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Senatsverwaltung für Wirtschaft,
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Redaktionsschluss: Juli 2019
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Innovation/Freie Universität Berlin; S. 70: Acelya Tüney; S. 72: Nare Yesilyurt
Wirtschafts- und Innovationsbericht
Berlin 2018/2019
.
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Die deGUT wird gefördert von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin und dem Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg aus Mitteln der Länder und des Europäischen Sozialfonds.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
5
I.
Wirtschaftspolitik in Berlin
6
II.
Wirtschaftsentwicklung in Berlin
11
III.
Wirtschaft
18
1.
Industrie und Industriepolitik
18
2.
Smart City / Zukunftsorte
22
3.
Startups
25
4.
Innovationspolitik / Cluster
27
5.
Dienstleistungen
44
6.
Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
46
7.
Handwerk
48
8.
Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
50
IV.
Energie
55
1.
Energiepolitik
55
2.
Energieversorgung
57
V.
Betriebe
58
VI.
Services und Förderung für Unternehmen
66
1.
Services für Unternehmen
66
2.
Gründungsförderung
69
3.
Innovationsförderung
74
4.
Zuschüsse für Unternehmen
77
5.
Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen
81
VII. Berliner Wirtschaftsdaten
83
3
4
Vorwort
Vorwort
Ich freue mich sehr, dass die Berliner Wirtschaft nun
seit fünf Jahren oberhalb des Bundesdurchschnitts
wächst. Seien es Investitionen, Arbeitsplätze, Startups, die Bevölkerungszahl oder die eigenen Steuereinnahmen – der Trend zeigt nach oben.
Jetzt kommt es darauf an, dass Berlin nachhaltig
wächst – ohne zum Zerrbild einer Stadt zu werden,
in deren Zentrum nur noch Business und Tourismus
stattfindet, weil dort niemand mehr wohnt. Tagtäglich arbeiten wir daran, eine gute Mischung zu finden,
die sowohl den Bedarfen der Unternehmen, als auch
denen der Berlinerinnen und Berliner gerecht wird.
Das ist bisweilen mit großen Herausforderungen verknüpft, was an der zunehmenden Flächenkonkurrenz
zwischen Wohnen und Gewerbe in einer enger werdenden Stadt exemplarisch deutlich wird.
Durch die wachsende Anzahl digitaler Unternehmen
gelingt es uns, die Industrie wieder ins Herz der Stadt
zu holen. Mit unserem Konzept der Zukunftsorte sind
wir auf einem guten Weg, der mit dem neuen Siemens
Innovationscampus und der Urban Tech Republic in
eine aufregende Zukunft weist.
Berlin versteht sich heute mehr denn je als Stadt der
Freiheit und Offenheit. Mit 40.000 Gründungen pro
Jahr ist Berlin eine globale Startup-Metropole. Das
Berliner Ökosystem umfasst das gesamte Spektrum
wirtschaftlicher Aktivitäten von Handel und Dienstleistungen bis zu Handwerk, Technologieunternehmen und Kreativwirtschaft. Mit rauchenden Schloten
hat das nichts mehr zu tun. Hier spielen die Zukunftsthemen Mobilität, erneuerbare Energien und additive
Fertigung, also 3D-Druck eine große Rolle.
Mir ist es ein großes Anliegen, die Wirtschaft ökologisch zu modernisieren. Digitalisierung kann der
Game Changer sein – mithilfe digitaler Anwendungen
wollen wir der Energiewende sowie der Verkehrswende in Berlin zum Durchbruch verhelfen. Den Berliner
Nahverkehr bauen wir in den nächsten Jahren mit
über 25 Milliarden Euro aus, um Mobilität und Klima
in der Stadt zu verbessern. Mit dem Förderprogramm
„Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ bieten wir kleinen
und mittleren Unternehmen Anreize, auf elektrisch
betriebene Fahrzeuge umzusteigen.
Wir fördern mit aller Kraft den Ausbau der erneuerbaren Energien. Damit die Solarwende in Berlin gelingt,
wollen wir die vielen Dächer der Hauptstadt stärker
für Solaranlagen nutzen. Dieses Ziel und viele weitere sind Teil unseres Masterplans Solarcity, den wir im
Herbst dieses Jahres der Öffentlichkeit vorstellen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre Unternehmungen und eine spannende Lektüre!
Ramona Pop
Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe
5
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
Der Wirtschafts- und Innovationsstandort Berlin hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Entwicklung
genommen. Talente aus aller Welt kommen in die Stadt, um sich hier zu entfalten und an der kreativen Atmosphäre teilzuhaben. Die Dienstleistungsbranche boomt und auch die Industrie hat sich auf einem technisch hochwertigen Level mit immer neuen Innovationen stabilisiert. Das Wirtschaftswachstum liegt seit Jahren oberhalb des
Bundesdurchschnitts, parallel dazu entwickelt sich die Zahl der Beschäftigten außerordentlich dynamisch.
Die Berliner Wirtschaft legte 2018 im Vergleich zum
Vorjahr um 3,1 % zu und platzierte sich damit zum
fünften Mal in Folge über dem Bundesdurchschnitt.
Auch bei den Erwerbstätigenzahlen konnte Berlin
seine Spitzenposition behaupten. In keinem anderen
Bundesland nahm deren Zahl so stark zu wie in Berlin. Gleichzeitig sank die Zahl der Arbeitslosen, was
bedeutet, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung
auch bei den Berlinerinnen und Berlinern ankommt,
die bislang wenig von der neuen Stärke der Berliner
Wirtschaft profitieren konnten. So ging die Arbeitslosenquote zwischen 2017 und 2018 von 9,0 % auf
8,1 % zurück.
Gleichzeitig bedeutet ökonomisches Wachstum, dass
sich auch andere Standortfaktoren mitverändern.
So wird es aus räumlicher Sicht enger in der Stadt.
Die Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Flächennutzungen nimmt zu. Mit dem neuen Stadtentwicklungsplan „StEP Wirtschaft 2030“ wird mit einer
strategischen Flächenvorsorge die Attraktivität des
Wirtschaftsstandortes Berlin langfristig erhalten und
die Modernisierung der Berliner Industrie nachhaltig
unterstützt. Pro Jahr werden künftig rund 40 Hektar
zusätzliche Flächen für die Wirtschaft bereitgestellt.
Die Flächen sollen zügig aktiviert und effizient genutzt
werden. Mit dem strategischen Ankauf von Grundstücken aus einem extra hierfür konzipierten Fonds soll
der Verdrängung von kleinen Gewerbebetrieben aus
der Innenstadt entgegengewirkt werden. Derzeit gibt
es gut 4.500 Hektar gewerbliche Bauflächen in Berlin;
der StEP Wirtschaft 2030 sieht darunter ein langfristiges Potenzial von insgesamt rund 1.030 Hektar.
Auch das Thema CO2-Emissionen wird mehr und
mehr zu einer standortrelevanten Herausforderung
wachsender Städte. Städte sind in der großen Verantwortung, mehr gegen die Klimakrise zu tun. Berlin
sieht sich hier nicht lediglich in der Pflicht, sondern
ist bereit, die hierin liegenden Chancen aktiv zu nutzen. Denn die Umsetzung der Energiewende in Berlin
6
birgt viele Möglichkeiten für die Zukunftsfähigkeit
der Stadt. In einer Metropole wie Berlin, wo Wohnen,
Arbeiten und Mobilität eng miteinander verknüpft
sind und große ebenso wie kleine Unternehmen mit
Fachwissen, Kompetenz und Kreativität technische
Entwicklungen voranbringen, hat die Energiewende
großes Potenzial. Und Berlin wirkt aktiv dabei mit,
die Energiewende in Städten voranzubringen. Das Ziel
lautet: Mehr Solaranlagen auf die Dächer, bessere
Bedingungen für den Mieterstrom und intelligentere
Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung.
Gewerbemieteninitiative
In den vergangenen fünf Jahren sind die Büro- und
Ladenmieten insbesondere in den deutschen Großstädten deutlich angestiegen, während sich gleichzeitig die Laufzeit der Gewerbemietverträge verkürzte. Dies hat gravierende Konsequenzen für kleine und
mittlere Betriebe und Geschäfte. Ergebnis ist die zunehmend zu beobachtende Verdrängung von kleinen
Läden, Handwerk und Gewerbe aus Innenstadtlagen
in deutschen Ballungsräumen gerade in Berlin, die
in letzter Konsequenz auch mit Geschäftsaufgaben
und dem Verlust von Arbeitsplätzen verbunden sind.
Berlin wird sich im Bundesrat nachdrücklich dafür
einsetzen, dass geeignete Regelungen in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen werden, die bei entsprechendem Handlungsbedarf eine Begrenzung der
zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn ermöglichen.
Um örtliche Faktoren hinreichend berücksichtigen zu
können, sollte es den Bundesländern ermöglicht werden, Gebiete mit angespannten Gewerberaummärkten zu bestimmen, in denen die Regelungen über die
Mietpreisbremse anzuwenden sind.
Die Klimakrise ist eine von vielen neuen Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen heute konfrontiert sehen, die aber gleichzeitig auch eine Vielzahl
neuer Möglichkeiten eröffnen. Insbesondere innovative Unternehmen sind hier mit ihrer ganzen Kreativität
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
gefragt. Denn Innovationskultur ist ein großer Wettbewerbsvorteil. Mit der innoBB 2025 schafft Berlin
gemeinsam mit Brandenburg beste Voraussetzungen,
neue Herausforderungen offensiv anzugehen und so
die wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadtregion
auf ein noch zukunftsfesteres Fundament zu stellen.
Angelegt als Dachstrategie schafft die innoBB 2025
die Grundlage dafür, die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der deutschen Hauptstadtregion weiter zu
verbessern. Für die konkrete Umsetzung werden die
Stärken der Region in der innoBB 2025 weiterhin in
den etablierten fünf länderübergreifenden Clustern
Gesundheitswirtschaft / Energietechnik / Verkehr,
Mobilität und Logistik / IKT, Medien und Kreativwirtschaft / Optik und Photonik gebündelt. Als clusterübergreifende Schwerpunkte werden in den kommenden Jahren die Themen Digitalisierung, Arbeit 4.0 und
Fachkräfte, Reallabore und Testfelder sowie Startups
und Gründungen definiert. Ein breiterer Innovationsbegriff, engere Cross Cluster-Zusammenarbeit, die
Stärkung offener Innovationsprozesse, Nachhaltigkeit
sowie der Ausbau der internationalen Zusammenarbeit werden handlungsleitend für alle Cluster.
Stefanie Brickwede
Geschäftsführerin
Verein „Mobility goes
Additive“
1. Sie sind Geschäftsführerin des Vereins „Mobility
goes Additive“ (MgA) in Berlin Marienfelde, in dem
mittlerweile 90 Firmen und Institutionen bundesweit
organisiert sind. Mit welchem Ziel?
Tatsächlich haben wir aktuell schon die 100er Marke
überschritten. Dies zeigt das große Interesse von Firmen, sich mit dem Thema industrieller 3D-Druck von
(Ersatz-)Teilen auseinanderzusetzen. Unser Ziel ist
die gemeinschaftliche Lösung von Herausforderungen, die ein einzelnes Unternehmen nicht stemmen
kann. Dazu zählen rechtliche Fragestellungen, aber
auch die Integration von 3D-Druck in die Ausbildung
wie auch Zulassungsthemen. Unsere Mitglieder kommen aus dem Mobilitätssektor, dem Automobilbau,
aber auch aus dem Maschinenbau. In der Regel aus
hochregulierten Industrien. Ganz neu haben wir auch
ein Schwesternetzwerk zu medizinischen Anwendungen gegründet.
Das Thema Digitalsierung spielt wie bei innoBB 2025
auch im Masterplan Industriestadt Berlin 2018 – 2021
(MPI) eine zentrale Rolle. Im MPI hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit dem Netzwerk Industriepolitik, bestehend
aus Kammern, Verbänden, Gewerkschaften und Fördereinrichtungen, konkrete Maßnahmen vereinbart,
die den Industriestandort Berlin weiter stärken. Der
Masterplan Industriestadt umfasst in den Handlungsfeldern Fachkräfte und Innovation, Digitalisierung
und Rahmenbedingungen die zentralen Themen für
die Industrie sowie die Entwicklung der Industriestadt
Berlin. Mit dem MPI setzt der Senat bei den Zukunftsthemen digitale Transformation der Industrie sowie
additive Fertigung neue Schwerpunkte und passt die
bestehenden Maßnahmen an aktuelle Entwicklungen
der Stadt an, beispielsweise bezüglich der Verfügbarkeit von Industrieflächen. Der MPI trägt dazu bei, Potenziale der Industrie zu nutzen, wettbewerbsfähige
Innovationen zu fördern, nachhaltiges Wachstum mit
„guter Arbeit“ zu ermöglichen und die Stadt damit
fitter für neue, auch globale Herausforderungen zu
machen.
2. Die Deutsche Bahn druckt nicht selbst, Sie arbeiten
mit Partnern zusammen. Wie klappt diese Kooperation?
Deutschland ist quasi die Heimat der industriellen
additiven Fertigung. Daher können wir hier auf eine
große Anzahl hoch kompetenter 3D Druckdienstleister zurückgreifen. Bei der Bahn wollen wir uns auf die
Identifikation der richtigen Anwendungsfälle fokussieren und nicht auf das Betreiben der Maschinen. In
den letzten drei Jahren konnten wir so über 7000 Teile drucken. So gelingt der schnelle Einstieg in eine
neue Technologie.
3. 3D spielt auch in der Logistik eine große Rolle,
nach wie vor eine von Männern dominierte Branche.
Sie setzen sich mit Vehemenz dafür ein, dass mehr
Frauen im Ingenieurwesen aktiv werden. Mit welchen
Botschaften?
Es macht viel Spaß, sich mit technischen Themen
auseinanderzusetzen. Frauen haben manchmal
einen etwas anderen Blick auf Technologien, der
häufig sehr pragmatisch geprägt ist. In der Mischung können spannende, neue Produkte und
Ansätze gemeinsam entwickelt werden, deren Anwender ja in der Regel auch zur Hälfte Frauen sind.
Es ist bewiesen, dass diverse Teams viel erfolgreicher sind!
7
„Industrie“ und „Stadt“ stellen heute keinen Widerspruch mehr da – im Gegenteil: Urbane Produktion
als Folge der Industrie 4.0-Umsetzungen ist eines der
zentralen Themen dieses Jahrzehnts. Der geplante
Innovations-Campus in Siemensstadt belegt dies. Mit
einer Investition von über 600 Mio. € wird das Unternehmen am Standort Berlin-Siemensstadt zusammen
mit dem Bezirk und dem Senat auf einer Fläche von
ca. 70 Hektar einen neuen Stadtteil entwickeln, der
moderne Urbanität, also die Verbindung verschiedener Nutzungen wie Arbeiten, Wohnen und Freizeitgestaltung vereint. Im Projekt Siemensstadt 2.0 werden
Synergien durch das Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirtschaft entstehen, die in bestimmten,
für Siemens und Berlin wichtigen Innovationsfeldern
und Schlüsseltechnologien zum Tragen kommen. Damit wird der Industriestandort gestärkt und gleichzeitig der Weg zur Smart City fortgesetzt.
Berlin gehört zu den wenigen Bundesländern, die 2018
ihre Länderquote von 130 Mio. € an ausgezahlten
Fördermitteln im Bund-Länder-Programm Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur im vollen Umfang für die Förderung
von betrieblichen Investitionen sowie von solchen der
wirtschaftsnahen Infrastruktur haben umsetzen können. Hierzu zählen beispielsweise die Erschließung
von Gewerbeflächen und der Ausbau von Verkehrsverbindungen zur Anbindung von Gewerbegebieten oder
Investitionen in die touristische Infrastruktur. Sehr
erfolgreich angelaufen sind in 2018 die beiden neuen Förderprogramme „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (WELMO) zur Unterstützung der Umstellung
gewerblicher Flotten auf Elektromobilität sowie der
GründungsBONUS, der Gründungsvorhaben innerhalb
des ersten Jahres nach Gründung mit Zuschüssen bis
zu 50 % bzw. 50.000 € auf die Kosten für Investitionen, Betriebsmittel und Personal unterstützt.
Seit Oktober stehen die Wirtschaftsförderprogramme
der IBB Unternehmen der „Sozialen Ökonomie“ zur
Verfügung. Sozialunternehmen, deren Geschäftstätigkeit im Wesentlichen auf innovativen Ansätzen und
die Erzielung von Markteinkommen im Wettbewerb
mit anderen Anbietern ausgerichtet ist (Social Entrepreneurs), sind künftig uneingeschränkt förderfähig.
Neben dem volkswirtschaftlichen Beitrag stiften Sozialunternehmen insbesondere in den Bereichen Kultur
und Freizeit, Bildung und Forschung, Gesundheitswesen, soziale Dienste, Natur- und Umweltschutz sowie
Industrie und Handwerk einen wichtigen gesellschaft-
8
lichen Nutzen. Berlin ist auch hier Vorreiter: Unter den
deutschen Ländern liegt Berlin bei Unternehmen der
sozialen Ökonomie an erster Stelle.
Seit Jahren gehört Berlin zum kleinen erlesenen Kreis
europäischer Startup-Metropolen. Um die Vernetzung
der Berliner Startups untereinander, aber auch mit
etablierten mittelständischen Unternehmen zu forcieren, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Startup-Map.Berlin initiiert, die
ein Gros der Berliner Startups abbildet. Das gesamte
Berliner Startup-Ökosystem wird mit der Map transparenter, eine gezielte Kommunikation unter- und
miteinander unkomplizierter und eine gezielte, auf die
Belange von Startups ausgerichtete Wirtschaftspolitik
effizienter möglich.
Seit Jahren ist der Tourismus eine der wichtigsten
Schlüsselbranchen der Stadt mit einem jährlichen
Umsatz von 11,5 Mrd. € und mehr als 235.000 Vollbeschäftigten. Das starke Wachstum der Branche in
den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass sich
die Rahmenbedingungen für den Tourismus grundlegend verändern. Das neue Tourismuskonzept 2018+
greift diese Aspekte auf und erweitert die Perspektive
hin zu einem stadtverträglichen Tourismus. So finden sich im neuen Tourismuskonzept beispielsweise
Maßnahmen zur Sauberkeit oder zur Entzerrung der
Tourismusströme von den Innenbezirken hin zu den
Außenbezirken.
Berlin gehört zu den ersten 20 Städten, die der
„Cities Coalition for Digital Rights“ beigetreten sind.
Die Ende vergangenen Jahres ins Leben gerufene Initiative basiert auf dem Grundsatz, dass die gleichen
Rechte, die Menschen offline haben, auch online gelten und geschützt werden müssen. Der Beitritt zur
Initiative Anfang 2019 soll dazu beitragen, die digitalen Rechte der Berlinerinnen und Berliner zu schützen.
Denn wie Amsterdam, New York oder Barcelona steht
auch Berlin vor der Herausforderung, die digitale Zukunft der Stadt zu begleiten und mitzugestalten – und
dies nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftspolitisch und unter Beteiligung der gesamten
Bevölkerung. Die „Declaration of Cities Coalition for
Digital Rights“ beschreibt folgende Handlungsfelder:
den gleichberechtigten Zugang zum Internet, den
Schutz persönlicher Daten und den diskriminierungsfreien Umgang mit ihnen, das Recht auf Teilnahme an
digitalen Meinungsbildungsprozessen sowie offene
und ethische Standards für digitale Dienste.
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
Birgit Dietze
Erste Bevollmächtigte
IG Metall Berlin
1. Seit November vergangenen Jahres stehen Sie an
der Spitze der Berliner IG Metall. Welches Thema sind
Sie als erstes angegangen?
Das ging recht schnell: keine 48 Stunden nach meinem Jobantritt hatte ein Hersteller optischer Übertragungssysteme angekündigt, in Berlin 400 Arbeitsplätze zu streichen. Das konnten wir trotz großen
Einsatzes nicht verhindern. Die Schließung ist absolut bedauerlich, denn hochleistungsfähige Glasfasernetzwerke braucht man für Industrie 4.0.
Das Land Berlin und die federführende Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe haben es
sich zum Ziel gemacht, eine Digitalisierungsstrategie
für Berlin auf Basis von Nachhaltigkeit, Teilhabe und
wirtschaftlicher Entwicklung zu erarbeiten und einen
Bürgerdialog „Mein digitales Berlin“ durchzuführen.
Die Digitalisierung ist ein politisches Querschnittsthema, das die bisherigen Grenzen zwischen den politischen Ressorts aufbricht. Sie wird ein breites Spektrum an Handlungsfeldern und Einzelmaßnahmen
enthalten und dabei nicht nur bereits Bestehendes
abbilden. Der Prozess der Strategieentwicklung ist
auf einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten angelegt.
Die Strategieentwicklung wird durch einen Partizipationsprozess begleitet werden, der zeitgleich startet.
Somit werden die wesentlichen Stakeholder frühzeitig
identifiziert und über Dialogformate in den Strategieprozess eingebunden.
Öffentliche Aufträge haben für viele Branchen eine
große wirtschaftliche Bedeutung. Die Überarbeitung
des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes,
das unter anderem ökologische und soziale Vorgaben
für die Ausführung öffentlicher Aufträge vorsieht, ist
weit vorangeschritten. Nach Verbändeanhörung und
Senatsbeschluss ist die Befassung im Abgeordnetenhaus für den Herbst 2019 vorgesehen. Parallel wird
daran gearbeitet, dass auch im Land Berlin die VOL/A
durch die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für
2. Die Berliner Industrie gilt als „klein aber fein“. Wie
ist sie aus Ihrer Sicht auf die Herausforderungen eingestellt, die die Digitalisierung und die Dekarbonisierung mit sich bringen?
Was wir brauchen, sind Investitionen und – insbesondere mit Blick auf die erforderliche Energie- und
Mobilitätswende – öffentlich flankierende und befördernde Maßnahmen. Die Digitalisierung zieht allmählich in die Betriebe ein. Wichtig sind hierbei eine
vorausschauende Personalplanung und Qualifizierungen, um die Anpassungen gut zu bewältigen.
3. Digitalisierung wird auch die Arbeitswelt verändern. Nicht ganz klar ist, in welche Richtung: Mehr
oder weniger Beschäftigte?
Das ist nicht ganz klar, wir hoffen: in der Bilanz ausgeglichen. Es werden sich aber die Anforderungen
erheblich verschieben. Vorausschauende Personalplanung und Qualifizierung sind hier nötig. Zudem
flexibilisiert sich Arbeit mehr. Insoweit geht es um die
Schaffung sichernder Rahmenbedingungen.
die Vergabe von Lieferungen und Leistungen ersetzt
wird. Dies trägt zu einer bundesweiten Harmonisierung der Vergabevorschriften im Unterschwellenbereich und Oberschwellenbereich bei, sodass es eine
deutliche Verfahrenserleichterung für Unternehmen
gibt, die an öffentlichen Aufträgen des Bundes und
der Länder interessiert sind. Weitere Schritte in Richtung einer effizienteren und einfacheren Vergabe sind
bereits erfolgt. So werden im Land Berlin seit dem
18.10.2018 oberhalb der Schwellenwerte die Vergabeverfahren vollständig elektronisch durchgeführt
(eVergabe). Die Vergaben im Unterschwellenbereich
werden mit Einführung der UVgO ab bestimmten Wertgrenzen ebenfalls verpflichtend elektronisch durchgeführt. Im Hinblick auf die elektronische Vergabe hat
das Land Berlin bereits begonnen, die Beschaffung auf
zentrale Vergabestellen zu konzentrieren und damit
die Spezialisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Qualität der Vergaben zu stärken.
Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus
schweren Straftaten, Geldwäschegesetz (GwG) soll
verhindern, dass „schmutziges“ Geld in die legale
Wirtschaft gelangt. Hierzu legt es Gewerbetreibenden
bestimmte Melde- und Dokumentationspflichten auf.
Gewerbetreibende sollen ihre Kunden kennen, und ihr
jeweiliges Risiko, für Geldwäschezwecke missbraucht
zu werden, analysieren. Sie sollen dies dokumentieren und ggf. Auffälligkeiten dem Zoll melden. Die Se9
natsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
ist in Berlin dafür zuständig, Gewerbetreibende aus
dem Nichtbankenbereich über ihre Verpflichtungen
aufzuklären und die Einhaltung dieser Bestimmungen
zu überwachen. Bei einer Missachtung von Verpflichtungen aus dem GwG können auch Bußgelder bis zu
1 Mio. € pro Verstoß fällig werden.
In einem mehrstufigen Sonderverfahren nach dem
Berliner Mindestabstandsumsetzungsgesetz prüfen
die Berliner Ordnungsämter seit Mitte 2016, welche
Bestandsspielhallen künftig in Berlin eine Betriebserlaubnis erhalten können. Die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe koordiniert das Verfahren. Ziel ist die flächendeckende Umsetzung des
Mindestabstands von 500 Metern zwischen Spielhallen. Im Sonderverfahren werden alle antragstellenden
Spielhallen, die bereits vor Inkrafttreten des Berliner
Spielhallengesetzes im Jahr 2011 im Besitz einer Spiel-
10
hallenerlaubnis waren, stufenweise geprüft. Die Prüfung umfasst insbesondere eine umfangreiche Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiberinnen und Betreiber
durch die Bezirke. Zudem wird für jede Spielhalle die
Einhaltung eines Mindestabstands von 200 Metern zu
Oberschulen geprüft. Spielhallen, die die Voraussetzungen einer Verfahrensstufe nicht erfüllen, erhalten
einen Versagungsbescheid und müssen nach einer
6-monatigen Übergangsfrist schließen. Die Übrigen
nehmen an der jeweils nächsten Verfahrensstufe teil.
Die Bezirksämter erteilen in einem letzten Schritt
die neuen Erlaubnisse bzw. erlassen Versagungsbescheide. In Fällen, in denen mehrere unterschiedliche
Standortkombinationen zur Erhaltung der gleichen
Anzahl an Spielhallen führen würden, führen die Bezirke ein Losverfahren durch. Gleiches gilt, wenn an
einem erlaubnisfähigen Standort mehrere Spielhallen
um eine Erlaubnis konkurrieren.
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Die Berliner Wirtschaft entwickelte sich in den letzten fünf Jahren überdurchschnittlich gut und verzeichnet 2018
mit Abstand das höchste Wachstum unter den Bundesländern. Die „klassischen“ volkswirtschaftlichen Indikatoren, wie beispielsweise das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts oder der Erwerbstätigenzahl, expandieren dabei
besonders dynamisch. Um die Entwicklung Berlins mit Blick auf die Zukunft, insbesondere unter den Aspekten der
Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Entwicklung, differenziert abschätzen und umfassend abbilden zu können,
werden weiterreichendere ökonomische, soziale und ökologische Indikatoren in die Betrachtung einbezogen.
Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung
Die Berliner Wirtschaft hat sich in den vergangenen
fünf Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen
Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von real
3,6 % überdurchschnittlich gut entwickelt und lag
somit deutlich über dem bundesweiten Schnitt von
2,0 %. Die Hauptstadt weist für das Jahr 2018 ein
Wachstum von 3,1 % und eine Wirtschaftsleistung
von 147,1 Mrd. € auf. Im laufenden Jahr ist trotz der
internationalen Unsicherheiten mit einer weiterhin
positiven Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Berlin zu rechnen. Dabei dürfte sich das Wachstum in einer Größenordnung von etwa 2 % bewegen.
Der Dienstleistungssektor verzeichnete 2018 mit
85,0 % den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung. Berlin weist unter den Bundesländern in diesem
Segment den höchsten Wert auf, der im Durchschnitt
in Deutschland bei 68,2 % lag. In der Dienstleistungsbranche, zu der u. a. der Handel, Information und
Kommunikation sowie der öffentliche Sektor zählen,
kam es aufgrund der günstigen Binnenkonjunktur und
dem Wachstum der Stadt im Jahr 2018 zu merklichen
Wertschöpfungs- und Beschäftigungssteigerungen.
Dessen ungeachtet darf der Dienstleistungssektor
nicht getrennt von den anderen Wirtschaftsbereichen
betrachtet werden. Es findet zunehmend eine Verflechtung von Dienstleistungen und Industrie statt;
eine klare Sektorentrennung ist daher weder möglich
noch sinnvoll. Zunehmend rücken individuelle Kundenwünsche und -bedürfnisse in den Fokus der Unternehmenspolitik, sodass heute vor allem Komplettlösungen und maßgeschneiderte Produkte den Markt
dominieren. All dies erhöht die Wettbewerbsfähigkeit
Berlins auf den internationalen Märkten.
Die Industrieumsätze der Berliner Unternehmen beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 26 Mrd. €, wovon 56 % im Ausland erwirtschaftet wurden. Während
die inländischen Umsätze 2018 gegenüber dem Vorjahr
um 6,4 % zunahmen, stiegen sie im Ausland trotz international schwierigen Wirtschaftslagen leicht um 0,8 %.
Bruttoinlandsprodukt (real) – Berlin im Vergleich mit Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
8,0
4,0
+4,0
+3,0
+4,2
+2,5 +2,2
+1,0
+0,4
0,0
+2,2
+3,1
+2,5
+3,1
+1,5
-5,7
-8,0
2008
Berlin
+0,0 +0,4
+1,7
-0,0
-1,4
-4,0
+5,1
+4,1
+3,6 +3,9
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Deutschland
Quelle: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Destatis
11
Die aufwärtsgerichtete Entwicklung im Baugewerbe
hält aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage, dem
niedrigen Zinsniveau sowie der zunehmenden Bevölkerung weiterhin an. Mit Blick auf künftiges Wachstum sind die vollen Auftragsbücher und begrenzte Kapaziäten zu beachten. Das Bauhauptgewerbe konnte
im Jahr 2018 seine Umsätze erneut steigern, wobei die
Dynamik im Wohnungsbau und im gewerblichen Bau
mit zweistelligen Zuwachsraten besonders hoch ausfiel. Insgesamt stieg der Umsatz im Bauhauptgewerbe
um 23,9 % gegenüber dem Vorjahr.
die Arbeitslosenquote dem Bundesdurchschnitt von
5,2 % weiter annähert. Die Differenz ist in den letzten
drei Jahren von 4,3 Prozentpunkten auf mittlerweile
2,9 Prozentpunkte gesunken.
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Berlin wird
durch das Gründungsgeschehen unterstrichen. Im
Jahr 2018 wurden rund 40.000 Unternehmen neu gegründet. Im Ländervergleich lag Berlin im vergangenen
Jahr mit 111 Neugründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner auf dem ersten Platz, der Bundesdurchschnitt betrug 65. Die Gesamtzahl der Neugründungen bewegte sich 2018 nur leicht unter dem
Vorjahreswert, wobei dies auf einen Rückgang bei den
sonstigen, von Einzelunternehmen dominierten Gründungen zurückzuführen ist. Ein Viertel der Neugründungen entsprachen hingegen den sogenannten Betriebsgründungen, denen ein höheres wirtschaftliches
Gewicht zugeordnet werden kann und deren Zahl sich
2018 erhöht hat. Es handelt sich hierbei um Gründungen, bei denen bspw. ein Eintrag im Handelsregister
oder eine Handwerkseigenschaft vorliegt bzw. es mindestens einen Beschäftigten gibt.
Die Ausfuhren der Berliner Wirtschaft beliefen sich
im Jahr 2018 auf 14,5 Mrd. €. Das waren 2,2 % weniger als im Vorjahr. Gestützt wurde der Außenhandel
von den EU-Ländern mit einem Wachstum von 3,0 %.
Größtes Abnehmerland waren die USA, gefolgt von
China und Frankreich.
Der Berliner Arbeitsmarkt hält an der positiven Dynamik fest und entwickelt sich im Vergleich mit den
anderen Bundesländern besonders gut. Im Jahr 2018
stieg die Zahl der Erwerbstätigen erstmals über die
2 Mio.-Marke (2,003 Mio.) und wuchs um 2,5 %.
Damit liegt Berlin im siebten Jahr in Folge beim Erwerbstätigenwachstum auf der Spitzenposition unter
allen Bundesländern. 2018 waren davon insgesamt
1,48 Mio. Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit 3,5 % mehr als im Vorjahresmonat. Demgegenüber standen rund 156.200 gemeldete
Arbeitslose. Die Arbeitslosenquote bezogen auf alle
zivilen Erwerbspersonen lag im Gesamtjahr 2018 bei
8,1 % (2017: 9,0 %). Die überdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung Berlins führt dazu, dass sich
Am Wirtschaftsstandort Berlin gibt es beim Blick auf
die letzten Jahre einen starken Zuwachs an neuen Betrieben. Dies haben Berechnungen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auf Grundlage von Daten der Bundesagentur für Arbeit ergeben.
Die Zahl der Betriebe mit mindestens einer sozialversicherungspflichtig tätigen Person hat sich demnach
in den letzten drei Jahren in Berlin um 5,6 % auf rund
98.800 erhöht. Deutschlandweit gab es im gleichen
Zeitraum einen Anstieg um 1,3 %. Bei kleinen, mittel-
Erwerbstätige in Berlin
Veränderungen gegenüber Vorjahr, absolut und in %
70
3,5
+2,9
60
+2,9
3,0
+2,5
40
+2,3
2,5
+2,2
+1,8
+1,8
2,0
+1,5
+1,6
30
1,5
+1,1
+1,0
20
1,0
10
0,5
0
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“
12
2014
2015
2016
2017
2018
0,0
in %
in 1000
50
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
großen und großen Betrieben waren die Zuwachsraten in Berlin zwischen 2015 und 2018 jeweils höher als
in Deutschland insgesamt.
Die klassischen volkswirtschaftlichen Indikatoren zeigen eine positive Entwicklung der Berliner Wirtschaft
im Verlauf der vorangegangenen Jahre – der Branchenmix aus Dienstleistungen und Produktion löst positive Impulse aus und die Erwerbstätigkeit nimmt zu.
Die Lücken zum Bundesdurchschnitt werden kleiner
und die Angleichung der Lebensverhältnisse an den
Bundesdurchschnitt schreitet voran.
Die klassischen volkswirtschaftlichen Kennzahlen reichen allerdings in der hochentwickelten und dienstleistungsorientierten Berliner Wirtschaft nicht mehr aus, um
die ökonomische Wohlfahrt realitätsnah und umfassend
zu bewerten. Vielmehr ist es notwendig, weitergehende
Wohlfahrtsindikatoren in die Bewertung der Zukunftsfähigkeit der Berliner Wirtschaft einfließen zu lassen.
Neben der Betrachtung des reinen Wirtschaftswachstums wird die Betrachtung durch Indikatoren ergänzt,
Dr. Claus Michelsen,
Leiter Abteilung
Konjunkturpolitik
DIW Berlin
1. Die Wirtschaft ist angesichts globaler Risiken weltweit in schwieriges Fahrwasser geraten. Was erwarten Sie im laufenden Jahr für Berlins Konjunktur?
Der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft ist mittlerweile erheblich – das merkt vor allen Dingen die Industrie. Deutschlands Stärke – die Exportwirtschaft – ist
momentan zur Achillesferse geworden. Angesichts der
erheblichen globalen Risiken und der Handelsstreitigkeiten werden deutlich weniger Investitionsgüter
nachgefragt, auf deren Produktion Deutschland spezialisiert ist. Die Berliner Wirtschaft kann sich hiervon
sicherlich nicht komplett entkoppeln. Allerdings sind
es hier vor allem die Dienstleistungsbranchen, die
prosperieren. Und diese erleben weiter gute Zeiten.
2. Berlin hat seit Jahren beim BIP und den Erwerbstätigen höhere Wachstumsraten als der Bund. Setzt
sich diese Entwicklung weiterhin fort?
welche die Lebensqualität der Menschen und deren
Teilhabe am Wirtschaftswachstum sowie den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen in den
Blick nehmen.
Im Folgenden werden dazu – ökonomisch, sozial und
ökologisch – messbare Indikatoren betrachtet, um
eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung darstellen
und bewerten zu können.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher
Wohlstand und ökonomische Stabilität
Der wirtschaftliche Wohlstand des Einzelnen wird
durch das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und dessen Veränderung gemessen. Bei der Berechnung
des materiellen Wohlstands des Einzelnen wird die
Bevölkerungsentwicklung – positiv wie auch negativ – mit in die Berechnung einbezogen. Ein Wirtschaftswachstum, welches sich aus der reinen Bevölkerungsveränderung ergibt, kann damit sichtbar
gemacht werden.
Wir erwarten auch in diesem Jahr ein stärkeres
Wachstum bei den Dienstleistungsbranchen als im
Verarbeitenden Gewerbe. Das wird voraussichtlich
erneut zu einem stärkeren Jobwachstum in Berlin
führen als im Bundesdurchschnitt. Aber man sollte
sich nicht zu sicher sein, dass dies sich dauerhaft so
hält: Ein wesentlicher Vorteil Berlins war in der Vergangenheit, dass relativ gute Bedingungen für junge
und innovative Unternehmen bei gleichzeitig geringen Kosten herrschten. Gerade die Entwicklung auf
dem Immobilienmarkt lässt zumindest den Kostenvorteil immer kleiner werden. Das Wachstumsmodell
Berlins muss sich daher immer wieder selbst neu erfinden.
3. In welchen Branchen sehen Sie für Berlin künftig
die stärksten Wachstumspotenziale?
Auch in den kommenden Jahren dürfte die positive Entwicklung des Handels, der Informations- und
Kommunikationsbranche aber auch im Gesundheitswesen anhalten. Gerade der letztere Bereich gewinnt
angesichts der zunehmenden Alterung der Bevölkerung an immer größerer Bedeutung. Im Handel ist es
schon lange nicht mehr der stationäre Einzelhandel
der wächst – hier sind es vor allem online Plattformen und der Versandhandel, der enormes Wachstum
erfährt.
13
Im Jahr 2018 betrug in Berlin das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 40.568 € und wuchs mit 4,4 %
gegenüber dem Vorjahr bundesweit am stärksten;
in Deutschland betrug es 40.851 €. Der Rückstand
Berlins zum Bundesdurchschnitt bei Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist in den letzten drei Jahren trotz
des stärkeren Bevölkerungswachstums von 4,0 auf
0,7 Prozentpunkte gesunken.
Die ökonomische Leistungsfähigkeit der Wirtschaft
und deren Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit wird
durch den Umfang und die Qualität der Infrastruktur bestimmt. Die Bruttoanlageinvestitionen geben
in diesem Zusammenhang Aufschluss über die Weiterentwicklung der betrieblichen und öffentlichen
Infrastruktur. Darüber hinaus geben die Investitionen auch Hinweise in Bezug auf das Vertrauen der
Wirtschaftsakteure in die zukünftige Entwicklung
eines Wirtschaftsstandortes. Die Bruttoanlageinvestitionen setzen sich aus dem Zugang neuer Anlagen sowie dem Saldo der gekauften und verkauften gebrauchten Anlagen zusammen. Neue Anlagen
bestehen aus den drei Teilbestandsgrößen Ausrüstungsinvestitionen – also der Zugang an neuer und
gebrauchter Ausrüstung wie z. B. Maschinen – , Bauinvestitionen wie beispielsweise die Bauleistung an
Wohn- und Nichtwohngebäuden und Investitionen
in sonstige Anlagen wie z. B. Ausgaben für Software
und Datenbanken.
Im Jahr 2016, für das aktuelle Daten vorliegen, wurden
26,3 Mrd. € in Berlin investiert und damit real 4,9 %
mehr als im Vorjahr. Die Investitionen stiegen damit
etwas stärker als im Bundesdurchschnitt (+3,5 %). Berlins Investitionsquote lag 2016 bei 19,7 %, gegenüber
17,3 % in 2010. Die Dynamik des Wirtschaftsstandortes Berlin unterstreicht, dass die Bruttoanlageinvestionen zwischen 2010 und 2016 um real 35,7 % gestiegen
sind und damit deutlich stärker als der Bundesdurchschnitt mit 14,9 %. Bei den Anschaffungen von neuen
Anlagen dominierte 2016 der Dienstleistungssektor
mit einem Anteil von 83,4 %. Auf das Produzierende
Gewerbe (Industrie, Energie und Bau) entfielen 16,6 %
der neuen Investitionen. Bei der aktuellen Umfrage der
Industrie- und Handelskammer Berlin gab ein überwiegender Teil der Unternehmen an, ihre Investitionstätigkeit ausbauen zu wollen.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stellen zukunftsgerichtete Investitionen dar und bieten
die Grundlage für weiteres wirtschaftliches Handeln
im nationalen und internationalen Wettbewerb mit
anderen Märkten. Der Forschungs- und Innovationsstandort Berlin ist durch den Staat, den Hochschulsektor und die Wirtschaft geprägt.
In den vergangenen Jahren sind die Ausgaben in Berlin in allen drei Bereichen kontinuierlich gestiegen.
Gemessen am Anteil der Aufwendungen für öffent-
Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Sektoren
in Mio. Euro; Anteil der Ausgaben am BIP in %
5.000
4,0
4.500
3,5
4.000
3,0
2,5
3.000
2.500
2,0
2.000
1,5
1.500
1,0
1.000
0,5
500
0
2007
Staat
2008
Hochschulen
2009
2010
Wirtschaft
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Anteil FUE/BIP
Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Stifterverband Wissenschaftsstatistik, Statistisches Bundesamt
14
2017
0,0
Anteil am BIP in %
in Mio. Euro
3.500
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
liche FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt setzt
sich Berlin von allen anderen Bundesländern ab und
erreichte im Jahr 2017 den höchsten Wert von 1,19 %,
wohingegen die Wirtschaft im Bundesländervergleich
nur unterdurchschnittlich in FuE investiert. Dies ergibt
sich aus dem geringen Anteil der forschungsintensiven Industrie am gesamten BIP.
Der Anteil aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung am BIP inkl. der Wirtschaft und Hochschulen lag
in Berlin 2017 bei 3,41 %. In Deutschland lag dieser
Wert bei 3,04 %. Trotz Verunsicherungen durch konjunkturelle Schwankungen behielten die Berliner Unternehmen ihr Engagement bei der Umsetzung von
Innovationen in den vergangenen Jahren stetig bei
und stellen sich zukunftsfähig auf.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung:
soziale Gerechtigkeit
Die Betrachtung der rein materiell messbaren Größen
muss im Sinne der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung durch soziale Indikatoren ergänzt werden. Der
Fokus liegt daher auf der Bevölkerung und hier auf
benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Erst wenn bei
allen unterschiedlichen Gruppen die gleichen Möglichkeiten bestehen, am Arbeitsmarkt und somit an der
wirtschaftlichen Entwicklung teilzuhaben, kann von
einer zukunftsgerichteten Wirtschaft mit einer gleichberechtigten Partizipation am gesellschaftlichen Leben gesprochen werden.
