Zeitung des Kiezbündnisses Klausenerplatz e.V.
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Inhalt
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Seite 2
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Gleich mehrere Themen bewegen die Anwohnerschaft derzeit. Neben dem Dauerbrenner Corona,
der wohl allen allmählich mächtig auf die Nerven
geht, geht es natürlich auch um den künftigen
Stadtplatz auf der Kreuzung Horstweg/Wundtstraße,
wo es nach der Installation von Pollern eher häßlich
als hübsch aussieht. Und das neu gewählte Bezirksamt wird für den Kiez sicherlich auch große Bedeutung haben.
Seite 3
„Wie verbringen Sie
Weihnachten und Silvester?“
So haben wir gewählt
Seite 6
Deutsche Wohnen & Co
enteignen – Wie weiter nach dem
erfolgreichen Volksentscheid?
Seite 7
Verkehrskonzept
Seite 9
Sicher zur Schule?
Seite 10
Neue BremsBennies für den Kiez
Seite 11
Projekt NEUE MOBILITÄT BERLIN
Seite 12
Schöne Einzelhandelsgeschäfte
Handwerk im Kiez
Seite 13
Afghanistan – und jetzt? (Teil 1)
Seite 15
Wohnhelden –
Vermieten an Geflüchtete
aktiv im kiez
Seite 17
Berliner Register 2020
Fußball im Nassen Dreieck
Seite 18
Auf dem Eis und auf dem See
Meldungen aus verganganen
Tagen
Seite 19
Lebendiger
Adventskalender im Kiez
Seite 20
Ausflug in die fernere Umgebung
Aktuelle Ausstellungen im Kiez
Seite 21
Buchtipp des Quartals
Müll des Monats
Seite 22
Kieznotizen
Umgestaltung der Kreuzung
Horstweg/Wundtstraße
Seite 23
Vermischtes
Als Handwerker(in) stellen wir dieses Mal die Bäckermeisterin Annette Sipp vom „Brotgarten“ vor, als Aktivist den Repair-Café-Mitarbeiter Moritz Dereschkewitz und ein Nachruf gilt der leider verstorbenen
Kiezmusikerin Laurie Randolph.
Neu ist das „Wasser-Bündnis“, das im Bezirk für
die vielen Vorteile das hiesigen Leitungswasser gegenüber Mineral- oder Tafelwässern oder auch zu dem
vielbeworbenen Soda-Wasser wirbt.
Eine gelungene Veranstaltungsreihe war der „Lebendige Adventskalender“ der KiezKulturWerkStadt,
die von insgesamt 24 Geschäften und Vereinen bestritten wurde. Dabei wurden die Besuchern mit kulturellen und kulinarischen Angeboten verwöhnt.
Über das Ärgernis der bedrohlich rasenden und
danach wild herumliegenden E-Rollern macht sich
eine Leserin kräftig Luft.
Das erst in weiterer Zukunft akute Problem für
den Kiez durch den Umbau der A100 beschäftigt
unsere Verkehrs-Ag schon heute, denn wenn die
Planungen erst einmal feststehen, ist es zu spät für
Änderungen. Um die Kosten für einen notwendigen
Rechtsanwalt bestreiten zu können, rufen wir zu
Spenden auf.
Auch die weiteren Beiträge verdienen Ihre Aufmerksamkeit. So die Neuigkeiten zum Thema Mieten
oder ein Bericht über einen Impfgegner-Autokorso
durch den Kiez und dessen Nachwirkungen.
Schließlich feiern gleich zwei Gewerbebetriebe stolze
Jubiläen: Der Krankenpflegedienst Gehrke&Gehrke
(vormals Gadow-Gehrke) ist 30 Jahre im Kiez und
das „ZAP“ sogar 50 Jahre!
Wir wünschen eine angenehme Lektüre.
Ihre KiezBlatt-Redaktion
Seite 24
Das Kiezbündnis informiert
Impressum
Titelblatt: Montage Pet.S
2
Die Fotos von der Grüneberg-Gedenkkundgebung
stellte uns Klaus Betz zur Verfügung. :
„Welche Erwartungen
haben Sie für das Jahr 2022?“
darauf, dass in diesem Jahr ihr Umsatz stabil
bleibt.
Peter wartet darauf, dass er ohne Einschränkung im Frühjahr und Sommer verreisen kann.
Tim bereitet seinen Umzug vor. Er hofft, sich an
seinem neuen Wohnort gut einzuleben und er den
Master in Architektur erfolgreich abschließt.
Wir stoßen auf Horst, der äußert: „Ich vermisse
mein normales Leben, z.B. Theater und Ausstellungen. Außerdem fehlen mir meine Freunde.
Die möchte ich wiedersehen und sie umarmen
dürfen.“
W
ir schlendern im Kiez umher und fragen bei
Passanten nach. Dabei treffen wir auf Conny
und deren Familie, die sich „Gesundheit wünschen, dass die Corona-Scheiße bald vorbei sein
wird und wir endlich die Wahrheit über die Pandemie erfahren.“
Eine Cornelia meint: „Ich erkrankte im November 2020 an Corona. Für mich war das war eine
missliche Erfahrung. Ich möchte, dass es meiner
Familie gut geht und wir uns wie bisher ein Mal
in der Woche zum Essen treffen können.“
Marie trägt sich mit dem Gedanken, einen Flügel zu kaufen. Sie sehnt den Tag herbei, dass es
mit ihrer Gesundheit bald wieder bergauf geht.
Rolf empfindet es ähnlich. Er möchte sich künftig mediterrane Gerichte kochen.
Michael plant nichts Besonderes: „Ich bin erwartungsfrei.“ Gisela ergänzt noch, sie vertraue
Rassismus
im Klausenerplatz-Kiez?
C
orona ist in aller Munde. Die Existenz des
Covid-19-Virus und seine sehr großen gesundheitsschädlichen Auswirkungen sind nicht bestreitbar, im gar nicht so seltenen Extremfall bis
hin zum Tod. Die deshalb von den Parlamenten
beschlossenen und/oder von Regierungen erlassenen Vorschriften beeinträchtigen Leben und Zusammenleben. Die Vorschriften beschränken das
persönliche Verhalten zum Teil sehr weitgehend
und bedeuten auch Grundrechtseinschränkungen. Persönlichkeitsrechte wie die im Grundgesetz garantierte körperliche Unversehrtheit sind
betroffen. Dies aber aus zwei Blickwinkeln.
Auf der einen Seite steht die Selbstbestimmung
bezüglich Eingriffe in den eigenen Körper (z.B.
Impfen). Auf der anderen Seite muss aber auch
gelten, durch eigenes Verhalten nicht die körperli-
Die meisten Interviewten, wie z.B. Inge, wünschen sich, ihrer Familie und uns allen, dass der
Corona-Spuk, die „Corona-Kacke“ aufhört und
wir endlich wieder in unseren normalen Alltag
zurückkehren dürfen.
Gabriele ist erbost über die Verantwortlichen
in dieser Fake-Pandemie. Sie erhofft sich deren
gerichtliche Bestrafung. „Jeder Einzelne sollte,
sofern er keine unmündigen Kinder hat, nur für
sich selbst Verantwortung tragen.“ Sie fordert,
„dass diese Hetze aufhört und jeder vor seiner
eigenen Tür kehrt, denn dann ist die ganze Stadt
sauber.“
Elizabeth erhofft sich sogar, dass „unsere Regierung gestürzt, keine Impfpflicht eingeführt wird,
dass alle Verantwortlichen, die an den geltenden
Corona-Maßnahmen beteiligt sind oder waren,
wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor
Gericht gestellt werden.“
rf
che Unversehrtheit von anderen zu gefährden. Im
Rahmen dieses Spannungsfeldes muss abgewogen werden welche Maßnahmen getroffen werden
und welche nicht.
Für diese Abwägung ist in einer demokratischen
Gesellschaft Diskussion erforderlich. Allerdings
haben Diskussion und Meinungsäußerung auch
in der Demokratie Grenzen. Im Moment besteht
die Gefahr, dass diese Grenzen auch bei uns im
Klausenerplatz-Kiez überschritten werden.
Danckelmannstr. 9d
14059 Berlin
Tel. 030 / 32 60 25 80
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Am Sonnabend, den 15. 01. 2022, fand nachmittags ein Fahrzeugkorso durch den Klausenerplatz-Kiez statt (u.a. Danckelmannstraße, Horstweg). Veranstaltet wurde er offenbar von den sich
selbst so nennenden „Freien Geistern“, die von
sich behaupten, „Menschen aus der Mitte unserer
Bevölkerung“ zu sein. In diesem Fahrzeugkorso
wurden Aufkleber und Plakate mitgeführt, die mit
der Mitte der Bevölkerung aber sicher nichts zu
tun haben.
3
Auf den Plakaten wurden zum Teil abstoßende,
perfide und die Menschenwürde verachtende
Sprüche gezeigt. Das gipfelte in dem Spruch
„Juden spritzen Eure Kinder tot“.
Freie Meinungsäußerung und Demonstrieren sind
demokratische Rechte, die natürlich auch für das
Thema Corona gelten. Sie dürfen aber nicht missbraucht werden, wie es unter anderem bei dem
Autokorso der Fall war.
Wer in so verachtenswerter Weise agitiert, kann
Das Kiezbündnis Klausenerplatz e.V. bemüht
nur als lupenreine/r Rassist*in bezeichnet wer- sich seit Jahren den Zusammenhalt der Bevölkeden. Mit Leuten dieser Art gibt es keine gemein- rung in diesem Kiez durch die verschiedensten
same Diskussionsbasis.
Aktivitäten zu stärken. Rassismus, Antisemitismus und Sexismus haben aber keinen Platz in
Anwohnende im Klausenerplatz-Kiez haben sich unserem Kiez.
über die Plakataufschriften empört und wollten
Übrigens: Eine ähnliche Demonstration war nach
dagegen aktiv werden. Als dies einem größeren dem Internetportal „Versammlungen im Land BerKreis bekannt wurde, wurden sie und ihre Fami- lin“ der Polizei auch für den 29. 01. 2021 über Solien mit Hetze, Beleidigungen und Bedrohungen phie-Charlotten- und Wundtstraße beantragt. Ob
überzogen. Vermutlich waren die dafür Verant- sie stattgefunden hat, war zum Redaktionsschluss
wortlichen auch aus unserem Kiez.
dieses KiezBlattes nicht bekannt.
p.s.
wn
Wer aktiv werden möchte, kann sich bei kiezgegenrassismus@gmail.com melden!
Zum Thema „Stadtplatz“
Z
ur Befürchtung einiger Anwohner, der Stadtplatz würde zu Lärm und Verwahrlosung führen, erhielten wir von einer Anwohnerin des Wilmersdorfer Leon-Jessel-Platzes folgenden Erfahrungsbericht:
„Natürlich erzeugen Menschen auch Geräusche
- bei uns sind auch 3 Restaurants am Platz. Hier
gibt es klare Regeln für den Schutz der Anwohner
- um 22/23 Uhr müssen die Tische draußen abgeräumt und eingeräumt sein.
Die Nutzung der öffentlichen Bänke ist rund um
die Uhr möglich. Selten – wirklich sehr selten –
halten sich dort auch mal nachts Menschen auf,
die sich lauter unterhalten. Meist sind es Pärchen,
die noch eine rauchen oder einfach so da sitzen
und quatschen - in normaler Lautstärke. Sollten
sich gesellige Runden einfinden und laut werden,
4
so hilft ein Anruf bei der Polizei wegen Lärmbelästigung in der Ruhezeit. Die kommen dann, weisen
nett darauf hin und lösen die Gemeinschaft auf.
Unser Platz mit Bänken existiert seit 1984 - eine
Ansammlung von Trinkern haben wir noch nicht
feststellen können. Die suchen sich eher dunklere
Ecken in Parks vermutlich.
Eure besorgten Anwohner können gerne mal
nachts nach 23 Uhr zum Leon-Jessel-Platz kommen ... es ist dort meist echt gespenstisch ruhig
und jeder Schritt eines Spaziergängers oder Rollkoffer sind oft störender als nettes Geplauder von
einer Bank. Wer zentral in der Hauptstadt wohnt,
sollte auch nicht ganz lärmempfindlich sein. Ich
wohne direkt am Platz und alle meine Zimmerfenster samt Balkon gehen zum Platz raus. Meine
Nächte verbringe ich gut schlafend. Ich genieße
seit über 25 Jahren aber auch die hohe Aufenthaltsqualität, die es durch den Platz hier gibt und
möchte ihn nicht missen.“
Des Weiteren erhielten wir den folgenden
Leserbrief:
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Hierzu teilte uns die „Stadtplatz-Initiative“
Stadtplatz-Initiative“ mit,
dass sie dem Leser voll und ganz zustimmt. Sie
Das neue Bezirksamt
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ach den Wahlen stand die Zusammensetzung der neuen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) unseres Bezirks fest: Die meisten 55 Sitze eroberten erstmals Bündnis90/Die
Grünen (15), knapp dahinter die SPD (14) und
die CDU (13). Diese drei Parteien stellen nunmehr je 2 Mitglieder des Bezirksamts. Die weiteren Sitze fielen an die FDP (6), die Linke (4)
und die AfD (3).
