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Die Kommune
Ausruf zur Ruhe gemahnt; sie sprachen darin ungescheut Mehrheit auf seine Person vereinigte. Sein Sturz
die Aberzeugung aus, daß der Augenblick für eine wäre sogar noch später erfolgt, als selbst die Inter
entscheidende Aktion noch nicht gekommen sei. Dies be- Nationalisten dachten, wenn sein Anhang ihn nicht in
wies wohl am besten das Plebiszit vom 8. Mai 1870, das Abenteuer des Krieges mit Deutschland hinein-
bei dem Napoleon immer noch eine gewaltige Stimmen- bugsiert hätte.
2. Krieg und Kommune
Beim Ausbruch des Krieges versuchten die Inter
nationalen ihre Stimme für den Frieden geltend zu
machen. Sie konnten aber nicht aufkommen gegen die
vorherrschende Stimmung. Glaubte doch selbst ein acht-
undvierziger Sozialdemokrat wie Delescluze aus na
tionalen Gründen vorläufig keine Schwierigkeiten mehr
machen zu dürfen. Als dann freilich die Sache schief zu
gehen begann,
geriet das
Kaiserreich ins
Wanken. Die
Sozialrevolu
tionäre gaben
nach den un
glücklichen An-
fangsschlachten
das erste Le
benszeichen
durch einen An
griff, den die
Pariser Blan-
quisten am 14.
August auf die
Pompiers
kaserne in La
Billette unter
nahmen. Der
Putschversuch
hatte den ein
zigen Erfolg,
daß mehrere
Menschen den
Tod erlitten.
Das Publikum
wußte garnicht,
was es aus
dem Vorgang
machen sollte, und neigte zu dem Glauben, es mit einer
preußischen Machenschaft zu tun zu haben. Daß aber
auch die nicht der Verschwörungstaktik zugetanen So
zialisten keineswegs die Führung der großen Masse in
Paris hatten, zeigte sich, als nach der Kapitulation von
Sedan das Kaiserreich zusammenbrach. Die Revolution
des 4. September trug einen rein bürgerlichen Charakter.
Bei der Ausrufung der Republik wurden zwar auch
Stimmen laut, die Pyat, Delescluze, Blanqui usw. als
Regierungsmitalieder verlangten. Aber die Mehrzahl
wollte nichts davon wissen. Richt einmal die rote Fahne
fand allgemeinen Anklang, sondern aus Eambettas Vor
schlag wurde die Trikolore für die Regierung der natio
nalen Verteidigung angemessen gefunden. Dieser Re
gierung beizustehen sah nun auch der Pariser Föderalrat
der Internationale als Pflicht an, wie er sofort erklärte.
Die einsichtigsten Internationalisten sahen ihre nächste
Aufgabe nicht darin, Emeuten zur Eroberung der poli
tischen Gewalt anzustiften, sondern die größere Be
wegungsfreiheit zur Organisierung der Arbeiterklasse zu
benutzen. Aber die Geächteten tauchten auf. Von Lon
don gingen schon am 6. September Felix Pyat und seine
Leute mit dem Vorsatz ab, die provisorische Regierung
bei erster Gelegenheit zu stürzen und durch die Pariser-
Kommune zu ersetzen. War hiermit die revolutionäre
Diktatur im jakobinischen Sinne gemeint, so stand die
Kommune im Sinne eines Selbstverwaltungskörpers
auch von an
derer Seite auf
der Tagesord-
nung. Die
Munizipalfrei
heiten wurde,:
für Paris von
vielen Seiten,
insbesondere
aber von den
Sozialisten, im
Laufe des Mo
nats Septem
ber immer nach
drücklicher ver
langt, und die
Forderung ge
wann um so
mehr Energie,
als die Regie
rung Kommu-
nalwahlenzwar
zusagte, aber
keine Miene
machte, ihrVer-
sprechen ein
zulösen. Auf
schleunige
Wahlendrängte
besonders auch
ein republikanisches Zentralkomitee der 20 Arrondisse
ments, das feine Sitzungen am Corderieplatz, iin Sitzungs-
lokal der Internationale abhielt, sich aber keineswegs mit
ihr deckte. Das Komitee bestand vielinehr aus Vertretern
aller Richtungen der revolutionären Bewegung, die sich
in den letzten Jahren des Kaiserreichs entwickelt hatte,
Jakobinern, Blanquisten und auch Internationalisten.
In den Arrondissements gab es Unterkomitees, und das
Zentralkomitee sollte als Vertretung der Bevölkerung
die Regierung überwachen und beraten; eines seiner
Mitglieder hat es als eine nichtamtliche Konstituierung
der Kommune von Paris gekennzeichnet. Auf seine
Zusammensetzung und Betätigung waren von großen,
Einfluß die zahlreichen revolutionären Klubs, die feit
der Septemberrevolution in Paris entstanden und viel
von sich reden machten; die revolutionären Überschwäng
lichkeiten, die in verschiedenen Klubs laut wurden, waren
für Angstphilister ein Gegenstand des Entsetzens. In den
Diskussionen, der Klubs wurde das Schlagwort von der
Kommune zur rettenden Losung. Die Parole war frei-
Barrikaäe auf cler place äe la Loncoräe
Nach einer zeitgenössischen Photographie
Diese vom Daker Eaillarä erbaute Barrikaäe war die stärkste. (Auf äem Biläe im Doräergrumle links äer Erbauer.)