Ergänzend zur Arbeitslosenquote liefert die Erwerbstätigenquote wichtige zusätzliche Informationen. Die
Erwerbstätigenquote bezeichnet den Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten Wohnbevölkerung im
gleichen Alter. Die Entwicklung der Erwerbstätigenquote in Berlin, bezogen auf die Bevölkerung im Alter
von 20 bis 64 Jahren, holt seit Jahren gegenüber den
anderen Bundesländern auf und lag im Jahr 2018 bei
77,7 %. Sie stieg mit 2,0 % unter allen Bundesländern
am stärksten und bewegte sich damit knapp unter
dem bundesweiten Durchschnittswert von 79,9 %. In
den letzten zehn Jahren stieg die Erwerbstätigenquote
um 11,6 Prozentpunkte und verzeichnete damit das
höchste Wachstum im Bundesländervergleich.
Die Chance, am Arbeitsmarkt aktiv teilzunehmen,
erhöht sich signifikant mit einem abgeschlossenen
Schulabschluss oder einer Ausbildung. Mit einem
mittleren Bildungsabschluss der Sekundarstufe II, im
Vergleich zur Sekundarstufe I, nehmen die Jobchancen deutlich zu. Da ein Bildungs- bzw. Berufsabschluss
somit die beste Investition in die individuelle Zukunft
ist und die Voraussetzung für die Erzielung eines
auskömmlichen Erwerbseinkommens darstellt, haben
sich die Länder der Europäischen Union zum Ziel gemacht, den Anteil der frühen Schulabgängerinnen und
Schulabgänger unter den Wert von 10 % zu senken.
Der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger1, das heißt jenen, die höchstens über einen
Abschluss der Sekundarstufe I verfügen, liegt in Berlin
aktuell bei 13,6 %.
Gerade Menschen mit einer niedrigen Bildung oder
geringeren Qualifizierung sind überdurchschnittlich
oft arbeitslos. Im Jahr 2016 betrug die Differenz der
Beschäftigungsquoten der 20- bis 64-Jährigen nach
ihrem Bildungsstand zwischen der Sekundarstufe I
und dem Tertiären Bereich knapp 35 Prozentpunkte.
Eine weitere gesellschaftlich Gruppe, der durch geeignete Rahmenbedingungen der Weg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtert werden soll, sind Menschen mit
einer Behinderung. Durch den Zugang zum Arbeitsmarkt soll ihnen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe sowie ein weitgehend selbstbestimmt
geführtes Leben ermöglicht werden. Die Ist-Quote für
die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen2
betrug im Jahr 2017 in Berlin 5,3 % und war damit
deutschlandweit die Höchste. Geprägt wird die Kennziffer vor allem durch den öffentlichen Sektor, der mit
einer Quote von 8,2 % zu diesem hohen Wert beigetragen hat. Zugenommen hat die Beschäftigtenzahl
bei den schwerbehinderten Menschen. Diese ist im
Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen 2012 und 2017 um
knapp 11 % gestiegen.
Der demographische Wandel in Deutschland schreitet voran und prägt unsere Gesellschaft in weiten
Bereichen unseres Lebens – in den letzten Jahren
wurde dabei in Berlin allerdings ein Geburtenüberschuss verzeichnet. Trotz der positiven Bevölkerungsentwicklung, aber auch gerade deswegen ist
es wichtig, Menschen den Weg in die Familiengrün-
1 Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von
18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden,
keinen beruflichen Ausbildungsabschluss haben und nicht über einen
Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
2 In Deutschland sind Unternehmen ab einer Größe von durchschnittlich
20 Beschäftigten pro Jahr dazu verpflichtet, mindestens 5 % ihrer Belegschaft mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Personen
zu besetzen.
15
dung zu erleichtern sowie sie im alltäglichen Leben
mit Kindern adäquat zu unterstützen. Dabei gilt es,
die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter 6 Jahren stetig
zu verbessern, so dass Eltern selbstbestimmt am Arbeitsleben teilnehmen können und am wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren. Die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie wird unterstützt. Gleichzeitig wird
aktiv die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen
und Männern weiter vorangetrieben.
Die veränderte Wirtschaftsstruktur, die gute konjunkturelle Lage sowie die Maßnahmen zur Unterstützung
der Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen dazu
bei, dass sich die Erwerbsmöglichkeiten für Frauen immer weiter verbessern. Im Jahr 2018 lag die Frauenerwerbstätigenquote in Berlin bei 74,4 %, womit sich
der Rückstand zum Bundesdurchschnitt auf 1,4 Prozentpunkte verringert hat. Immer mehr Frauen im
Alter zwischen 20 und 64 Jahren gehen mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach, so dass die Quote in
den letzten zehn Jahren um 17,0 % gestiegen ist. Im
Bundesländervergleich verzeichnete hier Berlin das
höchste Wachstum. Im Vergleich zur Erwerbstätigkeit von Frauen lag die Quote der Männer 2018 bei
80,9 % (Bund: 83,9 %).
Auch die Erwerbstätigenquote für die Altersgruppe
der 55- bis 64-jährigen Frauen und Männer hat sich in
den letzten zehn Jahren kontinuierlich verbessert. Sie
lag 2018 in der gesamten Gruppe bei 70,2 % und stieg
im Vergleich zum Jahr 2008 um 22,5 Prozentpunkte.
Die Quote der Männer lag 2018 bei 73,8 %, bei den
Frauen betrug sie 66,7 %.
Die gute konjunkturelle Lage sowie die arbeitsunterstützenden Maßnahmen führen zu einem deutlichen Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Waren
2008 noch knapp 98.000 Menschen langzeitarbeitslos, hat sich diese Zahl mehr als halbiert und
betrug 2018 noch 42.800. Die Langzeitarbeitslosigkeit nahm im genannten Zeitraum um 56 % ab. Die
Abnahme der Langzeitarbeitslosigkeit geht einher
mit den erwähnten positiven Entwicklungen der Erwerbstätigenquote.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung:
ökologische Wirtschaftsentwicklung
Ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum ist mit
entsprechender Verantwortung gegenüber der Natur
16
verbunden – in den Entscheidungsprozessen des heutigen Handelns müssen dessen zukünftige Konsequenzen mit berücksichtigt werden. Vorhandene natürliche Ressourcen müssen geschützt werden, der
Blick auf das Wohlergehen künftiger Generationen
gelegt und gleichzeitig die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner kontinuierlich verbessert werden
– letztendlich muss eine Abkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung erreicht werden. Am kostengünstigsten und effektivsten wird die
Natur geschützt, indem Ressourcen nicht lediglich
durch andere substituiert werden – z. B. Kohle durch
Biomasse –, sondern der Ressourcenverbrauch insgesamt reduziert wird.
Wenngleich die Datenlage in diesem Bereich mit erheblichen Time-Lags verbunden ist und Daten aktuell nur
bis zum Jahr 2016 verfügbar sind, ist in Berlin im langjährigen Vergleich ein positiver Trend zur ökologischen
Nachhaltigkeit zu erkennen. Zu beachten ist jedoch die
besondere Situation Berlins, da sich mit der deutschen
Wiedervereinigung ein intensiver Strukturwandel in der
Wirtschaft mit einem starken Rückgang des energieintensiven Produzierenden Gewerbes und einem starken
Anstieg der Dienstleistungsbranchen vollzogen hat.
Der Primärenergieverbrauch (PEV), der den Energiegehalt aller im Inland eingesetzten Energieträger wiedergibt, konnte 2016 im Vergleich zum Basisjahr 1990
um 24,1 % verringert werden. Steigende Energieeffizienz und -produktivität der Wirtschaft können zudem die Auswirkungen eines größeren Energiebedarfs
aufgrund von Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum abfedern. Dennoch zeigt ein leichter Anstieg der
CO2-Emissionen um 2,9 % im äußerst wachstumsstarken Jahr 2016, dass die Energie- und Klimaziele
des Landes weiter konsequent zu verfolgen sind. Der
Verbrauch von Steinkohle sank zu 1990 um 55,5 %;
der Verbrauch von Braunkohle sank um 74,1 %.
Beide Energieträger decken in der aktuellen Bilanz
noch 18,2 % des Gesamtprimärenergieverbrauches
ab (1990: 36,7 %). Daneben gewinnt das Angebot an
erneuerbaren Energien in Berlin stetig an Bedeutung.
Gegenüber 0,7 % im Jahr 2000 stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch auf
4,0 % im Jahr 2016; im Vergleich zu 2015 stieg der
Verbrauch um 2,7 %.
Wird der Primärenergieverbrauch ins Verhältnis zum
Bruttoinlandsprodukt gesetzt, ergibt sich die Energieintensität. Damit wird verdeutlich, wie viel Energie
für eine bestimmte Einheit an Wirtschaftsleistung
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Primär- und Endenergieverbrauch je 1000 EUR Bruttoinlandsprodukt (Energieintensität)
7
Energie in GJ/1000 EUR BIP
6
5
4
3
2
1
0
2006
2007
2008
2009
2010
PEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
EEV je 1000 Euro BIP in Deutschland
2011
2012
2013
2014
2015
2016
PEV je 1000 Euro BIP in Berlin
EEV je 1000 Euro BIP in Berlin
Quellen: Energie- und CO2-Bilanz in Berlin 2015, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
notwendig ist. Während im Jahr 2000 3,9 GJ zur Erzeugung von 1.000 € des Bruttoinlandsprodukts notwendig waren, waren es im Jahr 2016 nur noch 2,1 GJ.
Die Energieintensität nahm im Zeitverlauf deutlich
ab. Für Deutschland lag die Energieintensität 2016
bei 4,3 GJ je 1.000 €, ist aber auch hier in den letzten
Jahren gesunken. Der Endenergieverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gibt Auskunft über
die tatsächlich verwendete Energie zur Erzeugung der
Wirtschaftsleistung. Der Endenergieverbrauch ist geringer als der Primärenergieverbrauch, da es durch die
Umwandlung von Energie zu Verlusten kommt. Auch
der Endenergieverbrauch sank in den letzten Jahren
kontinuierlich.
Treibhausgasemissionen sind der Hauptverursacher
des Klimawandels. Um den Klimaschutz voranzubringen, hat sich Berlin zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2020 um 40 % und bis
2030 um 60 % zu senken. Die CO2-Emissionen sind in
Berlin in den vergangenen 26 Jahren, zwischen 1990
und 2016, um 31,4 % auf 20,1 Mio. Tonnen gesunken und nähern sich der 40-Prozent-Marke an. Auch
die CO2-Emissionen je Einwohnerin und Einwohner
sind stark zurückgegangen. Während pro Kopf im
Jahr 1990 noch durchschnittlich 8,5 t CO2-Emissionen
verursacht wurden, waren es gemäß Verursacherbilanz im Jahr 2016 5,7 t und damit 33,6 % weniger
als 1990. Gegenüber dem Vorjahr entstand 2016 eine
leichte Zunahme um 1,4 %. Da in der aktuellen Bilanz
knapp 20 % des Primärenergieverbrauchs aus Kohle
gewonnen werden, besteht mit dem Ausstieg aus der
Steinkohlenutzung in Berlin und mit einem deutschlandweiten Ausstieg aus der Kohlenutzung ein hohes
Potenzial, die CO2-Emissionen weiter zu reduzieren.
Die Abschaltung des letzten Braunkohlekraftwerks im
Mai 2017 war daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
17
III. Wirtschaft
Berlin erlebt einen Wachstumsschub, der eine hervorragende Ausgangslage dafür bietet, die im vergangenen
Jahrzehnt aufgrund notwendiger Haushaltskonsolidierungen entstandene Infrastrukturlücke mit modernen urbanen Investitionsvorhaben zu füllen. Als Gründungsmetropole und Stadt, die wie keine andere deutsche Region
von der Digitalisierung profitiert, treibt Berlin damit seine Entwicklung zur modernen Smart City gezielt voran. Es
ist die Vielfalt an Branchen und deren Vernetzung untereinander, die Berlin als Industrie- und Innovationstandort
so interessant für unternehmerisches Engagment macht.
III.1 Industrie und Industriepolitik
Die digitale Transformation sowie der zunehmende
globale Wettbewerb um Wissen und Märkte sind gegenwärtig die zentralen Herausforderungen der Berliner Industrie. Entscheidend für die Zukunft des Industriestandortes Berlin ist es, die bestehende, gute
Wettbewerbsposition zu festigen und auszubauen.
Eine Voraussetzung dafür sind gut ausgestaltete
Rahmenbedingungen, die es Unternehmen in Berlin
ermöglichen, reibungslos und unter Ausnutzung aller positiven Standortpotenziale neue Produkte und
Wege der Herstellung zu entwickeln, zu erproben und
in neue Wertschöpfungsketten einzuführen.
Grundlage aller industriepolitschen Überlegungen in
Berlin ist der Masterplan Industriestadt Berlin 2018 –
2021 (MPI), mit den vier Handlungsfeldern „Fachkräfte und Innovation“, „Digitalisierung“, „Rahmenbedingungen“ und „Marketing“. Der MPI wurde gemeinsam
mit den Partnern aus dem Netzwerk Industriepolitik
– Akteure aus Kammern, Branchenverbänden, Verwaltung und Wirtschaftsförderung – erarbeitet.
Im Rahmen der Handlungsfelder soll beispielsweise die
Sicherung von Flächen für industrielle Produktion, die
Digitalisierung sowie die Schaffung eines innovativen
Ökosystems forciert werden. Zu diesem zählen zahlreiche innovative Industrieunternehmen sowie Institutionen der hervorragenden Forschungslandschaft Berlins.
In der Hauptstadt sind mehrere miteinander kooperierende Fraunhofer-Institute lokalisiert, vier Universitäten
sowie weitere Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die eng mit der Berliner Industrie zusammenarbeiten. Insbesondere die Innovationspotenziale an der
Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft sollen mit
dem Masterplan gezielt gehoben werden.
Charakteristisch für den Wirtschaftsstandort Berlin ist
eine sehr dynamische Gründungslandschaft. Industri18
elle Wertschöpfung in Berlin basiert nicht selten auf
erfolgreichen Kooperationen zwischen jungen Gründerinnen und Gründern und traditioneller Industrie aus
dem KMU-Bereich, die stark von der Innovationsfreude der Startups profitieren. Diese Akteurslandschaft
trägt für Berlin bereits heute dazu bei, dass im Rahmen der Masterplanumsetzung sicht- und erlebbare
innovative „Leuchttürme“ geschaffen werden, wie
z. B. der Industrie- und Wissenschaftscampus (IWCB)
von Siemens in Berlin-Spandau oder die Gründung
des Industrial Manufacturing Hub Berlin (IAM Hub) im
Gewerbegebiet Marienpark. Beim IWCB werden auf
einer Fläche von 70 Hektar bis 2030 innovative Forschungs-, Fach- und Gründerzentren, außeruniversitäre Einrichtungen und Startup-Firmen angesiedelt
werden. Das zweite Projekt, der IAM Hub im Marienpark, wird maßgeblich vom Netzwerk Mobility goes
Additive e.V. verwirklicht. Hier werden einerseits innovative 3D-Druckunternehmen und Wissenschaftsinstitute ihren Platz auf dem Campus finden, er wird aber
auch Test- und Experimentierfeld für additive Technologien sein.
Entscheidend für den Erfolg des Masterplans Industriestadt ist aber nicht nur die Umsetzung der
Leuchtturmprojekte. Mit insgesamt über 90 Projekten wird ein breites Spektrum an gestaltenden und
unterstützenden Vorhaben für den Industriestandort Berlin realisiert. Der Masterplan ist zudem ein
dynamisches Konstrukt. Damit ist sichergestellt,
dass flexibel auf geänderte Bedingungen und Anforderungen reagiert werden kann und neue industriepolitisch relevante Impulse und Projekte aufgenommen werden können.
Administrativ begleitet und inhaltlich unterstützt
werden die umsetzenden Projektpartnerinnen und
-partner seit 01.03.2019 durch die neu eingerichte-
III. Wirtschaft
Petra Christiansen
Projekt „junior1stein“,
OSZ Lise Meitner
1. Das OSZ Lise-Meitner und das Schülerforschungszentrum haben einen Vorschlag für die Verbesserung
der MINT-Bildung in Berlin ausgearbeitet – kurz und
knapp: Was ist der Kerngedanke dieses Vorschlags?
Es geht um die Qualität des MINT-Unterrichts an den
Berliner Schulen. Trotz einiger sehr guter Schulen und
privater Initiativen gibt es einen Mangel an naturwissenschaftlicher Bildung. Unser Konzept „junior1stein“
sieht den Aufbau eines Bildungsmanagements vor,
das in regionalen Clustern die Unterrichtsqualität im
MINT-Bereich verbessert und damit den Nachwuchs
für Wirtschaft und Wissenschaft sichert.
2. Mit Ihrem Projekt sind Sie Teil des Masterplans
Industriestadt Berlin 2018 – 2021. Wie fügt sich Ihr
Vorschlag hierin ein?
te Geschäftsstelle Masterplan Industriestadt Berlin.
Sie ist erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um den
Masterplan Industriestadt und unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe u. a.
beim Erstellen der regelmäßigen Reportings und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit.
Mit dem Start des Masterplans Mitte November 2018,
der Einrichtung der Geschäftsstelle im Frühjahr 2019
und zahlreichen bereits laufenden Projekten ist die
Umsetzungsphase erfolgreich gestartet. Nun gilt es,
die Maßnahmen bei ihrer Umsetzung zu begleiten
und so die Idee hinter dem Masterplan erfolgreich zu
verwirklichen.
Standortentwicklung / Gewerbeflächenpolitik
Um die vielfältigen Potenziale des Wirtschaftsstandortes Berlin auszuschöpfen und in neue Arbeitsplätze
umzusetzen, ist ein ausreichendes Flächenangebot
für die Sicherung, Erweiterung und Neuansiedlung
von Unternehmen – möglichst in allen Teilräumen der
Stadt – erforderlich.
„junior1stein“ ist der erste systematische Versuch, in
der normalen Regelschule MINT-Fächern ein größeres Gewicht zu geben und den Unterricht für Empirie
und Technik zu öffnen. Ziel ist eine höhere Motivation für MINT-Bildung, für ein MINT-Studienfach oder
eine Ausbildung. Mit den vom Bildungsmanagement
aufgebauten Kontakten zur Wirtschaft und den damit angestrebten stabilen Beziehungen über die
gesamte Schulkarriere kann das Potenzial für den
MINT-Nachwuchs am Standort Berlin erheblich vergrößert werden.
3. MINT-Fächer interessieren nach wie vor eher Jungs,
die Potenziale von Mädchen werden so nur unzureichend genutzt. Setzen Sie mit Ihrem Vorschlag auch
hier an?
Wir haben in unserer Schule und im Schülerforschungszentrum ausgezeichnete Erfolge mit Mädchen erzielt. „junior1stein“ will den Kreis erheblich
vergrößern und in ganz Berlin wirken. Mit einem
qualifizierten naturwissenschaftlich-technischen
Unterricht, der einen Bezug zum Alltag, zu interessanten Berufen und zur digitalen Welt herstellt,
können tradierte Berufsvorstellungen überwunden
werden.
Während in verdichteten, innerstädtischen Bereichen
der Fokus auf dem Erhalt von Standorten für kundennahes Handwerk, Dienstleistungen und kleinteilige
Produktion liegt, sollen die vorhandenen Industrieund Gewerbegebiete außerhalb des S-Bahn-Rings
auch weiterhin attraktive Flächen für Industrie und
Gewerbe bereitstellen.
Das schnelle Wachstum der Stadt bringt es mit sich,
dass die Konkurrenz um das knappe Gut „Fläche“
mehr und mehr zunimmt. Aufgabe einer engagierten Gewerbeflächenpolitik ist es, darauf hinzuwirken,
dass bei der Schaffung von mehr Wohnraum auch
die Arbeitsplatzentwicklung mitberücksichtigt wird.
Bestandsunternehmen müssen an ihrem Standort
arbeiten und produzieren können, ohne Gefahr zu
laufen, verdrängt zu werden. Gleichzeitig müssen
ansiedlungs- und investitionswillige Unternehmen
Gewerberäume und -flächen zu akzeptablen Konditionen anmieten oder pachten können, um ihre Geschäftsidee zu verwirklichen und neue Arbeitsplätze
zu schaffen.
19
Stadtentwicklungsplan Wirtschaft – Sicherung,
Entwicklung und Qualifizierung von Gewerbeflächen
In Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Industrie und Gewerbe hat der Senat am 30. April
2019 den neuen Stadtentwicklungsplan (StEP) Wirtschaft 2030 für Berlin beschlossen. Damit bleiben
Flächenvorsorge und -sicherung für die gewerbliche
Wirtschaft wesentliche Aufgaben für die weitere
Entwicklung der Stadt. Berlin bekennt sich mit dem
neuen StEP zu seiner Industrie, dem produzierenden
und verarbeitenden Gewerbe, dem weiter an Bedeutung wachsenden Dienstleistungsbereich – aber
auch seinen klein- und mittelständischen Betrieben
sowie dem für die Berliner Bevölkerung wichtigen
Handwerk.
Der StEP Wirtschaft 2030 benennt ein Gesamtpotential von 4.450 ha gewerblicher Baufläche und darüber
hinaus weitere rd. 800 ha Sonderbauflächen mit gewerblichem Charakter bzw. Ver- und Entsorgungsflächen, die für die gewerbliche Wirtschaft zur Verfügung
stehen. Als aktuell verfügbares Flächenpotenzial für
Neuansiedlungen und Betriebserweiterungen werden
300 ha lokalisiert, von denen rd. 120 ha in der Verfügung des Landes Berlin stehen.
Wichtige Bausteine der Gewerbeflächenpolitik sind
die Sicherung der bestehenden Gewerbegebiete und
deren Schutz vor Umnutzung. Viele Akteure auf dem
Immobilienmarkt haben ein durchaus verständliches
Interesse an höherwertigen Nutzungen, um den Grundstückswert zu steigern und/oder höhere Mieteinnahmen zu erzielen. Jedoch hat eine Gebietsaufwertung
nahezu immer (auch) negative Folgen: die Verdrängung ansässiger Unternehmen, die Verknappung des
ohnehin bereits geringen Flächenangebots und das
Erschweren bzw. sogar die Verhinderung der Ansiedlung neuer Unternehmen durch boden- und mietpreissteigernde Wirkungen.
Deshalb kommt dem Aspekt der Gewerbeflächensicherung im neuen Stadtentwicklungsplan Wirtschaft
(StEP Wirtschaft) eine große Bedeutung zu. Auch zukünftig ist das EpB („Entwicklungskonzept für den
produktionsgeprägten Bereich“) ein zentraler Bestandteil des StEP. Mit insgesamt rd. 2.900 ha Fläche
kennzeichnet das EpB die 40 Bereiche innerhalb der
Kulisse der gewerblichen Bauflächen im Flächennutzungsplan, die weiterhin verbindlich für die produktionsorientierte und industrielle Entwicklung der Stadt
gesichert und entwickelt werden sollen. Das Konzept
soll den dort ansässigen Unternehmen langfristige
Planungssicherheit bieten und dazu beitragen, sie am
Standort zu halten.
Mit den Standorten ehem. Flughafen Tegel (140 ha),
Buchholz Nord (130 ha), Clean Tech Business Park
Berlin (90 ha) und Bohnsdorf (117 ha) stehen mittelbis langfristig weitere große zusammenhängende Flä-
Struktur der Industriebeschäftigten in Berlin im Jahr 2018
Weitere Industriezweige
13 %
H. v. elektrischen
Ausrüstungen
16 %
Sonstiger Fahrzeugbau
4%
H. v. Kraftwagen u.
Kraftwagenteilen
4%
H. v. Druckerzeugnissen u. a.
6%
H. v. chemischen
Erzeugnissen
6%
H. v. Nahrungsu. Futtermitteln
11 %
H. v. DV-Geräten, elektron.
u. optischen Erzeugnissen
10 %
H. v. pharmazeutischen
Erzeugnissen
6%
H. v. sonstigen Waren
Maschinenbau
9%
6%
H. v. Metallerzeugnissen
9%
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
20
III. Wirtschaft
chen in interessanter Lage für die Berliner Wirtschaft
zur Verfügung.
Ein weiteres Ziel des StEP ist die Aktivierung und Entwicklung von Potenzialflächen, die Förderung von
Managementstrukturen, die Benennung von Räumen
für innenstadtaffines Gewerbe, Büronutzungen und
Kunstproduktion. Der StEP Wirtschaft 2030 bietet die
Gewähr, im Rahmen der wachsenden Stadt auch künftig die benötigten Flächen für die Wirtschaft und die
damit einhergehende Schaffung von Arbeitsplätzen
zeitgerecht zur Verfügung zu stellen.
21
III.2 Zukunftsorte / Smart City Berlin
Die Berliner Zukunftsorte sind Standorte, an denen
vor Ort Netzwerkstrukturen zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft existieren bzw. geschaffen werden
sollen. Der tatsächlich gelebte Austausch und die Kooperationen von Wirtschafts-, Forschungs- und Technologieeinrichtungen fördern die Innovations- und
Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft.
Als Berliner Zukunftsorte gelten der Wissenschaftsund Technologiepark Adlershof, der Biotech-Campus
Berlin-Buch, der Campus Charlottenburg / City West,
der Clean Tech Business Park Berlin-Marzahn, der EUREF-Campus Schöneberg, der Technologiepark Humboldthain, der Forschungs- und Produktionsstandort
Schöneweide / Südost, der Campus Dahlem / Südwest
mit dem Technologie- und Gründungszentrum, der
Flughafen Tegel als Urban-Tech-Standort und der
Flughafen Tempelhof als Standort für Kreativwirtschaft.
Seit Anfang April 2019 gibt es einen weiteren Zukunftsort: Siemensstadt 2.0 im Bezirk Spandau, mit
Dr. Julia Neuhaus
Leiterin Geschäftsstelle
Zukunftsorte Berlin
1. Seit gut einem Jahr leiten Sie die Geschäftsstelle
der Berliner Zukunftsorte – Wie definieren Sie den
Kern Ihrer Aufgabe?
Das Aufgabenfeld ist sehr breit angelegt: Es fängt mit
der gemeinsamen Vermarktung der Berliner Innovationsstandorte an. Auch sind wir Schnittstelle für die
Partner dieser Zukunftsorte, Politik und Verwaltung,
Wissenschaft oder Unternehmen, um den Austausch
der richtigen Personen zur richtigen Zeit zu ermöglichen. Außerdem erarbeiten wir mit den Partnern vor
Ort Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung. Ziel ist es, durch das Wissen um die richtigen
Rahmenbedingungen den Erfolg der Berliner Zukunftsorte langfristig sicherzustellen.
2. Was ist für Sie das besondere an den Berliner Zukunftsorten?
22
dem Ziel hier einen neuen Innovationcampus zu entwickeln. Mit einer Investition von über 600 Mio. € wird
das Unternehmen am Standort Berlin-Siemensstadt
zusammen mit dem Bezirk und dem Senat auf einer
Fläche von ca. 70 Hektar einen neuen Stadtteil entwickeln, der moderne Urbanität, also die Verbindung
verschiedener Nutzungen wie Arbeiten, Wohnen und
Freizeitgestaltung vereint. Im Projekt Siemensstadt
2.0 werden Synergien durch das Zusammenwirken
von Wissenschaft und Wirtschaft entstehen, die in
bestimmten, für Siemens und Berlin wichtigen Innovationsfeldern und Schlüsseltechnologien zum Tragen
kommen. Damit wird der Industriestandort gestärkt
und gleichzeitig der Weg zur Smart City fortgesetzt.
Seit dem 01.10.2017 nimmt die „Geschäftsstelle Zukunftsorte“ die Aufgabe der Profilierung der Berliner
Zukunftsorte wahr. Sie unterstützt zudem die interne
sowie externe Vernetzung und Kooperation, sodass sich
Berlin im regionalen, nationalen sowie internationalen
Wettbewerb als wissenschaftsnaher Wirtschaftsstandort prägnanter als bisher präsentieren kann.
Die Berliner Zukunftsorte stehen für die Entwicklung innovativer Produkte durch die Kooperation
von Wissenschaft und Wirtschaft. Damit sind in Berlin bereits heute rund 62.000 Beschäftigte befasst.
Sie machen Berlin zum größten Technologie- und
Innovationspark Europas. Die Kooperation unserer
exzellenten Wissenschaftslandschaft mit Startups
sowie vielen etablierten Unternehmen versetzen
uns in die Lage, auf viele Herausforderungen unserer Zeit, wie zum Beispiel Digitalisierung oder
Klimaschutz, die entsprechende richtige Expertise
anzubieten.
3. Siemensstadt ist seit kurzem der elfte Zukunftsort
– was steht hier aktuell auf der Agenda?
Ich freue mich sehr, dass mit Siemensstadt ein
weiterer renommierter, einerseits traditionsreicher,
zugleich aber auch zukunftsorientierter Standort
Berlins dabei ist. In den Arbeitsgruppen der Zukunftsorte ist die Siemens AG als erfahrener Partner ein wichtiges Mitglied, gerade wenn es um
die Pilotierung neuer Ideen und deren Umsetzung
geht. Demnächst steht der städtebauliche Wettbewerb an, der in verschiedenen Arbeitsgruppen
vom Land Berlin und der Siemens AG begleitet
wird.
III. Wirtschaft
Im Rahmen des Masterplans Industrie werden seitens
der Geschäftsstelle spezielle Projekte, wie z. B. der
Aufbau einer sog. Kompetenzplattform initiiert. Ziel
ist die Schaffung einer innovativen Talentplattform
mit der Besonderheit, dass durch bedarfsgerechte
Analysen aus verschiedenen aggregierten Nutzerprofilen das vorhandene bzw. fehlende Wissen der Talente bzw. Unternehmen in der Stadt erfasst werden
kann und ein besseres Matching zwischen Bedarf und
Nachfrage gewährleistet wird. Aus den generierten Erkenntnissen zu vorhandenem bzw. fehlendem Wissen
soll der Bedarf aus der Wirtschaft effektiver abgebildet werden können, um so neue Wissenschaftskooperationen und Lehrangebote zu ermöglichen.
Wohnen. Die fortschreitende Digitalisierung birgt ein
enormes Potenzial, um diese Sektoren zusammen zu
bringen und damit auch zur Bewältigung des Klimawandels beizutragen. Der digitale Wandel ermöglicht
auch einen ökologischen Wandel.
Ziel der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe ist es, die Zukunftsorte als Standorte der Verknüpfung zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung weiterhin zu unterstützen, die Erschließung
der Gebiete zu optimieren und sowohl nationale als
auch internationale Fachkräfte sowie Ansiedlungen
von Hochtechnologieunternehmen für Berlin zu gewinnen.
Nicht nur an innovativen Wirtschafts- und Forschungsstandorten, sondern auch im öffentlichen
Raum wird die Smart City Berlin sichtbar. Die intelligente Stadt vollzieht sich alltäglich gerade im öffentlichen Raum und seinen Infrastrukturen. Die großen
landeseigenen Unternehmen Berliner Stadtreinigung,
Verkehrs- und Wasserbetriebe haben Klimaschutz
und Energieeffizienz bereits in ihre Unternehmensleitlinien aufgenommen. Gemeinsam arbeiten sie im
InfraLab an konkreten Umsetzungsprojekten für die
Smart City Berlin.
Der Schwerpunkt der Smart City Berlin liegt an den
Schnittstellen der Bereiche Mobilität, Energie und
Dr. Jens Libbe,
Bereichsleiter Infrastruktur, Wirtschaft und
Finanzen, Deutsches
Institut für Urbanistik
(Difu)
1. Sie beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit dem
Thema „Smart City“. Geben Sie uns eine kurze Definition, worum es dabei geht?
Smart City ist in meiner Definition eine Stadt, in der
durch Einsatz innovativer Technologien, vor allem
I&K-Anwendungen, intelligente Lösungen für ganz
unterschiedliche Bereiche der Stadtentwicklung wie
Infrastruktur, Gebäude, Mobilität, Dienstleistungen
oder Sicherheit bereitgestellt werden.
2. Welches sind die drei wichtigsten Herausforderungen für Berlin auf dem Weg zur Smart City?
Für Berlin wie auch für andere deutsche Städte gilt:
Das Thema „Smart City“ gehört eingebunden in eine
Eine moderne Dateninfrastruktur ist dabei zentraler
Hebel. Die Öffnung weiterer Datenbestände auf dem
Open Data Portal des Landes sowie die Qualifizierung
der Breitband- und verfügbaren Übertragungsstandards ermöglichen uns die Kommunikation in Echtzeit. Sie sind Ausgangslage für eine Vielzahl von Anwendungen, wie zum Beispiel das automatisierte und
vernetzte Fahren.
integrierte Stadtentwicklungsstrategie. Die Smart
City kann diese nicht ersetzen, sondern immer nur
ein Baustein von übergeordneten stadtentwicklungspolitischen Zielstellungen sein. Neben einer
solchen konzeptionellen Klarheit sollte jede SmartCity-Strategie nicht top-down, sondern gemeinsam
mit der Bevölkerung und unter Mitwirkung von Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt werden. Analoge
wie digitale Partizipation ist elementar. Und zuletzt:
In den Verwaltungen braucht es die notwendigen
finanziellen und fachlichen Ressourcen – und zwar
in allen Bereichen. Es wird in den nächsten Jahren
elementar sein, dass die digitalen Kompetenzen systematisch und verwaltungsübergreifend aufgebaut
werden.
3. Welche Rolle spielt der Klimawandel in Ihrem
Smart City-Konzept?
Auf dem Papier wird die Smart City häufig mit klima- und energiepolitischen Zielstellungen in Verbindung gebracht. In der Praxis sieht es allerdings
häufig anders aus. Es fehlt bisher an Abschätzungen
in Hinblick auf die ökologischen Wirkungen digitaler
Technologien.
23
Ein aktuelles Beispiel hierfür liefert der EUREF-Campus. Hier werden Themen rund um die Energiewende
sichtbar und erlebbar. Es werden Projekte wie eine klimaneutrale Energieversorgung, intelligente Energienetze, effiziente Gebäude oder das Thema der Elektromobilität bespielt und erprobt. Auf dem Campus
werden Lösungsansätze aufgezeigt und demonstriert,
die veranschaulichen, dass die Energiewende nicht
nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich
umsetzbar ist. Darüber hinaus haben sich hier die
großen landeseigenen und privaten Versorgungsunternehmen BSR, BVG, BWB, GASAG (GASAG & NBB),
Vattenfall (Vattenfall & Stromnetz Berlin) und Veolia
im „InfraLAB“, zu einem langfristigen Co-Working &
Co-Creation-Projekt zusammengeschlossen, um zu
24
den Themenschwerpunkten Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung und E-Mobilität gemeinsam Innovationen für mehr urbane Nachhaltigkeit
zu entwickeln, zu erproben und umzusetzen. Um die
innovativen Ansätze und Projekte der Smart City für
die Bevölkerung und Gäste der Stadt sichtbar zu machen, wurde durch Berlin Partner für Wirtschaft und
Technologie im Auftrag der Senatskanzlei und in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe die Website „smart-city-berlin.
de“ entwickelt, die als umfassende Online-Plattform
des Netzwerks Smart-City-Berlin über die zahlreichen
Dimensionen, Akteure und Projekte der Smart City
Berlin informiert.
III. Wirtschaft
III.3 Startups
Berlin ist die Startup- und Gründungshauptstadt
Deutschlands. Die Gesamtzahl der Neugründungen
lag 2018 bei ca. 40.000. Mit 111 Neugründungen je
10.000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt Berlin
damit erneut vor Hamburg an der Spitze des Bundesländerrankings.
Auch in der zahlenmäßig kleineren Gruppe der Startups mit besonders innovativen Technologien und hohem Umsatz- und Beschäftigungswachstum gilt Berlin
als herausragend. In weltweiten Rankings von Startup
Ökosystemen platziert sich Berlin seit Jahren unter den
Top 10. Diese Bewertung wird untermauert von der erfolgreichen Einwerbung privaten Kapitals. In 2018 flossen fast 2,6 Mrd. € in Berliner Startups. Auch hier gehört Berlin seit Jahren zu den Top 3 Städten Europas.
Mit der „startup-map.berlin“ stellt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Ende 2018
eine zentrale Übersicht bereit, auf der Berliner Startups
aufzufinden sind und auf der sich diese auch selbst eintragen können. Bereits in der Pilotphase konnten dort
so über 2.800 Startups abgebildet werden.
Das Startup-Ökosystem Berlins bietet einen fruchtbaren Nährboden und ein Fundament für erfolgreiche
Berliner Unternehmen der Zukunft. Um das gewachsene Startup-Ökosystem Berlins bestmöglich weiterzuentwickeln, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe im Rahmen der Startup Unit gemeinsam mit der IHK, der Investitionsbank Berlin, der
Senatskanzlei und mit Berlin Partner für Wirtschaft
und Technologie fünf Handlungsfelder identifiziert,
die im Zentrum der politischen Aktivitäten stehen:
1. Zugang zu bezahlbarer Infrastruktur
In Berlin sind weit über einhundert private Inkubatoren, Acceleratoren, Werkstatt-Labore und Co-Working
Spaces angesiedelt, so viel wie in keiner anderen deutschen Stadt. Hier gibt es viel Freiraum für Kreativität und Innovationen – oft dadurch freigesetzt, dass
Menschen vielfältiger Herkunft und Hintergründe
mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten aufeinander
treffen. Das Business Location Center Berlin bei Berlin
Partner für Wirtschaft und Technologie hilft wachsenden Unternehmen, oft auch Startups, bei der Suche
nach neuen und zusätzlichen Räumlichkeiten.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe fördert den Aufbau von größeren und kleine-
ren Gründerzentren, wie etwa das Technologie- und
Gründerzentrum FUBIC an der FU Berlin, einen neuen
Standort für ein InkuLab an der TU Berlin oder Räumlichkeiten an den Wissenschaftsstandorten BerlinBuch und Adlershof sowie in Siemensstadt.
2. Zugang zu Fachkräften
Wesentlicher Erfolgsfaktor des Berliner Startup-Ökosystems sind die innovativen und technisch versierten
Fachkräfte aus dem In- und Ausland, die Berlin als Arbeits- und Lebensmittelpunkt wählen.
Für Unternehmen und Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland unterstützt der Business Immigration Service (BIS) im Ludwig Erhard Haus Unternehmerinnen und Unternehmer, auch Startups, qualifizierte
Fachkräfte und deren Familien schnell und unkompliziert bei allen aufenthaltsrechtlichen Fragen, unter
anderem auch bei Firmengründungen und Arbeitserlaubnissen. So erhalten Unternehmen in kürzester
Zeit die Information, ob ihre Fachkraft ein Visum erhalten wird. 2018 betreute der BIS von Berlin Partner
318 Unternehmen und ermöglichte 589 genehmigte
Aufenthaltstitel von qualifizierten Fachkräften und
deren Familien.
3. Zugang zu Kapital
Berlin ist innerhalb Deutschlands inzwischen etabliert
als der wichtigste Venture Capital Standort und nimmt
auch in Europa seit Jahren eine führende Stellung ein.
Das Land Berlin stellte im Jahr 2018 zusammen mit
dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
der Europäischen Union (EFRE) über 16 Mio. € im
Rahmen von Fonds zur Verfügung, mit denen sich die
Beteiligungsgesellschaft des Landes, die IBB Bet, an
Berliner Startups beteiligt hat. Daneben wurden den
Startups durch private Investoren weitere 91 Mio. €
bereitgestellt. Durch diese Co-Investments konnten
seit der Gründung der IBB Bet im Jahr 1997 in über
195 Finanzierungsrunden bereits über 1,3 Mrd. € in
Berliner Startups investiert werden.
Das Berliner Startup Stipendium erlaubt es Berlinerinnen und Berlinern und auch Zuziehenden, für sechs
bis zwölf Monate eine Gründungsidee voranzutreiben.
Damit einher geht die Kompetenzerweiterung der Geförderten. Diese sind im Anschluss an die Förderung
häufig Teil des Berliner Startup-Ökosystems. Das Programm ist über den Europäischen Sozialfonds (ESF)
kofinanziert.
25
Auch das 2018 aufgelegte Programm GründungsBONUS unterstützt Berliner Gründerinnen und Gründer
finanziell bei der Umsetzung ihrer innovativen Geschäftsideen.
4. Internationalisierung
Schnelles Wachstum von Startups erfordert oft ein
frühzeitiges Engagement auf Auslandsmärkten. Das
Programm für Internationalisierung bietet Unterstützung u. a. bei Messe- und Konferenzbesuchen, Teilnahme an Gemeinschaftsständen und Delegationsreisen sowie beim Ausbau internationaler Netzwerke.
Kontakte und Netzwerk-Eintritt in andere führende
internationale Startup-Hubs bietet das Programm
Start-Alliance, angesiedelt bei BPWT. Mit dem Städtenetzwerk ScaleCities besteht ein enger transnationaler Austausch, um von Erfahrungen anderer Startup
Ökosysteme zu profitieren. Die Asia-Pacific Week der
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe verstärkt jedes Jahr die Verknüpfungen des Berliner
Startup-Ökosystems mit asiatischen Startups und deren Hubs.
Alicia Sophia Hinon
Mitgründerin
EngageLabs UG
1. CROVE ist ein an der Hand getragenes „Smart
Wearable“ im Bereich Industrial Internet of Things –
was macht man damit?
Unser smarter Handschuh ermöglicht eine digitale und intuitive Abarbeitung von Dokumentationsprozessen in verschiedenen Industrieszenarien (zum Beispiel in der Instandhaltung). CROVE
kennt alle Schritte eines Protokolls und vereint die
für die Durchführung nötigen Tools an der Hand.
Somit können sich Experten ganz auf ihre Aufgaben konzentrieren, und Unternehmen sparen jede
Menge Zeit und Kosten. Aber die Vision geht natürlich weiter: Wir sehen CROVE als eine neuartige
Schnittstelle zur intuitiven Steuerung der immer
komplexer werdenden Technologie um uns herum. Wir wollen mit CROVE dafür sorgen, dass der
Mensch die Technik kontrolliert und nicht anders
herum.
26
5. Vernetzung
Wichtige wirtschaftliche Wachstumstreiber sind die Kooperation und Vernetzung von Startups, Wissenschaft,
Mittelstand und Großunternehmen. In Berlin etablieren sich Europas größte Hubs für Finanztechnologie
(FinTech) und das Internet der Dinge (IoT). Auch Additive Fertigung mit 3D-Druck, Künstliche Intelligenz und
Blockchain sind Beispiele für herausragende Technologiezweige in Berlin mit nationaler und internationaler
Ausstrahlung. Etablierte Unternehmen, Gründerinnen
und Gründer wie auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bringen ihre Expertise und Kompetenz zusammen, um neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Der
IoT Hub ist in der früheren Agfa Fabrik am Görlitzer Park
aktiv, der FinTech Hub in der Hardenbergstraße 32.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe steht als Ansprechpartner bereit und unterstützt das Zusammenkommen interessierter Akteure.