SPD und Grüne bilden wie bislang eine „Zählgemeinschaft“, was eine Art von Koalition bedeutet. Das Bezirksamt wurde von der BVV am
16. Dezember wie folgt gewählt:
ist aber zuversichtlich, daß aus diesem unansehnlichen Provisorium im Laufe des Jahres ein richtiger Stadtplatz wird.
Bezirksbürgermeisterin ist nun Kirstin Bauch
(B90/Grüne), Heike Schmitt-Schmelz (SPD) ist
deren Stellvertreterin und Stadträtin für Bildung, Sport, Kultur, Liegenschaften und IT. Oliver Schruoffeneger(B90/Grüne) gibt das Stadtentwicklungsressort ab und ist nun Stadtrat für
Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen. Fabian Schmitz-Grethlein (SPD) ist künftig für das
Ressort Stadtentwicklung verantwortlich.
Der CDU fallen die Stadtratsposten für Bürgerdienste und Soziales (Arne Herz) sowie für Jugend und Gesundheit (Detlef Wagner) zu.
kb
Das neue Bezirksamt (von Links nach rechts): Oliver Schruoffeneger, Fabian Schmitz-Grethlein, Heike Schmitt-Schmelz,
Kirstin Bauch, Detlef Wagner, Arne Herz
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aktiv im kiez
Moritz Dereschkewitz
repariert defekte Dinge
KiezBlatt: Moritz, bitte
stelle dich unseren Lesern
kurz vor.
M.D.: Ich bin Moritz, 33 Jahre
jung, wohne hier in der Seelingstraße. Zum Repair Café
bin ich durch meinen damaligen Kollegen Adam gekommen, der Mitglied bei Euch im
Team war. Er hat mich eines
Tages mitgeschleppt. Adam
ist jetzt nicht mehr da, er ist ja
weggezogen aus Berlin. Und
so bin ich quasi sein Nachfolger geworden.
Bist du beruflich vorbelastet
für die Arbeit hier im Repair Café?
M.D.: Tatsächlich bin ich Elektroingenieur und habe
dadurch natürlich Kenntnisse, um mich mit kaputten elektronischen Geräten auseinander zu setzten.
Aber das machst du ja schon den ganzen Tag
über. Und dann noch freiwillig in der Freizeit?
M.D.: Na, beruflich habe ich es natürlich nicht
mit kaputten Geräten zu tun, sondern mit der
Entwicklung und Inbetriebnahme von neuen Geräten, das ist ja etwas ganz anderes.
Und die Reparatur von z.B. defekten Kaffeemaschinen macht dir Spaß, ja?
M.D.: Ja, zum einen macht es natürlich Spaß und
Handwerker*innen im Kiez:
Anette Sipp – Bäckerin im Brotgarten
A
nette Sipp ist 59 Jahre und wohnt seit 38
Jahren im Kiez. Sie ist verheiratet und hat 2
Kinder. Sie kommt aus einem Dorf in Hessen in
der Nähe von Rüsselsheim. Viele von uns kennen Sie als Bäckerin aus dem Brotgarten, wo
sie auch manchmal hinter dem Tresen steht.
KiezBlatt: Wie kamst Du zur Bäckerei?
A.S.: Handwerk ist bei uns Familientradition. Die
Vorfahren meines Vaters waren Schmiede und
Tischler. Mütterlicherseits sind wir schon seit vier
Generationen Bäcker. Mit der Backstube über den
Hof kam ich schon im zarten Kindesalter mit dem
Beruf in Kontakt. Mein Uropa hat 1911 eine der
beiden Bäckereien im Dorf gegründet, die meine
Eltern 1970 übernommen haben. Bereits in ihrer
Verlobungszeit waren die Weichen gestellt. Mein
Vater absolvierte bei seinem Schwiegervater eine
6
ist super befriedigend, wenn
du etwas Kaputtes hast und
das läuft dann wieder und
zum anderen freuen sich die
Leute sehr, wenn etwas, an
dem sie sehr hängen, dann
wieder funktioniert. Die wollen sich ja nicht ein neues Gerät kaufen, selbst wenn sie es
sich leisten könnten. Die wollen die alte Leselampe, die sie
von Tante Erna geerbt haben,
weiter benutzen. Und es ist für
einen Handwerker wie mich
natürlich toll, wenn man den
Leuten damit eine große Freude machen kann. Außerdem
ist natürlich jedes Gerät, das
man nicht wegwerfen muss,
eine Supermotivation obendrauf.
Es ist ja durchaus nicht selbstverständlich,
dass junge Leute wie du sich ehrenamtlich
in einem Repair Café betätigen. Eher vermutet man da doch den Rentner, der früher als
Elektriker gearbeitet hat.
M.D.: Ja, die Beobachtung würde ich bestätigen.
Aber ich habe auch das Gefühl, dass gerade ein
Umdenken bei jungen Leuten stattfindet und sie
sich im Sinne von Nachhaltigkeit von Produkten
und gegen die Wegwerf-Mentalität mit ihren Müllbergen engagieren. Wir haben ja hier in unserem
Team auch den einen oder anderen Mitstreiter,
der jünger ist und das finde ich schon einen ganz
erfreulichen Trend.
Moritz, mach weiter so!
kb
Bäckerlehre, um dann mit meiner Mutter den Betrieb übernehmen zu können. Auf dem Dorf war es
üblich, dass die Handwerker im Nebenerwerb auch
immer eine kleine Landwirtschaft hatten, meist
Wein und Obstbäume, einen Gemüsegarten, Kartoffelacker und Nutztierhaltung. So war das auch
bei uns zu Hause. Wir waren quasi Selbstversorger , lebten mit den Großeltern unter einem Dach.
Schon als Jugendliche habe ich in der Bäckerei am
Wochenende und in den Ferien mitgeholfen.
Nach dem Abitur hatte ich zunächst keinen konkreten Berufswunsch. Ich wusste nur, dass ich
nicht gleich studieren wollte. Alternativ kam für
meine Eltern nur eine Ausbildung in Frage!
Was mich als Teenager stark geprägt hat, war die
relativ junge Umweltbewegung . Es gab in meiner
Region starken Protest gegen die Ausbaupläne des
Frankfurter Flughafens, die Startbahn West. Mit
Freunden aus meiner Schule bauten wir eine Hütte
im Widerstandsdorf im Wald und lebten zeitweise
auch dort. Auch das AKW Biblis war nur 30 km Luftlinie entfernt und provozierte zu Protestaktionen.
Vor diesem Hintergrund habe
ich mich für eine Lehre zur „
Vollkornbäckerin“ entschieden
als logische Konsequenz. In der
Gegend, in der ich aufwuchs,
gab es zu der Zeit nur eine einzige Vollkornbäckerei, aber die
konnten nicht ausbilden, da sie
keinen Meister hatten. So habe
ich dann von 1981 bis 1983
zunächst bei einem konventionellen Bäcker meine Lehre
gemacht. Der Bäcker war begeistert, dass er eine Frau und
Abiturientin als Lehrling hatte.
Dies war beides zu der Zeit
nicht üblich.
Meine Eltern waren natürlich voller Hoffnung, dass ich
zu Hause im Betrieb anfange.
Ich habe als Bedingung gestellt, dass sie eine Mühle kaufen, und dass wir
Vollkornbrot aus biologischen Zutaten backen.
Die Eltern meinten nur: „Du spinnst“. Sie waren
maximal bereit, eine Sorte Vollkornbrot in das
Sortiment aufzunehmen. In Süddeutschland ist es
tatsächlich so, dass das Brot umso weißer wird,
je weiter es nach Süden geht. So habe ich dann
woanders nach einem Platz gesucht, an dem ich
meinen Berufswunsch umsetzen konnte.
1983 besuchte ich in Berlin eine Freundin in
Berlin, die in der Prinzenallee in einem besetzen
Haus lebte. Auf der Suche nach einer Stelle habe
ich die Vollkornbäckereien der Stadt abgeklappert. Der Brotgarten, das war Liebe auf den ersten Blick, ich bin dort aber zunächst abgeblitzt.
So begann meine Biobackkarriere im Backhaus in
Wilmersdorf, und ein Jahr später konnte ich zum
Brotgarten wechseln. Ich habe mich bewusst für
das Leben hier im Kiez entschieden. Ich bin eine
Kieztante und mag die Nachbarschaft, das Eingebundensein und das freundliche Miteinander.
Was magst Du an der Bäckerei?
A.S.: Am Handwerk gefällt mir, dass ich ein Ausgangs- und ein Endprodukt habe. Aus den Rohstoffen wird ein Brot, ein Keks oder ein Croissant.
Ich habe eine Idee und kann mit meinen Händen
etwas schaffen. Im Bäckerhandwerk stellt man
morgens etwas her und abends ist es verkauft.
Das ist eine schöne Bestätigung für deine Arbeit.
Hier im Brotgarten machen wir alles von A bis Z
selbst. Der Betrieb ist überschaubar, und der Kontakt zur Kundschaft direkt und unmittelbar. Handwerk im Kiez hat etwas sehr Verbindliches, setzt
Vertrauen voraus. Wenn wir nicht gut arbeiten,
bekommen wir es direkt quittiert.
Die meisten Menschen meinen, dass das frühe
Aufstehen am Bäckerberuf das Belastendste ist.
A.S.: An das frühe Aufstehen gewöhnt man sich
und richtet sein Leben darauf
ein. Das Problem ist nicht das
frühe Aufstehen, sondern,
dass man nie ausgeschlafen
ist, wenn man anfängt zu arbeiten. Man geht ja nicht um
6 Uhr abends schlafen, weil
man um 2 Uhr morgens aufstehen muss, sondern man
schläft vor und nach der Arbeit in Etappen.
Erzähl uns bitte etwas
über den Brotgarten gestern-heute-morgen
A.S.: Der Brotgarten wird
von einer Gruppe von 8
Gesellschafter*innen geleitet. Die Zahl ist dynamisch:
wir waren auch schon 10 oder
6 Gesellschafter*innen. Der
Vorteil bei einer Gruppe ist, dass sich die Arbeit
auf viele Schultern verteilt.
In meiner Familie wurde immer gearbeitet, 7
Tage die Woche. Mein Vater hat auch mit Fieber
in der Backstube gestanden. Hier im Brotgarten
gibt es genug Leute, die einspringen, und jeder
ist ersetzbar bzw. kann auf verschiedenen Posten
arbeiten. So ist die Belastung für den Einzelnen
geringer und es gibt größere persönliche Freiheiten wie z.B. für Auszeiten und Sabbaticals.
Außerdem werden geschäftliche Entscheidungen in der Gruppe diskutiert. Dabei werden mehr
Meinungen, Aspekte und Erfahrungen in den Entscheidungsprozess eingebracht und in der Summe kommt es seltener zu Fehlentscheidungen. Die
Gruppenstruktur hat einen erzieherischen Effekt.
Es gibt keine Einzelkämpfer, und die besseren
Argumente setzen sich in der Gruppe durch. Das
war in den Anfängen so und heute noch genauso.
Ich bin jetzt seit 1983 im Brotgarten, also fast
schon 40 Jahre. In dieser Zeit hat sich das Sortiment erweitert. Seit ca. 20 Jahren backen wir
außer mit Vollkornmehl auch mit Weißmehl in
Bioqualität. Am Anfang gab es 6 Sorten Brot,
Brötchen und Energiebällchen. Jetzt gibt es fast
30 Sorten Brot, jede Menge Feingebäck, Kuchen
und Sonntagstorten, eine große Auswahl an Weihnachtsgebäck und immer wieder neue Kreationen.
Ich denke, auch die Qualität hat sich im Laufe der
Jahre stetig verbessert. Das Einkaufen im Brotgarten war früher vielleicht in erster Linie ein politisches Statement, heute sind wir die Kiezbäckerei
und täglicher Treffpunkt für viele.
Die Hälfte der Gesellschafter*innen sind jetzt 60 +
und werden in den nächsten 3 bis 5 Jahren in
Rente gehen. Dann steht dem Brotgarten ein Generationenwechsel bevor. Ich bin mir sicher, dass
der Spirit bewahrt bleiben und das Gebäck auch
in Zukunft lecker sein wird!
