Lessel kam denn auch richtig mit den 8ahnen an, die er
aus dem Schloß herausgeholt hatte, das damals von den
Matrosen besetzt war. Er hatte dm Befehl zur Heraus
gabe der 8ahnen an ihn, nachdem er zunächst ergebnislos
mit dem wachhabenden verhandelt hatte, selber mit dem
daliegenden Petschaft unterstempelt.
Dankbar verabschiedete ich mich am -4. Dezember von
meiner so gütigen Wirtin, 8rau von Siemens in Wann
see, und trat dm Marsch ins Ungewisse an.
In der Hofjägerallee im Tiergarten kam uns aufgeregt
ein vom 8eldwebelleutnant Duske, dem obersten Soldaten
rat -es Ersatzbataillons, entsandter Reserveoffizier mtgegen:
„Rommen Sie nicht nach Moabit, die Mannschaften des
Ersatzbataillons meutern; sie und die Matrosen lassen
sagen, man würde Sie vom Pferde reißen und hängen,
wenn Sie den Lasernenhof betreten; die Gefangenen in
Moabit sind alle befreit und unter der Mannschaft; gehen
Sie nicht dahin!"
Ich mußte lachen.
Zum letzten Male zog das Regiment mit den alten 8«h-
nen stolz und stramm wie immer — Unter den Linden am
Kriegsminister vorbei. Stolze Männer, stolz auf ihren
Truppenteil, stolz auf das, was sie Ungeheuerliches in Hun
derten von Schlachten und Gefechten gegen die Welt ge
leistet, mit heiliger Liebe für ihr deutsches Vaterland im
Herzen. Aber es war nicht mehr die Zahl, mit der das
Regiment ausgerückt war. Es waren die, deren Lebens
nerv die Rugel des Aindes geschont und die treu ihrem
Eide gekämpft hatten bis zuletzt. Ein kleines Häufchen von
boo Rombattanten und etwa soo Mann Personal des
Trosses und der Stäbe.
Das Ersatzbataillon meuterte. Mit Gebrüll wurde ich
auf dem Lasernenhof empfangen.
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