München.
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uns anschließenden Truppen, die Gardekompagnien und das
Freikorps Görlitz, nicht so recht vorwärtsgekommen, weil sie
bedeutend schwerere Verhältnisse vorfanden.
Es sind dort wenig Wohnstraßen, aber um so mehr
Militärgebäude. Eine ganze Anzahl ummauerter Kasernen,
Artilleriewerkstätten, Zeughäuser und das Bekleidungsamt.
Die Münchener Regimenter waren zahlenmäßig noch
recht stark, weil bei der Lebhaftigkeit der Münchener Revo-
lution die meisten Soldaten noch nicht entlassen waren.
Alle Regimenter waren ganz ohne Offiziere; sie hatten sich
je einen Gefreiten als Regimentskommandeur gewählt und
waren Hauptstützen der Räteherrschaft gewesen. Nachher
sagten allerdings die meisten, daß sie nur gezwungen mit
gemacht hätten.?
Es ist sicher, daß die Münchener Soldaten im Durch
schnitt keine Ahnung von kommunistischen Gedanken oder
von dem Räteprogramm der Unabhängigen hatten, und daß
sie sich nicht so tatkräftig dafür hergaben wie die bewußten
Revolutionäre. Sie waren eine launische, wetterwendische
Masse, die am liebsten sah, wenn sic so ohne Dienst oder
Arbeit bei gutem Futter und der Möglichkeit, stets neue
Kleidungsstücke zu bekommen, weiter leben konnte. Leute,
die aus Preußen kamen, um sie darau zu hindern, waren
ihre Feinde.
In dem großen Kasernenviertel war es nicht geheuer.
Die Regierungstruppeu, in kleine Abteilungen zerkrümelt,
bekamen Feuer von allen Seiten. Die Kasernen oder Häuser
blocks zu säubern, waren sie zu schwach. Der Gegner steckte
in allen Häusern; ihn an die Klinge zu bekommen, war
schwer.