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7
Umbau
Autobahndreieck Funkturm –
Danckelmannstr. 48
14159 Berlin
Tel. 030 / 13 88 799 - 0
www.hkpgg.de
Kiezbündnis sammelt Spenden für juristische
Unterstützung unserer Forderungen im
bevorstehenden Planfeststellungsverfahren
W
ir haben im Kiezblatt schon oft über die Planungen zum Umbau des Autobahndreiecks Funkturm (ADF), der Westendbrücke und der Rudolf-Wissell-Brücke berichtet. Die Planungsgesellschaft DEGES hat nun die Unterlagen zu den Planungen für das
ADF fertiggestellt. Damit steht das Planfeststellungsverfahren für die Genehmigung des Umbaus bevor.
Das Kiezbündnis hat von Beginn an versucht auf
die Planungen der DEGES im Sinne einer Verkehrsvermeidung bzw. -verringerung im KlausenerplatzKiez Einfluss zu nehmen. Auch in Bezug auf die
Umbauphase diskutieren wir mit DEGES, Senat und
Bezirksamt. In dem bevorstehenden Planfeststellungsverfahren zur Genehmigung des Umbaus wollen wir uns erneut nachdrücklich zu Wort melden.
In Kooperation mit dem Arbeitskreis Verkehr des
Siedlerverein Eichkamp e.V. beabsichtigen wir uns
in diesem komplexen Verfahren juristisch beraten
und vertreten zu lassen.
Die juristische Beratung und Vertretung im Planfeststellungsverfahren kostet viel Geld. Deshalb bittet das Kiezbündnis mit nebenstehendem Aufruf um
zahlreiche Spenden. Der Siedlerverein Eichkamp
hat in seinem Bereich bereits eine vergleichbare
Spendenaktion gestartet.
Abbildung 1 (Quelle: DEGES, 28.10.2021)
Die DEGES-Pläne für den Umbau des ADF sind nach
den gemeinsamen Protesten aus den betroffenen
Kiezen zwar verbessert worden (Lage der neuen Anschlussstelle Messedamm an der AVUS), bedeuten
aber weiterhin erhebliche negative Auswirkungen
für alle A-100-Anwohnenden. Das gilt im Bereich
der Anschlussstelle „Kaiserdamm“ vor allem für die
Knobelsdorffstraße und die Sophie-Charlotten-Straße,
über die nach dem Umbau verstärkt Kfz-Verkehr abfließen soll. Durch die jetzt schon absehbaren Staus
wird auch der Durchgangsverkehr in der verkehrsberuhigten Zone durch die Knobelsdorffstraße, die Seelingstraße und den Horstweg deutlich zunehmen.
Während der Umbauphase von mindestens 8 Jahren, werden die Probleme im Klausenerplatz-Kiez
8
noch erheblich größer sein. Bei Baubeginn sollen
alle Zu- und Abfahrten am Dreieck Funkturm gesperrt werden. Die heute dort pro Tag auf- bzw. abfahrenden rund 50.000 Fahrzeuge werden sich dann
auf die Anschlussstellen Kaiserdamm Süd und „Kaiserdamm“ an der Knobelsdorff Brücke verteilen. Die
neue Ausfahrt Messedamm/Jaffestraße an der AVUS
wird nach Auskunft der Planer frühestens drei Jahre
nach Baubeginn zur Verfügung stehen. Deshalb sind
im Bereich der Anschlussstelle „Kaiserdamm“ umfangreiche verkehrslenkende Maßnahmen erforderlich (siehe Vorschläge der DEGES in Abbildung 1).
Abbildung 2 (Quelle: DEGES, 1.12.2020)
Fast zeitgleich soll an der Anschlussstelle Spandauer Damm das Abbiegen in Richtung Innenstadt
verboten werden (Abbildung 2). Das wird auch für
die Sophie-Charlotten-Straße nördlich der Knobelsdorffstraße zu mehr Verkehr sowie zu mehr
„Schleich“verkehr in der Seeling-, Christ- und
Garde-du-Corps-Straße führen.
Das wollen wir mit allen Mitteln und mit Hilfe
Ihrer Spenden verhindern.
VerkehrsAG
Weihnachten schon im Advent
„Lebendiger Adventskalender“ im Kiez
V
ierundzwanzig Gastgeber öffneten vom 1. Dezember bis Heiligabend den Nachbarn ein „Türchen“ und luden im Rahmen des von der KiezKultur
Werkstadt e. V. organisierten „Lebendigen Adventskalenders“ zu einem jeweils einstündigen adventlichen Zusammensein ein. Darunter waren Hausgemeinschaften, altbekannte Institutionen wie das
festlich geschmückte Nachbarschaftsheim Divan, das
mit einem gemeinsamen Singen („Halleluja“) am 1.
Dezember den Anfang machte. Beim Kiezbündnis
ging das Kalendertürchen nahtlos und mit Glühwein
in die Weihnachtsfeier über. Auch das Bröhan-Museum, das den interessierten Besuchern „nach Feierabend“ eine Stunde lang freien Eintritt und fachkundige Erläuterungen durch den Kurator, Herrn Müller,
gewährte, war dabei. Zu den Kiez-Institutionen ist
sicher auch Tee-o-d’or am Klausenerplatz zu zählen,
wo uns Frau Mustapic den ersten Weihnachtstee der
Saison und selbst hergestellte Pralinen servierte.
Eine weitere Institution, Olaf Maske, der Kiez-Barde,
schenkte mit seinen Spontanitätern vor seinem Laden im Schein von Wunderkerzen Eierpunsch und
einen Gratis-Gig aus.
In der Hausgemeinschaft Gardes-du-Corps-Str. 16
ging es weihnachtlich zu, als Roni Schindelhauer mit
den Gästen im Hof Weihnachtslieder sang und eine
Weihnachtsgeschichte vortrug. Einen Tag vor Heiligabend lud die Hausgemeinschaft der Seelingstr. 29
ein. Nicola Kothlow trug zum Amüsement der Nachbarn Teile aus ihrem parodistischen Weihnachtsprogramm vor. Der Nikolausabend wurde mit der größten WG im Kiez, dem Studentenwohnheim, gefeiert.
César und Tim hatten mit ihren Mitstreitern von der
Selbstverwaltung eigens Plätzchen gebacken.
Wie bei der kleinen Führung im Studentenheim
gab es auch an anderen Tagen viel Neues zu entdecken: Wir sahen Mira Bergmüller zu, wie sie in ihrem Atelier in der Neufertstraße einen Holzklotz in
eine Madonna verwandelte. Bei Julia Becker lernten
wir in der Garde-du-Corps-Straße alles über Harfen
und lauschten bei Glühwein ihren klanglichen Kost-
proben. Auch der Besuch bei den 7-Tage-Adventisten
in der Schlossstraße dürfte für die meisten Besucher
eine Entdeckung gewesen sein. Ein wunderschöner
A-Capella-Gesang einiger junger portugiesischer
Gemeindemitglieder und der Pfarrer, der das LukasEvangelium vortrug, gaben einen Eindruck, welch
große Rolle ihr Glauben für sie spielt. Zu den Entdeckungen gehörte sicher auch das „Papiermeer“ in
der Seelingstraße. Die Inhaberin, Frau Köhler-Rollig, bietet dort Workshops „Basteln mit Papier“ an.
Wer wollte, konnte sich in einem Mini-Bastelprojekt
gleich erproben. Ein paar Tage später und wenige
Häuser weiter ging es in der Modeboutique Lancini
noch einmal um Papier. Die Inhaberin, Frau Wang
Lan, bietet dort neben Mode auch Kurse in Tuschmalerei und der Kunst der Kalligraphie an.
Besonders waren auch die drei Adventssonntage,
wozu uns am ersten Advent Frau Wimmer ins Café
Oppenheim einlud. Der heiße Apfelpunsch schmeckte besonders gut. Ob es an der stimmungsvollen
Feuerschale lag? Die Block-Ini vom Ziegenhof hatte
am dritten Advent sogar ein veritables Lagerfeuer
entzündet. Elke Betzner las ein Weihnachtsmärchen
vor, in dem - wen wundert’s - Ziegen eine wichtige
Rolle spielten.
An dieser Stelle ist Andre, unser Akkordeon-Profi,
zu erwähnen, der gleich zu unserem ersten Treffen
seine Mundharmonika mitbrachte, an den folgenden
Tagen aber auf das größere Instrument umstieg und
zu einem wichtigen Bestandteil und stimmungsvollen Markenzeichen der meisten „Türchen“ im Adventskalender wurde.
Am zweiten Advent hatte Andre allerdings Pause.
Für diesen Abend hatte Claar ter Horst in den Garten
ihres Remisehauses zu einem weiteren Höhepunkt,
dem einzigen zweistündigen Event, einem adventlichen Konzert mit Werken von J.S. Bach geladen,
zu dem sich etwa 40 Besucher eingefunden hatten. Klassische Musik, gespielt auf der Geige, gab
es auch bei Frau Ender und ihrem Team in der Tagesstätte der Platane in der Schlossstraße zu hören.
Dazu gab es selbstgebackene Plätzchen und – wie
an jedem der vierundzwanzig Tage – eine Vorstel-
9
lung der Gastgeber und Gastgeberinnen und viele
interessante Gespräche.
Das trifft auch für den Abend vor dem Gemeinschafts-Bioladen Lylla in der Seelingstraße zu, wo
Grit ihr Konzept nicht nur des Ladens, sondern
des gemeinwirtschaftlichen Arbeitens überhaupt
erläuterte.
Etwas Besonderes hatte sich Christine von der
„Galerie Plus“ in der Knobelsdorffstr. einfallen
lassen. Bei leichtem Schneefall untermalte sie die
Präsentation ihrer Gemälde und Malschule mit
Drehorgelmusik und Texten zum Thema „Frieden“.
Wer wollte, konnte sich als Leierkastenfrau/-mann
betätigen. Die Frauen der „Schule der Elefantasie“ in der Nehringstraße begrüßten die Besucher
mit einer „Lesung unterm Regenschirm“ und Gedichten ihrer Schreibwerkstatt. Sie gaben einen
Einblick in das Gesamtkonzept und verlosten Teilnahmegutscheine. Für Poetisches hatte auch Katja Klein die Türen ihres Ladens „Namasté“ in der
Danckelmannstraße weit geöffnet. Christian Kercher trug mit seiner Partnerin Johanna Werke von
Ringelnatz und Hüsch vor.
Besonders lecker war es bei der Eismanufaktur
(Seelingstraße) und zwei Tage später im vietna-
mesischen Restaurant Me (Knobelsdorffstraße).
Thomas Gruber servierte frisch gebackene schwäbische Weihnachts-Kiechle – noch warm! – zum
Glühwein. Dazu erzählte er launige Geschichten
von der traditionellen schwäbischen Weihnacht
und ein Gedicht, natürlich schwäbisch, gab es obendrauf! Frau Linh Tran erfreute die Besucher mit
Sushi-Kostproben und Kokossuppe und einer sehr
netten Begrüßungsrede. Dazu spielte Marek SokolHerrmann als Gastkünstler meditativen Blues und
trug Philosophisches zum Thema „Mensch sein“
vor. Zum Abschluss des Adventskalenders öffnete
Frau Hennig für ein gutes Dutzend Unentwegter
vor dem Restaurant Tembo (Danckelmannstraße)
das 24. Türchen und die Besucher erfuhren von ihr,
wie in Kenia Weihnachten gefeiert wird.
Mieterinfos
Der Bericht ist abrufbar unter:
www.milieuschutz.charlottenburg-wilmersdorf.de
Kein Milieuschutz für die Schloßstraße?
D
as Hin- und Her um den Milieuschutz für die
Planungsräume Schloßstraße (ab östlicher Seite
der Schloßstraße) und Amtsgerichtsplatz (ab südliche Seite der Knobelsdorffstraße) geht nun in die
nächste Runde.
Eröffnet wurde diese neue Runde durch die Vorlage des um mehrere Monate verspäteten Ergebnisbericht der Gutachter der STERN Gesellschaft der
behutsamen Stadterneuerung mbH.
Die GutachterInnen lehnen – wie schon die GutachterInnen der LPG aus dem Jahr 2019 – eine Unterschutzstellung ab, da die Voraussetzungen für
den Erlass einer Erhaltungssatzung (Milieuschutz)
nicht vorlägen.
10
Der Adventskalender hat die ganze Vielfalt unserer Nachbarschaft zum Vorschein (oder dürfen
wir adventlich sagen: zum Leuchten) gebracht. Vor
allem der „Kiez-Spirit“ unserer Gastgeber war beeindruckend! Und für uns von der KiezKulturWerkstadt e.V. war es wie Weihnachten — Weihnachten
schon im Advent.
