München.
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zum Halten gebracht hatten und von „Sieg" noch keine
Rede war. Die zweite erfreuliche, daß andere Kompagnien
der Brigade Straßcngefechte gehabt hatten, und daß bei
ihrem wilden Draufloslaufen kein Gegner standhielte.
Die Leutnants und Fähnriche der Sturmkompagnie hatten
die protestantische Kirche gestürmt, die Roten aus dem Orient-
kaffee hinausgeworfen und an dem Ende der Schon,merstraße
ein 10,5-om-Langrohrgeschütz erbeutet und im Laufschritt im
Feuer zurückgeführt. Ein Bataillon, an Bürgerwehr an
gelehnt, war nach Süden unter Gefechtsfühlung vorgestoßen,
war insbesondere in der Augustenstraße und am Stigl-
maierplatz zum Feuern gekommen und hatte eine Anzahl
Maschinengewehre genommen. Eins davon hatte eine kühne
Patrouille sogar aus dem Hauptbahnhof geholt, dazu einen
Russen gefangen in deutscher Uniform.
Der Schlaf eines Adjutanten ist niemandem heilig. Leute
wurden herbeigeschleppt von aufgeregten Soldaten.
„Der hat aus dem Fenster geschossen und der wollte weg
laufen, als wir ihn anriefen." Aus den nahen Straßen
hörte man wie Peitschenknall einzelne Schüsse. „Wer hat
das Schießen gesehen?" Mit Bestimmtheit keiner. Als
Ausweis zeigen die meisten ihre Mitgliedskarte der Roten
Armee vor (tatsächlich!) oder das Beitragsbuch der U.S.P.
Ich nehme wegen dieser Harmlosigkeit an, daß sie keinem
nach dem Leben getrachtet haben, und daß die wirklichen
Schützen längst über alle Dächer sind. Jede rückkehrende
Patrouille bringt ein paar Gefangene mit und läßt nur
mit Widerstreben von ihrem Opfer los.
Dann kommt gar ein Hanptmann, der einen besonderen
Fang gemacht hat. Der Fall ist verwickelt. Ein vornehm
gekleideter Herr mit zwei russischen Kriegsgefangenen und
einem Verwundeten in einer Droschke, die die flatternde