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Das Freiheitsbild in der Kunst und seine Vorgeschichte
biszurgwöls-
zahl.
Einige Bei
spiele solcher
Tugend- ttnd
Lasterdarstel
lungen seien
angeführt.
In dem
„Lustgarten"
der Herrad
von Lands-
b e r g (1165
bis 1175) ist
dieser Kampf
sehr lebendig
gegeben. Der
„Lustgarten "
ist ein Text-
und Bilder
buch, das die
Äbtissin Her
rad verfaßte
und ausmal
te, um den
ihrer Obhut
unterstellten
Nonnen eine
Zusammen
stellung alles -Wissens der Zeit, soweit sie es für nötig
erachtete, zu vermitteln. Da sehen wir z. V. die Superbia,
dieHofsart, prächtig und sieges
bewußt dasitzend mit blitzenden
Augen auf dem anspringen
den Roh, als Sattel dient ihr
ein Löwenfell.
Rund 2OO Jahre jünger ist
die Bilderreihe in einer Ab
schrift des Thomafin von
Z i r c l a r i a. Die Tugend
fitzt auf einer Art Thron, vier
Ritter, Klugheit, Gerechtigkeit,
Mäßigkeit und Stärke, stehen
vor ihr, und sie ruft ihnen
zu: „Seid mannhaft"; darun
ter sind dann die einzelnen
Kämpfe „stät gegen unstät",
„maesz gegen unmaesz" usw.
gezeichnet.
In ein sehr irdisches Milieu
versetzt und aus dem Stren
gen in das Komische über
tragen finden wir dann das
Tugend- und Lastermotiv im
18. Jahrhundert in einem
Kupferstich des Jean Bap-
t i st e L e p r i n c e , der als
der Erfinder des Aquatinta-
Verfahrens zu gelten hat, „Die
Tugend in der Kneipe". Die
Tugend ist zu einem derben
Schenkmädel geworden, das
sich gegen das „Laster", einen
zudringlichen Kneipgesellen,
wehrt. Ernsthaft moralisch aber
ist Hogarths
Skizze „Fleiß
lind Träg
heit"; die bra
ven Kinder
gehen in das
Schulgebäu
de, die faulen
lümmeln auf
einem Grab
stein herum
und spielen
Karten.
Die be
rühmteste al
ler Tugend-
und Laster
darstellungen
stammt von
dem großen
Florentiner
Maler G i -
o t t o , der in
monumenta
len Wand
bildern der
Arenaka-
pelle zu
Padua diese
Symbole zur mächtigsten Wirkung brachte. Henry
T h o d e schildert diese Schöpfungen Giottos folgender
maßen-: „Auf die Fußspitzen
sich erhebend, von Flügeln
getragen, streckt die Hoff
nung die Hände zum Chri
stus empor, der ihr die Krone
reicht. Eine in Schmerzver
zerrung sich gebarende, ab
stoßend gebildete Frau, die
sich selbst erhenkt hat und auf
welche die Hölle wartet, zeigt
sich die Verzweiflung.
Mit Rosen und Flammen ge
schmückt, in der einen Hand
ein Gesäß mit Blumen und
Früchten, bringt die Liebe
ihr Herz Christus dar, während
der Neid, tückische Hörner
am Kopf, mit fledermaus
artigen Ohren, im Munde
eine giftsprühende Schlange,
mit der Krallenhand einen
Geldbeutel fest an sich drückt.
— Als eine edle, vornehm
gekleidete Frau, welche den
Kreuzesstab auf ein gestürztes
Idol stützt und das Credo
hält, ist der Glaube; der
Unglaube als eine wan
kende behelmte Frau darge
stellt, deren Hals durch einen
ihr Leben bedrohenden Strick
an das von ihr selbst über
Feuerflammen gehaltene Idol
geknüpft ist. — In königlicher
Ieäer sucht seinen Profit
Nach Hieter Brueghel, gestochen von £j. Lock
Maurer und Zimmerleute lassen einen Bauherrn im Ztich,
der seine üoften nicht genau angeschlagen hat und dem das
Seid ausgeht
6us Sebastian Brants Narrenschiff (1494)