AnKl
An dem Bericht aus dem Jahre 2019 der LPG gab
es massive Kritik, da bei der Bewertung weitgehend
übersehen wurde, dass eine nicht geringe Zahl an
MieterInnen sich die hohen Mieten nicht leisten können und daher über kurz oder lang ihre angestammte Wohnung verlassen müssen. Es wird zu prüfen
sein, ob dieser Bericht wiederum davon geprägt ist,
dass die Lage der MieterInnen mit geringen Einkommen übersehen wurde.
Nun ist das Bezirksamt und vor allem der neue Baustadtrat Schmitz-Grethlein (SPD) am Zug. Insbesondere von ihm hängt es ab, ob die MieterInnen in den
Planungsräumen Schloßstraße/Amtsgerichtsplatz vor
weiterer Verdrängung geschützt werden.
Verkauf des Hauses
Seelingstraße 29 in Gefahr?
Im Jahr 2020 übte das Bezirksamt CharlottenburgWilmersdorf erstmals das sogenannte Vorkaufsrecht
für das Haus in der Seelingstraße 29 aus. Das Bezirksamt sorgte so dafür, dass das Haus nicht an den
luxemburgischen Käufer, sondern in das Eigentum
des landeseigenen Wohnungsunternehmen degewo
übergegangen ist.
Mit dieser Praxis könnte nun Schluss sein: Mit
einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
9.11.2021 wurde die Ausübung des Vorkaufsrechts
stark eingeschränkt. In dessen Folge allein in Berlin
werden deshalb ca. 13 Häuser an den ursprünglichen Erwerber zurückgegeben.
Da der Eigentümerwechsel des Hauses Seelingstraße 29 rechtsverbindlich abgeschlossen worden ist,
besteht für die MieterInnen des Hauses Seelingstraße 29 wohl keine Gefahr, in die Hände des ursprünglichen luxemburgischen Erwerbers zurückzufallen.
Taugt Hamburg
wirklich als Vorbild?
W
ahrlich Großes hat in der neuen Regierung die Bundesministerin für Bauen
und Wohnen, Klara Geywitz, vor: Jährlich 400.000
neue Wohnungen will sie bauen und damit das
Mietendesaster in deutschen Städten entspannen.
Möglich sei das mit seriellem Bauen, das auf industriell vorgefertigten Bauelementen beruht und
den Wohnungsbau effektiver, schneller und günstiger gestalten soll. Auch für Berlins neue Bürgermeisterin ist das die Lösung der Wohnungskrise.
Sie will so jährlich 20.000 neue Wohnungen errichten.
Als großes Beispiel dafür gilt Hamburg, wo seit
Jahren schon zwischen10.000 und 20.000 neue
Wohnungen im Jahr gebaut werden.
Nach dieser Ideologie, die den Wohnungsmarkt
als Lösung sieht, müssten mit dem erhöhten Angebot an Wohnungen die Mieten fallen. Doch das
Beispiel Hamburg weist beim jüngsten Mietenspiegel mit Stichtag 1. April 2021 das Gegenteil
aus. Um durchschnittlich 7,3 Prozent sind die Mieten in Hamburg seit 2019 gestiegen - die höchste
Mietsteigerung seit Jahren. Ein ernüchterndes
Ergebnis für die lt. Senat „konsequente(n) Wohnungsbaupolitik“.
Wer kann schon sagen, dass sein Einkommen
in dem Zeitraum um 7,3 Prozent gestiegen ist?
Bleibt es bei diesen Mietsteigerungen, so hat
sich die durchschnittliche Miete aller Hamburger schon nach ca. 19 Jahren verdoppelt. Ein soziales Desaster der „konsequenten Wohnungsbaupolitik“.
Deutsche Wohnen & Co
enteignen Wie geht es weiter?
Wie berichtet sollen Experten die Möglichkeiten, Wege
und Voraussetzungen der Umsetzung der Vergesellschaftung der profitorientierten
Wohnungsbauunternehmen in Berlin prüfen.
Die entsprechende Kommission soll bis März 2022
eingesetzt werden und innerhalb eines Jahres eine
Empfehlung für den Senat erarbeiten, der dann abschließend entscheidet.
Die Aktivisten der Initiative DW & Co enteignen
kritisieren das Vorgehen des Senats und fordern
Transparenz und Beteiligung in der Kommission.
Bisher hat der Bausenator Geisel noch nicht mit den
Aktivisten gesprochen.
Details: www. dwenteignen .de
Klaus Helmerichs
In den vergangenen 10 Jahren hat Hamburg zu
weit über 70 Prozent teure freifinanzierte Wohnungen und noch teurere Eigentumswohnungen
gebaut. Allein deshalb sind diese Mietsteigerungen vorprogrammiert. Und die wenigen Sozialwohnungen dabei fallen nach 20-30 Jahren aus
der Bindung. Dort können Menschen mit durchschnittlichem Einkommen dann nicht mehr wohnen.
Wenn schon bauen, warum baut die Stadt nicht
selbst? Und selbst dann wird es immer schwerer,
Wohnungen für Normalverdiener*innen zu errichten. In Städten wie München, Hamburg und
zunehmend auch Berlin fallen von den Gesamtbaukosten der Neubauten allein 70 bis 80% für
den Erwerb des Baugrunds an – Tendenz rapide
weiter steigend! Die Idee vom seriellen Bauen ist
nicht falsch, wenn auch nicht neu. Schon in der
DDR hatte man das ja versucht. Allerdings wird
das angesichts des ungebrochenen Immobilienbooms weiter steigende Mieten nicht verhindern
können.
Bauen, Bauen, Bauen im Stile Hamburgs hilft da
nicht. Im Gegenteil. Der Bau dieser Betonklötze
mit Glas und außen aufgeklebter Schaumstoffdämmung mit Klinkeranmutung gehört zu den
größten Emittenten von CO2 - alles andere als
nachhaltig! Ein erster Schritt wäre, dass Städte
eigene Grundstücke nicht mehr verkaufen und
sie nur noch per Erbpacht mit sozialen und ökologischen Auflagen zur Verfügung stellen. Warum
sollte das nicht möglich sein? Und warum müssen Sozialwohnungen aus der Bindung fallen? In
Wien bleiben sie immer Sozialwohnungen – ohne
jedes Problem. In München bleibt die Sozialbindung immerhin schon 60 Jahre erhalten.
11
Filmprojekt sammelt Spenden
Wir dürfen nicht hinnehmen, dass nur noch Reiche und Besserverdienende in Städten wohnen
und alle anderen verdrängt werden. Deshalb rufen wir auf: Helfen Sie mit, dass der Film „SOLD
CITY“zustande kommt!
Danckelmannstr. 48 • 14159 Berlin
Tel. 030 / 13 88 799-0
www.hkpgg.de
pie mit der Lizenz zur nichtkommerziellen
Vorführung
Ab 100 € werden Sie auf Wunsch im Abspann namentlich genannt.
60.123 Euro haben engagierte Bürger*innen
für SOLD CITY schon gespendet. Das ist in
diesen Zeiten einfach großartig!
Ab 1.000 € werden Sie als Ehrengast zur
Premiere eingeladen.
Mit jeder Spende sind Sie Förderer*
in des Filmes. Ab 20 € erhalten Sie von „Gemeingut in BürgerInnenhand“ eine DVD-Ko-
Überweisungen bitte an:
Empfänger: SOLD CITY, GLS Bank
IBAN: DE49430609672020346200
BIC: GENODEM1GLS
Ihr „SOLD CITY“ - Filmteam
Leslie Franke, Herdolor Lorenz, Alexander Grasseck und Stefan Corinth
Nachruf
Laurie Randolph
Wer im Kiez wohnt, Kinder hatte und Wert darauf legte, dass sie
schon früh Freude an der Musik und
am Theaterspiel entwickeln, kannte
Laurie Randolph. 2003 oder vielleicht schon früher gründete sie die
Kid‘s Bühne für Kinder bis 14. Dort
gab es keine Berührungsängste zwischen „E“ und „U“. Laurie verstand
es, das „E“rnste so zu vermitteln,
dass es der „U“nterhaltung diente:
Da tobten die „Wilden Kerle“ über
die Bühne begleitet von (natürlich
selbst gespielter) Renaissance-Musik. „Klassische“ Musik war für Laurie nicht dazu da, Bildungsdünkel
zu befördern oder die Grenze zwischen dumm und
gebildet zu stecken. Bach oder Bono? Beide mussten beweisen, dass ihre Funken Feuer entzünden
können. Wer Kinder hatte, die zu schüchtern waren, staunte nicht schlecht, diese bei einem Musical vor großem Publikum als Solo-Sänger auf der
Bühne zu sehen. Laurie schaffte das.
Als ich Laurie vor ca. 40 Jahren als Gitarrenschüler kennenlernte, hieß es: „Keine regelmäßigen
Termine! Ich reise viel und kann mich nicht festlegen. Wer weiß, ob ich im nächsten Jahr noch in
Berlin bin!“ Das war ein bisschen große weite Welt,
die da durch den Charlottenburger Kiez wehte! Ihr
SchülerInnen-Vorspiele fanden daher in der „Carnegie-Hall“ statt, darunter ging es nicht, nicht 57th
Street und 7th Avenue NYC, nein Sophie-Charlottenstr. 83, aber das war ein unbedeutender Unterschied. Laurie bildete Studenten der HdK (heute
UdK) im Fach Gitarre aus und brachte tatsächlich
alle nicht nur bis zur Abschlussprüfung, sondern
einige sogar bis zur Berufung zum Hochschullehrer und zur erfolgreichen Konzert-GitarristenLaufbahn - und das weltweit. Ihre Spuren reichen
12
Foto: Frank Grellert
nach Süd-Korea, China, Japan und Australien. Sie
selbst hatte Gastprofessuren in China und SüdKorea inne. Sie war Assistentin des bedeutenden
Gitarren-Didaktikers Abel Carlevaro. Sie spielte in
zahlreichen Ensembles (Gitarren-Duos, GambenKonsort, Klezmer-Bands, Capella Stravagante u.a.).
Eine Zeitlang organisierte sie auch die Bühne der
7 Sinne im Kiez.
Viele Jahre unterrichtete sie Gitarre, Gambe und
Musik-Theater an den Musikschulen „Leo Kestenberg“ (Schöneberg), Friedrichshain-Kreuzberg
und „Fanny Hensel“ (Wedding/Mitte), gründete
dort das Gamben Consort und das „Ensemble Saitenwind“. Vor allem leitete sie das “Theater Zupf“
für junge GitarristInnen. Ihre geniale Idee: Wenn
das Lampenfieber so schlimm ist, dass man im
entscheidenden Moment alles vergisst (ich selbst
kann ein Lied davon singen!), besiegt man das
Lampenfieber, indem man auf dem Theater in eine
Rolle schlüpft. So entstand ihre Idee vom MusikTheater, aber es blieb nicht dabei. Laurie entwickelte daraus große Bühnen-Projekte mit phantastischen Kostümen und schreiend phantasievollen
Bühnenbildern (siehe http://www.laurie-randolph.de/fotos.html). So wie Royston Maldoom (zusammen mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern) in seinen Projekten weltweit mit
Jugendlichen unabhängig von Talent, Erfahrung,
Alter, Geschlecht, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit oder sozialer Herkunft arbeitete, arbeitete
Laurie mit ihren SchülerInnen und förderte die
Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Das Reisen hat
sie darüber nicht vergessen, ihre Theaterprojekte
führten sie u.a. nach Polen und Estland. Das war
ihr bis zum letzten Atemzug wichtig. Am 18. November ist sie nach langer Krankheit gegangen.
Sie wird fehlen!
Frank Grellert
Laurie, schöner Götterfunken
Wer sich die Freude macht, Laurie Randolphs
Wikipedia-Eintrag zu lesen, erhält Einblicke
in ein ungewöhnliches Lebenswerk: das einer
großartigen, engagierte Musikerin und einer begeisternden Weltbürgerin.
Ich hatte das Glück, daß sie ein paar Jahre meine Lieder mit ihrer Gitarrenbegleitung
veredelte. Auch eine gemeinsame CD entstand.
Wir probten immer in ihrer Wohnung, ein farbenfroh möblierter Mix aus Blumenkind und
Himalaya mit einer kräftigen Prise Mexiko bis
Feuerland. Wenn ich mit Neuem ankam, ein
Text samt rudimentären Harmonieangaben,
und ihr meine Melodie vorlalate, griff sie bald
energisch zum Papier, und ruck-zuck hatte
meine kleine Schöpfung einen notierten Taufschein.
Einmal traf ich die immer heitere Laurie tief betrübt an. Eine ihrer heißgeliebten Katzen hatte
sich vom Acker gemacht. Statt Proben bastelte ich
ihr ein Vermisstenplakat, und wir gingen gleich
kopieren und kleben. Mit Erfolg. Fellnase wurde
gefunden!
