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Braunschweig.
auf alle Okerbrücken, Verhaftung der Matrosen, Einsammeln
der Waffen — im übrigen war alles sehr auf Milde gestimmt.
Trotzdem man die vollständigen Stammrollen des Roten
Heeres erbeutete und jeden mit Namen wußte, der mit
gemacht hatte, ließ man alle Aufrührer im Schoße ihrer
ängstlichen Familie ungeschoren.
Ich habe später mit Arbeitern und ihren Frauen gesprochen.
Die Augst war schon Strafe genug gewesen und hatte hin
gereicht, die Vernunft wieder zu wecken nach dem kindischen
Tun der letzten Wochen.
Am Abend war strenge und frühe Sperrstunde mit blinden
Schüssen von Posten und Leuchtraketengezisch. Sonst war
alles in Ordnung.
Nur draußen vor den Toren, wo sie nicht so in der Falle
saßen, versuchten Verbrecher mit Gewalt unseren Lebensmittel
zug zu nehmen und wurden im richtigen Feuergefecht ab
gewiesen.
Am nächsten Tage kamen wir schon alle in Bürgerquartiere.
Die Kompagnien luden zu Ankunftsbällen ein, und die Säle
waren übervoll. Es waren herrliche Ostertage in der alten
Herzogstadt. Die Famile, bei der ich wohnte, wußte kaum,
was sie mir alles zu Liebe antun sollte; und so war es
überall. Ich habe in einer Weinstube, weil ich Geburtstag
hatte, mir eiue Flasche ganz alten Rotwein geleistet, weiß
aber heute noch nicht, wer sie bezahlt hat. Der Wirt nahm
von mir kein Geld.
In allen Zeitungen stand von unserer Tat, und es wurden
den Lesern ziemlich erhebliche Zahlen der Truppenstärken
aufgetischt.
Als wir alle in Parade vor dem General vorbeizogen,
hat mein Qnartierwirt oberflächlich mitgezählt und behauptet,
es wären nur 3300 Mann gewesen. Die vielen Pferde,