Auf dem Boden der internationalen Solidarität und des Klassen
kampfes müsse sich das Proletariat wieder zusammenfinden, die zer
rissenen Fäden der internationalen Beziehungen neu knüpfen und
die Arbeiterklasse zur Selbstbesinnung aufrufen. Unterzeichnet war
der Aufruf für die deutsche Delegation von Ledebour und
Adolf Hoffmann, für die französische Delegation von
A. Bourderon und A. Merrheim, für die italienische Delegation von
G. L. Modigliani und Const. Lazzari, für die russische Delegation von
N. Lenin, Paul Axelrod und M. Bobroff, für die polnische Delegation
von Labinski, Karski und Hanecki, für die interbalkanische Födera
tion von Racovski, für die skandinavische Delegation von Höglund und
Ture Norman, für die holländische Delegation von Roland Holst, für
die Schweizer Delegation von Grimm und Charles Naine.
Dem deutschen Parteivorstand war es nicht recht, dalz sich ohne
seine Genehmigung auch einige deutsche Parteigenossen an der
Zimmerwalder Konferenz beteiligt hatten. Er richtete ein ver
trauliches Rundschreiben an die Parteiorganisationen,
worin er beteuerte, dalz die Leitung der deutschen Sozialdemokratie
bisher alles getan hätte, was in ihren Kräften stand, um einen
baldigen Frieden zu erzielen, dalz sie aber mit ihren Bestrebungen
im Auslande bisher leider wenig Gegenliebe gefunden habe. Es sei
die Aufgabe der berufenen Parteileitung, mit den Bruderparteien
Verhandlungen zu führen, die Teilnahme einzelner Parteigenossen
an internationalen Konferenzen sei nur geeignet, die Anknüpfung
freundschaftlicher Beziehungen mit dem Auslande zu erschweren.
Der Parteivorstand lehne jede Verantwortung für die Zimmerwalder
Konferenz ab. Er mache ferner aufmerksam auf einen Aufruf des
Bureaus des internationalen Verbandes sozialistischer Jugend
organisationen, in dem u. a. gesagt werde: „Der Boden für eine
revolutionäre Empörung ist gegeben, säen wir.“ Die Parteigenossen,
besonders die in der Jugendbewegung tätigen Genossen sollten vor
jedem unüberlegten Tun gewarnt werden. So hat sich der Partei
vorstand schon bei dieser Gelegenheit gegen jeden wirklichen
Versuch einer internationalen Verständigung des Proletariats gewandt.
Der Herbst 1915 ging unter den heftigsten Auseinander
setzungen in der Partei vorüber. Die Wortführer der Sozial
patrioten stellten sich immer offener in den Dienst der offiziellen
Kriegspolitik; sie schrieben zusammen mit den Vertretern des Unter
nehmertums dickleibige Bücher über die Harmonie der Klassen
interessen, sie fuhren als gerngesehene Gäste der Heeresleitung im
Auto an der Front herum, während zu gleicher Zeit die Vorkämpfer
einer proletarischen, sozialistischen Politik in Gefängnissen und
Zuchthäusern schmachteten, die härtesten Urteile über Flugblatt
verbreiter gefällt wurden. Das alles hinderte freilich nicht, dalz die
Opposition sich immer stärker regte und von den Parteiinstanzen
immer stürmischer die Abkehr von ihrer Kriegspolitik verlangt wurde.
Die gespannte Situation in der Partei drängte zur Entladung, und
sie kam in der nächsten Tagung des Reichstags im Dezember 1915.
Einige Wochen vorher hatte Karl Kautsky in der „Neuen
Zeit“ auseinandergesetzt, dalz die Fraktionsminderheit sich an die
Praktionsdisziplin nicht halten dürfe, sondern ihrer Ueberzeugung