Heißgeliebt hat Laurie auch ihre musikalischen
Programme mit Kindern, da leuchtete sie vor
Glück. Ich war mal dazu eingeladen, den Kleinen
deutsche Kinderlieder vorzusingen. Aber statt in
den Seelchen die Sangesfreude zu erwecken, habe
ich mit meiner Lautstärke eher Angst und Schrecken verbreitet.
Mein Gedröhne und ihre zarte Begleitung passten dann auch nicht auf Dauer, und natürlich war
sie mit meinen bänkelhaften Liedstrukturen gnadenlos unterfordert. Doch bei all unseren Auftritten haben wir eins hingekriegt: unser Publikum
mächtig zu erfreuen.
Buchtipp des Quartals
Natasha Brown „Zusammenkunft“
Z
u den Freuden des Buchhandelns gehört,
unter anderem, viele der Bücher, die neu erscheinen werden, vorab zu lesen und zu sichten.
Zu den wahrhaft größten Freuden gehört es, wenn
sich darunter Perlen finden. Eine
dieser „Frühjahrs-Perlen“ ist der
Roman „Zusammenkunft“ von Natasha Brown.
Das Buch wird zwar als Roman
deklariert, doch durchbricht die
Autorin mit ihrem Stil die gewohnt
weitschweifige, erzählende Form
des Romans. Nahezu abgehackt
und präzise, kommt ihr Stil fast
schon essayistisch daher. In kurzen Episoden erzählt sie uns die
Geschichte einer Schwarzen Frau,
die nach oben kommen will. Um
Teil einer höheren Klasse zu werden, muss sie sich erniedrigen,
beschmutzen, ekeln, lügen, sich
verstellen. Doch ist es das wert? In
Tja, liebe Laurie, ein paar Jährchen vielleicht
noch und Du kannst damit rechnen, daß ich bei
Dir, Tochter aus Elysium, an die bunte Wolke klopfe. Dann versuchen wir es nochmal:
Du auf der irischen Harfe, ich mit (versprochen) engelsgleichem Gesang und als Dritter
im Bunde der kleine Prinz, dem Du natürlich
längst Gitarre beigebracht hast. Himmel, wird
das sphärisch …
Elke Querbeet
welcher Gesellschaft leben wir? Was sind ihre Wurzeln?
„Zusammenkunft“ ist ein intensives Buch, das
noch lange nachhallt und sich mit vielen aktuellen
Themen auseinandersetzt, nicht zuletzt mit der Unterdrückung der Frau. Stellenweise fast bedrückend,
zugleich aber faszinierend und an keiner Stelle moralinsauer oder emotional aufgeladen. Aufgrund des Stils ist es in
kurzer Zeit gelesen und lädt doch
dazu ein, mehrfach gelesen zu
werden - so viele große Bilder und
Gedanken zeichnet die Autorin im
Kopf der Lesenden.
Eine Perle, ein Debüt (Zu Recht
das erfolgreichste in England
2021!), großartige Literatur. Bücherherz, was willst Du mehr.
Lena Ewest,
Buchhandlung Godolt
Natasha Brown
Zusammenkunft
Suhrkamp-Verlag
113 Seiten • 20,00 €
13
Erst Abenteuer und Spaß
dann Ärger: der E-Roller
D
ieser schwere und große, batteriebetriebene
E-Roller, der an jeder Ecke unserer Stadt herumsteht oder -liegt, den alle ohne Fahr-Erfahrung
(Jugendliche ab 14) benutzen können, die eine
Geldkarte bei sich haben, egal ob es die eigene ist
oder nicht…
Daniela Dumann
Nithackstraße 24
10585 Berlin
Schwerpunkte:
Darmsanierung,
Hildegard von BingenHeilkunde
Tel. 030-36 43 03 58
praxis@danieladumann.de
- dieses sperrige, geräuschlose Vehikel (um die 20
kg), das auf dem Bürgersteig, auf dem Radweg, auf
der Straße oder im Park hautnah an uns vorbei
saust und uns vor Schreck und Empörung sprachlos macht...
- dieser gottverdammte Elektro-Skooter, den die
Nutzer*innen, wo immer es ihnen gerade passt,
abstellen, mitten auf dem Bürgersteig, oder quer
vor einem Hauseingang. oder. oder…
- dieses Luxusvehikel, das nicht den Benutzern gehört, sondern Eigentum einer Leihfirma ist, deren
Service-Firma diese Geräte von schlecht bezahlten
Arbeiter*innen aufsammeln lässt, egal wo, egal
wie, heil oder kaputt, stehend oder liegend...
- dieses Luxus-Fahrzeug, das durch verantwortungslosen Umgang so geschunden wird, dass es
ständig repariert werden muss und seinen Dienst
nur für ein bis zwei Jahre tut aber trotzdem einen
satten Profit für die Verleihfirmen abwirft.......
- dieser Roller hat uns in unseren vom Auto tyrannisierten Städten gerade noch gefehlt!
Ohne sich groß Gedanken zu machen, hat Verkehrsminister Scheuer im Mai 2019 diese Dinger
zugelassen, davon ausgehend, dass der E-Roller
schnell zur attraktiven Kurzstrecken-Alternative
des Autos werden würde, um „NUR 1 MEILE“, etwa
vom Haus zum Parkplatz oder zum Supermarkt
ohne Auto zurückzulegen und das emissionsfrei!
Die große Mehrheit der Nutzer des E-Rollers,
der seitdem überall herumsteht oder -liegt, gehört
jedoch nicht zu dieser Zielgruppe. Die meisten
Fußgänger*innen, an erster Stelle ältere Menschen,
stehen diesem Gefährt feindlich, ängstlich, ja hasserfüllt gegenüber. Sie fühlen sich davon bedroht,
unberechenbaren Gefahren hilflos ausgesetzt.
Die Unfallstatistiken des ADAC von 2020 sind erschreckend. (s. Kasten)
14
Nichtsdestotrotz haben sich diese batteriebetriebenen Dinger in kurzer Zeit in allen größeren Städten
auf unserem Planeten verbreitet.
Vor allem Tourist*innen, aber auch einheimische
Jugendliche und Erwachsene haben Spaß daran, den
E- Roller auszuprobieren, durch die Stadt zu schweben
und sie als Single oder Duo (nach dem Gesetz verboten) in aufrechter Haltung, langsam oder schnell,
mit leichten Hüftschwüngen und elegantem Kurvenreichtum dahin segelnd, zu erobern, ohne dass der köstliche Kitzel des
Abenteuers und der Lebensgefahr fehlen
(keine Helmpflicht).
Von der Straße auf den Fahrradweg, dann
auf den Bürgersteig, weil er so schön leer
ist und wenn das zu Ärger führt, weil Passanten Dich anmeckern, kannst Du wieder
auf die Straße ausweichen.
Merke: erlaubt ist der Roller laut Gesetz
nur auf der Straße.
Ein Gefühl der Freiheit und der Leichtigkeit wird in Dir wach:
Auf dem E-Roller schwebend, langsam oder schnell
(gesetzlich erlaubt 6 – 20 km/h), fallen für dich alle
Verkehrsregeln flach. Nur das Rot der Verkehrsampeln bringt Dich zum Halt, es sei denn, es gibt eine
elegante Möglichkeit, dich wie ein Schatten durch
Autoschlangen oder Menschenmassen unauffällig
davon zu schlängeln.
Hast Du genug Spaß gehabt und Dein Ziel erreicht,
einfach absteigen und den Roller abstellen, wo es Dir
bequem ist. Der wird schon irgendwann von der Servicefirma aufgesammelt. Du hast gezahlt und bist
damit frei von Verantwortung.
Die Situation ist schwierig und verfahren. Eine
Lösung der mit dem E-Roller verbunden Probleme
bahnt sich jedoch an. Die mit der Regelung des Verkehrs befassten Fachleute auf allen Ebenen arbeiten
seit langer Zeit an Gesetzen, die die chaotische Nutzung des E-Rollers reglementieren sollen. Die werden in Kürze der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Mal sehen...
Hilda v. Krosigk
ADAC Unfallstatistik für das Jahr 2020:
2155 Unfälle wurden von der Polizei registriert,
5 Tote, 2000 Verletzte, davon 386 schwerverletzt,
1907 leichtverletzt.
Bei fast 3 von 4 Unfällen (rund 72%), war der
Fahrer hauptverantwortlich.
In 644 Fällen (knapp 42 %) haben die Fahrenden die Kontrolle über das Fahrzeug verloren,
ohne Zutun anderer Verkehrsteilnehmer.
Viele Unfälle wurden verursacht, weil Fahrbahn oder Geh- und Radwege vorschriftswidrig
benutzt wurden.
Zum Alter der Verunfallten:
76 % jünger als 45
34% jünger als 25
D
er Flaschenwasserkonsum in Deutschland
ist mit 177 Litern pro Person (Quelle: Umweltbundesamt 2021) heute 15-mal höher als noch in
den 1970er Jahren. Es ist absurd, dass Menschen
in Deutschland Wasser in Flaschen kaufen, obwohl
wir Leitungswasser von Topqualität haben und
durch das Trinken von Leitungswasser Plastikmüll,
CO2, Geld und Transportwege gespart werden können. Leitungswasser ist ein wunderbares Beispiel
für nachhaltigen Konsum: ein regionales Produkt,
verpackungsfrei, emissionsarm und gesund – und
damit ein leichter Einstieg zu einem nachhaltigeren Lebensstil für alle Menschen in Deutschland.
Mit dem Projekt „Wasserwende – Trinkwasser
ist Klimaschutz“ will a tip: tap diesen Wahnsinn
umkehren und das Trinkwasser ins Rampenlicht
rücken. Dazu gibt es mittlerweile bundesweit 19
so genannte Wasser-Quartiere, in denen ein Partnernetzwerk aus verschiedenen Bereichen das
Bewusstsein für Trinkwasser in der Nachbarschaft
fördert. Das passiert durch verschiedene Aktivitäten:
Aktion: Aufklärung für Bürger*innen zu den
Vorteilen von Leitungswasser bei Aktionen, auf
der Straße, bei Vorträgen und durch digitale Angebote.
ParkHaus Lietzensee e.V. und die Berliner Wasserbetriebe mit dabei. Gemeinsam soll in den nächsten
Monaten und Jahren das Thema Trinkwasser in den
beteiligten Kiezen stärker verankert werden, z. B.
durch den Einsatz für einen Trinkbrunnen auf dem
neuen Stadtplatz (Horstweg / Ecke Wundtstraße),
eine Wasser-AG in der Paula-Fürst-Oberschule, den
Ausschank von Leitungswasser auf Festen und temporären Spielstraßen und einer Aktion zum Weltwassertag am 22. 03. 22.
Es gibt bereits 25 Refill Stationen – Orte, an denen
man sich kostenlos Trinkwasser in ein selbst mitgebrachtes Gefäß einfüllen lassen kann – und deren
Anzahl gemeinsam ausgebaut werden soll. Organisationen, die als Vorreiter Leitungswasser und kein
Flaschenwasser mehr ausschenken, können als leitungswasserfreundlich durch a tip: tap ausgezeichnet werden.
Wer Lust hat mitzumachen oder eigene WasserIdeen einzubringen, kann sich gerne bei Samuel Höller melden: samuel@atiptap.org, 0176-56878998
Poster und Flyer sind zu den Öffnungszeiten im
Büro des Kiezbündnisses abholbar. Mehr Informationen zum Projekt sind abrufbar unter:
www.wasserwende.org
Samuel Höller
Gründer von a tip: tap und Ansprechpartner für das Wasser-Quartier Charlottenburg
Beratung: Unterstützung von
Unternehmen und Organisationen beim Umstieg von Flaschen
auf Leitungswasser.
Bildung: Interaktive Bildungsangebote zum Thema Wasser für
Schulen, Kitas und außerschulische Lernorte.
Trink-Orte: Engagement für
einen besseren Zugang zu Leitungswasser. Dazu zählen Trinkbrunnen in öffentlichen Räumen,
an Schulen, am Arbeitsplatz sowie Orte zum kostenfreien Auffüllen von Trinkflaschen.
Am 24. 11. 2021 wurde das WasserQuartier Charlottenburg gegründet
– mit Unterstützung der Stabsstelle
Bildung für nachhaltige Entwicklung
im Bezirksamt. Das Wasser-Quartier
umfasst neben dem Klausenerplatzkiez auch den Gierkekiez und Lietzenseekiez und bereits viele Partner. Neben a tip: tap e.V. und dem Bezirksamt
sind das u.a. das Kiezbündnis, die
Ingeborg-Bachmann-Bibliothek, den
15
Ausflüge
in die fernere Umgebung
Gärten der Welt
U
m nach Marzahn zu den Gärten der Welt im
Nordosten Berlins zu gelangen, ist eine etwa
einstündige Anreise mit S-Bahn oder U-Bahn sowie
Bussen nötig.