Über direkte Kontakte zu jungen Unternehmen werden Bedarfe und Ideen schnell in die Verwaltung getragen, wovon das gesamte Ökosystem profitiert.
2. Ihre Idee wurde am Centre for Entrepreneurship
der Technischen Universität Berlin entwickelt – ein
gutes Sprungbrett für Innovationen?
Das CfE bietet den idealen Nährboden für technologieorientierte Startups wie unseres, nicht ohne Grund
wurden sie erst kürzlich wieder mit dem Titel „Ideenschmiede“ ausgezeichnet. Hier finden wir alles, was wir
brauchen: Mentoring, Zugang zu Netzwerken, Workshops zu allen zentralen Fragen eines Startups und
natürlich auch die Unterstützung der verschiedenen
Fachbereiche der TU selbst. Zusammen mit dem Berliner Startup-Stipendium konnten wir so unsere Idee
entscheidend weiterentwickeln und erste Investoren
und Industriepartner auf uns aufmerksam machen.
3. Berlin gilt als Startup Metropole – was macht den
Charme der Stadt für gründungswillige Menschen
aus der ganzen Welt aus?
Als gebürtige Berlinerin freue ich mich natürlich sehr,
dass Berlin so wahrgenommen wird. Karl Schefflers
berühmter Ausspruch, Berlin sei „dazu verdammt,
immerfort zu werden und niemals zu sein“, lässt sich
perfekt auf die Startup-Kultur hier übertragen. Ständig entsteht etwas Neues, jeden Tag gibt es dutzende
Events und Inspirationsmöglichkeiten. Man findet
schnell Mitstreiter, wenn die Idee richtig gut ist – und
wenn es nicht klappt, wartet die nächste Chance oft
schon an der nächsten Ecke.
III. Wirtschaft
III.4 Innovationspolitik / Cluster
Die positive Entwicklung im innovationspolitischen
Geschehen der Länder Berlin und Brandenburg setzt
sich auch im aktuellen Berichtszeitraum fort. In den
fünf länderübergreifenden Clustern –
•
•
•
•
•
Gesundheitswirtschaft;
IKT, Medien und Kreativwirtschaft;
Verkehr, Mobilität und Logistik;
Optik und Photonik sowie
Energietechnik –
werden mit Erfolg innovative und zukunftsweisende
Lösungen für die Herausforderungen von morgen entwickelt.
Die erfolgreiche Entwicklung zeigt sich in der Betrachtung wichtiger Kernindikatoren: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Clustern
stieg zwischen 2008 und 2017 um gut 30 %. Damit
fiel der Beschäftigungsanstieg in den Clusterkernen
stärker aus als in der gesamten Regionalwirtschaft,
wo 23 % mehr Arbeitsplätze zu verzeichnen waren.
Gleichzeitig nahmen die Umsätze in den Clusterkernen zwischen 2008 und 2016 um insgesamt rund
33 % zu. Die Umsatzzuwächse der gesamten Regionalwirtschaft der Hauptstadtregion lagen für denselben Zeitraum im Vergleich bei 25 %.
Gestützt werden diese Aussagen von den Ergebnissen der Innovationserhebung Berlin 2018, mit der die
Technologiestiftung Berlin (TSB) wie in den vorangegangenen Jahren das Innovationsverhalten der Berliner
Wirtschaft untersucht. Danach liegen die Innovationsausgaben der Berliner Wirtschaft mit 3,87 Mrd. € auf
einem Rekordniveau und erneut leicht über dem Bundesdurchschnitt. Hinsichtlich der Innovationsintensität,
d. h. dem Anteil der Innovationsausgaben am Umsatz
der Unternehmen, liegt Berlin mit 4,6 % weiterhin über
dem Bundesdurchschnitt (4,1 %) und setzt den seit 2012
bestehenden Trend mit einer deutlichen Steigerung fort.
Innovationspreis Berlin Brandenburg
Der jährlich verliehene Innovationspreis Berlin Brandenburg zeichnet Produkt-, Verfahrens- und Dienstleistungsinnovationen einschließlich nichttechnischer Innovationen wie Organisations- und Marketingkonzepte
sowie Geschäftsmodelle aus, die beispielhaft die innovative Kraft der Berlin-Brandenburger Wirtschaft und
Wissenschaft verkörpern. Der Preis ist auf die länderübergreifenden Cluster Gesundheitswirtschaft, Energietechnik, IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik ausgerichtet. Finanziert wird der Preis von den beiden Ländern sowie Partnern aus der Wirtschaft im Rahmen einer
Public-private-Partnership. 2018 gingen die Preise an:
Bombardier Transportation GmbH
„TALENT 3 Batterietriebzug“ – Hochmoderne, schnell zu ladende Lithium-Ionen-Batterien ermöglichen es, auch
auf langen nicht-elektrifizierten Strecken elektrisch zu fahren.
Hasso-Plattner-Institut
„HPI-Schul-Cloud“ – ermöglicht, Lehrinhalte webbasiert und von überall aus über verteilte Server in Rechenzentren verfügbar zu machen. Dadurch wird der Einsatz im Unterricht erleichtert.
Institut für Optische Sensorsysteme am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
„IPS – Integrated Positioning System“ ist in der Lage, die Eigenbewegung ohne zusätzliche Annahme über die
Umgebung und ohne äußere Referenzierung (Bezugspunkte) akkurat zu bestimmen.
SiQAl
„Nachhaltige Rohstoffe für die Energiewende“ – SiQAl ermöglicht erstmals eine nahezu abfallfreie Produktion
der kritischen Rohstoffe Aluminiumoxid und Silizium.
SIUT GmbH
„Intelligenter Lichtfaserbeton“ – ist in der Lage, gezielte Lichtpunkte an allen Stellen der Oberfläche anzusteuern und für die Lenkung von Passagier- und Verkehrsströmen nutzbar zu machen.
27
Wesentliche Grundlage für die prosperierende Wirtschaft beider Bundesländer stellt die Entscheidung
zu einer abgestimmten Innovationspolitik dar. Das
Bekenntnis dazu wurde am 29. Januar 2019 mit dem
Beschluss zur Gemeinsamen Innovationsstrategie der
Länder Berlin und Brandenburg (innoBB 2025) in einer
gemeinsamen Kabinettssitzung bekräftigt. Die innoBB
2025 baut auf der erfolgreichen innoBB aus dem Jahr
2011 auf und wurde durch die Wirtschafts- und Wissenschaftsressorts der beiden Länder unter Einbindung von Expertinnen und Experten aus Wirtschaft
und Wissenschaft mit Sicht auf nationale, europäische
und globale Entwicklungen sowie von Stakeholdern
der Region in einem umfassenden Review-Prozess
weiterentwickelt.
Mit der innoBB 2025 wurde unter Fortführung des
bewährten Mottos „Excellence in Innovation“ eine
aktuelle Grundlage dafür geschaffen,“ die Hauptstadtregion zu einem führenden Innovationsraum
in Europa zu entwickeln. Neben der Stärkung der
bewährten Clusterstrukturen wurden als clusterübergreifende Schwerpunkt-Themen für die kommenden Jahre Digitalisierung, Arbeit 4.0 und Fachkräfte, Reallabore und Testfelder sowie Startups
und Gründungen verbindlich festgelegt. Zudem werden ein breiterer Innovationsbegriff, engere Cross
Cluster-Zusammenarbeit, die Stärkung offener Innovationsprozesse, die Priorisierung nachhaltiger
Innovationen sowie der Ausbau der internationalen
Zusammenarbeit handlungsleitend für alle Cluster.
Die innoBB 2025 wird in Fortsetzung der innoBB
wichtiger Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in
der Hauptstadtregion sein. Von besonderer Bedeutung sind die technologisch-innovativen und kreativen Kernbereiche der Cluster, auf denen weiterhin
ein besonderes Augenmerk der gemeinsamen Innovationsstrategie liegt.
Weiterhin im Fokus steht die für beide Seiten fruchtbare Verzahnung der exzellenten Wissenschafts- und
Forschungslandschaft mit den innovativen Unternehmen der Region. Mit gemeinsamen Maßnahmen
des Wissens- und Technologietransfers wird sich die
Hauptstadtregion weiterhin als Schmelztiegel für Innovationen positionieren und ihren Spitzenplatz in
der deutschen und europäischen Innovationslandschaft nutzen, um ihre hohe wissenschaftliche Dichte
und Exzellenz in Forschung und Entwicklung in Gründungen, Ansiedlungen und die Expansion innovativer
Unternehmen einfließen zu lassen.
28
Cluster Gesundheitswirtschaft /
Life Science
• 229.668 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 373.144)
• 13.826 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 21.771)
• 23,06 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 27,42 Mrd. Euro)
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist weltweit
einer der führenden Standorte in der Gesundheitswirtschaft, Gesundheitsversorgung und den Life Sciences.
Weltmarktführer, renommierte Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler, erstklassige Kliniken, innovative
Startups und spezialisierte Fachkräfte aus der ganzen
Welt arbeiten hier täglich gemeinsam an Spitzenleistungen für den regionalen und globalen Gesundheitsmarkt. Die Stärke der Region liegt vor allem in der
einzigartigen Forschungs- und Kliniklandschaft sowie
in der engen Vernetzung zwischen den Akteuren aus
Forschung, Klinik und Industrie.
Die Clusterakteure verfolgten 2018 mit ihrer Arbeit
weiterhin konsequent die Ziele des Masterplans „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ mit den vier
Handlungsfeldern Biotechnologie und Pharma, Medizintechnik, Neue Versorgungsformen und Rehabilitation sowie Gesundheitsförderung, Prävention und
Gesundheitstourismus. Dabei geht es vorrangig um
die Unterstützung des Wachstums im Cluster.
Die Aktivitäten im Handlungsfeld Biotechnologie/Pharma hatten 2018 ihren Fokus auf den Themenschwerpunkten Regenerative Medizin, Wirkstoffentwicklung,
Bioanalytik, Enabling Technologies und industrielle
Biotechnologie.
Nach einer intensiven Planungsphase hat der Wissenschaftsrat die Errichtung des Berlin Center for
Advanced Therapies (BeCAT) an der Charité – Universitätsmedizin Berlin empfohlen. Damit wurde das
Themenfeld der Regenerativen Medizin nachhaltig
gestärkt. Im Fokus werden sogenannte Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) stehen, die eine neue
Arzneimittelklasse für heilende Therapieansätze darstellen. Sie sind oft patientenspezifisch und zeichnen
sich sowohl in der Herstellung als auch in der Anwendung am Menschen durch eine hohe Komplexität aus.
Das vom Clustermanagement im Mai 2017 initiierte,
ZIM-geförderte „Network for Pharma Solutions – Net-
III. Wirtschaft
Peter Albiez
Vorsitzender der
Geschäftsführung
Pfizer Deutschland
1. Vor zehn Jahren ist Pfizer mit seinem deutschen
Headquarter von Karlsruhe nach Berlin gezogen. Hat
sich der Wechsel für Pfizer gelohnt?
Ganz sicher. Wir wollten dorthin, wo die Musik spielt
in Sachen Forschung, Entwicklung, Versorgung, Gesundheitspolitik – um uns einzubringen und von
anderen zu lernen. Der Umzug hat uns verändert
und den ohnehin anstehenden Wandel forciert. Wir
haben uns als Unternehmen weiterentwickelt, sind
vielfältiger, internationaler und agiler geworden. Wir
sind heute in Berlin ein internationaler Standort, der
sich auf Deutschland konzentriert, aber auch Heimat
regionaler Teams ist. So wird zum Beispiel unsere
Onkologie-Sparte von hier aus in mehr als 50 Ländern geleitet. Damit sind wir zu einem prominenten
Punkt und wichtigen Standort auf der globalen Landkarte unseres Konzerns geworden. Berlin wird nicht
nur in den USA mit einem besonderen Spirit verbunPhaSol“ hat erfolgreich die zweite Phase erreicht und
wird bis zum 31. August 2020 fortgeführt. Es dient als
Plattform für die Forschung und Entwicklung von neuen Produkten und Verfahren in der Arzneimittelentwicklung. Der Fokus liegt primär auf den ersten Stufen
der Wertschöpfung eines Drug Development Zyklus.
Das Netzwerk bietet mit seinem Leistungsportfolio
in den Bereichen Drug Discovery, Targetvalidierung,
Lead Optimierung und Drug Targeting vielfältige Anknüpfungspunkte zur Partizipation und Kooperation.
Die zunehmende Verzahnung der (klassischen) Medizintechnik mit den rasant wachsenden Möglichkeiten
digitaler Lösungen bildete 2018 im Handlungsfeld
Medizintechnik den Schwerpunkt des Handlungsfeldmanagements. Hierbei konnten spannende Unternehmen und Projekte identifiziert und für die Clusterarbeit gewonnen werden.
Um die Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft
in Berlin aktiv voranzutreiben und den Standort als
internationales Zentrum für digitale Gesundheitslö-
den. Fast täglich sind Kolleginnen und Kollegen aus
anderen Ländern bei uns zu Gast. Mit dieser Entwicklung bin ich sehr zufrieden. Wir haben hier in den
vergangenen Jahren viele neue Perspektiven kennen
und schätzen gelernt. Das hat uns bereichert.
2. Aber neue Perspektiven allein waren nicht der einzige Grund für den Umzug – oder?
Nein, entscheidend waren auch die kurzen Wege zur
Spitzenforschung – ein Markenzeichen dieser Region.
Es haben sich viele Anknüpfungspunkte zu renommierten Zentren wie der Charité oder auch dem MaxDelbrück-Zentrum ergeben. Berlin ist aber nicht nur
eine wissenschaftliche Hochburg, sondern auch politisch und gesellschaftlich „the place to be“. Wir haben viele Kontakte intensiviert, führen Gespräche zur
Zukunft des Gesundheitswesens und engagieren uns
als „Unternehmensbürger“ sehr aktiv in der Stadt.
3. Spielen auch Startups für Pfizer eine Rolle?
Unbedingt. Die Startup-Landschaft in Berlin hat sich
beeindruckend entwickelt. Die Stadt kann international absolut mithalten. Dieses Umfeld hat auch dazu
geführt, dass wir als erster Standort innerhalb von
Pfizer den sogenannten Healthcare Hub initiiert haben – eine Plattform für die Kooperation mit Startups. Inzwischen gibt es bei Pfizer zehn weitere Hubs
nach dem Berliner Modell – darauf sind wir stolz.
sungen – als Digital Health City Berlin – zu etablieren, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe einen Konsultationsprozess mit über
60 Stakeholdern der Gesundheitswirtschaft aus der
Region initiiert. Dabei wurden Chancen und Hürden
für digitale Lösungen am Standort identifiziert und
konkrete Maßnahmenvorschläge erarbeitet, um die
Hauptstadtregion als Leuchtturm für Digital Health
zu positionieren. Zum Abschluss des Konsultationsprozesses wurde im November auf dem Berliner Digitalgipfel Gesundheitswirtschaft 2018 ein Impulspapier
mit dem Titel „Digital Health City Berlin – Impulse für
einen weltweit führenden Standort in der digitalen
Gesundheitswirtschaft“ vorgestellt.
Um eine Arbeitsgrundlage zur Lösung der Fachkräfteherausforderungen der gesamten Branche zu schaffen, wurde gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung
Brandenburg und dem Berlin Partner Talent Service
der „Dialog: Fachkräftesicherung in der Medizintechnik“ mit Medizintechnik-Unternehmen gestartet. Im
ersten Schritt wurden im vierten Quartal 2018 Inter29
Verbundprojekt Xenoglue
Ziel des Projekts „XenoGlue“ ist die Entwicklung eines bio-abbaubaren und fotoaktivierbaren Bio-Klebstoffs. Dieser basiert auf dem natürlichen Vorbild
der Miesmuschel und soll zukünftig in der Wundversorgung eingesetzt werden. Im Rahmen des Projekts sollen in Form eines Medizinprodukts für den
Veterinärbereich Erfahrungen gesammelt werden,
um perspektivisch eine klinische Evaluierung im humanmedizinischen Bereich zu ermöglichen.
Das Projekt entstand an der Schnittstelle zwischen
industrieller Biotechnologie, Medizintechnik sowie
der regenerativen Medizin und stellt somit einen
Cross Innovation-Ansatz dar. Es konnten Fördermittel des Bundes in der Region gebunden werden:
„XenoGlue“ wird im Rahmen des BMBF-Ideenwettbewerbs „Neue Produkte für die Bioökonomie“ mit
1,2 Mio. € gefördert. (BMBF – Bundesministerium
für Bildung und Forschung)
„XenoGlue“ ist ein Berlin-Brandenburger Verbundprojekt, entstanden auf Initiative der Technischen
Universität Berlin (Projektleitung Prof. Nediljko Budisa/AK Biokatalyse sowie Prof. Peter Neubauer/FG
Bioverfahrenstechnik) mit Unterstützung durch das
beim Cluster Gesundheitswirtschaft / Berlin Partner
für Wirtschaft und Technologie GmbH angesiedelte
Netzwerk NetPhaSol. Weitere Kooperationspartner
sind u. a. die chiracon GmbH, Dendropharm GmbH,
Cellbricks GmbH, co.don AG, die Charité- Universitätsmedizin Berlin (Dr. Tobias Winkler / JuliusWolff-Institut und Prof. Wolf-Dieter Müller / Dental
and Biomaterial Research Center for Dental and
Craniofacial Sciences CC3) und Dr. Christoph Dröseler als selbstständiger Implantologe aus Berlin.
views mit KMUs aus Berlin und Brandenburg geführt.
Die Ergebnisse der Befragung werden den Interviewteilnehmerinnen und -teilnehmern in einem Workshop vorgestellt und in einer moderierten Diskussion
werden gemeinsam die Kernprobleme und potenzielle
Lösungsansätze herausgearbeitet. Es wird das Ziel
verfolgt, dass sich Unternehmen untereinander austauschen und „voneinander lernen“ können.
Im Handlungsfeld Neue Versorgungsformen und Rehabilitation hatte 2018 die alljährlich stattfindende
„Zukunftswerkstatt für innovative Versorgung“ die
künftige Entwicklung der Notfallversorgung der Hauptstadtregion zum Thema.
30
Die Clusteraktivitäten rund um das Thema Pflegeversorgung konzentrierten sich 2018 u.a. auf die Verbesserung der Pflegepraxis durch technische Assistenzsysteme. Auf dem Hauptstadtkongress Medizin und
Gesundheit mit mehr als 8.000 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern aus allen Branchen des Gesundheitswesens präsentierte das Cluster erfolgreich die Kooperationsarbeit mit dem gemeinsam mit dem BMBF
geförderten Projekt ROBINA (Robotik Unterstützung
in der Pflege). Dass technische Assistenzsysteme und
Digitalisierungsprozesse für die Pflegebranche weit
mehr als Zukunftsmusik ist, zeigte sich im Rahmen
des Deutschen Pflegetages 2018: Fünf Startups aus
der Hauptstadtregion präsentierten ihre innovativen
Lösungen auf dem Gemeinschaftsstand von Health
Capital, um Pflegekräfte, pflegende Angehörige und
Pflegebedürftige zu unterstützen und zu entlasten.
Cross Cluster-Projekt: Pflegepraxiszentrum
Welche Assistenzsysteme sind im Pflegealltag für
alle Beteiligten wirklich eine Entlastung? Können
durch diese Über-, Unter- und Fehlversorgung reduziert werden? Mit diesen und weiteren Fragen
beschäftigt sich das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt Pflegepraxiszentrum (PPZ) Berlin.
Von 2018 bis 2023 erprobt das PPZ Berlin innovative Pflegetechnologien, digitale Assistenzsysteme
in Kombination mit Sensorik, die den geriatrischen
Pflegealltag und den gesamten Pflegeprozess von
der Akutversorgung bis zur häuslichen Pflege unterstützen sollen. Übergeordnete Ziele sind die Vernetzung aller an der Versorgungskette Beteiligten und
die Reduzierung von Über-, Unter- und Fehlversorgung dieser Patientengruppe. Umgesetzt wird das
Projekt vom Evangelischen Johannisstift in Spandau
in Zusammenarbeit mit vielen weiteren Partnern, zu
denen auch die Charité gehört. Vom 16. – 18.09.2019
wird das PPZ Ausrichter der Konferenz des bundesweiten Clusters „Zukunft der Pflege“ sein, die
im Evangelischen Johannisstift stattfinden wird.
Das Cluster Gesundheitswirtschaft und das Cluster
IKT, Medien und Kreativwirtschaft unterstützen als
Cross Cluster-Aktivität bei der Antragsstellung, der
Gewinnung weiterer Partner und begleiten die Umsetzung z. B. im Expertenbeirat.
Im Handlungsfeld Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitstourismus wurde im Januar 2018
der vierte länderübergreifende Gesundheitsbericht
III. Wirtschaft
durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg
sowie die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege
und Gleichstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Neben einem allgemeinen Teil wurden im Bericht unter
dem Titel „Wie gesund ist das Gesundheitswesen?“
Aspekte der arbeitsplatzbezogenen Morbidität dieser
Branche erörtert. Dabei zeigte sich, dass im Bereich
der Pflege besonderer Präventionsbedarf besteht.
Basierend auf diesen Erkenntnissen organisierte das
Clustermanagement im Oktober 2018 in Kooperation
mit den Partnern des Gesundheitsberichts eine Informationsveranstaltung „Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Pflege“.
Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft
• 216.849 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 275.815)
• 41.004 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 50.669)
• 25,74 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 30,80 Mrd. Euro)
Das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft stellt
sich in einer großen thematischen Breite auf: Von
Medienunternehmen und -dienstleistungen über Verlage und Werbeagenturen bis hin zu Telekommunikationsunternehmen und Softwareentwicklung. Allen
gemeinsam ist das zentrale Themenfeld Digitalisierung. Die Unternehmen des Clusters sind wesentliche
Treiber der digitalen Transformation und gleichzeitig
führenden Anwender im Bereich der Digitalisierung
am Standort. Sie leisten im Zusammenspiel mit ECommerce, Banking, Gesundheitswirtschaft, Mobilität, Energie und weit darüber hinaus einen wichtigen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit Berlins.
Die cross-sektorale Zusammenarbeit zwischen den
einzelnen Branchen ist in der Hauptstadtregion stark
ausgeprägt und wird durch die Netzwerke, Wettbewerbe und Leitprojekte unterstützt. Projekt Zukunft
– angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe – ist die Berliner Landesinitiative
zur Förderung dieses Wachstumsfeldes IKT, Medien,
Kreativ- und Digitalwirtschaft.
In Berlin werden jährlich rund 40.000 Unternehmen
gegründet. Die IBB schätzt, dass mehr als 500 dieser
Unternehmen zu den Startups im Bereich der Digitalwirtschaft zählen. Im Schnitt wird damit in Berlin alle
17 Stunden ein neues Digitalunternehmen gegründet. An den Berliner Hochschulen bilden sich jährlich
dutzende Spin-Offs. Die Hauptstadt gehört zu den
Startup-Metropolen, die jedes Jahr VC-Kapital in Milliardenhöhe anziehen. Über 30 Venture-Capital-Gesellschaften sind am Standort tätig. Darüber hinaus
betreiben viele Dax-Unternehmen und große nationale Unternehmen wie Deutsche Telekom, Volkswagen/
Porsche, Lufthansa, Axel Springer, Deutsche Bank,
Deutsche Bahn, aber auch Pfizer und Würth Innovationslabore, Digital Think Tanks, Inkubatoren oder
Acceleratoren in Berlin. Berlin bietet ein großes und
stetig wachsendes Netzwerk an Gründungszentren,
Zukunftsorten sowie über 100 Coworking Spaces. Die
von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe gestartete Plattform www.innolabs.berlin
macht diese Vielzahl an Inkubatoren und Innovationslaboren sichtbar und zeigt die thematischen Schwerpunkte der Berliner Innovation Labs auf.
Die Berliner Wirtschaftspolitik treibt den digitalen
Wandel der Branchen gezielt voran. Dazu gehören
Maßnahmen zur Vernetzung der IKT-, Medien- und
Kreativwirtschaft mit anderen Innovationsfeldern Berlins (Gesundheit, Mobilität, Energie, Industrie u. a.)
ebenso wie Kooperationsanbahnung zwischen Startups und etablierten Unternehmen oder das Sichtbarmachen innovativer Lösungen. Gerade an den interdisziplinären Schnittstellen unterschiedlicher Branchen
entstehen in Berlin zahlreiche neue Produkte, Prozesse, Anwendungen und Geschäftsmodelle. Der Einsatz
innovativer Technologien der Digital- und Kreativwirtschaft – ob Künstliche Intelligenz, Blockchain,
Wearables, Gamification, Smart Data, Internet of Things
oder Virtual und Augmented Reality – bestimmen die
Zukunftsfähigkeit der Branchen. Das Thema Digital
Security gewinnt immer weiter an Bedeutung. Ende
2018 gründete sich mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und dem
Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft das Cyber
Security Netzwerk it`s BB und nahm seine Arbeit auf.
Mit Förderwettbewerben unterstützt die Wirtschaftsverwaltung im Rahmen der Landesinitiative Projekt
Zukunft seit rund zehn Jahren die digitale Transformation und clusterübergreifende Innovationen. Die
Wettbewerbe unterstützen innovative Lösungen bei
ihrer Umsetzung und Vermarktung und stärken sowohl Gründerinnen und Gründer als auch den Berliner
Mittelstand. Zudem werden der Aufbau wichtiger Allianzen zwischen der sogenannten Old- und New-Economy und der interdisziplinäre Wissens- und Innova31
Claudia Hentschel
HTW Berlin, Professur
für Innovations-,
Technologie- und
Produktionsmanagement
1. Ihr Arbeitsgebiet ist das Innovations-, Technologie- und Produktionsmanagement. Woran forschen
Sie aktuell?
Innovation bedeutet, permanent zu fragen, wer
wann ein Produkt überflüssig macht – und wie. Dabei kommen häufig Technologien zum Einsatz, die
ursprünglich für ganz andere Zwecke erdacht waren.
Ich forsche an widerspruchs- und analogiebasierten
Werkzeugen, mit denen man strukturiert erfinden
und sogar Patente technisch legal umgehen kann.
Damit das schneller geht, entwickle ich aktuell spielerische Methoden, wie wir sie ähnlich aus der Produktionssimulation kennen.
2. Inwiefern werden sich die Erfordernisse, die an Ingenieure gestellt werden, durch die Digitalisierung
der Wirtschaft verändern?
Digitalisierung ist in der Welt der Produktion eine
evolutionäre Entwicklung, die seit vielen Jahrzehnten unser Tagesgeschäft bestimmt. Denken Sie an
Roboter, fahrerlose Transportsysteme oder auch an
intelligente Dichtungsringe unseres hochinnovativen
tionstransfer ermöglicht. Im November 2018 wurde
der Digital Health Award, dotiert mit 50.000 € Preisgeld vergeben. Ausgezeichnet wurden Berliner Startups mit zukunftsweisenden digitalen Lösungen für die
Gesundheitswirtschaft. Neben der Digitalisierung unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe auch klassische Medienbereiche wie den
Buchmarkt. In Berlin sind überwiegend kleine unabhängige Publikumsverlage ansässig, die anspruchsvolle Bücher herausbringen. Um die ambitionierte Arbeit
dieser Verlage in besonderer Weise auszuzeichnen und
die Vielfalt der Berliner Verlagsbranche zu stärken,
wird seit 2018 gemeinsam mit der Senatsverwaltung
für Kultur und Europa der Berliner Verlagspreis verliehen. Vergeben werden ein Hauptpreis und zwei Förderpreise. Ausgezeichnet werden Verlage, die sich durch
herausragende Programme und besondere Buchgestaltung vom Mainstream absetzen.
32
Mittelstands im Maschinenbau. Nun bemerken wir
die digitale Vernetzung auch im Alltag: Sie rufen bei
Ihrer Bank an und können nur noch einem Automaten
folgen, weil das persönliche Beratergespräch zu teuer ist. Dabei diskutieren wir in Deutschland sofort die
Risiken neuer Technologien, und laufen Gefahr, deren Umsetzung zu verschlafen! Wenn wir im globalen
Wettbewerb mit seiner wachsenden Dynamik weiter
vorn dabei sein wollen, dann brauchen wir neue Technologien – schnell und „an jeder Milchkanne“. Das
erfordert Ingenieure und Manager, die in Lösungen
denken, Komplexität verstehen und auch vor widersprüchlichen Anforderungen nicht zurückschrecken.
3. 2017 haben Sie den Preis für gute Lehre der HTW
Berlin erhalten. Was zeichnet eine gute Lehrende vor
allem aus?
Praxiserfahrung, Projektorientierung und ein gesundes Maß an Pragmatismus – da habe ich soeben meine 3P-Strategie für gute Lehre erdacht! (lacht). Ja,
über den Preis habe ich mich gefreut, wenngleich er
sicher nicht auf einer Einzelleistung beruht: Als Lehrende an der HTW Berlin kann man sich auf ein Netz
hoch professionell arbeitender Mitarbeiter und Kollegen verlassen, für die die praktische Anwendbarkeit
und die Verknüpfung von Technik mit Wirtschaft
im Vordergrund steht. Für mich geht es besonders
darum, Problemlösungen in fremden Fachgebieten
zu finden. Das trainiert bei den Studierenden ein
Höchstmaß an geistiger und kultureller Flexibilität.
Insofern lehre ich doch weniger strategisch, sondern
sehr operativ.
Im Rahmen des Internationalisierungsprogramms des
Landes werden zahlreiche Gemeinschaftspräsentationen Berliner Unternehmen gefördert, um neue Märkte
zu erschließen und zusätzliche Auftraggeber zu akquirieren. Erfolgreiche Beispiele für unternehmensübergreifende Präsentationen reichen von den Showcases
von Musik- und Interactive-Unternehmen zur SXSW in
Austin Texas, über Präsentationen auf der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas und dem Mobile
World Congress in Barcelona, bis hin zu Messegemeinschaftsständen auf der gamescom und dmexco, beide
in Köln, sowie auf der Digitalmesse SLUSH in Helsinki.
Gerade die „Leuchtturmveranstaltungen“ im Kreativ- und Medienbereich, viele davon mit Förderung
des Landes, tragen weltweit erheblich zur medialen
Sichtbarkeit der Hauptstadtregion bei. So zieht die
im September stattfindende Berlin Art Week bis zu
III. Wirtschaft
120.000 Besucherinnen und Besucher an, darunter
eine große Zahl von Fachleuten aus dem In- und
Ausland. Von einer daraus resultierenden zusätzlichen regionalen Wirtschaftsleistung von 20 Mio. €
kann ausgegangen werden. Auch die zweimal im Jahr
stattfindende Berlin Fashion Week zählt jeweils bis
zu 70.000 Fachbesuchende. Gemäß einer Berechnung
der IBB sorgt sie für eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von bis zu 240 Mio. € pro Jahr. Neben den
Filmfestspielen Berlinale mit jährlich über 20.000 Besucherinnen und Besuchern sind die Clubszene und
Musikfestivals Publikumsmagneten. Steigende BesuMali M. Baum
CEO & Gründungspartnerin WLOUNGE
1. In der deutschen Startup-Szene sind Frauen nur zu
15 % vertreten. Wie kann das geändert werden?
Die Frage, wie Gründerinnen besser unterstützt werden können, wird aktuell nicht nur in Berlin, sondern
weltweit heiß diskutiert. Aus meiner Sicht müssten
die Bemühungen dahin gehen, Mädchen schon in der
Schule die relevanten Fähigkeiten und das notwendige Wissen zu vermitteln und sie gleichzeitig durch
positive Vorbilder zu motivieren. Ich kenne persönlich viele kluge Frauen, die sich tagtäglich ihren Weg
zum Erfolg bahnen, obwohl sie in ihrem Umfeld keinerlei Unterstützung erfahren. Noch nicht. Zurzeit
wird immer noch zu viel geredet und zu wenig getan.
2. Sie kennen die Startup-Szenen sowohl in Deutschland als auch in Israel, in beiden Ländern haben Sie
Unternehmen gegründet – wo sehen Sie Unterschiede?
Um aus einer Startup-Szene ein erfolgreiches Ökosystem zu machen, bedarf es vor allem einer großen
Zahl an kreativen Menschen. Und die gibt es an beiden Standorten! Das ist der Grund, warum ich an das
deutsche Tech-Ökosystem glaube und aktiv an seinem Ausbau mitwirke.
Beide Länder unterscheiden sich aber im Umgang
mit Erfolg. In Tel Aviv wird dieser ausgiebig gefeiert,
auch in den Medien. Über Nacht werden die neuen
Millionäre zu Vorbildern für viele und zu Investoren
für die nächste Gründergeneration. Da Israel so klein
cherzahlen verzeichnen zudem Veranstaltungen der
Games-Branche, darunter die eSport-Veranstaltungen
u. a. in der Mercedes-Benz Arena sowie die jährlich im
April stattfindende gamesweekberlin.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat 2018 verschiedene Formate zur Unterstützung von Frauen (Gründerinnen, Arbeitnehmerinnen,
Führungskräfte) im Tech- und Startup-Bereich umgesetzt, um Empowerment, Sichtbarkeit und Vernetzung
von Frauen zu stärken: Beim „Female Mentoring“
Workshop im Rahmen des Berliner Technologiefesist, kennen sich gewöhnlich alle untereinander. Das
führt dazu, dass viele fest daran glauben, es auch
schaffen zu können. Das ist in Deutschland nicht so.
Ein zweiter Unterschied ist der Mangel an verfügbarem Beteiligungskapital in Deutschland. In Tel Aviv
wird hingegen sehr viel Geld investiert – meistens
aus den USA oder aus China. Ich beschreibe das immer als „Himmel auf Erden“ für Startups, denn wo
sonst bündeln sich Industrie und Investments in
dieser Form, so dass es keinen ersichtlichen Grund
gibt, einen Ortswechsel zu erwägen. In Deutschland
hingegen neigen der Mittelstand und Familienunternehmen immer noch dazu, ihr Geld zu halten, anstatt
es in Startups und damit in die jüngere Generation zu
investieren.
Diese beiden Aspekte, ergänzt um einen größeren Diversity-Faktor in der Tel Aviv-Szene, der mehr Frauen
als hier dazu ermutigt, Gründerinnen oder Investorinnen zu werden oder ihren Weg in die Vorstandsetagen zu erkämpfen, machen die größten Unterschiede aus.
3. Sie sammeln derzeit Geld für einen Dachfonds, der
in andere Fonds investiert, die nachweislich Frauen in
ihren Portfolios suchen. Wie läuft das Projekt?
Ja, wir sind gerade dabei, einen Dachfonds zu gründen – der erste in Deutschland, der von Frauen geführt wird! Unser Ziel ist es, all unsere Erfahrungen
– die des Teams und meine eigenen aus meinen Engagements in Tel Aviv, China und den USA – hier in Berlin zu bündeln. Dabei arbeiten wir sehr eng mit Unternehmen, Investoren und Unterstützern zusammen,
um ein Investmentunternehmen aufzubauen, das lukrativste Anlagemöglichkeiten in junge, erfolgreiche
Kommunikations- und Technologie-Startups schafft,
die von der Seed- bis in die Wachstumsphase reichen.
Wir werden noch mehr Erfolgsgeschichten erzählen
können, um die nächste Generation zu inspirieren.
33
tivals Tech Open Air tauschten sich rund 60 Unternehmerinnen aus der Berliner Digitalwirtschaft mit erfolgreichen Geschäftsfrauen aus. Es ist geplant, diese
Mentoring Session neben einem Female Founders Dinner
sowie einem Konferenzpanel 2019 erneut umzusetzen.
Des Weiteren erfolgte eine Unterstützung des Female
Future Force Day 2018, der vom Berliner Startup Edition
F, eines der erfolgreichsten Business-Webmagazine für
Frauen, organisiert wurde. Im Fokus standen Angebote
zum Erfahrungsaustausch und zur Netzwerkbildung von
Frauen in männerdominierten Techbranchen. Auch am
Female Future Force Day am 12.10.2019 wird die Leitungsebene der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe beteiligt sein. Derzeit wird die Bestandsaufnahme von Berliner Initiativen im Bereich Women in
Tech/ Female Entrepreneurship aktualisiert.
Entscheidende Impulsgeber für Innovationen sind die
zahlreichen Dienstleistungen für Usability und User
Experience Design (UUX) sowie Wissenschaftseinrichtungen mit Schwerpunkt Mensch-Computer Interaktion. Sie verstehen sich auf das Analysieren
bestehender Lösungen sowie das Moderieren von Innovationsprozessen. Ergänzend werden im Rahmen
des seit 2018 aktiven bundesweiten Mittelstand-4.0Kompetenzzentrums Usability kleine und mittlere
Unternehmen unterstützt, das UX- Potenzial für sich
zu nutzen. Der an der Technischen Universität Berlin
angesiedelte Standort unterstützt beim Einsatz von
UUX-optimierten Produkten, informiert über UUXMethoden und -Experten und hilft den Unternehmen,
neue Lösungen und Geschäftsmodelle bekannt zu machen. Im Zentrum stehen die Themen Zukunft der Arbeit und Agiles Arbeiten. Veranstaltungen wie die UX
Design Awards und das UXcamp Europe versammeln
die internationale Szene in Berlin und ziehen weitere
hochqualifizierte Fachkräfte an.
Berlin bietet mit rund 200 Games-Unternehmen,
Dienstleistern, Verbänden und speziellen Ausbildungsstätten deutschlandweit den dichtesten und vielfältigsten Standort der Gamesindustrie. Mit 250 Mio. €
Umsatz und 2.100 Beschäftigten handelt es sich um
eine zwar kleine, dafür aber hoch produktive und innovative Branche. Zu den bereits ansässigen größeren Gamesunternehmen wie Wooga, Yager und King
siedelten sich das AAA-Studio Blue Byte (Ubisoft),
WARGAMING, BoomByte Games, Huuuge Games, die
MoGi Group, etermax und Voodoo Games in Berlin
an. Das Land unterstützt die Branche mit vielen
Wirtschaftsförderprogrammen (u. a. GRW Innovationskostenzuschüsse, PRO FIT Innovationsprogramm,
34
GründungsBonus). Viele der kleineren Games-Firmen sind sogenannte Hybride, sie entwickeln Games
für den Entertainmentbereich und parallel Serious
Games-Anwendungen für die Industrie. Gamesunternehmen sind Innovationstreiber in den Themen Virtual Reality, UX/UI und Data Analytics weit über den
Entertainmentbereich hinaus. Die Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe fördert die Präsentationen auf der Messe gamescom in Köln und der
Startup-Messe Slush in Helsinki sowie bereits im vierten Jahr die Netzwerkaktivitäten BerlinBalticNordic.
Beim Thema eSports macht sich Berlin auf, zu einem
der Top-Standorte in Europa zu werden. Im Frühjahr
2019 eröffnete G2 ESPORTS, eines der Top-5 eSportTeams weltweit, sein neues Hauptquartier am Potsdamer Platz. Finalrunden europäischer eSport-Ligen gehören inzwischen ebenso zum eSport-Standort Berlin,
wie ein jährliches Turnier in der Mercedes-Benz Arena.
Förderprogramm Lärmschutz Clubs
Im November 2018 startete das Schallschutzprogramm der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe für Clubs und Musikspielstätten in
Berlin. Das mit 1 Mio. € ausgestattete Förderprogramm war vom Abgeordnetenhaus als Hilfsmaßnahme beschlossen worden, um Konflikte zwischen
Anwohnerinnen und Anwohnern und benachbarten
Clubs zu entschärfen.
Ziel des Programms „Lärmschutz Clubs“ ist es, die
Berliner Clubkultur durch die Förderung von Lärmschutzmaßnahmen zu erhalten und dem Wandel
der Stadt anzupassen. Durch die Verdichtung der
Innenstadt und die damit einhergehende Bebauung
von Freiflächen kommt es zunehmend zu Konflikten
zwischen Clubbetreibern und Anwohnerinnen und
Anwohnern. Es gilt, die beiderseits schutzwürdigen
Interessen nachhaltig in Einklang zu bringen.
Die Zuwendung an Musikclubs zugunsten von Lärmschutzmaßnahmen ist in der Regel auf 50.000 € begrenzt.
Die Berliner Clubcommission wurde von der Wirtschaftsverwaltung beauftragt, die Abwicklung der
Maßnahmen zu organisieren. Das Programm läuft
zunächst bis Ende 2019. Bis Juni 2019 wurden
24 Anträge auf Förderung von Lärmschutzmaßnahmen eingereicht.
III. Wirtschaft
In den letzten Jahren hat sich Berlin aufgrund seiner
günstigen Rahmenbedingungen für Startups schnell
in einen wichtigen Blockchain-Hotspot sowohl für
Deutschland als auch für Europa entwickelt. Mit über
100 Blockchain-Startups hat Berlin ein sehr aktives
und ausgeprägtes Ökosystem für diese Technologie
und ihre Anwendung. Neben der Anwendungen von
Blockchain für den FinTech-Bereich gibt es zahlreiche Unternehmen, welche Lösungen entwickeln und
Geschäftsmodelle auf Basis dieser Technologie für industrielle Branchen wie die Energiewirtschaft, für Verwaltungslösungen sowie für Logistik und Vertrieb, die
Kreativbranche und den Gesundheitsbereich anbieten.
Blockchain ist eine Technologie, die es ermöglicht, eine
kontinuierlich erweiterbare Liste von Datensätzen
(sogenannte Blöcke) zu erstellen. Der entscheidende
Vorteil der Blockchain-Technologie ist, dass ein späterer Block auf den Informationen der früheren Blöcke
aufbaut. Damit wird es unmöglich gemacht, Existenz
oder Inhalt der früheren Blöcke zu manipulieren, ohne
gleichzeitig alle späteren Blöcke zu beeinflussen.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe unterstützt im Rahmen der Förderung des
Clusters IKT, Medien und Kreativwirtschaft und in Zusammenarbeit mit Berlin Partner für Wirtschaft und
Technologie die Berliner Blockchain-Szene und -Wirtschaft. Eine wichtige Maßnahme hierzu ist die strategische Zusammenarbeit mit dem Verein BerChain,
einer Berliner Blockchain-Initiative, die aus der Blockchain-Community entstanden ist. Daneben werden
diverse thematische Veranstaltungen und Workshops
zu Anwendungsfällen der Blockchain-Technologie unterstützt.
Breitbandnetze sind ein wichtiger Standortfaktor für
Berlin mit rund 180.000 Unternehmen und Kleinstbetrieben. Die Ausgangssituation in Berlin (Versorgung
mit mind. 50 MBit/s bei Privathaushalten: 93,6 %;
bei Geschäftskunden: 99 %) ist gut. Defizite bestehen bei der „letzte Meile“ mit Glasfaser (FTTB). In den
letzten Jahren ist die Verfügbarkeit an Bandbreiten
landesweit gestiegen, wie Daten des Breitbandatlas des Bundes (Stand Mitte 2018) des BMVI zeigen:
https://projektzukunft.berlin.de/news/news-detail/
breitbandausbau-in-berlin-entwickelt-sich-positiv/.
