soforthilfe XI
Modelabels
Darlehen
1,3
25
0,6
11
100
Soforthilfe XII
Betriebe der Schankwirtschaft
und Spätverkaufsstellen
Zuschuss
1,0
510
0,6
333
97
594,2
33.680
459,1
30.703
92
554,4
31.045
395,1
27.791
90
Novemberhilfe
Unternehmen (auch öffentliche), Betriebe, Zuschuss
Selbstständige, Vereine, Einrichtungen,
Dezemberhilfe
Zuschuss
Beherbergungsbetriebe, Veranstaltungsstätten
Stand: 14.06.2021
91
GRÜNEDN:
ES KLINGT
IMMER FALSCH.
BIS DU ES
RICHTIG
MACHST.
29. – 30. OKTOBER 2021
ARENA BERLIN
VERANSTALTER
FÖRDERER
Messe zum Gründen
und Unternehmen
SCHIRMHERRSCHAFT
PREMIUMPARTNER
MESSEPARTNER
Herausgeber:
Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe
Martin-Luther-Straße 105
10825 Berlin
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Redaktionsschluss: Juni 2021
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