Das 43 Hektar große Gelände ehemaliger Rieselfelder wurde im Zuge der Errichtung der außerhalb
Berlins errichteten Trabantenstadt Marzahn als
Freizeitareal erschlossen und der südlich davon
gelegene Kienberg durch Schutt und Bodenaushub
um 40 Meter erhöht. Markant ist die Stahlkonstruktion Wolkenhain, deren Aufzug leider seit langem
stillgelegt ist, die aber durch Treppen begehbar
wird und den Blick rundum in die Ferne schweifen
lässt. In die Tiefe darf man auf einer Sommerrodelbahn gleiten.
Zur 750-Feier Berlins gestaltete der damalige
Stadtgartendirektor Funeck eine volkstümliche
Berliner Gartenschau als Antwort auf die zwei
Jahre zuvor eröffnete Britzer Bundesgartenschau.
Manfred Dorniak, Filmproduzent und Ehrenbürger
Pekings, einer Partnerstadt Berlins, ließ vom Wasser des Taihu geformte Felsen einführen, um von
chinesischen Arbeitern eine dortige Parklandschaft
zu simulieren. Tokio, Jakarta und Seoul machten
mit, jedoch Istanbul blieb anonym mit einem orientalischen Garten vertreten.
Irrgarten und Labyrinth sollen die
Kultur Frankreichs
und Englands symbolisieren, England
erhielt
außerdem
einen eigenen Garten. Seltsamerweise
wurde aus Bibelzitaten ein christlicher
Garten geschaffen,
währenddessen ein
jüngst eröffneter jüdischer Garten vor
allem aus Nutzpflanzen besteht. Vorerst
16
rundet ein an Italien erinnernder Renaissancegarten die reduzierte Sicht auf unsere Welt ab. In der
Parklandschaft sind zahlreiche Gewächse und Lebewesen zu entdecken, für deren Pflege und Hege
wohl gesorgt ist. Doch außerhalb des geschützten
Geländes richtet Vandalismus Schaden an.
Die vor fünf Jahren veranstaltete IGA benötigte
Zweckbauten wie eine Arena für Klassik- und Rockkonzerte. Am 4. Juni findet Dr. Mottes Techno-Party
statt. Am 16. tritt Dota auf, am 27. August erschallt
bei ‚Viva la Musica’ Filmmusik und Feuerwerk.
Eine Reihe lädt zu ‚Slam-to-go’ ein. An Fernost erinnern Kirschblüten- und Mondfeste. Künstler des
ehemaligen zweiten deutschen Staates, wie Gorch
Wenske, der Märchenfiguren im Waldstück verbarg, oder die Agave des Rüdiger-Buhlau-Kollektivs, sind noch vertreten.
In den neun Kabinettsgärten beeindruckt ein
‚Los-Angeles-Garden’ von Martin Kaltwasser, der
Kraftfahrzeuge zwischen Palmen abstellt, oder
das südafrikanische ‚African Bouquet’. Der hier
lebende Däne Jeppe Hein schuf spiegelnde Stelen,
während am Wasserweg zahlreiche Brünnlein
sprudeln, ebenso wie eine ‚Promenade Aquatica’
Kühlung gewährt. Ein Wasserspielplatz mit dem
hölzernen Wal belustigt Kinder.
Im Besucherzentrum gibt es, neben Gastronomie,
einen Raum für Tagungen, während im Steinboot
standesamtliche Trauungen vollzogen werden.
Der Bau einer Multifunktionshalle „Mikrokosmos
Garten“, damit Gäste winters kommen mögen,
steht noch aus. Künftig soll sogar die Nutzung der
1,5 km langen Seilbahnstrecke in den Verkehrverbund aufgenommen werden. Das hinter dem
280 m langem Funeck-Steg, über den Wuhleteich
gelegene Umweltbildungszentrum soll durch Gastronomie erweitert werden.
Vom südlichen Marzahner Ausguck gelangt man
über eine Stahlbrücke zum Kienberg. Im Norden
schließt sich der 23 ha große Wiesenpark an. Der
Wuhletal-Wanderweg führt von Ahrensfelde nach
Köpenick, doch der Bus X69 erreicht dieses Ziel in
einer halben Stunde.
ks
Afghanistan –
und jetzt? (Teil 2)
B
ereits 2014 war für viele Afghanen ein
Synonym geworden für Unsicherheit,
für Angst. Niemand wusste, was nach 2014
geschehen würde. Der amerikanische Präsident Obama hatte es einfach so als Abzugsjahr genannt. Niemand wusste, wie
es danach weitergehen würde, der Westen
nicht, die Afghanen nicht. Wer was anderes behauptete, redete sich die Wirklichkeit einfach schön. Im Herbst 2021 können
wir nun die Scherben eines überstürzten
Rückzugs betrachten. Täglich bekomme
ich Hilferufe von Afghaninnen und Afghanen, ihnen zu helfen, ihnen einen Weg zu
ebnen, Afghanistan zu verlassen. Es sind
Afghanen, die mit internationalen Organisationen zusammengearbeitet haben und
nun um ihr Leben fürchten müssen. Ohne
sie hätten wir unsere Arbeit nicht machen
können. Oftmals war ich wochenlang mit
ihnen unterwegs, sie übersetzten für mich,
arbeiteten als Gutachter, gemeinsam schrieben wir die Gutachten für die Entwicklungsinstitutionen, für die Bundesregierung. Und
nun erfüllen ihre damaligen Zeitverträge
nicht die Kriterien für einen Ortskräftevertrag. Gesetze können auch grausam sein.
Das Kapitel „Afghanistan“ ist nicht zu Ende.
20 Jahre sind nicht umsonst gewesen. 2002
sind wir freudig begrüßt worden. Wir haben
Hoffnung und Erwartungen mit unseren
Entwicklungsprojekten geweckt.
Häufig mussten die Dorfbewohner 10 Prozent beisteuern, zumeist mit eigenen Hilfsarbeiten. Errichtet wurden Schulen, Bewässerungskanäle, Schutzwälle gegen Sturzfluten,
die die Felder zerstörten. Völlig allein konnte
ich mich in Kunduz auf den Märkten bewegen. Bis 2007 ist gemeinsam mit den Afghanen viel in Gang gesetzt worden, wurden
Schulen, Gesundheitsstationen, Straßen gebaut. Ich habe die Dörfer in den nördlichen
Provinzen und im Südosten in Nangarhar
oder im Süden die Stadt Kandahar besucht.
Nie war die Lage bedrohlich. Wasserleitungen, Brunnen wurden gebaut, Frauen in Einkommen schaffenden Maßnahmen geschult,
damit sie ihre Familien durchbringen können. Ihre Männer sind oft kriegsversehrt,
krank oder verschwunden. Wir haben nicht
nur die Ausbildung der Eliten in den Städten
unterstützt. Berufliche Bildung gab es auch
in den Provinzen. Dass nun so viele Afghanen nach Deutschland wollen, hat auch mit
ihren Erfahrungen mit den Deutschen in
den vergangenen zwanzig Jahren zu tun.
Aber 34 Millionen Afghanen können und
werden ihr Land nicht verlassen. Vieles, was
mit deutscher Entwicklungshilfe angestoßen
wurde, insbesondere im Bildungsbereich,
verschwindet nicht einfach. Der Wiederaufbau ist in Afghanistan ein sehr langfristiger
Prozess, der immer wieder von machtpolitischen Interessen behindert wird. Nicht die
Entwicklungspolitik hat versagt, nein, die
Politiker haben versagt. Sie entscheiden.
Das Sagen hatten die Politiker aus den USA
und ihre Verbündeten. Die Bundeswehr ist
eine Parlamentsarmee, die macht, was die
Politiker sagen, die Entwicklungspolitik
wird von den Rahmenbedingungen, die die
Politik setzt, geleitet. Wenn etwas bleibt
vom westlichen Engagement in Afghanistan,
dann sind es die Wirkungen der Entwicklungspolitik. Im unmittelbaren Umfeld der
entwicklungspolitischen Maßnahmen hat es
immer Wirkungen gegeben. Die bleiben! Die
Verbindungsstrassen zu und zwischen den
zuvor abgeschnittenen Dörfern, die Schulen,
die entlang der Verbindungsstrassen gebaut
worden sind, die Wasserversorgung in den
Dörfern, die Bewässerungsanlagen.
Die Schulen in Mazar-e-Sharif sind übrigens für Mädchen und Jungen in der Grundund Sekundarausbildung wieder offen.
Weitere Provinzen im Norden, wie Kunduz,
Balkh, Baghlan und Sar-e-Pul, Jawzjan sollen folgen. Es sind kulturelle Unterschiede
zwischen den nördlichen und den anderen
Provinzen, die häufig über die Bildung von
Mädchen entscheiden. In den nördlichen
Provinzen leben Tadschiken, Usbeken und
Hazara, deren Einstellung etwas liberaler ist
als die der Paschtunen in ländlichen Gegen-
den im Süden des Landes. Manches, was in
den Dörfern praktiziert wird, hat weniger mit
dem Islam zu tun, sondern eher mit der jahrhundertalten Interpretation durch die Familien und ungebildeter ullahs bzw. der dörflichen Umgebung und ihrem sozialen Druck.
In Kunduz haben Eltern allerdings auch
Angst, ihre Mädchen wieder in die Schule
zu schicken, weil sie nicht sicher sind, ob sie
auf dem Schulweg belästigt werden, durch
Jungs und Männer, die durch die neuen Rahmenbedingungen wieder Rückenwind für
ihre vermeintliche männliche Überlegenheit
bekommen haben. Deswegen fehlen sie im
Unterricht. Seit drei Monaten haben die Lehrer und Lehrerinnen außerdem kein Gehalt
bekommen. Das staatliche Budget ist zu 70
Prozent von ausländischer Unterstützung
abhängig, die jetzt erst einmal eingefroren
wurde. Nicht überall unterrichten deswegen
die Lehrer umsonst, sondern sind gezwungen die Familie mit anderen Arbeiten durchzubringen. Sie fehlen dann im Schuldienst.
Wie soll es nun weitergehen? Niemand
kann das zu diesem Zeitpunkt genau sagen.
Die politischen Verhandler der letzten Jahre
in Doha haben versagt. Den Preis dafür zahlt
jetzt die Zivilbevölkerung in Afghanistan, allen voran die Frauen und Mädchen. Die reichen Afghanen mit zwei Pässen haben sich
längst in Sicherheit gebracht. Man wird mit
den Regionalmächten in der Umgebung Afghanistans reden müssen. Pakistan hat seit
2001 mit „doppelter Zunge“ gesprochen. Das
Land hat einerseits in seinem Grenzgebiet
die afghanischen Taliban nach ihrem Rückzug 2001 wieder „aufgepäppelt“, hat ihnen
Ruheräume zur Verfügung gestellt. Das offi-
17
zielle Pakistan, das viel westliche, vor allem
amerikanische Unterstützung bekommen
hat, hat anders gesprochen, die Fakten im
Grenzgebiet zu Afghanistan geleugnet oder
heruntergespielt.
Afghanistan war von Beginn an ein entwicklungspolitischer Ausreißer nach unten.
Entwicklungspolitisch benötigt man dafür
einen sehr langen Atem. Aber wir waren
gemeinsam mit aufgeschlossenen Afghanen und Afghaninnen auf einem guten Weg.
Jetzt ist erst einmal eine schonungslose Aufarbeitung des politischen Versagens dringend nötig, humanitäre Hilfe wird man nicht
verweigern können, aber man wird sie auch
an Bedingungen knüpfen müssen, deren
Einhaltung ständig überprüft werden muss.
Der Weg wird lang und hart.
Hannelore Börgel
„Treffpunkt
Sophie-Charlotte-Platz“
Er ist Leiter der Streif- und Fahndungsmannschaft beim Polizeipräsidium Berlin.
Dann ist es soweit.
Engelbert ist erschienen. „Kurze Instruktionen, die Beamten klettern in die Wagen,
terwegs. Auch die Leser der »Freiheit«, des
Blattes der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD), waren an Einblicken
in die Unter- und Halbwelt interessiert. In
dieser Nacht sollen nämlich „Kaschemmen,
Spieler- und Schlemmerlokale“ im Berliner
Westen ausgehoben werden. Und einer der
Mitarbeiter der »Freiheit« (Kürzel Tyllus)
durfte dabei sein.
Über einen Polizeieinsatz
vor 100 Jahren
Das Polizeipräsidium Charlottenburg
E
s ist Anfang März 1922, eine Stunde
vor Mitternacht am Polizeipräsidium
Charlottenburg am Sophie-Charlotte-Platz.
