Berlin.
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ersten Nacht und suchten sich in dem nahen Berlin einen,
damals noch leicht zu findenden, neuen militärischen
Wirkungskreis.
Zur Steuer der Wahrheit gesagt, die Gemeiuden unter
stützten uns, nachdenr die erste Überraschung über den Besuch
geschwunden war, in jeder Weise. Auch der Quartierwirt,
in dessen Fremdenkammer ich mich legte, gab sein Mißtrauen
auf und begrüßte mich in den: Prunkzimmcr seiner 6000 Mark-
Mietswohnung gewissermaßen als Gesinnungsgenossen und
Kameraden, weil er auch seit einigen Tagen — der Ein
wohnerwehr angehörte. Er zeigte mir sein Militärgewehr,
das erhebliche Rostnarben aufwies, für die er aber nicht
verantwortlich gemacht werden konnte, weil er noch nie
— „ich bitte Sie, bei meinen Jahren und bei meinem
Bauch" — aus so einem Ding geschossen hatte.
In den Nachbarhäusern schien der Fall ähnlich zu liegen,
man schien aus Angst, sie in unrechte Hände zu geben, die
Gewehre nach der Steuerliste verteilt zu haben.
Nutzanwendung dieses Erlebnisses: Der Kampfwert von
Einwohnerwehren, wenll sie nicht ausschließlich aus früheren
Frontkämpfern zusammengesetzt sind, ist nur recht gering;
jedenfalls besagt die Ziffer ihrer Mitglieder gar nichts. Die
hübschen Bilder der Bürgergarde mit dem Stoff für Witz
blätter wieder aufleben zu lassen, dafür ist unsere Zeit zu
ernst. Wenn man die wirklich entschlossenen Männer der
Einwohnerwehren (nun heißt es ja Ortsschutz oder Selbst
schutz) lieber als Hilfskräfte der Polizei vorkommenden Falles
verwenden würde, so käme man, glaube ich, weiter.
Später habe ich, wenn ich dienstlich mit Führern von
Einwohnerwehren zu tun hatte, Sachkunde und richtige
Einschätzung der ihnen unterstellten Bürger gefunden. Wenn
man herumhört, stellt man da die merkwürdigsten Dinge
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