Sowohl für professionelle Anwenderinnen und Anwender als auch für die Berliner Startup-Szene sind
aber höhere Bandbreiten erforderlich („Gigabitversorgung“). Hier spielen symmetrische Versorgung,
Redundanz, Ausfallsicherheit und Latenz eine zunehmend wichtige Rolle. Diese Anforderungen müssen in
einem koordinierten Vorgehen von Senat und allen
Beteiligten (Netzbetreiber, Infrastruktureigentümer
wie Versorgungs- und Wohnungswirtschaft, landeseigene Unternehmen) verfolgt werden. Hierzu wurden
ein Konzept und Maßnahmenbündel zum Glasfaserausbau mindestens bis zur Grundstücksgrenze entwickelt. Es werden drei wesentliche Elemente umgesetzt:
erstens eine Online-Breitband-Plattform, bei der eine
interaktive Nachfrage- und Bedarfserfassung erfolgt
und vielfältige Informationen zur Breitbandversorgung zur Verfügung gestellt werden; zweitens ein
Breitband-Dialog Berlin, bei dem die Zusammenarbeit
aller beteiligten Akteure beim Breitbandausbau auf
Fach- und Arbeitsebene koordiniert wird; und drittens
die Bereitstellung von Expertise, Konzeptions- und
Fachinformationen (Breitband-Coaching). Zur Unterstützung in Berlin wurde das Breitband-KompetenzTeam Berlin (BKT Berlin) – https://projektzukunft.
berlin.de/news/news-detail/breitband-kompetenzteam-berlin/ im Oktober 2018 eingerichtet. Dieses
wird von TÜV Rheinland Consulting im Auftrag der
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe geführt und ist Erstkontaktstelle für Unternehmen,
Verbände, Privatpersonen sowie alle weiteren relevanten Breitbandakteure im Land.
Im Bereich Internet der Dinge („Internet of Things“,
IoT) hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe zusammen mit der Wirtschaftsförderung
Brandenburg eine Erhebung zu den Standorten Berlin und Brandenburg durchführen lassen. 304 Firmen
sind in Berlin und Brandenburg auf dem Gebiet aktiv,
263 davon allein in Berlin. Der Anteil von Startups
in beiden Ländern beträgt 42 %. Eine frühere Studie
der Technologiestiftung Berlin hat gezeigt, dass die
Hauptstadt im Bundesvergleich die meisten Firmen
und dabei den höchsten Anteil an Startups im IoTBereich hat. Die Berliner Unternehmen entwickeln
vorwiegend IoT-Software (Analyse-SW, Schnittstellen,
Gerätemanagement, Plattform-SW, Anwendungen,
etc.), aber auch IoT-Hardware (Devices, Sensoren,
Kommunikationsmodule, etc.). An der Verbesserung
der nationalen sowie internationalen Vernetzung und
Sichtbarkeit arbeitet der neu eingerichtete Digital Hub
Berlin im Schwerpunkt Internet of Things.
Ein früher 5G-Mobilfunkausbau erlaubt es der Vielzahl
unserer innovativen Berliner Unternehmen, 5G-Anwendungen zu entwickeln und in einem realen Umfeld
mit realen Nutzern zu erproben. Die Unterzeichnung
der Vereinbarung mit der Deutschen Telekom im Januar 2019 zum frühzeitigen 5G-Mobilfunkausbau in
35
Berlin stellt einen wichtigen Meilenstein zur frühzeitigen Versorgung Berlins mit dem Mobilfunk der Zukunft dar.
Für urbane Mobilitätskonzepte, Smart City, innovative
Industrieanlagen oder klimafreundliche Verkehrswende ist der Mobilfunkstandard 5G notwendig.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe führt mit allen bundesweiten Mobilfunknetzbetreibern intensive Gespräche. Dabei wurden gemeinsam Maßnahmen identifiziert, um den frühzeitigen
Die Berliner Digitalsierungsstrategie
„Die digitale Transformation in Berlin nach Maßgaben von Nachhaltigkeit, Teilhabe und wirtschaftlicher Entwicklung zu gestalten, um ein lebenswertes Berlin, das auch im digitalen Zeitalter Zugänge
und Chancen für alle Berlinerinnen und Berliner sicherstellt, zu entwickeln“, ist das erklärte Ziel der
Berliner Digitalisierungsstrategie, die durch einen
entsprechenden Senatsbeschluss im September
2018 initiiert wurde. Nach Vorbereitungen startete im April 2019 die Entwicklung des zweistufigen
Strategieprozesses. Alle Berliner Senatsverwaltungen werden sich am Prozess beteiligen; die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
übernimmt die Gesamtkoordination für die Strategieentwicklung. Im ersten Teil, dem sogenannten
Grünbuch-Prozess, erfolgt eine Aufnahme des ISTZustandes der Berliner Digitalisierung. Im zweiten Teil, dem Weißbuch-Prozess, soll die konkrete
Strategie zur Digitalisierung Berlins folgen. Hierzu
werden auf Basis der im Grünbuch erarbeiteten Erkenntnisse Beteiligungsformate veranstaltet, bei
denen Digitalisierungs-Expertinnen und -Experten
(aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und von
Sozialpartnern), aber auch allen Berlinerinnen und
Berlinern die Chance geboten wird, Vorschläge, Anmerkungen und Hinweise für die weitere Entwicklung des Papiers zu äußern. Dieser Input soll in die
Ausformulierung von Programmen und konkreten
Maßnahmen mit einfließen, sodass im Juni 2020 das
Weißbuch – die eigentliche Digitalisierungsstrategie
für Berlin – vorliegen soll. In dem Strategiepapier
soll des Weiteren ein Zielbild sowie ein Narrativ für
die digitale Entwicklung Berlins formuliert werden.
Das Weißbuch stellt somit einen konsistenten Fahrplan für das Voranbringen des Querschnittsthemas
Digitalisierung der Hauptstadt dar.
36
5G-Mobilfunkausbau gemeinsam voranzubringen. Die
Maßnahmen umfassen auch die Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur, speziell von Trägerstrukturen für
Basisstationen geringer Sendeleistung, sogenannter
Small-Cells. Die Erfahrungen aus einem gemeinsamen
Projekt zur Erprobung von Standorten für LTE-SmallCells, wie Lichtmasten, Werbe-Uhren und BVG-Infosäulen finden dabei Berücksichtigung.
Berlin hat viele innovative Firmen, die die Chancen
eines frühzeitig verfügbaren 5G-Mobilfunknetzes nutzen können. Deshalb werden die Berliner Zukunftsorte
wie die Technologieparks Adlershof, CHIC und FUBIC
oder der SIEMENS-Innovationscampus bei dem Ausbau prioritär unterstützt. Weitere Veranstaltungsorte
sowie die Verkehrswege folgen.
Die Berliner Behörden erfassen, erstellen und reproduzieren ein breites Spektrum an Informationen und
(Verwaltungs-)Daten. Offenen Verwaltungsdaten –
kurz Open Data – wird ein enormes wirtschaftliches
Potenzial zugeschrieben. Die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe fördert Open Data
durch die Weiterentwicklung der Berliner Open Data
Strategie, den Betrieb des Metadatenportals daten.
berlin.de, die Durchführung des Berlin Open Data Day
(BODDy) sowie die Unterstützung diverser Hackdays.
Zudem soll noch in diesem Jahr eine Open Data Rechtverordnung in Kraft treten, die die Bereitstellung von
verwaltungsoffenen Daten durch die Berliner Landesverwaltung verbindlicher regelt.
Der Künstlichen Intelligenz (KI) wird eine stark steigende Bedeutung beigemessen, wobei gerade die Teilgebiete Deep Learning und Entwicklung künstlicher
neuronaler Netzwerke aktuell eine hohe Relevanz aufweisen. In Berlin sind verschiedene wissenschaftliche
Einrichtungen auf den Gebieten aktiv. In Bezug auf die
KI-Finanzierung sind die Länder Berlin und Brandenburg gut aufgestellt, derzeit sind mehr als 200 Berliner und Brandenburger Firmen im Themenfeld der
Künstlichen Intelligenz tätig. Dennoch gibt es gerade
im europäischen Vergleich Länder wie Großbritannien oder Israel (das im Blickfeld der Studie zu Europa
gezählt wird), die wesentlich mehr in KI (ca. 2,4- bzw.
1,7-fache) investieren. Die KI-Investitionen in Europa
sind im Vergleich zu Nordamerika (5-fache) und Asien (2,6-fache) ausbaufähig. Auch stehen Berlin und
Brandenburg im Themenfeld der KI nicht nur in einem
nationalen Konkurrenzfeld, sondern sind ebenso dem
noch intensiveren internationalen Wettbewerb ausgesetzt.
III. Wirtschaft
Peter Udo Diehl
Mitgründer und
Geschäftsführer
Audatic GmbH
2. Sehen Sie Berlin nach wie vor als besten Standort für
Ihr Unternehmen?
Absolut, wir haben innerhalb des letzten Jahres über
1000 Bewerbungen für unsere Stellenausschreibungen
bekommen, unter anderem, da Berlin als Standort für
viele Menschen attraktiv ist. Ich denke, die Kombination
aus stetig wachsendem Startup-Ökosystem, starkem
Gesundheitssektor und Attraktivität für KI-Talente ist
einzigartig in Europa.
1. Seit gut eineinhalb Jahren arbeitet Audatic an der
Verbesserung der Hörqualität von Schwerhörigen und
Gehörlosen. Für die KI-basierte Software haben Sie bereits einige Auszeichnungen gewonnen. Was hat sich
seitdem getan?
Die Qualität unserer Technologie auf dem Smartphone
ist heute besser als die beste Version auf unserem Server vor einem halben Jahr. Wir haben sehr viel Energie
darin investiert, effizientere Algorithmen zu finden, um
auf handelsüblichen Smartphones einfach verwendbar
zu werden. Zeitgleich zu diesem technischen Durchbruch, sind wir auch in intensiven Gesprächen mit zahlreichen Firmen aus der Hörgeräte- und Cochlea-Implantat-Industrie sowie verschiedenen Kopfhörer- und
Smartphone- Herstellern.
3. Wo wünschen Sie sich in fünf bis zehn Jahren mit Audatic zu stehen?
Wir denken, dass die audiologische Medizintechnik und
sogenannte „Hearables“ (smarte Kopfhörer) zumindest bei leichtem und gegebenenfalls mittelgradigem
Hörverlust verschmelzen werden, da beide eine Personalisierung der Audioumgebung ermöglichen werden.
Dies wird einhergehen mit einer reduzierten Stigmatisierung von Hörgeräten und erhöhter Nutzung und
Verbreitung. Wir als Audatic wollen diese grundlegende
Veränderung der Interaktion mit Hörgeräten/CochleaImplantaten/Kopfhörern unterstützen, weltweite Standards für Audio-Verarbeitung setzen, und auf diesem
Weg den Nutzen und die Verbreitung von Hörgeräten
und Cochlea-Implantaten verbessern.
Bereits zum vierten Mal hat die Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit
dem Verband der Internet- und IT-Wirtschaft in Berlin und Brandenburg, SIBB e. V., im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft und der Kampagne für
den IT-Standort Berlin „log in. berlin.“ im April 2019
den Deep Tech Award vergeben. Der Deep Tech Award
wurde durch den Europäischen Fonds für regionale
Entwicklung (EFRE) kofinanziert und war mit 60.000 €
dotiert. Im Rahmen des Wettbewerbs zeichnete die
Jury anwendungsorientierte und erprobte Lösungen
und Produkte mit hohem Innovationsgrad und Zukunftspotenzial im Bereich Hardware und systemnahe Software aus. Die knapp 70 eingereichten Beiträge
wiesen eine große Bandbreite auf und verdeutlichten,
wie vieldimensional und weitläufig tiefentechnologisch in Berlin in den Bereichen IoT, KI, Blockchain,
Cyber Security und Industrie 4.0 gearbeitet und entwickelt wird. Die Bedeutung von Deep Tech für die
Digitalisierung und den IT-Wirtschaftsstandort Berlin
ist nicht zu unterschätzen, da Deep Tech oftmals Innovationsprozesse mit disruptivem Charakter bewirkt.
Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik
• 108.390 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 213.511)
• 8.951 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 17.631)
• 18,33 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 32,69 Mrd. Euro)
Die Bewältigung der zukünftigen Mobilitätsanforderungen erfordert eine weitreichende Integration unterschiedlicher Verkehrsmöglichkeiten mit dem Ziel
der Optimierung der Gesamtsysteme. Neue Produkte
und Konzepte müssen den globalen Herausforderungen der Dekarbonisierung des Verkehrs sowie dem
weltweiten Trend zur Urbanisierung gerecht werden.
Mit der intermodalen und interdisziplinären Aufstellung in den fünf Handlungsfeldern Automotive, Logistik, Luft- und Raumfahrt, Schienenverkehrstechnik
und Verkehrstelematik erreicht das Cluster Verkehr,
Mobilität und Logistik eine thematische Breite, die
übergreifende Kooperationen und Innovationen aus
unterschiedlichen Bereichen in Wirtschaft und Wissenschaft befördert.
37
Die Akteure des Clusters konzentrieren sich zunehmend auf komplexe Systeme, die das Zusammenwirken entlang von Wertschöpfungsketten und oft über
klassische Branchengrenzen hinweg erfordern.
Wichtiges Ziel des Clusters ist die Etablierung der
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg als einen der
weltweit führenden Standorte für intelligente und
nachhaltige Mobilität. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Attraktivität für Testfelder und Reallabore
– z. B. für autonomes und vernetztes Fahren. Unter
realitätsnahen Bedingungen und der Nutzung der
internationalen Ausstrahlungskraft Berlins bieten
sich für Unternehmen aus der Mobilitätsbranche, der
Fahrzeugtechnik und der digitalen Technologien in
neuen Partnerschaften exzellente Bedingungen für
Erprobung, Optimierung und frühzeitige Einbindung
der Nutzerinnen und Nutzer. Prominente Beispiele in
Berlin sind verschiedene Testfelder für autonom operierende Shuttlebus-Dienste unter herausfordernden,
urbanen Bedingungen.
Die Digitalisierung durchdringt alle Bereiche und Branchen der Mobilität. Die in Berlin stark vertretenen
Unternehmen der Digitalwirtschaft und insbesondere
technologieorientierte Startups fungieren als TaktMessung, Überwachung und Datenverarbeitung
für Bahnanlagen
Mit dem Ende 2018 gestarteten Projekt „Assets4Rail“ fördert die EU-Bahnforschungsinitiative
Shift2Rail die Entwicklung von Methoden zur ganzheitlichen strecken- und fahrzeugseitigen Messung,
Überwachung und Verarbeitung von Zustandsdaten
von Bahnanlagen – Brücken, Tunnel, Gleise, Sicherheitssysteme.
Mit „Assets4Rail“ sollen neue Möglichkeiten der
Digitalisierung für die Optimierung der Instandhaltung der Bahninfrastruktur und zur Verschleißreduktion, z. B. zur wirksamen Lärm- und Schwingungsminderung an Brücken, demonstriert werden.
Akteure aus der Hauptstadtregion nehmen Schlüsselpositionen in diesem europäischen Verbund ein:
Neben der TU Berlin und dem in Berlin ansässigen
europäischen Bahnforschungsnetzwerk EURNEX
für die Wissenschaft sind die Berliner Unternehmen
Schrey&Veit und Witt Industrieelektronik in die technische Entwicklung und die Umsetzung eingebunden.
38
Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (WELMO)
Mit dem Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ hat die Berliner Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe eine Maßnahme
aufgelegt, die kleinen und mittleren Unternehmen
der gewerblichen Wirtschaft Anreize bietet, auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umzusteigen. Mit dem
Förderprogramm unterstützt das Land Berlin sowohl die Beschaffung und das Leasing von gewerblich genutzten, elektrisch betriebenen Fahrzeugen
als auch die Errichtung von Ladeinfrastruktur im
gewerblichen Umfeld. Im Fokus der Fahrzeug-Förderung stehen Elektro-Kleintransporter, Elektroautos,
E-Roller und E-Bikes (S-Pedelecs und Kleinkrafträder) mit reinem Batteriebetrieb, mit Brennstoffzellenantrieb und Plug-In-Hybridantrieb. Ein weiterer
Teil der Förderung umfasst ein Beratungsangebot
zu den Schwerpunktthemen Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur, das sich aus den Modulen Potenzialberatung und Realisierungsberatung zusammensetzt. Bis Ende Juni 2019 wurden 1865 Elektro-Fahrzeuge beantragt und bewilligt.
geber für Innovationen. Auch die traditionsbewusste
Schienenverkehrstechnik unterliegt einem starken
Wandel. Zulieferunternehmen aus dem Bahnbereich
und Startups arbeiten in Berlin zunehmend zusammen, um der Digitalisierung der Schienenverkehrstechnik Vorschub zu leisten – z. B. im Bereich der
vorbeugenden Wartung, bei der Sicherheit und bei
optimiertem Service im Personen- und Güterverkehr.
Eine Spitzenstellung nimmt Berlin bereits heute in der
Elektromobilität ein, wobei der Anspruch über den
Austausch des Antriebs deutlich hinaus geht. Vielmehr
steht die Integration elektrischer Fahrzeuge vom Lkw
über Stadtbus und Pkw bis zu Pedelecs und e-Scooter
in zukunftsorientierte, nachhaltige Mobilitätskonzepte im Mittelpunkt. Einen zunehmend wichtiger
werdenden Anteil nehmen dabei „nichttechnische“
Innovationen ein, die z. B. auf dem Modell der Sharing
Ecomomy basieren.
Weiter an Bedeutung gewinnt die Sektorenkopplung
– die intelligente Verknüpfung von Mobilität, Energie
und Wärme – im Zusammenwirken mit den Clustern
Energietechnik sowie IKT, Medien und Kreativwirtschaft. Neben batteriebetriebenen Fahrzeugen als
mobile Speicher elektrischer Energie rückt zunehmend
III. Wirtschaft
die Nutzung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff
für Straßen- und Schienenfahrzeuge mit Brennstoffzellen in den Fokus.
Auch in bisherigen Nischenfeldern der Mobilität entwickelt sich Berlin dynamisch. Hierzu zählen sowohl
das wachsende Segment der unbemannten Luftfahrzeuge („Drohnen“) für kommerzielle Einsätze, als
auch die Branche „New Space“. Letztere hat ihren
Ursprung in der Raumfahrt und umfasst Entwicklung,
Bau und Einsatz von miniaturisierten Satelliten für
verschiedene Zwecke der Erdbeobachtung – z. B. für
die großflächige Erfassung von Verkehrssituationen
am Boden für optimierte Steuerung und echtzeitfähige Verkehrssteuerung.
Cluster Optik und Photonik
• 12.459 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 18.255)
• 885 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 1.503)
• 1,37 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 2,29 Mrd. Euro)
Optik und Photonik sind Schlüsseltechnologien und
leisten als Technologietreiber einen herausragenden
Beitrag zur Weiterentwicklung der Hauptstadtregion als High-Tech- und Industriestandort. Das Cluster ist geprägt von einer vernetzten Hochschul- und
Forschungslandschaft sowie einer Vielzahl innovativer Technologieunternehmen. Unterstützt werden
die Akteure von fachlichen Zusammenschlüssen wie
OpTecBB e. V., dem bundesweit größten Branchennetzwerk für optische Technologien, das als direkter
Kontakt am gemeinsamen Clustermanagement der
Länder Berlin und Brandenburg beteiligt ist.
Gemeinsam mit den Clusterakteuren und unter Federführung des Clustermanagements wurde im Jahr
2014, entlang der Rahmenbedingungen der länderübergreifenden Innovationsstrategie Berlin und Brandenburg (innoBB), der Masterplan Optik und Photonik
erarbeitet. Ein Masterplan legt die Ziele und Entwicklungsschwerpunkte des Clusters entlang der Handlungsfelder fest. Die Weiterentwicklung der regionalen
Innovationsstrategie zur innoBB 2025 erfordert die
Überprüfung der clusterbezogenen Masterpläne unter
Berücksichtigung der neuen Schwerpunktthemen und
der Anforderung an das Handeln der Cluster. Diesem
Prozess wurde der Masterplan Optik und Photonik im
Jahr 2018/2019 unterzogen, zurzeit findet die Aktualsierung statt. Die Veröffentlichung des novellierten
Masterplans Optik und Photonik erfolgt voraussichtlich im November 2019.
Ein erfolgreiches Cross Cluster-Verbundprojekt stellt
das GRW-Innovationscluster 5G BERLIN e. V. dar. Es
handelt sich um eine Partnerschaft aus Forschung
und Wirtschaft zur Förderung von Innovation rund
um die Schlüsseltechnologie 5G, dem Kommunikationsnetz der nächsten Generation. Ziel des Projekts
ist sowohl die Erprobung der Technologien als auch
die Förderung neuer 5G-Anwendungen. Die Initiative
gründete 2018 unter der Koordination des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) einen Trägerverein
mit neun Partnern, davon fünf KMU aus Berlin, und
widmet sich nun dem Aufbau der 5G-Testfeldinfrastruktur sowie der Eröffnung des 5G-Centers. Das
5G-Testfeld umfasst den nachhaltigen Aufbau und
Betrieb einer leistungsfähigen Testinfrastruktur auf
dem Nord-Campus der TU Berlin. Technologische
Schwerpunkte aus Sicht der Photonik liegen in der für
5G erforderlichen Glasfaserinfrastruktur, dem Einsatz
der am HHI entwickelten Visible-Light-Communication-Technologie (VLC) sowie der optischen Sensorik
im Frontend bei Anwendungen für autonomes Fahren und Industrie 4.0. Das 5G-Center im Fraunhofer
HHI ist die zentrale Anlaufstelle von 5G BERLIN und
dient als Vernetzungsplattform für Startups, KMUs,
Forschung, Großunternehmen und Behörden. Das Innovationscluster 5G BERLIN ist aus einer Initiative
des Leistungszentrums Digitale Vernetzung (LZDV)
hervorgegangen. Basierend auf einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem LZDV und Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie unterstützt das
Clustermanagement Optik und Photonik das LZDV
und seine Initiativen u. a. bei der Kommunikation von
Kooperationsangeboten an die regionalen Clusterakteure. Neben inhaltlichen Synergien im Handlungsfeld
Photonik für Kommunikation und Sensorik zeigte insbesondere das Handlungsfeld Lichttechnik ein starkes
Interesse an einer vertieften Einbindung im Bereich
intelligenter Straßenbeleuchtung. 5G BERLIN ist ein
Cross Cluster-Projekt der Cluster Optik und Photonik
sowie IKT, Medien und Kreativwirtschaft und das erste
Berliner GRW-Innovationscluster.
Nach einem erfolgreichen Auftakt in 2017 fanden am
17. und 18. Oktober 2018 zum zweiten Mal die Photonik Tage Berlin Brandenburg statt. Es kamen über
600 internationale Teilnehmerinnen und Teilnehmer
zu den insgesamt neun parallel stattfindenden Work39
shops mit über 160 Vorträgen. Die Themen zogen sich
durch fast alle Bereiche der angewandten Photonik,
von Spektroskopie über Solarenergie bis zu Sensoren
für autonomes Fahren und Quantentechnologien.
Neben einer Begleitausstellung mit über 50 Ausstellern, darunter zahlreiche internationale Unternehmen und Forschungseinrichtungen, gab es auch eine
Stellenbörse mit über 100 Stellenanzeigen. Die Photonik Tage Berlin Brandenburg sind die bedeutendste
Veranstaltung der Branche in der Hauptstadtregion.
Sie ermöglichen den fachlichen Austausch über neue
Technologietrends und machen darüber hinaus die
Potenziale der hier ansässigen Unternehmen und
Forschungseinrichtungen national und international
sichtbar. Die Veranstaltung wurde vom Clustermanagement Optik und Photonik unter Federführung des
OptecBB e. V. organisiert.
Cluster Energietechnik
• 38.420 Beschäftigte in Berlin
(Hauptstadtregion: 59.181)
• 3.370 Unternehmen in Berlin
(Hauptstadtregion: 6.547)
• 21,06 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
(Hauptstadtregion: 28,02 Mrd. Euro)
Berlin ist traditionell führender Energietechnikstandort Deutschlands. Die Hauptstadt ist Vorreiter bei der
Entwicklung von Smart Grids, Speicherkonzepten und
innovativen Lösungen zur Systemintegration.
Neben Global Playern wie Siemens sorgen gerade die
vielen kleinen und mittleren Unternehmen (darunter
auch Hidden Champions) für eine anhaltende und
überdurchschnittliche Innovationsdynamik bei der
Entwicklung, Erprobung und Anwendung neuer Energietechnologien. Hierbei profitieren die Akteure von
der renommierten und vielfältigen Wissenschaftsund Forschungslandschaft Berlins. Über 1.100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an über
30 Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen forschen zu allen Themenstellungen
rund um die Energiewende.
Schwerpunktthemen in der Energietechnik sind bereits heute die Digitale Vernetzung und sich daraus
ableitende Möglichkeiten wie die der Sektorenkopplung (Strom, Verkehr und Wärme) und der Systemintegration von Erneuerbaren Energien. Damit einher
40
geht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die in
Berlin insbesondere von Startups stark vorangetrieben wird.
Mit Leuchtturmprojekten, Demonstrations- und Anwendungsprojekten will die Hauptstadtregion in den
nächsten Jahren verstärkt zeigen, wie die (urbane)
Energiewende gelingen kann. Ein besonders wichtiges
Projekt, mit Ausstrahlungswirkung über die regionalen und nationalen Grenzen der Hauptstadtregion
hinaus, stellt WindNODE („Wind in Nordostdeutschland“) dar.
Über 70 Partner aus Wirtschaft, Forschung und
Zivilgesellschaft arbeiten seit Anfang 2017 im Projekt „WindNODE – Das Schaufenster für intelligente
Energie aus dem Nordosten Deutschlands“ an der
Frage, wie die Stromnetze auch dann stabil gehalten
werden, wenn mittelfristig bis zu 65 % des Stroms
aus erneuerbaren Quellen stammen. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Fördermitteln in Höhe von rund 36,5 Mio. € ausgestattete Verbundprojekt befindet sich in der Halbzeit
seiner vierjährigen Laufzeit.
Ein zentraler WindNODE-Baustein – die Flexibilitätsplattform (entwickelt u. a. von 50 Hertz und Stromnetz Berlin) – startete Ende 2018 in den Testbetrieb.
Von ihr sollen der Netzbetrieb, die Erzeugung, der
Handel, die Speicheranbietenden sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen
profitieren. Anbietende erhalten zum Beispiel eine
Vergütung für bislang ungenutzte Flexibilität bei
Stromverbrauch oder -erzeugung vom Netzbetreiber. Der Stromkunde wiederum profitiert, weil sich
die Flexibilitätsplattform künftig preisdämpfend
auf die Netzentgelte auswirken könnte. Zudem wird
insgesamt mehr Strom aus erneuerbaren Quellen
genutzt und somit ein Beitrag zur CO2-Reduktion
geleistet.
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie beteiligt sich mit drei Teilvorhaben direkt an WindNODE
und verantwortet unter anderem das „begehbare
Inhaltsverzeichnis“ WindNODE Live!, das seit Anfang
2018 durch die WindNODE-Region tourt und bereits
an 14 verschiedenen Stationen die WindNODE-Inhalte präsentierte. Darüber hinaus wurde von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie im Jahr
2018 erstmals eine WindNODE Challenge in Form
eines Ideenwettbewerbs ausgerichtet.
III. Wirtschaft
Mit der Umsetzung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (BEK 2030) werden weitere
wichtige Projekte zur Entwicklung und Erprobung
innovativer Energietechniktechnologien möglich, so
z. B. im Bereich urbaner Energiewendeinnovationen
oder im Rahmen von Quartiersentwicklungen.
Auf dieser Grundlage war das Clustermanagement
auch 2018 aktiv bei Projektinitiierungen, wie z. B.
bei der Ausschreibung des BMWi „Modellvorhaben
Wärmenetzsysteme 4.0“:
Mit den „Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0“
wurde vom BMWi Mitte 2017 erstmals eine systemische Förderung im Bereich der Wärmeinfrastruktur
ausgeschrieben. Das zu fördernde Wärmenetz soll
sich durch hohe Anteile erneuerbarer Energien, die
effiziente Nutzung von Abwärme und ein deutlich
niedrigeres Temperaturniveau im Vergleich zu klassischen Wärmenetzen auszeichnen. Gefördert wird
zunächst eine Machbarkeitsstudie.
Der durch das Clustermanagement flankierte Projektantrag der Vattenfall Wärme AG Berlin und der
Technischen Universität Berlin als Partner wurde
vom Fördermittelgeber positiv evaluiert und für die
Umsetzung freigegeben. Nach erfolgreichem Abschluss der Machbarkeitsstudie ist die Realisierung
des Wärmenetzes am Standort der TU Berlin vorgesehen. Das BMWi fördert die Realisierung mit bis zu
15 Mio. €. Dies umfasst dabei sowohl Kooperationen
mit wissenschaftlichen Einrichtungen zur Unterstützung, Planung, Realisierung und Optimierung,
die Evaluation des Wärmenetzes als auch die Beschaffung technischer Anlagen und die Entwicklung
neuer innovativer Einzeltechnologiekomponenten.
Das Projekt hat für die Berliner Energiewende eine
sehr große Bedeutung, da es sich dem Thema der
zukünftigen und nachhaltigen Wärmeversorgung
von Quartieren und Stadtteilen widmet und die Ergebnisse in Teilen auf andere Wärmenetzstrukturen
in Berlin übertragbar sind.
Weitere Projekte sollen das Profil und die Wahrnehmung der Hauptstadtregion als innovativen Standort
für Energiewende-Technologien in den kommenden
Jahren weiter national und international stärken.
Internationalisierung ist eine der Leitlinien in der
innoBB 2025 und damit auch ein Kernanliegen in der
Clusterarbeit.
Mit dem „Urban Energy Forum“, das erstmals in
2018 vom Berlin Brandenburg Energy Network und
der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe ausgerichtet wurde, wurde ein Veranstaltungsformat für die internationale B2B-Vernetzung
im Bereich der urbanen Energietechnik entwickelt.
Das Urban Energy Forum knüpft unmittelbar an den
jährlich stattfindenden internationalen Energiewendekongress des Bundes „Berlin Energy Transition
Dialogue“ an und bietet der regionalen Energiewirtschaft eine Plattform, um Berlin vor internationalem Fachpublikum als vielversprechenden Innovations- und Kompetenzstandort positionieren und
präsentieren zu können.
Der Fokus des „Urban Energy Forum“ liegt auf der
urbanen Dimension der Energiewende. Die Themenschwerpunkte waren in 2018: „Sector coupling for
smarter cities“. Ziel ist es, eine Veranstaltungsreihe
zu etablieren, die die urbanen Herausforderungen
rund um das Thema Energiewende global beleuchtet, Lösungsansätze und neueste (technologische)
Entwicklungen / Projekte / Geschäftsmodelle / Geschäftsfelder aufzeigt und die Hauptstadtregion als
wichtigen Player bei Energiewende-Innovationen
international mitdenkt.
Die stärkere Verzahnung der Energieforschung und
deren verstärkte Einbindung in Projekte mit regionalen Wirtschaftsunternehmen ist ein weiteres wichtiges
Anliegen / Tätigkeitsfeld der Clusterarbeit. Dies zeigte
u. a. die Mitorganisation der Kick-off-Veranstaltung
im Rahmen der „Wiederbelebung“ des Innovationszentrums Energie an der TU Berlin im Januar 2019.
Clean Technologies
Nachhaltige Wasserwirtschaft
Da die Hauptstadtregion inmitten einer gewässerreichen, aber dennoch wasserarmen Region liegt,
haben innovative, wasserwirtschaftliche Konzepte
in Berlin eine lange Tradition. Die „Blaue Metropole“
hat sich zu einem international anerkannten Kompetenzstandort der nachhaltigen Wasserwirtschaft
entwickelt. Neben einer Vielzahl innovativer Unternehmen, die im Bereich der Wasserwirtschaft sowie
der Umwelt- und Abwassertechnik aktiv sind, ist mit
den Berliner Wasserbetrieben (BWB) Deutschlands
41
größter Serviceprovider im Wasserbereich in Berlin
ansässig. Gepaart mit einem breiten Angebot in der
wasserbezogenen Forschung an Universitäten, insbesondere der Technischen Universität (TU), und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie etwa
dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB), sowie
der Präsenz zahlreicher wasserwirtschaftlicher Institutionen, ist die gesamte Bandbreite der wasser- und
abwasserwirtschaftlichen Kompetenzen vorhanden,
um für regionale aber auch internationale Herausforderungen innovative Lösungskonzepte zu entwickeln,
umzusetzen und zu betreiben.
Das im August 2012 von über 30 Unternehmen und
Berliner Forschungseinrichtungen gegründete GRWNetzwerk AQUANET-BB – Netzwerk für intelligente
Wasserinfrastruktursysteme hat sich als Plattform
für Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer, Projekte
und Kooperationsanbahnungen zwischen mittelständischen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen erfolgreich etabliert und ist zu einem wichtigen
Ansprechpartner und Treiber bei der Umsetzung von
Berliner Wasserthemen geworden. Seit vier Jahren
lobt das Netzwerk einen AQUA AWARD und AQUA
SCIENCE AWARD aus
Das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) ist als
gemeinnützige GmbH und Zentrum für angewandte
Wasserforschung 2001 gegründet worden. Traditionelle Bereiche des urbanen Wasserkreislaufs wie
Grundwasser, Wasser- und Abwassertechnik, Kanalnetzbewirtschaftung und Gewässerschutz werden
heute in die Entwicklung von Forschungsprojekten
zu Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Ressourceneffizienz, Energie und Klimaresilienz integriert.
Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Sema“, bei dem es
unter Nutzung von existierenden Daten des Berliner
Abwasserkanalsystems und der Kanalumgebung um
die Vorhersage von Kanalalterungen geht. Im Projekt
Flusshygiene wurde mit dem Ziel, Berlins Badefreudige zu informieren und zu schützen, ein Vorhersagemodell zu kurzzeitig auftretenden hygienischen
Verschmutzungen und deren Ausbreitung in Flüssen
entwickelt.
Das Netzwerk e.qua, das erfolgreich dem GRW-Förderzeitraum entwachsen ist, ist ein Verbund von
Unternehmen, der an der Schnittstelle zwischen
Energie und Wasser bundesweit Projekte auf dem
Gebiet der Wärmerückgewinnung aus Abwasser realisiert. In Form von Beratung, Projektimpulsen und
Förderprojektbegleitung unterstützt das Netzwerk
Unternehmen in den Bereichen Strom-, Wärme- und
Wertstoff(rück)gewinnung aus Trink- und Abwasser.
E.qua hat im Jahr 2018 gemeinsam mit der Brandenburgischen Wasserakademie und dem Vulkan Verlag
das neue Messeformat TAUSENDWASSER ins Leben
gerufen, das vom 27. bis 28. März 2019 im Filmpark
Babelsberg stattfand.
Ali Al-Hakim
Geschäftsführer
BOREAL LIGHT GmbH
1. Sie entwickeln Wasserentsalzungsanlagen – wo
kommen diese schwerpunktmäßig zum Einsatz?
Unsere solarbetriebenen Wasserentsalzungsanlagen
werden derzeit hauptsächlich in Afrika eingesetzt: In
vielen afrikanischen Regionen existiert keine funktionierende Elektrizitäts- und Wasserinfrastruktur.
80 % unserer Anlagen sind derzeit in Kenia aufgestellt, wobei wir aber auch Anlagen in Somalia und
vor kurzem in Jemen aufgestellt haben.
42
Politik und Verwaltung in der Hauptstadt bekennen
sich zur Bedeutung des Themas Wasser und zu einer
Nachhaltigen Wasserwirtschaft. Dokumentiert wurde
2. Ihr Unternehmen wurde im Technologiepark
Adlershof gegründet – war die Standortwahl eine
gute Entscheidung?
Es war eine der besten Entscheidungen, die wir für
unser Unternehmen getroffen haben. Der Standort
Adlershof war entscheidend für unser Wachstum. Wir
sind jedoch Anfang des Jahres nach Berlin-Lichtenrade umgezogen, weil wir die Produktion auf Hochtouren fahren möchten und hierfür große Hallen
benötigen.
3. Ihr Startup wurde als „European Food Startup
of the Year“ prämiert. Gibt solch eine Prämierung
Schwung für neue Ideen?
Wir konnten das Preisgeld nutzen, um eine Anlage
vorzufinanzieren, damit wir den Menschen vor Ort
das Wasser für ein Zehntel des marktüblichen Preises anbieten können. Nebenbei konnten wir dadurch
viele interessante Kontakte knüpfen.
III. Wirtschaft
dies u. a. durch den Beitritt Berlins zur Initiative „Blue
Community“ durch Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 22. März 2018, dem Weltwassertag. Es geht
dabei u.a. um den Schutz der Qualität des städtischen
Trinkwassers sowie der Berliner Flüsse und Seen und
die Förderung von Berliner Leitungswasser gegenüber
Flaschenwasser.
Mit über 400 Unternehmen und weit mehr als 8.500
Beschäftigten (Stand 2015) ist die Kreislaufwirtschaft
ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Hauptstadt.
Das Spektrum reicht von den klassischen Entsorgern
über Technologieentwickler bis zu Startups, die aus
Sekundärrohstoffen innovative Produkte für ein umweltbewusstes Publikum herstellen.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Gründung der
Berliner Regenwasseragentur im Mai 2018, einer Initiative des Landes und der Berliner Wasserbetriebe.
Ziel ist die Umsetzung eines innovativen, wirkungsvollen und nachhaltigen Managements von Regenwasser, das bei Starkregenereignissen zu einer echten
Bedrohung werden kann und doch auch eine wichtige
Ressource für ein lebenswertes und klimaangepasstes
Berlin ist.
Die Unternehmen der Berliner Kreislaufwirtschaft verfügen über umfassendes Know-how in den Bereichen
Kreislaufwirtschaft
Das Land Berlin bekennt sich zum Leitbild „Zero Waste“ und ist bestrebt, die bestehende Abfallwirtschaft
zu einer modernen und möglichst geschlossenen
Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Durch Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Wiederverwendung sollen Abfälle nach Möglichkeit gar nicht erst
entstehen. Ist eine Wiederverwendung oder Vorbereitung zur Wiederverwendung ausgeschlossen, sollen
die im Abfall enthaltenen Wertstoffe einer Wiederverwertung zugeführt werden. Bei der Verwirklichung
dieser Ziele leisten die Akteure der Kreislaufwirtschaft
einen maßgeblichen Beitrag.
•
•
•
•
Abfallsammlung und -transport
Abfallverwertung
Mülltrennung und Sortiertechnik sowie
Recycling.
Im Bereich der Kreislaufwirtschaft haben sich Akteure
zu Netzwerken zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Schließung von Stoffkreisläufen (ClosedLoop), für nachhaltigere Produktions- und Managementprozesse und für Ressourcenschutz in der Wirtschaft einzutreten.
Mit dem „Circular Economy Lab“ entwickelt das
„CRCLR – Circular Economy Netzwerk“ einen 2.500 m2
großen Hub für die Kreislaufwirtschaft, in dem es als
Aggregator einen zentralen Umsetzungsort für Knowhow, Netzwerk-Kontakte und nachhaltige Lösungsansätze im Bereich einer umfassenden, branchenübergreifenden Circular Economy anbieten wird.
43
III.5 Dienstleistungen
Zum Stichtag 30. Juni 2018 waren im Land Berlin rund
1,28 Mio. sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das sind rund 86 % aller
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, im Dienstleistungsbereich tätig.
hin über dem Bundesdurchschnitt. Der geschätzte Gesamtumsatz des Berliner Einzelhandels innerhalb und
außerhalb von Verkaufsräumen (inklusive interaktiver
Handel, aber ohne Kfz, Tankstellen, Brennstoffhandel
und Apotheken) betrug 2018 ca. 18 Mrd. €.
Die Zahl der Arbeitsplätze in den Dienstleistungsbranchen stieg nach Angaben der Bundesagentur für
Arbeit im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 43.000
bzw. 3,5 % an. Rund 54 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich.
Insbesondere weisen der Handel, das Gesundheitsund Sozialwesen sowie die freiberuflichen wissenschaftlichen und technischen Dienstleister einen überdurchschnittlich hohen Frauenanteil auf.
Auch die Zahl der Beschäftigten ist erneut gewachsen.
Besonders erfreulich ist dabei, dass wie in den vergangenen Jahren auch bei den Vollzeitkräften ein Plus zu
verzeichnen ist. Im Vergleich zu 2017 wuchs die Gesamtzahl um 1,1 %. Bei Vollzeitbeschäftigten waren
es 0,9 %. Insgesamt gab es im Berliner Einzelhandel
2018 allein rund 118.000 sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte.
Starke Beschäftigungszuwächse entstanden in mehreren Branchen, darunter bspw. „Information und Kommunikation“ (+9.800), Gesundheits- und Sozialwesen
(+6.200) und „Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“ (+6.000). Dies unterstreicht die insgesamt hohe
Dynamik des tertiären Sektors in Berlin. Ausdruck der
intakten Konsumkräfte am Standort Berlin ist die Umsatzbilanz im Einzelhandel, die 2018 das achte Jahr in
Folge positiv ausfiel. Nach Berechnungen des Amtes
für Statistik Berlin-Brandenburg legte der Einzelhandel nominal um 3,2 % (2017: +7,5 %) und real um
2,2 % (2017: +6,4 %) gegenüber dem Vorjahr zu. Damit ist der Wirtschaftszweig in Berlin zwar nicht mehr
ganz so stark wie 2017 gewachsen, liegt aber weiter-
Bei den Neueintragungen für die Ausbildungsberufe
Einzelhandelskaufmann / Einzelhandelskauffrau und
Verkäufer / Verkäuferin gab es 2018 einen leichten
Zuwachs von 955 auf 962 bzw. 540 auf 563. Im neuen
Ausbildungsberuf Kaufmann/frau im E-Commerce engagieren sich 52 neue Auszubildende. Mit insgesamt
3.250 Ausbildungsplätzen zählt der Einzelhandel weiterhin zu den stärksten Ausbildungsträgern bei den
Dienstleistungsberufen der Berliner Wirtschaft.
Die durch in- und ausländische Touristinnen und Touristen getätigten Einkäufe im Berliner Einzelhandel
sind inzwischen zu einem bedeutenden Umsatzfaktor
geworden. 2018 wurde das hohe Niveau der beiden
Vorjahre übertroffen und fast die Marke von 33 Mio.