In den Seitenstraßen stehen einige Autos der
Schutzpolizei. Eine größere Anzahl „Grüner“
ist zu sehen. Im Gebäude warten rund 50
Kriminalbeamte auf Kommissar Ernst Engelbrecht, den Leiter der Streife, die heute Nacht
stattfinden soll. Er hat seine Dienststelle im
Polizeipräsidium am Alexanderplatz, der
„Roten Burg“, wie das wuchtige Gebäude im
Volksmund heißt.
Engelbrecht ist
in Verbrecherkreisen gut bekannt. Wegen
seines oft unerwarteten Erscheinens und
schnellen Zufassens trägt
er den Spitznamen „Blitz“.
Er gilt als konziliant, lächelt
oft und wirkt
In Verbrecherkreisen war Kommissar Engelbrecht gut bekannt. gemütlich.
18
diese werden angekurbelt, das Gewitter auf
Rädern rollt ab, in leichtem Wagen der Leiter
voraus, durch die noch von Halb- und Lebewelt belebten Straßen des Westens“.
So wie heute TV-Journalisten Polizisten
bei ihren Einsätzen begleiten dürfen, waren
auch vor 100 Jahren Reporter der schreibenden Zunft im Gefolge der Beamten un-
Zunächst hat man es auf Kokain-Lokale abgesehen. Erster Halt.
„An der anderen Ecke liegt eine Kaschemme. Ja, die gibt es auch im Westen! Straßenmädchen und ihre Beschützer, mit dem
Gesetz in Konflikt geratene Personen, suchen hier Unterschlupf. In raschem Tempo
geht es zu Fuß nach der Kneipe. Der Kommissar an der Spitze der Beamten dringt
ein, ohne Aufenthalt geht es in sämtliche
Räume, wieder andere Beamte besetzen
Türen und Nebeneingänge. Keine Maus
kann kneifen.
Bleich bis unter die Haarwurzeln sind
die Überraschten. An dem apathischen
Gesichtsausdruck, den unnatürlich großen
Augen, der etwas heiseren Stimme, erkennt
man sofort die »Kokser«. Die Ausweise der
anwesenden Personen werden in durchaus höflicher Weise nachgeprüft. Wer sich
nicht in ausreichender Form legitimieren
kann, muß eine Autofreifahrt zur Sammelstelle antreten. Dort spielen Telephon und
Telegraph des Erkennungsdienstes.
Kokainverkäufer in Berlin, Mai 1929. Foto: Bundesarchiv
Wessen Personalien bei der Nachprüfung
nicht stimmen, der wird festgehalten.
Eine Kaschemme nach der anderen wird
besucht. Dann geht es zu einer, in der
»schwere Jungs« verkehren. Alles dunkel!
Ein Hund, auf den Mann dressiert, tobt hinter der Türe. »Aufmachen! Kriminalpolizei!
Hund anketten, sonst wird er abgeschossen!« Das Nest ist leer. »Verpfiffen« – oder
die Herren sind noch bei der Arbeit.“
Die „Sistierten“ werden zum „Alex“ gebracht. Die Ausbeute: 14 gesuchte Personen.
Es geht auf 3 Uhr nachts zu. Nun sind
»Schlemmerlokale« an der Reihe.
„Dem Herrn Regierungsrat, der dazu bestellt ist, dafür zu sorgen, daß die Gesetze
respektiert werden und der nun selbst im
Schlemmerlokal gefaßt wurde, - er wollte
natürlich seinem Schwager nur Berlin zeigen, - war die Sache sehr unangenehm. Es
entwickelt sich zwischen ihm und dem Kommissar folgendes Gespräch:
»Herr Kommissar, hat diese Sistierung Folgen?«
»Alle in Schlemmerlokalen gefaßten Personen werden der Steuerbehörde gemeldet. Es
erfolgt dann schärfere Prüfung der Steuerveranlagung.«
»Donnerwetter! Sehr unangenehm. Nicht
wegen der Steuer, aber das kommt dann unter Umständen in meine Personalakten. Ist
da nichts zu machen?«
»Nein. Wir haben unsere Anweisungen und
die werden befolgt.« – Schrumm.
… Neue Fahrt! Die Uhr zeigt bald auf 3 Uhr
nachts, die Zeit, in der Berlin schläft – und
schlemmt.
Es ist außerordentlich schwer, in die
Schlemmerlokale mit Nackttanzbetrieb hineinzukommen. Den Lokalen wird hart zu
Leibe gegangen. Ein oder das andere wird
zwar ausgehoben und geschlossen, aber andere entstehen neu. Doppelte Postenketten
von „Spannern“, - das sind die Aufpasser,
- schützen diese Lokale vor Überraschungen
und zwar folgendermaßen: Ein „Spanner“
verteilt an valutastarke Ausländer, Leute, die
seiner Ansicht nach genügend Geld haben,
kleine Karten, die beispielsweise folgenden
Aufdruck tragen: „N“ – Charlottenstr. 37.
Der Inhaber eines solchen Kärtchens geht
nun mit voller Brieftasche und Liebessehnsucht im Herzen nach Charlottenstr. 37. Dort
ist aber nicht das gesuchte Lokal, nur ein
gutgekleideter Mann oder eine feine Dame
steht vor dem Hause und mustern helläugig
die Suchenden. „Sicher“ scheinende Personen werden gefragt, ob sie „N“ suchen. Die
Frage bejahend, erhalten sie die richtige
Adresse, nämlich Charlottenstr. 3.
Dort steht wieder ein Posten, der nach
Prüfung dem Suchenden die Tür aufschließt
und nach dem Himmel mit Engeln ohne
Flügeln und noch weniger Kleidung weist.
Nun kann’s losgehen! Was kostet Berlin?
Das wissen die Götter, aber der Schampus
kostet etwa 500 M. die Pulle. – Bagatelle,
wir habens ja!“
Gewerbenotizen
sentlicher Bestandteil der täglichen Arbeit.
Im gemeinsamen Gespräch werden die persönlichen Wünsche des Pflegebedürftigen
besprochen, die Möglichkeiten der Unterstützung und Hilfestellung bei den Anträgen von Leistungen der Pflege- und/oder
Krankenkasse angeboten. Informationen zur
Wohnraumanpassung oder Tipps zu Hilfsund Heilmitteln für die häusliche Pflege runden das Beratungsgespräch ab.
Leistungen der Krankenpflege werden
vom Arzt verordnet und die Kosten von der
Krankenkasse übernommen. Leistungen der
Pflegeversicherung werden persönlich bean-
Wir gratulieren …
...der Häuslichen Krankenpflege GadowGehrke mit nur 2jähriger Verspätung zum
30. Firmenjubiläum.
Eine vertrauensvolle, individuelle, ausführliche und persönliche Beratung ist ein we-
Früh am morgen, die ersten Straßenbahnen
fuhren bereits, beendete der Journalist den
nächtlichen Einsatz. „Männer gingen zur Arbeit für kargen Lohn, blasse Frauen strebten
der mordenden Fabrik zu, Kinder schlüpften
mit Zeitungen in die dunklen Mietskasernen.
Armut, Elend, Wohnungsnot. Leiden in allen
Schattierungen auf dieser Seite des Lebens.
Schlemmen, Prassen und Ausschweifungen
auf der anderen. Mich überkam das große
Kotzen ob dieser göttlichen Weltordnung!“
Nachdem er sich in einem Aufsatz bewundernd über den Kampf gegen das Verbrechertum im faschistischen Italien geäußert
hatte, verließ Kommissar Engelbrecht 1925
die Polizei, da es politische Differenzen mit
Dr. Weiß, dem Polizeivizepräsidenten, gegeben hatte. Engelbrecht wandte sich in der
Folge der Schriftstellerei zu. Zusammen mit
dem Journalisten und Auto Leo Heller veröffentlichte er Schriften wie »Verbrecher – Bilder und Skizzen aus dem Verbrecherleben«.
Er trat auch im Rundfunk auf, wo er mit
Vorträgen wie „Kriminalistische Streifzüge
durch dunkle Winkel“ zu hören war. Sein
Versuch, sich dem NS-Regime nach 1933 anzudienen, soll fehlgeschlagen sein.
hm
Razzia im Wedding, 1931. Foto: Bundesarchiv
tragt und von der Pflegekasse nach einer Begutachtung durch den medizinischen Dienst
der Krankenversicherung (MDK) in einem
Pflegegrad bewilligt. Wir unterstützen gerne
bei der Beantragung.
Zum Ende des Jahres verabschiedete sich
Katharina Gadow in den wohlverdienten
Ruhestand. Ihre Funktion wird ab 1. Januar
2022 Ute Gehrkes Sohn Oliver, der bereits
seit vielen Jahren auch im Unternehmen tätig ist, als Juniorpartner übernehmen. Aus
der alteingesessenen Firma HKP Gadow Gehrke wird nun die „HKP Gehrke-Gehrke“.
19
Wir gratulieren …
…dem Kiezlokal „ZAP“ zum 50sten Betriebsjubiläum.
Aus diesem Anlaß hat sich Besitzer Mutlu etwas Originelles ausgedacht:
Jeder Gast, der ein Kurzgedicht (2- oder
4-Zeiler) vortragen kann, in dem der Name
ZAP vorkommt, erhält das erste Getränk
kostenlos und alle weiteren zum halben
Preis!
Wer das schönste Gedicht mitbringt, kann
sogar den ganzen Tag umsonst trinken.
Hardt Walther Hämer und
Behutsame Stadterneuerung
und sein Werk berichten, über Archive, Texte, Bilder und die wertvollen Videos von Gerd
Conradt die diesen Moment festhielten. (z.B.
Videos in der Fassade mit QR Codes für Ton).
Mit diesem Raum stellen wir auch die Frage
nach der heutigen Relevanz und: Was bedeutet behutsame Stadterneuerung heute?
Die Aktion findet am Freitag, 1. April, ab
14 Uhr in der Seelingstr. 22 statt.
Wie wollen wir Leben? Die Frage:
Wer war Hardt Walther Hämer?
Was war sein Projekt?
Wofür setzte er sich ein?
H
ardt Walther Hämer würde am 13. 04.
2022 100 Jahre alt werden. Wir möchten dieses Ereignis zum Anlass nehmen, um
uns mit Hardt Walther Hämer behutsamer
Stadterneuerung aus heutiger Sicht zu beschäftigen.
Im Gegensatz zu einer historischen, statischen Reproduktion des Werkes Hämers
möchten wir uns im Sinne der Essenz seines
Schaffens aktiv und partizipativ mit seiner
Arbeit gemeinsam mit den Menschen die
uns umgeben auseinander setzten. Der Frage gehen wir in zwei verschiedenen Ansätzen nach:
A) z.B. die ehemalige Waschküche:
Ein Ort im Klausenerplatz, jenem Kiez, an
dem Hämer seinen Ansatz als Pilotprojekt
umgesetzt hat.
Kieznotizen
Der Tagesspiegel berichtete:
„Auch in Charlottenburg sollen die ersten
beiden Kiezblocks in diesem Jahr kommen:
Die Kieze um den Karl-August-Platz und
den Klausenerplatz sollen vom Durchgangsverkehr befreit werden, sagt Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). „In der
zweiten Jahreshälfte sollen die ersten Maßnahmen realisiert werden.“ Fortan sollen
jährlich zwei weitere Kiezblocks im Bezirk
Charlottenburg-Wilmersdorf folgen, so die
Vereinbarung der grün-roten Zählgemeinschaft.“
„Kiss and Go“–Zone
in der Seelingstraße
Vor den Häusern Seelingstr. 16 und 18 hat
das Bezirksamt eine Parkverbotszone für die
Zeiten von 7-9 und 16-17 Uhr eingerichtet,
20
Die aktuell ungenutzte Waschküche möchten
wir als Ort temporär zum Leben erwecken,
ein Ort, an dem wir über Hämer als Mensch
in denen Eltern ihre Kinder austeigen lassen
können, die von dort aus den letzten Rest
des Wegs zur Nehringschule zu Fuß gehen
können. Damit soll das bislang stattfindende wilde Parken von „Elterntaxis“ vor der
Schule unterbunden und die Kinder zu mehr
Selbständigkeit befördert werden.
Seniorenbeirat wird neu gewählt
Nach dem neuen Abgeordnetenhaus und
der neuen BVV wird auch die Seniorenvertretung des Bezirks neu gewählt. Vom 14.
B) Menschen und Geschichten:
Ein wesentlicher Ansatz Hämers war es,
auf die Menschen zuzugehen und mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Wir möchten
diesen Ansatz aufnehmen und spontan mit
den Menschen gemeinsam über die Person
Hämer und sein Projekt in einen gemeinsamen Austausch treten (Virtuell, live) mit
Menschen, aus der Nachbarschaft und Interessierten von nah und Fern.
