ganz allein in Besitz gehabt hatte, war unter deutscher Beteiligung ge
regelt. Danach hatte es den Anschein, als ob England sich mit
dem Gedanken abgefunden hatte, sowohl in den afrikanischen
Tropen, als auch im türkischen Orient den allgemeinen Wett
bewerb Deutschlands auf breiterer Grundlage als
bisher neben sich anzuerkennen."
Die deutschen Militaristen und Imperialisten aber wollten keine
Verständigung, sie wollten den Krieg.
Inzwischen aber mehrte sich die Zahl der Zweifler in den Reihen
der Sozialdemokratie. Eduard Bernstein fragte in der „Leip
ziger Volkszeitung“ vorsichtig an, ob es noch derselbe Krieg
wie am 4. August sei. Damals hatte es doch den Anschein, als ob
es vor allem ein Krieg gegen den Deutschland bedrohenden Osten
sein werde. Es sei aber bald ein Krieg mit dem Osten und Westen
geworden. Und allmählich hätten sich die Dinge so verschoben, dalz
es zurzeit ein Krieg mehr noch gegen den Westen als ein solcher
gegen den Osten sei Worauf EduardDavld, einer der berüch-
tigsten sozialimperialistischen Kriegsschürer, antwortete, dalz es noch
derselbe Krieg sei; einen faulen Separatfrieden mit Rußland müsse
man für ein schweres politisches Verhängnis ansehen, der eng
lischen Kriegsmacht mit ihren weilzen und farbigen Ver
bündeten im Westen mülzten jetzt gründlich die Zähne
gezeigt werden. Die Mehrheit der Parteiinstanzen stimmte
David und nicht Bernstein zu. Sie bewilligte auch weiterhin alle
Kriegskredite.
An den Fronten wurde das Blut von Millionen von Proletariern
vergossen: sie starben den „Heldentod fürs Vaterland“, das sie bisher
als Aussätzige behandelt hatte und auch jetzt nicht gewillt war, ihre
Ansprüche auf politische Gleichberechtigung, ihre Forderung nach
Schaffung einer höheren Wirtschaftsordnung als die kapitalistische
zu befriedigen. Sie sanken dahin im Kampfe gegen den „Erbfeind",
der bald Frankreich, bald Rulzland, bald England hielz. Und
währenddem prustete und blähte sich der wirkliche Erbfeind der
Arbeiterklasse, der deutsche und der internationale Kapitalismus,
immer mehr auf. Je länger die Verlustlisten wurden, desto höher
stiegen die Gewinne des Kapitals.
Nicht alle sozialdemokratischen Führer, die in den Parlamenten
und an den Schreibtischen kriegerische Hymnen sangen, Helzen sich
von der Militärverwaltung für ihre wichtigen Aufgaben in der Heimat
reklamieren. Es gab unter ihnen auch Leute, die mit ehrlicher,
wenn auch falscher Begeisterung ihre Haut zu Markte trugen. So
Ludwig Frank, einer der hoffnungsvollsten Männer aus der
jüngeren Generation, der freilich nach den ersten radikalen Partei
jahren neben Kolb zum Hauptvertreter des badischen Reformismus
geworden war. Frank war dem Kriegsrausch verfallen und hatte
sich freiwillig zum Frontdienst gemeldet. Er kam nicht mehr zurück.
Die französische Kugel, die ihn niederstreckte, war stärker als seine
Siegeszuversicht.
Die Ereignisse sorgten bald dafür, dalz dem Proletariat die Augen
geöffnet wurden. Der Burgfriede war verkündet. „Die Not der
Zeit hat uns zusammengeführt. Die Parteikämpfe ruhen jetzt. Nach