Top 10 - Beschäftigte1 der Dienstleistungsbranchen 2018
absolut und prozentuale Veränderung gegenüber 2017 in %
+2,9
Gesundheits- und Sozialwesen
+2,4
Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz
Erbringung von sonstigen
wirtschaftlichen Dienstleistungen
+4,2
Erbringen von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen
+4,2
+10,8
Information und Kommunikation
+4,2
Erziehung und Unterricht
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung;
Sozialversicherungen
+3,1
+2,3
Gastgewerbe
-1,1
Verkehr und Lagerei
Erbringung von sonstigen Dienstleistungen
absolute Anzahl der SvB in Tausend 50
+1,8
75
100
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Stand 30.6. des jeweiligen Jahres)
44
125
150
175
200
225
250
III. Wirtschaft
Milena Glimbovski
Geschäftsführerin,
Original Unverpackt
GmbH
1. Mit der Umsetzung Ihrer Geschäftsidee haben Sie
dem überbordenden Verpackungsmüllproblem den
Kampf angesagt – mit großem Erfolg. Hand auf´s
Herz: haben Sie damit gerechnet?
Ehrlicherweise habe ich noch nicht einmal gewagt
so groß zu träumen. Heute gibt es über 130 Unverpackt-Läden allein in Deutschland und hunderte
weltweit, die wir inspiriert haben. So etwas kann
man nicht planen. Besonders freue ich mich über
die gesellschaftliche Entwicklung, die Auseinandersetzung mit dem Thema Plastik, Verpackungen und
Müll und den beginnenden Wandel bei den großen
Handelsketten.
Übernachtungen erreicht. Nach Schätzungen des HBB
haben in- und ausländische Gäste am Jahresumsatz
des Einzelhandels im engeren Sinne (innerhalb und
außerhalb von Verkaufsräumen, inklusive interaktiver
Handel, ohne Kfz, Tankstellen, Apotheken und Märkte) einen Anteil von ca. 26 % (etwa 4,7 Mrd. €).
Die Herausforderungen für den stationären Handel wachsen weiter. Die Chancengleichheit mit dem
E-Commerce ist ein dominierendes Thema und wird es
auf absehbare Zeit bleiben. Der grundlegende Wandlungsprozess im Einzelhandel wird mit dem Fortschritt
der Digitalisierung von Jahr zu Jahr deutlicher. Hohe
Wachstumsraten des Onlinehandels erhöhen den
2. Kürzlich sind Sie zur Unternehmerin des Jahres in
Berlin gekürt worden. Welchen Tipp geben Sie Frauen, die selbst ein Unternehmen gründen wollen, aber
noch zögern?
Die meisten Frauen, mit denen ich sprach, meinten sie
könnten nicht alleine gründen. Sie warten auf den oder
die perfekte Partner*in. Die wird aber nicht kommen.
Stattdessen muss man prüfen, wo hat man Wissenslücken, wo braucht man Unterstützung und ist diese
in Form von Coachings oder freien Mitarbeiter*innen
zu finden? Dann kann man direkt loslegen.
3. „Unverpackt“ hat sich als erster Supermarkt weltweit dem Zero-Waste-Lifestyle gewidmet – das klingt,
als hätten Sie noch Großes vor.
Wir waren nicht der allererste lose Laden, aber vielleicht der erste, der versuchte, dem Zero WasteLifestyle eine Anlaufstelle zu geben. Aber tatsächlich
haben wir noch viel vor. Zum einen wollen wir mehr
eigene Läden eröffnen, vielleicht doch ein Social Franchise ausrollen, und vielleicht auch bald in andere
Länder expandieren. Es gibt noch viele Länder, die
noch einen kleinen Zero Waste-Anstoß brauchen.
Druck auf den stationären Handel. In Berlin, wo sich
Jahr für Jahr immer mehr IT-Startups ansiedeln, wird
diese Entwicklung besonders deutlich. Die Zukunft des
stationären Einzelhandels und der hier agierenden
Unternehmen wird in erster Linie davon bestimmt,
wie es ihnen gelingt, die neuen Möglichkeiten gezielt
für ihre Kunden nutzen. Ob Online-Shop oder Soziale
Plattformen, Computer oder Smartphone, jedes Unternehmen muss entsprechend seinen Kunden und
den Branchen bzw. produktspezifischen Gegebenheiten den richtigen Mix finden. Dort wo es sinnvoll ist,
müssen neue technologische Möglichkeiten für Verkauf, Kommunikation und Marketing im stationären
Handel genutzt werden.
45
III.6 Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe
Die Berliner Beherbergungsbetriebe hießen 2018
13,5 Mio Gäste willkommen. Dies entspricht einem
Zuwachs von 4,1 % gegenüber 2017. Die Zahl der
Übernachtungen stieg um 5,5 % auf 32,8 Mio. Die
Hauptstadt positioniert sich damit erneut als eine europäische Tourismus-Top-Destination.
Beliebt ist Berlin auch bei internationalen Gästen:
5,4 Mio. Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland (+5,9 %) blieben im Durchschnitt 2,8 Nächte
(+7,9 %). Die meisten Gäste kamen aus Großbritannien, den USA und Spanien. Rund 46 % aller Übernachtungen in der Hauptstadt sind internationalen
Ursprungs.
Mit 798 Einrichtungen hat sich die Zahl der Berliner Beherbergungsbetriebe gegenüber 2017 um 1 % erhöht.
Der Effekt der Tourismusindustrie für Berlin ist beträchtlich: So belegt die letzte Erhebung aus 2016,
dass die beteiligten Firmen einen Bruttoumsatz von
11,58 Mrd. € generieren und die Branche direkt und
indirekt Beschäftigung und Lebensgrundlage für
235.000 Berlinerinnen und Berliner schafft.
Auch im Jahr 2018 konnte sich Berlin neben Paris,
Wien, Madrid und Barcelona in der TOP 5 Statistik des
internationalen Kongressverbandes ICCA positionie-
ren. Im vergangenen Jahr besuchten etwa 12 Mio. Teilnehmerinnen und Teilnehmer (2017: 11,7 Mio.) rund
143.000 Veranstaltungen in Berlin (2017: 140.200).
Tagungen und Kongresse generierten 2018 einen Gesamtumsatz von 2,63 Mrd. € (2017: 2,51 Mrd. €). Einen
wesentlichen Anteil machen dabei die erstmals über
acht Mio. Kongress-Übernachtungen in Berliner Hotels aus. Der Veranstaltungsmarkt sichert damit rund
44.100 Vollzeitarbeitsplätze (2017: 43.200 Vollzeitarbeitsplätze). Die Branche hat sich zu einem wichtigen
Wirtschaftsfaktor für Berlin entwickelt.
Mit dem Tourismuskonzept 2018 + hat Berlin in diesem Jahr begonnen, die sozialen und ökologischen
Auswirkungen der wachsenden Branche zu adressieren und das Thema über das klassische Hotelgeschäft
hinaus zu betrachten. Hintergrund sind vermehrte
Anzeichen einer Übernutzung in stark frequentierten
Innenstadtbereichen und damit verbunden ein Konkurrenzdruck in Bezug auf die Belange der Berliner
Stadtbevölkerung. Kernthemen des Konzeptes sind:
• die Außenbezirke in ihrer touristischen Entwicklung
zu fördern, um sie an der Wertschöpfung zu beteiligen und die Innenstadtbezirke zu entlasten,
• ein besseres Verständnis für die Besucherströme in
der Stadt zu entwickeln,
Übernachtungen in Berliner Beherbergungsbetrieben
absolut und Veränderung gegenüber Vorjahr in %
35,00
30,00
Millionen
25,00
20,00
15,00
+14,5
+6,5
+5,8
+14,1
0,00
Inland
+0,5
2008
+6,4
+7,6
2009
2010
Ausland
Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
46
+8,1
+3,9
-1,4
+7,9
+8,7
10,00
5,00
+9,1
+9,2
+6,7
+9,1
2011
2012
+7,5
+5,3
+2,5
+1,7
2013
2014
2015
2016
+1,6
+3,6
2017
2018
III. Wirtschaft
Andreas Behrens
Geschäftsführer
Stern und Kreisschifffahrt Berlin
1. Laut einer aktuellen IBB-Studie verdankt allein der
Berliner Einzelhandel gut ein Viertel seines Jahresumsatzes dem Tourismus. Wie sieht das in der Fahrgastschifffahrt aus?
In der Fahrgastschifffahrt liegt der Anteil noch
wesentlich höher. Im Bereich der Berliner City ungefähr bei 90 %. Aber auch die Touren im Havel-/
Wannseegebiet und die Spreefahrten Richtung
Müggelsee werden bei den Touristen immer beliebter. Das liegt auch daran, dass wir mit unseren
Audio Guides inzwischen bis zu 11 Fremdsprachen
anbieten.
• die Akzeptanz der Berlinerinnen und Berliner für die
Gäste der Stadt zu erhöhen,
• den Übernutzungserscheinungen durch eine intensivierte Pflege des öffentlichen Raums sowie einem
Bewusstseinswandel bei Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Besucherinnen und Besuchern zu
begegnen,
• die touristisch bedingten Verkehrsbelastungen zu
senken.
Auch die im Jahr 2018 aus den „Zuschüssen für besondere touristische Projekte“ geförderten Vorhaben fügen sich durch soziale, ökonomische und / oder ökologische Nachhaltigkeit in den strategischen Ansatz
2. Nachhaltigkeit spielt auch in Ihre Branche eine immer
größere Rolle. Wie gehen Sie dieses Thema konkret an?
Wir sind seit über 10 Jahren dabei, unsere Flotte durch
Neumotorisierungen unserer Schiffe und durch die
Nachrüstung von Abgasfiltersystemen schadstoffärmer
zu machen. Wir sind an einem Pilotprojekt der Senatsverwaltung für Umwelt zur Nachrüstung von Rußpartikel- und NOX-Katalysatoren beteiligt. Geplante Neubauten werden als Hybridfahrzeuge gebaut werden. Im
gastronomischen Bereich versuchen wir, weitestgehend
auf Einweggeschirr zu verzichten. Wo das nicht funktioniert, setzen wir auf kompostierbare Materialien.
3. Wenn einer Experte für Berliner Brücken ist, dann
sind Sie das; Hand aufs Herz: Welche gefällt Ihnen
am besten?
Am besten gefallen mir Brücken, die nicht saniert werden müssen, denn die Instandsetzung von Brücken
führt immer auch zu Einschränkungen des Schiffsverkehrs, insbesondere auf der Spree. Da machen die
Schleusen schon genug Ärger. Aber schlussendlich gefällt mir die Oberbaumbrücke immer wieder am besten.
des Tourismuskonzeptes 2018 + ein und unterstützen
die im Konzept formulierten tourismuspolitischen
Zielsetzungen des Landes Berlin auf herausragende
Weise. Beispielsweise werden aus den Mitteln wichtige
strategische Projekte wie die Erfassung von Besucherströmen (Monitoring), die Erstellung einer Definition
des Begriffs „Qualitätstourismus“ und die Einrichtung
eines 7-köpfigen Teams bei visitBerlin, das die Bezirke bei ihren touristischen Anliegen berät und bei der
Umsetzung ihrer Vorhaben unterstützt, gefördert. Es
werden aber auch kleinere ad-hoc Projekte finanziert,
wie die Erstellung eines GoingLocal Magazins, der
Dreh eines touristischen Imagefilms für TempelhofSchöneberg, die Erstellung von Entdeckertouren durch
Lichtenberg oder die Konzeption einer Dauerausstellung zur Eiszeit im Wuhletal.
47
III.7 Handwerk
Der Berliner Konjunkturbericht der Handwekskammer
Berlin bescheinigte dem Berliner Handwerk im Herbst
2018 Hochstimmung. Die Geschäftserwartungen für
die kommenden Monate erreichten den bisher höchsten jemals gemessenen Wert: der Geschäftsklimaindex betrug 139 Punkte. Die Stimmung war in allen
Handwerksbranchen bei anhaltend guter Auftragslage und Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen positiv. 96 % der Betriebe bewerteten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder zufriedenstellend. Die
Produktions- und Dienstleistungskapazitäten waren
zu 90,1 % ausgelastet. 90 % der Betriebe haben ihren
Personalstamm erhalten oder aufgestockt. Aufgrund
der Schwierigkeit, qualifiziertes Personal zu finden,
konnten nicht alle Betriebe ihre Beschäftigungspläne
umsetzen.
Das Ausbaugewerbe nahm den Spitzenplatz unter
den Berliner Handwerksunternehmen ein. Das Kraftfahrzeuggewerbe erreicht den niedrigsten Wert. Doch
die zu Beginn des Jahres 2018 einsetzende spürbare
Erholung des handwerklichen Kraftfahrzeuggewerbes
setzte sich auf einem stabileren Fundament fort. Auch
im Gesundheitsgewerbe zeigte sich endlich wieder ein
deutlich positiver Trend.
Die 68,5 % der Berliner Handwerksbetriebe aus dem
Baugewerbe und der Gruppe der Handwerke für den
gewerblichen Bedarf prägten das Konjunkturbild. Das
Auftragspolster in diesem Bereich war auf nunmehr
12,5 Wochen angewachsen. 53 % der Betriebe berichteten von gestiegenen Auftragseingängen, 41 % sahen weitere Zuwächse.
Entscheidend für die gute Stimmung ist auch die Entwicklung der Umsätze. Der Anteil der Betriebe mit
Umsatzsteigerungen ist im Vergleich zum Vorjahr
um fünf Prozentpunkte angewachsen und lag nun
bei 43 %. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Betriebe
mit Umsatzeinbußen um fünf Prozentpunkte auf nunmehr 7 % verringert.
Die Stimmung unter den Berliner Bäckern, Fleischern
und Konditoren blieb mit 127 Punkten auf einem guten
Niveau. Jeder zweite Betrieb sah sich allerdings zu Preissteigerungen gezwungen, wobei die Nachfrage stabil bis
steigend ist. Die Beschäftigungssituation im Nahrungsmittelgewerbe ist ein einschränkender Faktor, es fehlen
geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Die Beschäftigungspläne waren weiterhin expansiv ausgerichtet.
48
Einen neuen Rekord gab es im Bereich der persönlichen
Dienstleistungen, mit 122 Punkten erreichte das Stimmungsbarometer ein Allzeithoch. Ausdruck für die gute
Lage war hier unter anderem der Beschäftigungssaldo.
Im Herbst 2017 und Frühjahr 2018 war er jeweils noch
zweistellig im negativen Bereich. Nun zeigte der Positivsaldo von acht Punkten, dass diese Handwerkbranche endlich wieder Beschäftigung aufbauen konnte.
Auch die Betriebsstatistik der Handwerkskammer Berlin zeigte sich positiv: 30.420 Handwerksbetriebe zum
Jahresende 2018, das waren 842 Betriebe mehr als
noch im Vorjahr.
Sowohl die Zahl der Betriebe als auch die Zahl der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Auszubildenden ist weiterhin auf hohem Niveau. Damit trägt
das Handwerk maßgeblich zur guten wirtschaftlichen
Entwicklung Berlins bei. Rund 180.000 Beschäftigte
fanden 2018 in den Berliner Handwerksbetrieben eine
Beschäftigung. Ca. 9.500 junge Menschen wurden in
einem handwerklichen Beruf ausgebildet, davon sind
mehr als 22 % weiblich. 1.235 junge Menschen mit einem ausländischen Pass befanden sich 2018 in einem
Ausbildungsverhältnis. 345 Ausbildungsverträge wurden mit jungen Leuten aus den acht häufigsten nichteuropäischen Asylzugangsländern abgeschlossen.
Aktionsprogramm Handwerk 2018-2020
Mit dem „Aktionsprogramm Handwerk 2018-2020“
setzen der Berliner Senat und das Berliner Handwerk ihre intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit der vergangenen Jahre fort. Gemeinsam werden konkrete Maßnahmen umgesetzt, innovative
Lösungen entwickelt und die für die Stadt so wichtigen Fachkräfte gewonnen und gebunden. Zugleich
wird die Wahrnehmung von „Handwerk“ in der Öffentlichkeit gestärkt. Die 33 konkreten Einzelmaßnahmen sollen im Zeitraum von 2018 bis 2020 in
Kooperation zwischen dem Berliner Handwerk und
dem Berliner Senat umgesetzt werden.
Eine bedeutende Investition für die Zukunft, Fundament für Selbstständigkeit und beruflichen Erfolg ist
ein Meistertitel im Handwerk. Er steht für eine hochqualifizierte Ausbildung und Fachwissen, ist ein wichtiges Gütesiegel und ein Aushängeschild für jeden Betrieb, das Vertrauen erweckt.
III. Wirtschaft
Josephin Süßer,
Dachdeckermeisterin
Fa. Süßer Dachdeckerei
und Solartechnik GmbH
1. Obgleich Sie noch sehr jung sind, zeigt Ihr bisheriger Lebenslauf, dass Sie Dachdeckerin aus Leidenschaft sind. Was fasziniert Sie an diesem Beruf?
Die Vielseitigkeit des Berufsbildes, jeden Tag eröffnet
sich eine neue Herausforderung, der Umgang mit den
Menschen und die Langlebigkeit der Handwerksarbeit.
Die Baustellen sind auf die Stadt verteilt, dadurch habe
ich ständig Kontakt mit anderen Menschen und kann
jeden Tag in die Gesichter zufriedener Kunden sehen.
Der Meisterbrief ist eine exzellente Garantie für handwerkliche Praxis und betriebswirtschaftliches Denken.
Er ermöglicht es Meisterinnen und Meistern, Wissen
weiterzugeben und junge Menschen für berufliche
Ausbildung zu begeistern.
Um jungen Handwerksmeisterinnen und -meistern
den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, bietet das Land Berlin seit vielen Jahren über das zu 50 %
mit Mitteln der EU kofinanzierte Programm Meistergründungsprämie schnell und unbürokratisch finanzielle Unterstützung an. Die Prämie wurde 2018 erhöht
und kann nun bis zu 15.000 € betragen. Die Erhöhung
hebt die Bedeutung des qualifizierten Handwerks für
den Standort Berlin deutlich hervor. Die Auszahlung
der Meistergründungsprämie erfolgt in zwei Stufen:
2. Beim Handwerk läuft’s zurzeit sehr gut – wie lange
hält dieser Boom aus Ihrer Sicht noch an?
Der Boom ist den schwachen Zinsen und vor allem
dem Bedarf an Wohnraum und Sanierung geschuldet. Die Menschen wollen für sich und ihre Nachkommen Werte schaffen. Durch den anhaltenden
Nachwuchsmangel können die aus Altersgründen
ausscheidenden Mitarbeiter nicht ersetzt werden.
Das bedeutet eine Vollbeschäftigung für die verbleibenden Mitarbeiter.
3. Wenn jemand das beantworten kann, dann Sie:
Wie sieht Berlin im Sommer vom Dach aus aus?
Phantastisch! Die Stadt von den Dächern aus zu sehen, ist höchst beeindruckend, da an jeder Ecke ein
Wahrzeichen zu erkennen ist, mit dem die Stadt verknüpft ist. Auch das Grün der Stadt fällt sehr auf.
Spannend sind auch die Dachgärten und nutzbare
Dachflächen in urbaner Lage.
in der ersten Stufe (Gründungsphase) erhalten die
Meisterinnen und Meister 8.000 €; in der zweiten Stufe (nach drei Jahren) weitere 5.000 €, sofern sie einen
Ausbildungsplatz oder sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsplatz geschaffen haben. Sollte es sich um einen
Ausbildungsplatz in einer mit weiblichen Arbeitskräften gering besetzten Branche handeln, beträgt die
Prämie in der zweiten Stufe 7.000 €, sofern er mit einer weiblichen Auszubildenden besetzt wird.
Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 97 (2017:
99) Meisterinnen und Meister im Handwerk gefördert
werden. Davon waren 64 Existenzgründungen und
33 Förderungen für einen Arbeitsplatz. In deren Folge
wurden ca. 122 Arbeitsplätze und 14 Ausbildungsplätze neu geschaffen.
49
III.8 Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit
Außenwirtschaft
werden sowohl Exporte als auch Ansiedlungen, Standortmarketing und eine Vielzahl von anderen grenzüberschreitenden ökonomischen Aktivitäten (Internationalisierungsformen) erfasst. Das Konzept verfolgt
die Zielsetzung, hiesige Unternehmen zu unterstützen, die inländische Wirtschaft zu stärken und so zur
Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland beizutragen.
Die USA (1,8 Mrd. €) und China (920 Mio. €) bleiben
2018 die wichtigsten Exportländer für das Land Berlin,
gefolgt von Frankreich (855 Mio. €).
Die Berliner Exporte sanken im Jahr 2018 um 2,2 % auf
14,5 Mrd. € und entwickelten sich damit gegenläufig
zu den deutschen Exporten (+ 3,0 % auf 1.318 Mrd. €).
Dies ist nach 2017 (-2,2 %) der zweite Exportrückgang
in Folge.
Im Sommer 2019 wurden die Zielländer des KIW angepasst. In Abstimmung mit der IHK Berlin und Berlin
Partner für Wirtschaft und Technologie wurden auf
Basis aktueller Wirtschaftsdaten die Zielmärkte für
die kommenden zwei Jahre festgelegt. Wichtigste Zielländer bleiben die USA und China sowie das Vereinigte
Königreich und Polen. Neu im Kreis der Top-Zielländer
ist Frankreich.
Bei einem kleinen Bundesland können schon geringe
Veränderungen relativ große Auswirkungen haben.
Verantwortlich für die vergangene Entwicklung ist insbesondere der rückläufige Absatz von Berliner Tabakprodukten (-316 Mio. €, -36,3 %), darüber hinaus aber
auch der von Maschinen (-207 Mio. €, -8,8 %), zu denen z. B. Antriebsmotoren für Schienenfahrzeuge und
Gasturbinen gehören. Der Verkauf solcher langlebiger
Investitionsgüter ist traditionell volatil und wird stark
von externen Faktoren wie der weltweiten konjunkturellen Lage oder dem Ölpreis bestimmt.
Neu ist auch, dass ausgewählte Regionen mit einem
„Hub-Ansatz“ adressiert werden sollen. Die Golfregion
insgesamt soll über den Hub Dubai, die ASEAN-Region
über Singapur erreicht werden. Außerdem wird eine
Watchlist eingeführt, um aufstrebende Märkte, insbesondere in Afrika, gezielt analysieren zu können.
Die Außenwirtschaftspolitik in Berlin richtet sich nach
dem Konzept Internationale Wirtschaftskooperation
Berlin (KIW) aus, welches 2017 vom Berliner Senat
verabschiedet wurde. Es versteht Internationalisierung ganzheitlich und orientiert sich an den Bedarfen
kleiner und mittlerer Unternehmen, welche u. a. Startups umfassen. Im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes
Teil der Berliner Außenwirtschaftsstrategie ist außerdem die Etablierung von Auslandsrepräsentanzen.
2018 wurde ein Berliner Büro in China, das „Berlin
Business Liaison Office“, eröffnet. Damit wird die
strategische Beziehung mit der Volksrepublik China
verstärkt. Die Berliner Wirtschaftsvertretung in Pe-
Top 10 der Exportländer 2018 nach Volumen und Anteil an den Gesamtexporten in %
12,5
USA
Volksrepublik China
6,3
Frankreich
5,9
Italien
5,4
Niederlande
5,2
4,9
Vereinigtes Königreich
Polen
4,8
Schweiz
4,3
Österreich
3,5
Spanien
Milliarden (Euro) 0
Quelle: Destatis
50
3,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
III. Wirtschaft
king setzt mit Veranstaltungen und Messe-Präsenzen
erste Zeichen. Im Laufe des Jahres werden vielfältige
Aktivitäten folgen.
Das „Berlin Business Liaison Office“ unterstützt in
erster Linie Berliner KMU, die nach China expandieren
wollen. Zu diesem Zweck hat im Februar 2019 eine
große Auftaktveranstaltung mit Vorstellung des Büros
und seiner Repräsentantinnen in Berlin stattgefunden.
Zudem wird das Büro erster Ansprechpartner für chinesische Unternehmen sein, die nach Berlin kommen
wollen. Nach wie vor nimmt die Kooperation im Bereich der Startups zwischen Berlin und China eine sehr
große Rolle ein. Eine weitere wichtige Plattform des
Austausches ist die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Peking, die 2019 ihr 25-jähriges Jubiläum feiert.
Die StartUp AsiaBerlin Initiative (SUAB) der Berliner
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und BetrieSabine Yang-Schmidt
Leiterin Berliner
Wirtschaftsvertretung
in Peking
1. Im Januar 2019 haben Sie die Leitung für das „Berlin Business Liaison Desk“ übernommen – Hatten Sie
einen erfolgreichen Start?
Ja, absolut. Wir sind sowohl in Berlin als auch in China mit offenen Armen empfangen worden.
Nach einem halben Jahr schon blicken wir auf lauter
spannende Aktivitäten zurück. Darunter z. B. unsere Netzwerkveranstaltungen in Berlin und Peking,
Marktberatungs- und Ansiedlungsgespräche, die Vorstellung Berlins auf Messen wie z. B. der China Utility
Week in Shanghai, Pitchings für Berlin als internationaler Startup Hub zusammen mit „StartUp AsiaBerlin“ in Shenzhen und Hongkong, Infos über Chinas
Gesundheitsbranche zur Berliner Bionnale oder die
Bewerbung der Berliner Wirtschaft zum Tag der offenen Tür der Deutschen Botschaft in Peking mit rund
2400 Gästen.
In China kennt man Berlin noch nicht als Wirtschaftsstandort, das ändern wir gerade. Und in Berlin freuen sich immer mehr Unternehmer über Beratungen
direkt über „Berlin in China“.
be wird 2019 gleich zwei Mal mit einer Delegation
nach China reisen. Die erste Reise ging im März in die
Städte Peking, Shenzhen und Hongkong. Im Herbst
wird eine gemeinsam organisierte Reise des Netzwerks Start Alliance, das von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie ins Leben gerufen wurde, und
SUAB nach Peking und Shanghai folgen.
Die Eröffnung einer zweiten Wirtschaftsrepräsentanz
des Landes Berlin ist für das zweite Halbjahr 2019 in
den USA geplant. Von New York aus sollen Berliner
KMU künftig beim Eintritt in den US-amerikanischen
Markt unterstützt werden und amerikanische Unternehmen einen Ansprechpartner für Fragen zum Wirtschaftsstandort Berlin finden.
Als Förderinstrument für die Berliner Außenwirtschaft
steht das Programm für Internationalisierung (PfI)
zur Verfügung. Es unterstützt kleinere und mittlere
2. Ihre Aufgabe ist es, den chinesischen Markt für
Berliner Unternehmen zu erschließen. Um welche
Branchen geht es hier vor allem?
Eng angelehnt an die Berliner Wirtschaftsstrukturen
sind wir insbesondere für KMUs und Startups in unseren
Industrieclusterthemen und innovativen Querschnittsthemen aktiv. Aus dem kreativen IKT Cluster kommt viel
Interesse zur Künstlichen Intelligenz oder Automatisierung, für Neue Energien betreuen wir Projekte z. B. zu alternativen Heizsystemen und nachhaltigen Energietechnologien. Wir beraten auch in der Gesundheitsbranche
zu u. a. Gesundheitsstrukturen in China, Entwicklungen
in einzelnen Gesundheitsbereichen oder Digital Health.
Viel Nachfrage erreicht uns weiter zur Mobilität und
smarten Verkehrslösungen, z. B. für autonomes Fahren.
Auch innovative Themen wie die Positionierung Berlins
als „New Space“ begleiten wir in China.
3. Was sind die Pläne des „Berlin Business Liaison
Desk“ für das kommende Jahr?
Das erste Jahr einer neuen Wirtschaftsvertretung bedeutet immer eine Phase des Beobachtens und Testens, welche Themen, Angebote und Formate funktionieren, welche Partner sich finden und worauf
man sich derzeit mit einem 2-er Frauenpowerteam
im riesigen China regional fokussiert. Daran arbeiten
wir mit Berlin Partner und der IHK Berlin an unserer
Seite, die deutsche Hauptstadt in einem Jahr schon in
unseren Schwerpunktregionen in China als internationales, kreatives und dynamisches Innovationszentrum und als Startup-Hub klar positioniert zu haben.
51
Unternehmen (KMU) in Berlin bei der Erschließung
neuer Märkte im Ausland und stärkt damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft. Mit den Programmelementen Einzelmaßnahmen (KMU-Projekte), Gemeinschaftsprojekte (wie
Messegemeinschaftsstände und Delegationsreisen)
sowie Projekte zur Netzwerkbildung findet eine
modular abgestimmte Unterstützung u. a. bei Messe- und Konferenzbesuchen, Teilnahmen an Messegemeinschaftsständen und Delegationsreisen sowie
beim Ausbau internationaler Netzwerke statt. Diese Module werden um die Angebote des CoachingBonus International ergänzt.
Im Rahmen der grenzübergreifenden Oder-Partnerschaft fördert die Berliner Senatswirtschaftsverwaltung seit über 13 Jahren Aktivitäten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit von Unternehmen beiderseits
der Grenze – u. a. in den Themenfeldern Tourismus,
Design, IKT, Games-Industrie, Photonik und Schienenverkehrstechnik. Kleine und mittlere Unternehmen
nutzen dafür Förderangebote, die aus den LandesmitAsia-Pacific Week Berlin 2019
Die 14. Asia-Pacific Week Berlin (APW) 2019 widmete sich als europaweit wichtigstes Austauschformat des deutsch-asiatischen Dialogs dem
Themenschwerpunkt Innovation sowie der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Startups mit
ihren Ökosystemen. Mit der APW schlägt Berlin eine
innovative Startup-Brücke zwischen Deutschland
und den asiatischen Zukunftsregionen, vernetzt
Berliner Startups mit Partnern in Asien, um die Vorteile der bevölkerungsstarken, wirtschaftlich schnell
wachsenden und immer innovativeren asiatischen
Märkte zu nutzen und Investitionen anzuziehen.
Über 200 Expertinnen und Experten aus Europa und
Asien diskutierten mit 2.000 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer aktuelle Innovationstrends aus politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Blickwinkeln.
Neben dem 7. Botschaftstag Asien-Pazifik und der
4. Connecting Startup Cities Konferenz fanden eine
Innovationskonferenz, eine Veranstaltung zur Zusammenarbeit zwischen Konzernen und Startups
in Siemensstadt, eine Blockchain Konferenz mit
Hackathon, ein exklusives Programm für asiatische
Investoren sowie Drittveranstaltungen und ein kulturelles Rahmenprogramm statt.
52
teln und dem Europäischen Fonds für die regionale
Entwicklung (EFRE) finanziert werden.
Ziel des informellen und interregionalen Netzwerkes
(Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen, Niederschlesien, Großpolen, Westpommern
und Lubuskie) unter dem Motto „Grenzen trennen –
die Oder verbindet“ ist der Aufbau eines leistungsfähigen Regionalverbundes, mit dem die Region infrastrukturell und politisch enger vernetzt und zu
einem auf möglichst vielen Gebieten kooperierenden
dynamischen Wirtschaftsraum entwickelt wird. Dabei
liefern die urbanen Zentren eine wichtige Impulsfunktion. Gleichzeitig ist die Aktivierung der Entwicklungspotenziale des ländlichen Raums zentral. So förderte
die Senatswirtschaftsverwaltung in der Vergangenheit aus den Zuschüssen für besondere touristische
Projekte das Projekt „Kulturtourismus zwischen Polen
und Berlin | Kulturprogramm im Zug 2.0“.
Entwicklungszusammenarbeit
Global denken, lokal handeln – diesem Anspruch will
die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit
(LEZ) des Landes Berlin durch eine Vielzahl von Aktivitäten gerecht werden. Über 100 Botschaften, eine
Vielzahl von Verbänden mit internationaler Ausstrahlung sowie über 300 entwicklungspolitische Akteure
machen Berlin zu einem Zentrum für internationale
Angelegenheiten.
Ein besonderes Augenmerk legt die Berliner Entwicklungszusammenarbeit auf die Vermittlung von Kompetenzen des Globalen Lernens bzw. des Denkens in
globalen Zusammenhängen sowie auf die Förderung
des fairen Handels und der fairen Beschaffung. Berlin sieht die Hauptaufgabe seines Engagements in der
entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Hierbei wird
die LEZ durch das Entwicklungspolitische Bildungsund Informationszentrum e. V. und durch die Stiftung
Nord-Süd-Brücken unterstützt.
Die LEZ fördert bereits seit 2000 das Berliner Entwicklungspolitische Bildungsprogramm (benbi). Es findet
jährlich im November statt und richtet sich vorrangig
an Kinder und Jugendliche der 3. bis 13. Klasse. 2018
stand das Themenfeld „Klima und Ressourcen“ im Mittelpunkt, für 2019 (4. – 8. November) lautet es „Weltweit Wirtschaften“. Das benbi wird von der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung organisiert. Der Verein
unterstützt und berät die rund 20 beteiligten Nichtre-
III. Wirtschaft
Astrid Geiermann
Geschäftsführerin
Berlin Global Village
1. Sie gelten als engagierte Streiterin für das Eine-Welt-Zentrum – was verbirgt sich hinter dieser
Idee?
In Berlin setzten sich hunderte von Menschen, Initiativen und Vereine für globale Gerechtigkeit ein. Mit
dem Eine-Welt-Zentrum von Berlin Global Village
entsteht für all diese Engagierten ein in Berlin bislang einmaliger Ort der Vielfalt, der Begegnungen
und Kooperationen, des offenen Dialogs und des
Engagements. In dem Zentrum werden zahlreiche
Vereine und Initiativen ihre Büros und Arbeitsplätze
finden. Und das Zentrum wird ein Ort für die breite
Öffentlichkeit mit Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen, Lern- und Kulturorten sowie sozialen Räumen.
gierungsorganisationen bei der Entwicklung der zahlreichen interaktiven Workshops, bei denen Schülerinnen und Schülern Fähigkeiten vermittelt werden, aktiv
und eigenverantwortlich die Zukunft mitzugestalten.
Auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde von den Bundesländern ein Promotor*innenprogramm ins Leben gerufen. Die Eine-Welt-Promotor*innen arbeiten in entwicklungspolitischen Organisationen und Initiativen. Sie geben als Expertinnen
und Experten Anstöße für global verantwortliches
Denken und Handeln und mobilisieren für ein Engagement zu Themen der nachhaltigen Entwicklung. Das
Berliner Promotor*innenprogramm wird vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag koordiniert
und von der Stiftung Nord-Süd-Brücken verwaltet, es
läuft jetzt in der dritten Runde. Die Promotor*innen
arbeiten in den Jahren 2019 – 2021 zu den folgenden Schwerpunktthemen: Faires und zukunftsfähiges
Wirtschaften, Kommunale Entwicklungspolitik, Globales Lernen, Klima- und Ressourcengerechtigkeit, Dekolonisierung und Antirassismus, Stärkung der migrantischen Zivilgesellschaft und strukturelle Stärkung
entwicklungspolitscher Organisationen.
2. Berlin ist international. Hier leben Menschen aus
193 Nationen. Was bedeutet das für das Eine-WeltZentrum?
Wir erkennen an, dass Deutschland eine Einwanderungsgesellschaft ist und Vielfalt unsere gemeinsame gesellschaftliche Realität. Und wir erkennen an,
dass Deutschland eine koloniale Vergangenheit hat,
die in die Gegenwart fortwirkt, und dass auch die
Entwicklungszusammenarbeit einen kolonialen Ursprung hat und koloniale Kontinuitäten in sich trägt.
Vor diesen Hintergründen streben wir eine machtkritische und diskriminierungssensible Haltung an – als
Organisation, als Netzwerk und als Ort.
3. Und was ließe sich aus Ihrer Sicht noch verbessern?
Berlin braucht mehr solcher Orte wie der von Berlin
Global Village. In vielen gesellschaftlichen Bereichen
gibt es gute und wichtige zivilgesellschaftliche Akteure mit guten Ideen und wichtigen gesellschaftlichen
Beiträgen. Sie alle brauchen Räume und haben zunehmend Schwierigkeiten, Räume zu finden oder zu
halten. Aus der Entstehungsgeschichte von Berlin Global Village lässt sich lernen, wie in einer guten Zusammenarbeit zwischen Politik und Zivilgesellschaft mehr
solcher Orte entstehen können – und das auf Dauer.
Insbesondere durch den im Landeshaushalt verankerten Investitionszuschuss an die Berlin Global
Village gGmbH wurde die Errichtung des Eine-WeltZentrums auf dem Gelände der ehem. Kindl-Brauerei in Berlin Neukölln ermöglicht und so ein Projekt umgesetzt, das seit sieben Jahren von der Berliner Zivilgesellschaft geplant wurde. Die Berlin Global
Village gGmbH wurde in die Lage versetzt, die Gebäude zu erwerben und das Grundstück im Erbbaurecht
zu übernehmen. Es entstehen rund 4.500 Quadratmeter Nutzfläche, auf denen entwicklungspolitische
und migrantisch-diasporische Nichtregierungsorganisationen zukünftig gute Bedingungen für ihre Arbeit finden.
Darüber hinaus wurde das Berliner Stipendiumprogramm zur Stärkung von Journalist*innen im digitalen Raum neu aufgesetzt. Es richtet sich an Medienschaffende, Journalistinnen und Journalisten
sowie Bloggerinnen und Blogger aus aller Welt, die
aufgrund von Einschränkung Ihrer Meinungsfreiheit
aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten oder
eine vorübergehende Auszeit benötigen. Zuständig
für die Durchführung ist der Verein Reporter ohne
Grenzen.
53
Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit
unterstützt Kampagnen und Bündnisse, die dafür werben, den Berliner Einkauf fairer zu gestaltet. Innerhalb
der Berliner Verwaltung setzt sich die Landesstelle für
Entwicklungszusammenarbeit für die Überarbeitung
54
von Vergaberichtlinien zugunsten einer fairen und
nachhaltigen Beschaffung ein. Die Berliner Bezirke
sind Vorreiter im Fairen Handel. Im November 2018
wurde Berlin als Fairtrade Town ausgezeichnet.
IV. Energie
IV. Energie
Berlin ist durch ein dynamisches Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum geprägt. Zukunftsfähig wird diese
rasante Entwicklung nur sein, wenn es gelingt, Wachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln. Ziel ist die kohlefreie und dezentrale Energieerzeugung sowie die intelligente und effiziente Verteilung und
Nutzung von Energie – übergreifend über die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Berlin mit seiner etablierten
Forschungs- und Entwicklungslandschaft und der vielseitigen Wirtschaftsstruktur mit hohem Innovationspotenzial hat dabei die Chance, zukunftsweisende Lösungen zu entwickeln. Schon heute werden in Berlin vielfältige
Lösungen für eine nachhaltige, smarte und sektorübergreifende Energieversorgung entwickelt.
IV.1 Energiepolitik
Fahrplan für die Energiewende
Die konkreten Maßnahmen, mit denen Berlin seine gesetzlich verankerten Klimaschutzziele erreichen will,
wurden in einem breit getragenen Beteiligungsprozess erarbeitet. Diese werden im Berliner Energie- und
Klimaschutzprogramm (BEK 2030) dargestellt. Anfang
2018 wurde das BEK für den Umsetzungszeitraum
2016-2021 beschlossen. Damit liegt ein konkreter
Fahrplan auf dem Weg der Transformation unseres
Energiesystems vor.
In einer Metropole wie Berlin sind die wesentlichen
Flächenressourcen für die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Ressourcen die Dächer und Fassaden
der Gebäude. Darum nimmt die Solarenergie eine
Einbeziehung der urbanen Zentren in die Energiewende
Im Herbst 2018 hat Berlin gemeinsam mit Thüringen erfolgreich die Bundesratsinitiative „Einbeziehung der urbanen Zentren in die Energiewende“
auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung wird
darin aufgefordert, endlich bessere Rahmenbedingungen für Mieterstrom auch unter Einbeziehung
des Gewerbes, für Quartiersentwicklung und Sektorenkopplung zu schaffen. Wenn Berlin dem Klimawandel begegnen, Leben und Arbeiten nachhaltig
und damit zukunftsfähig gestalten will, darf es sich
jedoch nicht darauf verlassen, dass die Bundesregierung aktiv wird, sondern muss selbst entschlossen vorhandene Spielräume ausnutzen. Neben einer
deutlichen Signalwirkung liegt darin die Chance
Berlins, sich als Schaufenster für Innovationen und
Zukunftsfähigkeit zu profilieren.
entscheidende Rolle für Berlins Zukunft ein. Eine wesentliche Maßnahme des BEK ist der Masterplan Solarcity, der derzeit von der Berliner Senatsverwaltung
für Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit
Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Verwaltung erarbeitet wird. Er
soll im Herbst 2019 verabschiedet werden und konkrete Ziele und Maßnahmen enthalten, um den Ausbau
der Solarenergie in der Hauptstadt voranzutreiben.
Beratung und Information für den Ausbau
der Erneuerbaren Energien
Seitens der Senatsverwaltung werden weitere Maßnahmen zur Unterstützung des Ausbaus erneuerbarer Energien vorangetrieben. Im Energieatlas Berlin
(https://energieatlas.berlin.de/) gibt es Informationen
zu erneuerbaren Energien. U. a. wird das Potenzial für
Solarenergie auf einzelnen Dachflächen dargestellt.
Hier wird deutlich, dass Berlins Dächer genügend
Platz für mehr Solaranlagen bieten. Der Energieatlas
wird fortlaufend weiterentwickelt.
Im Mai 2019 wurde das SolarZentrum Berlin
(www.solarzentrum.berlin) eröffnet, das von der
Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. mit
Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe aufgebaut wurde. Das SolarZentrum bietet eine unabhängige und kompetente
Beratung rund um das Thema Solarenergie sowohl im
Energieeffizienzhaus in der Fasanenstraße im Bezirk
Charlottenburg-Wilmersdorf als auch telefonisch an.
Das Angebot ist kostenfrei und wendet sich sowohl
an Bürgerinnen und Bürger als auch an Berliner Unternehmen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
Solarzentrums Berlin gehen auch aktiv auf die Zielgruppen – Endkunden, Immobilienwirtschaft, Hand55
Adrian Pfalzgraf;
„GreenAdapt
Gesellschaft für Klimaanpassung mbH“
1. Sie sind Mitgründer bei GreenAdapt. Worum geht’s
dabei?
Um zukunftsfähige und lebenswerte Städte im Klimawandel. Bei unserer Arbeit geht es um die trotz
Klimaschutz nicht mehr vermeidbaren Klimafolgen.
An die müssen wir uns anpassen. Das Team von
GreenAdapt hilft Städten, Gemeinden und Landkreisen in Deutschland seit 2017 dabei. Natürlich versuchen wir in unserer Arbeit, Klimaanpassung und
Klimaschutz zusammen zu denken, um den Klimawandel so gut es geht zu mindern.
