144 Die sozialistische Internationale
tionen fallen dabei der Unterjochung durch die Groß
mächte anheim, die in diesem Kriege versuchen, die Welt
karte ihrem Ausbeutungsinteresse entsprechend mit Blut
und Eisen neu zu gestalten. So droht ganzen Völkern und
Ländern, wie Belgien, Polen, den Balkanstaaten, Ar
menien, das Geschick, als Beutestücke im Spiel der Kom
pensationen, ganz oder in Teile zerrissen, annektiert zu
werden.
Die treibenden Kräfte des Krieges treten in seinem
Verlaus in ihrer ganzen Niedertracht hervor. Fetzen um
Fetzen jenes Schleiers fällt, mit dem der Sinn dieser
Weltkatastrophe vor dem Bewußtsein der Völker ver
hüllt wurde. Die Kapitalisten aller Länder, die aus dem
vergossenen Blut des Volkes das rote Gold der Kriegs
profite münzen, behaupten, der. Krieg diene der Ver
teidigung des Vaterlandes, der Demokratie, der Befrei
ung unterdrück
ter Völker. Sie
lügen. In Tat
und Wahr
heit begra
ben sie auf
den Stätten
der Verwü-
stung die Frei-
h eit des eige
nen Volkes
mitsamt der
Unabhängig
keit anderer
Nationen.
Neue Fesseln,
neue Ketten,
neue Lasten ent
stehen, und das
Proletariat aller
Länder, der sieg
reichen wie der
besiegten, wird
sie zu tragen
haben. Hebung
des Wohlstandes
ward beim Aus
bruch des Krie
ges verkündet —
Not und Entbehrung, Arbeitslosigkeit und Teuerung,
Unterernährung und Volksseuchen sind das wirkliche
Ergebnis. Auf Jahrzehnte hinaus werden die Kriegs
kosten die besten Kräfte der Völker verzehren, die Er
rungenschaften der sozialen Reformen gefährden und
jeden Schritt nach vorwärts verhindern.
Kulturelle Veröd u n g, wirtschaft
licher Niedergang,politische Reaktion
— dassinddieSegnungen dieses greuel
vollen Völkerringens.
So enthüllt der Krieg die nackte Ge st alt des
modernen Kapitalismus, der nicht nur mit
den Interessen der Arbeitermassen, nicht nur mit den
Bedürfnissen der geschichtlichen Entwicklung, sondern mit
den elchnentaren Bedingungen der menschlichen Gemein
schaft unvereinbar geworden ist.
Die herrschenden Gewalten der kapi-
talistischenGesellschast,inderenHänden
das Geschick der Völker ruhte, die mon-
archistischen wie die republikanischen
Regierungen, die Geheimdiplomatie,
die U n t e r n e h m e r o r g a n i s a t i o n e n , die
bürgerlich en Parteien, die kapital! st i -
s che Presse, die Kirche — s i e alle tragen
das volle Gewicht der Verantwort ring
für diesen Krieg, welcher aus der sie
nährenden undvonihnengeschütztenGc-
sellschaftsordnung entstanden ist und
für ihre Interessen geführt wird.
Arbeiter!
Ausgebeutet, entrechtet, mißachtet — nannte man euch
beim Ausbruch des Krieges, als es galt, euch auf die
Schlachtbank, dem Tode entgegenzuführen, Brüder,
Kameraden. And jetzt, da euch der Militarismus ver
krüppelt, zerfleischt, erniedrigt und vernichtet, fordern die
Herrschenden von euch die Preisgabe eurer Interessen,
eurer Fiele, mit
einem Wort: d i e
s k l a v i s ch e U n -
terordnung
unter den
Burgfrieden.
Man beraubt
euch der Mög
lichkeit, eure An
sichten, eure Ge
fühle, euren
Schmerz zu äu
ßern, man ver
wehrt es euch,
eure Forderun
gen zu erheben
und sie zu vertre
ten. Die Presse
geknebelt, die po
litischen Rechte
und Freiheiten
mit Füßen ge
treten — so
herrscht heute die
Militärdik
tatur mit ei
serner Faust.
Diesem Zu
stand , der die
gesamte Zukunft Europas und der Menschheit bedroht,
können und dürfen wir nicht weiter tatenlos gegen
überstehen. Jahrzehntelang hat das sozialistische Prole
tariat den Kamps gegen den Militarismus geführt.
Mit wachsender Besorgnis beschäftigten sich seine Ver
treter aus ihren nationalen und internationalen Tagungen
mit der aus dem Imperialismus immer bedrohlicher
hervorgehenden Kriegsgefahr. Zu Stuttgart, zu
Kopenhagen, zu Basel haben die internationalen
sozialistischen Kongresse den Weg bezeichnet, den das
Proletariat zu gehen hat.
Sozialistische Parteien und Arbeiterorganisationen ver
schiedener Länder, die diesen Weg mitbestimmten, haben
die daraus fliehenden Verpflichtungen seit Beginn des
Krieges mißachtet. Ihre Vertreter haben die Arbeiter-
schaft zur EinstellungdesKlassenkampses,
des einzig möglichen und wirksamen Mittels der prole
tarischen Emanzipation, aufgefordert. Sie haben den
herrschenden Klassen die Kredite zur Kriegssührung
bewilligt, sie haben sich den Regierungen zu den-
Zchlachtfelä
Nach einer Raäierung von bräche Gollwitz
Mit Genehmigung äer Viunschanälung Emil Richter, Dresäen