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Die Französische Revolution
günstigung der Metzeleien ansehen konnte, sondern auch
alle andern damals noch girondistischen staat
lichen und kommunalen Autoritäten acht Tage lang zu
keinem Eingriff, nur zu den oberflächlichsten heuchleri
schen Untersuchungen und höchstens, wie der Prokura
tor Manuel, zu einem einzelnen Begütigen und Be
schützen sich aufrafften.
Das Königtum war in jenen Tagen des ersten Schreckens
bereits gefallen. Das Insurrektionskomitee, das sich aus
unmittelbaren Volksführern gebildet hatte, ritz am
l O. August die Gewalt
an sich, vor allem in der
Kommune, von der seine
Tendenzen bereits halb
begünstigt waren. Die
ses Komitee (das später
sogenannte LveeliL, nach
feinem Sitz in der erz-
bischöflichen Residenz)
war der eigentliche Re
präsentant der Straße,
am IO. August und spä
ter. Seine Teilnehmer,
ein Barlet, ein Lazowski,
ein Fournier, ein San-
terre (der Nachfolger La-
fayettes, wenn auch nicht
an offiziellem Rang, in
der kürzlich umgebildeten
Nationalgarde) und an
dere, haben in der Ge
schichte keinen oder nur
mehr geringen Namen
erlangt; ihr unmittel
barer Einfluß auf das
Volk, das sie persönlich
in ihren Bezirken zum
Kampf anführten, war
bei weitem größer. Ihre
Strategie, im Juni, im
August und noch mehr
im Juni des folgenden
Jahres, war wohl or
ganisiert. Am 10. August
(1792) siel ihr der Sieg
über die Tuilerien und
über das Königtum zu,
das angeblich den Waf-
fengang selbst gewollt,
seinerseits vorbereitet
hatte. Jedenfalls — das
weiß man — flüchtete
das Königtum sehr bald in den Schoß der Nationalversamm
lung, die den König und seine Familie in ihren Schuh nahm.
Der Kampf zwischen den ungenügenden Schweizergarden
und den Angreifern, d. h. wieder das Hineinschietzen in eine
in diesem Fall sich sogar verbrüdernde Volksmenge, be
gann erst nach des .Königs Abzüge, bis der König, über
Aufforderung, die Garden die Waffen strecken ließ und sie
— immer mit diplomatischen Hintertürchen, wie aus des
Überbringers Bericht hervorzugehen scheint — dem Toben
der Menge preisgab, die bereits inehrere Hunderte oder
nach ihren Behauptungen Tausende von Toten zählte.
Der König erschien allen sehr schwächlich in diesem
Momente, Anhängern wie Gegnern, welche letzteren ihm
den ganzen nach seiner Entfernung entstandenen Kampf
zur Last legten und Geschichten erzählten, wie die, daß
er in der Nationalversammlung gleichmütig diniert habe.
Freron hatte kurz zuvor den Fall der Monarchie vor
hergesagt, noch zu dem Blätterfall des Jahres, und der
König, als er auf der Terrasse zwischen Schloß und
Nationalsaal angelangt war, bemerkte am Boden die
ersten welken Blätter. Es war Anfang August, also sehr
früh; der kleine Dauphin belustigte sich damit, beim
Gehen die Blätter aufzuwühlen. Die Monarchie hatte
ausgespielt und in den
drei Tagen, wo sie noch
körperlich GastundSchütz-
ling der zweiten Natio
nalversammlung war,
beriet man in ihrer eige
nen Anwesenheit über
ihre Absetzung und be
reitete die neue Form
vor. Die Legislative trat
ab zugunsten einer neuen
Konstituante, des soge
nannten National-
k o n v e n t s (eigentlich
Nationalpaktes, (Konven
tion nationale), der dann
am 21. September die
Republik proklamierte.
An demselben Tage be
gann der militärische,
von Dumouriez nicht
ausgenutzte Rückzug
des feindlichen
Europa bei Balmy
in der Champagne. Goe
the prophezeite damals
eine neue Epoche der
Weltgeschichte, aber man
darf annehmen, daß das
Bewußtsein der Ereig
nisse bereits ganz allge
mein war, bis hinauf zu
den Heerführern mit
ihrem vor kurzem noch
verkündigten: „Meine
Herren, kein Gepäck! Ein
militärischer Spazier
gang von einigen Wo
chen." Die Einführung
der Republik war die
erste Wasserscheide, bald
erfolgte der Prozeß eines
persönlich sympathischen Königs, der übrigens trotz allem
im Schlechten wie im Guten zumeist passiv, nur mit
unter allzu sprunghaft aktiv gewesen war. Die Schuld
von so und so viel Jahrhunderten Volksverachtung
wollte ihr Opfer haben, den Repräsentanten dieses Sy
stems. Ludwig, noch kur; vorher „Vater" und „Wieder
hersteller der Freiheit der Franzosen" genannt, wurde
jetzt mit noch weniger Wahrhaftigkeit als ein Angeheuer
dargestellt; aber vermutlich waren die Parlamentarier,
die ihn so nannten, subjektiv ausrichtiger als die krie
chende Konstituante zuvor mit ihren diplomatischen Ruh
mestiteln. Zu Ludwigs Anglück fand sich der armoire
de fer vor, der eiserne Schrank, den er selbst geschlossert
Jean Paul Marat
Nach einer Zeichnung von sacques Louis Daviä
Im Museum zu Versailles