2. Sie haben einen „Klimaanpassungsmanager“ entwickelt. Wie funktioniert der?
Der Klimaanpassungsmanager ist eine von uns entwickelte Software, die wir einsetzen, zukünftige Klimaveränderungen zu ermitteln. Damit man weiß,
worauf man sich einstellen muss. So haben wir er-
mittelt, dass Potsdam zum Ende des 21. Jahrhunderts das Klima von Toulouse in Südfrankreich haben
wird. Außerdem können wir mit unserer Entwicklung
einfacher klimawandelbedingte Risiken und Chancen
identifizieren. Das ist wichtig, um schneller und besser Maßnahmen gegen Hitze, Starkregen und Überschwemmungen ergreifen zu können.
3. GreenAdapt beschäftigt sich u. a. auch mit Risikowahrnehmung. Was halten Sie vom Aufruf der „Fridays For Future“-Initiatorin Greta Thunberg „Ich will,
dass Ihr in Panik geratet.“?
Mein Eindruck ist, dass den allermeisten Verwaltungen
und ihren Mitarbeitern sehr wohl bewusst ist, dass Klimaschutz und Klimaanpassung dringend intensiviert
werden müssen. Das hängt damit zusammen, dass
der Klimawandel mittlerweile vor der Haustür spürbar wird und die Probleme ziemlich ernst sind, nehmen wir etwa die Trinkwasserknappheit, die Schäden
in der Landwirtschaft, die Überschwemmungen nach
Starkregen oder den Verlust an Biologischer Vielfalt.
Das hat vielerorts zu Erweckungserlebnissen geführt.
Allerdings beobachte ich auch viele positive Veränderungen und treffe engagierte Menschen vor Ort. Das
macht Hoffnung und die braucht es auch. Panik und
Fatalismus lähmen. Wir bei GreenAdapt motivieren
lieber zum Handeln, zeichnen ein positives Zukunftsbild und geben die passenden Werkzeuge an die Hand.
werk, Wirtschaft, Bauwirtschaft und -Planer, Schulen,
Medien – zu, um ihre Angebote bekannt zu machen.
Gewerbetreibende finden hier auf sie zugeschnittene
Informationen und Kontakte.
Ebenfalls im Mai 2019 wurde das Berliner Webportal Solarwende Berlin gelauncht (https://www.
solarwende-berlin.de), auf dem Informationen und
Anlaufstellen zum Thema Solarenergie in Berlin gebündelt werden. Sowohl Privatpersonen – ob Mieterinnen und Mieter oder Einfamilienhausbesitzerinnen
und -besitzer – als auch Wohnungsunternehmen oder
Ein weiterer Baustein, die Solarenergie in Berlin noch
attraktiver zu machen, ist das Stromspeicherförderprogramm, das zurzeit erarbeitet wird und noch in
2019 starten soll. Mit diesem Programm soll die Anschaffung von Stromspeichern gefördert werden, die
in Verbindung mit einer neu zu errichtenden Photovoltaikanlage installiert werden.
56
IV. Energie
IV.2 Energieversorgung
Die Energieversorgungslandschaft in Berlin ist vielfältig. Verbraucherinnen und Verbraucher können aus
einer Vielzahl von Anbietern und unterschiedlichen
Angeboten wählen. Hier sind zahlreiche Unternehmen
tätig, die zum Teil international oder auch regional
agieren und daneben neue Produkte entwickeln, die
im Wettbewerb angeboten werden. Am Berliner Energiemarkt finden sich sowohl Unternehmen, die selbst
Energie produzieren, als auch reine Energiehändler.
Die zentrale Energieversorgung mit Strom und Gas
erfolgt in Berlin überwiegend durch die Versorgungsunternehmen Vattenfall GmbH sowie GASAG AG
bzw. deren Tochtergesellschaften. Die Verteilung an
die Endverbraucherinnen und Endverbraucher wird
derzeit von deren Tochterunternehmen, der Netzbetreiberin Stromnetz Berlin GmbH und der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB), durchgeführt.
Das Berliner Stromverteilnetz der Stromnetz Berlin
GmbH wurde im Jahr 2018 durch den konzerneigenen Stromanbieter Vattenfall Sales GmbH sowie
durch über 500 weitere Stromanbieter genutzt. Berlin gehört zu den Bundesländern mit dem höchsten
Anteil an privaten Haushalten mit Ökostrombezug.
Die Stromlieferung an Berliner Tarifkunden hat sich
gegenüber dem Vorjahr weiter leicht von 5.949 GWh
auf 5.829 GWh abgesenkt – trotz gestiegener Bevölkerungszahl. Die Stromabnahme der Sonderabnehmer,
also aller Abnehmenden, die außerhalb der allgemeinen Anschluss- und Versorgungspflicht mit Strom versorgt werden (v. a. Unternehmen), erhöhte sich in einem geringen Maße von 7.191 GWh im Jahr 2017 auf
7.291 GWh in 2018.
Die Stromnetz Berlin GmbH hat 2018 nach eigenen
Angaben ca. 187 Mio. € in das Stromverteilnetz investiert. Für das Jahr 2019 ist eine Investitionssumme von ca. 194 Mio. € vorgesehen. Davon entfallen
nach Angaben des Unternehmens auf den Erhalt und
die Modernisierung des Stromverteilnetzes 103 Mio. €
und 41 Mio. € auf den Ausbau des Stromnetzes für die
wachsende Stadt sowie 50 Mio. € auf die Digitalisierung und Smart Grid.
Neben der Vattenfall Wärme Berlin AG, die in Berlin zur Strom- und Wärmeversorgung 11 Heizkraftwerke und 86 Blockheizkraftwerke betreibt, gibt es
weitere KWK-Anlagen unterschiedlicher Größenordnungen.
In Berlin gibt es eine Vielzahl kleinerer Wärmenetzbetreiber. Der größte Fernwärmebetreiber in Berlin
ist die Vattenfall Wärme Berlin AG. Nach Angaben
des Unternehmens versorgt Vattenfall etwa 1,3 Mio.
Wohneinheitsäquivalente in Berlin. Der Wärmeabsatz des Unternehmens ist aufgrund des wärmeren
Jahres gefallen und betrug im Jahr 2018 9.014 GWh
(2017 9.514 GWh). Die mit dem Senat von Berlin abgeschlossene Klimaschutzvereinbarung sieht vor, dass
Vattenfall den CO2-Ausstoss bis 2020 gegenüber 1990
halbiert. Eine wesentliche Rolle für die Erreichung der
Klimaschutzziele spielt hierbei insbesondere die Modernisierung des Kraftwerkparks und die Umstellung
von Kohle auf Gas, Biomasse und Power-to-Heat. An
den Kraftwerksstandorten Lichterfelde, Marzahn und
Klingenberg investiert Vattenfall in die Errichtung
von modernen Gas- und Dampfturbinenanlagen und
Power-to-Heat. Darüber hinaus wurde im Mai 2017
das letzte mit Braunkohle befeuerte Heizkraftwerk
Klingenberg auf Erdgas umgestellt. Hierdurch wurde
bereits in 2017 eine Reduktion der Emissionen von
Vattenfall um 52 % gegenüber 1990 erreicht. In einer
Machbarkeitsstudie, durchgeführt durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und
Vattenfall, wird derzeit untersucht, wie spätestens bis
zum Jahr 2030 der Ausstieg aus der Steinkohlenutzung in Berlin konkret realisiert werden kann.
Die Erdgasversorgung Berlins erfolgt ausschließlich
aus dem europäischen Verbundnetz. Über drei Übergabestationen wird das Erdgas aus Russland, Norwegen, den Niederlanden und mit einem geringen Anteil
auch aus Deutschland in das Berliner Gasnetz eingespeist. Der Gasabsatz stieg 2018 leicht gegenüber
2017 von 18.711 GWh auf 19.072 GWh. Neben der
GASAG-Gruppe, deren Geschäftsfelder die Bereiche Erzeugung, Netze, Speicher, Vertrieb und Energiedienstleistungen umfassen, gibt es eine Vielzahl weiterer
Gasanbieter. Die NBB verzeichnete 2018 für Berlin
345 unterschiedliche Transportkunden.
Zur Erreichung des Klimaschutzziels trägt auch die
GASAG bei. Die GASAG hat mit dem Berliner Senat bisher vier Klimaschutzvereinbarungen unterzeichnet,
in denen sie sich verpflichtet, die CO2-Emissionen bis
2020 um 2 Mio. Tonnen gegenüber 1998 zu senken.
So wurden 2018 u. a. in drei Biogasanlagen in Brandenburg insgesamt 164 GWh Bio-Gas erzeugt und in
das regionale Gasnetz eingespeist sowie in BHKWAnlagen eingesetzt.
57
V. Betriebe
Die Anstalten des öffentlichen Rechts nehmen in Berlin eine zentrale Rolle ein. Sie sind wichtige Wirtschaftsakteure und unterstützen gleichzeitig die Stadt bei der Umsetzung sozialer und ökologischer Ziele. Mit den Berliner
Wasserbetrieben, der Berliner Stadtreinigung und den Berliner Verkehrsbetrieben wird das Versorgungsnetzwerk
in der boomenden Metropole sichergestellt.
Als Eigentümer der Anstalten des öffentlichen Rechts
nach dem Berliner Betriebe-Gesetz – der BSR, der BVG
und den BWB – verfolgt Berlin das Ziel, öffentliche Daseinsvorsorge unter Wahrung der Tarifstetigkeit auf
einem qualitativ hochwertigen Niveau anzubieten
und abhängig vom Bedarf zu verbessern und auszubauen. Flankiert wird dieses Kernziel durch zukunftsorientierte ökologische und soziale Konzepte. Aktionen wie die Initiative Mehrwert Berlin, Smart City, die
Umsetzung der Inklusionsaspekte, Energiepartnerschaften oder die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte
verdeutlichen dieses Engagement. Die Anstalten stellen sich insbesondere den Herausforderungen einer
wachsenden Stadt.
Das Gesamtinvestitionsvolumen der drei Unternehmen betrug 2018 rd. 885 Mio. € und hat sich damit im
Vergleich zum Vorjahr nochmals um über 200 Mio. €
gesteigert, so dass – vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt – zukünftig mit dem Erreichen der ersten
Milliarde zu rechnen ist. Von den 885 Mio. € entfielen
rund 447,2 Mio. € auf die BVG, rund 389,0 Mio. € auf
die BWB und rund 48,2 Mio. € auf die BSR. Bei einer
Gesamtbeschäftigtenzahl von rd. 24.000 Personen
bilden die Unternehmen mit Stichtag zum 31. Dezember 2018 rd. 1.000 junge Menschen aus. Dies erfolgt
auch vor dem Hintergrund, den demografischen Wandel in den Unternehmen zu meistern.
Berliner Stadtreinigungsbetriebe
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist vom Land Berlin
im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge mit den
Aufgaben Abfallentsorgung und -verwertung sowie
Straßenreinigung einschließlich Winterdienst betraut.
Die BSR entsorgte im Jahr 2018 insgesamt rd. 1,224
Mio. t Siedlungsabfälle, davon rd. 813.500 t Restabfall
und rd. 410.500 t getrennt erfasste Abfallfraktionen.
Insgesamt wurden rd. 18,9 Mio. Restmüll-Entleerungen durchgeführt. Das Aufkommen der getrennt er58
fassten Abfallfraktionen wird von biogenen Abfällen
(34 %) und Sperrmüll inklusive Altholz (30 %) bestimmt. Die im Stadtgebiet ausgestellten Biotonnen
wurden insgesamt rd. 3,7 Mio. Mal entleert; dabei
wurden 79.548 t an Bioabfällen eingesammelt. Im
Geschäftsjahr 2018 reinigte die BSR insgesamt rd.
1,5 Mio. Kilometer Fahrbahnen und Gehwege und
führte rd. 6,2 Mio. Papierkorbentleerungen durch.
Dabei wurden rd. 41.000 t Straßenkehricht, 7.549 t
Papierkorbabfälle und 41.500 t Laub eingesammelt
und sachgerecht verwertet bzw. entsorgt. Zusätzlich
erfolgten rd. 220.700 Gully-Reinigungen.
In Ergänzung zum Kerngeschäft ist die BSR auch
gewerblich tätig. Das gewerbliche Geschäft wird über
Beteiligungen an verschiedenen Unternehmen realisiert. Die Schwerpunkte liegen dabei in der Logistik
wertstoffhaltiger Abfälle, insbesondere Papier und
Glas (Berlin Recycling), der Sammlung und Entsorgung von Speiseabfällen, Elektroschrott und Kühlgeräten (BRAL) sowie der Bodenreinigung (gbav). Darüber hinaus betreibt die BSR gemeinsam mit einem
privaten Anbieter zwei Anlagen, in denen Restabfälle
mechanisch-physikalisch aufbereitet und zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet werden. Es wird eine angemessene Eigenkapitalrendite erwirtschaftet.
Die Strategie der BSR folgt dem übergeordneten
Anspruch und Leitsatz, dass sie als kommunales
Vorzeigeunternehmen Verantwortung für die zukunftsorientierte Gestaltung der Stadtsauberkeit,
Entsorgungssicherheit und Kreislaufwirtschaft zu
übernehmen hat. Deshalb wird das ökologische Profil der BSR zunehmend ausgebaut. So wurde zum
1. April 2019 die verpflichtende Biotonne eingeführt.
Im Ergebnis erwartet die BSR dadurch spürbar höhere Sammelmengen mit einer Steigerungsrate von bis
zu 70 %.
Das Unternehmenshandeln basiert auf zwei zentralen
Säulen: Der Gewährleistung von niedrigen Tarifentgelten einschließlich Tarifstetigkeit sowie der Kunden-
V. Betriebe
orientierung mit möglichst hoher Qualität der Dienstleistungen.
Gemäß dem geltenden Unternehmensvertrag mit dem
Land Berlin wird eine Erweiterung der Zuständigkeit
der BSR für die Sauberhaltung des Stadtgebietes um
neue Aufgabenbereiche in der Reinigung und Abfallentsorgung von Parkanlagen, spezifischer Waldflächen sowie touristischer Schwerpunkte zunächst im
Rahmen eines Pilotprojektes geprüft. Aufgrund der
guten Erfahrungen in diesen Bereichen wurde am
21. Dezember 2017 eine Verlängerung und Ausweitung der Pilotprojekte „Reinigung von ausgewählten Parkanlagen“ sowie „Revier Teufelssee“ bis zum
31. Dezember 2019 vereinbart. Da auch hier das Echo
von Bürgerinnen und Bürgern sowie die Ergebnisse
von Umfragen eines Meinungsforschungsinstituts
positiv waren, wurden zusätzlich zu den bisherigen
12 öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen 34 weitere Objekte / Grünanlagen ausgewählt, die nach
Abschluss von Einzelvereinbarungen mit den zuständigen Bezirken seit Juni 2018 von den BSR gereinigt
werden. Außerdem wurden Teile der Forstreviere
Dachsberg und Eichkamp in die Zuständigkeit der BSR
übergeben.
Die BSR hat sich verpflichtet, den demografischen
Herausforderungen durch eine aktive Personalpolitik
zu begegnen und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten bestmöglich zu erhalten. Bei der Besetzung
von Stellen für Führungskräfte, Facharbeiterinnen
und Facharbeiter sowie von Spezialisten, bei denen
sich aufgrund des demografischen Wandels bereits in
einigen Branchen Engpässe bilden (z. B. Elektroingenieur/innen, Informatikspezialist/innen), ergeben sich
zunehmend auch Schwierigkeiten für die BSR. Bedingt
durch einen hohen Anteil interner Stellenbesetzungen kann der Bedarf hinsichtlich externer Personalbeschaffung – unterstützt durch eine umfangreiche
betriebliche Ausbildung, eine strategische Personalentwicklungsplanung und ein großes Fort- und Weiterbildungsangebot – noch recht niedrig gehalten
werden. Zukünftig sollen die Einstellungsprozesse
durch den Ausbau des Personal-Recruitings beschleunigt und optimiert werden.
Die Attraktivität des Unternehmens mit vielfältigen
beschäftigtenbezogenen Leistungsangeboten zeigt
sich auch darin, dass die BSR 2018 erneut zum beliebtesten Unternehmen Berlins gekürt wurde. Zudem eröffnet die BSR – gerade auch im Hinblick auf
soziale Aspekte öffentlicher Unternehmen – berufliche
Perspektiven für Schulabgängerinnen und -abgänger,
An- und Ungelernte sowie Menschen mit unterschiedlichen Einstiegsschwierigkeiten.
2018 hat die BSR insgesamt 244 Menschen ausgebildet. In der Ausbildung kann die BSR trotz rückläufiger
Bewerbungszahlen noch aus einem umfangreichen
Bewerbungsvorrat auswählen. Jedoch konnten 2018
in einzelnen Ausbildungsberufen (Berufskraftfahrer/
in) nicht alle Plätze besetzt werden.
Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Berufsleben nicht so gute Startchancen hatten, eröffnet
die BSR mit Kooperationsprojekten wie „Gemeinsam
schaffen wir das“ (GSWD) und „Sicher abfahren – Sauber ankommen“ (SISA) einen Einstieg in die Arbeitswelt und eine berufliche Perspektive. Die Erfolgsquoten beider Projekte sind seit Jahren hoch (70 %).
Die BSR setzt sich zudem weiterhin für die Integration von Geflüchteten ein. So unterstützt die BSR mit
dem breit aufgestellten Kooperationsprojekt „EVEREST“ (SOS-Kinderdorf Berlin, VHS Mitte, Vivantes
und der Charité) junge Geflüchtete zwischen 17 und
27 Jahren ihren Einstieg ins Berufsleben zu finden.
Darüber hinaus ist die BSR Mitglied im Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ (NUiF) des DIHK.
Das Unternehmen beschäftigt zurzeit insgesamt acht
geflüchtete Menschen.
Gelebter Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung ist bei der BSR die Frauenförderung. Insgesamt beschäftigte die BSR in 2018 1.048 Mitarbeiterinnen. Obwohl der Frauenanteil damit nur bei 18,9 %
betrug, lag der Anteil an Frauen in Führungspositionen bei 42 %. Damit wurde der Zielwert von 40 %
sogar übertroffen. Im Oktober 2018 wurde ein neuer
Frauenförderplan verabschiedet. Wichtigstes übergeordnetes Ziel ist es, den Frauenanteil in der BSR insgesamt, vor allem aber in unterrepräsentierten Bereichen weiter zu steigern. Dafür wurde eine ganze Reihe
von Einzelzielen definiert, u. a. soll der Frauenanteil in
operativen Bereichen der Reinigung bis 2023 auf mindestens 28 % steigen und die Anzahl von Kraftfahrerinnen im Gedinge soll verdoppelt werden.
Das Thema Diversity hat bei der BSR eine sehr lange
Tradition (vgl. Gastarbeiterinnen und Gastarbeiterthematik). Mit der Dienstvereinbarung zum partnerschaftlichen Verhalten wurde ein klarer rechtlicher
Rahmen geschaffen, um jeglicher Form der Diskriminierung entgegen zu wirken. Mit den internen Netz59
werken Pflegezirkel und Familiennetzwerk unterstützt
die BSR die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bezug
auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Gerade als öffentliches Unternehmen fokussiert die
Strategie der BSR auch auf die Erfüllung der ökologischen Verantwortung für nachfolgende Generationen.
Neben der Einführung der Bio-Pflichttonne ist das
Müllheizkraftwerk (MHKW) Ruhleben, in dem 2018
mehr als 580.000 Tonnen Restmüll verwertet wurden,
in einen Verwertungsprozess integriert, denn der erzeugte Dampf wird im benachbarten Kraftwerk Reuter
in Strom und Wärme umgewandelt. Dadurch werden
zur Entlastung des Klimas fossile Energieträger wie
Steinkohle ersetzt. Das MHKW deckt den Strombedarf
von rund 5 % der Berliner Durchschnittshaushalte und
den Fernwärmebedarf von ca. 9 % der Berliner Haushalte mit Fernwärmeanschluss. Außerdem gewinnt
die BSR über 13.000 t Metalle aus der Verbrennungsschlacke zurück.
Auch die Berliner Bioabfälle werden in der Biogasanlage der BSR in einem geschlossenen Kreislauf
verwertet. 2018 wurden rd. 69.000 Tonnen Bioabfälle zu Biogas vergoren. Auf diese Weise werden jährlich mindestens 5.000 Tonnen weniger an CO2 in die
Umwelt emittiert. Die Anlage erzeugt genug Biogas,
um 165 gasbetriebene Fahrzeuge (rd. die Hälfte der
Müllsammelflotte) zu betanken sowie ein Blockheizkraftwerk für die Strom- und Wärmeversorgung auf
einem BSR-Standort zu betreiben. Trockene und flüssige Gärreste verbessern landwirtschaftliche Flächen
in Brandenburg und vermindern den Einsatz von Mineraldüngern. Zum 1. August 2018 hat die BSR das
Grundstück, die Gebäude, die Technik und die Ausstattung der Hennickendorfer Kompost GmbH übernommen. Mit der Anlage verfügt die BSR über weitere
87.600 Tonnen Kapazität für die Verwertung von Bioabfällen aus Berlin. Zusammen mit der Vergärungsanlage in Ruhleben stehen damit eine Kapazität von
93.000 Tonnen für die Vergärung und 69.000 Tonnen
für die Kompostierung zur Verfügung. Dies sind infrastrukturelle Voraussetzungen, um die mit Umsetzung
der Pflicht-Biotonne erwarteten höheren Mengen –
nach entsprechenden Investitionen am Standort – in
eigenen Anlagen verwerten zu können. Ferner wurde
als Beitrag der BSR zur künftigen Klimaneutralität des
Landes Berlin im April 2017 die dritte Klimaschutzvereinbarung unterzeichnet. Die BSR verpflichtet sich
darin, die Kohlendioxidemissionen weiter zu reduzieren. Durch gezielte Investitionen und Maßnahmen
in den Sektoren Immobilien, Fuhrpark, Anlagen und
60
Deponien / Altablagerungen soll bis 2025 eine zusätzliche CO2-Entlastung von 67.000 Tonnen erreicht werden. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen wird
die BSR voraussichtlich 130 Mio. € einsetzen. Dazu
gehört beispielsweise die Umstellung der PKW-Flotte
auf E-Antriebe. Bis Ende 2018 wurden insgesamt
56 e-PKWs, davon 44 vollelektrische PKWs und 12 Hybrid-PKWs, beschafft. Weitere Erwerbungen sind geplant. So soll der Anteil an Elektro-PKWs von derzeit
35 % bis Ende 2020 auf 75 % wachsen.
Berliner Verkehrsbetriebe
Aufgabe der in hundertprozentigem Landeseigentum stehenden Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist
die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs für Berlin. Ziel ist es, mittels einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Verkehrsbedienung den Umweltverbund in der Stadt Berlin zu
stärken und den Status des ÖPNV als Rückgrat der
Stadtmobilität weiter auszubauen. Neben Stärkung
und Ausbau des vorhandenen Kerngeschäfts rücken
auch die Entwicklung neuer Mobilitätsformen und
die Vernetzung von Mobilitätsangeboten in den Fokus. Die Einführung des on-demand Rufbusangebotes
BerlKönig und Projekte wie autonom fahrende Kleinbusse greifen Trends auf dem Mobilitätssektor auf
und entwickeln sie für Berlin weiter.
Mit digitalen Vertriebsformen und einem funktionserweiterten App-Angebot werden wichtige Perspektiven
für eine intermodale Vernetzung geschaffen.
Mit einem Jahresüberschuss von 13,2 Mio. € erreichte die BVG zum fünften Mal in Folge ein positives Betriebsergebnis i. H. v. 32,3 Mio. € (Konzernebene).
Die BVG hat im Jahr 2018 rund 1,102 Mrd. Fahrgäste
transportiert. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 38 Mio. Fahrgäste. Verglichen mit einer durchschnittlichen PKW-Auslastung wurden so über 900 Mio.
PKW-Fahrten durch Gemeinschaftsverkehre ersetzt.
Aber auch in anderen Bereichen orientiert sich die
BVG an der ökologischen Nachhaltigkeit: Zwei Drittel
des Fahrzeugbestands (im Wesentlichen U-Bahnen
und Straßenbahnen) sind bereits elektrifiziert. Neben
vier Solarfähren und fünf Elektrobussen gibt es seit
Ende 2016 über 100 grüne Dienstwagen sowie eine
eigene Ladeinfrastruktur. Die BVG nutzt für alle ihre
Verbräuche ausschließlich grünen Strom. Weiterhin
V. Betriebe
Beschäftigte in Anstalten des öffentlichen Rechts (AÖR)
(Stichtag 31.12.2018)
BSR
BVG
Konzern
BWB
ohne
BSW GmbH
BSW
GmbH
AÖR
insgesamt
Beschäftigte* insgesamt
5.551
13.888
4.323
24
23.786
Männer
4.503
11.320
2.965
16
18.804
Frauen
1.048
2.568
1.358
8
4.982
Männer in %
81,1 %
81,5 %
68,6 %
66,7 %
79,1 %
Frauen in %
18,9 %
18,5 %
31,4 %
33,3 %
20,9 %
dar.: Teilzeitbeschäftigte
439
2.413
1.570
2
4.424
Männer
189
1.656
859
1
2.705
Frauen
250
757
711
1
1.719
Männer in %
43,1 %
68,6 %
54,7 %
50,0 %
61,1 %
Frauen in %
56,9 %
31,4 %
45,3 %
50,0 %
38,9 %
Auszubildende
244
469
271
0
984
Männer
193
370
191
0
754
Frauen
51
99
80
0
230
Männer in %
79,1 %
78,9 %
70,5 %
0,0 %
76,6 %
Frauen in %
20,9 %
21,1 %
29,5 %
0,0 %
23,4 %
* ohne Vorstand, ohne Auszubildende, inklusive Töchter der BVG, ohne Beschäftigte in der passiven Altersteilzeitphase
Quellen: BSR, BVG, BWB, BSW
unternimmt das Unternehmen Anstrengungen zur
Steigerung der Energieeffizienz, Energieeinsparung
und Ressourceneffizienz für das System Fahren. Bei
der Abfallentsorgung fokussiert die BVG auf eine
hochwertige stoffliche Verwertung (Recycling) und
trägt somit zur Ressourcenschonung sowie zum Klimaschutz bei.
Die BVG hat für ihre Fahrgäste auch im Jahr 2018 ein
Mobilitätsangebot mit hoher Zuverlässigkeit realisiert. Der Omnibus erreichte eine Zuverlässigkeitsquote von 98,5 %, die U-Bahn erreichte 97,9 % und
die Straßenbahn 96,9 %. Beide Effekte, die wachsende
Stadt und ein als gut wahrgenommenes Fahrangebot,
insbesondere gegenüber dem Konkurrenten S-Bahn,
schlagen sich auch auf die Entwicklung der Abonnentenzahlen nieder. Im Vergleich zum Vorjahr konnte
hier eine Steigerung von 8,3 % erreicht werden. Die
Fahrgelderträge konnten somit gegenüber dem Vorjahr um 2,7 % auf 734,2 Mio. € gesteigert werden.
Um das Angebot langfristig zu sichern, investiert die
BVG kontinuierlich für das Land Berlin. 2018 wurden
447,2 Mio. € investiert, davon 226,1 Mio. € (50,6 %)
in den Betrieb. Insgesamt 194,7 Mio. € (43,5 %) gingen in Infrastrukturinvestitionen des Konzerns. Der
Großteil dieser Gelder in Höhe von 137,7 Mio. € (Vj.
132,6 Mio. €) floss wie im letzten Jahr in den U-Bahnbereich. Dabei entfielen 62,2 Mio. € auf die Grundinstandsetzung und den barrierefreien Ausbau von
U-Bahnhöfen (inkl. Neubau) sowie 36,9 Mio. € auf
Gleiserneuerungen.
Auch künftig wird kräftig in den Ausbau des ÖPNV investiert. 2018 hat der Aufsichtsrat eine Ausschreibung
für bis zu 1.500 U-Bahnwagen und bis zu 120 Straßenbahnwagen beschlossen. Insgesamt wird bis 2035
rund die Hälfte der Straßenbahn- und U-Bahnflotte
der BVG ersetzt. Dafür werden ca. 3,1 Mrd. € investiert – der größte Auftrag der deutschen Nahverkehrsgeschichte.
2015 hat sich die BVG erstmals zum Top-Arbeitgeber
zertifizieren lassen. Das Unternehmen ist damit als
attraktive Arbeitgeberin ausgezeichnet worden, die
mit optimalen Arbeitsbedingungen zur persönlichen
61
und fachlichen Weiterentwicklung ihrer Beschäftigten
beiträgt. Die BVG strebt an, dieses (jährlich zu erwerbende) Zertifikat dauerhaft zu halten.
Der aktualisierte Frauenförderplan enthält zahlreiche
Maßnahmen. Speziell für Frauen konzipierte Module im Rahmen eines Führungskräftenachwuchsprogrammes, Informationstage zur Karriereplanung,
Veranstaltungen zur Netzwerkpflege, Seminare sowie
Mentoring für Frauen tragen zur Förderung der Mitarbeiterinnen bei. Bereits seit 2009 ist die BVG Zertifikatsträgerin im Audit „Beruf und Familie“. Im Jahr
2018 wurde dieses Gütesiegel für eine familienfreundliche Personalpolitik zum dritten Mal für drei weitere
Jahre erneuert. Neben einem umfassenden Angebot
für Eltern (u. a. Kindernotfallbetreuung, individuelle Teilzeitlösungen und „Wunschdienst“-System für
Fahrerinnen und Fahrer) werden für Beschäftigte, die
Angehörige pflegen müssen, Care-Angebote wie Weiterbildungs- und Beratungsmöglichkeiten angeboten.
Damit der anstehende Generationenwechsel bewältigt werden kann, begleitet die BVG diesen durch
verschiedene Angebote. Altersbedingt werden in den
nächsten Jahren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
großer Zahl die BVG verlassen. Das bedeutet, dass
neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutiert, eingearbeitet und dauerhaft ans Unternehmen gebunden
werden sollten. Neben Wissensmanagement-Angeboten, die einen moderierten Prozess zur Wissensübertragung an neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
ermöglichen, werden strukturierte Programme und
Seminare für BVG-Neubeschäftigte sowie andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten.
Auch die interkulturelle Öffnung wird als unterstützendes Instrument eingesetzt. Die BVG beschäftigt Menschen aus mehr als 50 Nationen und legt großen Wert
auf einen weltoffenen sowie kollegialen Umgang. Dazu
zählt beispielsweise das Projekt „Geflüchtete in den
Fahrdienst“. Zunächst erwerben die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer vertiefende Sprachkenntnisse. Daran
knüpft sich eine intensive Fahrer- und Fahrerinnenausbildung an, die sowohl bei einer externen Fahrschule,
als auch in der Verkehrsakademie der BVG erfolgt.
Das Berufliche Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und Migranten (BQN) begleitet, moderiert und
steuert die Prozesse der Initiative „Berlin braucht
dich“. Diese wurde 2006 vom Berliner Senat initiiert.
Jugendliche mit Migrationshintergrund erhalten dabei Berufsorientierungsangebote von Unternehmen,
62
wie zum Beispiel Betriebs- und Schnupperpraktika,
betrieblichen Erstkontakt oder Bewerbertage. Für das
Schuljahr 2017/2018 wurden 21 Plätze für Betriebsbegegnungen bereitgestellt. Zudem wurden 2018 zum
1. September zwei Pilotausbildungsplätze über BQN
besetzt.
Berliner Wasserbetriebe
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) gehören zu 100 %
dem Land Berlin. Gemeinsam sorgen das Land und
das Unternehmen für stabile Tarife und eine gute
Auftragslage. Der Schlüssel ist eine Investitionsplanung mit Weitblick (in der Regel 30 Jahre Nutzungsdauer plus x). Die BWB haben 2018 einen positiven
Abschluss erwirtschaftet. Basis für das Ergebnis
waren u. a. hohe Investitionstätigkeiten, die sich im
Vergleich zum Vorjahr nochmals erheblich gesteigert
haben. Die Leistungen der BWB für das Land gehen
aber über die Daseinsvorsorge hinaus. Mit den hohen
Investitionstätigkeiten sorgen die BWB auch für künftige Generationen für eine zuverlässige Wasserverund Abwasserentsorgung und stellen damit eine gut
funktionierende Infrastruktur sicher. Gleichzeitig wird
die ansässige Wirtschaft gestärkt, denn rd. 80 % der
Aufträge gehen an Unternehmen in Berlin und Brandenburg. Bis 2024 werden die BWB 2,7 Mrd. € in ihre
Netze und Werke investieren. Zu diesen Investitionen
gehören beispielsweise Großprojekte wie die Erweiterung des Klärwerks Waßmannsdorf, die Ausstattung
aller sechs Klärwerke mit Technologien zur weitergehenden Abwasserbehandlung, die Kanalisierung von
Altsiedlungsgebieten und der Anschluss neuer Stadtquartiere ans Trinkwasser- und Abwassernetz. Allein
1,5 Mrd. € fließen bis zum Jahr 2027 in den Ausbau
der Klärwerke.
Um die Belastung der Stadt durch Baumaßnahmen an
der Netzinfrastruktur so gering wie möglich zu halten,
sanieren die BWB 79 % ihrer Netze stadtverträglich
mit dem sogenannten Inlinerverfahren. Hier werden
in die alten Leitungen glasfaserverstärkte Kunststoffschläuche eingeführt mit dem Ziel, Lärm, Staus und
CO2-Emissionen zu reduzieren. Um den Investitionsbedarf im Kanalnetz zukünftig zielgenauer und deutlich einfacher prognostizieren zu können, entwickelten die BWB gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum
Wasser Berlin im vergangenen Jahr mit SEMA ein neues Prognosewerkzeug. Ziel ist es, mithilfe statistischer
Verfahren und maschinellen Lernens den Zustand
der Kanäle jetzt und in Zukunft besser beurteilen zu
V. Betriebe
können um damit noch gezieltere Investitionen zu
tätigen. Das Projekt wurde mit dem Innovationspreis
des Verbands der kommunalen Unternehmen ausgezeichnet.
Der Klimawandel befördert extreme Wetterereignisse
wie Starkregen und Hitzewellen, die eine Herausforderung für die Infrastruktur der BWB darstellen. Die
„Sintfluten“ im Jahr 2017 und der Rekordsommer
2018 stehen exemplarisch dafür.
Damit diesen Ereignissen Rechnung getragen wird,
erhöhen die BWB die Resilienz der Infrastruktur. Ein
Beispiel dafür ist der 654 Meter lange und 20 Mio. €
teure Stauraumkanal unter dem Mauerpark, der im
Jahr 2018 mithilfe der Tunnelbohrmaschine „Kerstin“
in nur drei Monaten durch die Erde getrieben wurde.
Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der Stauraumkanal mit einem Volumen von 7.400 Kubikmetern im
Starkregenfall überschüssiges Regen- und Schmutzwasser zwischenspeichern. Diese Maßnahme ist Teil
des Gewässergüteprogramms, einer gemeinsamen Initiative vom Land Berlin und den BWB. Das Programm
sieht vor, ein Speichervolumen von 390.000 Kubikmetern bis zum Jahr 2024 zu schaffen. Darin inbegriffen sind zwei große Speicher auf den Geländen
der Klärwerke Schönerlinde und Waßmannsdorf mit
jeweils 40.000 und 50.000 Kubikmetern.
Dr. Darla Nickel
Leiterin Berliner
Regenwasseragentur
1. Erst Hitze, dann Starkregen: Der Sommer in Berlin beschert uns immer wieder extreme Wetterkapriolen. Gibt es Maßnahmen zur Abmilderung der
Folgen solcher Ereignisse?
Ja, indem wir Regenwasser vor Ort bewirtschaften.
Mittels Entsiegelung, Dach- und Fassadenbegrünung,
Regenzisternen, Versickerungsmulden oder künstlichen Gewässern können wir Regenwasser speichern,
nutzen, verdunsten und versickern. Das kommt der
Vegetation zugute, kühlt die Stadt, unterstützt die
Biodiversität und mindert das Risiko von innerstädtischen Überflutungen.
Ein weiteres Element der Klimaresilienz ist die
deutschlandweit einmalige Regenwasseragentur, die
im Jahr 2018 von der Senatsverwaltung für Umwelt,
Verkehr und Klimaschutz und den BWB gegründet
wurde. Das Ziel der Berliner Regenwasseragentur ist
es, dezentrale Maßnahmen zur Verdunstung, Versickerung oder Nutzung von Regenwasser in der Region zu fördern.
Die BWB nehmen den Dienstleistungsauftrag der Daseinsvorsorge ernst, denn die hohe Güte der Wasserqualität ist Grundphilosophie des Unternehmens. Zudem verstehen sich die BWB als kundenorientiertes
Unternehmen, weshalb eine vielfältige und rund um
die Uhr betriebene Serviceinfrastruktur bereitgestellt
wird. Im Jahr 2018 wurden die Serviceleistungen der
BWB deshalb erneut mit dem Zertifikat für „Geprüfte Servicequalität“ des TÜV Nord ausgezeichnet. Die
Dezentralisierung der Hausanschlussteams, die Präsenz des Infomobils in der Stadt und Maßnahmen
in den sozialen Netzwerken wurden so honoriert.
Mit der Schaffung des Kundenbeirats bei den BWB
wurden gesellschaftspolitische Tendenzen zu mehr
Partizipation aufgegriffen. Der hier stattfindende
dauerhafte Dialog der BWB mit ihren direkten und indirekten Kundinnen und Kunden fördert aufgrund des
Feedback-Charakters die Innovationskraft des Unternehmens.
2. In zwei, drei Sätzen: Welche Angebote schafft die
Regenwasseragentur für Berliner Unternehmen?
Um Regenwasser vor Ort zu bewirtschaften,
braucht es Architekten, Landschaftsarchitekten und
Garten- und Landschaftsbauer. Zusammen mit den
einschlägigen Verbänden identifizieren wir Weiterbildungsbedarfe und schaffen Qualifizierungsangebote. Bauherren helfen wir bei der Suche nach
geeigneten Anbietern. Zudem beraten wir Berliner
Unternehmen im Umgang mit Regenwasser auf
dem firmeneigenen Gelände.
3. In seinem „Sauwetterlied“ erfreut sich der Berliner
Liedermacher Reinhard Mey an der schlichten Tatsache, „dass der Regen fällt“. Können Sie das nachempfinden?
Absolut! Ich denke, wir alle können das, wenn nach
einem heißen Sommertag ein kühlender Regen
fällt. Und ich bin sicher, wir werden noch viel mehr
Grund zur Freude haben, wenn wir gelernt haben,
Regenwasser als Ressource zu begreifen und zu
nutzen.
63
Mit rund 30 neuen öffentlichen Trinkbrunnen im Jahr
2018 haben die BWB einen im Alltag der Berlinerinnen
und Berliner sichtbaren und spürbaren weiteren Beitrag zur Lebensqualität geleistet. Dies trägt auch zu
den Zielen der Blue Community bei. Dabei handelt es
sich um eine internationale Initiative, deren Mitglieder
sich zur Beachtung der drei Grundregeln: „Anerkennung von Wasser und sanitärer Grundversorgung als
Menschenrecht“, „Erhalt des Wassers als öffentlichem
Gut“, und „Förderung von Berliner Leitungswasser gegenüber Flaschenwasser“ verpflichten. Mit Beschluss
des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2018 hat sich
das Land Berlin zu diesen Grundsätzen bekannt und
den Bau von 100 neuen Trinkbrunnen initiiert und
finanziert. Bis zum Ende des Jahres 2019 werden
150 öffentliche Trinkbrunnen das Stadtbild bereichern. Auch der Betrieb und das Vertragscontrolling
der öffentlichen Zierbrunnen, Planschen und Seefontänen werden künftig durch die BWB übernommen.
Als Ergebnis des Verbundvorhabens FLUSSHYGIENE
bieten die BWB gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin, der Technologiestiftung Berlin und
dem LaGeSo eine Web-Anwendung an, bei der man
sich über die Qualität von Badestellen informieren
kann. Für Badestellen an Flüssen, die durch Mischwasserüberläufe bei Starkregen beeinflusst werden,
enthält die Anwendung Prognosen, die zeigen, wann
voraussichtlich wieder gebadet werden kann. Gerade
bei diesem Projekt zeigt sich der Doppelcharakter der
BWB deutlich: Hohe Wertschätzung der Wasserqualität und Bürger-/Kundennähe.
Neben den hier genannten Aktionen im Bereich der
Umweltorientierung der BWB sind die Berliner Stadtwerke, eine Tochter der BWB, als Öko-Stromerzeuger
und Dienstleistungsberater für klimafreundliche Konzepte wichtiger Akteur im Energiesektor Berlins.
Darüber hinaus arbeitete das Unternehmen in 2018
verstärkt an der Implementierung eines eigenen Diversity Managements. Einen Meilenstein in diesem Rahmen stellte die Unterzeichnung der Charta: „Gleichstellung gewinnt – für eine neue Unternehmenskultur
in Berlin“ durch alle drei Vorstände der Berliner Wasserbetriebe dar. Das Unternehmen verpflichtete sich
mit der Unterzeichnung mit Signalwirkung nach außen, die eigene Gleichstellungspolitik aktiv weiter zu
gestalten.
Als eine eigene Dimension des Diversity Managements der BWB ist die Frauenförderung ein Schwer64
punktthema des Unternehmens, welches auch 2018
aktiv vorangetrieben wurde. Zum 31. Dezember 2018
arbeiteten 1.374 Frauen im Unternehmen, das entspricht einer Quote von 31,4 %. Dieser Wert blieb in
den letzten Jahren konstant. Frauen stellen außerdem
rund 30,4 % aller Führungskräfte. Darüber hinaus ist
der Anteil der weiblichen Führungskräfte, die direkt
an den Vorstand berichten, mit 47,8 % deutlich gestiegen. 2018 nahmen 711 Frauen das Angebot der
Arbeit in Teilzeit in Anspruch. Dem gegenüber stehen
859 männliche Beschäftigte, die eine Teilzeitvereinbarung abgeschlossen haben. Dies entspricht einer gesamten Teilzeitquote von 36,3 % für das Jahr 2018.
Die Quote ist damit gegenüber dem Vorjahr nochmals
leicht gestiegen (2017: 36,0 %, 2016: 36,0 %). Es zeigt
sich, dass Teilzeitarbeit generell geschlechterunspezifisch ansteigt, allerdings nach wie vor das Thema
Teilzeitarbeit vor allem für Frauen relevant ist. So arbeiteten fast 50 % aller Frauen der BWB in Teilzeit,
während es bei den Männern nur knapp 30 % waren.