Ausflüge aus dem Kiez in andere Kieze,
der Staffellauf für die behutsame Stadterneuerung! Die Idee eines durch Menschen
kontinuierlich konstruiertes Band durch die
Stadt getragen. Welches ist das Hämer Symbol? Was verbindet uns
Ein Projekt von
Gerd Conradt, Jens Wolter
und Hartmut Jahn
bis 18. März stellen sich die Kandidaten an
verschiedenen Stellen im Bezirk vor. Für
Anwohner unseres Kiezes kommt das Haus
der Jugend in der Zillestr. 54 in Frage. Am
18. März können Sie dort von 10 bis 15 Uhr
auch gleich wählen.
E-Bike-Diebe aktiv
Frau Gehrke vom Pflegedienst Gehrke+
Gehrke berichtete uns, daß von den vier
für Hausbesuche angeschaffte E-Bikes nur
noch eines betriebsbereit sei. Zwei seien
von Vandalen schwer beschädigt worden
und müssten aufwendig repariert werde,
ein weiteres sei gleich ganz gestohlen worden.
Da auch das aus Ehrenamtsmitteln gekaufte E-Lastenrad im letzten Jahr einem
Diebstahl zum Opfer gefallen war, raten
wir allen Besitzern eines derartig teuren
Rads zu erhöhter Vorsicht.
Zum Holocaust-Gedenktag
Ein Leser des Tagesspiegels wollte einen
Trauerflor an die innere linke Säule vom
Brandenburger Tor anbringen – es wurde
ihm geraten, einen Bewilligungsantrag beim
Ordnungsamt zu stellen.
„Da wiehert er;– der deutsche Amtsschimmel!“
„Berlin ist zu dreckig und zu faul. Was
ist bloß mit dieser Stadt los? Niemand
schneidet dort einen Baum oder kehrt
die Straße. Alles ist so kaputt! […] Berlin
ist eine Stadt ohne Hoffnung. Man kann
doch nicht die drittmächtigste Nation
der Welt sein, aber eine Hauptstadt wie
ein Dritte-Welt-Land haben!“
(Ai Weiwei)
Müll des Monats? Müll eines Tages!
I
m Sommer 2019 startete im „Kiezblatt“ unsere kleine Rubrik „Müll des Monats“,
in der wir jeweils eine besonders auffallende Hinterlassenschaft eines undisziplinierten Nachbarn herausgestellt haben.
Wir dachten, es kann nicht schaden, auf
diese Art augenzwinkernd auf das Müllproblem aufmerksam zu machen. Viele
der veröffentlichten Fotos von prämiertem Müll stammten von unseren Lesern.
Das Augenzwinkern ist zumindest dem
Autor dieser Zeilen inzwischen vergangen.
Den Grund findet ihr auf fast vierzig Fotos
hier im Kiezblatt auf der folgenden Seite.
Sein Antrag wurde vom Ordnungsamt („erledigt“) zum Straßen- und Grünflächenamt
weitergeleitet und von dort („erledigt“) zur
Kulturverwaltung, die dem Antragsteller mitteilte, dass weitere Gremien in die Entscheidung eingebunden werden müssten (welche,
blieb offen) – und die Bearbeitung des Antrags
sowieso erst nach dem Holocaust-Gedenktag
zu erwarten sei. Sodann meldete sich das
Ordnungsamt wieder und kündigte unserem
Leser eine Strafe von 10.000 Euro plus weiterer Kosten an, falls er ohne Genehmigung am
Brandenburger Tor zum Holocaust-Gedenktag
einen Trauerflor anbringt.
einen seltsamen Grollen auf. Ein Gewitter?
Ein Erdbeben? Eine Havarie? Am nächsten
Morgen klärte sich der nächtliche Schrecken
auf: Um das Kraftwerk Reuter hatten sich die
Überdruckventile geöffnet, was zu diesem
höllenlauten Geräusch geführt hatte. Zum
Glück passiert das nicht jede Nacht …
Nächtlicher Schrecken im Kiez
In der Nacht vom 20. auf den 21. Januar
wachten m Kiez wohl alle Bewohner von
Die Fotos entstanden an einem einzigen
Tag im Dezember bei einem einzigen Spaziergang durch den Kiez. Die Schnapsflaschen und übervollen Mülleimer sind
dabei nur Beispiele für viele Schnapsflaschen und viele überquellende Mülleimer.
Wir hatten nie Schwierigkeiten, „Kandidaten“ für unsere zweifelhafte Auszeichnung
zu finden, inzwischen müssten wir aber
eine Tageszeitung sein und den „Müll des
Tages“ auszeichnen, wenn wir mit der Entwicklung Schritt halten wollten.
Ihr seht, wir sind ratlos und auf eure
Ideen angewiesen. Die Rubrik „Müll des
Monats“ stellen wir wegen Ratlosigkeit jedenfalls erstmal ein…
ge Tage nach unserer Anfrage einige der
übelsten Müllansammlungen, wie die hinter der öffentlichen Toilette am Klausener
Platz, beseitigt waren.
Vorab aus den Rückmeldungen schon
einmal der Hinweis auf die App „Ordnungsamt-Online Berlin“, mit der Müllablagerungen gemeldet werden können. Wir
werden diese testen. Vielleicht machen
viele von euch mit und berichten über ihre
Erfahrungen…
Klappt das? Wie lange dauert es, bis der
Müll nach einer Meldung entsorgt wird?
AnKl
Nachtrag:
Wir haben die zuständigen Stellen mit
den Müll-Fotos konfrontiert und auch
schon Rückmeldungen (Berliner Stadtreinigung, zuständiger Stadtrat Oliver
Schruoffenegger) erhalten, die wir im
nächsten Heft eingehender besprechen
werden. Besonders hat uns gefreut – ob
Zufall oder Zusammenhang –, dass weni-
21
22
EIGENLOB
é der SammMuseumscaf
.
Gerstenberg
lung Scharfein Schild:
Auf dem Tisch
Sie unsere
„Bitte nutzen
che
sehr freundli
ung.“
Selbstbedien
LGvB
23
Themenabend mit Gästen zu veranstalten,
sobald Corona es zuläßt.
Fahrradbügel vor dem Kiezbüro
Vor dem Kiezbüro in der Seelingstr. 14
sollen zwei Parkplätze zugunsten von
Fahrradbügeln weichen. Dadurch müssen
Mitarbeiter und Besucher ihre Räder nicht
mehr auf dem schmalen Bürgersteig abstellen. Und für das vereinseigene Lastenrad, das wir uns möglichst bald wieder zulegen wollen, soll es einen speziellen Bügel
geben.
Gaslaternen in der Diskussion
In Heft 81 hatten wir den Verbleib der
Gaslaternen im Kiez wegen deren umweltschädlichen CO2-Produktion in Frage gestellt. Darauf meldete sich Barbara Grimm
vom Verein „Pro Gaslicht“ zu Wort und
machte uns darauf aufmerksam, daß die
Alternative nicht eine einfache Umrüstung
auf Strombetrieb wäre, sondern die Verschrottung der Gaslaternen und der Ersatz
durch Kopien. Dies war bislang so nicht
vom Senat kommuniziert worden und wirft
ein neues Licht auf das Thema. Aus diesem
Grunde haben wir beschlossen, dazu einen
24
Das KiezBlatt ist eine Stadtteilzeitung für das Wohngebiet zwischen Spandauer Damm, Kaiserdamm, Schloßstraße und Sophie-Charlotten-Straße. Es wird herausgegeben vom Kiezbündnis Klausenerplatz e.V.,
Seelingstr. 14, 14059 Berlin und erscheint vierteljährig. Die Auflage beträgt 4000 Exemplare. Der Vertrieb
erfolgt über Auslagen und Verteilerboxen in ca. 200
Geschäften, Lokalen und Einrichtungen im Wohngebiet.
Die Zeitung ist gratis und wird über Anzeigen finanziert.
Jahresplanung für 2022
Wenn dieses Heft erscheint, ist unsere
erste Veranstaltung im neuen Jahr bereits
Geschichte: die traditionelle Gedenkfeier
im Andenken an den von der SA ermordeten Otto Grüneberg.
(Fotos und Manuskripte auf unserer Website)
Für alle weiteren Freilicht-Veranstaltungen in diesem Jahr sehen wir grünes Licht.
Die Flohmärkte werden sicher stattfinden
und auch für das Kiezfest sind wir optimistisch, ebenso für das Kiezsingen.
Ungewiß ist noch, ob wir wieder einen
Weihnachtsmarkt veranstalten werden,
aber bis dahin fließt ja noch viel Wasser
die Spree hinunter.
Vorläufig:
Sonnabend, 7. Mai
Flohmarkt
Mittwoch, 20. Juli
Kiezsingen
Sonnabend, 27. August
Kiezfest
Sonnabend, 8. Oktober
Flohmarkt
V.i.S.d.P:
Klaus Betz, Schloßstr. 2H •14059 Berlin
Redaktion:
c/o • KiezBüro, Seelingstr. 14 •14059 Berlin
Tel.: 30 82 44 95 und Fax: 30 82 44 98
E-Mail: info@klausenerplatz.de
Internet: www.klausenerplatz.de
Öffnungszeiten: KiezBüro, Seelingstraße 14
Montag, Mittwoch, Freitag 10.00 - 14.00 Uhr
Dienstag & Donnerstag 14.00 - 18.00 Uhr
Sprechzeiten: Gewobag - Mieterbeirat
Mieterclub • Neue Christstraße 8
Ab 18.08.2017 alle zwei Wochen jeweils donnerstags
von 17.15 bis 19.00 Uhr
Bitte beachten Sie auch den Schaukasten
am Mieter-Club bzgl. etwaiger Änderungen
mieterbeirat@klausenerplatz-kiez.de
Bezirksamt Charlottendorf-Wilmersdorf
Rathaus Charlottenburg
Otto-Suhr-Allee 100 • 10585 Berlin
Postadresse: 10627 Berlin, Tel. 90291- 0
www. charlottenburg-wilmersdorf.de
Polizeiabschnitt 24, Kaiserdamm 1, 14057 Berlin
Tel.:4664 - 224 701 (Für alle Nicht-Notfälle anrufen!)
Bürgerämter
Bürgeramt Heerstr.
Heerstr. 12/14 •14052 Berlin
Bürgeramt Wilmersdorfer Arcaden
Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße,
Ecke Schillerstraße
Bürgeramt Hohenzollerndamm
Hohenzollerndamm 117 •10713 Berlin
Hier auch Barzahlung möglich!
Für alle Ämter gilt: Vorherige telefonische Terminvereinbarung unter 115 bzw. auf Website des Bezirks:
berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/org/
buergerdienste
Ingeborg-Bachmann-Bibliothek
Nehringstr. 10 • 14059 Berlin
Mo, Di, Do, Fr 14.00 - 18.00 Uhr, Mi 11.00 - 15.00 Uhr
Tel. 9029 - 24313/24361
www.voebb.de
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf
Villa Oppenheim
Schloßstr. 55 (Otto-Grüneberg-Weg)
Dienstag bis Freitag 10.00 - 17.00 Uhr�Samstag,
Sonntag und Feiertage 11.00 - 17.00 Uhr
Weiterhin gelten Schutz- und Hygienebestimmungen und
die Zahl der Besucherinnen und Besucher ist beschränkt.
Tel.: 9029 - 24106
museum@charlottenburg-wilmersdorf.de
• Grafik&Design
Großzügige Spende
Groß war die Freude, als auf dem Konto
des Kiezbündnisses eine Spende von 1.000
€ einging. Die Überweisung stammte von
einer Dame vom Lietzensee, die von unserem „Kiezblatt“ überaus angetan ist. Wir
werden die Spende zur Finanzierung des
chronisch defizitären Kiezfestes verwenden.
Impressum
LayOut: Pet.S / Peter Swoboda
Kooperation mit KiezKulturWerkstadt
Bei einem Treffen der Vorstände von
Kiezbündnis und Kulturwerkstadt wurde
eine engere Kooperation beider Vereine
vereinbart. Veranstaltungen sollen künftig
miteinander abgestimmt werde, um sich
nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen.
Gegenseitige organisatorische und personelle Unterstützung soll ermöglicht und
weitgehend arbeitsteilig vorgegangen werden.
So wird in diesem Jahr das Kiezsingen
bereits am Abend vor der „Fete da la Musique“ stattfinden, damit die Musikliebhaber am nächsten Tag auch dem Konzert vor
dem „Brotgarten“ lauschen können. Das
traditionelle „Kunst-im-Zelt“-Festival wird
künftig von der Kulturwerkstatt organisiert,
mit Unterstützung des Kiezbündnisses.