Die BWB setzen zusätzlich auch auf eine gute Eigenausbildung. 2018 wurde in diesem Zusammenhang
das außerordentliche Engagement der BWB im Bereich der Ausbildung durch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin mit dem Siegel „Exzellente
Ausbildung“ ausgezeichnet. Die BWB reagieren ferner
auf die Digitalisierung und haben sich zum Bau eines
Aus- und Weiterbildungscampus für digitales Lernen
entschlossen. Dieser wird die IT-Ausbildung des Unternehmens perspektivisch deutlich stärken, wird aber
auch Raum für weitere E-Learning- bzw. Weiterbildungsangebote für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens bieten.
2018 haben die BWB das Siegel des Corporate Health
Awards „TOP PERFORMANCE“ für die Weiterentwicklung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)
erhalten.
Die Berliner Stadtwerke GmbH (BSW) als Tochter der
BWB setzt ihren Kurs in Hinblick auf die angestrebte
Klimaneutralität Berlins fort. Sie ist dabei ein wichtiger Akteur in der Stadt und ein moderner Energiedienstleister, dessen Wertschöpfung in der Stadt bleibt.
Die Investitionen erfolgen zu 100 % in erneuerbare
Energien.
Mit Ende des Jahres 2018 haben die BSW fast 21 Megawatt Windenergie- und gut sieben Megawatt Sonnenstromleistung in 124 PV-Anlagen installiert. Die
in den letzten zwei Jahren installierte PV-Leistung der
V. Betriebe
BSW in Höhe von 5,3 MWp entspricht einem Anteil von
rd. 30 % der gesamten in Berlin installierten Leistung
in diesem Zeitraum.
In 2018 haben die BSW auf einem Feld der Berliner
Stadtgüter GmbH eine Windenergieanlage aufgestellt, die 3.800 Haushalte mit Ökostrom versorgen
kann. Dafür wurden rund 4.7 Mio. € investiert. Ganze
4.300 Tonnen CO2 werden mit dieser Anlage jährlich
eingespart. Im Juni 2018 wurde zur Finanzierung der
Windenergieanlage die sogenannte „Klimarendite“
gestartet. Dies erfolgte nach Freigabe durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die „Klimarendite“ ist als eine Form der direkten Bürgerbeteiligung an der lokalen Erzeugung von Windenergie
initiiert worden und stellt eine Finanzierungsquelle für
Investitionen in die Energiewende dar.
Im Jahr 2018 wurde durch die Etablierung der Tochtergesellschaften Berliner Stadtwerke EnergiePartner
GmbH (BSW EP) und Berliner Stadtwerke KommunalPartner GmbH (BSW KP) eine Holdingstruktur geschaffen. Die strukturelle Neuaufstellung fördert die
Kooperationen zwischen den Unternehmen des Landes, den Bezirken und den Verwaltungseinrichtungen.
So können die BSW die Berliner Bezirke bei der energetischen Sanierung und Ausstattung ihrer Immobilien
mit PV-Anlagen unterstützen. Zur Umsetzung vereinbaren die Bezirke mit den BSWen Solarpakete, zu denen jeweils mehrere Solarstromanlagen auf verschiedenen Dächern gehören. Zuerst wurde dies in 2018 in
Lichtenberg umgesetzt. Der Bezirk lässt die Dächer
von bisher sieben Schulen mit Solaranlagen mit einer
Gesamtleistung von 367 Kilowatt peak ausstatten.
Neben Lichtenberg sind die BSW auch mit den anderen Bezirken im Gespräch und haben eine Vielzahl von
Liegenschaften auf ihr PV-Potential hin bewertet und
weitere Solarpakete abgeschlossen.
Mit der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM)
und deren Tochterunternehmen B.E.M. Berliner Energiemanagement GmbH haben die BSW eine stabile
Partnerschaft eingeführt und 5,3 Megawatt peak PVLeistung auf deren Liegenschaften installiert.
2018 wurde außerdem beschlossen, dass die B.E.M.
gemeinsam mit der BSW KP die sanierungsbedürftigen Heizanlagen in der Polizeidirektion 5 in Kreuzberg
modernisieren wird. Neben dem Austausch der alten
Anlage ist es vor allem das Ziel, die CO2-Emissionen um
rund 2.000 Tonnen und die Heizkosten um 250.000 €
jährlich zu senken. Die Modernisierung der Energieversorgung der Polizeistation in der Friesenstraße ist
ein Musterprojekt für die weitere Zusammenarbeit im
kommunalen Bereich, einem großen Geschäftsfeld der
BSW.
Mit einer hochinnovativen Kombination umweltfreundlicher Technologien werden die Berliner Stadtwerke und E.ON in Zukunft Berlin TXL – The Urban
Tech Republic mit Kälte und Wärme versorgen. Die
Bietergemeinschaft ging als Sieger aus einer EU-weiten Konzessions-Ausschreibung für den Forschungsund Industriepark hervor, der als eines der größten
Stadtentwicklungsprojekte Europas auf dem Areal des
heutigen Flughafens Tegel entstehen wird. Auch das
gleichfalls auf der Fläche in Tegel geplante Schumacher Quartier mit seinen über 5.000 geplanten Wohnungen soll in das Energiekonzept einbezogen werden.
Impulse für die Umsetzung von Mieterstrommodellen
wurden innerhalb einer Mieterstromplattform geschaffen. In 2018 konnten Fotovoltaik-Potenziale anhand
gelieferter Datensätze der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften (WBG) von den BSW identifiziert
werden. Das Potenzial beläuft sich auf ca. 26 MW und
soll in den kommenden Jahren von den BSW, den Wohnungsbaugesellschaften bzw. Kooperationspartnern
umgesetzt werden.
Für Oktober 2019 planen die BSW – eine erfolgreiche
Bezuschlagung im Rahmen der Ausschreibungen zur
EEG-Vergütung vorausgesetzt – den Baustart für einen Windpark mit neun Windenergieanlagen mit einer
Leistung von 30 Megawatt auf Grundstücken der Berliner Stadtgüter. Mit diesem Projekt könnten die BSW
Ende 2020 ihre installierte Kapazität im Windbereich
auf ca. 50 MW erhöhen.
Ein neuer Marktauftritt der BSW wurde im Geschäftsjahr mit der Kernbotschaft: „Unser Stadtwerk“ im
Marketing entwickelt, um die regionale Verortung des
Unternehmens herauszustellen und die BSW als einzigen kommunalen Stromversorger im Land Berlin zu
etablieren.
65
VI. Services und Förderung
für Unternehmen
Die Vielfalt der Geschäftsideen der Berliner Unternehmen erfordert ein flexibles und differenziertes Angebot an
Unterstützungsleistungen durch das Land Berlin. Dieses reicht von zielgerichteten Beratungsservices über kleinund großvolumige Darlehen oder Zuschüsse bis zur Bereitstellung von Wagniskapital im Rahmen von Beteiligungen in Millionenhöhe.
VI.1 Services für Unternehmen
Unternehmensservice
Seit neun Jahren begleitet der Unternehmensservice
von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie Berliner Unternehmen bei ihrer Entwicklung am Standort.
Auch auswärtigen Unternehmen bietet er vielfältige
Angebote für ihre Ansiedlung in der Hauptstadt.
Gestützt wird der Unternehmensservice durch ein
breites Netzwerk aus Servicepartnern der Berliner
Wirtschaftsförderung (IHK, IBB, UVB, Arbeitsagentur,
BIM u. a.). So erhalten Firmen einen umfassenden
Service und schnellen Zugang zu den Wirtschaftsförderangeboten der Stadt sowie Antworten auf Fragen
zur finanziellen Förderung, zu Immobilien, Personal,
Technologietransfer und vielem mehr.
1.200 Unternehmen werden durch Projektmanagerinnen und Projektmanager direkt vor Ort in den Bezirken betreut. Darunter fallen zahlreiche Hidden
Champions, traditionelle KMU, Familienunternehmen
und technologieorientierte Startups. Ca. 750 Unternehmensbesuche pro Jahr werden realisiert. Darüber
hinaus werden die bedeutendsten Unternehmen am
Standort durch ein Key-Account-Management begleitet.
Ob kleine Unternehmen, etablierte Mittelständler,
multinationale Konzerne oder Startups – alle Firmen
werden vom Unternehmensservice bei Expansionsvorhaben, Standortverlagerungen und Innovationsprojekten aktiv unterstützt.
Im Jahr 2018 hat Berlin Partner für Wirtschaft und
Technologie 323 Projekte erfolgreich abgeschlossen. Diese schlagen mit einer Investitionssumme von
600 Mio. € zu Buche und die Unternehmen schaffen
mehr als 8.800 neue Arbeitsplätze. Etwa 75 % dieser Arbeitsplätze entfallen auf die Bereiche IKT, Medien und
66
Kreativ- und Dienstleistungswirtschaft. Zudem wurden
für Projekte Drittmittel in Höhe von 62,6 Mio. € eingeworben. 113 Unternehmen wurden mit Unterstützung
des Unternehmensservice in Berlin angesiedelt.
Der Bereich Unternehmensservice „Berliner Bezirke“
hat branchenübergreifend 90 Projekte erfolgreich abgeschlossen, die mit einem Investitionsvolumen von
226 Mio. € einhergehen. Darunter fallen 72 Expansionsprojekte mit 2.125 neuen Arbeitsplätzen. Im
Rahmen von 18 Standortbetreuungs-, Standortsicherungs- und Verlagerungsprojekten ist es gelungen,
272 Arbeitsplätze zu sichern.
Einheitlicher Ansprechpartner Berlin
Seit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie
Ende 2009 unterstützt der Einheitliche Ansprechpartner (EA), angesiedelt bei der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe, als zentrale Anlaufstelle erfolgreich in- und ausländische Unternehmen
sowie Gründerinnen und Gründer bei der Aufnahme
und Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Land
Berlin. Er agiert – auf Wunsch der Unternehmen – als
Mittler und Verfahrensbegleitung zwischen Unternehmen und zuständigen Stellen der Verwaltung sowie
als verbindliche Informationsstelle.
Mit seinem Onlineverfahren im Gewerbebereich einschließlich einer ePayment-Komponente ermöglicht
der EA sowohl den Kundinnen und Kunden als auch
den zuständigen Stellen in den Bezirken, Kammern
und sonstigen Behörden, Gewerbemeldungen medienbruchfrei auf elektronischem Wege zu erledigen.
Im Jahr 2018 wurde das elektronische Antragsverfahren (KFM) ins Englische übersetzt. Die vorbereitenden
VI. Services und Förderung für Unternehmen
Informationen im EA-Portal können inzwischen in vier
Fremdsprachen angeboten werden. Darüber hinaus
sind 40 wirtschafts- und unternehmensbezogene Verwaltungsdienstleistungen in englischer Sprache im
Service-Portal Berlin hinterlegt, an das das EA-Portal
angebunden ist.
Seit 2016 ist der EA auch für die Antragsannahme sowie die Koordination von Berufsanerkennungsverfahren zuständig. Über einen zentralen Online-Zugang
wurde für diesen Personenkreis die Möglichkeit geschaffen, den bestehenden Service des EA (Informationsbereitstellung und Verfahrensabwicklung) für
die Begleitung von Verfahren zur Anerkennung von
Berufsqualifikationen zu nutzen.
Aufgrund einer Forderung des verantwortlichen BundLänder-Arbeitskreises nach einheitlichen Strukturen
in den EA-Portalen der Länder wurden auch die Webseiten des EA Berlin grundlegend umgestaltet und im
Februar 2019 neu online gestellt. Auf der Startseite
wurden die abgestimmten Lebenslagen eines Unternehmens aufgenommen (Gründen, Führen, Schließen,
grenzüberschreitend tätig sein, Beruf anerkennen
lassen) und die Inhalte neu geordnet. Es ist geplant,
zeitnah auch die derzeitigen fremdsprachlichen Webseiten entsprechend zu überarbeiten.
Das elektronische Kunden- und Fallmanagement für
die erlaubnispflichtigen Gewerbemeldungen und die
Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist eines von drei Pilotverfahren im Rahmen der Umsetzung des E-Government-Gesetzes für das Land Berlin.
Im Februar 2018 konnte es erfolgreich an das ServiceKonto Berlin angeschlossen werden. Mit nur einem
Login lassen sich somit neben den Verfahren des
Einheitlichen Ansprechpartners künftig immer mehr
Online-Verwaltungsverfahren in Berlin abwickeln.
Teil der Daseinsvorsorge, um die Funktionsfähigkeit
der Stadt und ihrer Teilräume zu gewährleisten.
Nach Jahren fiskalpolitisch begründeten Grundstücksverkaufs sind in vielen Teilräumen Berlins kaum mehr
landeseigene Gewerbeflächen verfügbar. Landeseigene Gewerbegrundstücke werden jedoch für die Unternehmensansiedlung und die Bestandserweiterung
dringend benötigt.
Angesichts der rasant gestiegenen Immobilienpreise
finden viele KMU, insbesondere aus dem produzierenden Gewerbe, aus dem Handwerk oder dem produktionsnahen Dienstleistungsgewerbe kaum mehr bezahlbare Flächen in der Stadt.
Mit dem Instrument des Planungsrechts lässt sich hier
nur begrenzt gegensteuern: wirksamser ist ein landeseigenes Flächenangebot, das preisdämpfend wirkt und
Nutzer bzw. Mieter nicht nach maximaler Zahlungsfähigkeit auswählt, sondern nach deren wirtschaftspolitischer Relevanz.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe verfolgt deshalb eine aktive Liegenschaftspolitik, die auch durch das Instrument des Grundstückserwerbs ein ausreichendes Angebot an landeseigenen
Gewerbeflächen gewährleistet. So kann zukünftig ansässigen Gewerbebetrieben aus Industrie und Handwerk, expandierenden Produktionsunternehmen, aber
auch jungen Unternehmen aus technologieorientierten Branchen, die beispielsweise Werkstatt- und Laborflächen benötigen, ein für sie bezahlbarer Standort
in der Stadt geboten werden.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nutzt ihren Sitz im Portfolioausschuss, um sich
für die Belange der Wirtschaft einzusetzen und auch
perspektivisch für ein ausreichendes Potenzial an landeseigenen Gewerbegrundstücken zu sorgen.
Landeseigene Gewerbeflächen für Unternehmen
Aktive Liegenschaftspolitik für die Wirtschaft
Neben der planerischen Sicherung vorhandener Gewerbeflächen ist die Schaffung eines ausreichenden
Angebots an landeseigenen Gewerbegrundstücken
ein wesentliches Element zur Unterstützung der Wirtschaft.
Die Bereitstellung bezahlbarer Gewerbeflächen ist ein
Essential für erfolgreiche Wirtschaftsförderung und
Für die Ansiedlung oder Erweiterung von Unternehmen des produzierenden oder verarbeitenden Gewerbes sowie für produktionsorientierte Dienstleistungsunternehmen können nach intensiver Einzelfallprüfung landeseigene Gewerbegrundstücke im Erbbaurecht zum Verkehrswert bereitgestellt werden.
So kann die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie
und Betriebe bei Vorliegen eines überzeugenden Nutzungskonzepts die Direktvergabe eines Grundstücks
im Rahmen der Wirtschaftsförderung an ein ansied67
lungswilliges Unternehmen aktiv unterstützen. Durch
den Abschluss von Erbbaurechtsverträgen sollen Nutzungen, die den Wirtschafts- und Technologiestandort Berlin stärken, nachhaltig gesichert werden.
Angesichts der Endlichkeit der Ressource „Boden“
wird bei Vergabeempfehlungen in wachsendem Maße
auf effiziente Flächennutzung gedrängt und das Ziel
verfolgt, mit möglichst geringem Flächeneinsatz den
größtmöglichen Mehrwert für den Wirtschaftsstandort Berlin zu erreichen. Selbstverständlich finden
dabei auch die technologischen und logistischen Anforderungen der Unternehmen die erforderliche Beachtung.
Mit der Einrichtung des Grundstücksankaufsfonds
in SIWANA IV (Sondervermögen Infrastruktur der
wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds IV) wurden die finanziellen Möglichkeiten zum Ankauf von
Gewerbegrundstücken geschaffen. Derzeit laufen
Ankaufsverhandlungen über verschiedene Gewerbegrundstücke.
In diesem Zusammenhang wurde eine Übereinkunft
mit der BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben)
erzielt, die dem Land Berlin fortan auch das Erstzugriffsrecht für Gewerbegrundstücke gewährt.
Entwicklung von neuen Gewerbestandorten
Durch Flächensicherung und Grundstücksankauf entstehen allerdings noch keine vergabefähigen Grundstücke oder bezahlbare Mietflächen. Für die zukünftig
anstehende Entwicklung neuer Gewerbestandorte benötigt das Land Berlin einen Akteur, der identifizierte
Flächenpotenziale aktiviert, vergabefähige Grundstücksangebote entwickelt, auf geeigneten Grundstücken bezahlbare Mietflächenangebote schafft und all
68
diese Aktivitäten unter dem Leitgedanken der Wirtschaftsförderung betreibt.
Dafür erforderlich sind die Ressourcen und das spezifische Know how einer Gesellschaft, die auf die Entwicklung, Profilierung und Vermarktung von Standorten und Gewerbezentren spezialisiert ist. Im Land
Berlin erfüllt die WISTA mit ihrem Tochterunternehmen WISTA-Plan (bisher Adlershof Projekt) diese Bedingung. Mit der erfolgreichen Standortentwicklung
in Adlershof kann die WISTA auf ausgezeichnete Referenzen verweisen.
In den kommenden Jahren ist geplant, mehrere neue
Gewerbegebiete zur Versorgung der Wirtschaft mit attraktiven Flächen zu entwickeln.
Schaffung von Mietflächen in Gewerbehöfen
Auch für die kleineren produzierenden Unternehmen
und Handwerksbetriebe werden zukünftig landeseigene Flächenangebote bereitgestellt. In Zusammenarbeit
mit der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH
(BIM) und der WISTA Management GmbH (WISTA)
werden aktuell Projekte konzipiert und erste landeseigene Mietangebote hergerichtet. Zielgruppen sind
insbesondere kleine Produktionsunternehmen und
Handwerksbetriebe, die im innerstädtischen Bereich
durch die Konkurrenz zahlungskräftigerer Nutzungen
verdrängt werden oder keine adäquaten Flächenangebote auf dem Gewerbeimmobilienmarkt finden.
Durch die Errichtung von Gewerbehöfen sollen im
ausreichenden Maße kleinteilige flexible Mietflächenangebote zu moderaten Konditionen geschaffen werden. Dabei stehen die langfristige Flächenvergabe und
insbesondere die Planungssicherheit für die Unternehmen im Fokus des Angebotes.
VI. Services und Förderung für Unternehmen
VI.2 Gründungsförderung
Berlin ist die Gründungshauptstadt Deutschlands.
Nicht nur bei den innovativen und wachstumsorientierten Startups (Details hierzu im Kapitel III.3), sondern auch im breiten Gründungsgeschehen lag Berlin
mit 111 Gründungen je 10.000 Einwohnerinnen und
Einwohner 2018 an der Spitze der Bundesländer. Viele
dieser Gründungen basieren auf neuen, technologiebasierten Geschäftskonzepten. Daneben gibt es aber
auch weiterhin ein reges Gründungsgeschehen in traditionellen Branchen wie dem Handel, im Handwerk
oder in der Bauwirtschaft.
Die Gründungsunterstützung im Land Berlin geht auf
diese Vielfalt der Geschäftsideen und der dahinter
stehenden Unternehmerpersönlichkeiten mit einem
flexiblen und differenzierten Angebot für die unterschiedlichen Zielgruppen ein.
schen Communities aufgesucht werden. Alle Adressen
der öffentlichen Erstanlaufstellen, ihre Informationsangebote und Veranstaltungen sind auf der zentralen
Internetseite www.gruenden-in-berlin.de zu finden.
Alle Gründungsinteressierten werden hier nach einem
klaren Leitfaden durch die Informationen aus dem
Berliner Gründungsnetz geleitet. Das Portal ist ein
gemeinsames Projekt der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, der IHK Berlin, der HWK
Berlin und der Investitionsbank Berlin (IBB).
Bezüglich Informationen, Beratung und Unterstützung bei Verwaltungsverfahren im Rahmen der Gewerbeausübung steht das Portal des Einheitlichen
Ansprechpartners Berlin zur Verfügung. Über www.
ea.berlin.de können Gewerbetreibende rund um die
Uhr ihr Gewerbe online an-, ab- und ummelden (s.
auch Kapitel VI.1).
Erstanlaufstellen
Beratung und Veranstaltungen
Ein enges Netzwerk an Erstanlaufstellen erlaubt es,
auf die vielfältigen Fragestellungen der Gründerinnen
und Gründer bedarfsgerecht einzugehen. So können
neben der Gründungsberatung der Kammern auch die
Finanzierungsberatung der IBB, die Gründungsbüros
der Hochschulen, die Wirtschaftsförderer der Berliner
Bezirke oder die Beratungseinrichtungen der ethniDr. Laura Schüller
Geschäftsführerin
Veteducators GmbH
1. Sie entwickeln und vertreiben Modelle für die Simulation von invasiven Eingriffen an Versuchstieren
– was genau steckt dahinter?
Aus eigener Erfahrung kennen wir die Herausforderung,
die das Training von Eingriffen an lebenden Tieren mit
sich bringt. Praktische Eingriffe müssen häufig geübt
werden, damit im Ernstfall nichts schiefgeht – am lebenden Tier ist das aus Tierschutzgründen nicht möglich.
Mit unseren lebensechten Simulatoren ermöglichen wir
eine praxisnahe UND tierschonende Ausbildung.
Der Spaß am Unternehmertum und das dazu notwendige Wissen werden im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen vermittelt. So können Gründungsinteressierte als Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (BPW) über
einen Zeitraum von neun Monaten ihre Geschäfts2. Im Frühjahr 2019 haben Sie am BPW teilgenommen. Inwieweit hat das ihre Geschäftsidee vorangebracht?
Durch die Teilnahme am BPW konnten wir nicht nur
unser Businesskonzept mit professioneller Unterstützung vorantreiben und verfeinern, sondern vor
allem auch von den zahlreichen Kontakten im Netzwerk profitieren. Hinzu kommt, dass das Preisgeld
natürlich ein toller Bonus in der Gründungsphase ist,
wenn jeder Euro zählt.
3. Häufig hört man: Frauen gründen anders als Männer – ist da was dran?
Da ich nur eine Perspektive kenne, fällt es mir schwer
zu sagen, ob Frauen anders gründen als Männer
oder Divers geschlechtliche Menschen. In den letzten Monaten habe ich aber erfahren, dass es so viele
verschiedene Arten gibt an eine Gründung heranzugehen, wie es Gründer gibt. Letztendlich ist bei der
Gründung das Teamwork entscheidend.
69
idee entwickeln und dazu kostenlose Seminare und
Workshops besuchen sowie Expertenfeedbacks erhalten. Technologieorientierte Geschäftsideen, die einen
schnelleren Marktzugang benötigen, können innerhalb von nur drei Monaten über einen Business Model
Canvas entwickelt werden. 2018 haben 1.782 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am BPW teilgenommen;
dies waren gut 12 % mehr als im Vorjahr.
Die kompakteste Form der Informationsvermittlung bieten die jährlich im Herbst stattfindenden
Deutschen Gründer- und Unternehmertage deGUT
(www.degut.de). Mit ihren vielfältigen Kontaktmöglichkeiten zwischen Förderern, Mentorinnen und Mentoren und Gründungsinteressierten ist die von der
Investitionsbank Berlin (IBB) und der Investitionsbank
des Landes Brandenburg (ILB) veranstaltete deGUT
ein Highlight im Gründerkalender der Hauptstadtregion. 2018 besuchten 5.878 Besucherinnen und Besucher die Messe in der Arena Berlin.
Eine wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es,
den Unternehmer/innengeist bereits früh zu entfachen und Interesse und Begeisterung für unternehmerische Themenfelder zu wecken. Im Projekt JUNIOR
berät und begleitet das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Schülergruppen, die, jeweils für ein
Acelya Tüney
Schülerfirma
„TreasureMap“
1. Die Schülerfirma „TreasureMap“ der Carl-ZeissOberschule ist das beste JUNIOR Schülerunternehmen 2019 in Berlin. Welche Geschäftsidee steht dahinter?
Für uns als Firma ist Nachhaltigkeit ein besonderes
und wichtiges Thema. Wir finden es sehr wichtig, auf
unsere Umwelt zu achten und wollten dementsprechend diesen Aspekt auch mit in unsere Idee einbringen. So entschieden wir uns dazu, aus alten Landkarten neue Produkte wie Federtaschen herzustellen,
nach dem Motto „Aus alt mach neu“.
2. Welche Erfahrungen konntet Ihr im Projekt sammeln?
70
Jahr, ein eigenes Unternehmen gründen und führen
wollen. Seit dem Start des Projekts in Berlin im Schuljahr 2000/2001 haben bereits über 3.000 Berliner
Schülerinnen und Schüler am Projekt teilgenommen
(www.juniorprojekt.de). Im jährlichen Landeswettbewerb der JUNIOR-Unternehmen gewann am 8. Mai
2019 die Schülerfirma „treasuremap“ der Carl-ZeissOberschule in Berlin-Lichtenrade den ersten Platz. Mit
ihrer Geschäftsidee, Taschen, Turnbeutel und Federtaschen aus alten Landkarten zu fertigen und einer
souveränen Präsentation ihrer Strategien und Ziele
überzeugte sie die Jury.
Auch andere Projekte unterstützen Lehrerinnen und
Lehrer dabei, Fragen der Wirtschaft und der Unternehmenstätigkeit in den Unterricht zu integrieren.
Eine Übersicht über die Angebote findet sich unter
www.berlin.de/unternehmergeist.
Auf der 9. Internationalen Schülerfirmenmesse im FEZ
Berlin konnten Berliner Schülerinnen und Schüler ihre
eigenen Produkte und Dienstleistungen ausstellen
und sich mit anderen Schülerfirmen aus dem In- und
Ausland vernetzen. Die Messe fand im Februar 2019
mit rund 1.500 Besucherinnen und Besuchern und
400 Schülerunternehmerinnen und -unternehmern
statt.
Jeder einzelne Schüler der Firma konnte sich einen
Einblick von der Berufswelt machen. Auch wenn unsere Firma nicht mit einer großen internationalen
Firma zu vergleichen ist, haben wir dennoch gelernt
Verantwortung zu übernehmen. Wir haben gelernt,
offener gegenüber Menschen zu sein und mehr
Selbstbewusstsein zu entwickeln. Außerdem haben
wir gelernt, dass Kommunikation ein wichtiger Aspekt ist, um Fehler zu vermeiden und besser in der
Arbeitswelt, so wie im privaten Leben voranzukommen.
3. Wie wird es mit „TreasureMap“ weitergehen?
Unsere Firma wird von neuen Schülern unserer Schule übernommen, da der Kurs nur für ein Schuljahr an
unserer Schule angeboten wird und wir nächstes Jahr
unsere Abiturprüfungen haben. Jedoch haben sich
einige Mitglieder unserer Firma dazu bereit erklärt,
die neue Schülerfirma in ihrer Anfangszeit zu unterstützen. Die neue Schülerfirma wird unsere Idee zwar
beibehalten, jedoch müssen auch sie eigene Ideen
und Konzepte erstellen. Außerdem müssen sie sich
einen eigenen Firmennamen aussuchen.
VI. Services und Förderung für Unternehmen
Am 2. November 2018 fand der 9. Berliner Unternehmerinnentag statt. Mit einem modifizierten und erweiterten Tagesprogramm konnte den rund 800 teilnehmenden Unternehmerinnen und Gründerinnen erneut ein
anspruchsvolles und informationsreiches Programm
geboten werden. Formate wie das Forum „Frau, Macht
und Medien“, der bestPractise Workshop zu digitalen
Startups oder der Vortrag „Frauen kommunizieren anders – Männer auch. Mechanismen der verbalen und
nonverbalen Kommunikation erkennen und nutzen“
fanden reges Interesse. Auch Themen wie Digitalisierung und Wachstum wurden angeboten. Der Berliner
Unternehmerinnentag wurde so seinem Ziel, selbstständige Frauen zu vernetzen, zu informieren und ihre
Potenziale stärker sichtbar zu machen, erneut gerecht.
Auch 2018 wurde erneut die Prämierung zur „Berliner
Unternehmerin“ durchgeführt. Mit Milena Glimbovski,
Yvonne Wende und Constanze Buchheim standen drei
erfolgreiche Berliner Unternehmerinnen in der Endauswahl. Erstplatzierte wurde Milena Glimbovski. Ihre
Original Unverpackt (OU) GmbH besteht seit 2014.
Nach eigenen Angaben ist „OU“ der bekannteste Unverpackt-Laden der Welt und hat einen „Hype für Zero
Waste Shops“ angestoßen. Zum Portfolio gehören
neben dem Unverpackt-Supermarkt ein nachhaltiger
Online-Shop, eine eigene Produktlinie sowie Führungen und Vorträge zum Thema.
Der Preis wurde in 2018 zum achten Mal verliehen.
Initiatorin ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Energie und Betriebe in Kooperation mit Investitionsbank Berlin und IHK Berlin.
Das Thema Soziale Ökonomie hat im Berichtsjahr
erneut eine große Dynamik entwickelt. Social Entrepreneurship und Soziale Unternehmen werden immer
stärker sichtbar und gewinnen an Bedeutung. Sie
verbinden betriebswirtschaftliches, marktorientiertes
Denken mit sozialem Mehrwert und zielen auf nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen. Soziales sowie ökologisch nachhaltiges Unternehmertum wird in
der wachsenden Stadt mit sich stetig verändernder
Bevölkerungsstruktur künftig eine viel größere Bedeutung haben. Gerade Berlin mit seinem hohen Anteil an
Gründungen und dem gewachsenen Startup-Habitat
bietet sich bestens als Vorreiter für innovative Unternehmensideen und die Lösung gesellschaftlicher
Herausforderungen an. Die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe hat daher ihren Dialog mit den Akteuren aus den unterschiedlichsten
Bereichen der Sozialen Ökonomie – von den Startups
bis zu den genossenschaftlichen Initiativen und Vereinsformen – fortgeführt und die sich daraus ableitenden Handlungsschritte umgesetzt. Ein wichtiger
Meilenstein ist hierbei die Öffnung des Wirtschaftsförderinstrumentariums bei der IBB, das seit Herbst
2018 auch für die Belange und Spezifika der Sozialen
Ökonomie einsetzbar ist. Sozialunternehmen, deren
Geschäftstätigkeit im Wesentlichen auf innovative
Ansätze und die Erzielung von Markteinkommen im
Wettbewerb mit anderen Anbietern ausgerichtet ist
(Social Entrepreneurs), sind künftig uneingeschränkt
förderfähig. Unternehmen, deren Geschäftsmodell
wesentlich auf staatlichen Leistungen oder Zahlungen
der Sozialversicherungsträger beruht, unterliegen jedoch weiterhin Beschränkungen. Auch in 2018 wurde
der „Gesprächskreis Migration“ als Dialogplattform
mit Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden und
Organisationen der ethnischen Communities Berlins,
öffentlichen Institutionen, Vereinen, Kammern und
Senatsverwaltungen, fortgesetzt. Aufgabe des Gremiums, das bereits im Jahr 2002 gegründet wurde, ist die
Erörterung der Rahmenbedingungen für Selbstständige nichtdeutscher Herkunft.
Im Berichtszeitraum konnten weitere Anregungen
aus diesem Forum aufgegriffen und realisiert werden:
Hier ist zum einen die Einrichtung einer „Lotsenstelle“ zur Erstberatung für Gründerinnen und Gründer
nichtdeutscher Herkunft zu nennen, die am 15. Januar 2019 ihre Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Willkommenszentrums Berlin aufgenommen hat
Zum anderen wurde in 2019 erstmalig der Wettbewerb „Vielfalt unternimmt“ ausgelobt. Hierbei steht
das unternehmerische Engagement und Potenzial der
Selbstständigen nichtdeutscher Herkunft im Mittelpunkt. Die Prämierung fand am 5. April 2019 im Berliner (Roten) Rathaus statt.
Zum mittlerweile 17. Mal wird in diesem Jahr in
Kooperation mit der Investitionsbank Berlin IBB die
kulturspezifische Seminarreihe für Gründerinnen
und Gründer nichtdeutscher Herkunft angeboten
(www.vielfalt-gruendet.de). In diesem Rahmen finden jeweils eintägige Orientierungsseminare für Interessierte aus den verschiedensten Sprachräumen
statt. Das Land Berlin bietet mit diesem spezifischen
zweisprachig ausgerichteten Seminarformat allen
Gründerinnen und Gründern mit Migrationshintergrund zu einer Teilnahmegebühr von lediglich 10 €
die Möglichkeit, sich gemeinsam mit anderen Interessierten zu Gründungsfragen kompetent beraten und
71
Nare Yesilyurt
Geschäftsführerin
„DETA-MED Hauskrankenpflege“
1. Mit Ihrem Unternehmen DETA-MED sind Sie in eine
Marktlücke gestoßen. War Ihnen damals schon bewusst, welches Potenzial im Thema „Kulturspezifische Pflege“ steckt?
Bewusst im eigentlichen Sinne war mir das Entwicklungspotenzial für das Unternehmen bei der Gründung nicht – aber ich habe angesichts meiner Studien geahnt, dass ein gewaltiger Nachholbedarf bei
der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in das deutsche Gesundheitssystem besteht.
Dass dies zugleich eine Chance für die Integration
bestimmter Zielgruppen – vor allem Frauen – in den
gesundheitlich-sozialen Arbeitsmarkt bedeutete,
war allerdings sofort klar, genauso wie die Tatsache,
dass dies eine weitere unternehmerische Herausinformieren zu lassen. Diese Reihe wird in Kooperation mit Einrichtungen und Verbänden der ethnischen
Communities umgesetzt. 2018 konnten zusätzliche,
für die Teilnehmenden kostenlose spezielle Seminare
für Geflüchtete angeboten werden.
Neben der Erweiterung der Seminarreihe hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auch den fachlichen Austausch mit Akteuren der
Flüchtlingsbetreuung, Startups, Kammern und weiteren Einrichtungen fortgeführt. Dieser Dialog soll auch
weiterhin fortgesetzt werden. Eine wichtige Thematik
ist in diesem Zusammenhang die Frage der Finanzierung entsprechender Gründungs- und Investitionsvorhaben, besonders vor dem Hintergrund der spezifischen Aufenthaltssituation der Geflüchteten. Die
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
setzt sich im politischen Raum dafür ein, hierzu passende Lösungen zu erarbeiten, um den gründungsbereiten Geflüchteten geeignete Finanzierungsangebote
unterbreiten zu können.
72
forderung neben dem eigentlichen Geschäftsmodell
war.
2. Sie sind Gewinnerin des diesjährigen Wettbewerbs
„Vielfalt unternimmt – Berlin würdigt migrantische
Unternehmen“ – Worin sehen Sie das Geheimnis Ihres Erfolges?
Meiner Ansicht nach gibt es keine verborgenen Geheimnisse für Erfolg, sondern in erster Linie Ergebnisse harter Arbeit. Den unternehmerischen Erfolg
hätte ich nicht gehabt, wenn ich nicht gleichzeitig
intensiv Geld und Vertrauen investiert hätte in die
Ausbildung und ständige Qualifikation meiner Mitarbeiter/innen. Ein Erfolgsfaktor ist aber immer auch
eine gewisse Beharrlichkeit. Hätte ich immer auf
diejenigen gehört, die mich vor meinen Projekten gewarnt haben, dann wäre ich gescheitert.
3. Was raten Sie Migrantinnen, die noch zögerlich darin sind, ihre Unternehmensidee umzusetzen?
Zögerlichkeit kann überwunden werden, wenn man
sich Einschätzung von anderen Leuten holt, ohne
aber jedem Rat bedenkenlos zu folgen. Orientieren
Sie sich an Vorbildern. Und im Übrigen gilt: „Es gibt
nichts Gutes, außer man tut es.“
Finanzierung
So unterschiedlich wie die Gründungsideen sind auch
die Finanzierungsbedarfe. Das Angebot reicht von
kleinteiligen Mikrodarlehen bis zu 25.000 €, die im
Rahmen des KMU-Fonds vergeben werden, über großvolumigere Darlehen oder Zuschüsse bis zur Bereitstellung von Wagniskapital im Rahmen von Beteiligungen in Millionenhöhe.
Erste Anlaufstelle für alle Finanzierungsfragen ist die
Investitionsbank Berlin (IBB). Als Landesstruktur- und
Förderbank bietet sie programm- und institutsübergreifende Informationen zum gesamten Spektrum der
Wirtschaftsförderung in Berlin an (Details hierzu in
den Kapiteln VI.3 und VI.5).
Alle Finanzierungsangebote für Gründerinnen und
Gründer sind auf den Internetseiten der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie im
Portal www.gruenden-in-berlin.de zu finden.
VI. Services und Förderung für Unternehmen
Infrastruktur
Neben den beiden großen und überregional ausgerichteten Technologiestandorten in Adlershof und Buch
hat sich in Berlin eine große Vielfalt von Technologieund Gründungszentren herausgebildet. Sie fungieren
als potenzielle Anlaufstellen in der Gründungs- und
Entwicklungsphase, zur infrastrukturellen Unterstützung von Unternehmen und zur Bereitstellung flexibler Mietangebote. Unternehmen und Existenzgründer
profitieren von der gemeinsamen Infrastruktur und
den Beratungs- und Coachingangeboten. Eine gute
Verkehrsanbindung, die Nähe zu Ausbildungsstätten
und Hochschulen sowie die vielfältigen Kooperationsangebote schaffen beste Voraussetzungen für technologieorientierte Unternehmen. Die Innovationsorientierung und die Vernetzung in ihren unterschiedlichen
Ausprägungen sind die beiden wesentlichen Kennzeichen von Technologiezentren. Viele innovative Firmen
werden von Hochschulabsolventinnen und -absolventen gegründet, weshalb die räumliche Nähe zu Wissenschaftseinrichtungen einen wichtigen Erfolgsfaktor für Technologiezentren darstellen kann.
Neben diesem öffentlich geförderten Infrastrukturangebot bieten viele private Vermieter flexible Gewerbeflächen für kleine Unternehmen und Startups an. In
Berlin sind in den letzten Jahren weit über 100 dieser
Coworking Spaces entstanden. Sie haben die Hauptstadt zum europäischen Vorreiter einer neuen Arbeitskultur gemacht und sind ein wichtiger Bestandteil im
Startup-Ökosystem.
Die eher kleinteiligen Co-Working-Spaces werden durch
eine in Deutschland einzigartige Anzahl privater Inkubatoren und Acceleratoren ergänzt, die neben Räumen auch Beratung und zum Teil auch Beteiligungskapital anbieten.
73
VI.3 Innovationsförderung
Wissen verbreitet sich schneller denn je und ist als
Ausgangspunkt für Innovationen zu einem entscheidenden Produktionsfaktor geworden. Dies hat zur
Konsequenz, dass sich auf Dauer vor allem die Unternehmen behaupten können, die auf der Basis von
Forschungs- und Entwicklungsprozessen Innovationen umsetzen. Aus diesem Grund ist es ein zentrales
Anliegen der Berliner Wirtschaftspolitik, mit einer verlässlichen und thematisch flexiblen Innovationsförderung zur Schaffung einer nachhaltig wirksamen Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.
Mit dem Programm Pro FIT (Programm zur Förderung
von Forschung, Innovation und Technologien) werden
sowohl Einzelvorhaben als auch FuE-Kooperationen
vorrangig zwischen Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern gefördert. Der Schwerpunkt der Förderung
liegt entsprechend der Beschaffenheit der Berliner
Wirtschaft bei kleinen und mittleren Unternehmen.
Durch technologische Entwicklungen wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesteigert. Es wird
nicht nur die Produktentwicklung gefördert, sondern
auch die Markteinführung. Damit steht ein Programm
zur Verfügung, das die Unternehmen in allen Phasen
des Innovationsprozesses unterstützt. Im Jahr 2018
wurden 70 Projekte mit einem Zuschuss in Höhe von
15,84 Mio. € bewilligt. 51 Projekte erhielten ein Darlehen, hier wurden 25,72 Mio. € bewilligt. Das Programm wird aus dem EFRE kofinanziert.
Technologieorientierte Unternehmen, die erst kürzlich gegründet wurden und die Durchführung eines
Innovationsprojektes anstreben, können zudem mit
der Pro FIT Frühphasenfinanzierung finanzielle Unterstützung beim Aufbau der Unternehmensinfrastruktur und erforderlichen Personalkapazitäten erhalten.
Ziel des VC Fonds Technologie Berlin ist die Beteiligung
an jungen Berliner Technologie-Unternehmen mit besonderem Wachstumspotenzial. Das Fondsvolumen
beträgt 60 Mio. €, die Hälfte hiervon sind EFRE-Mittel.
Die Fondsmittel stehen bis 2023 vorrangig zur Finanzierung der Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte zur Verfügung. Das Fondsmanagement obliegt der IBB Beteiligungsgesellschaft mbH. In
2018 wurden 32 Finanzierungen mit einem Volumen
von etwa 9,83 Mio. € abgeschlossen. Berlin als deutsche VC-Hauptstadt hat mit der IBB Beteiligungsgesellschaft als öffentlicher Beteiligungsgeber vor Ort
einen bedeutenden Player. Mit ihrer 20-jährigen Er74
fahrung ist sie ein gefragter Partner der Startups und
Ansprechkontakt für nationale und internationale Gesellschaften, die sich in Berlin nach Investments umsehen oder Finanzierungspartner suchen. Durch die
Bildung von Finanzierungspartnerschaften betragen
die investierten Mittel das Sechs- bis Siebenfache der
Investitionen des VC-Fonds.
Der VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin mit einem Fondsvolumen von 40 Mio. €, davon ebenfalls 50 % EFREMittel, unterstützt kleine und mittlere Unternehmen
der Berliner Kreativwirtschaft. Zusammen mit privaten Kapitalgebern werden mit den Fondsmitteln
innovative kreative Startups mit hohem Wachstumspotenzial unterstützt, die sich in der Aufbau- und Expansionsphase befinden. In 2018 wurden 21 Finanzierungsrunden, davon sechs neue Beteiligungen und
15 Folgefinanzierungen abgeschlossen. Das Gesamtvolumen betrug 7,03 Mio. €. Weitere Kapitalgeber beteiligten sich mit 26 Mio. €.
Evaluierung der Berliner Innovationsförderprogramme 2018/2019
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe fördert mit verschiedenen Innovationsförderprogrammen seit vielen Jahren die Entwicklung
innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen, die Anwendung neuer Technologien sowie Existenzgründerinnen und Existenzgründer.
In ihrem Auftrag wird aktuell eine Gesamtbewertung der Berliner Innovationsförderung durchgeführt. Ziel der Bewertung ist es zu überprüfen, ob
aktuelle wirtschaftliche und technologische Trends
sowie die Unterstützungsbedarfe der Unternehmen
weiterhin adäquat von den Programmen abgedeckt
werden. Zudem werden die Wirkungen der Förderung – sowohl auf Ebene der einzelnen begünstigten Unternehmen und Existenzgründungen als auch
auf Ebene der Berliner Cluster – beleuchtet. Aus den
Ergebnissen der Evaluierung werden Empfehlungen
zur Weiterentwicklung und künftigen Ausgestaltung
der Innovationsförderung im Land Berlin abgeleitet.
Ergebnisse sollen Ende 2019 vorliegen.
Das Personaltransfer-Programm Innovationsassistent/-in ist nach wie vor eine wirksame Komponente
der Know-how-Übertragung aus der Wissenschaft,
VI. Services und Förderung für Unternehmen
insbesondere in kleine und mittlere Unternehmen.
Durch den projektbezogenen Einsatz von qualifizierten
Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen erhalten die Unternehmen die Chance zur
Bewältigung betrieblicher Innovationsaufgaben. Die
Förderung erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren
Personalkostenzuschüssen. Gleichzeitig wird damit
verstärkt der Zielsetzung Rechnung getragen, Struktur-, Innovations- und Arbeitsmarktpolitik miteinander zu verzahnen. Das Volumen der im Jahr 2018 bewilligten 206 innovativen Vorhaben von Berliner Unternehmen betrug rd. 4,1 Mio. €.
Der Coaching BONUS bezuschusst die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen durch technologieorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), kleine
und mittlere Unternehmen der Kreativwirtschaft sowie im Zusammenhang mit den Themenbereichen Internationalisierung und Nachfolge auch durch andere
KMU.
Dabei deckt das Beratungsangebot die gesamte Bandbreite unternehmerischer Fragestellungen innovativer, technologieorientierter KMU ab. Das reicht von
Gründungsmodalitäten über Finanzierungsprobleme
bis hin zu Marketing- und Vertriebsstrategien. Das
Coaching soll helfen, eine konkrete Aufgabe bzw. Fragestellung im Hinblick auf eine bestimmte Zielstellung
zu bewältigen. Die Unterstützung im Coachingprozess
und die sich daraus ergebende Qualifikation soll die
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig
stärken. 2018 wurden insgesamt 383 Projekte (davon
100 in von Frauen geführten Unternehmen) durch den
Coaching BONUS begleitet sowie 29 Seminare mit insgesamt 131 Teilnehmerinnen und 189 Teilnehmern
durchgeführt.
Das Förderprogramm Transfer BONUS hat den Technologie- und Wissenstransfer zum Ziel, in dem kleinen
und mittleren Berliner Unternehmen der Zugang zu
den Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung
bzw. deren Nutzung erleichtert wird. Gefördert wird die
Inanspruchnahme einer wissenschaftlichen Dienstleistung, wobei seit 2016 auch Projekte im Bereich
der Digitalisierung unterstützt werden. Im Jahr 2018
wurden 60 Bewilligungen erteilt, wobei 3 davon auf
Projekte im Bereich der Digitalisierung entfielen. Das
Bewilligungsvolumen belief sich insgesamt auf rd.
750.000 €, davon rd. 120.000 € für Digitalisierungsprojekte.
Ziel des Programmteils Transfer BONUS Design ist es,
kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu
Designleistungen zu erleichtern. Der Design Transfer
Bonus bezuschusst den Transfer von Design-KnowHow von Designunternehmen und von Hochschulen
hin zu Unternehmen, um so ihre Innovationsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das
Programm soll die Entwicklung neuer Produkte oder
Dienstleistungen von der Idee bis zur Marktfähigkeit
sowie qualitative Verbesserungen bestehender Produkte und Verfahrensweisen unterstützen. 2018 wurden 40 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rd.
510.000 € bewilligt.
75
Europäische Strukturfonds
Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik ist eingebunden in die Europäische Strukturpolitik und die Europäische Strategie Europa 2020 für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Zielgerichtete
Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, die Ausrichtung auf eine kohlenstoffarme, energieeffiziente Wirtschaft und eine wettbewerbsfähige Industrie sowie die vorrangige Schaffung von Arbeitsplätzen und
die Bekämpfung von Armut bilden die zentralen Ansatzpunkte dieser Strategie. Das übergeordnete Ziel der
Strukturfondsförderung in Berlin ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Stadt zu
stärken. Darauf bauen die Operationellen Programme (OP) des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
(EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) auf. (www.berlin.de/strukturfonds)
In der aktuellen Förderperiode 2014 – 2020 erhält Berlin 635 Mio. € aus dem EFRE und 215 Mio. € aus dem ESF.
Hinzu kommen jeweils nationale Mittel in gleicher Höhe – die sogenannte Kofinanzierung. Insgesamt stehen
Berlin aus diesen beiden EU-Förderprogrammen somit rund 1,7 Mrd. € zur Verfügung.
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist das wichtigste Instrument der Regionalförderung
der Europäischen Union. Er trägt dazu bei, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Europäischen
Gemeinschaft durch Ausgleich der regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Die EFRE-Mittel werden in Berlin
in bedeutendem Maße für die Förderung von Innovationen eingesetzt. Für Forschung, Entwicklung und die
Markteinführung neuer Produkte und Lösungen in Unternehmen, aber auch zur Stärkung hochinnovativer
Unternehmen, etwa durch Beteiligungen, die Unterstützung von Clustern sowie die Stärkung unternehmensnaher Forschungsinfrastrukturen sind fast 50 % der EFRE-Mittel vorgesehen. Darüber hinaus werden kleine
und mittlere Unternehmen in ihrer Investitionstätigkeit und bei ihrer internationalen Markterschließung unterstützt und Gründerinnen und Gründer gefördert.
Um die anspruchsvollen energie- und klimapolitischen Ziele des Landes zu erreichen, können Berliner Unternehmen von der Investitionsförderung in energiesparende Technologien, in die Nutzung erneuerbarer Energien oder bei der Umstellung von Produktionsprozessen profitieren. Bis zum 31. Dezember 2018 sind von den
rund 1,2 Mrd. €, die für das Operationelle Programm des EFRE zur Verfügung stehen, mehr als 2.400 Vorhaben
mit Gesamtkosten in Höhe von 1,009 Mrd. € bewilligt worden. Gefördert wurden bspw. Berliner Unternehmen
wie die Makea Industries GmbH, die an innovativen digitalen Techniken für passgenaue Prothesen aus dem
3D-Drucker forscht. Intensive Unterstützung erhielt auch die Kultur- und Kreativwirtschaft. Ein Beispiel ist die
Förderung von Weiterbildungen für Kunst- und Kulturschaffende der Berliner freien Szene auf den Gebieten
Augmented Reality (AR) und digitale Medien an der AURORA School for ARtists an der Hochschule für Technik
und Wirtschaft Berlin.
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Finanzierungsinstrument der EU zur Förderung der Beschäftigung in Europa. Der ESF verbessert den Zugang zu Arbeitsplätzen, fördert Bildung, bietet Qualifizierung
und unterstützt die soziale Integration. Für die Umsetzung des Operationellen Programms des ESF 2014 – 2020
stehen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 430,2 Mio. € zur Verfügung. Bis zum 31.12.2018 sind davon
997 Vorhaben mit Gesamtkosten in Höhe von 252,7 Mio. € bewilligt worden. Gefördert werden zum Beispiel
Angebote wie das Projekt „Zukunft Kita“, welches Arbeitssuchenden und Nichterwerbstätigen berufliche Perspektiven aufzeigt. Das „Berliner Startup Stipendium“ unterstützt Gründerinnen und Gründer, die über ein
erstes Gründungskonzept verfügen. „Zukunft im Beruf“ ist ein Projekt, bei dem Berliner Schülerinnen und
Schüler eine fundierte Berufsorientierung erhalten.
76
VI. Services und Förderung für Unternehmen
VI.4 Zuschüsse für Unternehmen und Infrastruktur
Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist das bedeutendste Regionalförderinstrument von Bund und Ländern.
Mit der GRW werden Investitionen gefördert, die in
strukturschwachen Regionen die Einkommens- und
Beschäftigungssituation verbessern. Vorrangiges Ziel
der GRW ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen.
Länder 2018 gemeinsam verschiedene Regelungsänderungen beschlossen. So erfolgte u. a. eine Ausweitung des Fördertatbestandes der Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände, die Ausschöpfung des
beihilferechtlichen Rahmens für die Förderung von
Häfen, die Aufnahme der De-Minimis-Förderung für
Großunternehmen in C-Fördergebieten und verbesserte Möglichkeiten der Förderung von Forschungsinfrastrukturen.
Im Koordinierungsrahmen der GRW sind für die bis
2020 laufende aktuelle Förderperiode die Regelungen
über Voraussetzungen, Art und Intensität der Förderung und die Fördergebiete der einzelnen Bundesländer festgelegt. Eine Verlängerung der Förderperiode
durch die Europäische Kommission bis 2022 ist wahrscheinlich.
2018 wurden die zur Verfügung stehenden GRW-Mittel
vollständig ausgeschöpft und insgesamt 130,0 Mio. €
ausgezahlt. Davon entfallen 77,25 Mio. € (59,4 %) auf
die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und
52,75 Mio. € (40,6 %) auf die Förderung der gewerblichen Wirtschaft.
Die Mittel der GRW werden von Bund und Land jeweils
zur Hälfte getragen. In der laufenden Förderperiode
2014 bis 2020 wird für Berlin ein Fördermittelvolumen
von über 900 Mio. € angesetzt. Bis Ende 2018 sind davon bereits 664 Mio. € verausgabt worden.
Im Vorjahr wurde der Bewilligungsrahmen für die Jahre 2018 – 2020 in Höhe von 130,0 Mio. € vollständig
gebunden, davon 68 Mio. € für die Unternehmensförderung und 62 Mio. € für die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastrukturen.
Aus Mitteln der GRW können Investitionszuschüsse
für die gewerbliche Wirtschaft und für wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen gewährt werden. Auch
die Förderung integrierter regionaler Entwicklungskonzepte, die Förderung des Regionalmanagements
sowie die Förderung von Kooperationsnetzwerken
sind möglich. Daneben unterstützt die GRW in immer
größerem Umfang auch Fachprogramme des Landes
zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Berliner Unternehmen.
Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die
für den Zeitraum 2014 – 2020 bereits zugeteilten geplanten Mittel für Berlin, die bis zum 31. Dezember
2018 bereits zugeteilten und gebundenen Mittel und
die zum 31. Dezember 2018 ausgezahlten Mittel. Berlin hat danach die Zielgröße von 900 Mio. € bereits
erreicht und durch zusätzliche Zuteilungen des Bundes bereits 16 Mio. € mehr erhalten. Nach aktuellem
Stand werden alle Mittel bis zum Ende der Förderperiode ausgezahlt.
Im Rahmen der Weiterentwicklung der GRW zur Erweiterung der Fördermöglichkeiten und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen haben Bund und
Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ist zentraler Ausgangspunkt für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Berlins. Die Sicherung und Neuschaffung von
GRW-Mittel der gesamten Förderperiode 2014 – 2020
geplant entsprechend
der jährlichen
Bundeszuweisengen
900
Bewilligungen
31.12.2018
916
Auszahlungen
31.12.2018
in Mio. Euro 0
664
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
Quelle: Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
77
Arbeitsplätzen soll einhergehen mit der Steigerung
der Produktivität und des Pro-Kopf-Einkommens.
Besonders in den technologieorientierten und zukunftsweisenden Branchen sowie in produktionsnahen Dienstleistungen sollen qualifizierte Arbeitsplätze
gesichert und geschaffen werden.
Die zulässige GRW-Höchstförderung variiert innerhalb
Berlins. Berlin ist in zwei Fördergebiete (C- und D-Fördergebiet) aufgeteilt. Die Zuordnung eines konkreten
Investitionsstandortes zu einem der beiden Berliner
Fördergebiete sowie die jeweiligen Fördersätze können Unternehmen abrufen unter: www.berlin.de/sen/
wirtschaft/foerdergebietskarte2014-20
Im Jahr 2018 wurden im Rahmen der GRW insgesamt
189 neue Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft mit
einem Investitionsvolumen von 517,3 Mio. € bewilligt.
Hierfür wurden GRW-Mittel in Höhe von 93,0 Mio. €
eingesetzt. Von den insgesamt 189 neuen Vorhaben
entfallen 173 auf kleine und mittlere Unternehmen
mit einem Investitionsvolumen von 334,3 Mio. €.
Dieses förderfähige Investitionsvolumen wurde mit
74,4 Mio. € an GRW-Mitteln gefördert.
Mit diesen Investitionsvorhaben sollen in Berlin
8.799 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden,
davon 2.985 zusätzliche Arbeitsplätze und 5.814 gesicherte Arbeitsplätze. Von den zusätzlichen Arbeitsplätzen sind 759 Arbeitsplätze für Frauen und 68 Arbeitsplätze für Auszubildende vorgesehen.
Wenn auch das Ziel der GRW, Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen zu schaffen, grundsätzlich nicht
geschlechtsspezifisch ausgerichtet ist, so findet dennoch die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen besondere Berücksichtigung im GRW-Fördersystem. Die
Länder können in Regionen mit hoher Frauenarbeitslosigkeit frauenspezifische Förderschwerpunkte setzen:
• Die GRW-Förderhöchstsätze dürfen nur für Investitionen gewährt werden, von denen ein besonderer
Struktureffekt ausgeht; Investitionen, die Arbeitsund Ausbildungsplätze für Frauen schaffen, fallen
in diese Kategorie.
• Arbeitsplätze, die eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf ermöglichen, werden von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zunehmend nachgefragt. Diesem Trend kommt die GRW entgegen,
indem sie Investitionen zur Schaffung von Telearbeitsplätzen fördert.
78
Im Rahmen der ergänzenden Förderung von Berliner
Programmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren
Unternehmen sind 2018 insgesamt rd. 4,7 Mio. € an
GRW-Mitteln in sechs Fachprogrammen des Landes
eingesetzt worden. Die Förderprogramme Innovationsassistent, Transfer Bonus, Design Transfer Bonus,
Coaching Bonus, Potenzialförderung und das 2018
neu hinzugekommene Programm für Internationalisierung erfahren durch die mit GRW-Mitteln ermöglichte Verbesserung der Förderkonditionen eine zunehmende Nachfrage.
Die wirtschaftsnahe Infrastruktur hat infolge ihres
Vorleistungscharakters Einfluss auf betriebliche Standortentscheidungen. Sie schafft die Rahmenbedingungen für den Aufbau und die Sicherung wettbewerbsfähiger Produktions- und Dienstleistungsstandorte.
2018 wurden 37 neue Vorhaben im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur mit einem Investitionsvolumen von über 208,8 Mio. € mit GRW-Mitteln in Höhe
von 186,3 Mio. € bewilligt.
Einen Kernpunkt der GRW-Förderung bildeten wiederum die Errichtung, der Ausbau und die Modernisierung von Bildungseinrichtungen. In 2018 wurden die
Errichtung eines Erweiterungsbaus Elektromobilität
am OSZ Kraftfahrzeugtechnik, der Neu- und Ausbau
des Werkstatttraktes an der Konrad-Zuse-Schule, der
Neubau des OSZ Sozialwesen Anna-Freud-Schule und
die Erweiterung und Neubau des Ausbildungsstandortes Blankenfelde der Berliner Forsten bewilligt. Weitergeführt wurde die Erweiterung und Modernisierung
der IT-Vernetzung des OSZ Informations- und Medizintechnik (OSZ IMT), der Marie-Elisabeth-LüdersOberschule (OSZ MELO) und des Oberstufenzentrums
Logistik, Touristik und Steuern (OSZ LOTIS). Darüber
hinaus wurde die Errichtung eines Ausbildungszentrums der BVG gefördert.
Ein weiterhin zentraler Förderbereich war auch
2018 die Schaffung und Verbesserung touristischer
Infrastrukturen. Auf der Grundlage des Berliner
Tourismuskonzepts wurden Vorhaben mit hoher
touristischer Relevanz ausgewählt. So wurden für
das Botanische Museum in Berlin Dahlem und das
Charite-Museum Mittel für Investitionen bewilligt,
durch die die Ein- und Zugangssituation, die Besucherführung und die Barrierefreiheit deutlich verbessert werden. Es werden damit moderne, nachhaltige
touristische Museumsinfrastrukturen geschaffen,
VI. Services und Förderung für Unternehmen
die den Erfordernissen hoher Besuchszahlen gerecht
werden.
Im Rahmen der Erweiterung des touristischen Wegeleit- und Informationssystems wurden GRW-Mittel für
die Errichtung von Informationsstelen bewilligt, die mit
analogen und digitalen Inhalten eine wirksame Ergänzung der bestehenden Pfeilwegweisung bilden werden.
Mit der touristischen Entwicklung der Dahlem-Fahrradroute, der noch die Wannsee-Fahrradroute folgen
soll, wurde wie in jedem Jahr der Bereich des Radtourismus in die GRW-Förderung einbezogen.
Zu den wesentlichen Schwerpunkten der GRW-Förderung gehörte auch der Neubau eines Gründerzentrums
im Bereich Biotechnologie in Buch sowie die Modernisierung von in der Vergangenheit bereits GRW-geförderten Technologie- und Gründerzentren in Adlershof.
Ein weiterer Schwerpunkt der Förderung war der Ausbau von Verkehrsverbindungen zur Verbesserung der
Anbindung von Gewerbebetrieben an die überregionalen Verkehrsnetze. Mit dem Ziel der Sicherung und
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für die Binnenschifffahrt wurden die Neubauten der Uferbefestigung am Bonhoefferufer und der Uferbefestigung am
Wikingerufer sowie die grundhafte Erneuerung der
Uferbefestigung an der Spree gefördert. Durch Investitionen in Landeswasserstraßen werden Verkehrswege für die gewerbliche Binnenschifffahrt gesichert und
alternative Transportwege für die gewerbliche Wirtschaft bereitgestellt, die durch weniger Lärm, geringeren Energieverbrauch und weniger CO2-Emissionen
als bei Transporten auf der Straße ökologisch sinnvoll
und zugleich ökonomisch sind.
Die Förderung von Forschungsinfrastrukturvorhaben
und Innovationsclustern lief in 2018 mit dem Vorhaben der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V. an. Hier wurden Mittel für die Erweiterung von Büro-, Test- und Laborflächen mit dem Ziel
zur Verfügung gestellt, verstärkt Forschungsaufträge
von KMU realisieren zu können.
Die bewilligten Fördermittel für die nächsten Jahre in
Höhe von 186,3 Mio. € im Rahmen der wirtschaftsnahen Infrastruktur verteilen sich auf die einzelnen Förderarten wie folgt:
• Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände
mit 9,0 Mio. €,
• Ausbau der Verkehrsanbindung für Gewerbebetriebe mit 35,58 Mio. €,
• Verbesserung der touristischen Infrastruktur mit
39,5 Mio. €,
• Ausbau von Technologie- und Gründerzentren mit
49,8 Mio. € und
• Ausbau von Bildungseinrichtungen mit 44,9 Mio. €
• Forschungsinfrastruktur mit 2,45 Mio. €
• Förderung von Planungs- und Beratungsleistungen
mit 0,04 Mio. €.
Im Ergebnis dieser geförderten Planungsleistungen
entwickeln sich Infrastrukturvorhaben in den Folgejahren.
•
•
•
•
Kooperationsnetzwerke mit 0,4 Mio. €
Regionalmanagement mit 1,5 Mio. €
Regionalbudget mit 1,45 Mio. €
Innovationscluster mit 1,68 Mio. €
Im GRW-Förderbereich Vernetzung und Kooperation
werden Aktivitäten und Entwicklungen der gewerblichen Unternehmen und der Bezirke unterstützt.
Das nicht-investive Förderangebot Kooperationsnetzwerke zielt darauf ab, Vernetzungsaktivitäten von
Unternehmen, Forschungseinrichtungen und wirtschaftsnahen Einrichtungen zu initiieren, Synergieeffekte zu generieren und Innovations- und Wachstumsprozesse zu fördern. Im Förderzeitraum sollen
Kooperationsnetzwerke Management- und Organisationsdienstleistungen für ihre Partner entwickeln
und sich als Unternehmensverbund am Markt etablieren. Beschränkungen in der Förderung für bestimmte
Technologiefelder und Branchen bestehen nicht.
2018 wurden im Rahmen der GRW-Förderung sieben
Vorhaben begleitet. Im thematischen Fokus standen
u.a. Themen der Tourismuswirtschaft, der Energietechnik und des Digitalisierungsprozesses von Berliner
Unternehmen. Damit leistete die GRW-Förderung einen
Beitrag zur Stärkung der Berlin-Brandenburger Cluster
Energietechnik sowie IKT, Medien und Kreativwirtschaft.
Das Förderangebot Innovationscluster dient dem Technologietransfer und dem Aufbau von Informationsnetzwerken zwischen Unternehmen, Einrichtungen
der Forschung und Wissensverbreitung, gemeinnützigen Einrichtungen sowie anderen miteinander verbundenen Wirtschaftsbeteiligten. Zur Initiierung eines
innovativen Technologietransfers zwischen den beteiligten Partnern können GRW-Fördermittel für die
79
gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Anlagen
und technischen Ressourcen, deren Aufbau sowie für
Personal und Sachmittel eingesetzt werden. Im Jahr
2018 wurden gewerbliche Unternehmen, Wirtschaftsverbände und -organisationen sowie Einrichtungen
für Forschung und Wissensverbreitung umfassend
über das neue Förderangebot informiert.
Die Berliner Bezirke werden durch die GRW-Förderangebote Regionalmanagement und Regionalbudget in
ihren lokalen Wirtschaftsstrukturen unterstützt und
gestärkt.
In sechs Bezirken trug das Regionalmanagement erfolgreich zur Vernetzung der Wirtschaftsakteure vor
Ort bei. Von den Bezirken konnten damit Themen der
Unternehmensansiedlung, des Stadtmarketings, der
Profilierung der ausgewiesenen Berliner innovativen
Zukunftsorte, der Stärkung der Gesundheitswirtschaft
wie auch wirtschaftliche Kooperationen mit angrenzenden Kreisen und Gemeinden des Brandenburger
Umlandes – im Verbund mit regionalen Wirtschaftsakteuren – umgesetzt werden.
Das Regionalbudget wurde als GRW-Projektförderung
u. a. für Maßnahmen der Gewerbeflächenerfassung und
-sicherung, des Tourismus, der Bewerbung von bezirklichen Destinationen und für die Entwicklung energieeffizienter Strukturen eingesetzt. Von diesem Förderangebot haben sechs Berliner Bezirke Gebrauch gemacht.
EFRE – Wirtschaftsdienliche Maßnahmen
In der Förderperiode 2014 bis 2020 ist die EFRE-kofinanzierte Maßnahme „Wirtschaftsdienliche Maßnahmen im Rahmen bezirklicher Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit“ erneut Bestandteil des Berliner
Operationellen Programms des Landes Berlin. Mit
einem Gesamtvolumen für die Förderperiode von
10 Mio. € (50 % EFRE-Mittel und 50 % öffentliche
oder private Kofinanzierung) können Projekte in den
Berliner Bezirken unterstützt werden, die die lokale
Wirtschaft vor Ort stärken sollen. Dazu gehören u. a.
Netzwerke, Projekte zum Standortmanagement sowie zum Stadtmarketing. Bisher wurden acht Projekte mit insgesamt 2,7 Mio. € Fördervolumen bewilligt.
Die Potenzialberatung existiert seit mehr als zehn
Jahren und gehört somit zu den festen Programmen
der Berliner Förderinstrumente für bestehende Unternehmen. Mit der Förderung können Unternehmen
80
des verarbeitenden und produktionsnahen Dienstleistungsgewerbes sowie Handwerksbetriebe finanzielle
Mittel für die Einholung externer Beratung erhalten
(maximal 8.000 € für eine Grundberatung und 8.000 €
für eine anschließende Aufbauberatung). Abweichend
von anderen Beratungsprogrammen muss der Antrag
auf Förderung gemeinsam von der Belegschaftsvertretung und der Geschäftsführung gestellt werden.
Ziel der Potenzialberatung ist, durch externe Beratungen Unternehmen und Beschäftigte von KMU bei
der Optimierung der Arbeitsorganisation und des Geschäftsprozesses zu unterstützen. Dadurch wird die
Wettbewerbsfähigkeit verbessert und es können Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut werden.
Das Förderprogramm wird aus der GRW und mit Landesmitteln finanziert. 2018 wurden 17 Potenzialberatungsanträge bewilligt. Die Potenzialberatung wird
mit Unterstützung der IG Metall Berlin, des Verbands
der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e. V. und der HWK Berlin durchgeführt.
ESF – Innovative Qualifizierung
Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP)
in der Förderperiode 2014 – 2020/23 werden im
Instrument 3 „Innovative Qualifizierung“ Beschäftigte von Berliner Unternehmen (KMU und Großunternehmen) weitergebildet. Die Förderung bezieht
sich auf Anpassungsprozesse im Zusammenhang
mit Innovationsprozessen der Wirtschaft, dem technologischen Wandel (v. a. bezogen auf den Einsatz
moderner Informations- und Kommunikationstechnologien bzw. die fortschreitende Digitalisierung)
sowie ökologische Zielsetzungen (z. B. Klimaschutz,
Energieeffizienz und Nutzung regenerativer Energien), insb. im Kontext der „Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“
(InnoBB) und branchenbezogener Fachkräftestrategien (z. B. im Bereich des Handwerks, der Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft und der Luftfahrt). Von 2015 bis 2018 wurden mit Hilfe dieser
Förderung 853 Beschäftigte weitergebildet, darunter auch 644 ehemalige Beschäftigte von Air Berlin
im Rahmen einer vom Land Berlin erstmalig unterstützten Transfergesellschaft. Insgesamt werden in
der laufenden ESF-Förderperiode ca. 1.500 Beschäftigte mit einem Programmvolumen von 10,6 Mio. €
(50 % ESF-Mittel, 30 % Privatmittel der Unternehmen, 20 % Landesmittel) unterstützt.
VI. Services und Förderung für Unternehmen
VI.5 Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen
Vom Land Berlin werden kleine und mittlere Unternehmen durch Finanzierungshilfen bei Gründung,
Wachstum und Stabilisierung unterstützt. Auch eine
Stärkung der Eigenkapitalsituation Berliner Unternehmen durch Beteiligungsangebote ist möglich.
banken i. H. v. 70 %. Die Finanzierung wird von der
InnovFin KMU-Kreditgarantiefazilität der Europäischen Union im Rahmen des unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für
strategische Investitionen („EFSI“) unterstützt. 2018
konnten Kredite mit einem Gesamtvolumen von rund
12 Mio. € vergeben werden.
IBB-Förderprogramme
Als Förderbank des Landes Berlin bietet die Investitionsbank Berlin (IBB) Unternehmen in jedem Stadium
des Unternehmenslebenszyklus, von der Gründung
über das Wachstum bis zur Konsolidierung, ein bedarfsgerechtes Finanzierungsprodukt.
Mit dem Programm Berlin-Start können Existenzgründerinnen und -gründer sowie junge Unternehmen
Darlehen der IBB bis 500.000 € über ihre Hausbanken
erhalten. Durch die Zusammenarbeit mit der BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Vergabe auch bei gering vorhandenen Sicherheiten möglich. Im Jahr 2018
wurden 115 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von
knapp 20 Mio. € bewilligt.
Der KMU Fonds (Kreditfonds für kleine und mittlere
Unternehmen) dient der Finanzierung von Investitionen und damit verbundener Betriebsmittel bei kleinen
und mittleren Unternehmen in Berlin. Dieser Fonds
ist als revolvierender Fonds (50 % EFRE-Mittel, 50 %
IBB-Mittel) bei der IBB angesiedelt. Die Bandbreite
reicht von Kleinstkrediten bis 25.000 € (vereinfachtes
Antragsverfahren direkt bei der IBB) über Wachstumsdarlehen bis 10 Mio. € (vorrangig mit einer Geschäftsbank als Hausbank- oder Konsortialfinanzierung) bis
zu mezzaninen Finanzierungen im Rahmen von Berlin Kapital (bis zu 5 Mio. € in Kooperation mit einem
weiteren Beteiligungs- oder Darlehensgeber). In 2018
wurden insgesamt 235 Darlehen und stille Beteiligungen mit einem Gesamtvolumen von über 33 Mio. € aus
dem KMU Fonds bewilligt.
Darüber hinaus bietet die IBB mit dem Förderprogramm Berlin Mittelstand 4.0. mittelständischen Unternehmen des produzierenden Gewerbes, der IT-Branche und des Dienstleistungsgewerbes eine zinsgünstige Finanzierung von Investitionen in regionalwirtschaftlich bedeutsame oder innovative Vorhaben. Im
besonderen Fokus der Förderung stehen Vorhaben
zur Nutzung von IT-Lösungen und digitaler Vernetzung in Produktion und Service. Die IBB und das Land
übernehmen gemeinsam 60 % des Kreditrisikos der
durchleitenden Bank, um damit die Kreditvergabe zu
erleichtern.
Wenn bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen das klassische Instrumentarium (Kredit plus Bürgschaft) nicht
greift, steht mit den Liquiditätshilfen Berlin (alt: Liquiditätsfonds Berlin) ein wirksames Programm für kleine
und mittlere Berliner Unternehmen zur Überwindung
des Engpasses zur Verfügung. Das Programm dient
insbesondere der Vorfinanzierung von Aufträgen sowie der Kompensation von Umsatzeinbrüchen und
Forderungsausfällen. Wenn beispielsweise aufgrund einer zu geringen Eigenkapitalbasis die erforderlichen
Mittel zur Überwindung der Schwierigkeiten – trotz einer positiven Zukunftsperspektive – nicht zu erhalten
sind, können Darlehen aus den Liquiditätshilfen Berlin beantragt werden. Diese Darlehen werden dann
zu marktüblichen Bedingungen ausgereicht; ein nennenswerter Mitfinanzierungsanteil Dritter ist erforderlich.
Förderprogramme der BürgschaftsBank Berlin
Das IBB-Wachstumsprogramm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen in das Wachstum
gewerblicher Unternehmen gemeinsam mit einer
Geschäftsbank als Konsortialführerin. In 2018 wurde ein anteiliges Kreditvolumen von über 140 Mio. €
bewilligt. Für die Finanzierung von Investitionen und
Betriebsmitteln besonders innovativer Unternehmen
bietet das Programm Berlin Innovativ Kredite bis zu
2 Mio. € mit einer Haftungsfreistellung für die Haus-
Die BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Selbsthilfeeinrichtung für den gewerblichen Mittelstand in Berlin.
Als wettbewerbsneutrales Förderinstitut unterstützt
die BBB unternehmerische Vorhaben, die nachhaltig
wirtschaftlichen Erfolg versprechen, für die jedoch
keine ausreichenden finanziellen Sicherheiten vorhanden sind. Bereits seit über 60 Jahren stellt die BBB
kleinen und mittleren Unternehmen, Freiberuflerin81
nen und Freiberuflern, Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowie Unternehmensnachfolgerinnen
und -nachfolgern Bürgschaften zur Verfügung. Eine
Bürgschaft kann bis zu 80 % des Finanzierungsbetrages absichern – unabhängig von der Kreditform und
vom Kreditinstitut. Die BBB übernimmt Bürgschaften für Investitions- und Betriebsmittelkredite bis zu
einem Bürgschaftshöchstbetrag von 1,25 Mio. €, die
bis zu 70 % vom Land Berlin und vom Bund rückverbürgt sind. Verbürgt werden Existenzgründungen,
Geschäftsübernahmen sowie Modernisierungs- und
Erweiterungsinvestitionen.
Außerdem kann die BBB als Geschäftsbesorgerin der
Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft BerlinBrandenburg GmbH (MBG) Eigenkapital in Form einer
stillen oder offenen Beteiligung zur Verfügung stellen.
Eine Beteiligung der MBG stärkt somit die Eigenkapitalbasis des Unternehmens, wodurch Voraussetzungen für Investitionen und Wachstum geschaffen
werden. Ein weiterer Vorteil ist die unternehmerische
Unabhängigkeit, die während des Engagements erhalten bleibt. Das Land Berlin und der Bund räumen
bis zu 54 %ige Rückgarantien bis 1,25 Mio. € ein, in
begründeten Ausnahmefällen bis 2,5 Mio. €.
Beide Förderinstrumentarien lassen sich kumulieren,
sodass ein erheblicher Finanzierungsspielraum geschaffen wird.
Im Jahr 2018 wurden insgesamt 246 (Vorjahr: 195)
Bürgschaften und Garantien mit einem Bürgschafts-/
Garantievolumen in Höhe von 57,4 Mio. € (2017:
41,8 Mio. €) übernommen. Davon wurden 231 neue
Bürgschaften und 15 neue Garantien übernommen.
Die Anzahl der Existenzgründungen betrug 122 (2017:
98); damit waren knapp die Hälfte der geförderten unternehmerischen Vorhaben 2018 Existenzgründungsvorhaben. Durch die Bürgschafts- und Garantieübernahmen 2018 konnten insgesamt 4.991 (2017: 3.343)
Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen werden. Zudem wurden im Jahr 2018 rd. 14 Beteiligungen bei
82
Berliner Unternehmen mit einem Garantiebetrag in
Höhe von 3,3 Mio. € übernommen.
Zur Sicherung von Krediten, die ein Bürgschaftsvolumen von 1,25 Mio. € überschreiten, steht das Landesbürgschaftsprogramm auch größeren Unternehmen
zur Verfügung. Das Programm wird von der Investitionsbank Berlin betreut.
KfW-Förderprogramme
Das Angebot der Gründungsfinanzierung wird durch
die ERP-Programme (Kapital für Gründung und Gründerkredit StartGeld sowie Gründerkredit Universell)
der KfW-Mittelstandsbank ergänzt.
Der ERP-Gründerkredit – Universell ermöglicht Gründerinnen und Gründern sowie Freiberuflerinnen und
Freiberuflern sowie kleinen und mittleren Unternehmen, die noch keine drei Jahre bestehen (Aufnahme
der Geschäftstätigkeit), eine zinsgünstige Finanzierung von Vorhaben im In- und Ausland. Das Programm dient der Finanzierung von Investitionen und
Betriebsmitteln von Existenzgründungen, Übernahmen/Nachfolgen und tätigen Beteiligungen sowie von
jungen Unternehmen.
Das Spezialprogramm ERP-Gründerkredit – Start-Geld
fördert kleine Gründungsvorhaben sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler und kleine und mittlere Unternehmen, die noch keine drei Jahre am Markt aktiv
sind (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), mit zinsgünstiger Finanzierung. Dieses Programm wird durch eine
Garantie des Europäischen Investitionsfonds aus dem
Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft
für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) unterstützt.
Für die ERP-Gründerkredite wurden 2018 für Berliner Unternehmen insgesamt 830 (2017: 817) Kreditzusagen mit einem Darlehensvolumen in Höhe von
160,7 Mio. € (2017: 147,2 Mio. €) bewilligt.
VII. Berliner Wirtschaftsdaten
VII. Berliner Wirtschaftsdaten
Einheit
2008
2014
2015
2016
2017
2018
Mrd. Euro
99,3
117,9
125,2
133,6
139,7
147,1
Bruttoinlandsprodukt (real), Veränd. ggü. Vorjahr
%
4,0
2,5
4,1
5,1
3,1
3,1
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Veränd. ggü. Vorjahr
%
4,7
3,3
4,7
5,1
3,2
4,4
Mrd. Euro
17,1
23,1
24,8
26,3
.
.
%
0,2
10,7
6,2
4,9
.
.
Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und
Entwicklung
Mrd. Euro
3,1
4,3
4,4
4,6
4,8
.
Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung
am Bruttoinlandsprodukt
%
3,2
3,6
3,5
3,4
3,4
.
1.086,0
1.269,4
1.311,4
1.367,7
1.426,5
1.476,2
Volkswirtschaftliche Entwicklung Berlins
Bruttoinlandsprodukt (nominal)
Bruttoanlageinvestitionen
Bruttoanlageinvestitionen (real), Veränd. ggü. Vorjahr
Arbeitsmarkt und Soziales
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte1
1.000
Arbeitslosenquote2
%
13,8
11,1
10,7
9,8
9,0
8,1
Frauen
%
12,6
10,3
9,8
9,0
8,2
7,4
Männer
%
15,0
11,8
11,4
10,5
9,7
8,8
1.645,7
1.806,9
1.847,1
1.900,2
1.955,5
2.003,4
Erwerbstätige (Inland)
1.000
Erwerbstätigenquote3
Insgesamt
%
66,1
72,4
72,5
75,2
76,2
77,7
Frauen
%
63,6
70,0
69,8
72,2
72,7
74,4
Männer
%
68,6
74,8
75,1
78,2
79,6
80,9
%
15,7
13,5
13,9
11,7
13,2
13,6
PJ
286,3
270,3
263,2
270,5
.
.
Steinkohlen
%
15,0
16,0
15,1
13,6
.
.
Braunkohlen
%
4,5
4,5
4,6
4,6
.
.
Mineralöle
%
37,7
36,6
36,3
35,7
.
.
Frühe Schulabgängerinnen und Schulabgänger4
Umwelt
Primärenergieverbrauch in Berlin
Anteil der Energieträgern am Primärenergieverbrauch:
CO2-Emissionen (Verursacherbilanz)
CO2-Emissionen je Einwohner in Berlin
Gase
%
33,1
29,7
30,2
32,7
.
.
Erneuerbare Energien
%
2,2
3,8
4,0
4,0
.
.
Strom
%
6,5
8,5
9,0
8,4
.
.
Andere5
%
1,0
0,9
0,8
0,9
.
.
Mio. t
20,8
20,1
19,5
20,1
.
.
t CO2/EW
6,4
5,8
5,6
5,7
.
.
36.508
41.252
38.755
38.911
40.911
40.268
8.740
8.728
8.548
9.145
9.272
9.481
Unternehmensgründungen
Neugründungen6
dar. Betriebsgründungen7
83
Einheit
2008
2014
2015
2016
2017
2018
Exporte insgesamt
Mio. Euro
11.575
13.307
14.078
15.147
14.819
14.488
EU-Länder, dar.
Mio. Euro
5.893
6.061
6.095
6.225
6.457
6.653
Frankreich
Mio. Euro
857
787
819
746
847
855
Italien
Mio. Euro
657
507
528
597
747
788
Niederlande
Mio. Euro
496
696
523
592
645
757
Polen
Außenhandel
Mio. Euro
612
1.025
1.076
1.041
695
697
EFTA Länder
Mio. Euro
358
506
711
686
613
708
Übriges Europa, dar.
Mio. Euro
1.118
865
689
817
847
730
Mio. Euro
728
528
386
445
483
402
Mio. Euro
2.078
3.082
3.562
3.767
3.592
3.224
Mio. Euro
495
634
701
908
967
920
USA
Mio. Euro
1.093
1.537
1.755
1.909
1.838
1.809
Importe insgesamt
Mio. Euro
8.836
9.911
11.729
12.114
13.977
13.892
EU-Länder, dar.
Mio. Euro
5.909
6.486
7.396
7.713
8.513
9.078
Frankreich
Mio. Euro
836
803
889
836
1.031
1.024
Italien
Mio. Euro
634
1.003
1.117
1.167
1.395
1.400
Niederlande
Mio. Euro
718
875
1.095
1.136
1.418
1.477
Polen
Russische Föderation
Asien, dar.
Volksrepublik China
Mio. Euro
856
986
986
1.150
1.256
1.515
EFTA Länder
Mio. Euro
347
564
801
1.088
1.686
543
Übriges Europa, dar.
Mio. Euro
181
228
280
281
335
349
Mio. Euro
38
30
23
34
39
44
Mio. Euro
915
1.482
1.667
1.853
2.229
2.814
Mio. Euro
391
767
872
985
1.251
1.685
Mio. Euro
1.169
794
1.065
789
872
732
Russische Föderation
Asien, dar.
Volksrepublik China
USA
1
Zum Stichtag 30.06.
2
Bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen.
3
Erwerbstätigenquote: Anteil der Erwerbstätigen in der Altersgruppe 20-64 Jahren an der Gesamtbevölkerung derselben Altersgruppe.
4
Frühe Schulabgängerinnen und -abgänger sind junge Menschen von 18 bis 24 Jahren, die sich nicht oder nicht mehr in Ausbildung befinden, keinen beruflichen
5
Ab 2011: Wärme.
6
Ohne Anmeldungen wegen Übernahme eines Betriebes, Gesellschaftereintritt, Änderung der Rechtsform, Zuzug aus einem anderen Meldebezirk oder Umwand-
7
Bei Betriebsgründungen handelt es sich um Gründungen, bei denen bspw. ein Eintrag im Handelsregister oder eine Handwerkseigenschaft vorliegt bzw. min-
Ausbildungsabschluss haben und nicht über einen Abschluss des Sekundarbereichs II verfügen.
lung.
destens eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer beschäftigt wird.
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Destatis, Eurostat, Regionaldirektion BerlinBrandenburg der Bundesagentur für Arbeit
84
VII. Berliner Wirtschaftsdaten
Wirtschafts- und Innovationsförderung – Förderportfolio 2018
Bewilligtes Volumen in Mio. €
IKT, Medien Gesund- Verkehr, Optik und Energie- Summe
u. Kreativ- heitswirt- Mobilität Photonik technik Cluster
wirtschaft schaft u. Logistik
Pro FIT Zuschuss
Innovationsassistent
5,17
5,41
0,53
2,27
1,00
14,38
Andere
Summe
1,46
15,84
2,49
0,21
0,06
0,08
0,30
3,14
0,96
4,10
49,71
5,23
6,55
4,04
1,74
67,27
25,73
93,00
Internationalisierung
2,51
0,38
0,08
0,31
0,24
3,52
0,71
4,23
Transfer BONUS
0,22
0,18
0,00
0,16
0,00
0,56
0,19
0,75
Gesamt Zuschuss
60,10
11,41
7,22
6,86
3,28
88,87
29,05
117,92
Pro FIT Darlehen
17,59
3,22
0,99
1,42
1,17
24,39
1,33
25,72
Zwifi Filmproduktion
5,70
0,00
0,00
0,00
0,00
5,70
0,00
5,70
VC-Fonds Technologie
2,89
2,95
3,13
0,00
0,86
9,83
0,00
9,83
VC-Fonds Kreativwirtschaft
7,03
0,00
0,00
0,00
0,00
7,03
0,00
7,03
33,21
6,17
4,12
1,42
2,03
46,95
1,33
48,28
Coaching BONUS
0,69
0,08
0,03
0,01
0,06
0,87
0,10
0,97
Gesamt Beratungen
0,69
0,08
0,03
0,01
0,06
0,87
0,10
0,97
94,00
17,66
11,37
8,29
5,37
136,69
30,48
167,17
GRW-gewerblich
Gesamt Darlehen /
Beteiligungen
Gesamt 2018
85
VII. Berliner Wirtschaftsdaten
86